Kitabı oku: «Landhausleben», sayfa 2

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Aber wie ich im Traume oft dadurch in allerlei Gesellschaft beschämt wurde, weil ich zu entdecken meinte, daß ich meine Unterkleider anzuziehen vergessen, so fand ich mich jetzt wirklich ohne diese nöthige Bekleidung, hatte meinen Bedienten auf Neuigkeiten ausgesendet, und konnte wegen der Aderlaß-Binde nur langsam mit dem Anzuge fertig weiden.

So erklärte ich es mir, daß, als ich zu Miranda eintrat, sie ihr Kostüm verlassen, und in zierlicher Morgenkleidung mir entgegen trat. Ich fand sie ängstlich, und sagte ihr auf den Kopf zu, sie sei in männlicher Kleidung an meinen Fenstern vorübergegangen: Sie gestand mit Erröthen, daß sie nach meiner Gesundheit sich erkundigen wollen. Die Geisterwunde ihres Herzens kennen zu lernen, trieb mich unselige Neugierde, der Adept förderte alles von oben her, so fand ich mich nach wenig Wochen verheirathet mit derselben Verwunderung wie Luther, der beim Aufwachen es nicht begreifen konnte, wie dieser Kopf mit langen Zöpfen, seine Käthe, zu ihm in sein Gemach gekommen.

Nie hatte die Stadt ein so glänzendes Haus gesehen, als das unsere. Wir waren auch mit einander zufrieden, sogar stolz auf einander, und so hätte es vielleicht bis heute gedauert, wenn ich die Geistergeschichte hätte verschweigen können. Aber da entdeckte mir eine dienstfertige Freundin, jene Verkleidung, um nach meiner Gesundheit zu fragen, sei blos Ausflucht gewesen, da Miranda's Bruder, damals Modenmann, jetzt der ärgste Pietist, sich in dem Kleide habe zeigen wollen, daß er sie dadurch in große Verlegenheit gesetzt habe, als ich mit der Nachfrage erschienen, daß die himmlische Geisterverbindung aus einer Nothlüge hervorgegangen. Eine andere berichtete emsig, daß Miranda in jenen Tagen krank geworden, weil sie in einer Unterredung überrascht worden mit einem Engländer, von dem es bald daraus klar geworden, er sei ein deutscher Knopfmacher gewesen. Meine gekränkte Eitelkeit forderte, daß ich mich durch glänzende Eroberungen rächte. Das brachte Miranda so zur Verzweiflung, daß sie in unsrer Vaterstadt nicht bleiben wollte. Überschlagen wir einige Blätter des Lebens.

Ihr findet mich und Miranda auf einer Reise um die elegante Welt in der Cajüte eines englischen Postschiffes vom heftigen Sturme eingesperrt, den Adept, unsern Begleiter, der alle Geister anruft um den Zorn zu beschwichtigen, der unter dem wildesten aller Elemente uns gegen einander empört und uns darauf hinweist, daß wir die Natur aus ihren Angeln reißen, weil wir unsre Strahlen nicht in Frieden vereinigen können. So kommt dann unter der Leitung dieses Beschwörers folgender Friedensvertrag zwischen uns beiden unverträglichen, eitlen, launenhaften, heftigen Geistern zu Stande: Da wir beide contrahirende Mächte einmal nicht von einander ablassen, und auch nicht friedlich mit einander leben können, so entsagen wir allem Anspruch auf Gift, Dolch und ähnliche Mordwerkzeuge, welche gewaltsam dieses Band für diese Welt lösen und in jener Welt noch enger knüpfen, vielmehr wollen wir versuchen, wenn wir die Herrschaft von acht Tagen zu acht Tagen einander übergeben, wer am ersten von dem andern zu Tode geärgert sein werde, welches nach Angabe des Geheimengeisterrathes die einzige Manier sei, wie wir für die Ewigkeit von einander loskommen könnten. — Da seht ihr, die ihr mich zweifelhaft anschaut, die Urschrift jenes Kontraktes bei einer flackernden Lampe noch deutlich genug im Sturme geschrieben. Ich gab der Miranda nicht nach an eleganten Erfindungen uns zu quälen, während unser Haus ein Tummelplatz der lustigen vornehmen Welt war, die Miranda mit ihrem schönen Kinde, Georgine, und mich für die glücklichsten Sterblichen hielt. — Quälerei! rief Runzel, solche periodische sahen wir in allen Revolutionen. Wo sich Parteien wohlbesonnen vereinigt zu haben schienen, konnte doch keine in der festgestellten Mitte bleiben, denn sie standen auf einem Boden, den ihr Kampf bewegte. Sie schwankten und fielen einander an, um sich zu halten, bis eine höhere Hand sie überstürzte und einen frischen Thon auf die Töpferscheibe brachte, um Menschen daraus zu drehen. — Triumph, antwortete der Rittmeister, selbst in Runzel ist ein Ansatz zum Geisterglauben in der Mitternacht der Geschichte angeschossen. So kann ich es denn dreist wagen, den Ablauf dieses Geistercontraktes zwischen mir und Miranda zu erzählen. Der Adept hatte sich über uns sehr bald als Usurpator erhoben, ohne daß wir es bemerkten, denn öffentlich erschien er wie ein achtbarer alter Kammerdiener, der alle Geschäfte der Reise besorgte, und nebenher unsrer Unwissenheit durch seine Kenntniß forthalf. Was er mit uns vor hatte, weiß ich nicht, das Kind Georgine war sein Abgott und nur wegen des schlimmen Beispiels, das wir gaben, war er zuweilen ernstlich böse auf unsern Leichtsinn. Seine gelehrten Forschungen verstand ich nicht, dagegen hörte er gern mein Urtheil über seine populären Aufsätze. Ich habe sie Eduard geliehen, der sie nicht genug loben konnte. Er konnte die Geheimnißkrämer nicht leiden. „Wer mit Geheimnissen Lärm macht,“ sagte er, „hat nie ein Geheimniß gehabt. Wie wir uns erst am Ende des Lebens in einem Hause recht heimlich fühlen, während wir früher immer in andern Regionen unsre Heimath zu finden hofften, so tritt uns das Geheimniß erst dann recht nahe, wenn wir die Mittheilung aufgegeben haben.“ — Solche Reden machten dann den Übergang zu seinen Todesgrillen, er glaubte die Stunde zu wissen, in der er abgeholt werden sollte. Nun, liebe Herren, habt ihr wohl vom Herzog von Luxemburg gelesen, der vom Teufel geholt wurde, obgleich es seine Geschichtschreiber ableugnen? — Nein, heute machst du es zu toll, rief Runzel. — Ich sage nicht, fuhr der Rittmeister fort, daß der Teufel ihn holte, aber ich will nur aus seinem Tode deutlich machen, was für eine Erscheinung es sei, die von bornirten Leuten mit dem Teufelholen bezeichnet wird. Solche Unglückliche fühlen wohl die Zeit, wo ihr Geist ihrem gesteigerten Genusse an Spekulation nicht mehr gewachsen ist, und da leiht ihnen der Teufel den sinnlichen Genuß als Träger des Übersinnlichen, der Geist scheint wieder gestärkt, wie das sinnliche Wesen, dem sie sich lange entzogen, neues Leben gewinnt, aber so verbunden mit dem Körper in seinem Streben theilt er dessen Sterblichkeit, und wenn endlich dieses sinnliche Wesen jenes ganz zu sich herabgezogen hat, dann ist der Kontrakt mit dem Teufel abgelaufen. Sie möchten los von der Angel, wenn sie die Nähe dieses Termins ahnen, sie möchten beten, aber ihr Gebet ist nur wie das Vaterunser der Mägde, die damit die Zeit zum Eierkochen abmessen, jedes Nachdenken nähert ihnen die Bilder der gemeinsten irdischen Freuden. So erging's unserm Adepten, der erst sein Ermatten durch Wein, durch schöne Frauen zu bekämpfen suchte, und sich dadurch allmählig zu einer Abhängigkeit von der Welt gebannt fühlte, die ihm den Tod ganz nahe verkündigte. Aber wie bei Wetterpropheten so mancher Tag die Rechnung widerlegt, so vergaß er die bösen Stunden in unsrer belebenden Unterhaltung und machte uns dadurch sicher, Einst fand ich ihn ganz erschöpft in der alten polnischen Stadt Krakau, die damals voll alter Bücher stockte, voll eisgrauer kabalistischer Rabbinern, und astrologischer Mathematiker, die da bei den alten Königsgräbern umher schnüffeln. Ich sagte ihm, daß die artigsten leichtsinnigsten Polinnen bei meiner Frau wären, er schüttelte mit dem Kopfe und wollte nichts davon wissen. Stillschweigend reichte er mir jenen Schiffskontrakt eingerissen zurück, ihr habt den Riß gesehen, und übergab mir ein versiegeltes Testament, aus welchem unsere Trennung hervorgehen werde. Dann verordnete er, daß wir sein Zimmer nach seinem Hinscheiden bei seinem Fluche nicht wieder betreten sollten, daß wir Krakau an dem Tage seines Ablebens verlassen müßten, wozu schon die Pferde bereit ständen, daß wir seine Beerdigung einem alten Diener allein überlassen müßten, dem er dazu schon das nöthige Geld gegeben. Ich forschte nach seiner Todesstunde, er gab den Schlag der nahen Mitternachtstunde an. Nun hoffte ich ihn durch seine Neigung zum weiblichen Geschlechte zu zerstreuen, er aber versicherte, daß diese seine Neigung ihn nur zu oft von der Bahn seiner Forschungen abgelenkt habe. Gegen seinen Willen brachte ich die ganze Schaar schöner Polinnen zu ihm, die ihn wie Huldgöttinnen umfangen und durch zärtliche Schmeichelei zu zerstreuen suchten. Er schien nicht widerstehen zu können, ich glaubte die fatale Stunde überwunden zu haben, als es heftig an die Thüre klopfte, während die Mitternachtstunde sich an der Glocke der großen Kirche verkündete. Er fuhr zusammen und verfiel in Krämpfe, die Schönen flohen. Als ich zur Thüre hinausblickte, fand ich einen einfältigen Bedienten, der im Namen eines alten astrologischen Professors ein Buch zurück forderte, das er dem verstorbenen Adepten geborgt habe. Nachdem ich ihn zornig zurückgewiesen, kehrte ich ins Zimmer zurück. Es war finster, der Armleuchter war umgestürzt, die Damen entflohen. Als der alte Kammerdiener des Adepten mit einer kleinen Lampe eintrat, fand ich den alten Freund mit verdrehten Augen, ohne Athem, vom Stuhle auf den Boden herabgesunken. Der alte Diener schwor, es sei aus, aber er wolle noch alle Mittel anwenden. Er holte Aderlaßzeug, aber das Blut floß nicht. Da führte er mich zum Zimmer hinaus und verschloß es, ganz wie der Adept befohlen. Die Wagen fuhren vor, wir stiegen traurig ein und hielten nach wenig Stunden bei dem Landgute still, das ich erst am vorigen Tage verlassen hatte. Hier wurde das Testament nach seinem Willen, in Gegenwart angesehener Männer eröffnet. Es fand sich darin sein Vermögen in sichern Geldpapieren, dessen eine Hälfte er mir und Miranda unter der Bedingung vermachte, daß wir bis zur Großjährigkeit Georginens nicht in einer Stadt zusammentreffen sollten, um durch diese Trennung allen Streit zu schlichten. Nachher möchten wir der reifern Vernunft unser Geschick überlassen. Georgine erbte die andere Hälfte, doch unter der Bedingung, daß sie von uns entfernt auf dem Landgute einer stillen Verwandtin, unweit von Arthurs Zehenburg erzogen werden sollte. Nachdem sie großjährig geworden, stehe es ihr frei, nach eigner Wahl sich zu vermählen oder auch zu einem von uns zu ziehen, die Disposition über dieses Erbtheil blieb ihr völlig anheim gestellt. Das Testament wurde genau ausgeführt, denn hätte uns auch nicht ein gewisses Grauen vor dem Verstorbenen erfüllt, so war es schon zwingend genug, daß wir, Miranda und ich, unser ganzes Vermögen verzehrt hatten, und daß dieses Vermächtniß groß genug war, uns für immer ein glänzendes Leben zu sichern. So wißt ihr nun, wie ich bin reich geworden, und wenn ich es länger den Leuten verschwieg, so war wohl das Teufelholen, was damit verbunden, die einzige Ursache. — Teufelholen? fragte Runzel, bist du damit bedroht? — Nein, alter Freund, sagte der Rittmeister, ich hoffe es nicht, vielmehr spiele ich eher selbst, wenn du die Geschichte genauer betrachtest, die Rolle des Teufels, der dem Alten seine ernsten Vorsätze im letzten Stündlein durch die zudringlichen Huldgöttinnen abwendig machte, oder wie es im Liede vom Doktor Faust heißt:

So lang das Buch ihn thät belehren,

Wollt sich bekehren Doktor Faust;

Er thäte sich alsbald umkehren,

Daß es uns allen vor ihm graust.

Der Teufel hat ihn abgewendet,

Er malt ihm eine Venus schnell,

Und als er ihn damit geblendet.

So führet er ihn in die Höll,

Von einer Seite ist es gar nichts Unnatürliches, daß ein Mann, der so viele medizinische Kenntniß hatte, und sich so genau beobachtete, die Annäherung seines Todes errathen konnte, er litt öfter an Krämpfen und starb daran. Von einer andern Seite ist die Geschichte genau Wiederholung der bis zum Überdruß von Poeten benutzten Teufelholungen. Wir wollen darüber jedem seine Meinung lassen, er ist in Krakau durch den alten Diener begraben, und dieser zog mit einem Wagen voll wichtiger Bücher bald darauf ins Ungerland und ließ nichts weiter von sich hören. Georgine wurde in frommer Gesinnung bei der Verwandtin aufgezogen, die zu einer der abgesonderten kirchlichen Gemeinen gehört, und Miranda hat in dieser Zwischenzeit ebenfalls diese Richtung angenommen. Seit zwölf Wochen ist Georgine großjährig zur Mutter gezogen, und mit ihr hier eingetroffen. Aus reinem Pflichtgefühle ist Georgine bei mir gewesen, hat sich mir kindlich empfohlen, aber mit Festigkeit meine Wünsche abgelehnt, daß sie mein Haus beleben möchte. Sie wünschte mich mit ihrer Mutter zu versöhnen, und wie gern bot ich dazu die Hand, da Miranda noch unendlich durch Erfahrung an Reiz für mich gewonnen hat, ja die einzige ist, deren Unterhaltung mich nie ermüdet. Aber mein Leichtsinn, meine Entfernung von der Schulsprache ihrer Frömmigkeit, meine Abgeneigtheit öffentlich und mit andern zu beten, das sind noch ernste Hindernisse, obgleich sie mir zugesteht, daß ich wohl besser sein könne, als ich scheine. Was soll ich nun thun, Runzel? Soll ich aus Liebe zu Miranda mich auch dieser eleganten Frömmigkeit ergeben, auf die ich so lange gespöttelt und geschimpft habe? Soll ich aus meinem Karakter fallen, soll ich mich lächerlich machen, um eine Tochter zu gewinnen? Soll ich dem Vorwurfe der Scheinheiligkeit mich aussetzen, dem Vorwurfe eigennütziger Zwecke, da meine Tochter während der Minderjährigkeit ihr Vermögen mehr als verdoppelt hat? — Nein, rief Arthur, werden sie in Wahrheit fromm, verlassen sie die Bahn jener verderblichen Zeit. — Spielst du Piquet? fragte der Rittmeister. — Nein, antwortete Arthur ohne rechte Fassung. — Immer nein, fuhr der Rittmeister fort, es ist doch seltsam mit den jungen Leuten dieser Zeit. — Ich verschwor es in Paris, als ich meinen Meister fand. — Du hättest von ihm lernen sollen. Ich habe ein ganzes Jahr fast täglich verloren, bis ich meinen Meister zu überwinden lernte; woher hast du aber so schnell die Lehren der Weisheit gefaßt, wenn dich die Erlangung dieser leichten Spielklugheit schon abschreckte? Ich sage dir, ich werde dir noch als ein Heiliger erscheinen und wiederhole die Lehre meiner Kinderfrau: wer sich an alte Kessel reibt, der macht sich leichtlich schwarz. Nun, Runzel, hast du keinen Rath für mich? — Keinen andern, rief dieser, als daß ich dich nicht verlassen will, um dich gegen alle Schwindeleien dieser neuen Mystik zu bewahren, nachdem du so glücklich dem alten Schwedenborgianer, an dessen Tod ich nicht glaube, mit reicher Erbschaft entkommen bist. — Nun das ist fast die Manier unsers Freundes, des Herrn von Kloots, antwortete der Rittmeister, den bei seiner Hinrichtung nichts kümmerte als die Furcht, seine Freunde in der Gefangenschaft möchten in der Todesangst gläubig werden. Mit einem Worte, ihr seid beide keine Helfer in der Noth, ich sehne mich nach ein paar Regimentskameraden, um Bank zu machen, aber ich höre die Tritte eines andern, das wird der Rathgeber sein.

Schwarz gekleidet trat ein kräftiger aber bleicher junger Mann ein, der sein Schnupftuch gegen die Wange drückte. Willkommen Eduard, rief der Rittmeister, wie stehts mit der Liebe, was treibst du, ich sage, Georgine liebt dich, ich habe die sichersten Zeichen. — Mit einem Wink der Beschwichtigung sah sich der Eintretende um, aber der Rittmeister machte ihn mit Arthur als mit einem nahen Verwandten und mit Runzel als einem Vertrauten seiner Jugend bekannt, und fuhr dann fort: Sie klagt über nichts, als über dein dogmatisches System, du kannst ihr doch den kleinen Gefallen thun, ihren Grillen nachzugeben. Dann beschwert sie sich, daß du so selten kommst. Was hält dich, warst du krank? — Ich habe meine Zeit nöthig, sprach Eduard, ich habe viel Zeit unter den Griechen verloren, ich bin examinirt, habe ein gutes Zeugniß erhalten, und bin nun Kandidat der Theologie. — Runzel, kalt Wasser her, ich falle in Ohnmacht, rief der Rittmeister, mein Vetter ein Bibelhusar, ich denke du hattest in den sechs Jahren Jurisprudenz und Medizin studirt? — Freilich, ich bin Doktor in beiden, aber nebenher interressirte mich mehr als beides die Begründung der Theologie in der Vernunft, mein System ist ewig und unumstößlich, alle Geheimnisse schwinden, die ganze Menschheit steht in ewiger Klarheit vor mir, ich brauche nur Hörer um zu erleuchten und wenn mir keine Stelle zu Theil wird predige ich auf den Märkten; die Geduld geht mir aus mit Leuten die alle Vernunft von sich weisen, dazu gehört Georgine. Mag sie heirathen wer will ich habe eine andre gefunden die gefällt mir geistig besser; die will ich heirathen wenn ich eine Stelle habe; die hat sogleich meine Auslegung begriffen, die ist was die alten Schriften mit dem bildlichen Ausdrucke eines Engels bezeichnen und ist darum den trübsinnigen Menschen ein Bote der Klarheit. Was aber die Sache noch vollständig macht, Frau von Ohrenschliffer hat Georgine überredet, ich sei nicht so geistreich wie ich geschienen, weil ich von fremden Dingen aus der Ferne viel schwatzen könne, und da hat sie erklärt: wenn ich nicht einmal geistreich sei, womit ich denn allen Frevel gegen ernste Ansichten decken wolle? — Das hat mir die Ohrenschliffer wiedererzählt, die einen Neid gegen Mirandas frommen Ruf hegt, und daraus ersehe ich, daß Georgine einfältig sein muß. Mag ich noch so geistlos sein, ich habe doch in manchen Stunden mit meinem Gerede, Gepolter, mit Husten und Nießen sie über Wasser gehalten, wenn alles in der Stille der frommen Langeweile untersank; ja noch gestern habe ich mit meiner Damascenerklinge Nägel von einem Brett gehauen, um dadurch ein viertelstündiges Stillschweigen zu lösen. — Der Rittmeister umarmte Eduard und rief: Ach, warum hast du dich übereilt, und so mit meiner Tochter brechen können, du hättest sie heirathen und dann klug machen sollen. Aber du zuckst mit den Backen was fehlt dir? — Ja, der Zahn saß fest wie eine Eiche, fuhr Eduard fort, aber die Lücke ist bei mir nicht sichtbar, und bei Georgine war sie auffallend, und der berühmte Zahnprophet versicherte, er passe und werde einwachsen. — Junge, was hast du für Zeug gemacht, unterbrach ihn der Rittmeister. — Die drei Zuhörer versprechen mir Verschwiegenheit, fuhr Eduard fort, ich will berichten. Gestern komme ich zu ungewohnter Stunde in das Vorzimmer Mirandas und gehe weiter, und komme endlich in ein mir unbekanntes Zimmer, wo ich ein halbunterdrücktes Schluchzen höre, und finde ein Mädchen in der artigen Tracht, wie sie auf den Gütern Mirandas, an der Küste im Gebrauche ist. Ich hielt sie für ein armes Landmädchen, das in der großen Stadt sich in Tracht, Sprache und Sitten fremd fühlt und sich herzlich nach der geringen Arbeit und Kost zurücksehnt, bei welcher sie aufgewachsen ist. Ich sprach sie an und wurde überrascht von ihren Antworten, die eine gute Erziehung verriethen, mehr aber noch von ihrer gesunden, derben Schönheit. Eine Röthe der Wangen, wie wir sie hier nur selten sehn, warf einen sanften rothen Lichtschein durch das blonde Haupthaar, doch konnte niemand das Haar roth nennen.

Auch die Augen groß geöffnet, warfen in ihrem hellen Braun einen röthlichen Feuerglanz, der in ihren Thränen spiegelte, während sie vergebens diese Thränen unterdrückte. Nun wars, als ob ihre Oberlippe nur eben das rechte Maaß hätte, denn indem sie die Wangen in die Höhe zog, um die Thränen entweder rein auszudrücken oder zu verstecken, traten die Perlenbänke und Korallenriffe ihrer Zähne hervor: der Athem bewegte stoßweis die Segel meines Herzens, es scheiterte und meinte sich in eine neuentdeckte Welt verschlagen. Aus Verlegenheit ließ ich meine Bewunderung ihrer glänzenden Zähne laut werden denn wovon sollte ich reden, da meine Seele ganz Auge geworden war und sie anglänzte. Aber statt sie zu trösten, flossen ihre Thränen nur heftiger, und in Ermangelung eines Tuches wischte sie ihre Augen mit der blauen Schürze ab, und sprach hinter derselben ihren Verdruß aus: daß ich ihre Zähne noch rühme, da ich ihr einen entreißen wolle, um ihn Fräulein Georgine einzusetzen. Sie hatte mich für den Chirurgen gehalten, der diesen kühnen Versuch wagen wollte, ich erfuhr dies und ihr ganzes Verhältniß gar bald in abgebrochenen trostlosen Worten. Es mag der Wille des Himmels sein, sagte sie, wie mir der alte Schuster und die gnädige Frau bewiesen haben, daß ich für diesen Seitenzahn, den ich freilich nicht sehr vermissen werde, das Geld erhalte, um meinen Vater aus dem Gefängnisse zu retten, wohin ihn das unglückliche Schmuggeln auf seinem Schiffe, gebracht hat, aber der Himmel fordert gewiß nicht mehr von mir, als von Abraham, und darum hoffte ich noch immer auf eine Stimme, welche das Opferwerkzeug von mir abhalten würde. Und nun kommen sie gar noch früher, und ich bin noch gar nicht bereit, habe meine Zähne noch so lieb, als wären es meine Kinder, ach sie kommen nicht wieder, wenn ich sie diesmal verliere! Doch ich bin bereit, denn mein Vater hält das Gefängniß nicht aus, er ist zu stolz. — Sei ruhig, sagte ich, bin ich auch keine himmlische Erscheinung, so habe ich doch Trost aus meiner chirurgischen Kunst. Der Zahn wächst dir wieder, den hast du noch nicht gewechselt, das ist dein letzter Kinderzahn. — Sie lächelte über meine Versicherung und setzte sich hin, als ob der Schmerz gar nichts sei. Ich that, als ob ich das schreckliche Werkzeug herausnehme, es war mein Stubenschlüssel, den ich mit dem Schnupftuch umwand, Sie zuckte nicht, als ich ihr den Schlüssel näherte, so fest war ihr Zutrauen und ihr Muth, — ich wollte sie auf die Probe stellen, und konnte selbst die Probe nicht bestehen, — kurz und gut ich gab ihr einen Kuß und wollte ihn nicht geben, aber sie hatte die Augen so fest zugedrückt, daß ich mir den Spaß nicht versagen konnte. — Da ist der Zahn heraus, sagte ich, hats weh gethan? da sieh ihn! — Sie wußte nicht, was sie denken sollte, denn daß dies kein Zahnausziehen gewesen, fühlte sie wohl, — und doch hielt ich etwas in Händen. Aber sie sah es bald, es war eine Reihe Perlen, die Georgine gehörten, von denen ich ihr eine im Schnupftuch zeigte. Nun war sie so selig, das muß ich dem Vater erzählen, rief sie.

Ohne daß ich fragte, sprach sie unerschöpflich von ihrem Vater, Herrn von Picten, wie seine Vorreitern aus Schottland entflohen, wie er in Kurcöllnischen Kriegsdiensten als Fähnrich gestanden, und durch den Einmarsch der Franzosen, Fahne und Regiment verloren habe. Wie er nach Holland gegangen und zur See, bald als Kaperkapitain und als Schmuggler Ansehen und Reichthum erworben, sich auch mit einer Deutschen verheirathet habe, aus welcher Verbindung sie das einzige Kind bei ihrer Mutter bis zu deren Tode an der Küste auferzogen sei. Aber sein letztes unglückliches Unternehmen, so schloß sie, hat ihn um den Gewinn seines ganzen mühevollen Lebens gebracht. Er soll noch hundert Louisdor Strafe absitzen, und nur, indem ich hier Dienste als Kammerjungfer annahm, konnte ich seine Beköstigung verbessern, die er sonst mit allen gemeinen Gefangnen theilt. Ein frommer Mann suchte ihn durch meinen Zahn zu retten, es dauerte lange, ehe Miranda den Vorschlag annahm, und für Georgine ist er ein Geheimniß, sie denkt, daß ihr der Zahn eines Seehundes statt des fehlerhaften Seitenzahns, den sie vorscheinen läßt, eingesetzt werden soll. —

Ich heirathe Georgine, rief Arthur, da sie sich so etwas einreden läßt, sie muß weder stinkend gelehrt, noch verrucht geistreich sein, solche Frauen taugen allein zur Ehe. — Der Rittmeister aber sagte: Nein, sie ist schon Eduard zugesagt. — Ich habe mich mit diesem Zahne losgekauft, rief Eduard, ich gehöre der Kurcöllnischen Fähnrichstochter. Doch es bleibt unter uns! — Der Zahndokter nahte bald, als Cornelia, denn so hieß meine neue Bekannte, eben abgerufen worden, er fand meinen Zahn nicht zu groß, riß ihn mit Mühe aus, und kam bald mit hundert Louisdor und der guten Nachricht, daß er ihn Georginen glücklich eingesetzt habe, und sein Anwachsen erwarten könne. Die ausgezahlten hundert Louisdor brachte ich dem Vater ins Gefängniß, und erkenne zu meiner Freude in ihm einen Kaperkapitän, der mir in Griechenland große Dienste leistete. Er verspricht mir seine Tochter Cornelia und ich heirathe sie noch heute, wenn ich eine Pfarre erhalten kann. — Der Rittmeister sprach heimlich mit Arthur wegen der Pfarre in Tiefenbach für Eduard, deren Verleihung Arthur aber ablehnte, weil es ihm unleidlich sei, als Kirchenpatron einem Verwandten vorzustehen, mehr aber noch weil er ihn für keinen Christen halte. Eduard war unterdessen mit Runzel in politischen Streit gerathen, und durch die Morgenpredigt eingeschrieen, war sein Vortrag so gewaltsam, daß Runzel davon lief.

Aber Eduard schrie fort: Es ist ein unvergnügliches Wesen in der Stadtwelt, ich ziehe aufs Land, da giebt es doch noch Leute, die sich nicht mit abgenutzten Lehrsätzen herumschlagen. Dieser Runzel hält mich für einen Verfinsterer, weil ich Pestalozzis Lesemethode nicht lobe, weil ich den Griechen das Geschick abspreche, eine Republik zu bilden, und Miranda erklärt mich für einen Revolutionär, weil mir die frommen Gedichte eines Franzosen wie Fabrikarbeit vorkamen. Jeder verdammt, keiner heiligt das Treiben der Welt durch Vernunft, weswegen auch die wenigen Verständigen sich gewöhnlich zwischen zwei Stühle setzen, weil jeder von ihnen wegrückt. Dieser alte Runzel spricht wie ein abgeriebenes Journalheft, er hat zwar Erfahrung, aber keine deutsche, sondern französische. Jene Satzungen deutscher Ultras, die ich bei Miranda treffe, weil sie Frömmigkeit auch als eine restaurirende Brühe für den Staat ansehen, jene aufschießenden Salatstauden, die sich als Eichenbäume zu Thronstützen angeben, die, ohne Halt und Richtung, bloß parteisüchtig sich für eine französische Conversationsform erhitzen, sind nur eine Fortsetzung von den Gesprächen in Pepliers Grammaire, ja von diesen ist der Beste nicht dem Schlechtesten jener alten Revolutionäre zu vergleichen. — Ho ho, rief der Rittmeister, du hältst mich auch für sehr gering. — Wer redet von dir, fuhr Eduard fort, aber dieses lederne, knackschälige Geschlecht von Hofschranzen kann nichts als bedenkliche Gesichter schneiden, unbefangene Menschen verdächtig machen. Welche Last hätte ich mit ihrem politischen Gewäsche mir aufgebürdet, wenn ich deine Tochter, alter Jüngling, geheirathet hätte. — Ist es denn so ganz aus mit Euch? — Ganz und gar. Gewiß um eine Kleinigkeit. — Wo das Höchste ins Spiel kommt ist nichts Kleinigkeit, denk daran daß Millionen sich in getrennte Kirchengesellschaften begaben um einen unbestimmten Ausdruck; daß oft Hunderttausende durch Kriegsunglück umkamen um einen übelgewählten Ausdruck im Commando, kurz und gut, wir Menschen sind nur aus der Welt um ein Stückchen Sprache weiter auszubilden, nicht durch die Grammatik sondern im Leben, wo es sich dann immer trifft daß unter Millionen sich einer findet wie unser Erasmus, der diese Lehrstunden der Menschheit zusammenfaßt und in ein System bringt. Nun weißt du, wie noch vor drei Wochen die Kirche dieses hellen Denkers gefüllt war, aber seit einem Gespräche wovon jene Frommen kein Wort verstanden, ist er verketzert und alles drängt zu Tauler gegen den ich als einfachen herzlichen Volksredner gar nichts einzuwenden habe, der aber diesen Leuten nicht gefallen könnte wenn sie aufrichtig wären. — Du wirst das vornehme Volk gar bald hier vorfahren sehen. — „Was!“ rief der Rittmeister, „zu dem Tuckmäuser, bei dem ich als Lieutenant zu Pferde einritt, gehen jetzt vernünftige Leute? Wo ist denn unsre Aufklärung, wo sind unsre alten lustigen Schwänkeerzähler, ihre Helden? sie müssen Erasmus mit ihren Spornen, Zöpfen und bunten Kleidern zu Hülfe kommen.“ — Nun zu diesen altgewordenen Renomisten, fuhr Eduard fort, gehört unser Erasnms auch nicht, er sucht aber in allen, die Seele auf und bleibt nicht an der zufälligen Gestalt kleben. Aber diese Frommen sind wie die Ästhetiker, sie können nur einer auf Kosten des andern leben, und weil sie Tauler anhängen, muß jetzt Erasmus für einen Heiden gelten. Das verdroß mich an Georgine und ich legte ihr ein darauf verfaßtes Liedlein ins Gesangbuch als sie zu Tauler in die Wochenpredigt ging, — da habt ihr es, denn sie hat es mir mit einem Büchlein von Erasmus, das sie darin eingeschlagen hatte, verächtlich zurückgeschickt. — Der Rittmeister las vor:

Das alte Kirchlein, niedrig enge,

Von hohen Häusern fast versteckt,

Und innerlich, statt Kunstgepränge,

Mit Heilgen Sprüchen nur bedeckt,

Stand, von der Welt ganz übersehen.

So wie der Fromme der da lehrt,

Nur Handwerksleute zu ihm gehen,

Und nichts den Blick der Andacht stört.

War auch das Glöcklein lang gesprungen,

Der schwache Klang doch Fromme weckt,

Ist bis zum Hungernden gedrungen,

Daß da sein Tisch sei reich gedeckt,

Und von den armen Sonntagsgästen

Wird jeder geistig froh und satt,

Ja, froher als bei jenen Festen,

Bei denen friedlich schwelgt die Stadt.

In diesem Kirchlein, abgelegen,

So unbeachtet von der Welt,

Der alte Herr mit höherm Segen

Seit funfzig Jahren Predigt hält:

Da kommt ein Krieg, macht bang die Reichen

Und mancher hört das Glöcklein nun,

Und möchte sich mit Gott ausgleichen,

Und fromm, gleich armen Leuten, thun.

Der Reiche hört des Worts Vertrauen

Im Kirchlein von dem Gottesmann,

Er fühlt ein kräftiges Erbauen,

Und fährt im Glück da wieder an.

Ist voll das Herz, der Mund geht über,

Er rühmt den Mann, der ihn gerührt,

Da wächst der Beifall wie ein Fieber,

Der Tausende zur Kirche führt.

Da rollen vor die hohen Wagen,

Und einer zieht den andern fort,

Die Brillen junger Leute sagen,

Daß viel zu sehen an dem Wort;

Die bunten Pelze, Federhüte,

Sie ziehen hin, auch wenns zu spät,

Sie nennen das der Kirche Blüthe,

Als ob nun Andacht erst geräth.

Gar manches Wort wird nachgeschrieben,

Und selbst gedruckt wird es verlangt,

Was sonst wohl im Gedächtniß blieben,

Doch nun auf Damentischen prangt.

Es kann der Küster kaum noch regen

Den Klingelbeutel voll Gewicht,

Doch in den Thalern ist kein Segen,

Der Wittwe Groschen sind es nicht.

Der Duft der Werkstatt ganz verschwindet

In Wohlgerüchen geistig fein,

Und manche Ohnmacht schon verkündet.

Daß hier zu viele gingen ein.

Das drängt sich jetzt zu allen Stühlen,

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