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Kitabı oku: «Der Pastor von Ashbourn», sayfa 2

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II.
Auf welche Weise ich ein großer Mann werden würde

Was mir als Eindruck von diesem Tage übrig blieb, war das Verlangen, selbst ein großer Mann zu werden, damit man eines Tages für mich alles das thäte, was ich für den großen Pope hatte thun sehen.

Und dieses Verlangen war um so dringender, als, indem ich mich zum ersten Male in einem Spiegel betrachtete, meine Eitelkeit mir sagte, daß ich nicht allein weder hinkend, noch buckelicht wäre, sondern daß ich im Gegentheile ein ziemlich hübscher Knabe sei.

Wenn man mich sehen würde, würde ich daher nicht dieselbe getäuschte Hoffnung einflößen, welche mir der große Pope eingeflößt und Anderen hatte einflößen müssen; was am Ende bereits ein Vortheil war, den der Himmel mir vor ihm bewilligte.

Nur, auf welche Weise würde ich ein großer Mann werden? Das war die Frage, die ich mir stellte.

Wäre es nach der Art Achilles, Alexander’s, Cäsar’s, Karl’s des Großen oder Richard Löwenherz?

Ich habe niemals einen großen Beruf für das Gewerbe des Eroberers gehabt. Wie die Kirche, der ich angehöre, oder vielmehr der ich nicht angehöre, – denn die Lehre ist katholisch, – habe ich einen Abscheu vor Blut. Außerdem waren alle die großen Männer, deren Namen ich angeführt habe, selbst Söhne von Königen, oder sogar Nachkommen von Göttern und von Göttinnen, die zu einer bestimmten Zeit die Männer und das Geld unter ihrer Hand gefunden hatten, welche für die Eroberung von Troja, Indien, Gallien, Sachsen oder dem gelobten Lande nöthig sind, während ich der Sohn eines einfachen Pastors mit fünfzig Pfund Sterling Gehalt war, der einen sehr großen Einfluß auf die Seelen, aber eine sehr geringe Gewalt auf die Körper hatte.

Zuverlässig war es also nicht als Eroberer, daß ich ein großer Mann werden sollte.

Sollte es nach der Art des Apelles, des Zeugniß in dem Alterthume, oder Leonardo da Vinci’s und Raphael’s in dem Mittelalter sein?

Ich muß sagen, daß ich gegen die Malerei nicht denselben Widerwillen, als gegen den Krieg hatte. Ich war im Gegentheile ein großer Bewunderer der Malerei, ich schätzte Apelles, Zeuxis, Leonardo da Vinci und Raphael sehr. Aber man mag wohl wie Correggio sagen: »Und auch ich werde ein Maler sein!« Anch’ io son’ pittore! – Man muß auch noch eine Werkstatt und einen Meister finden. Nicht jeder Motto, der ein Schaf auf eine Schiefertafel zeichnet, begegnet bei dem Hüthen seiner Schafe einem Cimabue, der ihn seine Communion als Künstler machen läßt. Um Maler zu werden, und ein berühmter Maler, bedarf es langer und geduldiger Studien, einer großen Stadt, dem unermeßlichen Centrum, – und wir wohnten in einem armen Dorfe von Rotts!

Es war also wieder nicht als Maler, daß ich ein großer Mann werden konnte, und ich war gezwungen, auf die Malerei zu verzichten, wie ich auf die Eroberung verzichtet hatte.

Wäre es nach der Weise Homer’s, Virgil’s, Dante’s, Petrarea’s, Tasso’s oder Pope’s?

Oh! das war etwas Anderes! Außer daß ich meinte, darin meinen Beruf zu sehen, meinte ich auch die Anlage dazu zu haben.

Denn am Ende ist die Poesie die Tochter der Einsamkeit; sie hat fast immer die Armuth zur Pathin. Um ein Dichter zu werden, hat man keine Meister, hat man keine Modelle nöthig. Ein Jahr, fünf Jahre, zehn Jahre reichen zuweilen nicht aus, um die Erziehung eines Malers vollständig zu machen, während Jedermann weiß, daß man als Dichter geboren wird. Wenn ich nun aber das Glück gehabt hätte, als Dichter geboren zu sein, – und an diesem Glücke zweifelte ich nicht, – so hatte ich also nur mir die Mühe zu geben, zu wachsen und zu blühen; das schwierigste der Sache war geschehen, da ich geboren war! Was die Unkosten anbelangt, so waren sie nicht beträchtlich: eine Feder, Tinte und Papier; – die Begeisterung mußte das Uebrige thun.

Ich beschloß daher in meinem Innern, daß ich nach der Weise Homer’s, Virgil’s, Dante’s, Petrarea’s, Tasso’s und Pope’s ein großer Mann werden würde.

Von dem Augenblicke an, wo dieser Entschluß gefaßt war, beschloß ich keine Zeit zu verlieren, um ihn in Ausführung zu bringen. Ich verlangte von meinem Vater Geld, um das für den neuen Stand, den ich wählen wollte, nothwendige Geräth zu kaufen, und mein Vater, erfreut, endlich in mir diese Neigung zur Arbeit erwachen zu sehen, deren Erscheinen er so ungeduldig erwartete, nahm majestätischer Weise einen Schilling aus seiner Tasche, den er mir schenkte, und für den ich mir ein Buch weißes Papier, ein Bund Federn und eine Flasche Tinte kaufte. – Seit diesem Tage, mein lieber Petrus, hat es mir der Gipfel des Ruhmes geschienen, meine Ideen in ungleichen Zeilen gedruckt in einem in halb Franzband gebundenen oder sogar nur in einfaches Papier broschirten Buche zu sehen, denn welche Anwandlung mich seitdem auch befallen hat, in Prosa zu schreiben, so habe ich doch immer eine große Vorliebe für die Poesie empfunden, und unter allen Arten von Poesien die für das Heldengedicht.

Was ich im Alter von dreizehn Jahren daher beschloß, ist, daß ich ein Heldengedicht machen wollte.

Welches Thema sollte ich jetzt wählen? …

Die Iliade war ein sehr schönes Thema: – aber es war von Homer genommen worden!

Die Aeneïde war gleichfalls ein sehr schönes Thema: – aber es war von Virgil genommen worden!

Die göttliche Komödie war wieder ein sehr schönes Thema: – aber es war von Dante genommen worden!

Ah! wenn das befreite Jerusalem nicht von Tasso, und das verlorene Paradies nicht von Milton genommen gewesen wären, so waren das zwei Themas, die für den Sohn eines Pastors ganz gepaßt hätten!

Aber Tasso und Milton hatten das Glück gehabt, der eine hundert und fünf und dreißig, und der Andere hundert fünf und zwanzig Jahre vor mir geboren zu sein; – dieses Glück verursachte mir einen unwiderbringlichen Nachtheil, da sie diesen Zufall der Geburt benutzt hatten, um die beiden einzigen Themas zu Heldengedichten zu nehmen, welche bei den Modernen zu behandeln übrig geblieben!. . .

Glauben Sie indessen nicht, mein lieber Petrus, daß ich mich sogleich Anfangs schlagen ließ, und bei dem ersten Angriffe nachgab, indem ich wie Horaz floh und meine Ehre und mein Schild auf dem Schlachtfelde ließ. – Nein, mein Freund, nein; ich sträubte mich im Gegentheile aus allen meinen Kräften gegen die Armuth der Geschichte, indem ich mit einer über mein Alter gehenden Beharrlichkeit sowohl in den Büchern, als in meiner Einbildungskraft einen Helden suchte, welcher der poetischen Forschung meiner Vorgänger entgangen wäre. Ich ging alle Jahrhunderte durch; ich verlangte von jedem von ihnen ein Thema, das ein Aequivalent für die bieten könnte, welche ich dadurch verloren hatte, daß ich zwei oder dreihundert Jahre zu spät auf diese Welt kam; aber das Eine war nicht national, das Andere war antireligiös; dieses da bot nicht die unerläßlichen Bedingungen des Heldengedichts, das heißt den möglichen Austausch des Verkehres zwischen den Menschen und Wesen von einer höheren Natur, Göttern, Schutzgeistern oder Dämonen; jenes da sündigte endlich doch gegen die nothwendige Entwickelung, eine Entwicklung, welche verlangt, daß die Hauptperson des Gedichtes Sieger ist, während meine Helden, wie Hector, wie Turnus, wie Hannibal, wie Wittekind oder wie Harold, statt zu siegen, besiegt waren. – Ich schrieb mit wundervoller Handschrift mehr als zwanzig Titel auf mein Buch weißes Papier, aber, wie ich so eben sagte, ging ich niemals über den Titel hinaus, und da ich in dem Maße, als ich eine neue Enttäuschung erlitt, den geschriebenen Titel zerriß, um einen andern auf die folgende Seite zu schreiben, so ging daraus hervor, daß ich nach Verlauf von fünf Jahren, – gerade an meinem Geburtstage, zu derselben Stunde, wo die Zeit den letzten Tag meines achtzehnten Jahres zerriß, – das letzte Blatt meines Buches Papier zerriß.

Von diesem Augenblicke an war ich überzeugt, daß für mich eine Unmöglichkeit obwaltete, als Verfasser eines Heldengedichtes ein großer Mann zu werden; nicht etwa, daß ich nicht alles Das besaß, um dieses Gedicht zu schreiben, sondern einfach und allein, weil das Thema mangelte.

Es blieb mir die dramaturgische Poesie übrig.

Zuverlässig waren die von mir angeführten Namen, obgleich sie die glänzendsten waren, nicht die einzigen, welche an dem Himmel der Vergangenheit leuchteten. Zur Seite der Namen der großen epischen Dichter funkelten die des Aeschylus, Sophokles, Euripides, Aristophanes, Plautus, Shakespeare’s, Corneille’s, Moliere’s und Racine’s! Warum sollte ich daher nicht, statt ein epischer Dichter zu werden, ein dramatischer Dichter werden? Freilich würde ich in Beeston weder ein Theater, noch Schauspieler haben; aber was lag daran! Ich würde das thun, was Sophokles that, der in Kolonos seine Gedichte träumte, überlegte und ausführte, und der, wenn sie beendigt waren, sie in Athen spielen ließ; ich würde das thun, was Corneille that, der in Rouen seine Trauerspiele träumte, überlegte und ausführte, und sie in Paris spielen ließ; ich würde meine Dramen in Beeston träumen, überlegen und ausführen, und sie in London spielen lassen. Es gab sogar noch mehr: um sicher zu sein, daß meine Gedanken richtig wiedergegeben würden, könnte ich wie Shakespeare und wie Molière sie selbst spielen. Um die Wahrheit zu sagen, war mir dieses letzte Mittel ein wenig zuwider: ich hatte eines Tages in Nottingham herumziehende Schauspieler gesehen, und zwischen diesen würdigen Künstlern und den Zigeunern, denen ich wenige Stunden vorher auf der Heerstraße begegnet war, hatte mir der Unterschied nicht groß geschienen; aber man mußte indessen bemerken, daß diese Schauspieler Stücke spielten, deren Verfasser sie nicht waren, während ich, – was etwas ganz Anderes war und mich in meiner eigenen Achtung erhob! – meine eigenen Werke spielen würde. Nur würde ich in diesem Falle meinen würdigen Vater bestimmen müssen, seinen einzigen Sohn die Bretter betreten zu sehen, was, ich zweifelte durchaus nicht daran, eine große Schwierigkeit bieten würde; aber es würde Zeit sein, sie zu überwinden, wenn der Augenblick herbei gekommen wäre. Die Hauptsache war, anzufangen, um das Werk zu schaffen, und sobald es vollendet, so würde ich vielleicht wohl unter den angesehensten Schauspielern Londons einen Künstler finden, der würdig wäre es aufzuführen: wenn ich keinen finden sollte, ei nun! so würde mir das Mittel übrig bleiben, das erhabene Wort Seneca’s und Corneille’s in der Medea auszusprechen, – das so erhaben ist, daß es für zwei hat dienen können! Ich würde also Denen antworten, die mich in ihrer Bewunderung für mein Stück fragen sollten: »Aber wer wird Ihre Hauptperson spielen?«

– Ich! . . .

Nur würde ich nicht hinzufügen: »Ich, sage ich, und das ist genug!« denn so großes Vertrauen ich auch zu mir selbst hatte, so zögerte ich doch nicht anzuerkennen, daß das Anhören eines Stückes mit einer einzigen Person während fünf Acten sehr lang scheinen müßte, so schön die Grundsätze, so herrlich die Verse auch sein möchten, und daß von dem Augenblicke an, wo dieses Stück zehn bis fünfzehn Personen nöthig machte, ich neun, elf oder vierzehn Schauspieler haben müßte, um die anderen Rollen auszuführen und mir zu Trabanten zu dienen.

Aber es war im Voraus wohl verstanden, daß sie nichts Anderes, als Trabanten würden, und ich immer die Sonne.

Als ich alles das gehörig überlegt und entschlossen war, mich aus den Wolken des Heldengedichtes auf die Gipfel des Trauerspieles herabzulassen, nahm ich von Neuem meine Zuflucht zu der Freigebigkeit meines Vaters, welcher, obgleich durch die Unfruchtbarkeit meiner ersten Bemühungen ein wenig in seiner Hoffnung getäuscht, dennoch nicht zögerte, einen Schilling zu wagen, der auf der Stelle dazu diente, ein zweites Buch Papier, ein zweites Bund Federn und eine zweite Flasche Tinte zu kaufen.

Nun begann eine neue Arbeit, welche, ich muß es gestehen , mein lieber Petrus, ebenso fruchtlos war als die erste; – es hatte seit der Schöpfung der Welt noch mehr dramatische Dichter gegeben, als es epische Dichter gegeben hatte; daher rührte ein weit größerer Verbrauch von Themas und ein weit größerer Mangel an Helden; – ohne zurechnen, daß der epische Dichter ein Gedicht in seinem ganzen Leben macht, während ein dramatischer Dichter zehn, zwanzig, dreißig Trauerspiele, und sogar mehr macht, ein Beweis davon ist Aeschylus, welcher deren vierzig machte, Sophokles, der deren hundert drei und zwanzig machte, Euripides, der deren vier und achtzig machte! Indem ich das Verzeichniß der Alten und der Modernen las, bemerkte ich daher auch mit Schrecken, daß sich nicht eine große Katastrophe ereignet hatte, daß es nicht einen großen König oder großen Feldherrn gegeben hatte, ohne daß die Katastrophe zum Thema, und der König oder Feldherr zum Helden irgend eines Trauerspieles oder irgend eines Dramas gedient hätte. Alles war benutzt worden: Aeschylus, der indessen die Wahl unter den Helden hatte, da er als der erste auftrat, war bis zu Prometheus, das heißt bis zu Titan, dem Schöpfer der Welt, hinaufgegangen; Racine, der als der letzte kam, war bis zu Bajazet, das heißt fast bis zu der Geschichte unserer Zeit hinabgegangen. Was die Anderen anbelangt, so hatten ,sie mit vollen Händen, zur Rechten und zur Linken, hier und dort geerntet; – Sophokles hatte Ajax, Philoktetes, Antigene, Elektra, König Oedipus, Oedipus auf Kolonos genommen; er hatte soviel davon genommen, daß er am Ende genöthigt gewesen war, dasselbe Thema zwei Male zu nehmen. Euripides hatte Hecuba, Alceste, Medea, Iphigenia in Aulis, Iphigenia auf Tauris genommen, ein Beweis davon ist, daß auch er am Ende, wie sein Vorgänger Sophokles, keine Themas mehr gefunden hatte; – Shakespeare hatte Hamlet, Macbeth, Richard II., Richard III., Julius Cäsar, Coriolanus, den König Lear, Heinrich VIII., Titus Andronicus, Perieles, Antonius und Kleopatra genommen, so daß es ihm eines Tages gleichfalls an historischen Helden fehlte, und, da die Geschichte von ihm und seinen Vorgängern erschöpft war, er deren von seiner Einbildungskraft verlangte, welche, gehorsam und fruchtbar, Othello, den Kaufmann von Venedig, die beiden Seigneurs von Verona, Romeo, Falstaff, Prospero . . . was weiß ich? gab… – Corneille hatte den Cid, die Horatier, Cinna, Attila, Sertorius, Polyeuctes, Rodogune, Pompejus, Hannibal genommen; so weit gekommen, hatten ihm die Themas dermaßen gefehlt, daß er zum großen Nachtheile seines Ruhmes seine Zuflucht zu Pertharites, zu Otto, zu Surena genommen hatte, so daß er, nachdem er mit jenem Feldherrn der Parther zu thun gehabt hatte, da er nicht mehr wußte, weder was, noch wen er in Verse setzen sollte, die Nachahmung Jesus Christus in Verse gesetzt hatte! Endlich hatte Racine Eteokles und Polynices, Alexander, Andromache, Brittanicus, Berenice, Mithridates, Iphigenia, Phädra genommen, wonach ihm die Themas dermaßen erschöpft geschienen, daß er zwölf Jahre lang müßig blieb, bevor er Esther schrieb, und vierzehn Jahre, bevor er Athalia schrieb! Die Commentatoren sagen wohl, daß es ein religiöser Grund war, der den großen Dichter in seiner langen Laufbahn aufhielt, aber ich sage, ich behaupte, ich versichere, daß die wahre Ursache das von seinen Vorgängern bewirkte dramatische Gemetzel war . . .

Ich sage es mit um so mehr Grund, mein lieber Petrus, als es während dreier Jahre, in welchen ich ein Thema zu einem Trauerspiele oder einem Drama suchte, es mit dem Trauerspiele und dem Drama eben so war, als es mit dem Heldengedichte gewesen war. Ich schrieb den Titel von mehr als fünfzig Trauerspielen oder Dramen auf mein Heft; aber als ich nach Verlauf von drei Jahren sah, daß es mir unmöglich wäre, ein unbenutztes Thema zu finden, und da ich mich nicht zu dem Stande eines Plagiarius oder Abschreibers erniedrigen wollte, so verzichtete ich, – nachdem ich das letzte Blatt meines zweiten Buches Papier zerrissen, – darauf, ein großer Mann durch das Trauerspiel und das Drama zu werden, wie ich darauf verzichtet hatte, ein großer Mann durch das Heldengedicht zu werden.

Man wird mir sagen, daß mir das Lustspiel, diese unerschöpfliche Quelle, übrig blieb, welches die Laster, die Lächerlichkeiten der Menschen, die Irrthümer und die Verkehrtheiten der Gesellschaft zum ewigen Stoffe hat; aber als ich versuchen wollte, von dem Trauerspiele und von dem Drama zu dem Lustspiele überzugehen, bemerkte ich, daß, da ich in Beeston oder in Southwell eben keine anderen Männer als meinen Vater und mich, unseren Vetter und den großen Pope gesehen hatte, da ich keine Gelegenheit gehabt hatte, weder irgend ein Laster, noch irgend eine Lächerlichkeit zu beobachten, ich die Menschen nicht züchtigen konnte, wäre es auch nur im Spaße; eben so als ich, da ich keine andere Gesellschaft, als die des kleinen Dorfes kannte, welches wir bewohnten, nicht im Großen die Irrthümer und die Verkehrtheiten der großen menschlichen Gesellschaften schildern konnte, von der Beeston mir nur eine unmerkliche Miniatur bot.

Ich verzichtete daher auf das Lustspiel aus, wie Sie sehen, mein lieber Petrus, nicht weniger scheinbaren Gründen als die, welche mich bereits das Heldengedicht, das Trauerspiel und das Drama hatten aufgeben lassen.

Außerdem trug sich im Laufe dieses dritten Jahres,—, welches das ein und zwanzigste meines Alters war, – ein doppeltes Ereigniß zu, welches, indem es mein ganzes Herz und alle meine Thränen für wahres und persönliches Unglück in Anspruch nahm, meinen Geist wenigstens für den Augenblick verhinderte, sich länger an fremdem oder eingebildetem Unglücke zu üben.

Meine Mutter zuerst, und nachher mein Vater starben einen Monat nach einander.

Der Tod meiner Mutter war für mich ein unermeßlicher Schmerz, der meines Vaters war zugleich ein unermeßlicher Schmerz und eine außerordentliche Verlegenheit.

Wie das? Das will ich Ihnen in meinem nächsten Briefe erklären, mein lieber Petrus, da dieser nach meiner Meinung bereits die Grenzen eines gewöhnlichen Briefes überschritten hat.

Aber ich bedurfte nicht weniger als der zehn bis zwölf Blätter, aus denen er besteht, um Ihnen zu erklären, wie ich, statt ein großer epischer Dichter wie Homer, Virgil, Dante, Petrarca, Tasso, oder ein großer dramatischer oder komischer Schriftsteller wie Aeschylus, Sophokles, Euripides, Aristophanes, Plautus, Shakespeare, Corneille, Molière oder Racine zu werden, ein einfacher Dorfpastor wie Swift bin, – dabei noch mit Ausnahme seiner tausend Pfund Sterling Einkünfte, die ich nicht beziehe, und seiner Reisen Gulliver’s, seines Mährchens von der Tonne, seiner Prophezeihung Bickerstaff’s und seiner Bücherschlacht, die ich nicht geschrieben habe, wobei ich aber dennoch nicht verzweifle, eines Tages Aehnliches zu schreiben.

Denn obgleich ich gerade heute, meinem Geburtstage, mein sechs und zwanzigstes Jahr vollendet habe, ohne daß ich mich noch habe entschließen können, die erste Zeile des Buches zu schreiben, das mich berühmt machen wird, so habe ich doch immer noch die Hoffnung, mit Hülse des Herrn, der Nachwelt einen berühmten Namen hinterlassen zu können, wo nicht durch die Poesie, auf welche ich so ziemlich verzichtet habe, doch wenigstens durch irgend ein schönes Buch in Prosa, wie deren Rabelais, Montaigne und Daniel de Foë geschrieben haben.

III.
Erster Rath meines Wirthes, des Kupferschmieds

Ich habe Ihnen in meinem letzten Briefe gesagt, mein lieber Petrus, daß der Tod meiner Mutter für mich ein , unermeßlicher Schmerz, aber daß der meines Vaters zugleich ein unermeßlicher Schmerz und eine außerordentliche Verlegenheit gewesen war.

Ich habe Ihnen ferner gesagt, daß mein Vater nicht reich war; bei seinem Tode bemerkte ich, daß er nicht allein nicht reich war, sondern auch noch daß er arm, mehr als arm, – in dem Elende war!

Obgleich von einem strengen und frostigen Aeußern, hatte mein Vater doch ein nachsichtiges und gutes Herz. Die Armen, mit denen er bei der Ausübung seines Amtes zu thun hatte, wußten es wohl und liebten ihn nicht ohne Grund. Wenn er von der Höhe der evangelischen Kanzel gegen die selbstsüchtigen, geizigen, gefühllosen Herzen donnerte, so geschah es, weil sein Geldbeutel leer war; so geschah es, weil, da er überall um sich herum Unglück sah, das er nicht erleichtern konnte, sein Unwille gegen die überströmte, welche Gott reich gemacht hat, damit sie die zweite Vorsehung der Armen wären, und die, indem sie ihr Herz den Klagen der Unglücklichen verschließen, auf eine unwürdige Weise gegen die Sendung fehlen, die sie vom Himmel erhalten haben.

Mein Vater konnte in der That nicht zwei gefaltete Hände sehen, ohne sie durch ein Almosen zu öffnen, indem er nicht bedachte, daß er der erste Bedürftige seiner Gemeinde wäre. Seine Güte in dieser Beziehung war so sehr bekannt, daß ein armer Weber unseres Dorfes, der für sechszig Pfund Sterling Hanf, Flachs und Garn bei einem Handelsmanne in Nottingham gekauft hatte, und der durch das Abbrennen seines Hauses Alles verloren hatte und den Handelsmann nicht bezahlen konnte, der ihm die Waare geliefert, von diesem Handelsmanne verklagt und für diese Schuld verhaftet, sich, von den Gerichtsdienern begleitet, achtzehn Monate vor seinem Tode zu meinem Vater hatte führen lassen, – obgleich er wohl wußte, daß mein Vater diese Summe nicht zu seiner Verfügung hätte; – aber er rechnete auf das, was sich ereignete: nämlich daß mein Vater, von Mitleiden bewegt, mit ihm nach der Stadt aufbrach, damit anfing, zu versuchen, den Handelsmann zu erweichen, und als er sah, daß es ihm nicht gelang und der arme Weber in das Gefängniß geführt werden sollte, für ihn bürgte, indem er sich anheischig machte, jährlich vier Pfund Sterling zu bezahlen, ein Versprechen, das er so lange als er lebte, pünktlich hielt, so daß er bei seinem Tode bereits sechs Pfund von den sechszig bezahlt hatte.

Diese Armuth machte, daß der Geschäftsmann, an den ich mich wandte, nachdem er die Lage untersucht hatte, mir den Rath ertheilte, die Erbschaft nur unter der Begünstigung des Inventariums anzunehmen, was ich durchaus verweigerte, da es mir, wenn ich so handelte, geschienen hatte, dem Andenken meines Vaters einen Schimpf zuzufügen. Ich lud daher die Gläubiger, die mein Vater in dem Dorfe haben konnte, ein, ihre Rechtsansprüche vorzulegen, und da, als das Leichenbegängniß begangen und dem würdigen Manne die letzten Ehren erwiesen worden waren, nur noch elf Schilling in dem Pfarrhause übrigblieben, so ließ ich unser ganzes armseliges Mobiliar verkaufen, mit Ausnahme von dem Fernrohre meines Großvaters, des Bootsmannes, von dem mich niemals zu trennen meine Mutter mich hatte versprechen lassen, in welche Roth ich auch versinken möchte, indem sie dasselbe nicht allein als eine Familienreliquie, sondern auch noch als einen Talisman des Glückes betrachtete.

Als das ganze Mobiliar verkauft war, fand es sich, daß ich sechs Pfund Sterling vor mir hatte, aber daß ich dem Handelsmanne in Nottingham vierundfünfzig schuldig war.

Vielleicht hätte ich diese Schuld, die meinen Vater nicht persönlich anging, streitig machen können; aber, wie ich gesagt habe, ich wollte nicht, daß nur der Schatten eines Fleckens auf seinem Andenken bliebe. Ich übernahm seine Schuld unter denselben Bedingungen, und ich verpflichtete mich an seiner Stelle, – obgleich es von mir, der ich durchaus Nichts besaß, nicht sehr klug war, mich zu verpflichten, jährlich vier Pfund Sterling zu bezahlen, besonders wo die Urkunde über diese Schuld die Bedingung enthielt, daß bei dem Ausbleiben der Zahlung zwei Jahre hinter einander die ganze Summe acht Tage nach dem Ausbleiben der Zahlung dieses zweiten Jahres auf einen einfachen Befehl eingefordert werden könnte.

Aber trotz meiner getauschten Hoffnungen in der epischen und in der dramatischen Poesie, hoffte ich immer noch zur Berühmtheit und zum Vermögen dadurch zu gelangen, daß ich einen der tausend Zweige der Literatur wählte, die ich noch nicht versucht hatte, und die immer zu meiner Verfügung bleiben würden, sobald mein Genie geruhte, sich bis zu ihnen herabzulassen.

Ich glaubte daher diese Verbindlichkeit übernehmen zu können und übernahm sie ohne Furcht; dann, da ich am Ende, – bis daß ich das große Werk schriebe, das meinen Namen berühmt machen und mein Vermögen begründen sollte, – irgend einen Stand annehmen mußte, so wählte ich den, den mein Vater auf eine so würdige Weise ausgefüllt hatte; ich nahm die Weihe, was nur eine einfache Förmlichkeit war, da alle meine klassischen und theologischen Studien unter der Leitung des tugendhaften Mannes gemacht worden waren, den ich beweinte, und der, nachdem er für alle meine Bedürfnisse während seines Lebens gesorgt, noch meine Zukunft nach seinem Tode sicherte.

Aber es war nicht Alles, die Weihe erhalten zu haben, ich mußte auch noch, damit diese Weihe mir zu etwas diente, zu irgend einer Pfarrstelle gelangen, so klein und so schlecht bezahlt sie auch sein möchte. Ich war dermaßen gewöhnt, mit Wenigem zu leben, daß, ich war überzeugt davon, diese Pfarrstelle für meine Bedürfnisse hinreichend sein und mir noch das Mittel gewähren würde, dem Handelsmanne in Nottingham die Schuld abzutragen, die mein Vater gegen ihn eingegangen, um den armen Weber von Beeston aus der Verlegenheit zu ziehen, auf den ich außerdem nicht rechnen durfte, um mir zu helfen, da der würdige Mann gerade einen Monat nach meinem Vater gestorben war.

Uebrigens zweifelte ich nicht, daß, sobald man wissen würde, daß ein Mann, der Hoffnungen wie die meinigen bot, einwilligte, Dorfpastor zu sein, der Rector von Nottingham, von dem alle Pfarrstellen der Umgegend abhingen, sich beeilen würde, mir die Wahl unter denen zu lassen, welche offen ständen.

Man muß gestehen, daß mein Ehrgeiz nicht übertrieben war: ich war durch das Lesen der griechischen und lateinischen Schriftsteller aus dem Jahrhunderte des Perikles und dem Jahrhunderte des Augustus gebildet, und ich las sie mit mehr Leichtigkeit, als die englischen Schriftsteller des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts; ich sprach französisch und deutsch wie meine Muttersprache; ich hatte einen gewissen natürlichen Verstand, verbunden mit einer hochmüthigen Treuherzigkeit, die mich offen meine Hoffnungen aussprechen ließ, so lächerlich sie auch sein mochten; endlich hatte ich in Ermangelung praktischer Studien so viel gelesen, so viel behalten, so sehr die Jahrhunderte mit, den Jahrhunderten und die Menschen mit den Menschen verglichen, daß ich glaubte, zu einer gründlichen Kenntniß der Menschheit gelangt zu sein, einer Kenntniß, welche mir erlaubte, auf der Tiefe der Herzen den wirklichen und wahren Grund aller Handlungen dieser Welt zu erforschen, wären sie auch in die dichtesten Schleier der Selbstsucht, in die dunkelsten Falten der Heuchelei gehüllt.

In der Berechnung und in der Theorie, mein lieber Petrus, waren meine Schlüsse in der That vollkommen; aber sobald ich von der Theorie zu der Praxis übergehen mußte, verwirrte mich der Anblick der Leute, mit denen ich zu thun hatte, gänzlich. Die Einsamkeit meiner Jugend, in welcher ich alle die erhabenen Ideen geschöpft hatte, mit deren Hilfe ich in der Stille und der Sammlung der Arbeit meinen Namen zu verherrlichen und mein Glück zu machen gedachte, war unvermögend gewesen, mich zu dem Umgange mit den Menschen zu bilden; meine in der Ruhe der Ueberlegung gefaßten Entschlüsse verschwanden, die Logik meines Unheiles verlor sich unter dem Erbeben meiner Lippen und dem Stammeln meiner Stimme, und, der Gefahr gegenüber, der ich aus der Ferne Trotz geboten, sie bekämpft, durch meine siegreiche Logik überwunden hatte, fand ich nur Redensarten ohne Kraft, Worte ohne Werth, kurz eine gänzliche Machtlosigkeit, unfähig anzugreifen, noch mich zu vertheidigen.

Und was es wirklich Unglückseliges für mich bei dieser bedauernswerthen Beschaffenheit meines Temperamentes gab, ist, daß ich, da ich trotz alledem das Gefühl meines eigenen Werthes, und demzufolge das Bewußtsein meiner geistigen Ueberlegenheit gerade über die hatte, welche mich so niederbeugten, meine Niederlage nicht ihrem wahren Grunde, das heißt einer unüberwindlichen Schüchternheit zuschreiben konnte, oder vielmehr nicht wollte; sondern ich suchte im Gegentheile eine fremde, meiner Eigenliebe schmeichelnde Ursache, die vor dem Lächerlichen dieses Ich schützte, auf dessen Würde ich um so eifersüchtiger war, als ich in Mitte der Leute, die es nach meiner Meinung nicht recht schätzten, ihm, gleichfalls nach meiner Meinung, allein seinen wirklichen Werth bewilligte; – einen Werth, der eines Tages glänzend und unbestritten aus dem großen Werke hervorgehen würde, das ich der Bewunderung meiner Mitbürger zu überliefern gedachte, wie die Sonne majestätisch und strahlend aus den Dünsten der Nacht oder den Wolken des Gewitters hervorgeht!

Aber um zu der Abfassung dieses großen Werkes zu gelangen, bedurfte ich jener Ruhe des Geistes, welche mir allein, so bescheiden es auch sein mochte, ein festes und sicheres Einkommen gewähren konnte, das der Seele die beständige Sorge für die Bedürfnisse des Körpers nahm.

Zu diesem Zwecke, und in der Erwartung der Pfarrstelle, die nicht ermangeln konnte mir irgend eines Tages bewilligt zu werden, verließ ich Beeston, wo ich keine Aussichten hatte, und miethete mir, indem ich als einziges Möbel nur das Fernrohr meines Großvaters, des Bootsmannes, mitnahm, in Nottingham ein kleines Zimmer, das mir ein wackerer Kupferschmied von Devonshire gegen fünf Schilling monatlich im dritten Stockwerke seines, in der Nähe der Sanct-Marienkirche gelegenen Hauses abtrat, dem, so ungebildet er auch in Bezug auf Erziehung war, nicht ein gewisser natürlicher Verstand fehlte.

Sobald ich mich einmal in Nottingham niedergelassen, war es meine Absicht, mich in der Welt vorzustellen, und, indem ich überall auf meinen Wegen jenes Aufsehen zurückließ, welches meine geistige Ueberlegenheit natürlicher Weise hervorbringen mußte, die Bewunderung zu benutzen, welche diese Ueberlegenheit erwecken würde, um mir von dem Rector die Pfarre geben zu lassen, nach der ich strebte.

Unglücklicher Weise kannte ich in Nottingham, um mich in die Welt einzuführen, durchaus Niemand als jenen Handelsmann, dem ich vier und fünfzig Pfund Sterling schuldete, die jährlich zu vier Pfund zahlbar waren. Die Logik sagte mir, daß dieser Mann alles Interesse dabei hätte, mich mein Vorhaben gelingen zu lassen, da er, wenn er mich auf den Weg des Glückes führte, nicht allein seine Forderung sicherte, sondern auch noch die Bezahlung derselben beschleunigte, weil es leicht zu begreifen war, daß ich von dem Tage an, wo ich mein Glück gemacht, nicht eine so armselige Schuld zurücklassen würde. Ich beschloß daher, obgleich ich ihm in der Wirklichkeit die vier Pfund erst am Ende des Jahres schuldig war, ihm dennoch, da das erste Quartal dieses Jahres abgelaufen, ein Pfund zu überbringen, das ich von den drei oder vier Guineen nahm, die mir übrig blieben. Das war ein Opfer, aber ohne allen Zweifel würde diese Vorausbezahlung meinen Gläubiger günstig für mich stimmen, und mir durch eine geschickte Spekulation bei weitem mehr eintragen, als eine Guinee, wäre sie auch auf die höchsten gesetzmäßigen oder wucherischen Zinsen angelegt, gewöhnlich in einem Jahre einträgt.

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10 aralık 2019
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780 s. 1 illüstrasyon
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