Kitabı oku: «Im Licht des Mondes», sayfa 8

Yazı tipi:

Kapitel 12

Drew:

„Da haben wir noch nicht nach Spuren gesucht. Lass uns dort abbiegen!“

Ich schnappe meine Zwillingsschwester bei der Hand und ziehe sie mit in die nächste Seitenstraße. Die gierigen Blicke der drei oder vier Männer, die uns aus ihrer dunklen Ecke heraus beobachtet haben, sind mir schon aufgefallen und wir müssen zusehen, dass wir uns so schnell wie möglich aus deren Reich- und Sichtweite bringen. Auf eine Konfrontation habe ich nicht sonderlich Lust und man weiß nie, wie viele von denen noch in der Nähe herumstreunen. Ich möchte meine Schwester auf keinen Fall unnötiger Gefahr aussetzen. Verbittert beiße ich mir auf meine Unterlippe. Es ist doch einfach zum Haareraufen, dass man als Frau nicht sicher durch die Straßen laufen kann! An allem sind nur die Dämonen schuld.

„Und, kannst du schon etwas spüren?“, fragt Joy und blickt sich suchend um, obwohl sie keine dämonischen Auren wahrnehmen kann. Das ist meine Aufgabe. Dafür muss sie stets die Läuterung der Biester vornehmen. Manchmal frage ich mich, ob es umgekehrt nicht besser wäre.

„Nein, leider nicht. Aber lass uns die Gassen durchstreifen, denn unverhofft kommt ja bekanntlich oft …“

„Du hast schon bemerkt, dass man uns verfolgt, oder Schwesterchen?“

„Ja.“

Ich nicke überrascht. Ich habe nicht damit gerechnet, dass sie es auch bemerkt hat. Vielleicht ist es besser so, immerhin sind wir nun beide auf eine Fehde eingestellt. Trotzdem versuche ich, diese vorerst zu vermeiden, indem ich das Schritttempo deutlich anziehe. Unsere Verfolger scheinen es zu bemerken und tun es uns gleich wie Raubtiere, die ihre Beute in eine gezielte Falle locken. Mit vier Männern müssten wir fertig werden, doch ich bin mir nicht sicher, ob sich noch mehr Abschaum dazugesellt. Mein einziger Gedanke gilt meiner Schwester: Ich muss sie um jeden Preis heil herausbringen! Dummerweise kennt sich keine von uns beiden in diesem Stadtteil aus, sodass wir definitiv die schlechteren Karten haben. Die Seitenstraßen werden enger und übersichtlicher. Es dauert nicht lange, bis wir die Orientierung verloren haben. Ich fluche innerlich vor mich hin, die Schritte hinter uns werden immer lauter. Zielstrebig steuere ich das Ende der mit Glasflaschen und Dosen überschwemmten Straße an. Eine lautlose Fortbewegung ist gegenwärtig nicht möglich.

Wir haben unser Ziel fast erreicht, als aus der Kurve ein schlaksiger, in Leder gekleideter Flegel tritt und uns breitbeinig, mit verschränkten Armen den Weg versperrt. Um seine Mundwinkel schlängelt sich ein gefährliches Grinsen und seine Augen funkeln uns vor Vorfreude auf seine bevorstehende Tat belustigt an. Auf seinem Oberarm ist ein riesiger Löwe mit fletschenden Zähnen tätowiert, was mich verächtlich aufschnaufen lässt. Nun gibt es kein Zurück. Die Auseinandersetzung mit der Gang ist unausweichlich.

„Nicht so schnell, Schätzchen. Wir haben noch was vor!“

Seine grelle Stimme hallt durch die schmuddelige Gasse wider und noch ehe ich antworten kann, treten hinter ihm noch zwei Männer in Lederoutfits hervor. Alle drei sind mindestens einen Kopf größer als wir und voller Piercings und Tattoos wie verunstaltete Christbäume. Zeitgleich höre ich hinter uns die Schritte verstummen. Als ich mich vorsichtig umdrehe, erkenne ich aus den Augenwinkeln vier weitere Raufbolde mit aufblitzenden Schlagringen an den klobigen Fingern. Ich muss leicht schlucken. Mit so vielen habe ich nicht gerechnet. Unsere Chancen sind drastisch gesunken. Abschätzend lasse ich meinen Blick schnell in die Meute schweifen: Von der Statur sind unsere Gegner alle gleich, eine richtige Schwachstelle scheint es nicht zu geben.

„Oh, hat es unseren beiden Täubchen etwa die Sprache verschlagen?!“

Ohrenbetäubendes Gelächter hallt durch die schummrig beleuchtete Gasse wider und eine Ratte rennt über meine Füße, um sich in Sicherheit zu bringen. Wie gerne würde ich in diesem Moment mit dem kleinen Nager tauschen.

Ich werfe Joy einen vielsagenden Blick zu und sie nickt leicht. Langsam, ohne die Ledertypen aus den Augen zu lassen, rutsche ich an den Rücken meiner Schwester, sodass ich nun zu den vier Schergen gewandt bin und sie die anderen drei im Blickfeld hat. Lauernd warte ich den nächsten Schritt des Gesindels ab.

„Na, zum Glück verlangt keiner von uns, dass ihr dabei die Klappe aufreißt. Zum Schreien werden wir euch schon noch bringen!“

Mit einem dreckigen Grinsen werden wir nun von oben bis unten gemustert wie ein Stück Fleisch. Ich beiße meine Zähne zusammen und beherrsche mich, nicht gleich den erstbesten dieser ekeligen Typen unüberlegt umzuhauen. Ich muss an meine Schwester denken und die Nerven bewahren. Die Situation ist ohnehin schon heikel genug. Alles in mir brodelt und mein Körper wird von einem nervösen Kribbeln heimgesucht.

Bitte lieber Gott, lass das nur gut gehen! Joy darf nichts passieren.

Ich spüre ein Zucken an meinem Rücken und höre sogleich einen schmerzerfüllten Aufschrei des gepeinigten Angreifers. Ohne abzuwarten, reagiere nun auch ich und springe hastig nach vorne, ergreife den linken Arm von dem, der mir am nächsten steht, und strecke ihn blitzschnell durch eine Armhebel und einem Knieschlag ins Gesicht nieder. Die drei anderen erlangen ihre Reaktionsfähigkeit wieder und stürzen sich mit wutverzerrten Fratzen auf mich. Gerade noch rechtzeitig weiche ich dem Faustschlag des linken Mannes aus, dessen geballte Faust dicht an meinem Gesicht vorbeisaust. Auch der Tritt des mittleren kann ich blocken, sowie die Zielgerade des dritten. Als der Kerl links von mir zum nächsten Schlag ausholt, fange ich seinen Angriff geschickt hab, reiße seinen Arm mit aller Kraft auf seinen Rücken und setze einen Hebel an. Sein schmerzverzerrter Aufschrei hallt durch die Nachtluft, als ich seine Gliedmaßen gewaltvoll nach oben hieve. Der Schurke links von mir schlägt blitzschnell mit seiner Faust zu, doch er trifft nicht mich, sondern seinen Kameraden, den ich durch den Hebelgriff als Schutzschild benutze. Ohnmächtig klappt der Getroffene zusammen und verharrt regungslos am Boden. Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass beide ein Taschenmesser zücken.

Mein Atem rast, die Luft scheint zu brennen und mein Körper schmerzt vor Anspannung. Die nächste Attacke erfolgt von dem rechts außen stehenden Schergen. Er fuchtelt wild und unkontrolliert mit dem Messer vor sich her und ein gezielter Tritt reicht zum Glück aus, ihm die Waffe in hohem Bogen aus der Hand zu kicken. Sofort setzt er ein paar Schritte zurück und sein Kumpan springt hervor und sticht treffsicher nach mir aus. Ich merke sofort, dass er viel geübter im Umgang mit Waffen ist als sein Kamerad. Mühevoll weiche ich seinen Stichen aus und spüre einen Anflug von Panik in mir aufsteigen, den ich schnell wieder hinunterzuschlucken versuche. Ich muss mich konzentrieren, andernfalls bedeutet das unseren Tod. Sowohl für meine geliebte Schwester als auch für mich.

Schweiß läuft mir von der Stirn, doch ich habe keine Zeit, diesen wegzuwischen. Immer wieder springe ich von einer Seite auf die nächsten, um nicht von seiner scharfen Klinge getroffen zu werden. Im nächsten Moment bekomme ich seine Hand zu fassen und entwende im das Messer, wobei es klirrend auf den harten Asphalt aufprallt. In diesem Augenblick lässt mich ein heller Aufschrei meiner Schwester erstarren.

Wie in Zeitlupe drehe ich mich um, noch immer meinen Angreifer im Hebelgriff von mir haltend. Entsetzt starre ich auf den Kerl mit der Löwentätowierung, der hinter Joy steht und sie mit einem Arm würgend und eisern festhält. Mein Herz scheint in diesem Moment stehenzubleiben und ich bekomme kaum noch Luft. Auf einmal ist mir wahnsinnig kalt und Tränen schießen in meine Augen. Ein triumphierendes Grinsen schiebt sich in sein knochiges Gesicht, als er mich anstarrt.

„So, Schätzchen. Wer hätte gedacht, dass wir auf zwei Kampfmietzen treffen! Ich muss schon sagen, ich bin platt. Allerdings hat sich das Blatt jetzt gewendet!“

Sein hässliches Grinsen wird noch breiter, als würde es sein ganzes Gesicht einnehmen wollen. Er verstärkt brutal den Griff und meine Schwester gibt ein erstickendes Röcheln von sich. Ich zucke erschüttert zusammen und schüttle verzweifelt meinen Kopf, der einfach nicht klar werden möchte.

Bitte lieber Gott, bitte!

„Nun, Mietze. Wie wär’s denn, wenn du jetzt mal meinen Kumpel loslassen würdest, damit ich deiner kleinen Freundin nicht mehr wehtun muss?“

Sein schmieriges Grinsen scheint mir entgegenspringen zu wollen, doch ein Blick in das schmerzverzerrte Gesicht meiner Zwillingsschwester reicht, um meinen Willen zu brechen. Meine Hände zittern, als ich das Gangmitglied mit bangendem Herzen von mir schubse. Mein panischer Blick ruht unverändert auf Joy und ihrem Peiniger. Sein Kumpan schüttelt seine schmerzenden Glieder und stellt sich mit wutverzerrter Fratze neben ihn.

„Gerd, nimm das Messer!“

Er neigt den Kopf kurz in Richtung Boden und lässt dabei nicht von meiner Schwester ab. Auch der andere Kerl hinter mir, den ich zuvor entwaffnet habe, hebt sein Messer wieder auf. Ich sehe es zwar nicht, da ich Joy nicht aus den Augen lasse, aber ich höre ein zweites Paar Schritte und das Klirren der Klinge, die unachtsam über den Boden schleift, kurz bevor sie aufgehoben wird.

„So, dann wollen wir uns alle mal ein bisschen amüsieren!“

Er grinst mir vielsagend zu und leckt sich mit seiner gepiercten Zunge über seine schmalen Lippen, sodass mir schlagartig übel wird. Mein Körper ist wie gelähmt, als er meine Schwester, die kaum noch Kraft in den Beinen hat, gegen eine kahle Hauswand auf ein paar vollgepackte Müllsäcke stößt.

„Ihr passt auf die da auf. Es läuft so wie immer. Die anderen haben halt Pech gehabt, wenn sie nicht rechtzeitig aufwachen“, weist er seine beiden Kumpanen an, als wäre es der ganz normale Alltag, dann wendet er sich mir zu und seine Geilheit springt ihm geradezu aus dem Gesicht. Seine gelben Zähne schimmern mir im matten Licht der nahe gelegenen Straßenlaterne abstoßend entgegen. Meine Seele schreit innerlich auf, als sich mir die ganze Fülle meiner Machtlosigkeit offenbart.

„Keine Sorge, Mietzi. Du darfst zusehen und kommst auch noch dran – versprochen!“

Er dreht sich von mir weg und schlendert betont langsam auf meine Schwester zu, die nach Luft röchelnd auf den abgewetzten Müllsäcken liegt. Als ich nach vorne rennen möchte, spüre ich die harten Arme der beiden anderen Männer, die mich mit grobem Griff schroff festhalten. Tränen schießen in meine Augen. Verzweifelt versuche ich, meine Gegner abzuschütteln, doch meine Schläge und Versuche sind unkontrolliert und verfehlen ihre Wirkung. Eine Gedankenflut überrollt mich, zusammen mit grenzenloser Panik. Das darf nicht passieren! Nicht meiner Schwester – ich wollte sie immer beschützen.

Tausende Blitze durchfahren mich und durchbohren mein schreiendes Herz, als ich sehe, wie er sich über meine Schwester beugt, und sich über ihre aussichtslosen Versuche der Gegenwehr köstlich amüsiert. Die Luft um mich herum wird dünn, die Wirklichkeit scheint zu schwanken und ein riesiges Loch versucht, mich in einen tiefschwarzen Abgrund zu ziehen. Ein einziger Albtraum.

„Lass sie in Ruhe! Du Schwein! Du elender Dreckskerl! Nimm deine widerlichen Pfoten von meiner Schwester! Du Abschaum! Ihr verdammten Arschlöcher!“

Noch ehe ich kapiere, dass ich diejenige bin, die die hysterischen Schreie von sich gibt, bekomme ich einen harten Schlag in die Magengrube und für einen flüchtigen Moment wird alles um mich herum schwarz. Voller Furcht beginne ich zu blinzeln, immer wieder, solange bis die Umgebung vor meinen Augen wieder Form und Farbe annimmt.

„Halt die Klappe, du kleine Schlampe, und warte, bis du dran bist!“

„Halt sie doch selber!“, ertönt eine scharfe Stimme hinter mir und bevor weder meine Widersacher noch ich reagieren können, sackt der rechte von ihnen bewusstlos zusammen. Sofort werde ich losgelassen und kippe nach vorne. Unsanft lande ich auf meinen Knien, rapple mich allerdings auf der Stelle wieder auf und stürze mich auf den irritierten, tätowierten Typ, der inzwischen von meiner Schwester abgelassen hat und sich ungeschickt mit offenen Reißverschluss auf die Beine zu hieven versucht. Wutentbrannt schmeiße ich ihn auf den Rücken und schlage zügellos auf ihn ein. Ich kann einfach nicht aufhören, auch als ich merke, dass keine Gegenwehr des am Boden liegenden mehr erfolgt. Zu groß und zu mächtig ist die Flutwelle des Zorns, die mich mitreißt. Auch als meine Fäuste ganz rot von seinem klebrigen Blut werden, prügle ich weiterhin wie besessen auf ihn ein.

„Hey, hey, er ist erledigt! Das reicht! Hör auf, du bringst ihn noch um!“

Ruppig werde ich von dem bewusstlosen Schurken weggerissen und auf meine wackeligen Beine gezerrt. Mit wildem Blick fahre ich herum, benebelt vom Schleier meiner Tränen und der Wut. Vor mir steht ein junger Mann. Mit überraschtem Gesichtsausdruck mustert er mich und in seinen hellgrünen Augen spiegelt sich Mitgefühl und Verständnis wider. Irritiert halte ich in meiner Bewegung inne. Sein sanftes Erscheinungsbild bringt mich in die Gegenwart zurück.

„Alles okay mit dir? Keine Sorge, deiner Schwester – sie ist doch deine Schwester, nicht? Ihr geht es gut. Sieh selbst“, redet er einfühlsam auf mich ein und ich folge sofort seiner Kopfbewegung mit meinem Blick. Joy sitzt leicht gebeugt auf einer Mülltüte und betrachtet sich nachdenklich den verprügelten Kerl.

„Dem hast du’s aber gründlich gegeben … dürfen wir das denn?“, wispert sie mit einem flüchtigen und müden Lächeln in meine Richtung, das als Aufmunterung und Lockerung der Situation dienen soll. Ich spüre, wie die eisernen Fesseln von mir abfallen, und stürme weinend zu ihr. Laut schluchzend reiße ich sie in meine Arme und drücke sie fest an mich. Ich höre, dass sie etwas zu mir sagt, doch ich kann ihre Worte nicht verstehen, denn mein Schluchzen ist viel zu laut, doch ich kann einfach nicht aufhören.

***

„Findest du es nicht tierisch nett, dass er uns sogar nach Hause begleiten wollte? Ein richtiger Gentleman! Und ich dachte, so was gibt es nur in Märchen!“

Quietschvergnügt, als wäre dieser albtraumhafte Patrouillengang heute Nacht nie passiert, wirft Joy ihre Jacke über den Kleiderständer und verschwindet in das Schlafzimmer. Ich atme tief durch und reibe mir erschöpft meine trockenen Augen. Ein kurzer Blick in den Flurspiegel genügt, um zu erkennen, dass sie von meinem Tränenausbruch der letzten Stunde noch völlig gerötet sind. Ich sehe aus, als hätte ich Tollwut. Ein verstohlenes Grinsen huscht bei dem Gedanken über mein müdes Gesicht, denn immerhin hatte nicht viel gefehlt, als ich hemmungslos auf den Banditen eingeschlagen habe. Es war falsch. Ich habe mich von meinen Gefühlen leiten lassen und die Leitsätze des Ordens missachtet. Würde dieser Vorfall gemeldet, wäre ich wohl ganz schnell meinen Posten als Anwärterin los und würde in ein paar Jahren wiedergeboren werden – als ganz normaler Mensch auf dieser verlorenen Welt, getrennt von meiner Zwillingsschwester. All die Jahre der Vorbereitung im Kloster, im Orden und der Ausbildung wären umsonst gewesen. Wir hätten keine Chance mehr, uns unsere Flügel zu verdienen. Nie wieder. Und dennoch: Ich würde es wieder tun!

Ich beiße mir verbittert auf meine schmerzende Unterlippe und hänge ebenfalls meine Jacke am Kleiderständer auf. Wenn ich daran denke, dass diese dreckigen Typen über meine Schwester hergefallen wären … Mir wird abermals speiübel und Kälte durchströmt meinen Körper. Wärmend reibe ich mir mit meinen Händen über meine Oberarme. Wenn dieser junge Mann nicht gewesen wäre, dann – nicht auszumalen, was mit uns geschehen wäre. Verdammt, seit wann bin ich denn so hilflos? Seit wann bin ich nicht mehr in der Lage, das zu beschützen, was mir am meisten bedeutet und das mich am Leben hält? Die Person, die wertvoller ist als jeder Reichtum der Welt?

„Drew, hörst du mir überhaupt zu?“

Joy steht im Türrahmen des Wohnzimmers und sieht mich besorgt an. Ich schüttle schnell meinen Kopf und versuche, ein sorgenfreies Lächeln aufzubringen. Immerhin scheint sie den Vorfall ziemlich gut verarbeitet zu haben, auch wenn ich nicht verstehe, wie sie derart schnell so gut damit zurechtkommen kann. Doch die Tatsache beruhigt mich etwas.

„Tut mir leid, ich bin wohl müder als gedacht“, antworte ich. „Dir geht es auch wirklich gut?“

Lächelnd kommt sie auf mich zu, nimmt mich in die Arme und ich spüre ihre Wärme auf meinen kühlen Körper überströmen.

„Ich habe dir doch schon gesagt: Mach dir keine Sorgen um mich. Es war knapp, doch es ist alles gut gegangen. Immerhin hat Gott uns einen Schutzengel gesandt!“

„Schutzengel? Für mich sah er ziemlich menschlich aus.“

„Für mich aber nicht! Ich finde, er hat in dem Moment heller gestrahlt als die Sterne, und er kam in letzter Sekunde und hat dich vor einen großen Fehler bewahrt.“

„Mmh … das ist wohl wahr. Kaum zu glauben, dass es noch solche Menschen gibt.“

„Eben!“

Sie ergreift euphorisch meine Hände und blickt mich aus strahlend blauen Augen an.

„Genau wegen dieser Minderheit müssen wir unsere Arbeit weitermachen und die Dämonen von der Erde vertreiben! Wenn wir das schaffen, dann wird auch das Böse mehr und mehr schwinden! Ich glaube fest daran! Das sind wir der Menschheit schuldig!“

Sie lässt meine Hände wieder los und hüpft beschwingt zur Badezimmertür wie ein kleines Mädchen, das unterwegs zu seiner Geburtstagsfeier ist.

„Ich lasse Wasser für ein Bad ein, möchtest du auch?“

Perplex starre ich ihr für einen kurzen Moment hinterher.

„Klar, hört sich gut an. Danke dir.“

„Ich weiß!“

Sie streckt mir neckisch die Zunge heraus und verschwindet dann im Badezimmer. Nachdenklich atme ich aus und streiche mir durch mein zerzaustes Haar. Sie hat recht, mit allem. Wir werden als Anwärter des Lichts bestehen und wenn ich jeden dieser verfluchten Dämonen, einer nach dem anderen, ausrotten muss!

Kapitel 13

Skip:

„Viel Erfolg oder nein … wie war das gleich? Besser viel Glück, denn das benötigen Versager ja bekanntlich!“

Moritz steht breitbeinig mit verschränkten Armen vor mir und grinst mir arrogant entgegen. In seinen dunklen Augen spiegelt sich blanker Hohn und sein verächtliches Grinsen würde ich ihm am liebsten geradewegs in seinen Arsch schieben.

Genervt verdrehe ich meine von den schlaflosen Nächten müden Augen. Ich kann mir schon denken, worauf er anspielt. Dummerweise hat er recht. Meine Ausbeute der letzten drei Nächte war kläglich gewesen. Natürlich wittern er und die restlichen Aasfresser jetzt ihre Chance, in der Gunst unseres Herrn aufzusteigen. Meine Position ist am straucheln. Und das alles nur wegen dieses Menschen …

Mit finsterer Miene pirsche ich auf ihn zu, so nah, dass ich seinen aufgeregten Atem hören kann. Dicht vor ihm bleibe ich stehen.

„Nur weil meine Sammlung der letzten Nächte nicht ganz so vielversprechend war, heißt das nicht, dass ich mich auf dein Niveau begeben habe. Du kannst mir also durchaus Erfolg anstatt Glück wünschen, andererseits bin ich auf so etwas auch nicht angewiesen – um es verständlich für dich auszudrücken: lass stecken!“, zische ich ihm gereizt ins Ohr und schiebe ihn unsanft beiseite. Überrascht lässt er mich passieren, doch dieser Zustand hält leider nicht allzu lange an. Schnell rennt er mir hinterher, bis er auf gleicher Höhe ist.

„Hey, was sind wir denn auf einmal so empfindlich? Vielleicht solltest du dir mal ne Auszeit gönnen!“

„Du und deine lackaffigen Freunde braucht gar nicht darauf hoffen, dass meine Leistung abnimmt. Ne schlechte Phase hat jeder Mal – das waren doch deine eigenen Worte!“

Schweigend läuft er ein Stück neben mir her. Warum kann er nicht einfach stehen bleiben und mich endlich in Ruhe lassen? Als ob ich nicht schon genug Probleme hätte! Und das alles nur wegen eines Menschen! Seit meinem hoffnungslosen Versuch vor drei Tagen, Mick das Leben auszuhauchen, geht einfach alles schief. Meine Konzentration ist hinüber und es mag mir nicht mehr gelingen, gute Leben zu finden und für meinen Herrn zu sammeln, der langsam droht, mürrisch zu werden. Dieser Zustand muss doch irgendwann wieder verschwinden!

„Du bist ja echt drüber. Was beschäftigt dich denn so? Wir sind doch alle Kollegen und eine Familie“, meldet er sich mit deutlich ironischer Stimme zu Wort. Beißender Groll breitet sich in mir aus. Verächtlich schnaufe ich aus und versuche, ihn zu ignorieren. Keinen weiteren Ton ist dieser Idiot wert, alles nur Verschwendung. Ich rege mich ohnehin genug auf.

Moritz hält weiterhin mit mir Schritt und starrt mich durchaus belustigt an. Wie gerne würde ich meine Hand nur einmal zu einer Faust ballen und ihm diese feierlich in seine nervige Fratze schlagen! Ruckartig bleibe ich stehen und blitze ihn wütend an. Es fehlt nicht viel, dass ich meine Beherrschung verliere. Er stolpert über seine eigenen Füße, kann im letzten Moment sein Gleichgewicht halten. Überrascht, aber dennoch amüsiert, blickt er mich an und wartet auf meinen nächsten Schritt.

„Wie wär’s, wenn du dich mal um deinen eigenen Kram kümmerst und mir meine Ruhe lässt! Vielleicht wird das Ergebnis deiner Arbeit dann qualitativer und du würdest dadurch das Fitzelchen einer Chance bekommen, aus deiner ‚Schoßhündchen-duck-dich‘-Position herauszukriechen und meine abgegraste Steppe zu fegen!“

Seine Kinnlade klappt verblüfft herunter und seine Augen weiten sich entgeistert. Abermals schiebe ich mich ruppig an ihm vorbei und rumple ihn unsanft mit meiner Schulter an. Aus meinen Augenwinkeln sehe ich, wie er regungslos auf der Stelle verharrt und mir perplex hinterher sieht.

Dieser Punkt geht wohl an mich. Meine angespannten Glieder entspannen sich etwas und ich betrete, bereit zur Jagd nach Lebensenergien, den erhöhten Sockel. Diese Nacht werde ich nicht versagen – das Spiel kann beginnen!

***

Einigermaßen zufrieden verlasse ich durch das Loch im Fenster das schäbige Haus. Innerhalb drei Stunden ist es mir gelungen, zwei durchschnittliche Energien und eine ziemlich überragende zu sammeln. Eine Leistung, die sich durchaus sehen lassen kann, meinen Herrn zufriedenstellen und meine Konkurrenz in der Beliebtheitsskala nach unten schieben wird. Nach den Pleiten der letzten Streifzüge endlich mal wieder ein Erfolg und Lichtblick, auch wenn ich gestehen muss, heute mehr Glück wie alles andere gehabt zu haben. Ich kann immer noch nicht glauben, wie mich ein gewöhnlicher Mensch in so ein Dilemma stürzen kann. Wo zum Teufel ist meine Konzentration, Sorgfalt, Aufmerksamkeit und meine Gleichgültigkeit hin?! Und vor allen Dingen: Wie bekomme ich diese Eigenschaften zurück? Wird die Zeit dies von allein bewerkstelligen? Doch mir fehlt die Geduld. Ich möchte wieder hundert Prozent meiner geistigen Kräfte vereint haben. Noch nie in meinem Leben habe ich mich so hilflos und klein gefühlt. Ich mag das nicht. Es soll einfach wieder schnell vergehen! Wenn das so weitergeht, falle ich vielleicht noch den Anwärtern vor die Füße. Diesen beiden Frauen, die mich nun schon monatelang verfolgen. Bisher ist es mir immer gelungen, sie in die Irre zu führen, allerdings ließen sie nicht locker und verfolgen meine Spuren hartnäckig weiter. Ich habe keine Lust, als Nächstes geläutert zu werden.

Missmutig tappe ich durch die dunklen Gassen, umhüllt von meinen drückenden Gedanken und meinem Groll auf die gesamte Menschheit. Eigentlich sollte alles kein Problem sein. Durchhaltevermögen, ich brauche Ausdauer und Gelassenheit. Ich werde ihn ohnehin nicht mehr wiedersehen, da ich mir vorgenommen habe, seine Wohnung zu meiden, um nicht wieder rückfällig zu werden und am Ende doch als Haustier zu enden. Was für eine groteske Vorstellung! Ein Dämon, der von einem jungen Sterblichen gebändigt wird!

Bei dem Gedanken keimt ein Brechreiz in mir auf. Umgekehrt müsste es sein! Die Menschen sollten von uns als Haustiere in engen Käfigen gehalten werden, die wir nach Lust und Laune füttern oder mit ihnen spazieren gehen! Schlagartig bleibe ich stehen, als mir bewusst wird, wo ich mich befinde. Das darf doch jetzt nicht wahr sein. Wie komme ich hierher? Wie dämlich bin ich überhaupt! Das kann alles nicht mit rechten Dingen zugehen.

Empört blicke ich auf das baufällige Gebäude, als wäre es ein riesiger Gegner, der mir den Weg versperrt. Am liebsten würde ich es zerstören, doch das liegt nicht in meiner Macht. Was liegt überhaupt noch in meiner Macht? Niedergeschmettert lasse ich den Kopf sinken. Nicht mal mehr meine Sinne habe ich noch beieinander. Es scheint, als würde mein ganzer Körper machen, was er wolle. Ich atme kurz durch. Auf jeden Fall muss ich hier weg bevor mich jemand sieht oder gar bemerkt.

Ich wende auf der Stelle, als ich im Dunkeln zwei Personen wahrnehme, die sich langsam auf mich zu bewegen. Ich brauche nicht lange, um zu erkennen, dass es sich dabei um eine ältere Frau und um Mick handelt. Hektisch sehe ich mich nach einem geeigneten Versteck um, doch ich finde keins. Also nutze ich die einzige Möglichkeit, die sich mir bietet und sprinte um die Ecke der Hausmauer, wo ich vorsichtig hervorluge. Es ist kindisch und dumm, ganz untypisch für mich, doch ich muss wissen, was die beiden erzählen und was da vor sich geht. Gespannt warte ich ab, bis sie näherkommen und spitze meine Ohren.

„Sie dürfen nicht so schwer tragen. Ich habe Ihnen schon einmal angeboten, Ihre Einkäufe zu erledigen. Sie müssen mir nur vorher Bescheid geben!“, redet Mick besorgt auf die gebeugt laufende Frau ein. Diese trottet stur weiter und schüttelt dabei demonstrativ den Kopf.

„Solang ich laafe kann, mach ich däs ach!“

„Natürlich, da sagt doch auch keiner etwas dagegen, aber …“

Auf Micks Stirn zeichnen sich leichte Falten ab, als er krampfhaft nach Worten sucht. Verlegen streicht er sich durch seine braunen Haare.

„Nur sollten Sie nicht die schweren Einkaufstüten allein heimtragen. Ich kann Ihnen doch helfen. Sie müssen mich nur lassen.“

„Burschel, däs is awer lieb von dir. Doch aweil kunn ich däs sellwer. Dongkschää.“

Mick schnauft leicht aus, nickt dann aber nachgiebig. Mir fällt auf, dass er ziemlich erschöpft wirkt. Er muss einen langen Tag hinter sich haben.

„Okay. Doch sollten Sie meine Hilfe benötigen, dann bitte, geben Sie mir Bescheid. Ich werde Ihnen gerne helfen.“

„Ich wäs doch, Burschel.“

„Um diese Uhrzeit sollten Sie nicht mehr allein durch die Straßen laufen.“

„Awas!“, empört sich die Alte mit einer abwehrenden Gestik, die er zu ignorieren scheint.

Vor der Haustüre bleiben beide stehen und Mick stellt kurz die zwei Einkaufstüten auf den Boden, um den Schlüssel hervorzuholen. Da greift die alte Frau nach den Tüten, doch Mick zieht diese geistesgegenwärtig von ihr weg.

„Was machen Sie denn schon wieder?“

„Awer Burschel, du hasch schunn genug gemocht. Däs kunn ich sellwer!“, wehrt die rüstige Rentnerin uneinsichtig ab, doch Mick beharrt auf seinen Standpunkt.

„Nicht heute, denn dafür bin ich ja da.“

Er zwinkert ihr zu und öffnet mit Schwung die Eingangstür. Dann nimmt er sogleich die gefüllten Taschen und wartet geduldig, bis seine Nachbarin im Gebäude ist, danach betritt auch er das schmutzige Treppenhaus und lässt die Tür hinter sich zufallen.

Verunsichert bleibe ich stehen und blicke auf die geschlossene Tür. Ich habe kein Wort von dem verstanden, was die Alte da gesagt hat. Mit Dialekten hatte ich es noch nie besonders. Doch an Micks Stelle hätte ich sie wohl ihre Einkäufe allein tragen lassen. Er ist einfach zu nett. Ich glaube nicht, dass ich solche Menschen mag.

Wie vom Donner getroffen schrecke ich auf. Moment mal: Ich kann überhaupt keine Menschen leiden! Was sind das denn jetzt wieder für Seiten? Meine Augen ziehen sich zu zwei schmalen Schlitzen zusammen. Das werde ich nicht hinnehmen! Er tut es schon wieder, auch wenn ich nicht genau weiß, was er tut.

Mit großen Schritten eile ich um das Mauerwerk und sprinte meinen Schleichweg nach oben zum Balkon hinauf, wo das offene Fenster einladend auf mich wartet. Leise schleiche ich durch das aufgeräumte Wohnzimmer in den Flur und setze mich, weit weniger geduldig wie Mick, auf den Boden. Ich höre die Stimmen der beiden im Treppengang widerhallen, jedoch kann ich auch bei näherem Ohrenspitzen keine genauen Wörter verstehen. Gereizt wedle ich mit dem Schwanz, bis ich schließlich das Zuschlagen einer Haustür einen Stock höher vernehme und seine Schritte, die die Treppenstufen abwärts gehen. Nach längerem Warten öffnet sich endlich die Wohnungstür mit einem lauten Quietschen, für das man fast Schmerzensgeld verlangen könnte. Mit einem lauten Seufzen schlurft Mick hinein und schließt vorsichtig die Holztür, was angesichts des ohrenbetäubenden Quiekens nicht nötig ist. Genauso gut hätte er sie zuschlagen können. Ich bin mir sicher, dass es die seltsamen Nachbarn nicht minder gestört hätte.

Er bemerkt mich zunächst nicht, streckt sich ausgiebig, wobei seine Knochen laut knacken, und zieht seine Schuhe aus, die er neben dem Eingang abstellt. Dabei fällt sein Blick auf mich und überrascht hält er in seiner Bewegung inne. Seine Augen beginnen freudig zu strahlen und seine Gesichtszüge werden sofort weich. Langsam kniet er sich zu mir nieder und ich kann nicht leugnen, dass mein Herz einen aufgeregten Sprung macht.

„Hey, du bist ja wieder da! Wartest du schon lange? Hast du diesmal meine Einrichtung stehen gelassen? Du hast bestimmt wieder Durst! Dann komm erst einmal mit.“

Er streichelt mir sanft über das Fell und begibt sich zur Küche. Ich mache das Spiel mit und folge ihm. Wie die Male zuvor gießt er mir Milch in ein Schälchen, das er fürsorglich auf den Boden stellt. Er wartet kurz, bis ich ein paar Schlucke von der weißen Flüssigkeit zu mir nehme, und begibt sich dann in sein kleines Badezimmer. Ohne einen weiteren Moment verstreichen zu lassen, wende ich mich von der noch fast vollen Schale ab und tapse durch den Flur vor das offene Bad.

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