Kitabı oku: «Die Taube», sayfa 11
»Ich verlor keine Zeit, um meinen Auftrag auszuführen, ich miethete ein Schiff von Varacas, das sich in dem Hafen von Palermo befand, und welches dem Herrn Don Juan von Carrathal angehörte, der so gütig war, es mir abzutreten. Als dieser erste Punkt abgemacht war, suchte ich den edlen Don Berengar de la Sarria auf, der eine sehr edle Dame zur Gattin hatte, die Frau Agnes von Adri hieß, und die zwei und zwanzig Kinder hatte. Ich bat genannten Herrn Don Berengar, der einer meiner Freunde war, mir seine Frau zu leihen, um den Herrn Infanten Don Sancho ihrer Pflege anzuvertrauen. Er war so gütig, mir meine Bitte zu bewilligen, worüber ich sehr zufrieden war, zuvörderst, weil Frau Agnes sehr gut, sehr fromm, von sehr edler Herkunft war und sich herrlich auf Kinder verstehen zu müssen schien, da sie, wie ich bemerkt, deren eine so schöne Anzahl gehabt hatte. Nun wählte ich sechs andere Damen, von denen jede noch ein Kind an der Brust hatte, damit, wenn einer die Milch ausgehen sollte, die andern sie ersetzen könnten, und ich nahm sie mit ihren Kindern, damit ihre Milch nicht verdorben würde. Da nun der Herr Infant Don Sancho bereits eine Amme hatte, die von Cardana war, und die ihn herrlich verpflegte, so verschaffte ich mir noch zwei andere für einen etwaigen Unglücksfall, und außerdem schiffte ich noch eine Ziege ein. Als endlich alle diese Maßregeln getroffen, dachte ich an meine eigene Ueberfahrt, rüstete mein Schiff gut aus, indem ich es mit alle dem versah, was zu unserer Nahrung und zu unserer Vertheidigung nöthig war. Ich bemannte es mit hundert und zwanzig Kriegern, von denen jeder in Bezug auf Muth und Adel soviel als drei gewöhnliche Männer werth war. Ich ließ meine ganze Mannschaft sich auf dem Verdecke aufstellen, und forderte Don Luiz de la Trueba auf, mir den Herrn Infanten an dem Thore von Catania zu übergeben, wo ich ihn erwartete.
»Nach Verlauf einer Stunde sah ich ihn erscheinen, von alle dem begleitet, was er an portugisischen, catalonischen und lateinischen Rittern, angesehenen Bürgern oder Herrn von Adel hatte versammeln können; als er sich mir gegenüber befand, wandte er sich nach ihnen um, und indem er ihnen den Herrn Infanten zeigt, den er in seinen Armen trug, sagte er zu ihnen: »– Meine Herren, erkennt Ihr, daß dieses Kind der Infant Don Sancho, der Sohn des Königs Alphons II. von Portugal und der Donna Sancha, seiner Gemahlin ist?«
»Und alle antworteten:
»– Ja, zuverlässig! Denn wir haben seiner Taufe beigewohnt, haben ihn dann seit dieser Zeit fast täglich gesehen und gekannt, und wir erklären als etwas Zuverlässiges, daß dieses Kind wirklich der Infant Don Sancho ist.«
»Nun reichte er mir den Herrn Infanten; ober ich wollte ihn nicht nehmen, bis man ihn in Gegenwart Aller entkleidet hatte, um mich zu versichern, daß man ihn mir gesund an Körper und in gutem Stande übergebe, wovon ich mich, wie Jedermann überzeugen konnte. Da aber der Herr Infant während dieser Verrichtung drei bis vier Mal gehustet hatte, so trug ich Sorge, auf meinem Empfangsscheine zu bemerken, daß man ihn mir mit einem Husten behaftet übergeben hätte, hierauf drückte ich mein Siegel neben meine Unterschrift, und gab diese Entlastungsurkunde Don Luiz de la Trueba. Als Alles dieses beendigt, nahm ich nun auch den Herrn Infanten in meine Arme, und trug ihn von mehr als sechs Tausend Personen gefolgt, welche mich bis in den Hafen begleiteten, aus der Stadt, legte ihn auf dem Schiffe in die Arme seiner Amme, welche die sechs Damen nicht aus den Augen. verlieren sollten, über welche Frau Agnes die Aufsicht hatte. Und alle machten das Zeichen des Kreuzes über ihn und segneten ihn.
»In diesem Augenblicke kam, ein Bote des Königs von Sicilien an Bord, welcher im Auftrage seines Herrn zwei Kleider von Goldtuch für den Henri Infanten überbrachte. Dann gingen wir ohne Verzug unter Segel. Das war am ersten des Monats April, im Jahre der Gnade 1218.
»In Tropani angelangt, empfing ich Briefe, in welchen man mir sagte, ich solle mich wohl vor vier bewaffneten Galeeren in Acht nehmen, auf denen afrikanische Sarazenen in diesem Meer, kreuzten, und die portugiesischen, genuesischen und catalonischen Schiffe belauerten, welche in großer Anzahl zwischen Sardinien und Sicilien segelten. Ich ließ dem zu Folge mein Schiff verstärken, versah es mit der besten Ausrüstung und der größten Anzahl von Mannschaft, die nur möglich war, und stach wieder vertrauensvoll auf die Weisheit Gottes, der über die Könige wacht, in See, so daß wir ohne Gefahr und bei dem schönsten Wetter von der Welt nach der Insel Saint Pierre gelangten.
»Während dieser ersten Ueberfahrt gestattete der Herr, daß weder der Herr Infant noch irgend Jemand von seinem Gefolge unwohl war.
»Wir blieben sieben und zwanzig Tage auf der Insel; als sich dann vier und zwanzig genuesische und catalonische Schiffe uns angeschlossen hatten, welche dieselbe Reise machten, als wir, segelten wir an einem heiligen Sonntage mit einander ab, nachdem wir frommer Weise die Messe auf dem Lande gehört hatten.
»Nach den drei ersten Tagen der Verfahrt wurden wir von einem schrecklichen Sturme überfallen. Meine erste Sorge war, auf das Verdeck zu gehen und alle nöthigen Befehle zu ertheilen. Ich erinnerte den Steuermann, daß er außer uns, die wir nur demüthige Sünder wären, ein königliches und kostbares Pfand am Bord hätte. Der Steuermann antwortete, daß er all sein Möglichstes thun würde, um den Herrn Infanten, dann uns und endlich sich selbst zu retten. Nun ging ich wieder in die Kajüte der Frauen hinab, um zu sehen, wie Alles sich zutrüge.
»Alles ging hin auf das Schlimmste, die einen hatten die Seekrankheit, und lagen wie Leichen zu Bett, die andern halten vor Entsetzen den Kopf verloren, und schrien, daß ihre Milch gerinnen würde. Unter all diesem Lärme suchte ich die Amme, sie saß an eine Wand gelehnt, mit herabhängenden Armen, starren Augen, und hatte den Herrn Infanten von ihrem Schooße auf den Boden gleiten lassen, wo er für sich allein ein weit lauteres Geschrei ausstieß, als alle Frauen mit einander.
»Ich nahm ihn ehrerbietig in meine Arme und suchte irgend Jemand, dem ich ihn übergeben, könnte; aber alle Frauen, Frau Agnes mit inbegriffen, waren in einem solchen Zustande von Erschlaffung oder Schrecken, daß ich nur mir selbst vertrauen wollte. Da der Sturm fortdauerte, und statt abzunehmen immer mehr zunahm, so befahl ich aller Mannschaft, die nicht mit der Leitung des Schiffes beschäftigt war, zu beten, dann ließ ich mir den Herrn Infanten um den Leib befestigen; um mit ihm unterzugehen oder mich mit ihm zu retten, und da er fortfuhr zu weinen, so fing ich an zu glauben, daß es nicht die Seekrankheit, sondern vielmehr der Hunger wäre, der ihn zum Weinen bringe. Ich setzte mich daher an den Fuß des großen Mastes, und indem ich die Ziege kommen ließ, näherte ich ihr den Herrn Infamen, welcher, sobald er die,Zitzen fühlte, aufhörte zu weinen und zu saugen begann, als ob er sein ganzes Leben nichts anderes gethan hätte. Jetzt segnete ich inbrünstig den Himmel, mich nicht auf Frau Agnes, auf Weine drei Ammen und auf meine sechs Damen verlassen zu haben, um mich zu begleiten.
»Der Sturm dauerte so während des ganzen Tages und der ganzen Nacht. Während dieses Zwischenraumes verließ ich den Herrn Infanten keinen Augenblick, indem ich ihn in meinen Armen wiegte, wenn er schlief, und ihn an die Ziege hielt, sobald er den kleinsten Schrei ausstieß. Gott gestattete, daß während dieser ganzen Zeit weder der Herr Infant, noch ich, noch die Ziege die Seekrankheit hatten. Als der Tag anbrach, begann das Wetter sich zu bessern, und das war eine große Gnade, welche uns der Himmel angedeihen ließ, denn unser Schiff begann leck zu werden, und sieben Schiffe unseres Gefolges waren untergegangen.
»Allmählich erholte sich jeder wieder; Frau Agnes kam zuerst wieder zu sich, dann die drei Ammen, dann die sechs Damen; was die Säuglinge anbetrifft, so waren, da sich Niemand darum bekümmert hatte, unter acht drei gestorben, und zwei fand man weder todt noch lebendig wieder. Man vermuthete, daß die Todten erstickt worden, und die Abwesenden in das Meer gefallen wären.
»Was den Herrn Infanten anbetrifft, so befand er sich durch die Gnade Gottes und die Sorge, welche ich für ihn gehabt hatte, vortrefflich.
»Ich übergab ihn den Händen der Frau Agnes, welche ihn nicht wieder nehmen wollte, indem sie sagte, daß sie dessen unwürdig wäre, aber ich drang sehr in sie, und sie gab nach.
»Von diesem Augenblicke an wurde der Wind günstig, und vierzehn Tage nachher landeten wir bei Mafra in Estramadura.
»Sobald wir das Land betreten, ließ ich der Frau Königin Mutier, welche sich in Coimbra aufhielt, melden, daß ich in Mafra mit dem Herrn Infanten, ihrem Enkel, gelandet wäre, und daß ich mich auf den Weg begäbe, zu ihr zu kommen, sobald der Herr Infant sich ein wenig ausgeruht haben würde. Da das Wetter regnerisch war, so beschäftigte ich mich sogleich damit, eine Sänfte machen zu lassen. Es war eine Art von Palankin mit einer Wachstuche bedeckt, damit er dem Regen nicht zugänglich wäre, und darüber mit einem rothen Sammetstoffe verziert. Ich ließ darin eine Matratze ausbreiten, auf welcher sechs Männer von gewöhnlicher Größe Platz gehabt hätten, die Amme legte sich mit ihren schönsten Kleidern darauf, und neben sie der Herr Infant, dem ich eines der Kleider von Goldtuch anziehen ließ, welche ihm der König von Sicilien geschenkt hatte, zwanzig Mann trugen ihn theils an Stöcken, theils an Gurten. Nach einen Marsch von zwei Tagen begegneten wir vier Stunden vor Leria Herrn Raimund von Sagardia mit zehn Reitern, welche uns von den beiden Königinnen gesandt waren, nämlich von der Königin Wittwe von Portugal und der Königin von Majorca, ihrer Tochter, und wir setzten die Reise mit ihnen fort. Als wir bei Pombal anlangten, kamen die Angesehensten der Stadt, da wir durch eine Schlucht gehen mußten, und nahmen die Stöcke und die Gurte aus den Händen der Träger, und trugen den Herrn Infanten über die Schlucht, dem meine Erfindung dermaßen behagte, daß er während der ganzen Reise höchstens drei bis vier Male täglich weinte.
»An dem Thore der Stadt Coimbra und vor der über den Mondego geschlagenen Brücke fanden wir, wie in Pombal, die Rathsherren und Verordneten der Stadt von vier Gerichtsboten begleitet, welche uns zu empfangen kamen. Sie nahmen die Stöcke in ihre Hände und die Gurten um ihren Hals, und wir zogen mit großen Ehren in die Stadt ein, hierauf gingen wir nach dem Schlosse, wo sich die Frau Königin, die Großmutter des Herrn Infaten, und die Königin von Majorca, seine Tante befanden. Beide erwarteten uns auf dem höchsten Thurme, und sobald sie sahen, daß wir nach dem Schlosse hinaufstiegen, kamen sie bis an das Thor herab. Da sie nun beide genöthigt gewesen waren, sich auf eine steinerne Bank zu setzen, so groß war ihre Freude, nahm ich den Herrn Infanten in meine Arme, und voll wahrhafter Wonne, ein so mühseliges Unternehmen glücklich beendet zu haben, trug ich ihn vor die Königinnen. – Möge Gott Euch eben so viel Freude bewilligen, meine Kinder, sagte der alte Ritter, indem er seine Erzählung unterbrach und die Hände ausstreckte, als wolle er diejenigen segnen, welche ihn umgaben, wie diese edlen Damen hatten, da sie ihren Enkel und ihren Neffen so gesund und so artig mit seinem kleinen lachenden und schönen Gesichte, in einem catalonischen Mantel und in einem Ueberwurf von Goldtuch gekleidet sahen. – Nun, fuhr der Greis fort, dessen Augen sich mit Thränen netzten und dessen Stimme bei dieser Erinnerung bebte, kniete ich nieder, küsste den Königinnen die Hand und ließ auch den Herrn Infanten die Hand seiner Großmutter küssen. Sie wollte ihn in ihre Arme nehmen, aber nun that ich einen Schritt zurück und sagte zu ihr: »Gnädige Frau, mit Eurer gütigen Erlaubnis, seid nicht ungehalten auf mich, aber so lange als ich keinen Empfangsschein in gehöriger Form für den Herrn Infanten habe, wie ich selbst einen ausgestellt habe, werdet Ihr ihn nicht berühren, wenn. Ihr auch die Jungfrau Maria in Person wäret.« Die Königin begann bei diesen Worten zu lachen und sagte zu mir, daß sie mein Verfahren in der Ordnung fände. Nun fragte ich: »Gnädige Frau, befindet sich ein Statthalter des Herrn Königs hier?« Die Königin antwortete mir: »Ja, Herr,« und sie ließ ihn näher treten. Ich fragte ferner, ob der Amtmann, der Landrichter und die Bürgermeister der Stadt Coimbra aus dem Schlosse anwesend wären. Sie antworteten: »Hier sind wir.« Denn alle die, welche ich genannt hatte, waren an die Sänfte gespannt. Ich verlangte noch einen öffentlichen Notar, und er fand sich wie die andern, denn alle die, welche irgend einen Namen oder irgend ein Amt bekleideten, hatten sich beeilt, uns entgegen zu kommen. Es befanden sich überdem und außer denen, welche ich genannt bade, eine große Anzahl von Rittern und angesehenen Männern von Coimbra gegenwärtig. Als Alle versammelt waren, ließ ich Frau Agnes, dann die drei Ammen, dann die sechs Damen der Begleitung kommen, und fragte sie in Gegenwart der Königinnen drei Male: »Ist dieses Kind, das ich in meinen Armen halte, wirklich der Herr Infant Don Soncho, der Sohn Don Alphons II., Königs von Portugal, und der Donna Sancha, seiner Gemahlin?« Und Alle antworteten: »Ja!« Und über diese erste Erklärung ließ ich den dem Notar eine öffentliche Urkunde ausnehmen; hierauf sagte ich zu der Frau Königin, der Großmutter des Herrn Infanten: »Gnädige Frau, glaubt Ihr, daß dieses Kind, das ich in meinen Armen halte, der Herr Infant Don Sancho, Sohn Don Alphons II, König von Portugal ist?« Ich stellte dieselbe Frage drei Mal an sie, und drei Male antwortete sie mir: »Ja,« und ich ließ über dieses Wort sogleich eine zweite Urkunde von dem Notar ausfertigen. Dann fügte ich ferner hinzu: »Gnädige Frau, erklärt Ihr in Eurem Namen, im Namen des Königs Don Alphons und der Königin Donna Sancha, mich für gut und für gerecht und für gänzlich des königlichen Pfandes entlastet zu halten, das mir in der Person des Herrn Infanten übergeben worden ist?« Und sie antwortete mir: »O! ja, Herr, und Gott ist mein Zeuge, daß ich glaube, daß es, weder in Portugal, noch in Castilien, noch in ganz Spanien, ja in der ganzen Welt einen getreueren und biedereren Mann gibt, als Ihr es seid, und daß ich es im Angesichte Aller erkenne.« Nun wandte ich mich nach den Anwesenden um und fragte sie, ob sie die Wort« gehört hätten, welche die gute Königin mir gesagt, und ob sie es vorkommenden Falles eidlich erhärten würden, und Alle riefen aus: »Ja! ja,« Da ich mich nun für entbunden hielt, so übergab ich den Herrn Infanten der Königin Mutter, die ihn mehr als zehn Mal küßte, so vergnügt war sie, einen Enkel zu haben.
»Was mich anbetrifft, fuhr der Greis fort, so ging ich wieder nach Palästina, zu dem gnädigen Herrn Alphons II. mit zwei Hundert Mann zu Fuß und fünfzig Pferden, die ich nicht mit dem Gelle des Königs von Majorca geworben, sondern auf meinen eigenen Gütern erhoben hatte.
»Und jetzt, schloß der Greis, wißt Ihr Alle, warum ich eine so große Liebe zu dem Könige Don Sancho habe; weil er mir so große Mühe gekostet und so großen Schrecken verursacht hat, habe ich Liebe zu ihm gefaßt, wie zu meinem eigenen Kinde, obgleich er mich nicht immer wie seinen Vater betrachtet hat.«
In diesem Augenblicke ging die Thür auf, und ein mit Staub bedeckter Herold erschien auf der Schwelle. Es war der, welcher vor dem Thore des Schlosses gegen die Mitte der Erzählung des Don Martin von Freytas in das Hörn geblasen hatte. Als er ihn erblickte, stand der Greis auf um ihn zu empfangen, und gab ihm einen Wink einzutreten, aber der Bote blieb regungslos an der Thür stehen, und indem er ein Zeichen mit der Hand gab, um Schweigen zu gebieten, sagte er:
– Ihr, Herr Martin von Freytas, Gouverneur des Schlosses Horta, und Ihr Alle, Ritter, Knappen oder Bürger, hört.
Da der König Don Sancho II. der Krone, welche er entehrte, für unwürdig erklärt worden ist, so hat es Gott gefallen, ihn durch die Vermittlung der edlen Verbündeten zur Absetzung zu verurtheilen, die er verdient bat, und seinen Bruder, Herrn Alphons III. an seiner Stelle zu erwählen.
Die edlen Verbündeten senden mich dem zu Folge zu Euch, Herr Don Martin von Freytas, und an alle Gouverneure von Schlössern, Plätzen und Vesten, um Euch zu benachrichtigen, daß sie Euch von dem Schwure der Treue entbinden, den Ihr dem Herrn Don Sancho, ehemaligem Könige von Portugal, geleistet habt.
– Was Ihr da sagt, Herr Herold, kann Andere angehen, aber nicht mich, denn ich habe einen besonderen Schwur, der mich bindet, und ich kann nur den eigenen Händen des Herrn Don Sancho, den ich immer für meinen König halte, die Schlüssel des Schlosses la Horta übergeben.
Der Herold setzte seinen Weg fort, und Don Martin von Freytas ließ hinter ihm die Thore wieder verschließen um die Wachen zu verdoppeln.
II
Sehen wir jetzt, was in Lissabon zwischen Don Sancho II. und den Großen seines Reiches vorgefallen war.
Der Adel war in dem Rathsaale versammelt, und erwartete den König Sancho II., um mit ihm die Angelegenheiten des Reichs zu beraten. Plötzlich ging die Thür auf, und man sah, statt dem Könige, seinen Günstling, Don Hernand von Alméida in einem Reitanzug, ein Horn an der Seite und eine Peitsche in der Hand erscheinen; er kam, um zu melden, daß der Herr König den Rath nicht präsidieren könne, da er am folgenden Morgen früh aufbräche, um in seinen Wäldern von Sarzedar und Castel Branco zu jagen, und daß er, ganz mit diesen wichtigen Vorbereitungen beschäftigt, sich nicht mit dm Staatsangelegenheiten beschäftigen könne.
Dieser Botschaft, deren sich der Günstling mit seinem gewöhlichen Uebermuthe entledigte, folgte sogleich nach seinem Aufbruche ein schreckliches Murren in der ganzen Versammlung. In der That, Don Sancho konnte keinen, verhaßteren Boten für eine übermüthigere Botschaft wählen. Don Hernand, den er zum Grafen von Alméida erhob, war, ohne von gänzlich niedriger Geburt zu sein, mindestens von so neuem Adel, daß, den alten portugiesischen Namen gegenüber, denen er ihn hatte gleich machen wollen, sein ganz neuer Name ein Makel war. Es war, wie man sagte, der Milchbruder Alphons Henriquez, ersten Königs von Portugal und Großvater Don Sanchos, der ihn von Burgund, wo er geboren war, mitgebracht hatte, als er im Jahre 1228 seine Mutter, Therese von Castilien, der Regentschaft des Reiches beraubte, und sich zum Grafen, und bald darauf zum Könige von Portugal ernennen ließ. Seit dieser Zeit hatten der Sohn und der Enkel Guimarens dem Sohne und dem Enkel Alphons Henriquez ohne Zweifel mit Treue, aber doch nicht mit so viel Auszeichnung gedient, um Don Sancho zu berechtigen, ihn so zur Höhe der ersten Häuser von Estramadura zu erheben, indem er ihn zum Grafen von Alméida ernannte. Diese Gunst hatte freilich eine Ursache, aber die Ursache selbst schien diesen edlen Herren abscheulich und schändlich. Der König war seit drei Jahren in Maria, die Schwester Don Hernands, verliebt, und man versicherte, daß die plötzliche Erhebung des Günstlings eine Folge der Gefälligkeit gewesen wäre, die er gehabt, die Liebschaft des Königs mit seiner Schwester zu begünstigen, und obgleich diese fern von dem Hofe zurückgezogen lebte und sich wirklich in keine Intrigue mischte, so hatte dennoch der Adel, da Don Sancho besonders seit drei Jahren die Sorge für die Angelegenheiten seines Reiches vernachlässigt, oder jedes Mal, daß er sich darein mischte, es zur großen Unzufriedenheit des ganzen Adels gethan hatte, die reine Liebe der Schwester und die eigennützige Günstlingsschaft des Bruders mit demselben Hasse umgeben, so daß der Mund, welcher sich öffnete, um den einen zu verfluchen, sich selten wieder schloß, ohne zugleich die andere zu verwünschen.
Doch war Maria rein von jedem Makel und unschuldig an allem Bösen. In der Zurückgezogenheit, in welcher sie von ihrer Mutter erzogen worden war, und in der sie bei deren Grabe zu bleiben fortfuhr, hatte sie Don Sancho gesehen ohne zu wissen, daß er der König war, und da dieser zu bemerken geglaubt, daß er durch seine Jugend, seine edle Miene und seine Artigkeit einigen Eindruck auf die schöne Klausnerin gemacht, so hatte er von ihrem Bruder Don Hernand verlangt, daß ihr seine Geburt und sein Rang fortwährend unbekannt bliebe. Maria hatte ihn daher immer, wo nicht als ihres Gleichen denn, ebenso bescheiden, als ihr Bruder stolz war, hatte sie nicht, wie er, ihre niedrige Abstammung vergessen, sondern wie einen Adeligen betrachtet, dessen Adel aber doch nicht hoch genug sei, um eine unüberschreibare Schranke zwischen sie zu setzen. In diesem Glauben nun hatte sie ihn geliebt, und Don Sancho theilte ihr erst späterhin mit, daß sie einen König liebte.
Nun hatte der Schmerz der armen Maria keine Grenzen mehr, in ihren Augen war sie nur noch ein verlorenes Mädchen. In allen ihren eigenen Augen war sie nur noch ein verlorenes Mädchen. In allen ihren Erinnerungen sah sie die Maitressen der Könige dem Abscheu der Völker gewidmet, die ihnen immer die Fehltritte zuschieben, welche von Königen herrühren, und selbst ihre Unglücksfälle, welche vom Himmel kamen. Als ihr daher der König Don Sancho, um sie von ihrer Betrübniß zu zerstreuen, vorgeschlagen hatte, sie von Santarem nach Lissabon zu führen, und ihr dort Diener, Pagen und einen Palast zu geben, hatte sie seine Anerbietungen beharrlich ausgeschlagen, und dieser glänzenden Schande die Einsamkeit vorgezogen, in welcher sie, wenn auch nicht ohne Gewissensbisse lieben, doch zum Mindesten ohne Zeugen weinen konnte. Aber so gut Maria auch durch ihre Zurückgezogenheit verschleiert sein mochte, so war sie dennoch den Blicken der Unzufriedenen nicht entgangen, welche seit drei Jahren, da sie das Vermögen und den Einfluß Don Hernands hatten wachsen sehen, der Ursache dieser auffallenden Gunst nachgeforscht hatten, und sie in der Liebe seiner Schwester gefunden zu haben meinten. Von nun an waren alle Fehler, alle Schwächen, alle Beleidigungen des Königs dem verderblichen Einflusse Marias zugeschrieben worden, und da Don Sancho, von Natur aus schwach und träg, fast die gänzliche Leitung des Reiches Don Hernand überlassen hatte, so sah man den Einfluß der Schwester in dem Unvermögen des Bruders, und man verwünschte die quelle, aus der sie gestoßen war, mehr noch, als die Gewalt, welche von ihr ausging.
Man wird also nicht über die Wirkung erstaunt sein, welche das Erscheinen Don Hernands von Alméida auf der Schwelle der Thür, durch welche man den König eintreten zu sehen erwartete, auf den ersten Adel des Reiches hervorbrachte. Da nun aber die Botschaft, mit welcher er beauftragt, nicht solcher Art war, um die Gefühle des Hasses zu verringern, den bereits Jeder gegen ihn hegte, so brach die allgemeine Unzufriedenheit nach seinem Verschwinden aus; aber dieser ganze Sturm von Worten und von Drohungen legte sich, wie er sich erhoben hatte, als Don Manrique von Carvajal die Hand ausstreckte und Schweigen verlangte.
Das kam daher, weil Don Manrique,von Carvajal einer jener Männer war, welche allen Achtung gebieten. Von edler Abstammung, tapfer im Kriege, weise im Rathe, wäre er unter jedem andern Könige, als dem Könige Don Sancho, die Seele des Reiches gewesen. Aber das ist das Unglück der Schwachen oder arglistigen Regierungen, daß Alles, was stark oder bieder ist, ihr Feind wird. Don Manrique von Carvajal streckte also die Hand aus und sagte:
»Meine Herren, der König Don Sancho, den Gott erhalten wolle, hat unsere heutige Rathssitzung in seinem Palaste aufgelöst. Ich lade Euch Alle, so viel Ihr Eurer seid, zu einer Rathssitzung bei Nacht in meinem Hause ein. Dort werden wir einen von uns erwählen, um den Vorsitz zu führen, und wir werden einen Entschluß über das zu fassen suchen, was für die Ehre des Adels und das Wohl des Reiches nothwendig ist. Bis dahin keine Ausrufe, die uns verrathen konnten, keine Drohungen, welche unsere Feinde aufmerksam machen könnten. Laßt uns ruhig sein, und wir werden gerächt werden, laßt uns einig sein, und wir werden, stark sein.«
Nun hatte sich die ganze Versammlung mit Würde und Schweigen zerstreut, und der König, welcher mit Don Hernand von Alméida, hinter einem Vorhange verborgen, sie sich entfernen sah, glaubte da noch ergebene und gehorsame Diener zu sehen, wo es bereits nur noch Rebellen und Verschworene gab.
Die Nacht verfloß dem Anscheine nach ruhig, nichts störte den Schlaf des Königs, kein Traum überbrachte ihm das Echo der schrecklichen Worte, welche man in diesem entscheidenden und nächtlichen Rathe, der in dem Hause Don Manriques von Carvajal gehalten wurde, über ihn aussprach, und dennoch wurde Alles abgemacht, beschlossen und entschieden, als ob seit der Erschaffung der Welten das Urtheil mit der ehernen Feder des Schicksales in das ewige Buch eingeschrieben gewesen wäre.
Am Morgen, in dem Augenblicke, wo Don Sancho gestiefelt, gespornt und ganz bereit zu Pferde zu steigen, sein Zimmer verließ, begegnete er Herrn von Leria, welcher Erzbischof von Evora war. Der König runzelte die Stirn, denn er hatte gesagt, daß er Niemand empfangen wollte.
– Sire, sagte der Erzbischof zu ihm, möge Euer Zorn auf mich allein fallen, denn ich habe Euch hier trotz Allem erwartet, und Pagen und Diener haben Alles gethan, was sie gekonnt, damit ich mich entfernen möchte. Aber ich hatte im Namen des Adels Eures Reiches mit Eurer Hoheit zu sprechen.
– Und was wünscht er? fragte der König.
– Er wünscht zu wissen, ob es nicht Euer Belieben wäre, heute, statt auf die Jagd zu gehen, den Vorsitz in, Rathe zu führen; die Angelegenheiten, von denen die Rede sein sollte, sind dringend und dulden keinen Aufschub.
– Herr von Evora, antwortete der König, bekümmert Euch um die Einziehung der Einkünfte Eures Erzbisthumes, das, Gott sei Dank, eines der reichsten nicht allein von Alentejo, sondern auch des ganzen König, reiches ist, und laßt mich meine Geschäfte als König besorgen.
– Und gerade weil Ihr sie nicht besorgt, Sire, bin ich an Euch abgesandt, um Euch zu sagen, daß aus aller dieser Schwäche und aus aller dieser Vernachlässigung Euch ein Unglück erwachsen wird. Das Leben eines Königs, Sire, gehört den mühseligen Angelegenheiten der Politik und des Krieges, und nicht den Vergnügungen der Liebe und den Belustigungen der Jagd.
– Und, darf ich wissen, antwortete der König, gnädiger Herr, worin das Unglück gesteht, das mir zustoßen wird, wenn ich dem Rathe nicht Folge leiste, dem Ihr so gütig seid mir im Namen meines Adels zu geben?
– Dieses Unglück, Sire, besteht darin, daß Ihr eines Abends, wenn Ihr von dem Besuche Eurer Geliebten oder von der Jagd zurückkehrt, die Thore von Lissabon für Jedermann offen, aber für Euch geschlossen finden werdet.
– Dann, gnädiger Herr, erwiderte Don Sancho verächtlich lachend, werde ich nach Coimbra gehen; Portugal ist reich an königlichen Städten, und es ist eine Krone, die mehr als eine Perle hat.
– Coimbra wird wie Lissabon verschlossen sein, Sire.
– Dann wird mir Setuval bleiben.
– Setuval wird wie Coimbra verschlossen sein.
– Nun denn! sagt meinem Adel, erwiderte der König, daß, wenn es mein Belieben gewesen wäre, heute meinen Rath zu halten, ich ihn auf acht Tage verschoben hätte, so sehr wäre ich begierig, dergleichen Dinge zu sehen.
– Ihr werdet sie sehen, Sire, antwortete der Erzbischof von Evora.
Nachdem er sich hierauf vor dem Könige verneigt, verließ er das Zimmer mit derselben Ruhe und mit derselben Würde, welche er bei diesem letzten, bei Don Sancho versuchten Schritte beobachtet, dessen Nutzlosigkeit er leider erkannt hatte.
Der König seinerseits stieg mit seinem Günstling zu Pferde, ritt durch die ganze Stadt, ohne irgend eine Veränderung zu bemerken, und schlug darauf den Weg nach Santarem ein, wo seine Geliebte wohnte.
Don Sancho fand Maria an diesem Tage trauriger, aber trotzdem noch liebevoller als gewöhnlich. Der König bemerkte gleich beim Eintritte diese Traurigkeit; indem er vor dem jungen, auf einem maurischen Divan sitzenden Mädchen stehen blieb, sagte er zu ihr:
– Maria, wenn die Wolken die Sterne verschleiern, so haucht der König des Himmels und die Wolken zerstreuen sich und die Sterne glänzen. Werde ich es denn niemals ebenso für Dich thun können, ich, der ich ein König der Erde bin? Hat irgend Jemand gewagt, Dich zu beleidigen, Maria? nenne mir ihn, wäre es auch mein Bruder Alphons, beim Himmel! er sollte mir Rechenschaft über diese Beleidigung geben.
–Nein, lieber Herr, antwortete Maria, indem sie den Kopf schüttelte und zwei Perlen fallen ließ, welche an den Wimpern ihrer Äugen zitterten, nein, Niemand hat mich beleidigt, und Ihr müßt nur mich selbst bestrafen, die ich eine Sinnlose bin, mich nicht glücklich zu fühlen, da doch so viele Frauen stolz sein würden, an meiner Stelle zu sein.
– Versuche nicht mich zu täuschen, Maria, sagte Don Sancho, ich weiß, daß Deine Engelsseele Dich verzeihen läßt. Aber die Verzeihung macht die Verräther dreist, denn man ist ein Verräther an seinem König, wenn man das nicht liebt, was er liebt. Das ist auch Deine Schuld, Maria; wenn Du an den Hof gekommen wärst, statt in dieser Einöde zu bleiben, so hätten sie Dich näher gesehen, sie hätten Dich gekannt, und dann hätten sie Dich wie ich angebetet. Aber es ist noch Zeit, meins süße Sonne komm, und sobald Du leuchten wirst, wird man Deine Strahlen fühlen.
– O! weit davon entfernt, gnädiger Herr! Rief Maria aus, indem sie mit stehender Stimme die Hände faltete, wenn ich eine Gnade von Euch zu erbitten hätte, so wäre es im Gegentheile, mir zu erlauben, mich in ein Kloster zurückzuziehen und nicht länger so zwischen Euch und Eurem Volke zu bleiben, denn es wird uns Beiden daraus ein Unglück erwachsen, Sire.
– Siehst Du wohl, daß Du mich täuschest, Maria, und daß irgend ein Elender Dir diesen Rath gegeben haben wird! Im Namen des Himmels, Maria, nenne mir den, der Dir zu drohen gewagt hat.
– Die Drohung, wenn es eine wäre, gnädiger Herr, würde von zu hoch herkommen, als daß Ihr denjenigen erreichen könntet, von dem sie herrührt. . . Aber beruhigt Euch, Sire, es ist keine Drohung, es ist ein Traum.
– Ein Traum, Maria! Dann bedaure ich, den Rabbiner Ismael nicht mitgebracht zu haben, er legt die Träume wie Joseph aus und hätte Dir gesagt, was der Deinige bedeute.