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Kitabı oku: «Der Schiffs-Capitain», sayfa 2

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II

Je näher sie kamen, je mehr entwickelten sich vor ihren Blicken in allen Einzelheiten, die anmuthigen Umrisse des Fahrzeugs, und wiewohl der junge Graf d'Auray eigentlich wenig von der Schönheit dieser Formen verstand, und aus Gewohnheit oder Beruf eben nicht sehr davon eingenommen war, konnte er doch nicht umhin, die Eleganz, dieses Baues, die seinheit und Kraft der Maste, die Haltung der Tackelage zu bewundern, die sich an den mit dem Feuer der untergehenden Sonne, colorirten Himmel, wie schmiegsame Seidenfäden ausnahmen, die irgend eine Riesenspinne gesponnen hatte. Uebrigens herrschte auf dem Schiffe die nämliche Regungslosigkeit, die entweder von Sorglosigkeit oder Geringschätzung herkam, und Niemand schien sich über den Besuch zu beunruhigen. Einen Augenblick glaubte der Graf an einer Stückpfortenöffnung, bei dem geschlossenen Rachen einer Kanone, das Ende eines auf ihm gerichteten Fernrohrs zu bemerken. Aber als das Schiff, welches der Ocean in langsamer, zirkelförmiger Bewegung auf einen Wellen schaukelte, ihnen das Vordertheil zuwandte, hefteten sich seine Blicke auf die ausgeschnitzte Figur, welche dem Schiffe, das sie trägt, den Namen giebt; es war eine Tochter Amerika's, die Christoph Columbus entdeckte, und Ferdinand Cortez eroberte, mit ihrer tausendfarbigen Federmütze und offener mit Korallenhalsbändern gezierten Brust. Der Ueberrest ihres Körpers war halb Syrene, halb Schlange, und durch wunderliche Arabesken, mit dem Schiff verbunden. Je näher das Boot kam, je mehr fesselte diese Figur die Blicke des Grafen, Es war in der That eine seltsam geformte Sculptur, mit ausgezeichneter Vollendung, und man bemerkte leicht, daß kein gewöhnlicher Arbeiter, sondern ein talentvoller Künstler sie aus dem Eichenklotz hervorgerufen hatte, wo sie seit Jahrhunderten schlief. Seinerseits bemerkte der junge Seemann, mit einer gewissen Zufriedenheit seines Handwerks, die zunehmende Aufmerksamkeit des Landofficiers auf das Fahrzeug. Als er endlich sah, daß sie durchaus auf diese Figur concentriert blieb, schien er mit einer gewissen Bangigkeit eine Meinung zu erwarten; als er aber damit zögerte sie zu erkennen zu geben, wiewohl er nahe genug war, um daß ihm keine einzelne Schönheit entgehen konnte, so brach er zuerst das Schweigen und sprach sein Interesse an der Antwort unter einem Anschein von Lustigkeit verbergend.

»Nun Graf, was sagen sie zu diesem Meisterstück?«

»Ich sage,« war die Antwort, »daß es vor allem, was ich in dieser Gattung sah, wirklich den Namen verdient, den sie ihm beilegen.«

»Ja!« versetzte jener, »es ist das letzte Produkt von Wilhelm Costou, der starb ehe er es fertig hatte; sein Zögling, ein gewisser Dupré hat sie vollführt, ein verdienstvoller Mann, den der Hunger jetzt zwingt, Holz statt Marmor zu hauen, und Vordertheile für Schiffe zu machen, wenn er Statuen arbeiten sollte. Sehn sie,« fuhr er fort und gab mit dem Steuer dem Boot eine Bewegung, die es um die Außenseite trieb, »es ist ein wirkliches Korallenband was sie am Hals hat und ächte Perlen sind im ihren Ohren. Jedes ihrer Augenäpfel ist ein Diamant, hundert Guineen werth, wie am Effgium des Königs Wilhelm. Daraus folgt, daß der Kapitain, der diese Fregatte nähme, außer der Ehre, die genommen zu haben, noch ein herrliches Hochzeitgeschenk für seine Braut haben würde.«

»Welche närrische Laune,« sagte Manuel, durch das thörichte Schauspiel hingerissen, das er vor Augen hatte, »sein Schiff wie ein lebendes Wesen zu putzen, und so bedeutende Summen dem Zufall eines Kampfes, oder dem Ohngefähr eines Sturms auszusetzen!«

»Was wollen sie!« antwortete der junge Mann mit dem Ausdruck einer unerklärlichen Schwermuth, »wir Seeleute, die wir keine Familie als unsre Matrosen, kein Vaterland als den Ocean, kein Schauspiel haben als den Sturm und keine andre Zerstreuung als den Kampf, müssen uns doch wohl an Etwas hängen? Da wir keine wirkliche Geliebte haben, denn wer wollte uns lieben, uns Meerfalken mit stets geöffnetem Flügel? so müssen wir uns wohl ein phantastisches Liebchen erschaffen; der Eine verliebt sich in eine recht frische, recht schattige Insel, und jedes mal wenn er sie auftauchen sieht auf dem Ocean, wie ein Blumenkörbchen, wird sein Herz so fröhlich, wie das des Vogels, der zu seinem Nest zurückkehrt. Ein andrer hat einen Lieblingsstern unter den Gestirnen, und während der langen, schönen Nächte auf dem atlantischen Meer, jedes mal, wenn er den Aequator passiert, ist es ihm als nahe er sich demselben, und als grüße er ihn mit lebhafterem Licht und glühenderer Flamme. Endlich giebt es deren, und ihre Anzahl ist die größere, die sich an ihre Fregatte hängen, wie an ein geliebtes Mädchen, über jedes Glied jammern, daß der Wind bricht, über jede Verletzung, die eine Kugel macht, und die, wenn sie entweder durch den Sturm, oder durch die Schlacht ins Herz getroffen wird, lieber mit ihr sterben, als sich ohne sie retten wollen, und so der Erde ein schönes Beispiel der Treue geben, indem sie sich mit dem Gegenstande ihrer Liebe, von den Abgründen des Meeres verschlingen lassen. Nun denn; ein solcher ist der Kapitän Paul: das ist Alles, und so hat er seiner Fregatte das Hochzeitgeschenk gemacht, das er seiner Braut bestimmte.– — Ha! ha!jetzt werden die munter!«

– »Ohe! das Boot!« schrie es vom Schiffe, »was wollt ihr?«

»An den Bord der Fregatte steigen,« antwortete Manuel; »werft uns ein Seil, ein Tau zu, was ihr wollt, daß man sich an. Etwas anhalten kann.«

»Dreht euch Steuerbord und ihr findet die Treppe.«

Die Ruderer gehorchten augenblicklich dieser Andeutung und wenig Secunden später befanden sich die jungen Leute auf der Schiffstreppe, wo sie der wachthabende Officier bei dem Oberlaufe mit einer Eil empfing, die Manuel Gutes versprach.

»Mein Herr,« sagte der Seekadett, sich an den jungen Mann wendend, der dieselbe Uniform trug wie er, und denselben Grad zu haben schien; »hier ist mein Freund, der Graf. . . à propos, ich habe vergessen, sie nach ihrem Namen zu fragen?«

»Graf Manuel d'Auray.«

»Nun denn, ich sagte, hier wäre mein Freund, der Graf Manuel d'Auray, der lebhaft wünscht, mit dem Kapitän Paul zu sprechen. Ist er am Bord?«

»Er ist eben gekommen,« antwortete der Officier. —

– »Nun so will ich zu ihm hinunter gehen, sie zu melden, lieber Graf. Unterdessen ist Herr Walter hier, der sich ein Vergnügen daraus machen wird, ihnen das Innere der Fregatte zu zeigen. Es ist für einen Landofficier ein ziemlich seltsames Schauspiel, um so mehr, da ich zweifle, daß sie viele Schiffe finden möchten, die so gehalten sind, wie dieses. Ist's nicht die Stunde des Abendessens?«

»Ja, mein Herr!«

– »Dann wird es nur um so merkwürdiger sein«

– »Aber ich habe die Wacht!« antwortete zögernd der Officier.

»Nun, einer ihrer Kameraden wird schon einen Augenblick an ihrer Stelle wachen. Ich werde suchen, daß sie der Kapitän nicht lange antichambrieren läßt. Auf Wiedersehen, Graf! Ich will sie schon so empfehlen, daß er sie gut auf nehmen wird.«

Und damit verschwand der junge Kadett auf der Treppe zum Commandanten, während der zu Manuels Führer zurückgebliebene Officier ihn in die Batterie führte. Wie der Begleiter des Grafen voraussah, war die Equipage beim Abendessen, Zum ersten Male sah der junge Graf dieses Schauspiel, und so groß auch ein Verlangen war, schnell mit dem Kapitän zu sprechen, erschien es ihm so sonderbar, daß er nicht umhin konnte, alle Aufmerksamkeit darauf zu verwenden,

Zwischen jedem Geschütze und dem zum Manoeuver aufgesparten Raume standen Bänke nicht auf ihren Beinen, sondern hingen in dem Tauwerke. Auf jeder Bank saßen vier Männer, und jeder schnitt seinen Theil von einem großen wider haltendem Stücke Rindfleisch, welches jedoch unter den Angriffen dieser Esser immer mehr verschwand. Auf jedem Tische fanden Trinkgeschirre mit Wein, auf den Mann kam eine halbe Flasche. Das Brod war, wie es schien, der Willkühr anheim gestellt und nicht auf Rationen gesetzt. Uebrigens herrschte das tiefste Schweigen unter der Equipage, die wohl gegen zweihundert Mann stark sein konnte.

Obgleich Niemand von der Mannschaft den Mund anders aufhat, als um zu essen, so bemerkte doch der Graf die Verschiedenheit ihrer Herrkunft, die man leicht an dem allgemeinen und charakteristischen Physiognomien erkannte. Sein Begleiter bemerkte eine Verwunderung, und als hätte er sie ausgesprochen, antwortete er darauf und zwar mit einem amerikanischen Accente, den Manuel schon erkannt hatte und der bewies, daß er jenseits der Meere geboren war:

»Ja, ja, wir haben hier manch' hübsches Probestück von allen Völkern der Welt, und wenn eine Sindfluth Noa's Kinder, wie einst Adams Söhne entführte, fände man ein Korn von jeder Nation in unserer Arche. Sehen sie die drei Gesellen, die mit ihren Nachbarn eine Portion Rostboeuf gegen eine Zehe Knoblauch vertauschen? es sind Galicier, die wir am Vorgebirge Ortegal auf genommen haben, und die sich nicht eher schlagen würden, ehe sie zum heiligen Jacob gebetet hätten, dann aber sich eher wie ihr Märtyrer würden in Stücke schneiden lassen, als um einen Schritt weichen. Die andern, die den Tisch auf Unkosten ihrer Aermel polieren, sind wackere Holländer, die sich noch immer über das Unrecht nicht zufrieden geben können, welches die Entdeckung des Vorgebirges der guten Hoffnung ihrem Handel zufügt. Sie sehen auf den ersten Anblick wie Bierkrüge aus, aber so wie zur Schlacht aufgespielt wird, werden sie schnellfüßig wie Basken; wenn sie mit ihnen sprechen, werden sie ihnen von ihren Voreltern erzählen, da sie von sich selbst Nichts zu erzählen haben; werden ihnen sagen, daß sie von jenen berühmten Seeleuten herstammen, die, wenn es in den Kampf ging, statt der Flagge einen Besen aufsteckten; aber davon werden sie schweigen, daß ihnen die Engländer an einem schönen Tage ihre Besen nahmen und Ruthen für sie daraus machten. – Jener Tisch dort, der ganz leise zischelt, da er nicht laut werden darf, besteht aus Franzosen. Die Ehrenstelle nimmt der von ihnen erwählte Chef ein, ein Pariser von Geburt, Cosmopolit aus Geschmack, Fecht-, Stock-, Tanzmeister; immer vergnügt, singt er beim Manoeuver, schlägt sich singend, und wird auch wohl singend sterben, wenn ihm nicht ein hänfnes Halsband die Kehle zuschnürt, was ihm wohl geschehen kann, wenn er das Unglück hätte, John Bull in die Hände zu fallen. Auf diese Seite, sehen sie diese Reihe knochiger, vierschrötiger Köpfe: nicht wahr, das sind fremde Vorbilder für sie? die aber kein Amerikaner, der zwischen der Hudsonsbay und dem Golfe von Mexico geboren ist, für etwas Anderes erkennen wird, als für Bären des Flusses Erie, oder Seekälber von Neuschottland; drei oder vier sind einäugig, welches von ihrer Art sich unter einander zu schlagen herkommt; sie rollen das Haar ihres Gegners zwischen den Zeige- und Mittelfinger, und mit dem Daumen drücken sie ihm das Auge aus. Es giebt deren, die sich sehr geschickt darin eingeübt haben, und nie ihren Zweck verfehlen. Auch wenn es ans Entern geht, unterlassen sie selten, ihre Lanze oder ihr Messer wegzuwerfen und Mann gegen Mann mit dem ersten Engländer, der ihnen aufstößt, zu kämpfen, so daß sie ihn mit einer Schnelligkeit und Geschwindigkeit einäugig machen, die man nur gern ansieht. Sie sehen, daß ich nicht log, als ich ihnen von einer vollständigen Sammlung sagte.«

– »Aber,« versetzte der Graf, der diese lange Aufzählung mit einem gewissen Interesse angehört hatte, »wie fängt ihr Kapitän es an, sich mit diesen so verschiedenen und hier auf einem Punkte vereinigten Menschen zu verständigen?«

– »Fürs Erste versteht der Kapitän alle ihre Sprachen; im Sturme und in der Schlacht, wo er seine Muttersprache spricht, weiß er ihr aber einen solchen Accent zu geben, daß man das Gehorchen begreift. Aber sehen sie, die Cajüte des Backbords geht auf: er ist ohne Zweifel zu ihrem Empfange bereit.«

In der That erschien ein Knabe in der Tracht eines Midshipmans, ging zu den beiden Officieren und fragte Manuel: ob er Graf von Auray sei, und als er es bejahte, bat er ihn, ihm zu folgen. So gleich kehrte der Officier, der seine Rolle so gewissenhaft erfüllt hatte, aufs Verdeck zu einem Posten zurück. Manuel aber trat mit einer von Unruhe und Neugier vermischten Aufregung auf die Thüre zu: so sollte er den Kapitän Paul endlich sehen! Es war ein Mann, der fünfzig bis fünfundfünfzig Jahre alt zu sein schien und dem die Gewohnheit, sich auf dem Zwischendecke auf zu halten, mehr als das Gewicht der Jahre gekrümmt hatte. Er trug die königliche Seeuniform mit der pünktlichsten Strenge: ein königsblauer Rock mit Scharlachaufschlägen, rother Weste und Unterkleidern, graue Strümpfe, Jabot und Manschetten. Sein en boudin aufgerolltes Haar war weiß gepudert und hinten, dicht am Kopf, mit einem Bande befestigt, dessen Enden herunter flatterten. Sein dreieckiger Hut und sein Degen lagen neben ihm, auf dem Tische. Im Augen. blicke, wo Manuel auf der Schwelle erschien, saß er auf dem Schafte einer Kanone, stand aber auf, als er ihn erblickte.

Der junge Graf fühlte sich wie eingeschüchtert bei dem Anblicke dieses Mannes; in seinen Augen lag ein forschender Strahl, der bis in die Seele dessen zu dringen schien, den er ansah. Vielleicht war auch dieser Eindruck um so mächtiger, da er sich mit einem Gewissen hier vorstellte, das ihm über die sonderbare Handlung, die er vollziehen wollte, Vorwürfe machte, weil er den Kapitän zu seinen Mitschuldigen, wenigstens Vollzieher derselben zu machen kam. Als ob Beide gegen einander etwas Abstoßendes empfunden hätten, begrüßten sie sich jetzt höflich, aber mit Zurückhaltung.

– »Ich habe die Ehre, mit dem Herrn Grafen von Auray zu sprechen?« fragte der Kapitän Paul.

– »Und ich mit dem Kapitän Paul?« antwortete der junge Mann, und Beide verbeugten sich zum zweiten Male.

– »Darf ich fragen,« begann jetzt der alte Officier, »welchem glücklichen Zufalle ich die Ehre des Besuchs des Erben eines der ältesten und schönsten Namens der Bretagne verdanke?«

Nochmals verbeugte sich Manuel, um zu danken, dann sagte er nach einer Pause, als fiele es ihm schwer, das Gespräch einzuleiten:

»Kapitän, man hat mir gesagt, daß ihre Bestimmung der Golf von Mexico sei?«

»Und hat den Herrn Grafen nicht getäuscht Ich denke nach New-Orleans zu segeln und zu Cayenne und in der Havanna anzulegen.«

– »Das trifft sich herrlich, Kapitän, und es wird nicht außer ihrem Wege liegen, wenn sie sich, wie ich hoffe, der Ausführung einer Ordre unterziehen, deren Ueberbringer ich bin.«

»Sie haben mir eine Ordre mitzutheilen, Herr Graf? und von wem?«

»Von dem Ministerium der Marine.«

– »Eine an mich persönlich gerichtete Ordre?« versetzte der Kapitän mit zweifelhaftem Tone.

»Das gerade nicht, mein Herr; aber an jeden Kapitän der königlichen Marine, der nach Südamerika unter Segel geht.«

»Und was betrifft sie, Herr Graf?«

»Hier ist sie!« antwortete Manuel, zog die Ordre hervor und übergab sie ihm.

Er nahm sie, und sich dem Fenster nahend, um von dem letzten Lichte des Tages sich leuchten zu lassen, las er laut:

»Das Ministerium des Seewesens und der Colonieen befiehlt jedem Kapitän oder Lieutenant, der ein Fahrzeug des Staates commandiert und nach Südamerika oder den Golf von Mexico unter Segel gehen wird, einen gewissen Lusignan an Bord zu nehmen und in Cayenne auszusetzen, da er zur Deportation auf immer verurtheilt ist. Während der Ueberfahrt erhält der Verurtheilte in seiner Kajüte zu essen, hat aber Nichts mit der Equipage zu schaffen.«

»Ist die Ordre in gehöriger Form?« fragte der Graf.

»Vollkommen, mein Herr,« erwiderte der Kapitän.

»Und sind sie geneigt, sie auszuführen?«

»Steh ich nicht unter der Ordre des Marineministeriums?«

»So kann man ihnen den Gefangenen zusenden?«

»Wenn sie wollen, Herr Graf. Nur so bald als möglich, denn ich denke nicht lange an diesem Gestade zu bleiben.«

»Ich werde auf Eile bedacht sein.«

»War das Alles, was sie mir zu sagen hatten?«

»Alles, und ich habe nur noch meinen Dank hinzuzufügen!«

»Fügen die Nichts hinzu, mein Herr. Der Minister gebietet und ich gehorche, das ist Alles; ich erfülle meine Pflicht und es ist kein Dienst, den ich ihnen erzeige.«

Mit diesen Worten grüßten sich beide aufs Neue und verließen einander, eben so kalt, als sie zusammen gekommen waren.

Als Manuel wieder auf das Verdeck kam, fragte er den wachthabenden Officier nach seinem Gefährten und erhielt zur Antwort: der Kapitän Paul habe ihn zum Abendessen behalten; doch stehe sein Boot dem Grafen zu Befehl.

Es erwartete ihn unten an der Schiffstreppe, und schon erhoben die Matrosen die Ruder, um ihn zurück zu führen. Kaum war er unten, so entfernte es sich eben so schnell, als es gekommen war; doch diesmal schiffte es traurig und schweigend, denn der junge Seemann belebte nicht mehr die Unterhaltung mit den Axiomen seiner dichterischen Philosophie.

Dieselbe Nacht noch ward der Gefangene an den Bord der Indianerin gebracht, und als am andern Morgen der Tag anbrach, suchten die Neugierigen vergebens die Fregatte auf dem Ocean, die ihnen seit acht Tagen so viel Stoff zu Muthmaßungen gegeben hatte, und deren unerwartete Ankunft, wie ihre Station ohne Resultat, und schleunige Abreise den Bewohnern von Port-Louis lange Zeit ein unerklärliches Geheimniß blieben.

III

Da die Ursachen, welche den Kapitän Paul an die Küste der Bretagne brachten, mit unserer Geschichte in keinem andern Zusammenhange stehen, als in dem, der eben erzählten, Ereignisse, werden wir unsere Leser in derselben Ungewißheit lassen, als wie die Bewohner von Port-Louis: ob uns aber auch unsere Bestimmung und unser Beruf natürlich auf das Land zieht, wollen wir ihn dennoch einige Tage auf seiner abentheuerlichen Fahrt auf dem Ocean begleiten.

Das Wetter war so schön, als es in den abendländischen Gestaden in den ersten Herbsttagen nur sein kann. Die Indianerin segelte brav vor dem Winde. Die sorglosen Matrosen verließen sich auf den Anblick des Himmels, und mit Ausnahme einiger am Steuer beschäftigter Männer, brachte die auf die verschiedenen Partien des Schiffes zerstreute Equipage die Zeit nach Gefallen zu, als plötzlich eine, wie vom Himmel herabschallende Stimme rief: »Ohe! ohe! ein Segel!«

»Holla!« antwortete der vorn stehende Hochbootsmann; »Herr Officier von der Wacht! melden sie es dem Kapitän!«

– — »Ein Segel! ein Segel!« wiederholten die Matrosen auf dem Verdecke, denn in diesem Augenblicke hatte eine Welle das Fahrzeug so gehoben, daß es den geübten Augen der Seeleute am Rande des Horizontes sichtbar ward, ob sie gleich der minder scharfe Blick eines Passagiers oder Landsoldaten für den ausgespannten Flügel einer Möve hätte halten können.

»Ein Segel!« rief seinerseits ein junger Mann von fünfundzwanzig Jahren, der von der Treppe einer Kajüte aufs Verdeck stürzte; »fragt Herrn Arthur, für was er es hält?«

»Holla, Sir Arthur!«, fragte der Lieutenant auf englisch durchs Sprachrohr, um sich nicht vergebens anzustrengen; »der Kapitän will wissen was sie von jener Nußschale halten?«

»Ei, ich meine,« antwortete der junge Midshipman in derselben Sprache von der Wacht herab, »es ist ein großes Schiff, das uns den Wind abschneidet und sich nach uns richtet. Ha! ha! da läßt es sein Hauptsegel fallen.«

»Ja, ja,« sagte der junge Mann, dem Walter den Titel Kapitän gegeben hatte; »es hat eben so gute Augen als wir und hat uns gesehen. Gut, liebt es Unterhaltung, so werden wir ihm Rede stehen. Auch möchten unsere Kanonen ersticken, so lange haben sie den Mund nicht aufgethan. – Mein Herr«, fuhr der Kapitän fort, »setzen sie den Chef der Batterie in Kenntniß, daß wir ein verdächtiges Segel vor uns haben und daß er sich bereit hält. Gut, Sir Arthur, was denken sie von dem Gange des Schiffes?« ebenfalls englisch sprechend und den Kopf zu jenem aufhebend.

»Es ist ganz und gar militairisch, Kapitän, und wiewohl wir eine Flagge noch nicht sehen, wollt' ich wetten, daß er eine gute Commission des Königs Georg am Bord hat.«

»Ja, nicht wahr, die dem Commandanten befiehlt: eine gewisse Fregatte, die Indianerin genannt, herauszufordern, und ihm, im Falle, daß er sie nimmt, den Grad des Kapitäns, wenn er Lieutenant, und des Commandeurs, wenn er Kapitän ist, verspricht. Ha, ha! jetzt steckt er seine Bramstange auf! Ja, ja, gewiß wittert uns der Spürhund und will Jagd auf uns machen. Laßt die Fregatte unter dieselben Segel bringen, Herr Walter, und uns unsern Weg fortsetzen, ohne uns eine Linie breit davon zu entfernen. Wir wollen sehen, ob er sich untersteht, sich uns in den Weg zu stellen!«

Diese Ordre ward sogleich von dem Lieutenant wiederholt, und das Schiff, daß sich unter einem Marsegel befand, entrollte die Leinwand einer Bramstangen, wie eine dreifache Wolke, und als sähe es den Feind gern in seiner Nähe, schoß es vorwärts und drückte sein Vordertheil tiefer in die Wogen, daß der Funken stäubende Schaum alle Seiten seines Rumpfes umspühlte.

Jetzt entstand ein Augenblick des Schweigens und der Erwartung, welche wir dazu benutzen wollen, die Aufmerksamkeit unserer Leser auf den Officier zu lenken, dem der Lieutenant den Titel Kapitän gegeben hatte.

Diesesmal war es weder der junge, zweifelsüchtige Seekadett, den wir dem Grafen d'Auray an den Bord der Fregatte bringen sehen, noch der alte Meerwolf mit dem gekrümmten Rücken und der rauhen und kurzen Stimme: es war ein schöner Jüngling von vierundzwanzig bis fünfundzwanzig Jahren, wie wir bereits gesagt haben, der, von aller Verkleidung frei, in seiner wahren, natürlichen Gestalt und in einer willkührlichen Uniform nach seiner Phantasie erschien, die er allemal annahm, wenn er auf dem Meere nur von Gott und dem Sturme gekannt war.

Es war eine Art von Redingote von schwarzem Sammet mit goldnen Schnüren, durch einen türkischen Gürtel um den Leib befestigt, in welchem Pistolen, nicht zum Entern, sondern zum Zweikampfe steckten, die ausgeschnitzt und eingelegt waren, wie Waffen des Luxus, die zum Putze, nicht aber zur Vertheidigung bestimmt sind. Er trug Pantalons von blauem Casimir, mit kurzen, gefältelten Stiefeln, die ihm bis über die Kniee gingen. Um den Hals hing eine aufgemachte Cravate, ein indisches Tuch von durchsichtigem Gewebe mit Blumen von natürlichen Farben, und über eine Sonnengebräunten Wangen fielen zu beiden Seiten eine langen, rabenschwarzen, ungepuderten Haare. Neben ihm, auf der Kanone des Hinterdecks, lag ein kleiner eiserner Helm, der unter dem Halse zugemacht werden konnte: dies war ein Schmuck im Kampfe und die einzige Schutzwaffe, die er trug. Einige tiefe Einschnitte in den Stahl bewiesen übrigens, daß er mehr als einmal das Haupt gegen die schrecklichen Verletzungen der Enterbeile geschützt hatte, deren sich die Seeleute bedienen, wenn sie Bord an Bord gelangen. Die andere Equipage trug die Uniform der französischen Marine mit der genauesten und strengsten Eleganz.

Unterdessen war das von der Wacht zwanzig Minuten vorher signalisierte Schiff, welches wie ein kleiner Punkt am Horizonte erschienen war, nach und nach zu einer Pyramide mit Segeln und Takelwerk geworden. Alle Blicke waren darauf gerichtet, und obgleich keine Ordre gegeben war, hatte schon Jeder eine persönlichen Vorkehrungen – zum Kampfe getroffen, als wäre er entschieden. So herrschte also am Bord der Indianerin ein tiefes, feierliches Schweigen, welches immer auf einem Kriegsschiffe den entscheidenden Befehlen des Kapitäns voranzugehen pflegt. Als endlich das Schiff noch einige Minuten gewachsen war, schien der Rumpf nach und nach aus dem Wasser zum Vorscheine zu kommen, wie früher die Segel. Man konnte nun sehen, daß es ein der Indianerin in Etwas überlegenes Fahrzeug von sechsunddreißig Kanonen war. Uebrigens segelte es, wie die Fregatte, ohne Flagge auf der Spitze, so daß, da die Mannschaft im Fundamente verborgen war, es unmöglich erkannt werden konnte, welcher Nation es gehöre, wenn es nicht gewisse Zeichen von sich gab. Beides bemerkte der Kapitän, jedoch schien nur die letzte Beobachtung Eindruck auf ihn zu machen.

»Es scheint,« sagte er zum Lieutenant, »daß wir den Auftritt zu einem Maskenballe haben werden. Lassen sie einige Flaggen aufhissen, Arthur, wir wollen den Unbekannten beweisen, daß die Indianerin eine Kokette ist, die mehrere Verkleidungen zu ihrem Befehle hat. Und sie, Herr Walter, befehlen sie, daß man die Waffen bereit hält, denn schwerlich, können wir in diesen Gewässern etwas Anderem zu begegnen glauben, als einem Feinde.«

Beide Befehle wurden sogleich vollzogen. Der junge Midshipman zog ein Dutzend verschiedene Flaggen hervor, und Walter öffnete die Waffenkisten und ließ ein Depot von Lanzen, Enterbeilen und Messern auf verschiedene Orte des Verdecks legen. Ein jeder nahm seinen Posten ein, sowohl aus Instinkt, als aus Pflicht, denn noch war der Tanz nicht losgegangen, noch kein Alarm geschlagen, so daß die Unordnung, die nach und nach auf der Fregatte geherrscht hatte, nachließ, und wieder alles aufmerksam und schweigend ward. Indessen setzten beide Fahrzeuge ihre zusammenlaufenden Linien fort, sich einander nähend. Als sie etwa drei Kanonenschüsse entfernt waren, sagte der Kapitän: »Ich glaube, Sir Walter, jetzt wird's Zeit sein, unsern Freund zu mystifizieren. Zeigen sie ihm die schottische Flagge.

Der Lieutenant winkte dem Obersteuermann, und das rothe, himmelblau beränderte Tuch stieg wie eine Flamme am Hintertheil des Schiffes empor; aber kein Zeichen am Bord des unbekannten Schiffes deutete auf das geringste Interesse an diesem Manoeuver.

»Ja, ja!« brummte der Kapitän, »der englische Leopard hat den schottischen Bären Zähne und Klauen so stumpf gemacht, daß er ihn nicht mehr beachtet, und da er ohne Vertheidigung ist, hält er ihn für gezähmt. Zeigen sie ihm ein andres Sinnbild, Herr Walter, vielleicht lösen wir ihm die Zunge.«

»Welches, Kapitän?«

»Nehmen sie aufs Ohngefähr, der Zufall mag uns dienen.«

Kaum war diese Ordre erheilt, so senkte sich die schottische Flagge, und die sardinische nahm ihren Platz ein. Das Schiff blieb stumm.

»Vorwärts,« sagte der Kapitän, »es scheint Sr. Majestät der König Georg steht im guten Vernehmen mit seinem Bruder von Cypern und Jerusalem. Wir wollen sie nicht veruneinigen, indem wir den Scherz weiter treiben. Herr Walter, pflanzen sie die amerikanische Flagge auf und begründen sie diese mit einem Kanonenschuß.«

Dasselbe Manöver wiederholte sich, die himmelblaue Fahne mit den Löwenrachen und den silbernen Kreuz fiel aufs Verdeck, und die Sterne der vereinigten Staaten erhoben sich langsam, begleitet von einem Kanonenschuß gen Himmel. Was der Kapitän vorausgesehn hatte, geschah, bei diesem rebellischen Symptom, das sich so unverschämt in der Luft zeigte, verrieth das Schiff sein Incognito, indem es die Flagge von Großbritannien aufzog. Zugleich erschien eine Rauchwolke auf dem Flanken des royalistischen Schiffes, und eine Kanonenkugel, von Woge zu Woge springend, platzte hundert Schritt von der Indianerin.

»Lassen sie Appell schlagen, Herr Walter!« schrie der Kapitän, »sie sehn, wir haben's getroffen.« »Vorwärts, Jungen !« fuhr er fort, sich an die Equipage wendend, »Hurrah für Amerika! Tod für England!« Ein allgemeiner Schrei antwortete ihm, und hatte nicht aufgehört, als man am Bord des Drako Alarm schlagen hörte, denn das war der Name des Schiffes; der Tambour der Indianerin antwortete sogleich, und jeder rannte auf einem Posten; die Kanoniere zu ihren Stücken, die Officiere zu ihren Batterien, und die mit dem Manöver beauftragten Matrosen zu diesem. Der Kapitän stieg mit dem Sprachrohr aufs Hinterdeck, denn der Commandant führt gewöhnlich dieses Symbol des höchsten Ranges, den Scepter des Königs der Seefahrer, im Augen blick des Streits oder Sturms in der Hand.

Indessen hatten die Rollen gewechselt; jetzt war's der Brite, der Ungeduld zeigte und die amerikanische Fregatte, welche ruhig schien. Kaum waren die Fahrzeuge auf Schußweite, als eine Rauchwolke sich über die ganze Länge hin verbreitete, und ein Getöse, wie das Rollen des Donners ausbrach; die eisernen Boten aber, welche ausgesandt worden, den Rebellen den Tod zu geben, in ihrem Ungestüm schlecht berechnet, platzten an den Flanken der Fregatte. Uebrigens fuhr diese fort den Wind abzuschneiden, als ob sie nicht Antwort geben möge, und zwar so, daß sie dem Feind dadurch den Weg ersparte.

In diesem Augenblicke wendete sich der Kapitän zu einem nochmaligen raschen Ueberblick der Fregatte, und mit Verwunderung heftete sich ein Blick auf eine neue Person, die diesen erhabenen und schrecklichen Auftritt zu ihrem Aufenthalte in dieser Scene gewählt hatte.

Es war ein Jüngling zweiundzwanzig bis dreiundzwanzig Jahren, mit sanftem, blassen Gesicht, einfach aber elegant gekleidet, und welchen der Kapitän noch nicht an einem Bord kannte; er lehnte am Besanmast, mit in einander geschlagenen Armen, und sah mit schwermüthiger Gleichgültigkeit nach dem englischen Schiffe, daß sich mit vollen Segeln nahte. Ueber diese Ruhe in einem solchen Augenblick, und bei einem Menschen, der dem Waffendienst fremd schien, erstaunte der Kapitän; er erinnerte sich an den Gefangenen, den der Graf von Auray gemeldet, und in der letzten Nacht, die er in Port-Louis vor Anker lag, an seinen Bord hatte bringen lassen.

»Wer hat ihnen erlaubt, aufs Verdeck zu kommen, Herr?« fragte er so sanft als möglich, so daß man nicht mußte, ob seine Worte eine Frage war oder ein Vorwurf.

»Niemand, mein Herr!« antwortete der Gefangene mit sanfter, trauriger Stimme; »allein ich dachte, sie würden bei einer solchen Gelegenheit die Ordre, die mich zu ihrem Gefangenen macht, weniger streng beobachten.«

»Haben sie vergessen, daß es ihnen unterlag ist, mit der Equipage zu verkehren?«

»Das ist auch nicht meine Absicht, ich will blos sehn ob keine Kugel für mich bestimmt ist.«

»Da können sie bald finden, was sie suchen, wenn sie an diesem Platze bleiben. Darum, glauben sie mir, Herr, bleiben sie im unteren Schiffsraume.«

»Ist das ein Rath oder ein Befehl, Herr Kapitän?«

»Nehmen sie es wie sie wollen!«

»Dann danke ich Ihnen, und bleibe!« versetzte der junge Mann.

Ein neuer Kanonenschuß ließ sich hören; jetzt aber waren beide Schiffe kaum dreiviertel Länge auseinander, und der Eisensturm fuhr durch das Takelwerk der Indianerin. Zwei Spieren fielen herab, und man vernahm das Geschrei und die unterdrückte Klage mehrerer von der Mannschaft, Der Kapitän hatte die Augen auf den Gefangenen in diesem Augenblicke geheftet; eine Kanonenkugel ging zwei Fuß hoch über seinem Kopfe hinweg, splitterte den Besanmast, an welchem erlehnte, und trotz diesem Todeswink, blieb er in derselben stillen, ruhigen Stellung, als wäre der Flügel des Würgengels nicht über ihm hingefahren. Der Kapitän verstand sich auf Muth; diese Probe war ihm hinreichend, den Mann zu beurtheilen, den er vor sich hatte.

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