Kitabı oku: «Kleine Romane und Novellen», sayfa 5
VII
Man wird leicht begreifen, dass das Gerücht von solchen Taten nickt auf den Gerichtsbezirk des Dorfes Bauso beschränkt blieb, es war daher auch in ganz Sizilien nur die Rede von dem kühnen Räuber, der sich der Feste Castelnuovo bemächtigt hatte, und der von dort aus, gleich einem Adler von seinem Horste, sich auf die Ebene herabließ, bald um die Großen anzugreifen, bald um die Kleinen zu verteidigen. Unsere Leser werden sich daher auch nicht verwundern, den Namen unseres Helden in den Sälen des Fürsten von Butera aussprechen zu hören, der in seinem Hotel des Marineplatzes ein Fest gab.
Bei dem Charakter, den wir an dem Fürsten kennen, wird man begreifen, was ein von ihm gegebenes Fest sein musste. Besonders dieses da übertraf wahrhaft alles das, was die Einbildungskraft am meisten Glänzende des träumen kann. Es war etwas wie ein arabisches Märchen; die Erinnerung daran hat sich daher auch in Palermo verewigt, obgleich Palermo die Stadt der Zaubereien ist.
Man stelle sich glänzende, gänzlich von der Decke bis zu dem Fußboden mit Spiegeln bedeckte Säle vor, von denen die einen in belaubte Gänge mit getäfelten Fußböden führten, von deren Gipfel die schönsten Trauben von Syracus und Lipari herabhingen, die andern zu Plätzen von blühenden und Früchte tragenden Orangen- und Granatbäumen gebildet, die ersten dienten für die englischen Tänze, die andern für die französischen Contretänze. Was die Walzer anbelangt, so reihten sie sich um zwei unermessliche Marmorbassins, von denen jedes eine prachtvolle Wassergarbe in die Luft sprühte. Von diesen verschiedenen Tanzsälen gingen mit Goldsand bestreute Wege aus.
Diese Wege führten nach einem kleinen, mit silbernen Springbrunnen umgebenen Hügel, die alle Erfrischungen enthielten, welche man wünschen konnte, und von Bäumen beschattet waren, welche statt natürlicher Früchte, überzuckerte Früchte trugen. Endlich befand sich auf dem Gipfel dieses Hügels, den zu ihm führenden Wegen gegenüber, ein viereckiger Schenktisch, der beständig mittelst eines inneren Mechanismus frisch besetzt wurde. Was die Musikanten anbetrifft, so waren sie unsichtbar, und nur der Klang der Instrumente gelangte bis zu den Gästen; man hätte es für ein von Luftgeistern gegebenes Fest halten können.
Jetzt stelle man sich, um diese zauberische Dekoration zu beleben, die schönsten Frauen und die reichsten Kavaliere von Palermo in Charakterkostümen vor, von denen die einen glänzender oder wunderlicher als die andern waren, die Maske vor dem Gesicht oder in der Hand, diese würzige Luft einatmend, sich an den unsichtbaren Melodien berauschend, von Liebe träumend oder sprechend, und man wird noch weit davon entfernt sein, sich von diesem Feste ein Bild gleich den Erinnerungen zu entwerfen, das bei meiner Durchreise nach Palermo, das heißt zwei und dreißig Jahre nach dem Ereignisse, die Personen bewahrt, welche ihm beigewohnt hatten.
Unter den Gruppen, welche in diesen Alleen und in diesen Sälen kreisten, befand sich besonders eine, welche die Blicke der Menge weit mehr auf sich zog; das war die, welche sich im Gefolge der schönen Gräfin gebildet hatte, und die sie wie eine Sonne ihre Trabanten nach sich zog; sie war so eben mit einer Gesellschaft von fünf Personen angekommen, welche, wie sie, das Kostüm der jungen Frauen und der jungen Adeligen angenommen hatte, die auf der prächtigen, von dem Pinsel Orgagnas an den Wänden des Campo Santo in Pisa zu sehen sind, singend und fröhlich, während der Tod an ihre Türe klopft. Dieser so ungekünstelte und zugleich so elegante Anzug des dreizehnten Jahrhunderts schien von Gemma ausdrücklich gewählt, um das herrliche Verhältnis ihrer Formen hervortreten zu lassen, und sie schritt unter einem Murmeln der Bewunderung von dem Fürsten Butera selbst geführt heran, der, als Mandarin verkleidet, sie an der Eingangstüre empfangen hatte und ihr vorausging, um sie, wie er sagte, der Tochter des Kaisers von China vorzustellen. Da man vermutete, dass es irgend eine neue, von dem Wirte aufgesparte Überraschung wäre, so folgte man dem Fürsten eifrig, und das Gefolge wuchs mit jedem Schritte. Er blieb vor einer von zwei chinesischen Soldaten bewachten Pagode stehen, die auf ein Zeichen die Türe eines gänzlich mit ausländischen Gegenständen geschmückten Zimmers öffneten, in dessen Mitte auf einer Erhöhung in einem prachtvollen chinesischem Kostüme, das allein dreißig Tausend Franken gekostet hatte, die Fürstin von Butera saß, welche, sobald sie die Gräfin erblickte, ihr von einem ganzen Hofe von Officieren Mandarinen und Magots, gefolgt, von denen die einen glänzender, mürrischer oder possierlicher waren als die andern, entgegenging. Diese Erscheinung hatte etwas so Orientalisches und Fantastisches, dass sogar diese ganze, an Luxus und Pracht gewöhnte Gesellschaft in Erstaunen ausbrach. Man umringte die Fürstin, man berührte ihr mit Edelsteinen gesticktes Kleid, man ließ die goldenen Glöckchen ihres spitzigen Hutes läuten, und einen Augenblick lang wendete sich die Aufmerksamkeit von der schönen Gemma ab, um sich ganz auf die Herrin vom Hause zu richten. Jeder sagte ihr Artigkeiten und bewunderte sie, und unter den übertriebensten Schmeichlern und Bewunderern befand sich der Hauptmann Altavilla, den der Fürst zur großen Betrübnis seines Haushofmeisters fortwährend bei seinen Mittagessen empfing, und der, ohne Zweifel als eine Verkleidung, seine Staatsuniform angelegt hatte.
– Nun! sagte der Fürst von Butera zu der Gräfin von Castelnuovo, was sagen Sie zu der Tochter des Kaisers von China?
– Ich sage, antwortete Gemma, dass es für seine Majestät Ferdinand den IV. ein großes Glück ist, dass sich der Fürst von Carini in diesem Augenblicke in Messina befindet, da er mit dem Herzen, das ich an ihm kenne, für einen Blick der Tochter leicht dem Vater Sizilien ausliefern könnte, was uns zwingen würde, eine neue Vesper gegen die Chinesen zu veranstalten.
In diesem Augenblicke näherte sich der Fürst von Moncada-Paterno als calabresischer Räuber verkleidet der Fürstin.
– Werden Eure Hoheit mir erlauben, in meiner Eigenschaft als Kenner ihr prachtvolles Kostüm zu untersuchen?
– Erhabene Tochter der Sonne, sagte der Hauptmann Altavilla, indem er auf den Fürsten deutete, nehmen Sie Ihre goldenen Glöckchen in Acht, denn ich sage Ihnen, dass Sie mit Pascal Bruno zu tun haben.
– Die Fürstin würde vielleicht bei Pascal Bruno weit mehr in Sicherheit sein, sagte eine Stimme, als bei einem gewissen Santa-Fede meiner Bekanntschaft. Pascal Bruno ist ein Mörder und kein Spitzbube, ein Bandit und kein Beutelschneider.
– Gut geantwortet, sagte der Fürst von Butera.
Der Hauptmann biß sich in die Lippen.
– Apropos, fuhr der Fürst de la Cattolica fort, kennen Sie seine letzte Heldentat?
– Wessen?
– Pascal Bruno’s.
– Nein, was hat er gethan?
– Er hat die Geldsendung angehalten, welche der Fürst von Carini nach Palermo sandte.
– Mein Lösegeld! sagte der Fürst von Paterno.
– O! mein Gott, ja, Excellenz, es scheint nun einmal den Ungläubigen bestimmt.
– Den Teufel! wenn nur der König nicht verlangt, dass ich ihm ein zweites Mal dafür stehe! erwiderte Moncada.
– Möge Eure Excellenz sich beruhigen, sagte dieselbe Stimme, welche bereits Altavilla geantwortet hatte: Pascal Bruno hat nur drei Tausend Unzen genommen.
– Und woher wissen Sie das, Herr Albanese? sagte der Fürst de la Cattolica, der sich neben demjenigen befand, der gesprochen hatte, und der ein hübscher junger Mann von sechs und zwanzig bis acht und zwanzig Jahren im Kostüme von Vina7 war.
– Ich habe es sagen hören, antwortete der Grieche nachlässig, indem er mit seinen Yatagan spielte; wenn aber Eure Exzellenz bestimmtere Auskünfte wünscht, so ist hier ein Mann, der sie ihr geben kann.
Der, den man so der öffentlichen Neugierde bezeichnete, war Niemand anders, als unser alter Bekannter, Paolo Tommasi, der, ein Sclav seines Auftrages, sich gleich nach seiner Ankunft zu der Gräfin von Castelnuovo hatte führen lassen, und der, da er sie nicht zu Haus fand und wusste, dass sie auf dem Feste war, sich seiner Eigenschaft als Abgesandter des Vizekönigs bedient hatte, um in die Gärten des Fürsten von Butera zu dringen, in einem Augenblicke ward er zum Mittelpunkt eines unermesslichen Kreises und der Gegenstand von Tausend Fragen. Aber Paolo Tommasi war, wie wir gesehen haben, ein Tapferer, der sich nicht so leicht einschüchtern ließ; er begann daher damit, der Gräfin den Brief des Fürsten zu übergeben.
– Fürst, sagte Gemma, nachdem sie das empfangene Schreiben gelesen hatte, Sie ahnten nicht, dass Sie mir ein Abschiedsfest gäben, der Vizekönig befiehlt mir, mich nach Messina zu begeben, und als getreue Untertanin werde ich mich morgen auf den Weg machen. Ich danke, mein Freund, fuhr sie fort, indem sie Paolo Tommasi ihre Börse gab, Sie können sich jetzt entfernen.
Tommasi versuchte die Erlaubnis der Gräfin zu benutzen, aber er war zu sehr umringt, um sich so leicht zurückzuziehen. Er musste sich auf Gnade oder Ungnade ergeben, und die Bedingung seiner Freiheit war die genaue Erzählung seines Zusammentreffens mit Pascal Bruno.
Wir müssen ihm die Gerechtigkeit widerfahren lassen, dass er sie mit der ganzen einfachen Offenherzigkeit des wahren Mutes erzählte; er sagte, ohne etwas hinzuzufügen, seinen Zuhörern, wie er zum Gefangenen gemacht, wie er nach der Feste Castelnuovo geführt worden wäre, wie er ohne Erfolg auf den Banditen geschossen hatte, und wie endlich dieser ihn freigelassen, indem er ihm ein prachtvolles Pferd zum Ersatz dessen geschenkt, das er verloren hatte.Jedermann hörte diese Erzählung, welche das Gepränge der Wahrheit trug, mit dem Schweigen der Aufmerksamkeit und des Glaubens an, mit Ausnahme des Hauptmannes Altavilla, welcher einige Zweifel über die Wahrhaftigkeit des rechtschaffenen Brigadiers erhob, aber glücklicher Weise für Paolo Tommasi kam ihm der Fürst von Butera selbst zu Hilfe.
– Ich möchte wetten, sagte er, dass Nichts wahrer ist, als das, was dieser Mann so eben erzählt hat, denn alle diese Umstände scheinen mir vollkommen dem Charakter Pascal Brunos angemessen.
– Sie kennen ihn also? sagte der Fürst von Moncada-Paterno.
– Ich habe eine Nacht mit ihm zugebracht, antwortete der Fürst von Butera.
– Und wo das?
– Auf Ihren Gütern.
, Nun war die Reihe an dem Prinzen; er erzählte, wie Pascal und er einander unter dem Kastanienbaum der Hundert Pferde begegnet wären, wie er, der Fürst von Butera, ihm Dienste angeboten, die er ausgeschlagen, und wie er ihm drei Hundert Unzen geliehen hätte. Bei diesem letzten Zuge vermochte Altavilla seine Lustigkeit nicht zu unterdrücken.
– Und Sie glauben, dass er sie Ihnen zurückerstatten wird, gnädiger Herr? sagte er zu ihm.
– Ich bin davon überzeugt, antwortete der Fürst.
– Da wir einmal daran sind, fiel die Fürstin von Butera ein, befindet sich noch niemand in der Gesellschaft, der Pascal Bruno gesehen, und mit ihm gesprochen hat? Ich habe die Räubergeschichten für mein Leben gern, sie verursachen mir so ein angenehmes Grausen.
– Die Gräfin Gemma von Castelnuovo, sagte der Albanese.
Gemma erbebte, alle Blicke richteten sich auf sie, wie um sie zu befragen.
– Wäre es wahr? rief der Fürst aus.
– Ja, antwortete Gemma erbebend, aber ich hatte es vergessen.
– Um so besser, erinnert er sich daran, murmelte der junge Mann.
Man drängte sich um die Gräfin, welche sich vergebens dagegen sträuben wollte; sie musste gleichfalls den Auftritt erzählen, mit welchem wir diese Geschichte eröffnet haben, sagen, wie Bruno in ihr Zimmer gedrungen war, wie der Fürst auf ihn geschossen hatte, und wie er, um sich zu rächen, am Tage der Hochzeit in die Villa gedrungen, und den Gatten Theresas getötet hatte; diese Geschichte war die schrecklichste von allen, sie ließ daher auch in dem Geiste der Zuhörer eine tiefe Erschütterung zurück. Es war, als ob ein Schauder die ganze Versammlung überlief, und wenn nicht diese Toiletten, und dieser Schmuck gewesen wären, so hätte man nicht geglaubt, einem Feste beizuwohnen.
– Bei meiner Ehre, sagte der Hauptmann Altavilla, indem er zuerst das Schweigen brach, der Bandit bat das größte seiner Verbrechen begangen, indem er das Fest unseres Wirtes so traurig macht; ich hätte ihm seine andern Missetaten verzeihen können, aber wegen dieser da, ich schwöre es bei meinen Epauletten, werde ich Rache an ihm nehmen, und von diesem Augenblicke an widme ich mich seiner Verfolgung.
– Sprechen Sie im Ernste, Hauptmann Altavilla? sagte der Albanese.
– Ja, bei meiner Ehre, und ich versichere hier, dass ich nichts so sehr wünsche, als mich ihm gegenüber zu befinden.
– Das ist etwas Mögliches, sagte der Albanese nachlässig hin.
– Dem, welcher mir diesen Dienst erwiese, fuhr Altavilla fort, würde ich . . .
– Es ist unnötig eine Belohnung festzusetzen, Hauptmann, ich kenne einen Mann, der Ihnen diesen Dienst umsonst erzeigen wird.
– Und wo könnte ich diesen Mann antreffen? erwiderte Altavilla, indem er ein Lächeln des Zweifels offeriere.
– Wenn Sie mir folgen wollen, so mache ich mich anheischig es Ihnen zu sagen. – Und bei diesen Worten entfernte sich der Albanese, wie um den Hauptmann aufzufordern ihm nachzugehen.
Der Hauptmann zögerte einen Augenblick, aber er war zu weit gegangen, um zurückzutreten, aller Augen waren auf ihn gerichtet, er sah ein, dass die geringste Schwäche seinen Ruf stürzen würde; außerdem hielt den Vorschlag für einen Scherz.
– Nun denn, rief er aus, Alles zu Ehren der Damen! Und er folgte dem Albanesen.
– Wissen Sie. wer dieser junge, als Grieche verkleidete Kavalier ist? Sagte die Gräfin mit bebender Stimme zu dem Fürsten von Butera.
– Nein, bei meiner Seele, antwortete der Fürst, weiß es Jemand? Alle blickten einander an; aber Niemand antwortete.
– Mit Ihrer Erlaubnis, sagte Paolo Tommasi, indem er die Hand an seinen Hut legte, ich weiß es.
– Und wer ist es, mein wackerer Brigadier?
– Pascal Bruno, gnädiger Herr! Die Gräfin stieß einen Schrei aus und sank in Ohnmacht. Dieser Vorfall machte dem Feste ein Ende.
Eine Stunde nachher hatte sich der Fürst von Butera in sein Zimmer zurückgezogen, und ordnete vor seinem Schreibtische einige Papiere, als der Haushofmeister mit triumphierender Miene eintrat.
– Was gibt es, Giacomo? sagte der Fürst.
– Ich hatte es Ihnen wohl gesagt, gnädiger Herr. . .
– Sprich, was hattest Du mir gesagt?
– dass Ihre Güte ihn dreist mache.
– Wen denn?
– Den Hauptmann Altavilla.
– Was hat er denn getan?
– Was er getan hat, gnädiger Herr? . . .
Zuvörderst wird Eure Exzellenz sich erinnern, dass ich Sie benachrichtigt habe, dass er regelmäßig sein silbernes Besteck in seine Tasche steckte.
– Ja» weiter?
– Verzeihung, und Eure Exzellenz hat geantwortet, dass, so lange er nur das seinige einstecke, nichts dagegen zu sagen wäre.
– Ich erinnere mich dessen.
– Wohl an! heute, gnädiger Herr, scheint es, dass er nicht allein das seinige, sondern auch noch die seiner Nachbarn eingesteckt hat, denn es fehlen acht.
– Dann ist es etwas anderes, sagte der Fürst.
Er nahm ein Blatt Papier und schrieb:
»Der Fürst Herkules von Butera hat die Ehre, den Hauptmann Altavilla zu benachrichtigen, dass, da er nicht mehr zu Haus zu Mittag isst, und sich durch diesen unvorhergesehenen Umstand des Vergnügens beraubt sieht, ihn künftig hin zu empfangen, er ihn bittet, die Kleinigkeit anzunehmen, welche er ihm als eine geringe Schadloshaltung für die Störung übersendet, welche dieser Entschluss in seinen Gewohnheiten verursachen wird.«
– Da, fuhr der Fürst fort, indem er den Haushofmeister fünfzig Unzen8 übergab, Sie werden morgen diesen Brief und dieses Geld dem Hauptmann Altavilla überbringen.
Giacomo, welcher wusste, dass nichts einzuwenden war, sobald der Fürst gesprochen hatte, verneigte sich und verließ das Zimmer; der Fürst fuhr ruhig fort seine Papiere zu ordnen, als er dann nach Verlauf von zehn Minuten ein Geräusch an der Türe seines Kabinetts hörte, erhob er den Kopf, und erblickte eine Art von Calabresischen Landmann auf der Schwelle seines Zimmers stehen, der seinen Hut in der einen, und ein Bündel in der andern Hand hielt.
– Wer ist da? sagte der Fürst.
– Ich, gnädiger Herr, sagte eine Stimme.
– Wer, Du?
– Pascal Bruno.
– Warum kommst Du?
– Zuvörderst, gnädiger Herr, sagte Pascal Bruno, indem er näher trat und seinen Hut voller Gold auf dem Schreibtische ausleerte, zuvörderst komme ich, um Ihnen die drei Hundert Unzen zu bringen, welche Sie mir so gefälliger Weise geliehen haben, Sie haben die Ihnen angegebene Bestimmung erfüllt; das abgebrannte Wirtshaus ist wieder aufgebaut.
– Ah, ah! Du bist ein Mann von Wort, nun denn! es freut mich.
Pascal verneigte sich.
– Sodann, fügte er nach einer kurzen Paust hinzu, komme ich, um Ihnen acht silberne Löffel und Gabeln mit Ihrem Wappen und Ihrem Namenszuge zurückzugeben, welche ich in der Tasche des Hauptmannes gefunden habe, der sie Ihnen wahrscheinlich gestohlen hatte.
– Bei Gott! sagte der Fürst, es ist merkwürdig, dass sie mir durch Dich wieder zukommen. Und jetzt, was befindet sich in diesem Bündel?
– In diesem Bündel befindet sich der Kopf eines Elenden, der Ihre Gastfreundschaft missbraucht hat, und den ich Ihnen als einen Beweis meiner Ergebenheit, die ich Ihnen geschworen habe, überbringe.
Bei diesen Worten knüpfte Pascal Bruno das Taschentuch auf, und indem er den Kopf des Hauptmanns Altavills bei den Haaren nahm, stellte er ihn ganz blutig auf den Schreibtisch des Fürsten.
– Was Teufel willst Du, dass ich mit einem solchen Geschenke mache? sagte der Fürst.
– Was Ihnen beliebt, gnädiger Herr, antwortete Pascal Bruno. Hinauf verneigte er sich und verließ das Zimmer.
Einen Augenblick lang blieb der Fürst von Butera die Augen auf diesen Kopf geheftet, allein, indem er sich in seinem Sessel schaukelte und sein Lieblingslied pfiff; sodann schellte er; der Haushofmeister erschien wieder.
– Giacomo, sagte der Fürst, es ist unnötig, dass Sie morgen früh zu den Hauptmann Altavills gehen; zerreißen Sie den Brief, behalten Sie die fünfzig Unzen, und werfen Sie dieses Aas auf den Mist.
VIII
Zu der Zeit, wo sich die Ereignisse zutragen, welche wir erzählen, das heißt gegen den Anfang des Jahres 1804, befand sich Sizilien noch in jenem fast rohen Zustande, aus dem es der Aufenthalt des Königs Ferdinand und die Besetzung der Engländer ein wenig gezogen haben; die Straße, welche heute zu Tage von Palermo nach Messina über Taormino und Catanea geht, war noch nicht gebaut, und die einzige, welche, zwar noch bei weitem nicht gut, aber doch fahrbar war, um sich von der einen Hauptstadt nach der andern zu begeben, war die, welche längs des Meeres über Termini und Cefalu ging, und die, für ihre neue Nebenbuhlerin verlassen, heut zu Tage eben nur noch von Künstlern besucht wird, welche dort die herrlichen Aussichten suchen, die sie fast bei jeden Schritte entfaltet. Die einzige Art und Weise, auf dieser Straße zu reisen, auf welcher kein Postdienst eingerichtet war, war daher ehedem wir jetzt, das Maultier, die Sänfte mit zwei Pferden, oder sein eigener Wagen mit im Voraus abgesandtem Vorspanne, der von fünfzehn Stunden zu fünfzehn Stunden aufgestellt war, so dass die Gräfin Gemma von Castelnuovo, im Augenblicke der Abreise nach Messina, wohin zu kommen ihr der Fürst von Carini geschrieben hatte, genötigt war, zwischen diesen drei Mitteln zu wählen. Die Reise auf einem Maultier war zu ermüdend für sie, die Reise in der Sänfte bot außer dem Unannehmlichkeiten dieses Beförderungsmittels, von denen das hauptsächlichste die Langsamkeit ist, noch das Unangenehme die Seekrankheit zu verursachen, die Gräfin entschied sich daher ohne alles Zögern für den Wagen, und sandte Vorspannpferde voraus, die sie auf den vier Stationen erwarten sollten, welche sie auf der Reise zu machen gedachte, nämlich in Termini, in Cefalu, in Santa-Agata und in Melazzo.
Außer dieser ersten Vorsichtsmaßregel, welche einfach und allein die Weiterschaffung anging, war der Eilbote beauftragt eine zweite zu treffen, welche darin bestand, an den benannten Punkten soviel Lebensmittel als möglich aufzuhäufen, eine wichtige Vorsichtsmaßregel, die wir denen nicht genug anempfehlen können, welche in Sizilien reisen, wo man in den Wirtshäusern buchstäblich nichts zu essen findet, und wo es im Allgemeinen nicht die Gastwirte sind, welche die Reisenden ernähren, sondern im Gegenteil die Reisenden, welche die Wirte ernähren. Die erste Anempfehlung, welche man uns bei der Ankunft in Messina macht, und die letzte, welche man beim Verlassen dieser Stadt erhält, dem Punkte von wo man gewöhnliche seine Ausflüge macht, ist die, sich mit Lebensmitteln zu versehen, Küchengeschirr zu kaufen und einen Koch anzunehmen, Alles das vermehrt gewöhnlich das Gefolge um zwei Maultiere und einen Mann, der bescheiden zu demselben Preise angeschlagen, einen Zuwachs der Ausgabe von drei Ducati9 täglich macht. Einige erfahrene Engländer fügen gewöhnlich diesem Gepäck ein drittes Maultier hinzu, das sie mit einem Zelte beladen, und wir müssen hier trotz unserer Vorliebe für dieses herrliche Land wohl gestehen, dass diese letzte Vorsichtsmaßregel nicht genug empfohlen werden kann, obgleich sie weniger unentbehrlich ist, als die andern, wegen des traurigen Zustandes der Wirtshäuser, welche man an den Straßen antrifft, und die, da es ihnen an den notwendigsten Tieren für die ersten Bedürfnisse des Lebens mangelt, märchenhafter Weise mit allen denen bevölkert sind, die nur gut dazu taugen um zu quälen. Die Menge dieser letzteren Tiere ist so groß, dass ich Reisende gesehen habe, welche aus Mangel an Schlaf krank geworden waren, und der Mangel an den ersten ist so groß, dass ich Engländern begegnet bin, welche, nachdem sie ihre Vorräte erschöpft, ernstlich berieten, ob sie nicht ihren Koch verzehren sollten, der ihnen gänzlich nutzlos geworden war. Soweit war im Jahre der Gnade 1804 das fruchtbare Sizilien herabgekommen, das zu den Zeiten Augustus Rom und seine zwölf Millionen Einwohner mit seinem Überfluss ernährte.
Ich weiß nicht, ob es ein Gelehrter war, der das alte Sizilien von Grund aus kannte, aber zuverlässig war es ein Beobachter, der sein modernes Sizilien genau kannte, dem man in dem Wirtshaus della Croce das Abendessen zubereitete, einem Wirtshaus, das mit den drei Hundert Unzen des Fürsten von Butera wieder neu aufgebaut worden war, und das an der Straße von Palermo nach Messina, zwischen Ficarra und Patti lag; die Tätigkeit des Gastwirtes und seiner Frau, welche, von einem Fremden geleitet, sich zugleich an Fischen, an Wildbret und Geflügel übte, bewies, dass der, für welchen die Pfannen, die Kessel und der Spieß in Beschlag genommen waren, nicht allein darauf hielt, dass es ihm nicht an dem Notwendigen mangele, sondern auch dass er kein Feind von dem Überfluss war. Er kam von Messina, reiste mit einem Wagen und eigenen Pferden, hatte sich dort aufgehalten, weil die Gegend ihm gefiel und aus seinem Vorratswagen alles das genommen, was einem wahren Schwelger und einem vollendeten Touristen notwendig war, von den Betttüchern an, bis zu dem Silbergeschirr, von dem Brot bis zu dem Wein. Kaum angekommen hatte er sich in das beste Zimmer führen lassen, in einer silbernen Rauchpfanne Wohlgerüche angezündet und erwartete auf einem reichen türkischen Teppiche liegend, und indem er aus seinem Chybuk von Ambraden besten Tabak des Berges Sinai rauchte, dass sein Mittagessen bereitet wäre.
Er war damit beschäftigt, mit der größten Aufmerksamkeit den wohlriechenden Rauchwolken zu folgen, die seinem Munde entschlüpften und sich an der Decke verdichteten, als die Tür des Zimmers aufging, und der Gastwirt, von einem Bedienten in der Livree der Gräfin begleitet, auf der Schwelle stehen blieb.
– Exzellenz! sagte der würdige Mann, indem er sich bis auf den Boden verneigte.
– Was gibt es? antwortete, ohne sich umzuwenden der Reisende mit einem sehr deutlichen malthesischen Akzent.
– Excellenz, es ist die Fürstin Gemma von Castelnuovo . . .
– Nun?
– Deren Wagen gezwungen ist, in meinem armen Wirtshaus einzukehren, weil das eine ihrer Pferde so sehr hinkt, dass sie ihre Reise nicht fortsetzen kann.
– Nun, und —?
– Und die, da sie heute Morgen bei ihrer Abreise von Santa-Agata diesen Unfall nicht vorausgesehen, heute Abend in Melazzo zu übernachten gedachte, wo sie ihren Vorspann erwarte, so dass sie durchaus keine Lebensmittel mit sich führte.
– Sagen Sie der Gräfin, dass mein Koch und meine Küche zu ihren Befehlen stehen.
– Tausend Dank im Namen meiner Gebieterin, Exzellenz, sagte der Diener; da aber die Gräfin ohne Zweifel gezwungen sein wird die Nacht in diesem Wirtshaus zuzubringen, weil man den Vorspann von Melazzo holen und hierher zurückführen muss, und sie nicht mehr Vorräte für die Nacht als Vorräte für den Tag hat, so läßt sie Eure Exzellenz fragen, ob Sie die Artigkeit haben würde. . .
– Die Gräfin möge die Gnade haben, unterbrach ihn der Reisende, mein Zimmer, so wie es eben ist, anzunehmen. Was mich betrifft, so bin ich ein an Beschwerden und Entbehrungen gewöhnter Mann, der sich mit dem ersten besten Zimmer begnügen wird. Gehen Sie daher hinab, der Gräfin zu melden, dass sie heraufkommen kann, und dass das Zimmer frei ist, während unser würdiger Wirt mich so gut als es ihm möglich ist, unterbringen wird.
Bei diesen Worten stand der Reisende auf und folgte dem Gastwirt; was den Diener anbetrifft, so ging er auf der Stelle wieder hinab, um seinen Auftrag auszurichten.
Gemma nahm das Erbieten des Reisenden wie eine Königin an, der ein Untertan huldigt, und nicht wie eine Frau, der ein Fremder einen Dienst erzeigt, sie war den maßen daran gewöhnt. Alles sich vor ihrem Willen beugen, Alles ihrem Stimme nachgeben, Alles ihrem Winke gehorchen zu sehen, dass sie die außerordentliche Artigkeit des Reisenden nur höchst einfach und natürlich fand. Sie war freilich so bezaubernd, als sie auf den Arm ihrer Kammerfrau gestützt nach dem Zimmer ging, dass sich Alles vor ihr verneigen musste, sie trug ein Amazonen-Reise Kostüm von der größten Eleganz, kurz, an den Armen und auf der Brust anschließend, und vorn mit seidenen Schnüren zugeheftelt; um ihren Hals war aus Furcht vor der Kälte der Gebirge ein damals bei uns, wo er sich seitdem so sehr verbreitet hat, noch unbekannter Schmuck geschlungen, es war eine Boa von Marderpelz, welche der Fürst von Carini von einem Malthesischen Handelsmanne gekauft, der sie von Constantinopel zurückgebracht hatte; auf ihrem Kopfe trug sie eine kleine Phantasiemütze von schwarzem Sammet gleich einer Kopfbedeckung des Mittelalters, und aus dieser Kopfbedeckung fielen lange gelockte Haare herab. Indessen, so vorbereitet sie auch war, ein zu ihrem Empfange bereitetes Zimmer zu finden, so konnte sie sich doch bei ihrem Eintritte nicht enthalten, sich über den Luxus zu verwundern, mit welchem der unbekannte Reisende die Armseligkeit des Zimmers hatte verschwinden lassen; alle Toilettengerätschaften waren von Silber; das Weißzeug, welches den Tisch bedeckte, war von außerordentlicher Feinheit, und die orientalischen Wohlgerüche, welche auf dem Kamine brannten, schienen geeignet ein Serail mit Wohlgerüchen zu erfüllen.
– Aber sieh doch, Gidsa, bin ich nicht auserkoren, sagte die Gräfin, ein ungeschickter Diener beschlägt meine Pferde schlecht, ich bin genötigt einzukehren, und ein guter Genius, der mich in der Verlegenheit sieht, erbaut auf meinem Wege einen Feenpallast.
– Hat die Frau Gräfin nicht irgend eine Vermutung über diesen unbekannten Genius?
– Nein, wahrhaftig nicht.
– Was mich anbetrifft, so meine ich, dass die Frau Gräfin erraten müsste.
– Ich versichere Ihnen, Gidsa, sagte die Gräfin, indem sie sich auf einen Stuhl sinken ließ, dass ich in der vollkommensten Unwissenheit bin. Lassen Sie hören, was meinen Sie denn?
– Ei ich meine . . . Die gnädige Frau wolle mir verzeihen, obgleich mein Gedanke sehr natürlich ist . . .
– Sprechen Sie!
– Ich meine, dass Seine Hoheit, der Vizekönig, welcher wusste, dass die Frau Gräfin auf der Reise ist, nicht die Geduld gehabt hat, Ihre Ankunft abzuwarten, und dass . . .
– Oh Sie haben da einen wundervoll richtigen Gedanken, und das ist wahrscheinlich . . . . In der That, wer hätte ein Zimmer mit so vieler Sorgfalt eingerichtet, um es mir abzutreten, wenn er es nicht wäre? Indessen, Sie müssen schweigen. Wenn es eine Überraschung ist, welche Rodolfo mir bereitet, so will ich mich ihr ganz hingeben und nicht eine der Gemütsbewegungen verlieren welche seine unerwartete Anwesenheit mir verursachen wird. Es ist also abgemacht, dass er es nicht ist, dass dieser Fremde ein unbekannter Reisender ist. Behalten Sie daher Ihre Wahrscheinlichkeiten für sich, und lassen Sie mir meinen Zweifel. Außerdem, wenn er es wäre, so bin ich es, der seine Anwesenheit erraten hätte, und nicht Sie . . . . .Was mein Rodolfo gütig für mich ist . . . . Wie er an Alles denkt! . . . . Wie er mich liebt . . .
– Und dieses mit so vieler Sorgfalt zubereitete Mittagessen, glauben Sie . . .
– Still! ich glaube nichts; ich benutze die Wohltaten, welche Gott mir sendet, und ich danke nur Gott dafür. Sehen Sie doch, dieses Silbergeschirr ist ein Wunder. Wenn ich diesen edlen Reisenden nicht gefunden hätte, wie hätte ich es denn angefangen, um aus etwas anderem zu essen? Sehen Sie doch diesen Becher von vergoldetem Silber, sieht er nicht aus, als ob er von Benvenuto gearbeitet wäre? . . . Geben Sie mir zu trinken, Gidsa.
Die Kammerfrau füllte den Becher mit Wasser, und goß nachher einige Tropfen Malvasier von Lipari hinein. Die Gräfin trank davon zwei bis drei Schluck, aber sichtlich viel mehr, um den Becher an ihren Mund zu sehen, als an Durst. Man hätte glauben können, dass sie durch die sympathetische Berührung ihrer Lippen zu erraten suchte, ob es wirklich ihr Geliebter wäre, der so allen Bedürfnissen des Luxus und des Prunkes entgegen kam, welche ein so notwendiger Überfluss werden, wenn man von Kindheit an daran gewöhnt worden ist.
Man trug das Abendessen auf. Die Gräfin aß, wie eine elegante Frau isst, indem sie alles nach der Weise der Kolibris, der Bienen und der Schmetterlinge berührte blieb zerstreut und tiefsinnig beim Essen, und die Augen beständig auf die Tür heftend, erbebte sie jedes Mal, wenn diese Tür aufging, mit beklommenem Busen und feuchten Augen; dann versank sie allmählich in ein köstliches Schmachten, von dem sie sich selbst keine Rechenschaft abzulegen vermochte. Gidsa wurde es gewahr und beunruhigte sich darüber.