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Kitabı oku: «Das Horoscop», sayfa 4

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»Und sag einmal, was wird aus mir werden, wenn ich diesen furchtbaren Weg einschlage?«

»Ein Mörder, Capitän.«

»Gottes Bluts« rief der Gascogner, »Du bist ein alter Luder und Du kannst Deine Horoscope Denjenigen stellen, die dumm genug sind, um daran zu glauben.«

Er bedeckte die Alte mit einem Blick der höchsten Entrüstung und setzte sich wieder an seinen Platz, indem er brummte:

»Mörder! Mörder! Ich! Höre, Hexe, es müßte eine sehr große Summe sein, wenn ich Das werden sollte.«

»Jacques,« sagte jetzt Fräulein von St. André, welche das ganze Treiben des Capitäns beobachtet und mit ihren neugierigen Oehrchen von vierzehn Jahren kein Wort von dem Zwiegespräch zwischen der Hexe und dem Gascogner verloren hatte, zu dem jungen Pagen:

»Jacques laßt Euch doch auch einmal Euer Horoscop stellen; Das wird mir Spaß machen.«

Der junge Mann, den man zum zweiten Mal mit Jacques anredete und der kein anderer war als der Page, erhob sich ohne eine Bemerkung zu machen, und trat in der Haltung absoluten Gehorsams zur Hexe hin.

»Hier ist meine Hand, gute Frau,« jagte er; »wollt Ihr mir mein Horoscop stellen, wie Ihr es so eben dem Capitän gestellt habt?«

»Seht gern, mein schöner Junge,« antwortete sie. Damit ergriff sie die Hand, die der junge Mann ihr reichte, und die so weiß war wie eine Menschenhand.

»Dann schüttelte sie den Kopf.

»Nun, Alte,« fragte der Page, »Ihr sehet in dieser Hand nichts Gutes, nicht wahr?«

»Ihr werdet unglücklich sein.«

»Ach, armer Jarques,« sagte halb spöttisch, halb besorgt das junge« Mädchen, das die Weissagung provocirt hatte.

Der junge Mensch lächelte wehmüthig und murmelte:

»Ich werde es nicht sein, ich bin es schon.«

»Die Liebe wird all Euer Unglück verursachen,« fuhr die Alte fort.

»Werde ich doch wenigstens jung sterben?« fragte der Page wieder.

»Ach ja, mein armes Kind, mit vierundzwanzig Jahren.«

»Um so besser.«

»Wie so, Jacques, um so besser? Was wollt Ihr denn damit sagen?«

»Da ich ja doch unglücklich sein soll, wozu soll ich leben?« antwortete der junge Mensch. »Und werde ich wenigstens auf einem Schlachtfeld sterben?«

»Nein.«

»In meinem Bette?«

»Nein.«

»Durch einen Zufall?«

»Nein.«

»Wie werde ich denn sterben, Alte?«

»Ich kann Euch nicht genau sagen, wie Ihr sterben werdet, aber ich kann Euch die Ursache Eures Todes sagen.«

»Und worin wird diese Ursache bestehen?«

Die Alte senkte ihre Stimme:

»Ihr werdet ein Mörder sein,« sagte sie.

Der junge Mensch wurde blaß. wie wenn das prophezeite Ereigniß bereits eingetreten wäre. Er ging gesenkten Hauptes an seinen Platz zurück und sagtet:

»Dank, Alte; möge sich erfüllen, was geschrieben steht.«

»Nun,« fragte der Capitän den Pagen, »was hat diese verdammte Alte zu Euch gesagt, mein schönes junges Herrlein?«

»Nichts was ich wieder sagen könnte, Capitän,« antwortete dieser.

Der Capitän drehte sich gegen den Angoumois um.«

»Nun wohl, mein wackerer edler Herr,« sagte er, »seid Ihr nicht auch neugierig das Schicksal zu versuchen? Kommt doch her, wahr oder falsch, gut oder schlecht, hilft eine Prophezeiung doch immer über einige Augenblicke hinweg.«

»Verzeiht mir, antwortete der Edelmann, der auf einmal aus seiner Träumerei zu erwachen schien, »ich habe im Gegentheil diese Frau etwas sehr Wichtiges zu fragen.«

Damit stand er aus und ging mit der bestimmten Haltung, die auf Kraft und Festigkeit des Willens deutet, gerade auf die Hexe zu.

»Zauberin,« sagte er mit düsterer Stimme, in dem er ihr eine nervige Hand hinhielt, »wird mir das Unternehmern das ich vorhabe, gelingen?«

Die Hexe ergriff die dargebotene Hand, sah sie jedoch nur eine Secunde an und ließ sie dann mit einer Art von Entsetzen fallen.

»O ja,« sagte sie, »es wird Euch gelingen. Aber zu Eurem Unglück.«

»Doch wird es gelingen?«

»Ja, aber um welchen Preis, barmherziger Gott.«

»Der Preis wird der Tod meines Feindes sein, nicht wahr?«

»Ja.«

»Was liegt mir dann an allem Andern?«

Und der Edelmann ging an seinen Platz zurück, indem er dem Herzog von Guise einen Blick voll unaussprechlichen Hasses zuwarf.

»Seltsam! Seltsam! Seltsam!« murmelte die Alte, »Mörder alle Drei!«

« Und sie betrachtete mit einer Art von Schrecken die Gruppe, die aus dem gascognischen Capitän, dem angoumoisischen Edelmann und dem jungen Pagen bestand. Die erlauchten Gäste auf der entgegengesetzten Seite des Saales waren dieser chiromantischen Scene aufmerksam mit den Augen gefolgt Wir sagen mit den Augen, weil sie nicht Alles hatten hören, wohl aber sehen können.

So wenig Vertrauen man nun auch zur Hexerei haben mag, so ist es doch immer interessant, diese düstere Wissenschaft, Magie genannt, zu befragen, sei es nun, daß sie tausend Glückseligkeiten voraus sagt und man ihr Recht gibt, oder daß sie tausenderlei Unglück prophezeit und man sie der Lüge beschuldigt. Dieses Gefühl war es ohne Zweifel, was den Marschall von St. André veranlaßte, die Alte gleichfalls zu befragen.

»Ich gebe wenig um all dieß Geschwätze,« sagte er; »aber ich muß gestehen, daß in meiner Kindheit eine Zigeunerin mir prophezeit hat, was mir bis in mein fünfzigstes Jahr zustoßen wird; ich bin seht fünfundfünfzig alt, und es wäre mir nicht unlieb, wenn eine Andere mir nunmehr prophezeite, was mir bis zu meinem Tod widerfahren wird. Komm also heran, Tochter Belzebubs,« rief er der Alten zu.

Die Hexe stand auf und näherte sich der Gruppe.

»Hier ist meine Hand,« sagte der Marschall; »sprich und zwar laut, was verkündest Du mir Gutes?«

»Nichts, Herr Marschall.«

»Nichts! Zum Teufels Das ist nicht viel; und Böses?«

»Befraget mich nicht, Herr Marschall.«

»Doch, zum Henker, ich will Dich nun einmal befragen. Sprich, was liesest Du in meiner Hand?«

»Eure gewaltsame Unterbrechung der Lebenslinie, Herr Marschall.«

»Das bedeutet, daß ich nicht mehr lange zu leben habe, he?«

»Mein Vater!« murmelte das junge Mädchen, indem sie ihn mit einem Blicke bat, daß er es nicht weiter treiben mochte.

»Laß doch Charlotte,« sagte der Marschall.

»Höret auf dieses schöne Kind,« sagte die Hexe

»Nein, Du mußt Dich ganz aussprechen, Zigeunerin! Ich werde also bald sterben?«

»Ja, Herr Marschall.«

»Werde ich eines gewaltsamen oder eines natürlichen Todes sterben?«

»Eines gewaltsamen Todes. Ihr werdet den Tod auf dem Schlachtfeld empfangen, aber nicht von einem ehrlichen Feinde.«

»Von Verräthershand also?«

»Ja, von Verräthershand. Das heißt, Ihr werdet ermordet werden.«

»Mein Vater,« murmelte das junge Mädchen, sich fester an den Marschall schmiegend.

»Glaubst Du denn an all diese Teufeleien da?« sagte dieser, indem er sie auf die Stirne küßte.

»Mein lieber Vater, und dennoch klopft mir das Herz in der Brust, wie wenn das Unglück, das man Euch weissagt, bald eintreffen sollte.»

»Kind!« sagte der Marschall, die Achseln zuckend; ««komm, zeig Du ihr jetzt auch Deine Hand, und mögen ihre Prophezeiungen Deinem Leben all die Tage beifügen, welche sie dem meinigen abschneiden.«

Aber das junge Mädchen weigerte sich beharrlich.

»Nun, so will ich Euch mit gutem Beispiel vorangehen« mein Fräulein,« sagte der Herzog von Guise, indem er der Hexe seine Hand reichte.

Dann fügte er mit einem Lächeln hinzu:

»Ich sage Dir zum Voraus, Zigeunerin, daß man mir schon dreimal mein Horoscop gestellt, und daß es dreimal auf Tod gelautet hat; zur Ehre der Zauberkunst laß es nicht lügen.«

»Gnädigster Herr,« sagte die Alte, nachdem sie die Hand des Herzogs untersucht hatte, »ich weiß nicht was man Euch bis jetzt prophezeit hat; aber hört was ich Euch prophezeie.«

»Sprich!«

»Ihr werdet wie der Marschall von St. André ermordet werden.«

»Das trifft vollkommen zu,« sagte der Herzog, »und es gibt da kein Entrinnen. Da, nimm dieß und pack Dich zum Teufel.«

Und er warf der Hexe ein Goldstück zu.

»Ei zum Henker, diese Hexe prophezeit uns ja eine ganze Mörderei von Edelleuten! Ich fange an zu bereuen, daß ich sie hereinkommen ließ, und da mit man nicht glauben kann, ich wolle allein dem Schicksal entrinnen, so prophezeie mir seht auch, Alte.«

»Glaubt Ihr denn an Hexen, Prinz?« fragte der Herzog von Guise.

»Wahrhaftig, Herzog, »ich habe so viele Prophezeiungen fehlschlagen, so viele Horoscope in Erfüllung gehen sehen, daß ich wie Michel Montaigne blos sagen will: Was weiß ich? Komm her, gute Frau, da ist meine Hand; was siehst Du darin? Gutes und Böses, sag Alles.«

So vernehmt was ich in Eurer Hand sehe, gnädigster Herr: ein Leben voll von Liebe und von Kämpfen, von Vergnügungen und von Gefahren und am Ende einen blutigen Tod.«

»Welche ich also auch ermordet werden?«

»Ja, gnädigster Herr.«

»Wie der Marschall von St. André, wie Herr von Guise?«

»Wie sie.«

»Ob Du nun die Wahrheit sagst oder nicht, gute Frau, da Du mir ankündigst, daß ich in guter Gesellschaft sterben werde, so nimm das für Deine Mühe.«

Und er gab ihr nicht ein einziges Goldstück, wie der Herzog von Guise gethan hatte, sondern seine ganze Börse.

»Meine Gott« gnädigster Herr«« sagte die Alte, indem sie dem Prinzen die Hand küßte, »daß die arme Zauberin sich täusche und die Weissagung nicht in Erfüllung gehe.«

»Und wenn sie trotz Deines Wunsches dennoch in Erfüllung geht, gute Frau« so verspreche ich Dir künftig an Zauberei zu glauben. Freilich,« fügte er lachend hinzu, »wird es dann fast etwas zu spät sein.«

Einen Augenblick herrschte düsteres Schweigen, während dessen man den Regen langsam herabfallen hörte.

»Nun«« sagte der Prinz, »das Unwetter läßt nach. Lebt wohl, Herr Marschall, lebt wohl, Herr Herzog; man erwartet mich um neun Uhr im Hotel Coligny; ich muß mich also wieder aus den Weg machen.«

»Ei wie, Prinz« bei diesem Unwetter?« fragte Charlotte.

»Mein Fräulein,« sagte der Prinz, »ich danke Euch aufrichtigst für Eure Besorgtheit; aber ich habe vom Blitz und Donner Nichts zu fürchten, da ich ermordet werden soll.«

Nachdem der Prinz sofort seine beiden Waffenbrüder begrüßt, auf Fräulein von St. André aber einen Blick geheftet hatte, welcher das junge Mädchen zwang die Augen niederzuschlagen, verließ er die Herberge, und einen Augenblick darauf hörte man auf der Straße von Paris den raschen Galopp eines Pferdes.

»Laß die Kutsche verfahren, Jacques,« sagte der Marschall. »Wenn man den Prinzen um neun Uhr im Hotel Coligny erwartet, so erwartet man uns um zehn Uhr im Tournellespalast.«

Die Kutsche kam. Der Marschall von St. André, seine Tochter und der Herzog von Guise setzten sich hinein.

Lassen wir diese Gesellschaft hinter dem Prinzen von Condé her nach Paris fahren, wir werden sie später dort wieder treffen.

Stellen wir nur noch neben die Namen der drei Personen, welchen die Hexe den Tod durch Mörderhand prophezeit hatte, die Namen der drei andern, denen sie vorhergesagt, daß sie Mörder werden sollten, so haben wir auf der einen Seite den Herzog von Guise, den Marschall von St. André, den Prinzen von Condé; auf der andern Poltrot de Mere, Baubigny de Mezieres, Mentesquiou.

Ohne Zweifel hatte die Vorsehung diese sechs Männer im Wirthshaus zum rothen Roß zusammengeführt, um den Einen wie den Andern eine Warnung zukommen zu lassen, die sich bei beiden Theilen als gleich unnütz erwies.

I.
Triumphzug des Präsidenten Minards

Dienstag den 18. December 1559, sechs Monate nach dem Landifest, Nachmittags gegen drei Uhr, bei einem so schonen Sonnenuntergang, als man in dieser vorgerückten Jahreszeit nur wünschen konnte, ritt der Parlamentsrath, Meister Anton Minard, auf einem Maulthier von so armseligem Ansehen, daß es den schmutzigen Geiz seines Eigenthümers aufs Handgreiflichste verrieth, mitten in der alten Templestraße.

Meister Anton Minard, auf welchen wir die Blicke unserer Leser für eine Weile lenken wollen war ein Mann von etwa sechzig Jahren, dick und bausbäckig, und ließ die blonden Locken seiner Perücke cokett im Winde flattern.

Sein Gesicht muß in gewöhnlichen Zeiten die vollendetste Seligkeit ausgedrückt haben; sicherlich hatte niemals ein Kummer die glatte, leuchtende und runzellose Stirne verdüstert Keine Thräne hatte unter diesen dicken, stark hervorstehenden Augen ihre Furche gegraben; kurz und gut, blos egoistische Sorglosigkeit und gemeine Lustigkeit waren mit ihrem Firniß über das Roth dieses blühenden Gesichtes gefahren, das majestätisch von einem dreifachen Kinn getragen wurde.

Aber an diesem Tag strahlte das Gesicht des Präsidenten Minard ganz und gar nicht in seinem gewöhnlichen Heiligenschein; denn obschon er nur noch vierhundert Schritte von seinem Hause hinweg und folglich, wie man sieht, die Entfernung nicht mehr groß war, so schien er doch nicht mit Sicherheit auf seine glückliche Ankunft daselbst zu rechnen, und daraus folgte, daß sein Gesicht, der Spiegel seiner Gewüthsbewegungen, die peinlichste Unruhe ausdrückte.

In der That war die Volksmenge, welche das Geleite des würdigen Präsidenten bildete, weit entfernt ihm Freude zu machen. Seit er ausgeritten war, hatte sich ein ungeheurer Menschenhaufen um ihn gesammelt, und schien sich ein wahres Vergnügen daraus zu machen ihm übel mitzuspielen: die allerärgsten Schreie; und Krakeler in der Hauptstadt den allerchristlichsten Königreichs schienen sich verabredeter Maßen an dem Platze des Justizpalastes eingefunden zu haben, um den brauen Mann bis nach Hause zu geleiten.

Welche Gründe entfesselten doch die Mehrheit seiner Mitbürger gegen den würdigen Meister Minard?

Wir wollen sie möglichst kurz auseinandersetzen.

Meister Minard hatte so eben einen der mit allein Recht geachtetsten Männer von Paris, seinen Collegen im Parlament, seinen Bruder in Gott den tugendhaften Rath Anne Dubourg, zum Tod verurtheilen lassen.

Welches Verbrechen hatte hier begangen? Dasselbe wie der Athenienser Aristides. Man nannte ihn den Gerechten. Folgendes waren die Ursachen des Processes, der sechs Monate währte und so eben ein für den armen Rath so fatales Ende genommen hatte.

Im Juni 1559 hatte Heinrich II. auf die dringenden Vorstellungen des Cardinals von Lothringen und seines Bruders Franz von Guise, die von der französischen Geistlichkeit als Gesandte Gottes zur Vertheidigung und Erhaltung der katholischen, apastolischen und römischen Religion ernannt worden waren, Heinrich II. hatte ein Edict erlassen, wodurch das Parlament gezwungen wurde sämmtliche Lutheraner ohne Ausnahme und ohne Gnade zum Tod zu verurtheilen.

Als nun diesem Edicte zum Trotz einige Räthe einem Hugenotten aus dem Gefängniß geholfen hatten, da überredeten der Herzog von Guise und der Cardinal von Lothringen, die auf nichts Geringeren als auf die gänzliche Vertilgung der Protestanten ausgingen, den König, daß er am 10. Juni im großen Saal des Augustinerklosters eine öffentliche Gerichtssitzung halten solle. In diesem Kloster nämlich befand sich der Hof für den Augenblick, weit der Palast selbst durch die Vorbereitungen für die Feste bei der Doppelhochzeit den Königs Philipp II. mit Madame Elisabeth, und der Madamoiselle Margareth mit dem Prinzen Emanuel Philibert in Anspruch genommen war.

Drei- oder viermal im Jahr versammelten sich sämmtliche Kammern oder Gerichte des Hofes um einer einzigen von ihnen, welche man die große Kammer nannte, und diese Versammlung wurde vorzugsweise am Mittwoch abgehalten, daher sie auch den Namen Mercuriale führte.

Der König begab sich also am Tag der Mercuriale ins Parlament und eröffnete die Sitzung mit der Frage, warum man sich erlaubt habe Protestanten in Freiheit zu setzen, und woher es komme, daß man das Edict, das ihre Verurtheilung ausspreche, nicht gerichtlich eingeschrieben habe.

Fünf Räthe erhoben sich von einem und demselben Gefühl getrieben, und Anne Dubourg sprach in seinem und seiner Collegen Namen mit fester Stimme:

»Weil dieser Mann unschuldig war, und weil das menschliche Gewissen gebietet einen Unschuldigen zu befreien, auch wenn er Hugenotte ist.«

Diese fünf Räthe hießen Dufaur, Fumée, de Poix, de la Porte und Anne oder Anton Dubourg.

Dubourg war es, wie gesagt, der die Antwort übernommen hatte. Er fügte also hinzu:

»Was das Edict betrifft, Sire, so kann ich dem König nicht rathen es gerichtlich einschreiben zu lassen. Ich verlange im Gegentheil, daß man die Verurtheilungen, die es enthält, einstelle, bis die Meinungen derjenigen, die man so leichthin aufs Schaffot schickt, vor einem Rath reiflich erwogen und gründlich erörtert worden sind.«

In diesem Augenblick trat der Präsident Minard dazwischen und verlangte den König unter vier Augen zu sprechen.

Es war dies, sagt Condé in seinen Memoiren, ein verschmitzter, heimtückischer, wollüstiger und unwissender Mann, aber ein gewandter Ränkeschmied und Complottmacher. Da er dem König und den Häuptern der römischen Kirche zu Gefallen sein wollte und überdieß fürchtete, die Meinung eines Dubourg könnte durchdringen, so gab er dem König zu verstehen, die Räthe seines Hofes seien beinahe sämmtlich Lutheraner, sie gehen darauf aus ihm Macht und Krone zu rauben, sie begünstigen die Lutheraner, es sei gräulich anzuhören, wie Einige unter ihnen von der heiligen Messe sprechen, sie bekümmern sich Nichts um Gesetze und königliche Ordonnanzen, sie rühmen sich ganz laut, daß sie die selben verachten, sie kleiden sich nach maurischer Sitte, die Meisten von ihnen gehen häufig in die Versammlungen, aber niemals in die Messe, und wenn er das Uebel nicht gleich bei dieser Mercuriale in seiner Wurzel abschneide, so sei die Kirche für immer verloren.

Kurz und gut, mit Hilfe des Cardinals von Lothringen beschwatzte er den König und brachte ihn dermaßen in Harnisch, daß er den Herrn von Lorges, Grafen von Montgomery, Capitän der schottischen Garde, und Herrn von Chavigny, Capitän seiner gewöhnlichen Garde, rufen ließ, und ihnen Befehl ertheilte die fünf Räthe festzunehmen und unverzüglich nach der Bastille zu führen

Kaum war diese Verhaftung vorgenommen, so sah auch schon Jedermann ihre Folgen voraus die Guise wollten den Hugenotten durch eine furchtbare Execution Angst einjagen, und man betrachtete, wenn auch nicht alle fünf Räthe, doch wenigstens den bedeutendsten unter ihnen, nämlich Anna Dubourg, als verloren

Schon am folgenden Tag war daher nachstehen des Verschen, das die Namen der fünf Angeklagten enthielt und vermöge der Gruppirung dieser Namen eine Idee von dein Schicksal gab, das den Führer der hugenottischen Opposition erwartete, in ganz Paris verbreitete

Par Poix, da la Porte, du Faux, J'aporcois du Bourg, la Fumée

Wie dem nun sein mag, die fünffache Verhaftung, die irgend einem Schöngeist der Zeit diesen schlechten Vers eingegeben, rief in der ganzen Stadt Paris, und in Folge dessen in allen Städten Frankreichs, ganz besonders aber in den nördlichen Provinzen eine Art von Verblüfftheit und Bestürzung hervor. Man kann sogar die Verhaftung dieses ehrlichen Anne Dubourg als die Hauptursache der Verschwörung von Amboise sowie sämmtlicher Unruhen und Schlachten betrachten, die vierzig Jahre lang Frankreichs Boden blutig färbten.

Deshalb verweilen wir, man verzeihe es uns also, in diesem ersten Kapitel bei allen geschichtlichen Thatsachen, auf denen das vollständige Baugerüste dieses neuen Buches beruht, das wir unsern Lesern in aller Demuth, aber mit dem Vertrauen, woran ihre lange Sympathie uns gewöhnt hat, vor Augen legen.

Vierzehn Tage nach dieser Verhaftung Freitag den 25. Juni, am dritten Tag des Tourniers, welches der König im Tournellesschloß gab, ganz Inder Nähe derselben Bastille, wo die gefangenen Räthe die Zinken, Trompeten und Hobden des Festes erklingen hörten, ließ der König den Capitän seiner schottischen Garbe, diesen selben Grafen von Montgomery, der nebst Herrn von Chavigny die fünf Räthe ins Gefängniß abgeführt hatte, kommen, und befahl ihm unverzüglich gegen die Lutheraner in Caux-les-Tournois auszuziehen.

Dabei wurde dem Grafen von Montgomery aufgegeben, alle diejenigen, die der Kezerei über wiesen wären, über die Klinge springen, sie der Folter unterwerfen, ihnen die Zunge ausschneiden und sie zuletzt bei langsamem Feuer verbrennen zu lassen; denjenigen, die nur verdächtig wären sollten blos die Augen anegestochen werden.

Nun geschah es, daß fünf Tage, nachdem König Heinrich II seinem Capitän der schottischen Garde diesen Befehl ertheilt hatte, Gabriel von Lorges, Graf von Montgomery, den König Heinrich mit seiner Lanze erstach.

Der Eindruck dieses Todes war so groß, daß er vier von den fünf verhafteten Räthen rettete, und daß die Hinrichtung des fünften verschoben wurde. Einer von den fünf wurde freigesprochen drei wurden zu Geldstrafen verurtheilt. Anne Dubourg allein mußte für die andern büßen, War er nicht der Wortführer gewesen?

Wenn nun die Guise die leidenschaftlichen Aufhetzer zu diesen Edicten waren, so war einer der leidenschaftlichsten Anführer derselben dieser heuchlerische Präsident Anton Minard, den wir in der alten Templestraße verlassen haben, wie er auf einem widerspenstigen Maulthier zwischen einem doppelten Spalier von entrüsteten Bürgern ritt, die ihn mit schrecklichem Geschrei, Beschimpfungen und Drohungen verfolgten.

Und wenn wir sagten, er habe, obschon er nur noch hundert Schritte von seinem Haus entfernt gewesen, dennoch keine Sicherheit gehabt mit heiler Haut heimzukommen, so haben wir die Lage nicht schlimmer gemacht, als sie wirklich war, denn Tags zuvor war am hellen Tag ein Parlamentsschreiber Namens Julian Fresne aus unmittelbarer Nähe mit einem Pistol erschossen worden, als er eben in den Justizpalast gehen wollte, um, wie man sagte, einen Brief vom Herzog von Guise zu über bringen, worin derselbe seinen Bruder, den Cardinal von Lothringen, aufforderte, die Verurtheilung von Anne Dubourg zu beschleunigen.

Daraus folgt, daß dieser Mord, dessen Urheber man nicht hatte ermitteln können, natürlich dem Gedächtniß des Präsidenten vorschwebte, und daß das Gespenst des armen, Tags zuvor erschossenen Schreibers hinter ihm aus dem Maulthier saß.

Dieser Reisegesellschafter war es, der den Präsidenten so blaß machte und die krampfhaften Bewegungen seiner Fersen veranlaßte, womit er sein halsstarriges Thier bearbeitete, das darum keineswegs schneller ging.

Gleichwohl kam er mit heiler Haut vor seinem Hause an; ich schwöre Euch, und wenn er noch lebte, so würde er selbst Euch schwören, daß es höchste Zeit war.

In der That drängte sich die Menge, erbittert durch sein Stillschweigen, das blos die Folge seiner Angst war, worin sie aber einen Beweis seiner Bosheit fürchtete, allmählig immer dichter um ihn, so daß er in förmliche Gefahr gerieth erstickt zu werden.

Nun gelangte der Präsident Minard, so sehr ihn auch die Fluthen dieses stürmischen Meers bedroht hatten, gleichwohl sicher in den Hafen zur großen Beruhigung seiner Familie, welche alsbald die Thüre hinter ihm verriegelte und fest verschloß.

Der würdige Mann hatte über diese Gefahr dermaßen den Kopf verloren, daß er sein Maulthier an der Thüre vergaß, was er bei einer andern Gelegenheit gewiß nicht gethan hätte, obschon es mit zwanzig Sous Parisis sehr gut und weit über seinen Werth bezahlt gewesen wäre.

Und es war ein großes Glück für ihn, daß er sein Maulthier vergaß, denn als dieses gute Pariservolk, das so leicht von Drohungen zum Lachen und vom Furchtbaren zum Grotesken übergeht, sah, daß man ihm Etwas ließ, so begnügte es sich mit Dem was man ihm ließ und nahm das Maulthier statt des Präsidenten.

Was unter den Händen des Janhagels aus dem Maulthier wurde, sagt die Geschichte nicht. Lassen wir also das Maulthier und folgen wir seinem Herrn ins Innere seiner Familie.