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Kitabı oku: «Der Arzt auf Java», sayfa 3

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»Was wollen Sie damit sagen?«

»Daß Du Dich tödten willst, oder verlangst, getödtet zu werden, um mit Esther Vereinigt zu sein, nicht wahr?«

»Ohne Zweifel.«

»Nun wohl, wenn nun statt die Seelen zu vereinigen, der Tod ganz einfach die Körper trennte? Wenn sie nun bei dem Rendez-vous ausbliebe oder vielmehr, wenn Keiner von Euch Beiden bei demselben erschiene? Es gibt ein Nichts, an welches sehr verständige Menschen glauben.«

»Mein Gott, mein Gott!« sagte Eusebius, indem er vor Verzweiflung keuchte, »dieser Mensch, dieser Elende, dieser Teufel, wird also nicht müde, mich zu martern?«

»Nicht im Geringsten. Seit drei Stunden bist Du auf falschem Wege und ich versuche es, Dich auf den richtigen Weg zurückzuführen. Uebrigens,« fügte der Doctor hinzu, als ob er zu sich selbst spräche, brauche ich Dich nicht unter meinem Knie zu halten« um Dir das Leben zu nehmen, sobald ich will. Du mußt Dich in dieser Stellung sehr übel befinden und die meinige ist auch gerade nicht bequem. Laß uns daher aufstehen und mit einander plaudern.«

Und das Beispiel dem Worte hinzufügen, löste der Doctor den Schraubstock, in welchem er die beiden Handgelenke seines Gefangenen gehalten hatte, stand auf, reichte Eusebius die Hand und half ihm ebenfalls auf die Beine. Dann fügte er hinzu: »Reichen Sie mir einen Sessel, mein lieber Eusebius.«

Eusebius gehorchte. ohne sich erklären zu können weshalb, dem Einfluße, den der Wille des Arztes auf ihn ausübte und zog den Bambusschemel in die Mitte des Gemaches. Er aber blieb daneben stehen.

»Ich danke Ihnen,« sagte der Doctor. Darauf machte er es sich auf seinem Sitze so bequem als möglich und fuhr fort: »Jetzt, da Sie ein wenig ruhiger sind, lassen Sie uns sehen, mein lieber Eusebius, ob es Ihnen nicht etwas weniger eilig scheint, mit Ihrem Leben ein Ende zu machen!«

»Wozu hätte ich nöthig, länger zu warten?« fragte der junge Mann. »Ist meine Esther nicht todt?« – und er deutete auf den starren Leichnam seiner Frau.

»Ja, ist gestehe es, sie ist todt. – Aber bist Du denn überzeugt, armer Dummkopf, daß das Leben, weil Du deiner Frau, die Du liebtest, beraubt bist, in Zukunft für Dich weder Trost noch Freude haben würde?«

»Ist es das, wohin Sie zielen? Hielten Sie nur deshalb meinen Arm zurück, um eine solche Posse aufzuführen, so ist Ihre wohlwollende Sorgfalt nutzlos. Ich sagte es Ihnen bereits, mein Herr, und ich wiederhole es Ihnen, daß ich nur Esther geliebt habe, daß ich nie eine Andere lieben werde, als sie, und wenn ich mich nicht heute von einem mir lästigen Leben befreie, so wird es morgen sein.«

»Nun schön! Das nenne ich Gefühl! Ich sehe daß Sie so sehr lieben, wie ein sterbliches Herz zu lieben vermag. Meine Neugier ist befriedigt, denn bei mir, Eusebius van der Beek, das lassen Sie sich ein für alle Mal gesagt sein, herrscht weder Wohlwollen noch Eigennutz. Ich empfinde Neugier, das ist Alles. Ich mache Experimente mit den Seelen wie meine Amtsgenossen mit den Körpern. He! he! he! Das ist zuweilen eben so unsauber, aber stets Viel unterhaltender.«

»Kommen wir zu Ende,« sagte Eusebius, mit dem Fuße stampfend, »denn diese Unterhaltung wird mir über alle Beschreibung lästig. Was wollen Sie noch von mir, wenn Ihre Neugier befriedigt ist?

»Lassen Sie mich mein Geschick erfüllen, dann ist nichts weiter nöthig, als mir den Dolch zurückzugeben und in wenigen Stunden werden Sie wissen, was die Liebe über ein lebhaft von ihr erfülltes Herz vermag.«

»Sie sind wahrlich zu eilig, mein junger Freund«« sagte der Doctor. »Zum Glück habe ich Zeit und bin weit davon entfernt, Ihre Ungeduld zu theilen. Da Sie nun aber diesen Dolch gegen mich erhoben haben und Sie nur noch durch meinen Willen allein leben, habe ich von jetzt an das Recht, die Tage, die Stunden, die Minuten, zu leiten, die Sie noch auf dieser Erde zuzubringen haben. Ich glaube, Sie sind zu ehrlich, um mir dieses Recht zu bestreiten.«

»Was wollen Sie damit sagen? Erklären Sie sich! Sprechen Sie!« sagte Eusebius.

»Nun wohl denn« Eusebius van der Beek,« entgegnete der Doctor, »Du, der Du ein vernünftiger Mensch bist – wie hast Du glauben können, daß der Doctor Basilius, der sich um keines Menschen Willen in seiner Bequemlichkeit stören läßt, und der noch gestern es verweigerte, nach Buytenzorg zu gehen, um den Gouverneur von Java, der morgen todt sein wird, zu behandeln, während er mit einer Fingerspitze voll von dem Pulver, das er in seinem Säckchen hat, gerettet werden könnte, anderthalb Meilen Weges zu Fuße und bei einem solchen Wetter, wie das mit dem der Teufel uns diesen Abend beschenkte, zurückgelegt haben soll, nur um der Beerdigung einer Leiche beizuwohnen und Deine Klagen anzuhören? Denn Du wirst wohl glauben, daß ich, als ich mein Haus verließ, bereits wußte, daß Deine Frau todt sei, nicht wahr?«

Der junge Mann war, wie es scheint, auf dem Puncte angelangt, auf welchem der Doctor ihn zu sehen wünschte, denn er reichte ihm den Dolch und sagte: »Eusebius van der Beek, wenn du wirklich entschlossen bist, so halte ich Dich nicht länger zurück. Geh und sieh in jenen unbekannten Regionen, von denen noch kein Reisender zurückgekehrt ist, nach, ob sie die Hölle oder das Paradies der Christen, die mit Huris bevölkerten Gärten des Vaters der Gläubigen, der Ort der Seelenwanderungen Brahma’s das Elysium der Griechen oder das finstere schweigende Nichts der Atheisten sind. Aber wie Du auch das Land finden magst, wo das Jenseits des Grabes liegt, wirst Du Esther nicht entdecken«, wie Du auch suchst.«

»Mein Gott! mein Gott!« rief Eusebius, indem er sich die Haare raufte.

»Nimm dabei,« fuhr der Doctor fort, die eine Vermuthung an, daß Esther nicht todt ist.«

»Esther wäre nicht todt!« rief Eusebius, indem er auf das Bett zusprang und beide Hände auf die Brust seiner Frau legte, während er den Doctor mit irren Blicken ansah.

»Ich sage Dir nicht, daß Esther nicht todt ist, sondern nur, daß Du es annehmen sollst, oder daß ich, wenn Du todt wärest, die Macht besäße, sie wieder zum Leben zu erwecken.«

»Ha!« rief der junge Mann, »das wäre entsetzlich!«

»Schön,« sagte der Doctor, »jetzt habe ich Deine schwache Seite, die Grenze Deiner Liebe gefunden, Du konntest Dich nicht entschließen, ohne Esther zu leben; aber Du würdest Dich noch viel weniger darein ergeben, sie ohne Dich leben zu lassen.«

Eusebius gewann, von einem plötzlichen Gedanken ergriffen, seine Ruhe wieder, ließ den Körper seiner Frau, den er bisher in seinen Armen gehalten hatte, sinken« näherte sich dem Doctor und sagte: »Sie täuschen sich, mein Herr; geben Sie mir die Versicherung, daß Esther nicht todt ist; geben Sie mir ferner die Versicherung, daß sie weder ihrer entsetzlichen Krankheit noch dem Schmerz über meinen Tod erliegen wird; geben Sie mir endlich die Versicherung, daß sie das Glück hienieden noch finden könnte, selbst in den Armen eines Andern, und augenblicklich verlasse ich das Leben, das Herz von Schmerz erfüllt, aber mit dem erhabenen Troste, daß meine Erinnerung unerlöschlich in dem Herzen meiner Gefährtin leben wird.«

Es lag eine solche Aufrichtigkeit, ein solcher Enthusiasmus, in dem Tone, mit welchem Eusebius diese Worte sprach, daß der Doctor sich dem Eindrucke derselben nicht zu entziehen vermochte, und statt ihm mit seinem gewöhnlichen höhnischen Lachen zu antworten, verschwand der spöttische Ausdruck, der auf seinem Gesichte stereotyp zu sein schien, für einen Augenblick »Nun wohl,« sagte er, Esther ist nicht todt und wird auch nicht sterben.«

Eusebius unterbrach ihn durch eine Bewegung, die vielleicht eben so sehr eine Drohung, wie seine Freude aussprach, denn der arme zwischen Schmerz und Hoffnung hin- und hergeworfene Geist schwebte in der That an den Grenzen des Wahnsinns.

»Aber,« fuhr der Doctor fort« »vielleicht wäre es für sie und für Dich besser gewesen, wenn ich nicht zu rechter Zeit gekommen wäre, um ihr den Trank zu reichen, der nach der Krisis, in der sie augenblicklich liegt, nach meinem Willen dazu dienen wird, sie entweder für immer in den Sarg zu legen oder ihr Leben und Gesundheit zurückzugeben.«

»Also,« rief Eusebius athemlos, »hängt es noch immer von Ihnen ab, ob meine Esther lebe oder sterbe?«

»Ja und Du siehst daher, daß ich wohlgethan habe, zurückzukehren und Dich an Deinem Selbstmord zu verhindern.«

»Dann wird also weder sie noch ich sterben.«

»Vielleicht.«

»Ach,« rief der junge Mann, indem er sich wieder auf das Bett Esther’s warf, »meine Esther, ich kann Dich also noch glücklich sehen!«

»Ja,« sagte der Doctor; »aber ich mache Dich auf Eines aufmerksam, und zwar, daß Ihr Beide eine noch viel schwerere Prüfung zu bestehen haben werdet, als die war, welche Ihr soeben bestanden habt. Wir werden sehen, Freund Eusebius, ob die Zärtlichkeit für Deine Frau, eine Zärtlichkeit, welche so groß war, daß sie Dich dem Tode trotzen ließ, auch der Zeit und der Sättigung widerstehen wird.«

»Ach, Doctor, können Sie glauben —?«

»Ich glaube, daß eine einzige Liebe einer menschlichen Existenz nicht genügen kann; ich glaube, daß die Worte: Ich liebe Dich! nicht lange aus demselben Munde in dasselbe Ohrtönen; ich glaube endlich, wie ich Dir vorhin sagte, daß diese junge Frau in dem Glanze ihrer Schönheit und ihrer Jugend sterbend, das Herz von Glauben erfüllt, in der That glücklicher gewesen wäre und beneidenswerther, als lebend und durch Dich betrogen.«

»Betrogen durch mich! Ich meine Esther betrügen!« rief Eusebius« die Hände zum Himmel erhebend. »Ach, wenn Sie in dem Herzen lesen könnten, das Esther ganz erfüllt, dann würden Sie sehen, daß kein Gedanke, der sich nicht auf sie bezieht, darin Platz finden kann.«

»Blicke um Dich, junger Mann,« sagte der Doctor, »und Du wirst sehen, daß Alles in der Natur sich ändert, verwandelt; das Menschenherz allein kann daher nicht unwandelbar bleiben.«

»Ach, wenn ich nur einen Augenblick glauben könnte, daß Sie Recht haben, Doctor, wenn wirklich eine Zeit kommen sollte, wo ich Esther nicht mehr liebte, oder sie so vergäße, daß ich im Stande wäre, sie zu betrügen, sollte es auch wegen des schönsten Geschöpfes der Erde sein, Doctor, Doctor, dann würde ich diesen Dolch aufraffen und ihn mir in das Herz stoßen, nicht mehr, um sie nicht zu überleben, auch nicht, daß sie mich nicht überlebte, sondern um mich zu bestrafen. Aber nein, das ist ganz unmöglich!«

»Es freut mich, daß Du diese Ueberzeugung hegst, Eusebius, denn, da es von mir allein abhängt, ob Esther wieder auflebe oder nicht, und da ich sie nur unter gewissen Bedingungen in das Leben zurückrufen wollte, fürchtete ich, Du würdest diese Bedingungen verweigern, wenn Du sie kenntest.«

»Nennen Sie dieselben, Doctor, und ich bewillige sie im voraus, welcher Art sie auch sein mögen – sollte ich auch selbst meine Seele verpfänden!« fügte er mit finsterer Stimme hinzu.

»He, he, he, he!« sagte der Doctor, »was Teufel sollte ich denn mit Deiner Seele machen? Habe ich selbst eine, so ist sie unsterblich, und in diesem Falle bedarf ich der Deinigen nicht; habe ich keine, so hast Du auch keine,« denn ich bin ein Mensch, wie Du, nur ein wenig älter und ein wenig häßlicher; Du kannst mir daher nicht verkaufen, was Du nicht hast.«

»Was wollen Sie denn aber von mir? Sprechen Sie; ich bin bereit, den Vertrag zu unterzeichnen.«

»Einen Vertrag, Unsinniger? Ich habe soeben an Gott gezweifelt und Du hältst mich nun für unlogisch genug, an den Teufel zu glauben. – Es ist hier weder von einem Pact noch von Zauberei die Rede, sondern nur von einem Manne, der von den Mysterien der Seele, den Springfedern und dem Mechanismus des menschlichen Körpers mehr weiß, als Du, und dieser Mann sagt Dir: Dieses Weib kann leben; liebst Du sie aber wirklich, wie Du behauptest, dann hüte Dich wohl, ihre Auferstehung zu wünschen.«

»Eine Auferstehung, die mir meine Esther zurückgäbe, die es mir möglich machte, ihre Stimme wieder zu hören! Ach, Sie lästern!«

»Mag sein, daß ich lästere. – Aber laß uns die Geschäfte als Geschäfte behandeln. Es ist kein Pact, den ich Dir vorschlagen will, sondern ein einfacher Handel, Wenn Du jemals bereust, was ich heute für Esther gethan haben werde, wenn es Dir begegnete, den abscheulichen Doctor Basilius zu verwünschen, weil er diese Frau in das Leben zurückrief, dann gehört Dein Leben mir; das ist Alles. Bemerke, daß ich sage: Dein Leben, ohne mich um Deine Seele zu kümmern, wenn Du eine hast. Es ist Deine Fleischhülle, die ich gegen die Ewigkeit des Gefühls, welche Du behauptest, auf das Spiel setze, weder mehr, noch weniger.«

»Das Wunder« welches mir meine Esther zurückgäbe, beklagen – Den verwünschen, der sie dem Tode entriß? Ach Doctor, das glauben Sie selbst nicht.«

»Ich glaube es, so fest, daß hier eine Art von einem kleinen Contract ist, den ich aufgesetzt habe, um die Vollziehung unseres Uebereinkommens zu sichern.«

»Geben Sie, Doctor; ich unterzeichne.«

»Oho« man unterzeichnet dergleichen nicht, ohne zu lesen. Später würdest Du mich beschuldigen, Dich in eine Falle gelockt zu haben.

Er zog aus der, Tasche eine Schreibtafel und aus dieser ein beschriebenes Blatt Papier.

»Du siehst,« sagte er, »daß diese Schrift ganz in der Ordnung ist. Hier ist der Stempel der ehrenwerthen niederländischen Compagnie, die, wenigstens offen, nichts mit Lucifer gemein hat. Du kannst Dich auch überzeugen, daß das Papier nicht nach Schwefel riecht,« sagte der Doctor, indem er dem jungen Manne das Blatt reichte. Eusebius nahm es und las:

»Des Lebens überdrüssig, verheiratet an eine Frau, die ich nicht mehr liebe, dahin gelangt, den Tag zu verwünschen, an welchem der Doctor Basilius Die in das Leben zurückrief, mit welcher ein verhängnißvolles Geschick mich auf ewig verbunden hat, gebe ich mir freiwillig den Tod und will, daß man Niemand wegen meines Selbstmordes belästige.

»Ich hinterlasse mein Vermögen meinen natürlichen Erben, aber ich will, daß mein Körper dem Doctor Basilius überantwortet werde, oder Dem den er, wenn er selbst todt sein sollte«, zu der Besitznahme beauftragt hat und der dann über meine Leiche verfügen kann, wie ihm gut dünkt.«

»Freitag den 13. November 1847.«

»Eine Feder und Tinte, Doctor,« sagte Eusebius, nachdem er gelesen hatte. Der Doctor legte seine Hand auf den Arm des jungen Mannes und sagte: »Ich habe Dich schon darauf aufmerksam gemacht, daß Du zu eilig bist. Bedenke also, daß ich Dich zu nichts zwinge; es waltet bei unserm Vertrage weder Ueberredung, noch Betrug, noch Zwang, und an Geist und Körper gesund und aus freiem Willen unterzeichnest Du daher dieses Papier.« »Bei gesundem Geiste und Körper und aus freiem Willen,« wiederholte Eusebius. »Ich mache Dich nur auf das Eine aufmerksam, welche Gerüchte man auch über mich verbreiten mag, hast Du dies Blatt einmal unterzeichnet, so ist Dein Herz für mich ein offenes Buch, in welchem ich Deine geheimsten Gedanken lesen kann, mag ich Dir nun nahe oder fern sein, lebend oder todt; durch das, was vorging, und besonders durch das, was sogleich vorgehen wird, mußt Du erkennen, daß meine Macht, so weit die Wissenschaft im Jahre der Gnade 1847 geht, für diese Welt sehr groß ist. Gehst Du aber diesen Vertrag ein, so kann ich Dein Leben nehmen, Dich tödten, wenn es mir gut dünkt und Dein Tod würde für die, welche ein Recht hätten, mich deshalb zur Verantwortung zuziehen, so wie für Dich selbst, ewig nur ein Selbstmord sein. Ueberlege also nochmals, ehe Du Dich der Prüfung unterwirfst, und wenn du davor erschrickst, ist es noch Zeit, zurückzutreten. Sage ein letztes Lebewohl an Deine Frau, die es nicht hören kann und nie erfahren wird, daß Du Dich schwach zeigtest und ohne Schmerz wird sie Von dem Schlafe zu dem Tode übergehen.«

Eusebius war einen Augenblick verwundert, doch ohne zu zögern, und endlich rief er: »O nein, es hieße Gott und die Menschen, das Herz und die Seele, schmähen, wollte ich Ihre fürchterlichen Zweifel theilen. Wir werden leben, Esther, fuhr er fort, indem er sich gegen die junge Frau wendete und aus ihrem Anblick neue Kräfte schöpfte, »wir werden leben, um uns zu lieben, Eins für das Andere, und wie groß auch das Elend und die Leiden sein mögen, die das Leben uns bewahrt, werde ich muthig den Kampf bestehen, gestützt auf Dich, meine Esther, stark durch Deine Liebe; ich werde mitten in unseren Leiden Trost und Frieden finden. – Eine Feder und Tinte!«

»Ihr werdet weder Elend noch Leiden zu bestehen halten, sondern im Gegentheil reich und nach dem Urtheil der Welt glücklich sein. – Bist Du nun noch immer entschlossen, den Vertrag zu unterzeichnen, Eusebius?«»Ich habe nur den Vorwurf an Sie zurichten, daß Sie zögern, mir zu geben, was ich verlange; ich habe weder Feder noch Tinte hier, aber ein so mächtiger Mensch, wie Sie sind, kann durch solche Kleinigkeiten nicht in Verlegenheit gerathen.« »In der That,« sagte der Doctor, »habe ich stets eine Feder bei mir, um meine Recepte zu schreiben, und was die Tinte betrifft, so wollen wir, wenn es hier keine gibt, uns der Traditionen erinnern. He, he, he, he! ein Tropfen Blut reicht hin.« »Ein Tropfen Blut! Es sei,« sagte Eusebius und streifte den linken Aermel auf. Der Doctor zog aus dem Futter seines Paletots eine Stahlfeder hervor, deren Spitze fein wie die einer Lanzette war und drückte sie Eusebius in die Mittelader. Eusebius stieß einen leisen Schrei aus und ein Tropfen Blut, roth wie ein flüssiger Rubin, trat hervor. Der Doctor fing ihn mit dem Spalt seiner Feder auf und reichte diese« Eusebius, indem er nochmals sagte: Es ist also weder Zwang noch Betrug, sondern Dein freier Wille?« »Es ist mein vollkommen freier Wille,« entgegnete Eusebius, nahm die Feder aus der Hand des Doctors Basilius und unterzeichnete, ohne zu zögern Und zu zittern.

Bereust Du,« sagte der Doctor, »so kannst Du dies Papier noch zerreißen.«

Statt der Antwort überreichte Eusebius ihm das Blatt. »Es gehört Ihnen,« sagte er, »aber Esther ist mein.«

»Das ist nur gerecht,« entgegnete der Doctor, indem er das Papier zusammenfaltete und in seine Brieftasche steckte. »Ich gehe; von hier bis zur Thür kannst Du mich noch zurückrufen; habe ich aber einmal die Schwelle überschritten, dann ist es zu spät.«

»Gehen Sie, Doctor, gehen Sie,« sagte der junge Mann, »und der Himmel geleite Sie!«

»Gehe zum Teufel mit Deinen Wünschen, rief der Doctor, und der Thür sich nähernd, blieb er auf der Schwelle noch einen Augenblick —stehen, als wollte er Eusebius Zeit geben, ihn zurückzurufen, wenn er den geschlossenen Vertrag etwa bereute; dann hob er die Matte auf, streckte den Arm hinaus, um zu erfahren, ob der Regen aufgehört hatte und nachdem er Eusebius noch ein Zeichen mit der Hand gegeben, trat er über die Schwelle. Die Matte sank hinter ihm nieder.

In demselben Augenblick war dem jungen Holländer, als bedecke eine Wolke seine Augen; seine Füße wankten, und er empfand eine Schläfrigkeit, die er sich nicht zu erklären wußte. Erhörte ein Brausen, ähnlich dem des Meeres, wenn es gegen die Klippen schlägt, und durch dieses Brausen, welches nur das zu den Schläfen stürmende Blut war, vernahm er das höhnische, kurz abgestoßene Lachen des Doctor Basilius.

Er näherte sich darauf dem Bette, um zusehen, ob er, wie der Doctor es versprochen hatte, Zeichen des zurückkehrenden Lebens an Esther bemerkte; aber seine Augen schlossen sich unwillkürlich, seine Beine versagten ihm den Dienst, er sank nieder auf den Fußboden und schlief ein, den Kopf auf die Matratze gestützt, auf der die junge Frau noch regungslos und stumm ausgestreckt lag, allem Anschein nach todt.

IV.
Die Erbschaft

Es war heller Tag, als Eusebius van der Beek die Augen öffnete. Die Sonne stand in ihrem schönsten Glanze am Himmel und ihre Strahlen, welche durch die Ritzen der Bambuswände fielen, zeichneten tausend wechselnde Arabesken auf den Boden.

Als Eusebius zu sich kam, wußte er nicht, ob er noch schlief oder träumte. Er hatte nicht nur die Erinnerung an das, was vor seinem Schlafe vorging, vergessen, sondern auch seine gegenwärtige Existenz.

In diesem Augenblicke hörte er sich durch eine sanfte, ihm bekannte Stimme rufen, durch die Stimme Esthers.

»O, mein Gott, mein Gott!« sagte der arme junge Mann, der seine Gedanken nicht so gleich zu sammeln vermochte, und sich nur daran erinnerte, daß er seine Frau todt auf dem Bette gesehen hatte. »O mein Gott, ich kann mir noch immer nicht denken, daß das wirklich wahr ist!«

»Eusebius, mein Freund,« fuhr die sanfte Stimme fort, »wo bist Du denn?«

Mit einem Satz war Eusebius van der Beek auf den Beinen. Er erblickte nun Esther lebend. Sie hatte sich in dem Bette aufgerichtet, sie lächelte und vor dem Stückchen Spiegelglas, dessen der Doctor sich bedient hatte, und seine verzweifelten Vergleiche anzustellen, ordnete sie ihr Haar. Die Coquetterie und das Leben waren zugleich in dem Herzen dieser Frau erwacht. Eusebius stieß einen Schrei aus, sprang auf das Bett, schloß Esther in seine Arme, nahm sie auf seine Knie und bedeckte sie mit wahnsinnigen Küssen.

»Ja, ja, ja, Du bist es wirklich!« rief er. »Ach laß mich Dich betrachten, laß mich die milde Wärme des Blutes fühlen, das durch Deine Adern rinnt. Ach ja, es klopft das Herz, das ich für immer stillstehend glaubte! Sie sehen, diese Augen, die ich für immer geschlossen hielt. Ach, sprich zu mir, meine Esther, sprich zu mir, damit ich wieder Deine liebe Stimme höre, die nicht mehr in mein Ohr klingen sollte!«

»Aber, was hast Du denn, Eusebius?« fragte die junge Frau, indem sie ihn mit freundlichem Lächeln ansah. »Du siehst ja ganz verwirrt aus! Wie blaß Du bist! Deine Kleider sind in Unordnung. Ich fürchte mich vor Dir. Mein Gott, was ist denn geschehen?«

»Nichts, meine Esther. Ein abscheulicher Alp hat mich während meines Schlafes gedrückt.Denke Dir, meine Freundin, daß ich Dich für todt hielt und dieser Traum hatte in meinem Geiste und meinem Herzen so ganz den Schein der Wirklichkeit angenommen, daß ich mich bei Deinem ersten Rufe nicht entschließen konnte, die Augen auf dies Bett zu richten, auf dem ich Dich stumm und kalt gesehen hatte.«

»Welche Thorheit!« sagte Esther, indem sie ihren Mann küßte. »Welche Thorheit! Ich habe im Gegentheil nie einen so schönen Traum gehabt. Es schien mir, als hätte ich Flügel und flöge durch die Wolken bis zu dem Throne, auf welchem Gott strahlend in der Mitte seiner Engel saß. Er setzte mir einen Kranz auf den Kopf und gab mir einen Strauß in die Hand, doch nicht von irdischen und vergänglichen Blumen, wie die hier,« sagte die junge Frau, indem sie mit Geringschätzung auf den Kranz und das Bouquet deutete, mit welchen ihr Mann sie während ihres Schlafes geschmückt hatte, – »sondern himmlische Lilien, mit Kelchen von Diamanten und Blättern von Smaragden. Dann ertönte durch die Wohlgerüche athmende Atmosphäre ein Gesang, von dem man nicht wußte, woher er kam, der aber reizend, köstlich, berauschend war. Ach, mein theurer Eusebius, nie habe ich so gut geschlafen, nie habe ich mich sowohl und glücklich gefühlt, wie diesen Morgen. Es ist mir, als flöße mein Blut wärmer und rascher durch meine Adern. Sieh, mein Eusebius, fügte die junge Frau hinzu, indem sie ihren Kopf an die Brust ihres Mannes lehnte, und ihn mit einem Blicke voll Liebe und Coquetterie ansah, »sieh, mein Eusebius, was ich Dir sagen will, gleicht vielleicht einer Handlung der Zerknirschung; aber es scheint mir, als liebte ich Dich heute ganz anders, wie gestern, als hätte ich etwas Reineres, Schöneres aus dem Paradiese zurückgebracht, von dem ich träumte, als sei ich besser, wie Du, bei dem ich den häßlichen Druck nicht mehr fühle, der mich marterte, der mich erstickte, der mein Herz selbst unter Deinen Umarmungen zusammenpreßte.«

»Esther, Esther,« murmelte Eusebius mit gerührter Stimme, denn allmälig gelangte er dahin, zu zweifeln, daß die Ereignisse dieser Nacht etwas Anderes gewesen wären, als ein Traum. »Esther, erinnerst Du Dich, daß außerordentliche, beinahe übernatürliche Umstände Deinem Traum vorangegangen sind oder ihn begleitet haben?«

»Ich weiß es nicht. Ich habe den Schlaf der Engel geschlafen, und überlasse Dir das Monopol Deines abscheulichen Alpdrückens. Der gute Schlaf, die süße Ruhe werden mir so wohlgethan haben!«

»Ganz gewiß war es ein Traum,« sagte Eusebius, indem er mit der Hand über die Stirn fuhr, »und da es ein Traum war, bin ich recht einfältig, mir darüber Gedanken zu machen.«

»Gib Dein finsteres Wesen auf, ich befehle es Dir,« sagte Esther. »Erinnerst Du Dich nicht mehr an das Versprechen, das Du mir gabst, als ich eines Abends in dem Kahne, in welchem wir auf dem See umherfuhren, auf unser’m schönen See mit dem grünen Wasser, Dir die Erlaubniß ertheilte, diese Hand, welche schon so oft die Deinige gedrückt hat, von meinem Vater zu verlangen?«

»O doch, meine Esther; ich versprach Dir, daß Du als unumschränkte Königin in unserem kleinen Königreiche herrschen solltest.«

»Richtig. Nun wohl, Deine Königin gebietet Dir, ihr zuzulächeln und um Dich für Deinen Gehorsam zu belohnen, bewahrt Sie Dir eine Ueberraschung.«

»Welche denn, mein Liebchen? Zieh mich in Dein Vertrauen; das Vergnügen, welches Du mir dadurch bereitest, wird nicht minder lebhaft sein, das schwört ich Dir.«

»Nun wohl, mein geliebter Eusebius, so erfahre denn, daß ich mich heute kräftig genug fühle, um aufzustehen und coquett genug bin, um hübsch sein zu wollen. Ich werde daher das beste meiner armen Kleider wählen, und Du führst mich hinaus in das Freie, damit ich mich in den Strahlen der schönen Sonne wärme, die durch die Ritzen unserer elenden Wohnung dringen, und, um uns die Art, wie sie zu uns gelangen, vergessen zu machen, reizende Figuren auf den Fußboden zeichnen.«

Eusebius ließ die Augen umherschweifen, und erblickte unter einem der Sonnenstrahlen einen Gegenstand, der blendend funkelte, wie zerbrochenes Glas. Er sprang vom Bett herab, bückte sich und hob den Dolch auf, den der Doctor Basilius ihm gegeben, und der bei dem Drama der vergangenen Nacht eine so bedeutende Rolle gespielt hatte. Ja, es war die dunkelblaue malaiische Klinge von eigenthümlicher Gestalt. Eusebius erbebte, betrachtete sie einen Augenblick mit dumpfem Schweigen, legte sie dann auf den Tisch und kehrte zurück, um sich aufs das Bett zu setzen, bebend und mit finster gefurchter Stirn Esther fragte ihn nach der Erklärung dieser Umwandlung, und was das für eine Waffe sei, die sie noch nie bei ihrem Manne gesehen hatte. Dieser war jetzt unfähig, ein solches Geheimniß in sein Herz zu verschließen, und er erzählte ihr Alles, was sich während ihres eigenthümlichen Traumes zugetragen hatte. Die junge Frau hörte ihn ruhig an, und ohne den geringsten Schrecken zu äußern.

»Nun wohl,« sagte sie, als ihr Mann geendigt hatte, »ich sehe dabei nichts, was Dir Furcht oder Kummer verursachen könnte; ich bin im Gegentheil dem guten Doctor sehr dankbar, weniger noch für das Leben, das er mir erhielt, als für den weisen Gedanken, den er hatte, für unser Beider Existenz ein neues Band zu schaffen.«

»Aber glaubst Du denn, daß das wirklich sei?« rief Eusebius erschrocken

»Ich weiß es nicht,« entgegnete Esther, »ob es wahr ist, oder nicht, aber ich finde es meinestheils trostreich, zu denken, daß das Ende meiner Liebe auch das Ende meines Lebens ist. Der Doctor ist jedenfalls ein rechtschaffener Mensch und so bald ich ihn sehe, falle ich ihm um den Hals, um ihm zu danken.«

»O, darüber bin ich ruhig; sein Gesicht wird Dich von dieser Laune heilen.«

»Er sieht also sehr fürchterlich aus?«

»Das nicht gerade; sein Gesicht wär es sogar ziemlich gutmüthig ohne sein Lachen, welches ein Echo von dem Gelächter Satans zu sein scheint, und ohne seine Augen, die zuweilen Blitze schießen, wie die eines Raubthiers.«

»Jedenfalls, mein Freund, hält dieses Auge nicht, was es verspricht, da wir ihm nach Deiner Erzählung Beide das Leben verdanken.«

»Ja! Nur beunruhigt mich Eines.«

»Und was?«

»Ich erkläre mir das sonderbare Interesse nicht, welches er für Dich zeigte.«

»Was kümmern uns die Ursachen dieses Interesses, mein Freund, da wir die Wirkungen zu würdigen vermögen? Bedenke doch, mein armer Eusebius, daß man sich ohne ihn in diesem Augenblicke wahrscheinlich damit beschäftigte, für mich das Todtenhemd zu nähen und die Bretter zusammen zu nageln, die unsere traurigen Ueberreste aufnehmen sollten! Du konntest Dich nicht entschließen, ohne mich zu leben, und ich schwöre Dir, Eusebius, daß ich Dir dies nie vergessen werde. Bedenke, daß ohne ihn jetzt für uns Alles vorbei wäre, daß nicht mehr die Luft, die Wonne der Liebe, unsere Küsse, genießen könnten! Ihm verdanken wir das Alles, Eusebius; der Mensch hat für uns die Stelle Gottes eingenommen.«

»Ohne Zweifel,« erwiederte der junge Mann, »aber man müßte wahnsinnig sein, wollte man annehmen, daß er uns diesen Dienst aus reiner Menschenliebe leistete. Es liegt eine geheime und fürchterliche Drohung unter dem Guten, das er uns that.«

»Einstweilen aber leben wir, sind jung und.lieben uns-«

Plötzlich sah sie ihren Mann ernst an und sagte: »Solltest Du etwa fürchten, mich bald nicht mehr zu lieben und für Dein Leben zu zittern anfangen?«

»Ach, Esther!« sagte der junge Mann vorwurfsvoll.

Esther lachte.

»O, was mich betrifft, mein Geliebter,« sagte sie, indem sie ihren Kopf an die Schulter ihres Mannes stützte, »so bin ich überzeugt, daß mein Herz nie anders, als für Dich schlagen wird, und ich überlasse mich unserem neuen Schicksal ohne die geringste Besorgniß.«

»Ich auch,« entgegnete Eusebius, »und was ich darüber sage, geschieht nur, um nicht ohne Widerstand eine Phantasmagorie anzunehmen, die mir jetzt, wo es Tag ist und Du lebst, höchstens dazu gut zu sein scheint, kleine Kinder zu erschrecken.«

»Verzeihung, mein Freund,« sagte Esther, »aber in dieser Hinsicht theile ich nicht ganz Deine Meinung. Es liegt nicht nur etwas Uebernatürliches in der Erscheinung, sondern meine Genesung wirft alle Systeme der Aerzte und alle Logik der Wissenschaft über den Haufen.«

»Glaubst Du nicht etwa,« sagte Eusebius unwillkürlich erhebend, »wie hier alle Welt, daß der Doctor Basilius im Verkehr mit dem Geiste der Finsterniß steht?«

»Wir wollen nicht suchen, dieses Geheimniß zu erforschen, mein Freund,« erwiederte Esther mit ernstem Tone. »Begnügen wir uns, die Wohlthat zu genießen, und beweisen wir ihm – da Du sagst, er zweifle daran, – daß zwei Menschen altern können, ohne an etwas Anderes zu denken, als sich zu lieben und daß sie durch diese Welt schreiten können, gleichgültig gegen Alles, was nicht ihr beiderseitiges Glück betrifft.«

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04 aralık 2019
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