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Kitabı oku: «Der Bastard von Mauléon», sayfa 2

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Der Wirth stand aus seiner Thürschwelle, wo er, mit Hintansetzung seiner aristokratischen Gewohnheiten, selbst einen herrlichen Fasan rupfte, dem er mit der gastronomischem Gewissenhaftigkeit, welche nur die Gourmands zu würdigen wissen, die nicht allein durch den Geschmack und den Geruch, sondern auch durch das Gesicht genießen wollen, die Federn am Kopf und am Schwanz ließ; doch ehe er sich ganz und gar in dieses wichtige Geschäfts vertieft hatte, erblickte er Messire Espaing von Lyon, sobald er aus dem Platze erschien, steckte seinen Fasan unter seinen linken Arm, während er mit der rechten Hand seine Mütze abnahm, und ging ihm einige Schritte entgegen.

»Ah! Ihr seid es, Messire Espaing,« sagte er, die lebhafteste Freude kundgebend; »seid willkommen, Ihr und Euer ehrenwerther Gefährte; ich habe Euch lange nicht gesehen, und vermuthete, Ihr müßtet bald durch unsere Stadt kommen. He! Brind'avoine, nimm diesen Herren die Pferde ab. Hol Marion, bereite die besten Zimmer; meine Herren, steigt ab, wenn es Euch beliebt, und beehrt mit Eurer Gegenwart mein armes Gasthaus.«

»Nun,« sprach der Ritter zu seinem Gefährten, »ich sagte Euch, Meister Barnabé sei ein kostbarer Mann, bei dem man zu jeder Minute Alles finde, was man braucht.«

»Ja,« versetzte der Mann der Kirche, »und ich habe bis jetzt nur Eines zu erwidern, daß ich nämlich wohl vom Stall und von den Zimmern, aber nicht vorn Abendbrot reden hörte.«

»Oh! was das Abendbrot betrifft, so mag sich Eure Herrlichkeit beruhigen,« sprach der Wirth. »Messire Espaing wird Euch sagen, daß man mir nur zum Vorwurf macht, ich gebe meinen Reisenden zu reichliche Mahle.«

»Vorwärts, Meister Gascogner,« rief Messire Espaing, der wie sein Gefährte abgestiegen war und den Zügel seines Pferdes den Knechten zugeworfen hatte, »zeigt uns den Weg, und gebt uns nur die Hälfte von dem, was Ihr versprecht, und wir werden zufrieden sein.«

»Die Hälfte!« rief Meister Barnabé, »die Hälfte! mein Ruf wäre verloren, wenn ich so handelte. Das Doppelte, Messire! das Doppelte!«

Der Ritter warf einen Blick der Zufriedenheit auf den Geistlichen, und Beide traten, dem Wirthe folgend, hinter diesem in die Küche.

In dieser Küche gab in der That Alles einen Vorgeschmack von der Glückseligkeit, welche für die wahren Gourmands aus einem wohlgeordneten und wohlservirten Mahle entspringt. Der Spieß drehte sich, die Casseroles sangen, die Röste arbeiteten; und mitten unter allem diesem Geräusch schlug die Glocke wie ein harmonischer Aufruf zur Tafel sechs Uhr.

Der Ritter rieb sich die Hände und der Chronikschreiber fuhr mit dem Ende seiner Zunge über seine Lippen. Die Chronikschreiber sind im Allgemeinen sehr leckerhaft, und das ist noch viel schlimmer, wenn sie zugleich Chronikschreiber und Geistliche sind.

In diesem Augenblick und wie von einem und eben demselben Punkte ausgehend, nämlich vom Spieße, durchliefen die Blicke der zwei Reisenden in entgegengesetzter Richtung eine Kreislinie, um sich zu versichern, die verheißenen Genüsse wären wirkliche Genüsse und nicht phantastische Mahle, wie sie von boshaften Zauberern den alten fahrenden Rittern versprochen wurden. Eine Art von Hausknecht trat ebenfalls in die Küche und sagte dem Wirth ein Wort ins Ohr.

»Ah, Teufel!«

machte dieser, indem er sich hinter dem Ohre kratzte, »und Du sagst, es gebe keinen Platz für die Pferde dieser Herren?«

»Nicht den kleinsten, Herr; der Ritter, der soeben eingetroffen, hat die letzten zwei Plätze nicht im Stall, der schon voll war, sondern im Schoppen in Beschlag genommen.«

»Oh! oh!« versetzte Messire Espaing, »wir vermöchten uns kaum von unseren Pferde zu trennen; doch wenn Ihr durchaus keinen Platz hier habt, so würden wir, um die guten Zimmer, von denen Ihr gesprochen, nicht zu verlieren, einwilligen, wenn sie mit unseren Knechten in einem Hause in der Stadt untergebracht würden.«

»In diesem Fall, edler Herr, kann ich Euch dienen, und Eure Pferde werden dabei gewinnen, denn sie sollen in Ställen untergebracht werden, wie der Graf von Foix keine ähnliche hat.«

»Gut also, was diese herrlichen Ställe betrifft, doch morgen früh um sechs Uhr müssen sie gesattelt und gezäumt vor Eurer Thüre sein, denn Messire Jehan und ich begeben uns nach der Stadt Pau, wo wir von Monseigneur Gaston Phöbus erwartet werden.«

»Seid unbesorgt und zählt auf mein Wort,« erwiderte Meister Barnabé.

In diesem Augenblick kam das Stubenmädchen ebenfalls und sprach leise mit dem Wirth, dessen Gesicht plötzlich einen Ausdruck des Verdrusses annahm.

»Nun! was gibt es noch?« fragte Messire Espaing.

»Das ist nicht möglich,« entgegnete her Wirth.

Und er reichte dem Stubenmädchen abermals das Ohr, um sich wiederholen zu lassen.

»Was sagt sie?« fragte der Ritter.

»Sie sagt etwas Unglaubliches.«

»So laßt hören.«

»Es gebe keine Zimmer mehr.«

»Gut, gut,« sprach Messire Jehan, »so sind wir verurtheilt, bei unsern Pferden zu schlafen.«

»Oh! meine Herren,« rief Barnabé, »ich bitte tausendmal um Entschuldigung! doch der Ritter, der ein wenig vor Euch angekommen ist, hat für sich und seinen Schildknappen die zwei einzigen Zimmer genommen, welche noch übrig waren.«

»Bah!« sprach Messire Jehan, der an solche widrige Zufälle gewöhnt zu sein schien, »eine schlechte Nacht ist bald hingebracht, und wenn wir nur ein gutes Abendbrot haben.«

»Ah!« sagte der Wirth, »hier kommt gerade der Koch, den ich habe rufen lassen.«

Der Koch zog den Wirth bei Seite und fing mit ihm ein Gespräch mit leiser Stimme an.

»Oh!« rief der Wirth, der zu erbleichen suchte, »unmöglich!«

Der Koch machte mit dem Kopf und mit seinen beiden Händen eine Geberde, welche sagen wollte: »Es ist so.«

Der geistliche Herr, der das Vocabularium der Zeichen, wenn sich dies auf die Küche bezog, sehr gut zu verstehen schien, erbleichte wirklich.

»Oh!« sagte er, »was ist denn das?«

»Meine Herren,« sprach der Wirth, »Mariton täuscht sich.«

»Und worin tauscht er sich?«

»Darin, daß er mir so eben meldet, es sei nichts vorhanden, um Euch Abendbrot zu geben, insofern der Ritter, der vor Euch angekommen, den Rest der Mundvorräthe für sich in Beschlag genommen habe.«

»Ah! Meister Barnabé,« sprach Messire Espaing von Lyon, die Stirne faltend, »scherzen wir nicht, wenn,s beliebt.«

»Ach! Messire,« erwiderte der Wirth, »ich bitte Euch, zu glauben, daß ich nicht im Geringsten scherze, und daß ich sogar im höchsten Maße über diesen Vorfall betrübt bin.«

»Ich will zugeben, was Ihr uns in Betreff der Zimmer und Ställe gesagt habt,« entgegnete der Ritter, »doch beim Abendbrot ist es etwas Anderes, und ich erkläre Euch, daß ich mich nicht für geschlagen halte. Hier ist eine ganze Reihe von Casserolen.«

»Messire, sie ist für den Castellan von Marcheras bestimmt, der mit der Castellanin hier ist.«

»Und diese Poularde, die sich am Spieße dreht?«

»Sie ist von einem dicken Canonicus bestellt, der zu seinem Capitel zurückkehrt und nur einmal in der Woche Fleisch ißt.«

»Und dieser Rost, der ganz mit Rippchen beladen ist, welche so gut riechen?«

»Das ist nebst dem Fasan, den ich rupfe, das Abendbrod des Ritters, der einen Augenblick vor Euch ankam.«

»Oh!« rief Messire Espaing, »er hat also Alles genommen, dieser Teufel von einem Ritter? Meister Barnabé macht uns das Vergnügen und sagt ihm, ein nüchterner Ritter schlage ihm vor, eine Lanze mit ihm zu brechen, nicht für die Augen seiner Schönen, sondern für den guten Geruch seines Abendbrots, und Ihr fügt bei, Messire Jehan Froissard, der Chronikschreiber, werde Kampfrichter sein und unsere Thaten eintragen.«

»Es bedarf dessen nicht,« sprach eine Stimme hinter Meister Barnabé, »ich komme im Auftrage meines Herrn, um Euch, Messire Espaing von Lyon, und Euch, Messire Jehan Froissard, zum Abendbrod zu ihm einzuladen.«

Messire Espaing wandte sich um, als er diese Stimme hörte, und erkannte den Knappen des fremden Ritters.

»Oh! oh!«

machte er, »das ist eine Einladung, die mir sehr höflich dünkt; was sagt Ihr dazu, Messire Jehan?«

»Ich sage nicht nur, daß sie äußerst höflich ist, sondern auch, daß sie sehr gelegen kommt.«

»Und wie heißt Euer Herr, mein Freund, daß wir wissen, wem wir für eine solche Artigkeit zu Dank verpflichtet sind?» »Er wird es Euch selbst sagen, wenn Ihr mir zu folgen die Güte haben wollt,« antwortete der Knappe.

Die Reisenden schauten sich einander an, und halb aus Hunger, halb aus Neugierde hatten sie denselben Wunsch.

»Vorwärts,« sagten sie zu gleicher Zeit, »zeigt uns den Weg, wir werden Euch folgen.«

Beide stiegen die Treppe hinter dem Knappen hinauf, der ihnen ein Zimmer öffnete, in dessen Hintergrund der unbekannte Ritter, seiner Rüstung entkleidet und angethan mit einem Rock von schwarzem Sammet mit weiten, langen Aermeln, die Hände auf dem Rücken, stand.

Als er sie erblickte, ging er ihnen einige Schritte entgegen, grüßte sie höflich und sprach, indem er ihnen die linke Hand reichte:

»Seid willkommen, meine edle Herren, und empfangt meinen Dank, daß Ihr die Güte habt, meine Einladung annehmen zu wollen.«

Der Ritter hatte ein so redliches und offenes Aussehen, die Hand, die er ihnen reichte, kam ihnen so treuherzig geboten vor, daß Beide sie berührten, obgleich es ein beinahe unerläßlicher Gebrauch unter Rittersleuten war, sich die rechte Hand zu reichen, und beinahe eine Beleidigung, anders zu handeln.

Während jedoch die beiden Reisenden dem unbekannten Ritter diese seltsame Höflichkeit erwiderten, waren sie nicht genug Herren ihres Erstaunens, daß es sich nicht auf ihrem Antlitz ausgeprägt hätte; der Ritter aber schien nicht hierauf zu merken.

»Wir, Messire, sind Euch Dank schuldig,« sagte Froissard; »denn wir waren in einer großen Verlegenheit, der uns Eure freundliche Einladung entzogen hat: empfangt also den Ausdruck unserer ganzen Erkenntlichkeit.«

»Mehr noch,« sagte der Ritter, »da ich zwei Zimmer habe und Ihr keines habt, so werde ich Euch das geben, welches für meinen Knappen bestimmt war.«

»In der That,« sprach Espaing von Lyon, »das ist zu viel Gefälligkeit; doch wo wird Euer Knappe schlafen?» »In meinem Zimmer, bei Gott!«

»Nein,« erwiderte Froissard, »das hieße Eure Güte mißbrauchen.«

»Bah!« versetzte der unbekannte Ritter, »wir sind hieran gewöhnt: es ist mehr als fünfundzwanzig Jahre, daß wir unter demselben Zelte geschlafen haben, und seit fünfundzwanzig Jahren ist uns das so oft vorgekommen, daß wir nicht mehr zählten, wie oft. Doch setzt Euch, meine edlen Herren.«

Der Ritter deutete auf Stühle, welche um einen Tisch standen, auf dem Gläser und eine Humpe aufgepflanzt waren, und gab ihnen das Beispiel, indem er sich selbst setzte.

Die zwei Reisenden nahmen ebenfalls Platz.

»Das ist also abgemacht,« sprach der unbekannte Ritter, und füllte drei Gläser mit Würzwein, wobei er sich, wie er es bis dahin gethan, seiner linken Hand bediente.

»Meiner Treue, ja,« sagte Espaing von Lyon, »wir würden Euch zu beleidigen glauben, Ritter, wenn wir ein so herzliches Anerbieten ausschlügen; seid Ihr nicht meiner Ansicht, Messire Jehan?«

»Um so mehr,« erwiderte der Säckelmeister von Chimay, »als wir Euch nicht lange zur Last fallen werden.«

»Wie so?« fragte der unbekannte Ritter.

»Wir reisen morgen nach Pau ab.«

»Schön,« sprach der Ritter, »man weiß, wann man ankommt, man weiß aber nicht, wann man abreist.«

»Wir werden am Hofe des Grafen Gaston Phöbus erwartet.«

»Und nichts würde Euch so anziehend erscheinen, um Euch acht Tage unter Weges verlieren zu lassen?« fragte der Ritter.

»Nichts, als eine sehr seltsame und sehr interessante Geschichte,« antwortete Espaing von Lyon.

»Auch weiß ich nicht.« äußerte der Chronikschreiber, »ob ich auf diese Art mein Wort gegen den erlauchten Herrn Grafen von Foix brechen könnte.«

»Messire Jehan Froissard,« erwiderte der unbekannte Ritter, »Ihr sagtet vorhin beim Pas-de-Larre, Ihr würdet gern Eure Abtei Chimay demjenigen geben, der Euch die Abenteuer des Bastards von Mauléon erzählte.«

»Allerdings habe ich es gesagt, doch woher wißt Ihr es?«

»Ihr vergeßt, daß ich ein Ave aus dem Grabe des Mongat sprach, und daß ich an dem Orte, wo ich war. Alles, was Ihr sagtet, hören konnte.«

»So ist es, wenn man in freier Luft spricht. Messire Jehan Froissard,« sagte lachend Espaing von Lyon, »das sind Werte, die Euch Eure Abtei kosten werden.«

»Bei der heiligen Messe! Herr Ritter,« sprach Froissard, »ich glaube, ich habe meinen Mann gefunden, und Ihr kennt die Geschichte.«

»Ihr täuscht Euch nicht,« erwiderte der Ritter, »Niemand weiß sie und kann sie besser wiederholen als ich, seit dem Augenblick, wo er den Mongat von Lourdes getödtet, bis zu dem, wo ihm die Faust abgeschlagen worden ist.«

»Und was wird es mich kosten?« fragte Froissard, der, so neugierig er war, die Geschichte zu hören, doch zu bedauern anfing, daß er seine Abtei als Preis geboten.

»Es wird Euch acht Tage kosten, Messire,« erwiderte der unbekannte Ritter, »und selbst während dieser acht Tage werdet Ihr kaum Zeit haben, Alles, was ich Euch sage, aus Pergament niederzuschreiben.«

»Ich glaubte, der Bastard von Mauléon habe geschworen, diese Geschichte nie bekannt werden zu lassen,« entgegnete Froissard.

»Bis er einen Chronikschreiber, würdig, sie aufzuzeichnen, gefunden hätte; und nun, Messire Jehan, ist kein Grund mehr vorhanden, sie zu verbergen.«

»Warum schreibt Ihr sie dann nicht selbst?« fragte Froissard.

»Weil ein Hinderniß obwaltet,« entgegnete lächelnd der Ritter.

»Und welches?« fragte Messire Espaing von Lyon.

»Dieses,« sprach der Ritter, indem er mit der linken Hand die Hand seines rechten Aermels aushob und aus den Tisch meinen verstümmelten Arm legte, der in einer eisernen Zange endigte.

»Jesus!«

rief Froissard vor Freude zitternd, »solltet Ihr es sein?«

»Der Bastard von Mauléon in Person, den Einige auch Agenor mit der eisernen Hand nennen.«

»Und Ihr werdet mir Eure Geschichte erzählen?« fragte Froissard mit der Angst der Hoffnung.

«Sobald wir zu Nacht gespeist haben,« antwortete der Ritter.

»Gut,« sprach Froissard sich die Hände reibend, »Ihr sagtet die Wahrheit, Messire Espaing von Lyon, Monseigneur Gaston Phöbus wird warten.«

Und an demselben Abend, nachdem sie gespeist, hielt der Bastard von Mauléon sein Versprechen und fing an, Messire Jehan Froissard nachfolgende Geschichte zu erzählen, die wir aus einer Handschrift genommen haben, ohne uns eine andere Mühe zu geben, als in die dritte Person eine Erzählung zu setzen, welche in der ersten geschrieben war.

Zweites Kapitel.
Wie der Bastard von Mauléon auf dem Wege von Pinchel nach Coimbra einen Mauren traf, den er nach dem Wege fragte und der vorüberzog, ohne ihm zu antworten

>An einem schönen Morgen des Monats Juni 1361 hätte derjenige, welcher bei einer Hitze von vierzig Graden sich ins Freie zu wagen nicht bange gehabt haben würde, auf der Straße von Pinchel nach Coimbra in Portugal eine Gestalt, für deren Schilderung die Leute unserer Tage uns Dank wissen werden, einherziehen sehen können.

Es war nicht ein Mann, sondern eine völlige Rüstung, bestehend aus einem Helm, einem Panzer, Armschienen und Beinschienen, mit der Lanze im Arm, der Tartsche am Hals, Alles überragt von einem rothen Federbusch, über den die Lanzenspitze noch empor stand.

Diese Rüstung saß im Gleichgewicht aus einem Pferde, von dem man nur die schwarzen Beine und das entstammte Auge erblickte, denn es verschwand wie sein Herr unter seiner Kriegswappnung, welche mit einer weißen, mit rothem Tuche eingefaßten Schabracke bedeckt war. Von Zeit zu Zeit schüttelte das edle Thier den Kopf und wieherte mehr aus Zorn, als aus Schmerz; dies geschah, wenn eine Bremse unter die Falten der schweren Decke geschlüpft war und es seinen gierigen Stich fühlen ließ.

Was den Reiter betrifft, der steif und fest in den Bügeln hielt, als ob er an den Sattel genietet wäre, so schien er seinen Stolz darein zu setzen, daß er der glühenden Hitze Trotz bot, die vom kupfernen Himmel herabfiel, die Lust entzündete und das Gras vertrocknete. Viele, welche Niemand deshalb der Weichlichkeit beschuldigt hätte, würden sich erlaubt haben, das vergitterte Visir, zu öffnen, welches das Innere des Helmes in eine Badewanne verwandelte; doch aus der unempfindlichen Haltung und aus der edlen Unbeweglichkeit des Ritters ersah man, daß er selbst in der Wüste die Stärke seines Temperaments und seine Abhärtung gegen die Strapazen des Kriegerstandes zur Schau trug.

Wir haben gesagt die Wüste, und in der That, die Gegend, durch die der Ritter zog, verdiente wohl diesen Namen. Es war eine Art von Thal, gerade tief genug, um aus dem Weg, dem der Ritter folgte, die glühendsten Sonnenstrahlen zusammenzudrängen. Schon seit mehr als zwei Stunden war die Hitze, die man hier empfand, so groß, daß das Thal seine beharrlichsten Bewohner verloren hatte; die Hirten und die Herden, welche am Morgen und am Abend an seinem doppelten Abhange erschienene um ein paar Halme gelben, dürren Grases zu suchen, hatten sich hinter die Hecken und Gebüsche geflüchtet, und schliefen im Schatten. So weit das Auge reichen konnte, hätte man auch vergebens einen Reisenden gesucht, der kühn und unempfindlich genug gegen die Flamme gewesen wäre, um diesen Boden zu betreten, welcher aus der Asche von der Sonne vertrockneter Felsen zu bestehen schien. Das einzige lebende Thier, das bewies, daß ein Geschöpf in einem solchen Ofen leben konnte, war die Grille, oder vielmehr die Taufende von Grillen, welche, zwischen den Kieselsteinen sitzend, an den Grashalmen angeklammert, oder auf einem von Staub weißen Olivenzweige sich ausbreitend, die scharfe, eintönige Fanfare von sich gaben, die ihr Triumphgesang war, durch welchen sie die Eroberung der Wüste verkündigten, wo sie als alleinige Souverains herrschten.

Mit Unrecht haben wir behauptet, vergebens hätte das Auge am Horizont einen andern Reisenden gesucht, als denjenigen, welchen wir zu schildern unternahmen, denn hundert Schritte hinter ihm kam eine andere Gestalt, nicht minder seltsam, als die erste, obgleich von einem ganz verschiedenartigen Typus: es war ein Mann von ungefähr dreißig Jahren, dürr, gebückt, bronzirt, mehr hockend, als reitend auf einem Pferde so mager als er, und auf dem Sattel schlummernd, woran er sich angeklammert hielt, ohne irgend eine von den Sorgen, welche seinen Gefährten wach hielten, sogar ohne die Sorge, seinen Weg zu erkennen, die er offenbar demjenigen überließ, welcher weiser oder mehr dabei interessirt war, sich nicht zu verirren.

Ohne Zweifel am Ende überdrüssig, seine Lanze so hoch zu tragen und sich so steif im Sattel zu halten, hielt der Ritter an, um sein Visir aufzuschlagen und dem Dampfe Durchgang zu lassen, der aus seiner eisernen Umhüllung in seinen Kopf aufzusteigen anfing; doch ehe er diese Bewegung ausführte, schaute er umher wie ein Mensch, der entfernt nicht der Ansicht ist, der Muth sei minder schätzbar, wenn er von einer geziemenden Dose von Klugheit begleitet werde.

Bei dieser Rundbewegung sah er seinen sorglosen Gefährten, und indem er ihn aufmerksam anschaute, bemerkte er, daß er schlief.

»Musaron!« rief der geharnischte Ritter, nachdem er zuvor sein Helmvisir ausgeschlagen hatte, »Musaron, wache auf, Taugenichts, oder bei dem kostbaren Blute von San Jago! wie die Spanier sagen, Du kommst nicht nach Coimbra mit meinem Felleisen, sei es nun, daß Du es unter Weges verlierst, oder daß es Dir die Diebe stehlen. Musaron! wirst Du denn immer schlafen, Bursche?«

Doch der Knappe, denn dies war der Grad, den bei dem Ritter derjenige einnahm, welchen er angeredet hatte, der Knappe, sagen wir, schlief zu tief, als daß ihn der einfache Lärmen der Stimme erweckt hätte; der Ritter bemerkte also, daß er ein anderes, kräftigeres Mittel anwenden mußte, um so mehr, als das Pferd des Schläfers, da es sah, daß sein Vordermann anhielt, es für geeignet erachtete, ebenfalls anzuhalten, so daß Musaron, von der Bewegung zur Unbeweglichkeit übergehend, eine nur um so bessere Chance hatte, sich eines tiefen Schlafes zu erfreuen; er nahm deshalb ein elfenbeinernes, mit Silber eingelegtes Horn, das an einem Haken an seinem Gürtel hing, hielt es an seinen Mund und ließ mit kräftigem Athem ein paar Noten ertönen, welche sein Pferd sich bäumen und das seines Gefährten wiehern machte.

Diesmal erwachte Musaron plötzlich.

»Hollah!« rief er, indem er eine Art von Messer zog, das an seinem Gürtel hing, »hollah! was wollt Ihr, Ihr Schurken? Hollah! was verlangt Ihr, Zigeuner, Enkel des Teufels? Entfernt Euch, oder ich schlitze Euch bis zum Gürtel den Bauch auf!«

Und der brave Knappe focht rechts und links mit seinem Messer, bis er am Ende, wahrnehmend, daß er nur die Luft schlitzte, anhielt, die Augen weit aufriß, seinen Herrn mit erstaunter Miene anschaute und fragte:

»Ei! was gibt es denn, Messire Agenor? Wo sind denn die Leute, die uns angreifen? Sind sie wie Dunst verschwunden? oder habe ich sie vernichtet, ehe ich gänzlich erwachte?«

»Was es gibt, Taugenichts?« sagte der Ritter, »Du träumst, und während Du träumst, schleppst Du meinen Schild am Ende seines Riemens, was entehrend für die Waffen eines wackeren Rittersmannes ist. Auf! Auf! erwache vollends, oder ich zerschmettere Dir meine Lanze auf der Schulter.«

Musaron schüttelte den Kopf mit einer ziemlich frechen Miene.

»Bei meiner Treue, Sire Agenor,« sagte er, »Ihr werdet wohl daran thun, und damit wird wenigstens eine Lanze auf unserem Wege gebrochen sein. Statt mich Eurem Vorhaben zu widersetzen, fordere ich Euch auf, es in Ausführung zu bringen.«

»Was soll das bedeuten, Schurke?« rief der Ritter.

»Das soll bedeuten,« erwiderte der Knappe, der mit seiner spöttischen Sorglosigkeit immer näher heran ritt, »das soll bedeuten, daß wir seit sechzehn vollen Tagen, die wir in Spanien, in diesem Lande voll Abenteuer reisen, wie Ihr bei unserem Aufbruche sagtet, nicht einen einzigen Feind außer den Fliegen und der Sonne, und als ganze Ausbeute nur Wasserblasen und Staub gefunden haben. Gottes Tod! Herr Agenor, ich habe Hunger; Gottes Tod! Herr Agenor, ich habe Durst; Gottes Tod! Herr Agenor, meine Börse ist leer, das heißt, ich bin den drei größten Calamitäten dieser Welt preisgegeben, und ich sehe die großen Plünderungen ungläubiger Mauren nicht kommen, welche, wie Ihr mir schmeicheltet, unsern Leib bereichern und unsere Seele retten sollten, und worüber ich süße Träume dort in unserem schönen Lande Bigorre hatte, ehe ich Euer Knappe war, und besonders seitdem ich es bin.«

»Wirst Du es zufällig wagen, Dich zu beklagen, während ich mich nicht beklage?«

»Ich hätte wohl Veranlassung dazu, und es fehlt mir in der That nur die Keckheit. Wir haben beinahe unsere letzten Franken für die Waffenschmiede von Pinchel ausgegeben, welche Eure Art schärften, Euer Schwert schliffen und Eure Rüstung putzten, und es fehlt uns in der That nichts mehr, als daß wir mit Räubern zusammentreffen.«

»Hasenherz!«

»Wartet einen Augenblick, daß wir uns verständigen, Sire Agenor; ich sage nicht, daß ich ein solches Zusammentreffen fürchte.«

»Was sagst Du denn?«

»Ich sage, daß ich es wünsche.«

»Warum?«

»Weil wir die Räuber berauben würden,« erwiderte Musaron mit dem spöttischen Lächeln, das den Hauptcharakter seiner Physiognomie bildete.

Der Ritter hob die Lanze, in der sehr sichtbaren Absicht auf, sie auf die Schulter seines Knappen fallen zu lassen, der nahe genug gekommen war, daß er auf eine ersprießliche Art eine solche Zurechtweisung versuchen konnte; doch mit einer einfachen kleinen Bewegung voll Gewandtheit, an die er gewöhnt zu sein schien, wich der Knappe dem Streich aus, während er mit seiner Hand die Lanze hielt.

»Nehmt Euch in Acht, Sire Agenor,« sagte er, »scherzen wir nicht so; ich habe harte Knochen und wenig Fleisch darauf. Ein Unglück ist bald geschehen, mit einem falschen Schlag würdet Ihr Eure Lanze zerbrechen, und wir wären genöthigt, ihr selbst einen andern Schaft zu machen, oder uns mit einer unvollständigen Rüstung vor Don Federigo zu zeigen, was demüthigend für die Ehre der bearn'schen Ritterschaft wäre.«

»Schweige, verfluchter Schwätzer; Du würdest besser daran thut, wenn Du durchaus sprechen mußt, jenen Hügel zu erklettern und mir zu sagen, was Du von oben siehst.«

»Ah!« rief Musaron, »wenn es der wäre, wohin Satan unsern Herrn führte, und wenn ich Einen fände, und wäre es auch der Teufel, der mir dafür, daß ich ihm die Klaue küßte, alle Königreiche der Erde böte. . .«

»Du würdest es annehmen, Abtrünniger?«

»Mit Dank, Ritter.«

»Musaron,« sprach der Ritter mit ernstem Tone, »scherze mit Allem, was Du willst, nur nicht mit heiligen Dingen.«

Musaron verbeugte sich und fragte:

»Der gnädige Herr wünscht also immer noch zu, erfahren, was man von diesem Hügel herab wahrnehme?«

»Mehr als je, gehe also,«

Musaron machte eine leichte Wendung . . . gerade so viel als er brauchte, um sich außerhalb des Bereiches der Lanze seines Herrn zu halten, und ritt dann den Hügel hinan.

»Ah!« rief er, als er den Gipfel erreicht hatte, »ah! Jesus und Gott! was sehe ich!«

Und er bekreuzte sich.

»Nun, was siehst Du?« fragte der Ritter.

»Das Paradies, oder wenigstens beinahe das Paradies,« antwortete Musaron, in die tiefste Bewunderung versunken.

»Beschreibe mir Dein Paradies,« erwiderte der Ritter, der stets von einem Scherze seines Knappen bethört zu werden befürchtete.

»Ah! edler Herr, was wollt Ihr?« rief Musaron, »Orangenwälder mit goldenen Früchten, ein großes Fluß mit silbernen Wellen, und jenseits das Meer, glänzend wie ein stählerner Spiegel.«

»Wenn Du das Meer sehest,« sagte der Ritter, der sich noch nicht beeilte, seinen Antheil an dem Gemälde zu nehme«, aus Furcht, wenn er selbst den Gipfel erreicht hätte, würde sich dieser herrliche Horizont in Dunst auflösen, wie jene Luftspiegelungen, von denen er die Pilger des Orients hatte sprechen hören; »wenn Du das Meer siehst, Musaron, so mußt Du noch besser Coimbra sehen, das nothwendig zwischen uns und dem Meere liegt, und wenn Du Coimbra siehst, so sind wir am Ziele unserer Reise, da es Coimbra ist, wohin mich mein Freund, der Großmeister Federigo, beschieden hat.«

»Oh! ja,« rief Musaron, »ich sehe eine schöne und große Stadt, ich sehe einen hohen Thurm.«

»Gut, gut,« sprach der Ritter, der nun an das, was ihm sein Knappe sagte, zu glauben anfing und diesmal den ein wenig zu lange ausgedehnten Scherz, wenn es etwa ein Scherz wäre, ernstlich zu bestrafen sich gelobte. »Gut, es ist die Stadt Coimbra, es ist der Thurm der Kathedrale.«

»Was sage ich: eine Stadt! was sage ich: ein Thurm! ich sehe zwei Städte, ich sehe zwei Thürme.«

»Zwei Städte! zwei Thürme!« rief der Ritter, als er ebenfalls auf den Gipfel des Hügels kam, »Du wirst sehen, vorhin hatten wir nicht genug und nun werden wir zu viel haben.«

»Zu viel,« sagte Musaron, »das ist die Wahrheit; seht, Sire Agenor, die eine rechts, die andere links, seht Ihr den Weg, der sich jenseits dieses Citronenwaldes gabelförmig trennt? Welche von den zwei Städten ist Coimbra? welchem von den zwei Wegen müssen wir folgen?«

»In der That,« murmelte der Ritter, »das ist eine neue Verlegenheit, an die ich nicht dachte.«

»Eine um so größere Verlegenheit,« sagte Musaron, »als wir, wenn wir uns täuschen und unglücklicher Weise den Weg nach dem falschen Coimbra einschlagen, im Grunde unserer Börse nichts finden, um damit unser Nachtlager zu bezahlen.«

Der Ritter schaute zum zweiten Male rings umher, doch diesmal in der Hoffnung, einen Vorübergehenden zu gewahren, bei dem er sich erkundigen könnte.

»Verfluchtes Land,« sagte er, »oder vielmehr verfluchte Wüste! denn wenn man Land sagt, so setzt man einen von anderen Geschöpfen, als von Eidechsen und Grillen, bewohnten Ort voraus. Oh! wo ist Frankreich?« fuhr der Ritter mit einem von jenen Seufzern fort, die zuweilen den am wenigsten schwermüthigen Herzen bei dem Gedanken an das Vaterland entschlüpfen; »Frankreich, wo Jeder stets eine ermuthigende Stimme findet, um ihm den Weg zu zeigen.«

»Und einen Schafkäse, um ihm den Gaumen zu erquicken; so ist es, wenn man sein Vaterland verläßt. Ah! Sire Agenor, Ihr hattet Recht, wenn Ihr sagtet: Frankreich! Frankreich!«

»Schweige, Thier!« rief der Ritter, der gern ganz leise denken wollte, was Musaron ganz laut sagte, der aber nicht wollte, daß Musaron laut sagte, was er leise dachte. »Schweige.«

Musaron hütete sich wohl, dies zu thun, und der Leser muß den würdigen Knappen schon hinreichend kennen, daß es in diesem Punkt nicht seine Gewohnheit war, blindlings seinem Herrn zu gehorchen; er fuhr also fort und sprach, als ob er seine eigenen Gedanken beantwortete:

»Wie sollte man uns auch beistehen, oder uns nur grüßen? Wir sind allein in diesem verdammten Portugal. Oh! die großen Compagnien, das ist schön, das ist angenehm, das ist herrlich, und besonders bequem zum Leben; oh! Sire Agenor, warum gehören wir nicht ganz einfach in diesem Augenblick zu einer großen berittenen Compagnie auf der Straße des Languedoc oder der Guienne!«

»Du urteilst wie ein Jacques, weißt Du das, Meister Musaron?« sagte der Ritter.

»Ich bin auch einer, Messire, oder ich war wenigstens einer, ehe ich in den Dienst Eurer Herrlichkeit trat.«

»Rühme Dich dessen, Elender!«

»Sprecht nicht schlimm von ihnen, Sire Agenor, denn die Jacques haben wenigstens Mittel gefunden, zu speisen, während sie Krieg führen; wir fuhren allerdings nicht Krieg, wir speisen aber auch nicht.«

»Dies Alles sagt uns nicht, welche von den zwei Städten Coimbra ist,« murmelte der Ritter.

»Nein,« erwiderte Musaron, »doch dort kommt etwas, was es uns sagen wird.«

Und er deutete mit dem Finger auf eine Staubwolke, die durch eine kleine Karavane in die Höhe getrieben wurde, welche eine halbe Stunde hinter ihnen kam, denselben Weg verfolgte, wie sie, und in deren Mitte die Sonne von Zeit zu Zeit etwas wie Goldflittern glänzen ließ.

»Ah!« sprach der Ritter, »da kommt endlich, was wir suchen.«

»Oder was uns sucht,« sagte Musaron.

»Nun wohl! so eben verlangtest Du Räuber.«

»Doch ich verlangte nicht zu viel,« entgegnete Musaron.

»Der Himmel ist in der That im Zug, uns mit Gnaden zu überhäufen; ich verlangte drei bis vier Räuber, und er schickt uns eine Truppe; wir verlangten eine Stadt, und er schickt uns zwei. Herr Ritter,« fuhr Musaron fort, indem er sich seinem Herrn näherte, »berathschlagen wir und sprechen wir unsere Ansichten aus, zwei Ansichten sind mehr werth als eine, Ihr wißt es wohl, sagt zuerst die Eure.«