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Kitabı oku: «Die beiden Dianen», sayfa 6

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VIII.
Ein glückliches Carrousel

Die Schranken für die Festlichkeiten waren durch die Rue Saint-Antoine von den Tournelles bis zu den königlichen Ställen errichtet worden. Sie bildeten ein langes Viereck, begrenzt auf jeder Seite durch Gerüste, welche mit Zuschauern bedeckt waren; an einem Ende saßen die Königin und der Hof. Am entgegengesetzten Ende fand sich der Eingang der Bahn, wo die Kämpfenden den Anfang der Spiele erwarteten. Die Menge drängte sich auf den zwei andern Gallerien.

Als nach der religiösen Feier und dem darauf folgenden Mahle die Königin und der Hof gegen drei Uhr Nachmittags die ihnen vorbehaltenen Plätze einnahmen, erschollen die Vivat und Freudenrufe von allen Seiten.

Doch gerade dieses lärmende Freudengeschrei machte, daß das Fest mit einem Unglück anfing. Das Pferd von Herrn von Avallon, einem der Kapitäne der Leibwache, bäumte sich erschrocken über diesen Tumult, sprang in die Arena, sein sattelloser Reiter stürzte mit dem Kopf gegen eine von den hölzernen Schranken, welche die Bahn umgaben, wurde halbtodt aufgehoben und in einem beinahe verzweifelten Zustand den Händen der Wundärzte übergeben.

Der König war sehr ergriffen von diesem beklagenswerthen Unfall; doch seine Leidenschaft für die Spiele und Carrousels gewann bald die Oberhand über seinen Kummer.

»Dieser arme Herr von Avallon,« sagte er, »ein so treuer Diener! man soll ihn mit aller Sorge behandeln.«

Und er fügte bei:

»Vorwärts! man kann immerhin das Ringelstechen beginnen.«

Das Ringelstechen jener Zeit war ein wenig complicirter und schwieriger als das, welches wir kennen. Die Kniestütze, woran der Ring hielt, war ungefähr am Ende des zweiten Drittels der Bahn angebracht: man mußte im Galopp das erste Drittel, im gestreckten Galopp das zweite durchrennen und im Vorüberreiten bei diesem raschen Lauf den Ring mit der Lanzenspitze ausheben. Doch das Holz durfte vor Allem den Körper nicht berühren, man mußte es wagrecht, und den Ellenbogen hoch über dem Kopf halten. Dann durchritt man die Arena vollends im Trab. Der Preis war ein von der Königin gebotener Ring mit Diamanten.

Heinrich II. war auf seinem mit Gold und Sammet geschmückten Schimmel der zierlichste und gewandteste Cavalier, den man sehen konnte. Er hielt und handhabte seine Lanze mit seltener Anmuth und bewunderungswürdiger Sicherheit und verfehlte selten den Ring. Doch Herr von Vieilleville wetteiferte mit ihm, und es gab einen Augenblick, wo man glaubte, der Sieg würde diesem gehören. Er hatte zwei Ringe mehr als der König, und es blieben nur noch drei auszuheben. Doch Herr von Vieilleville als ein gut gelehrter Hofmann, verfehlte sie alle drei durch ein wunderbares Mißgeschick, und es war der König, der den Preis erhielt.

Als er den Ring in Empfang nahm, zögerte er einen Augenblick, und sein Blick richtete sich mit Bedauern auf Diana von Poitiers: doch die Gabe wurde von der Königin geboten, und er mußte sie der neuen Dauphine, Maria Stuart, der Gefeierten des Tages, überreichen.

»Nun!« fragte er im Zwischenakt, »hat man Hoffnung, Herrn von Avallon zu retten?«

»Sire, er athmet noch,« antwortete man, »doch es ist wenig Hoffnung vorhanden, ihn dem Tod zu entreißen.«

»Ach!« machte der König. »Gehen wir also zu dem Gladiatorenspiel über.«

Dieses Gladiatorenspiel war ein Scheingefecht mit Angriffen und Evolutionen, sehr neu und sehr selten in jener Zeit, das jedoch ohne Zweifel keinen auffallenden Eindruck auf die Einbildungskraft des Zuschauers unserer Tage und der Leser unseres Buches machen würde. Wir schicken daher zu Brantôme diejenigen, welche neugierig sein dürften, sie kennen zu lernen, die Märsche und Gegenmärsche dieser zwölf Gladiatoren, von denen sechs in weißen Atlaß und sechs in rothen, gemacht nach der römischen Antike, gekleidet waren, was in der That in einem Jahrhundert, wo man die locale Farbe noch nicht erfunden hatte, als sehr geschichtlich erscheinen mußte.

Sobald dieser schöne Kampf unter allgemeinem Beifall beendigt war, traf man die nothwendigen Vorkehrungen, um das Pfahlrennen zu beginnen.

Am Ende der Bahn, wo sich der Hof befand, waren mehrere Pfähle von fünf bis sechs Fuß in einer gewissen Entfernung von einander in die Erde eingerammt. Man mußte im Galopp ansprengen und sich in allen Richtungen um diese emporgerichteten Bäume wenden, ohne einen zu verfehlen und ohne einen zu überschreiten.

Von acht vollendeten Rennbahnen kamen drei dem König zu, und der Herr General Oberste von Bonnivet gewann ebenfalls drei. Die neunte und letzte sollte entscheiden; doch Herr von Bonnivet war nicht minder ehrfurchtsvoll als Herr von Vieilleville und trotz alles guten Willens seines Pferdes kam er erst als der Dritte an, und Heinrich gewann abermals den Preis.

Der König setzte sich zu Diana von Poitiers und befestigte öffentlich das Bracelet, das er empfangen hatte, an ihrem Arm.

Die Königin erbleichte vor Wuth.

Gaspard von Tavannes, der hinter ihr saß, neigte sich an das Ohr von Catharina von Medicis und sagte zu ihr:

»Madame, folgt mir wohl mit den Augen, wohin ich gehe, und seht, was ich thue.«

»Und was wirst Du thun, mein braver Gaspard?« sprach die Königin.

»Frau von Valentinois die Nase abschneiden,« antwortete Tavannes kalt und ernst.

Er schickte sich an, wegzugehen. Doch Catharina hielt ihn halb erschrocken, halb erfreut zurück.

»Gaspard, bedenkt, Ihr werdet gehängt.«

»Ich bedenke, doch ich rette den König und Frankreich.«

»Ich danke Gaspard,« versetzte Catharina, »Ihr seid ein muthiger Freund und ein kühner Soldat. Doch ich befehle Euch, zu bleiben, Gaspard, haben wir Geduld.«

Geduld! Das war in der That das Losungswort, das Catharina von Medicis bis jetzt ihrem Leben ohne Zweifel gegeben hatte. Diejenige, welche sich später so gern in die erste Reihe stellte, trachtete in jener Zeit, wie es schien, nie darnach, aus dem Schatten der zweiten hervorzutreten. Sie wartete. Und doch erfreute sie sich damals der Allmacht einer Schönheit, über welche uns Herr von Bourdeille die vertrautesten Mitheilungen zurückgelassen hat; aber sie vermied es vor Allem, in das Licht zu treten, und dieser Bescheidenheit hatte sie ohne Zweifel das völlige Stillschweigen zu danken, das die üble Nachrede über sie zu Lebzeiten ihres Gemahls beobachtete. Nur der brutale Connetable war keck genug, gegen den König zu bemerken, die zehn Kinder, welche Catharina Frankreich nach seiner zehnjährigen Unfruchtbarkeit gegeben, glichen sehr wenig ihrem Vater. Niemand außer ihm hätte die Vermessenheit gehabt, ein Wort gegen die Königin zu hauchen.

Es ist eine Thatsache, daß Catharina an diesem Tage wie gewöhnlich die Aufmerksamkeiten, mit denen der König, Diana von Poitiers, im Angesicht des ganzen Hofes, umgab, nicht einmal zu bemerken schien. Nachdem sie die auffallende Entrüstung des Marschalls beschwichtigt hatte, unterhielt sie sich mit ihren Damen über die stattgefundenen Spiele und über die Gewandtheit, welche Heinrich dabei entwickelte.

Die Tourniere sollten erst am andern und an den darauf folgenden Tagen stattfinden; doch mehrere Herren des Hofes baten den König, da die Stunde noch nicht sehr vorgerückt, um Erlaubniß, einige Lanzen zu Ehren und zum Vergnügen der Damen brechen zu dürfen.

»Es sei, meine Herren,« antwortete der König, »ich bewillige Euch das sehr gern, obgleich es vielleicht den Herrn Cardinal von Lothringen stören wird, der, wie ich glaube, nie eine so zahlreiche Correspondenz durchzuarbeiten gehabt hat, als seit den zwei Stunden, die wir hier sind. Schlag auf Schlag empfängt er Boten, die ihn ungemein zu beschäftigen scheinen. Doch gleichviel, wir werden nachher erfahren, was daran ist, und mittlerweile könnt Ihr ein paar Lanzen brechen. Hier ist ein Preis für den Sieger,« fügte Heinrich bei, indem er die goldene Kette, die er trug, vom Halse nahm. »Thut Euer Bestes, meine Herren; nehmt Euch jedoch in Acht, wenn der Kampf sich erwärmt, so könnte ich mich wohl darein mischen und wieder zu gewinnen suchen, was ich Euch biete, um so mehr, als ich Frau von Castro etwas schuldig bin. Merkt Euch auch, daß auf den Punk sechs Uhr der Kampf beendigt ist und der Sieger, wer es auch sein mag, gekrönt werden wird. Geht, Ihr habt eine Stunde, um uns Eure schönen Stöße zu zeigen, hütet Euch jedoch, daß Niemand Schlimmes widerfährt. Sagt indessen, wie geht es Herrn von Avallon?«

»Ach! Sire, er ist so eben verschieden.«

»Gott nehme seine Seele gnädig auf!« sprach Heinrich. »Von meinen Kapitänen der Garde war er vielleicht der eifrigste für meinen Dienst und der bravste. Wer wird ihn mir ersetzen? . . . Doch die Damen warten, meine Herren, und die Schranken werden sich öffnen.«

Der Graf von Pommerive hielt zuerst Stand; doch er mußte Herrn von Burie weichen, dem der Herr Marschall d’Amville sodann das Feld abgewann. Aber der Herr Marschall war sehr gewandt und kräftig und hielt sich beständig gegen fünf auf einander folgende Ritter.

Der König konnte sich nicht mehr bewältigen.

»Ei!« sagte er zu dem Marschall, »ich will doch sehen Herr d’Amville, ob Ihr für die Ewigkeit hier festgenietet seid.«

Er bewaffnete sich, und schon beim ersten Rennen verlor Herr d’Amville die Bügel. Nach ihm kam die Reihe an Herrn d’Aussun. Dann zeigte sich kein Kämpe mehr.

»Was ist denn das, meine Herren?« sprach Heinrich, »wie! Niemand will mehr gegen mich kämpfen? Schont man mich etwa?« rief der König die Stirne faltend. »Ah! Gottes-Tod! es gibt keinen König hier, außer dem Sieger, und keine Vorrechte, außer denen der Geschicklichkeit. Greift mich also an, meine Herren, greift mich kühn an.«

Doch Keiner wagte den Angriff des Löwen, denn man befürchtete gleich sehr, Sieger und Besiegter zu sein.

Der König wurde indessen sehr ungeduldig. Er fing an zu vermuthen, daß bei den vorhergehenden Wettstreiten seine Widersacher nicht alle ihre Mittel gegen ihn gebraucht hatten, und dieser Gedanke, der seinen Sieg in seinen eigenen Augen verkleinerte, erfüllte ihn mit Aerger.

Endlich kam ein neuer Kämpe durch die Schranken und Heinrich sprengte ihm, ohne nur zu sehen, wer er war entgegen. Die beiden Lanzen brachen sich, doch der König wankte im Sattel, nachdem er den Stumpf weggeworfen hatte, und war genöthigt, sich am Sattelbogen zu halten. Der Andere blieb unbeweglich. In diesem Augenblick schlug es sechs Uhr. Heinrich war besiegt.

Leicht und freudig stieg er vom Pferde, warf den Zügel einem Stallmeister zu und nahm den Sieger bei der Hand, um ihn selbst zur Königin zu führen. Zu seinem großen Erstaunen sah er ein ihm völlig unbekanntes Gesicht. Es war indessen ein stattlicher Cavalier von edler Miene, und die Königin, als sie das Geschmeide um den Hals des vor ihr knienden jungen Mannes schlang, konnte nicht umhin, dies zu bemerken und ihm zuzulächeln.

Er aber, nachdem er sich tief verbeugt hatte, erhob sich wieder, machte einige Schritte gegen die Estrade des Hofes, blieb vor Frau von Castro stehen und bot ihr das Halsgeschmeide den Preis des Siegers.

Die Fanfaren erschollen abermals dergestalt, daß man zwei Schreie nicht hörte, welche gleichzeitig aus Beider Mund kamen.

»Gabriel!«

»Diana!«

Ganz bleich vor Freude und Erstaunen nahm Diana das Halsgeschmeide mit zitternder Hand. Jedermann dachte, der unbekannte Cavalier habe den König Frau von Castro das Halsgeschmeide versprechen hören, und wolle eine so schöne Dame nicht um das ihr zugesagte Geschenk bringen. Man fand sein Benehmen galant und ganz eines guten Edelmannes würdig. Der König selbst nahm die Sache nicht anders.

»Das ist eine Artigkeit, die mich rührt,« sagte er. »Aber ich, von dem man annimmt, ich kenne alle Herren meines Adels, ich muß gestehen daß ich mich nicht erinnere, wo und wann ich Euch gesehen habe, und ich wäre doch sehr erfreut, zu wissen, wer mir so eben den harten Stoß gegeben, der mich, glaube ich, aus dem Sattel gehoben hätte, besäße ich nicht, Gott sei Dank, so feste Beine.«

»Sire,« erwiderte Gabriel, »es ist das erste Mal, daß ich die Ehre habe, mich in Gegenwart Eurer Majestät zu befinden. Ich war bis jetzt beim Heer, komme so eben aus Italien an und heiße Vicomte d’Ermès.«

»Vicomte d’Ermès!« versetzte der König, »gut ich werde mich nun des Namens meines Siegers erinnern.«

»Sire,« sprach Gabriel, »es gibt keinen Sieger, da wo Ihr seid, und ich überbringe Eurer Majestät den glorreichen Beweis hiervon.«

Er machte ein Zeichen, Martin-Guerre und die zwei Gewappneten traten mit den italienischen Fahnen in die Rennbahn und legten sie zu den Füßen des Königs nieder.

»Sire,« sagte Gabriel, »hier sind die in Italien durch Euer Heer eroberten Fahnen, welche der Herzog von Guise Eurer Majestät überschickt. Seine Eminenz der Herr Cardinal von Lothringen versicherte mich, Majestät werde mir keinen schlimmen Dank wissen, daß ich ihr so unvermuthet in Gegenwart des Hofes und des Volkes von Frankreich, als bei Eurem Siege betheiligter Zeugen, diese Beute zu Füßen lege. Sire, ich habe auch die Ehre, in Eure Hände die Briefe vom Herrn Herzog von Guise zu überreichen!

»Ich danke, Herr Vicomte d’Ermès,« sprach der König. »Das ist also das ganze Geheimnis der Correspondenz des Herrn Cardinals. Diese Briefe beglaubigen Euch bei unserer Person, Vicomte. Doch Ihr habt siegreiche Manieren, Euch selbst vorzustellen. Was lese ich? von diesen Fahnen habt Ihr vier in Person genommen. Unser Vetter von Guise hält Euch für einen seiner bravsten Kapitäne Herr d’Ermès, verlangt von mir, was Ihr wollt, und ich schwöre Euch, daß Ihr es auf der Stelle erhaltet.«

»Sire, Ihr seid allzu gnädig, und ich stelle Alles der Güte Eurer Majestät anheim.«

»Ihr seid Kapitän bei Herrn von Guise, mein Herr,« sprach der König, »gefiele es Euch, dies bei meinen Leibwachen zu sein? Ich war verlegen, wie ich Herrn von Avallon ersetzen sollte, der heute so unglücklich gestorben ist; doch ich sehe, er wird einen würdigen Nachfolger haben«

»Eure Majestät . . .«

»Ihr nehmt es an? es ist abgemacht. Tretet morgen in Function. Wir kehren nun in den Louvre zurück. Ihr werdet mir noch des Breiteren über die Einzelheiten dieses Krieges in Italien Mittheilung machen.«

Gabriel verbeugte sich.

Heinrich gab Befehl zum Aufbruch. Die Menge zerstreute sich unter dem Geschrei: Es lebe der König! Diana befand sich wie durch einen Zauber wieder einen Augenblick in der Nähe von Gabriel.

»Morgen im Cercle der Königin,« flüsterte sie ihm zu.

Sie verschwand von ihrem Ritter weggeführt; doch sie ließ im Herzen ihres alten Freundes eine göttliche Hoffnung zurück.

IX.
Man kann nicht an seinem Geschicke vorübergehen, ohne es kennen zu lernen

Der Cercle bei der Königin fand gewöhnlich nach dem Abendbrode statt; hiervon unterrichtete man Gabriel, indem man ihm zugleich mittheilte, seine Eigenschaft als neuer Kapitän der Leibwachen ermächtige ihn nicht nur, sondern verpflichte ihn sogar, sich dabei einzufinden. Er hütete sich wohl, gegen diese Pflicht zu verstoßen, und es war seine einzige Sorge, daß er vierundzwanzig Stunden warten sollte, ehe er sie erfüllen konnte. Man sieht, daß in Betreff des Eifers und des Muthes Herr von Avallon gut ersetzt war.

Doch es handelte sich darum, eine nach der andern diese vierundzwanzig ewige Stunden zu tödten, welche Gabriel vom ersehnten Augenblick trennten. Der junge Mann, den die Freude erquickte und der Paris kaum von einem Lager in das andere ziehend gesehen hatte, fing an, die Stadt mit Martin-Guerre zu durchlaufen, um eine anständige Wohnung zu suchen. Er hatte das Glück, die Wohnung, welche sein Vater der Graf von Montgommery einst innegehabt, leer zu finden. Er miethete sie, ob sie gleich etwas glänzend für einen einfachen Kapitän bei den Garden war. Doch Gabriel durfte nur an seinen treuen Elyot schreiben und ihn beauftragen ihm eine Summe von Montgommery zu schicken. Er würde auch seine gute Amme Aloyse auffordern zu ihm zu kommen.

Das erste Ziel von Gabriel war erreicht. Er war nun kein Kind mehr, sondern ein Mann, der schon seine Proben abgelegt, und mit dem man rechnen mußte; dem Glanz, der ihm von seinen Ahnen zukam, hatte er einen Ruhm der ihm persönlich war, beizugesellen gewußt. Allein und ohne eine andere Unterstützung, als die seines Muthes, war er mit vierundzwanzig Jahren zu einem hohen Grade gelangt. Er konnte sich endlich stolz derjenigen, welche ihn liebte, und denen, welche er hassen mußte, bieten. Diese zu erkennen, dazu vermöchte ihm Aloyse behilflich zu sein; jene hatte ihn erkannt.

Gabriel entschlummerte mit zufriedenem Herzen.

Am anderen Tage sollte er sich bei Herrn von Boisy, dem Oberstallmeister von Frankreich, einfinden, um seine Adelsproben zu übergeben. Herr von Boisy, ein redlicher Mann, war der Freund des Grafen von Montgommery gewesen. Er begriff die Gründe von Gabriel, einen wahren Titel verborgen zu halten, und verpfändete sein Ehrenwort, das Geheimniß zu bewahren. Hierauf stellte ihn der Herr Marschall d’Amville seiner Compagnie vor. Gabriel fing unmittelbar seinen Dienst damit an, daß er die Staatsgefängnisse von Paris besuchte und inspizierte, ein peinlicher Auftrag, der einmal in jedem Monat von ihm zu versehen war.

Er begann mit der Bastille und endigte mit dem Chatelet.

Der Gouverneur übergab ihm die Liste seiner Gefangenen, nannte ihm diejenigen, welche gestorben, krank, versetzt oder freigelassen waren, und ließ sie dann vor ihm die Revue passieren, eine traurige Revue, ein düsteres Schauspiel. Er glaubte geendigt zu haben, als ihm der Gouverneur des Chatelet in seinem Register eine beinahe weiße Seite zeigte, welche nur folgende seltsame, für Gabriel sehr auffallende Note enthielt.

Nro. 21. X . . . Gefangener in geheimem Gewahrsam. Versucht er es nur, bei dem Besuch des Gouverneur oder des Kapitäns der Leibwachen zu sprechen, so hat man ihn in einen tieferen, härteren, Kerker zu bringen.

»Wer ist dieser so wichtige Gefangene? Darf man es wissen?« fragte Gabriel Herrn von Salvoison, den Gouverneur des Chatelet.

»Niemand weiß es,« antwortete der Gouverneur, »ich habe ihn von meinem Vorgänger übernommen, wie dieser ihn von dem seinigen übernommen hat. Ihr seht auf dem Register, daß das Datum seines Eintrittes weiß gelassen ist. Man muß ihn unter der Regierung von Franz I. gebracht haben. Zwei- oder dreimal hat er es, wie man mir sagt, versucht, zu sprechen. Doch beim ersten Wort muß der Gouverneur, bei den schwersten Strafen, die Thüre seines Gefängnisses schließen und ihn in einen härteren Kerker bringen lassen, was auch geschehen ist. Es ist nun nur noch ein Kerker übrig, der schrecklicher wäre, als der seinige, und dieser Kerker wäre der Tod. Man wollte es wahrscheinlich dahin kommen lassen, doch der Gefangene schweigt jetzt. Ohne Zweifel ist es ein furchtbarer Verbrecher. Er bleibt beständig gefesselt, und um sogar der Möglichkeit einer Entweichung zuvor zukommen, geht sein Schließer jede Minute in sein Gefängniß.«

»Doch er hat mit dem Schließer gesprochen?« sagte Gabriel.

»Oh! man hat einen Taubstummen für ihn genommen, der im Chatelet geboren ist und dieses nie verlassen hat.«

Gabriel schauerte. Dieser so völlig von der Welt der Lebenden getrennte Mensch, der jedoch lebte und dachte, flößte ihm ein Mitleid ein, das mit einem gewissen Abscheu gemischt war. Welcher Gedanke oder welcher Gewissensbiß welche Furcht vor der Hölle oder welches Vertrauen zum Himmel konnten ein so unglückliches Wesen abhalten, sich die Hirnschale an den Mauern seines Kerkers zu zerschmettern? War es eine Hoffnung oder eine Rache, was ihn noch an das Leben kettete?

Gabriel empfand eine Art von unruhiger Begierde, diesen Menschen zu sehen; sein Herz schlug, wie es bis jetzt nur in den Augenblicken geschlagen hatte, wo er Diana wiedersehen sollte. Er hatte hundert Gefangene mit einem alltäglichen Mitleid besucht. Doch dieser zog ihn an und rührte ihn mehr als alle Andere, und die Angst schnürte ihm seine Brust zusammen, indem er an dieses grabartige Dasein dachte.

»Gehen wir in Nro. 21,« sprach er mit seltsam bewegtem Tone zu dem Gouverneur.

Sie stiegen mehrere schwarze, feuchte Treppen hinab und durchschritten verschiedene Gewölbe, den gräßlichen Spiralen der Hölle von Dante ähnlich. Dann blieb der Gouverneur vor einer eisernen Thüre stehen und sprach:

»Es ist hier. Ich sehe den Wächter nicht, ohne Zweifel ist er im Gefängniß; doch ich habe doppelte Schlüssel. Treten wir ein.«

Er öffnete in der That, und sie traten beim Schimmer einer Laterne, welche ein Schließer in der Hand hielt, ein.

Gabriel sah nun ein schweigsames, furchtbares Gemälde, wie man es nur beim Alpdrücken des Deliriums sieht.

Als Wände überall Stein, schwarzer, moosiger, übelriechender Stein; denn dieser finstere Ort war tiefer ausgehöhlt als das Bett der Seine, und das Wasser erfüllte ihn halb bei größerem Steigen. Auf diesen dunkeln Wänden krochen klebrige Thiere; die eisige Luft wiederhallte von keinem Geräusch, wenn nicht von dem eines Wassertropfens, der regelmäßig und dumpf von dem häßlichen Gewölbe herabfiel.

Etwas weniger als dieser Wassertropfen, etwas mehr als diese unbeweglichen Schnecken lebten hier zwei menschliche Geschöpfe, das eine das andere bewachend, Beide düster und stumm.

Der Schließer, eine Art von Simpel, ein Riese mit dummem Auge und bleicher Gesichtsfarbe stand im Schatten und betrachtete mit albernem Blick den Gefangenen, der in einer Ecke, die Hände und die Füße mit einer in die Mauer genieteten Kette gefesselt, auf einem elenden Strohlager ausgestreckt lag. Es war ein Greis mit weißem Bart und weißen Haaren. Als man eintrat, schien er zu schlafen und rührte sich nicht; man hatte ihn für einen Leichnam oder für eine Bildsäule halten können. Doch plötzlich setzte er sich auf, öffnete die Augen, und sein Blick heftete sich auf den Blick von Gabriel.

Es war ihm verboten, zu sprechen; doch dieser furchtbare und zugleich herrliche Blick sprach. Gabriel war bezaubert davon. Der Gouverneur untersuchte mit dem Schließer alle Winkel des Kerkers. Wie an den Boden genagelt, rührte sich Gabriel nicht von der Stelle; er blieb ganz niedergeschmettert durch diese Flammenaugen und konnte sich nicht davon losmachen, während sich zu gleicher Zeit eine ganze Welt seltsame unaussprechlicher Gedanken in ihm regte.

Der Gefangene schien seinen Besuch ebenfalls nicht gleichgültig zu betrachten, und es gab einen Augenblick, wo er eine Gebärde machte und den Mund öffnete, als wollte er reden; doch der Gouverneur hatte sich umgewendet, er erinnerte sich zu rechter Zeit des Gesetzes, das ihm vorgeschrieben war, und seine Lippen sprachen nur durch ein bitteres Lächeln. Er schloß dann die Augen wieder und versank in seine steinerne Unbeweglichkeit.

»Oh! gehen wir von hier weg,« sprach Gabriel zum Gouverneur. »Ich bitte, gehen wir weg, ich muß Luft einathmen und die Sonne sehen.«

Er erlangte in der That seine Ruhe und so zu sagen sein Leben erst wieder, als er sich auf der Straße, mitten unter dem Geräusch der Menge fand. Auch da war die düstere Erscheinung noch in seinem Innern, und sie verfolgte ihn den ganzen Tag, während er nachdenkend die Grève entlang ging.

Irgend ein Etwas sagte ihm, das Schicksal dieses unglücklichen Gefangenen stehe mit dem seinigen in Berührung und er sei an einem großen Ereigniß seines Lebens hingegangen. Ermüdet endlich durch diese geheimnißvollen Ahnungen, wandte er sich, als der Abend herannahte, den Tournelles zu. Die Turniere des Tages, an denen Gabriel nicht hatte Theil nehmen wollen, endigten sich. Gabriel konnte Diana erschauen und wurde von ihr erschaut, und dieser doppelte Blick zerstreute den Schatten aus seinem Herzen, wie ein Sonnenstrahl die Wolken zerstreut. Gabriel vergaß den düsteren Gefangenen den er am Tage gesehen, um nur noch an die blendende Jungfrau zu denken, die er am Abend sehen sollte.

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06 aralık 2019
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