Kitabı oku: «Die besten 12 Strand Krimis Juni 2021», sayfa 22
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"Er ist tot...", flüsterte Carola.
Feller stand in der Tür und hielt in der Rechten immer noch die Pistole.
"Ja, wir haben Glück gehabt", meinte er dazu. Er wirkte kühl und beherrscht. "Ich bin ums Haus gegangen, weil ich meinen Hausschlüssel vergessen hatte. Du weißt, das passiert mir öfter. Deshalb habe ich ja auch den Ersatzschlüssel bei den Waschbetonsteinen. Tja, und dann habe ich Stimmen gehört! Wie kommt es, dass du schon zu Hause bist? Überstunden?"
"Ist doch jetzt unwichtig!", zischte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie versuchte, die Leiche nicht anzusehen.
Wie durch einen Nebel hörte sie Martins Stimme. Es schien auf einmal die Stimme eines Fremden zu sein.
"Es war gut, dass du ihn hier her gelockt hast", sagte er.
"Warum auch immer."
"Wegen der Waffe", gab sie Auskunft. "Er fragte, ob du sie bei dir hättest und ich wollte ihm einreden, dass du unbewaffnet wärst. Deshalb habe ich ihm die Sportpistole gezeigt."
Ein mattes Lächeln ging über Martins Gesicht. Er schien erleichtert.
"Clever bist du jedenfalls!", meinte er.
Carola fühlte Panik in sich aufsteigen.
"Was machen wir jetzt! Wir haben einen Toten hier und die ganze Nachbarschaft hat die Schüsse bestimmt gehört."
"Die Kirchbaums sind jedenfalls einkaufen."
"Woher willst du das wissen?"
"Weil Donnerstag ist und der Wagen nicht dort steht, wo er hingehört."
"Trotzdem. Wir sollten..."
"Die Polizei rufen?"
Sie nickte.
"Ja."
Martin steckte die Pistole weg und näherte sich der Leiche.
Er blickte nachdenklich hinab.
"Ja, ich glaube auch", murmelte er dann. "Es war Notwehr. Und dieser Kommissar Moeller weiß ja, dass es jemand auf mich abgesehen hat. Komm, pack mit an!"
"Was?"
Sie glaubte fast, sich verhört zu haben.
"Ja, nun tu nicht so, als wärst du schwer von Begriff! Wir müssen den Kerl noch etwas überzeugender drapieren, damit man uns unsere Story auch glaubt!"
Martin beugte sich über den Toten, aber Carola zögerte.
Und plötzlich begriff sie. "Dich interessiert gar nicht, wer er ist", stellte sie fest.
Martin richtete sich wieder auf und musterte sie einen Moment lang. Dann zuckte er die Schultern.
"Doch, sicher interessiert mich das!"
Carola hatte unterdessen die Leiche umrundet und versuchte, den Helm zu lösen.
"Was machst du denn da?", rief Feller. "Nichts anfassen, du hinterlässt doch nur Spuren!"
"Hilf mir mal bei diesem verdammten Helmvisier!"
"Warte, ich hol dir die Spülhandschuhe aus der Küche."
Er brauchte nicht lange.
"Gib her!", forderte Carola, aber er gab ihr die Gummihandschuhe nicht, sondern zog sie sich selbst über.
"Lass mich das machen", meinte er dazu.
Er öffnete das Visier.
"Kennst du ihn?", fragte Carola.
"Nein", behauptete er.
Sie begann jetzt, sich an den Kleidern des Toten zu schaffen zu machen.
"Was soll das?", rief Feller.
"Einen Pass hat er nicht bei sich!"
"Was hast du denn gedacht!"
"Warum sollte er keinen Pass bei sich haben! Er hat ja wohl nicht damit gerechnet, erschossen zu werden!"
Carola drehte den Toten halb herum und wurde in der Gesäßtasche fündig.
"Hier: der Führerschein. Kurt Erichsen. Sagt dir der Name was?"
Martin schüttelte den Kopf.
"Nein. Meine Güte, ich weiß gar nicht, was du jetzt so darin herumbohrst! Bei diesen Stasi-Schweinen ist doch der Name so falsch wie alles andere! Komm, jetzt lass uns mal überlegen, wie wir ihn hinlegen. Und unsere Aussagen, die müssen wir auch absprechen!"
"Ja, ja...", murmelte sie.
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Als Moeller am Tatort eintraf, herrschte dort bereits reger Betrieb. Der Gerichtsmediziner, die Spurensicherung und sein Kollege Simitsch traten sich im Haus der Fellers mehr oder weniger auf die Füße. Bilder wurden gemacht, Spuren gesichert. Zwei Beamte trugen einen Zinksarg herein.
Simitsch gab Moeller schon einmal eine Zusammenfassung seiner Ermittlung - die sich wohl hauptsächlich auf die Aussagen des Ehepaars Feller stützte.
"Am Tathergang dürfte es wenig Grund zu zweifeln geben", meinte Simitsch. "Dieser Kerl ist in die Wohnung ein gedrungen, und Herr Feller hat ihn in Notwehr erschossen, bevor der Täter schießen konnte. Seinem Führerschein nach heißt der Mann Kurt Erichsen. Dem Kaliber seiner Waffe nach könnte er der Mörder von Norbert Wolf sein."
"Fragt sich nur, warum er das getan hat", meinte Moeller.
"Das muss ein Wahnsinniger gewesen sein", meinte Feller, der in der Nähe stand und das Gespräch der beiden Beamten mitangehört hatte. Moeller drehte sich zu dem Gebrauchtwagenhändler herum.
"Sie haben diesen Mann nie gesehen?"
"Nein, nie."
"Und doch wollte er Sie umbringen?"
"Jedenfalls bin ich froh, dass dieser Spuk ein Ende hat!"
"Wir auch", sagte Simitsch.
Nur Moeller mochte irgendwie in diesen Freudenchor nicht mit einstimmen. Wie praktisch!, dachte er. Wahrscheinlich wird man ihm am Ende zwei Morde, einen Mordversuch und Brandstiftung nachweisen. Ein Täter und gleich mehrere Fälle aufgeklärt...
Moeller hatte ein flaues Gefühl in der Magengegend. Er sah zu, wie Erichsens Leiche in den Zinksarg gelegt wurde.
Jener Treffer,mit dem Feller ihn hingestreckt hatte, war sehr präzise. Moeller dachte einen Augenblick darüber nach, dass er kaum in der Lage gewesen wäre, so einen Schuss hinzubekommen.
Seine Ergebnisse am Schießstand waren seit Jahren gleichbleibend schlecht.
"Kann ich mal die Waffe sehen?", fragte Moeller dann.
"Hat der Brenner", meinte Simitsch. Moeller sah sich nach Brenners Verbleib um. Er fand ihn schließlich im Wohnzimmer.
Drei Waffen lagen sorgfältig eingetütet auf dem niedrigen Tisch. Brenner saß in einem der Sessel und versuchte, sich die Latexhandschuhe von den Fingern zu ziehen.
"Drei Waffen?", fragte Moeller.
Brenner sah auf. "Mit der links hat Herr Feller geschossen, mit der mittleren dieser Erichsen..."
"Und die dritte Waffe?"
"Mit der ist überhaupt nicht geschossen worden. Das ist eine Sportpistole", erläuterte Brenner.
Moeller nahm sich Fellers Waffe und betrachtete sie eingehend. Die Seriennummer war abgefeilt. Vorne am Lauf war ein leichter Abrieb zu sehen. Vielleicht hatte mal jemand einen Schalldämpfer aufgeschraubt. Moeller spürte förmlich, wie Feller ihn mit wachsender Ungeduld musterte. Der Gebrauchtwagenhändler war nicht von seiner Seite gewichen, so als glaubte er, Moeller gewissermaßen überwachen zu müssen.
Moeller registrierte das. Er ist nervös, dachte er. Fragte sich nur, warum eigentlich.
"Woher haben Sie diese Waffe?", fragte Moeller schließlich.
"Ich sagte es schon ihrem Kollegen..."
"Dann sagen Sie es mir bitte nochmal!"
"Ich habe sie mir mal von einem dubios wirkenden Kerl besorgt, der wohl irgendwie Verbindungen ins Zuhälter-Milieu hatte. Natürlich kann ich Ihnen keinen Namen nennen. Ich weiß ihn ja selbst nicht. Und mir ist auch bewusst, dass ich durch den Besitz dieser Waffe gegen einige Gesetze verstoßen habe."
"Sie ist nicht registriert, und ich nehme an, dass Sie keinen Waffenschein haben", sagte Moeller kühl. Und dabei dachte er: Mein Gott, Moeller, du hörst dich fast so an wie Klaus Simitsch! Noch zehn Dienstjahre, und du trägst Krawatte oder gehst in die Konzerte von Tom Astor!
"Wenn ich diese Waffe nicht gehabt hätte, wäre ich jetzt wohl nicht mehr am Leben", erklärte Feller kühl. "Wie auch immer Sie es drehen und wenden wollen, Herr Moeller. Es war Notwehr."
Moeller nickte leicht. "Ja, ja", murmelte er. "Es sieht ganz so aus..."
Und warum habe ich dann so ein Bauchgrimmen dabei?, fragte Moeller sich selbst.
Er sah es triumphierend in Martin Fellers Augen aufblitzen.
Nein, dachte Moeller. Das ist nicht nur einer, der froh ist, knapp einem Anschlag entgangen zu sein. Das ist einer, dem noch ganz andere Steine vom Herzen gefallen sind...
Aber das war kein Beweis.
Nicht einmal ein Indiz.
Vielleicht sogar nur Einbildung.
Verrenn' dich nicht, Moeller!, sagte eine warnende Stimme in ihm. Sei ein Sportsmann! Erkenne, wann das Spiel aus ist! Du warst auf dem Holzweg!
Martin Feller redete wortreich auf Moeller ein, erläuterte ihm jedes Detail. Sein Mund bewegte sich unablässig und Moeller dachte genervt: Manche Leute trinken Quasselwasser oder Schnaps, um ihre Zunge zu lösen, und ein Martin Feller legt halt jemanden um...
Was will er damit nur überspielen?, überlegte Moeller.
Der Kommissar hörte gar nicht mehr auf die einzelnen Worte.
Für ihn klang das Gerede in diesem Moment wie ein diffuser Tonbrei.
Wie sieht die Hölle aus?, dachte er. Einen Tag lang dazu gezwungen zu sein, die Musik von Tom Astor oder Heino zu hören oder dieses Gesabbel?
Er mochte nicht entscheiden, was schlimmer war.
Statt dessen schaltete er einfach ab.
Moeller hörte im Kopf die fulminanten, geradezu wahnwitzigen Läufe aus Charlie 'Bird' Parkers Stück AH-LEU-CHA.
Markus 'Bird' Moeller. Klingt doch auch nicht schlecht, oder?, ging es dem Kommissar durch den Kopf. Er dachte daran, den Song mal aufzunehmen, ließ den Plan in der nächsten Sekunde aber wieder fallen. Wahrscheinlich würde er beim Saxophonspielen nur einen Knoten in die Finger bekommen. Bei den Wahnsinnsläufen!
Martin Fellers Gerede wirkte auf Moeller wie Kaufhausmusik im Hintergrund. Man nahm sie erst war, wenn sie plötzlich nicht mehr lief und jemand sagte: "12 bitte 13!"
Moeller blickte quer durch den Raum.
Carola Feller stand am Fenster. Sie wirkt sehr nachdenklich und schaute hinaus. Die Arme hatte sie vor der Brust verschränkt. Ihre Augen waren rot umrandet.
Moeller ließ den Gebrauchtwagenhändler einfach stehen und trat neben sie.
"Muss ein Schock für Sie gewesen sein", sagte er, um Verständnis zu signalisieren.
Sie sah Moeller kurz an, antwortete aber nicht.
"Ich denke, dass Sie jetzt aufatmen können, Frau Feller."
Ihr Lächeln war dünn. "Sicher", murmelte sie.
Moeller hörte einen klagenden Saxophonton in seinem Kopf.
44
Moeller stand am Fenster seiner Wohnung und beobachtete, wie die Sonne als verwaschener Lichtfleck im grauen, dunstigen Himmel hinter der nächsten Anhöhe versank.
"Na, wat macht die Kunst?", rief der Mann im Unterhemd zu ihm herauf. Es war lausig kalt an diesem Abend, aber das schien der Kerl gar nicht zu registrieren.
Moeller blickte hinab.
"Häh?", meinte er.
"Na, kein Gedudel heute, woll? Ich habe mich schon gewundert! Unsere alte Mutter meinte schon, als sie Ihre Rostlaube auf dem Parkplatz gesehen hat: Dat wird 'ne unruhige Nacht! Aber bis jetzt habe ich noch keinen Laut gehört!"
"Künstlerische Krise", knurrte Moeller.
Aber das war nicht die Wahrheit.
Die Krise hatte nichts mit dem Saxophon zu tun, sondern mit dem kleinen Nebenjob, den er zu verrichten hatte.
Dies war einer jener Augenblicke, in denen Moeller sich wünschte, er wäre doch Musiker geworden und nicht Polizist.
Selbst, wenn man miserabel spielte und das Publikum mit Tomaten nach einem warf - Moeller glaubte einfach nicht, dass man sich dann unzufriedener mit sich und seiner Arbeit fühlen konnte, als ein Kriminalkommissar, der einen Fall zu den Akten legen musste, von dem er glaubte, dass allenfalls die Oberfläche aufgeklärt war. Und genau das würde passieren.
Moeller sah es auf sich zukommen.
So ein Mist!, durchfuhr es ihn.
Und dabei sah er das triumphierende Gesicht von Martin Feller vor seinem inneren Auge.
Wer mochte da noch an die göttliche Musik eines John Coltrane denken?
Alles passte viel zu gut zusammen.
Kurt Erichsen, wohnhaft in Essen, hatte die letzten Wochen auf einem Campingplatz in Windebruch an der Listertalsperre verbracht. In seinem Iglu-Zelt hatte man einiges an Belastungsmaterial gefunden. Insbesondere Fotos von Feller und Wolf, sowie einige zusammengeklebte Drohbriefe, die offenbar noch nicht abgeschickt worden waren.
Es sprach alles dafür, dass er Norbert Wolf am Abend seines Todes angerufen und unter irgendeinem Vorwand ans Ufer der Talsperre gelockt hatte, um ihn dort zu ermorden.
Seine Versuche, Feller umzubringen, waren jedoch gescheitert.
Aber was das Motiv war, das diesen jungen Mann dazu getrieben hatte, blieb nach wie vor im Dunkeln.
Es ist wie mit den Eisbergen, dachte Moeller. Neun Zehntel sind unter der Oberfläche.
"Sind Sie heute Abend eigentlich auch im Brauhaus?", drang jetzt wieder die Stimme des Mannes im Unterhemd an Moellers Ohr und riss ihn aus seiner inneren Welt heraus.
"Wieso?", fragte er. "Ist da heute was besonderes?"
"Der WDR macht da 'ne Fernsehsendung. 'Pro und Contra Sperrstunde' heißt dat Thema. Dat musste auch endlich mal diskutiert werden, woll?"
"Ja, ja", murmelte Moeller.
"Aber eigentlich gehört erstmal wat ganz anderes auf den Tisch!"
"So?"
"Nämlich dat unsere Stadt pleite ist."
"Welche Stadt ist das nicht?", meinte Moeller und überlegte sich dabei, ob es unhöflich war, wenn er einfach das Fenster schloss. Er hatte jetzt nämlich nicht die Nerven, sich einen Monolog über Kommunalpolitik anzuhören, dessen Essenz am Ende doch nur darin bestand, das alle Politiker entweder Schweine oder unfähig waren.
"Mein Zahnarzt hat mir erzählt, dat es jetzt in Werdohl eine Regenwassersteuer gibt! Ja echt, auf solche Gedanken kommen die, wenn die Kasse leer ist, woll?"
"Schlimm, schlimm", meinte Moeller und rang noch mit sich und der Frage, wie unhöflich man zu seinen Nachbarn sein durfte. Bei den Zeugen Jehovas kannte Moeller da weniger Erbarmen.
Der Mann im Unterhemd redete sich warm. "Ja, diese Regenwassersteuer, die wird nach der Dachfläche berechnet, woll! Habe ich jedenfalls gehört. Mannomann, da kann man ja von Glück sagen, dass das Sonnenlicht noch umsonst ist!"
"Da würde sich eine Besteuerung in dieser Gegend wohl kaum lohnen", meinte Moeller.
Der Mann in Unterhemd sah ihn groß an.
"Ja, dat ist ein wahres Wort!"
45
Zwei Tage später saßen Fellers in Moellers und Simitschs Büro auf dem Polizeipräsidium.
Martin Feller tickte mit den Finger nervös auf der Stuhllehne herum. Carola hingegen saß stocksteif da und bewegte nicht einmal die Augenbrauen.
Mit einer schwungvollen Bewegung zog Moeller das Protokoll aus der Schreibmaschine, wobei er eine Ecke abriss.
"So, das wär's, denke ich", meinte er, als er Martin das Papier hinlegte. "Ich bräuchte hier noch eine Unterschrift von Ihnen."
Feller atmete tief durch.
"Natürlich!", beeilte er sich, beugte sich vor und ließ sich von Moeller dann einen Kugelschreiber geben, der allerdings nicht funktionierte.
Moeller wühlte in der Schreibtischschublade herum und fand schließlich einen gelben Filzstift. "Man sieht es auf dem weißen Papier zwar nicht besonders deutlich, aber rechtsgültig ist es", murmelte er dazu.
Feller schrieb.
Er krakelte ziemlich.
"Blöder Stift!", knurrte er und reichte dann beides - Stift und Protokoll - an Carola weiter.
"Haben Sie inzwischen schon etwas über diesen... Verrückten herausgefunden?" fragte sie, während sie ihren Namen schrieb.
"Ja", nickte Moeller.
Sie blickte auf.
"Und?"
Moeller lehnte sich zurück.
"Eine ziemlich traurige Geschichte. Ein Heimkind. Erst Erziehungsheim, dann Jugendpsychiatrie, galt immer als schwierig und unzugänglich. Ein verschlossener Junge, der unter einem frühkindlichen Trauma litt."
"Was für ein Trauma?", fragte Carola.
Feller war bereits im Begriff, sich zu erheben.
Seine Fingerkuppen tickten wieder unruhig auf der Stuhllehne herum.
"Carola..."
"Ja, es interessiert mich eben!", rechtfertigte sie sich, wobei ihr Blick auf Moeller gerichtet blieb.
"Seine Eltern sind einem Mordanschlag zum Opfer gefallen", fuhr Moeller fort. "Wahrscheinlich ein Raubüberfall. Ich habe mir mal die Akte kommen lassen, weil ich wissen wollte, was der reale Hintergrund war..."
"Und?", hakte Carola nach.
"Es steht nicht viel drin in der Akte. Ein ungeklärter Fall. Ein alter Bekannter wurde festgenommen, musste dann aber wieder freigelassen werden, weil die Beweise nicht ausreichten." Moeller wandte den Kopf und sah Feller an. "Naja, ich begreife übrigens immer noch nicht, warum Sie sich anfangs so angestellt haben!"
Feller machte eine verlegene Geste.
"Sie wissen doch...", meinte er und stockte.
"Was?"
"Die Öffentlichkeit."
"Wieso?"
"Ich bin Geschäftsmann, und da ist es wichtig darauf zu achten, wie man in der Öffentlichkeit so dasteht..."
Moeller zuckte die Achseln.
"Ist denn etwas Ehrenrühriges dabei, wenn ein Verrückter versucht, einen umzubringen?"
"Das nicht. Aber würden Sie sich gerne danebenstellen, um von ihm ein Auto zu kaufen und dabei die Kugel abbekommen, die eigentlich für ihn bestimmt war?"
Moeller musste unwillkürlich lachen.
"Nun, so kann man die Sache natürlich auch sehen."
"Na, sehen Sie!" Feller atmete tief durch. "Tja, wenn wir hier nicht mehr gebraucht werden..."
"Sie können gehen, wenn Sie wollen."
"Auf Wiedersehen. Oder vielleicht besser: nicht auf Wiedersehen."
46
"Du warst großartig, Schatz!", sagte Martin Feller während der Fahrt nach Hause.
Er hatte das Radio angestellt und trommelte zum Rhythmus der Musik auf dem Steuerrad herum.
Carola schwieg.
Er sagte: "Die haben uns aus der Hand gefressen wie zahme Tauben, was?"
"Hm", machte sie abweisend.
"Du sagst ja gar nichts!"
"Es hat mir auch im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache verschlagen, Martin."
"Was? Wovon sprichst du, bitte schön?"
Sie wandte den Kopf und musterte ihn kühl von der Seite.
"Von deiner Kaltblütigkeit. Das bringst du mit einer... ja, Routine. Routine, das ist das richtige Wort!"
"Nun mach aber mal halblang..."
"Der Mann auf dem zweiten Foto! Das war einer deiner Opfer, nicht wahr? Ein 'Auftrag', wie du das so blumig ausgedrückt hast!"
"Hör, mal, Carola, müssen wir denn wirklich jetzt darüber reden. Ich meine..."
"Und ich meine, dass ich ein Recht habe, jetzt von dir die Wahrheit zu hören! Ich habe für dich geschwiegen, ich habe ein falsches Protokoll unterschrieben..." Und dann brachte Carola alles auf den Punkt. "Du warst kein Spion, Martin. Du warst ein Killer."
"Carola..."
"Du brauchst es nicht abzustreiten. Der Mann mit dem Motorradhelm hat es mir gesagt. Erichsen. Du hast seine Eltern umgebracht."
"Herrgott, nochmal!", schimpfte Martin und schlug die Handballen gegen das Lenkrad.
Carola war unerbittlich.
"Erinnerst du dich an einen vierjährigen Jungen, der euch beobachtet hat, kurz nachdem du seine Eltern über den Jordan geschickt hast? Und Norbert war wohl auch dabei..."
Eisige Stille.
Carola fuhr fort: "Ich wette das Schießeisen, das du da mit dir herumträgst ist noch die Tatwaffe von damals. Ordentlich bist du ja! Alles hebst du auf!"
Eine Pause entstand. Das Schweigen wirkte drückend. Martin holte zweimal Luft, um etwas zu sagen.
"Gut", brachte er schließlich heraus. "Du weißt es also."
"Es ist also wirklich wahr?"
Er lachte verzweifelt.
"Hast du daran denn noch gezweifelt?"
"Nein. Nicht wirklich."
"Na, also!"
"Vielleicht habe ich gehofft, dass es nicht wahr ist."
Er zuckte die Schultern.
"Was gibt's dazu noch zu sagen?", meinte er resignierend.
"Ich weiß auch nicht", murmelte sie und sah dabei aus dem Seitenfenster.
Er spürte in seinem Innersten, dass er sie verloren hatte.
Jetzt, genau in diesem Augenblick.
Er musste schlucken.
Und dann fing er an zu reden. Gedämpft, tonlos und fast verzweifelt.
"Wenn ich's ungeschehen machen könnte, würde ich es tun. Bestimmt! Aber das geht nunmal nicht! Und damals brauchte ich Geld, saß auch sonst ziemlich tief in der Scheiße! Und bevor DU jetzt hier jetzt deine moralisch saubere, makellos weiße Weste zum Fenster hinaushängst, solltest du dir vielleicht mal eins vor Augen führen: Es hat dir all die Jahre nichts ausgemacht, von den Erträgen dieser 'Aufträge' zu leben."
"Ich habe es bis jetzt ja auch nicht gewusst", erwiderte sie. "Aber jetzt, jetzt weiß ich Bescheid. Und das ändert alles!"
"Was meinst du damit?"
Er fragte, obwohl er die Antwort im Grunde schon wusste.
"Das... muss ich mir noch überlegen", log sie.
"Überlegen? Willst du mich etwa nach all den Jahren hochgehen lassen?"
Carola schüttelte den Kopf.
"Keine Sorge! Ich habe ja schließlich für dich die Ahnungslose gespielt und diesem Moeller eine überzeugende Show geliefert. Das hast du selbst gesagt!"
"Ja..."
"Über diesen Punkt brauchst du dir also keine Sorgen machen."
"Und warum geht es dann?"
"Ob ich mit dir zusammen bleiben kann!"
Endlich war es also heraus.
"Verstehe...", murmelte er, obwohl das nicht stimmte. Er verstand kein bisschen, sondern war nur traurig und wütend.
Der Motor heulte auf. Carola klammerte sich unwillkürlich an ihren Sitz, als Martin die Kurve so rasant nahm, dass er auf die andere Straßenseite kam.
Ein entgegenkommender Mercedes antwortete mit der Lichthupe.
"Pass doch auf!", rief sie. "Wie fährst du denn! Willst du mich umbringen?
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.