Kitabı oku: «Kampf der Welten»
ADRIAN PLASS
KAMPF DER WELTEN
HEILIGE KÜHE, BLINDE FLECKEN UND VERSCHWENDETE SCHWACHHEIT
AUS DEM ENGLISCHEN
VON CHRISTIAN RENDEL
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
1. Digitale Auflage 2012 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783865064134
© 2012 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers
Originaltitel: War of the Worlds
Copyright © 2011 Adrian Plass
First published 2011 by Authentic Media Limited.
52 Presley Way, Crownhill, Milton Keynes, MK80ES
Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers
Titelgrafik: Simone Jacobs, Moers
Satz: Satzstudio Winkens, Wegberg
Inhalt
Cover
Titel
Impressum
Einführung
1 Tod
2 Gebet
3 Hinein ins chaotische, katastrophale, komische Niemandsland wahrer christlicher Hingabe
4 Fremdes Feuer
5 VerSchwendete Schwachheit
6 Der Elefant im Zimmer
7 Die Bibel lebendig werden lassen
8 Heilige Kühe
9 Die Innenwelt mit der Aussenwelt vereinen
10 Der spielerische Gott
11 Was unter dem Strich bleibt – eine positive Kreuzigung?
12 Nach Hause kommen
Anmerkungen
weitere Werke
Einführung
Themen sind merkwürdige, schwer fassbare Kreaturen. Im einen Moment stehen sie einem in völliger Klarheit vor Augen. Doch dann plötzlich beginnen sie zu flackern, wie Bertie Wooster es vielleicht ausdrücken würde, und sind verschwunden. Da ich diese Erfahrung die ganze Zeit über gemacht habe, während ich an diesem Buch schrieb, halte ich es für ratsam, zu versuchen, Ihnen zu erklären, worum es Kampf der Welten geht, bevor Sie den ersten vorsichtigen Schritt ins erste Kapitel wagen.
Ich möchte vorausschicken, dass fast alle Gedanken in diesem Buch das widerspiegeln, was mich in den zwei Jahren beschäftigt hat, die meine Frau und ich als Mitglieder der Gemeinschaft im Scargill House Conference Centre gleich außerhalb von Kettlewell in Nord-Yorkshire (der Heimat der Calendar Girls) verbracht haben. Für mich war es eine besondere Herausforderung, mich als »Autor vom Dienst« einer solchen Gemeinschaft anzuschließen. Meine Vortragsreisen kreuz und quer durch die Welt in den letzten fünfundzwanzig Jahren waren eine sehr angenehme, aber auch etwas isolierende Erfahrung. Wie würde ich wohl mit der Ethik der unvermeidlichen Selbstentblößung in einem bewussten Gemeinschaftsleben zurechtkommen? Es ist relativ einfach, Selbstbewusstsein auszustrahlen, wenn man vor einem Publikum aus Leuten steht, die eigens gekommen sind, um einen zu hören, weil sie die Bücher mögen, die man geschrieben hat. War es nicht denkbar, dass hier in dieser neuen, spannungsreichen Situation meine Fehler und Macken aufs Peinlichste unübersehbar werden würden?
Das andere war meine Wahrnehmung eines liebevollen, lachenden, leidenden, rätselhaften, merkwürdig einsamen und missverstandenen Gottes. Würde diese schwer errungene Empfindung im religiösen Hauen und Stechen des Lebens überleben können?
Nun, das Leben in Scargill erwies sich als herausfordernd in allen möglichen Hinsichten, mit denen ich nie gerechnet hätte, aber wir hätten es um nichts in der Welt missen mögen. Es war eine echte Freude für uns beide, uns Tag für Tag unter die Mitglieder der Gemeinschaft und die Gäste zu mischen und in diesen beiden Kontexten eine wichtige Rolle zu finden. Es ist zweifellos wahr, dass es Momente gab, in denen wir nur noch davonlaufen oder mit quietschenden Reifen zum Tor hinausfahren wollten. Ich glaube, ich liebe meine Privatsphäre viel zu sehr, als dass ich für den Rest meiner Tage so leben könnte. Aber dennoch beruhigt mich und wärmt mir das Herz, wie in der täglichen Begegnung mit einem Haufen (zumeist) liebenswerter Leute, die sich einfach nicht aus dem Weg gehen können, mein innerster Kern irgendwie intakt geblieben ist.
Und Gott? Nun, er ist der Grund für dieses Buch. Der enge, beständige Dienst unter allen möglichen Leuten während der letzten beiden Jahre hat mich noch sicherer gemacht, als ich es ohnehin schon war, dass Authentizität bei Einzelnen und bei Gemeinden unverzichtbar ist, wenn wir wirklich erleben wollen, wie der Heilige Geist übernatürlich in Männern und Frauen wirkt und sie ins Leben liebt. Damit das möglich wird, kann es sein, dass wir den Kampf auf uns nehmen müssen. Was für einen Kampf, und aus welchem Grund?
Der Kampf im Innern des Einzelnen ist ein Konflikt zwischen der Innenwelt und der Außenwelt. Jesus ruft Menschen nicht dazu auf, zu verleugnen, was sie fühlen und denken, was sie fürchten und wonach sie sich sehnen. Er ruft sie dazu auf, die Wahrheit zu sagen und eine Freiheit zu entdecken, die deshalb so umwerfend befriedigend ist, weil sie sich auf alles bezieht, was in uns steckt, nicht nur auf eine zensierte Version unserer selbst. Es ist ein Kampf zwischen der Kapitulation gegenüber der Schande der Unzulänglichkeit und der Erkenntnis, dass das einzige unvollkommene Opfer, das Gott gerne von uns annimmt, unser mit Makeln behaftetes Selbst ist. Wir sind nicht dazu berufen, wunderbare Christen zu sein, sondern gehorsame Versager. Es kann sein, dass wir aufgefordert werden, mit Gott zusammenzuarbeiten, wenn er sich daranmacht, Aspekte unserer Persönlichkeit zu verändern. Aber in der Zwischenzeit gibt es Arbeit zu tun, und wenn wir möchten, wird er uns dazu gebrauchen.
Die Planeten, die in der Gemeinde gegeneinander Krieg führen, sind interessant, weil es Momente gibt, in denen sie sich merkwürdig ähnlich sehen. In beiden Welten werden Sie etwas sehen, was aussieht wie geistliches Feuer. In der einen Welt kommt dieses Feuer von Gott und hat echte Kraft. In der anderen ist es von Menschen gemacht und deshalb kraftlos und irreführend. Auf dem einen Planeten gibt es Worte und Musik und Verhaltensweisen und Behauptungen, die zu demonstrieren scheinen, dass seinen Bewohnern aufrichtig daran liegt, zu tun, wonach Gott von Herzen verlangt. In Wirklichkeit aber sind all diese Dinge hohl und praktisch bedeutungslos. Auf dem anderen Planeten aber sind sie gefüllt mit dem aufrichtigen Streben derer, die wissen, dass sie schwach sind und nichts tun können, die aber auch glauben, dass Gott stark ist und alles tun kann. In der einen Welt wird leidenden, verletzten Menschen gesagt, sie könnten Befreiung und Heilung finden, wenn sie zu treuen Bürgern werden. In Wirklichkeit aber wird ihnen nicht die Freiheit zugestanden, ihren Schmerz auszudrücken, sodass sie gezwungen sind, Heilung zu spielen wie Schauspieler auf einer Bühne. In der anderen Welt verbietet die Fürsorglichkeit den Menschen niemals den Mund. Im Gegenteil, sie schließt sie auf und begleitet sie genau so, wie sie sind, so lange, wie es nötig ist. Auf dem einen Planeten werden bedrohliche offene Räume rasch ausgefüllt, bevor Gott die Chance hat, hineinzukommen. Auf dem anderen gibt es große Bereiche, in denen Gott seine Muskeln strecken kann, so viel und wie er will.
Genug. Mein Thema fängt wieder an zu flackern. Es gibt in diesem Buch viel zu lachen und zu weinen. Ich hoffe, es macht Ihnen Freude. Womit sollen wir anfangen? Ich weiß: Nur, um uns ein wenig aufzuheitern, lassen Sie uns über das Thema »Tod« nachdenken.
1 Tod
Wie ich schon bei vielen Gelegenheiten gesagt habe, wird man, wenn man an der Oberfläche eines Christen kratzt, darunter im Allgemeinen ein menschliches Wesen vorfinden. Aber warum muss man dazu erst kratzen? Wovor fürchten wir uns, und welche Ängste werden durch diese Panzerschalen aus streng kontrollierten religiösen Übungen oder gedankenlosem, grundlosem Optimismus gelindert oder verborgen? Ist es vielleicht so, dass wir als Gemeinde Jesu das Grauen vor der unausweichlichen Dunkelheit genauso weit von uns schieben, wie es der Rest der Welt tut, nur dass wir dazu andere Mittel anwenden? Wir Möchtegern-Nachfolger Jesu werden wohl akzeptieren müssen, dass Leben und Tod unser Geschäft sind, besonders, wenn wir auf den Ruf Jesu im vierten Kapitel des Johannesevangeliums reagieren wollen, wo er uns aufruft, zu Arbeitern zu werden und ihm bei der Ernte zu helfen.
Fast niemand möchte gerne den Tod in die Arme schließen, aber in der rauen Welt der geistlichen Wirklichkeit werden wir es müssen.
Unterwegs zum Grab?
Fangen wir damit an, dass ich ein wenig darüber jammere, dass ich dem Moment meiner eigenen Begegnung mit dem Tod immer näher komme.
Verfasser christlicher Satire wissen, dass mit diesem Genre ein gewisses Risiko verbunden ist, besonders, wenn sie sich über die Notwendigkeit im Klaren sind, sich eine gewisse Schärfe zu bewahren. Mal gewinnt man, mal verliert man; so lehrt die Erfahrung. Aber wenn man darüber nachdenkt, geht es ja beim Risiko um nichts anderes. Und diese Sache mit dem Tod ist ein gutes Beispiel dafür.
Auf bestem Wege zu meinem dreiundsechzigsten Geburtstag stelle ich fest, dass in der langen Schlange der Sorgen, die meinem herrlichen Glaubensheldenleben unentwegt auf den Fersen ist, der Tod sich grinsend immer weiter nach vorne drängelt. Älterwerden ist eine Last. Ich will es nicht. Es gefällt mir nicht. Jetzt, wo ich endlich angefangen habe, die Aktivitäten in meinem Leben in eine halbwegs vernünftige Prioritätenfolge zu bringen, ist es doch wohl lächerlich, dass mir nicht mehr viel Zeit bleibt, sie in die Praxis umzusetzen. Hier ist ein albernes Gedicht, das etwas von meiner gegenwärtigen Angst ausdrückt.
Du weißt, du wirst alt
Du weißt, du wirst alt, wenn eine attraktive Frau dich spielerisch anblinzelt, dich »junger Mann« nennt und dich mit einem perlenden kleinen Lachen fragt, ob du nicht ihr Kuschelbärchen sein möchtest
Wenn die meisten Partys, auf die du gehst, Versammlungen leichenhafter oder übergewichtiger Leute sind, die den ganzen Abend über auf denselben Stühlen sitzen wie graue Statuen, sich an einem trostlosen Glas Wein festhalten und sich über den Wert ihrer Häuser und den Zustand ihrer Beine unterhalten
Wenn niemand einen Nachweis sehen möchte, dass du beim Eintritt in den Nationalpark Anspruch auf den Seniorenrabatt hast
Wenn Männer von Mitte dreißig mit schwarz geränderten Brillen und volltönenden Stimmen die Fingerspitzen aneinanderlegen und dir sagen, dass du immer noch viel zu bieten hast
Wenn du zutiefst fasziniert bist von dem Umstand, dass »Liebe« ein Anagramm für »Beile« ist
Wenn das Einzige, was du krachen lässt, deine Hosennähte sind
Wenn der Weg die Treppe hinauf eine Reise ins Unbekannte ist
Wenn du oben angekommen bist und dich in einem Badezimmer befindest und merkst, dass es jedes beliebige Badezimmer auf der Welt sein könnte
Wenn jeder andere im Universum glaubt, die meisten deiner Probleme ließen sich mit einer Tasse Tee lösen und alle übrigen mit einem Vollkornkeks
Wenn du dich von jungen Leuten mit langgestreckten Leibern und nach hinten gedrehten Schirmmützen, die wild auf Tennisbälle eindreschen, bedroht fühlst
Wenn du beim Anblick eines Kinderwagens anfängst, zu sabbern und zu gurren und Laute des Entzückens auszustoßen, bevor du dich vergewissert hast, dass auch wirklich ein Baby darin ist
Wenn deine Kinder dich zu überreden versuchen, dein Geld für dich selbst auszugeben anstatt für sie
Die undurchdringliche Mauer
So milde erheiternd diese grausigen Anzeichen des unausweichlichen Untergangs sein mögen, ist doch der Tod eines Menschen, den wir lieben, im Allgemeinen etwas Furchtbares. Solch ein Verlust kann wie eine hoffnungslos hohe, feste und undurchdringliche Mauer sein. Sie können sie nicht überwinden. Darüberklettern kommt nicht infrage. Sie können überhaupt nichts daran ändern. Was die Sache häufig noch schlimmer macht, sind die dämlichen Bemerkungen oder Verhaltensweisen von denen unter uns, die ihre eigenen Angst- und Unzulänglichkeitsgefühle einfach nicht in den Griff kriegen können oder wollen, wenn sie mit dem unsäglichen Schmerz eines Verlustes bei anderen konfrontiert werden. Sämtliche der wenig hilfreichen Bemerkungen in der nun folgenden Szene wurden freundlicherweise von den Leuten beigesteuert, die sie bei dieser oder jener Gelegenheit über sich ergehen lassen mussten. Es gibt noch andere, schlimmere Beispiele, die ich hier nicht verarbeitet habe. Manche davon würden Sie nicht glauben. Viele haben mehr Geschichten von Freunden, Bekannten und Mitgliedern ihrer Gemeinden erzählt, die allen Ernstes die Straßenseite wechselten, um der Peinlichkeit einer Begegnung mit solch frischer Trauer aus dem Weg zu gehen. Seien wir ehrlich. Die meisten von uns haben sich irgendwann in ihrem Leben schon einmal solche Rücksichtslosigkeiten zuschulden kommen lassen, weil wir einfach nicht wissen, was wir sagen oder wie wir uns verhalten sollen.
Und darum war es (meiner Meinung nach) das Risiko wert, »Bist du schon darüber hinweg?« öffentlich vorzulesen und aufzuführen. Bei der überwiegenden Mehrzahl derer, die einen Verlust erlitten haben, hat es eine befreiende Wirkung, nicht trotz, sondern gerade wegen der lustigen Momente, die aus dem Text entstehen. Hin und wieder reagiert auch jemand empört. Worum es aber geht, ist, dass die Szene eine Möglichkeit bietet, darüber zu reden, wie man auf hilfreiche Weise auf Leute zugehen kann, die von einem qualvollen Verlust betroffen sind. Hier sind nur einige der Vorschläge, die dazu gemacht wurden.
Ich möchte wirklich über die Person sprechen, die ich verloren
habe. Bitte frag mich.
Sei einfach da. Du musst gar nichts Besonderes tun.
Versuch nicht, mein Problem zu lösen oder meinen Schmerz mit hohlem religiösem Geschwätz oder falschem Optimismus zu verwässern. Das wird nicht funktionieren.
Hab keine Angst davor, mit mir zu lachen. Ich muss diese Muskeln in Bewegung halten.
Schau mir in die Augen, sonst muss ich am Ende noch dich trösten.
Versuche, keine Angst vor mir zu haben. Ich brauche dich.
Back mir einen Apfelkuchen.
Unsere Freundin Liz hat uns sehr geholfen, über diese Dinge nachzudenken. Liz war nach dem Tod ihres Mannes Ian am Boden zerstört. Er war ein origineller, kreativer, von Herzen freundlicher und äußerst gebildeter Mensch gewesen. Bridget und ich besuchten Liz zu Hause am ersten Jahrestag des Todes von Ian. Unter anderem unterhielten wir uns über die interessante Auswahl von Klischees, die Menschen in Trauer über sich ergehen lassen müssen. Am schlimmsten fand Liz das Klischee, das ich als Titel für diese Szene verwendet habe.
Bist du schon darüber hinweg?
Bist du schon darüber hinweg?
Nein, ich bin noch nicht darüber hinweg. Ich bin noch keinen Schritt vorwärtsgekommen. Mir ist es ergangen wie den beiden Jüngern auf der Straße nach Emmaus, die nur reglos dastanden und traurig aussahen. Falls ich mich doch ein unmerkliches Stückchen bewegt haben sollte, bin ich wohl eher darunter als darüber hinweg.
Sie ist nur ins Nebenzimmer gegangen.
Ins Nebenzimmer? Nur ins Nebenzimmer gegangen? Im Nebenzimmer war sie während der letzten acht Jahre. Im Nebenzimmer habe ich sie gepflegt und gefüttert, habe ihr vorgelesen und ihr beim Sterben zugesehen. Ich kann dir versichern, dass sie nicht mehr im Nebenzimmer ist. Sie ist in überhaupt keinem Zimmer. Ich habe nachgeschaut. Ich habe alles durchsucht. Sie ist irgendwo anders.
Die Zeit heilt alles.
Ihn hat sie nicht geheilt.
Weißt du, mein Onkel ist an genau derselben Krankheit gestorben.
Das tröstet mich sehr.
Wenigstens ist er jetzt im Himmel und hat glücklich seinen Frieden gefunden.
Menschenskind! Ich bewundere diese theologische Gewissheit. Hast du für dich selbst auch so viel Glauben wie für ihn?
Sie ist jetzt an einem viel besseren Ort.
Vielen Dank. Das hier war ein sehr schöner Ort, als sie noch da war. Sogar ein außerordentlich schöner Ort. Ich fürchte, mir ist nie klar geworden, wie schön er eigentlich war.
Ich weiß genau, was du empfindest.
Wirklich?
In gewissem Sinne ist es am besten so.
Am besten? Für wen ist es am besten? Für mich? Für dich? Für den Herzog von Edinburgh? Für Shirley Bassey? Es ist nicht am besten so. Es ist am schlimmsten so.
Er hat am Ende nicht gelitten.
Nein, und darüber bin ich froh. Aber ich. Ich habe gelitten.
Sie würde nicht wollen, dass du trauerst.
Okay, dann lasse ich es. Das heißt, eigentlich glaube ich, sie wäre vielleicht ein bisschen enttäuscht, wenn ich – völlig unbewegt bliebe. Was meinst du?
Du darfst dir keine Vorwürfe machen.
Ich darf nicht? Tue ich aber. Ich mache mir Vorwürfe. Ich mache mir alle möglichen Vorwürfe. Ich mache mir Vorwürfe, weil ich nicht drei Millionen Mal öfter gesagt habe, dass ich sie liebe. Weil ich nichts an den Kleinigkeiten an mir geändert habe, die ihr so viel bedeutet hätten. Ich mach mir Vorwürfe wegen Dingen, die ich getan und die ich nicht getan habe. Wegen Dingen, die ich begangen und die ich unterlassen habe, wegen allem Möglichen. Ja, ob ich nun darf oder nicht – ich mache mir Vorwürfe.
Er ist dir immer noch so nahe, wie er es je war.
Nein, ist er nicht.
Du wirst sie bald wiedersehen können.
Ach ja? Dann bestelle ich wohl besser für morgen die Milch ab.
Gethsemane, das Leiden und das Gebet um Befreiung
Die Auswirkungen von Tod und Katastrophen bekommen viele Menschen, auch Christen, auf vielerlei Weise zu spüren. Wie sollen gläubige Menschen in Bezug auf das Leid beten? Einen unwillkommenen Fingerzeig dazu könnte uns das geben, was Jesus im Garten Gethsemane erlebte. Eine der Äußerungen, die er dort tat, will mir seit einigen Monaten nicht mehr aus dem Kopf gehen. »Ich zerbreche beinahe unter der Last, die ich zu tragen habe.«
Sind das nicht schreckliche, einsame Worte? Der Erlöser der Welt, dieser Mensch, der auf geheimnisvolle Weise auch Gott war, zerbrach beinahe unter der Last der Angst und des Kummers, während ein paar Meter entfernt seine Freunde selig schlummerten. Mit anderen Worten, er war kurz davor, zu scheitern. Kein Wunder, dass er ein letztes Mal darum flehte, von dem Grauen, das ihn erwartete, befreit zu werden. »Mein Vater, wenn es möglich ist, so erspare mir diese schwere Stunde.«
Offensichtlich war es völlig legitim, dass Jesus darum bat, dass der Kelch des Leidens von ihm genommen werde, aber nur, weil er auch bereit war, die Möglichkeit zu akzeptieren, dass es nicht sein konnte. Und das konnte es auch nicht. Als Akt des Gehorsams musste er unendliche Schmerzen und Demütigungen auf sich nehmen und die Trennung von seinem Vater ertragen, als er ihn am dringendsten brauchte. Die Lektion ist hammerhart und kompromisslos und klar. Wir dürfen Gott bitten, jeden Kelch des Leidens von uns zu nehmen, der uns nicht verlockend erscheint. Daran ist nichts verkehrt. Aber wenn dieser Kelch des Leidens für seine Pläne für uns, für andere oder für die ganze Welt unerlässlich ist, dann sind wir aufgefordert, ihn zu leeren, auch wenn wir es zähneknirschend und nur aus purem Gehorsam tun. Es wird schwer sein. Natürlich wird es das. Wie Jesus selbst uns eines Tages bei einer geselligen Tasse Ambrosia (nicht Reis) in Erinnerung rufen wird: Der Geist mag willig sein, aber das Fleisch ist schwach.
Waren Sie schon jemals kurz davor, unter Ihrem Kummer zu zerbrechen? Ich vermute, Sie haben es schon erlebt. Gott jedenfalls hat das erlebt. Wir stecken alle gemeinsam darin. Lassen Sie uns also versuchen, füreinander wach zu bleiben.