Kitabı oku: «La San Felice Band 13», sayfa 10
Fünfzehntes Capitel.
Der Empfang des Königs
Schon am 25. Juni, noch ehe er aus Ruffos Munde selbst gehört, daß dieser sich von der Coalition trennte, hatte Nelson dem Obersten Mejean folgende Mittheilung geschickt:
»Mein Herr!
»Seine Eminenz der Cardinal Ruffo und der Oberbefehlshaber der russischen Armee haben Sie aufgefordert, sich zu ergeben, und ich benachrichtige Sie, daß, wenn die Frist, die man Ihnen bewilligt hat, seit zwei Stunden abgelaufen ist, Sie die Folgen davon zu tragen haben, und daß ich nichts mehr von dem bewilligen werde, was man Ihnen angeboten.
»Nelson.«
Während der Tage, welche dieser Aufforderung folgten« das heißt die Tage vom 26. zum 29., beschäftigte sich Nelson damit, daß er die Patrioten festnehmen, den Verrath des Pächters erkaufen, und Caracciolo aufhängen ließ, aber nachdem er dieses Werk der Schande vollendet, konnte er sich mit der Gefangennehmung derjenigen Patrioten, welche noch nicht in seinen Händen waren, und mit der Belagerung des Castells San Elmo beschäftigen.
Demnach ließ er Truebridge mit dreizehnhundert Engländern landen, während der Capitän Bailly mit fünfhundert Mann Russen zu ihm stieß.
Während der ersten sechs Tage ward Truebridge von seinem Freunde, dem Capitän Ball, unterstützt, da aber dieser noch Malta geschickt worden war, trat der Capitän Benjamin Hullowel an seine Stelle, derselbe, welcher Nelson einen Sarg zum Geschenk gemacht, den man aus dem Hauptmast des französischen Schiffes »der Oriente« geschnitzt hatte.
Was auch die italienischen Geschichtschreiber darüber sagen mögen, so ist nicht zu läugnen, daß Mejean, sobald er einmal unter seinen eigenen Mauern in die Enge getrieben worden, trotz dem daß er durch seine Unterhandlungen die nationale Ehre bloßgestellt hatte, dennoch die französische Ehre retten wollte.
Er vertheidigte sich tapfer, und der Bericht Nelson’s an Lord Keith, welcher Erstere wußte, was Muth sagen will, ein Bericht, welcher mit den Worten beginnt: »Während eines hitzigen, achttägigen Kampfes, in welchem unsere Artillerie sich den Gräben um einhundert und achtzig Schritte genähert hat,« legt ein glänzendes Beispiel dafür ab.
Während dieser acht Tage stand der Cardinal mit gekreuzten Armen unter seinem Zelte.
In der Nacht vom 8. zum 9. Juli signalisierte man zwei Schiffe, von denen man eines für ein englisches, das andere für ein neapolitanisches Schiff hielt, und welche beide westwärts von der englischen Flotte nach Procida segelten.
Am Morgen des 9. sah man nun wirklich zwei Schiffe im Hafen dieser Insel vor Anker liegen, und von dem einen, dem »Seahorse« wehte die englische Flagge, während das andere, »die Sirene« nicht nur die neapolitanische Flagge, sondern auch das königliche Banner aufgezogen hatte.
Am Morgen des 9. empfing der Cardinal vom Könige folgenden Brief, welcher, wenn er auch nicht von besonderer Wichtigkeit für unsere Erzählung ist, doch wenigstens beweisen wird, daß wir kein Dokument an uns haben vorübergehen lassen, ohne es gelesen und benutzt zu haben.
»Procida, den 9. Juli 1799.
»Eminentissime!
»Ich übersende Ihnen eine Menge Exemplare eines Briefes, welchen ich an meine Völker geschrieben habe. Machen Sie alle sogleich damit bekannt, und geben Sie mir durch Simonetti, mit welchem ich heute Morgen lange geplaudert habe, Rechenschaft über die Ausführung meiner Befehle. Sie werden wohl meine Bestimmung in Bezug auf die Beamten des Gerichtshofes verstehen.
»Gott möge Sie beschützen.
»Ihr wohlgeneigterFerdinand B.«
Mau erwartete den König von Tag zu Tag. Am 2. Juli hatte er Nelson’s und Hamilton’s Briefe erhalten, welche ihm den Tod Caracciolo’s meldeten, und worin man ihn drängte, doch zu kommen.
An demselben Tage schrieb er dem Cardinal, dessen Entlassung er noch nicht empfangen.
»Palermo, den 2. Juli 1799.
»Eminentissime!
»Die Briefe« welche ich heute erhalten habe, und besonders der vom 20., haben mich wirklich getröstet, weil ich daraus ersehen konnte, daß die Verhältnisse sich günstig gestalten, so wie ich es wünsche, wie ich mir es in Voraus vorgenommen, um die irdischen Angelegenheiten mit der göttlichen Hilfe in Einklang zu bringen, und es Ihnen möglich zu machen, mir besser dienen zu können.
»Morgen werde ich in Folge der Einladung von Admiral Nelson und von Ihnen, besonders aber um meinem Worte Ehre zu machen, mit Bedeckung abreisen, um mich nach Procida zu begeben, wo ich Sie wieder sehen und alle zum allgemeinen Wohle, zur Sicherheit und dem Glücke aller Unterthanen, welche mir treu geblieben sind, erforderlichen Maßnahmen treffen werde.
»Ich benachrichtige Sie hiervon im Voraus, indem ich Ihnen versichere, daß Sie in mir stets finden würden
»Ihren wohlgeneigten»Ferdinand B.«
Und wirklich schiffte sich der König am folgenden Morgen, also am 3. Juli,, ein, aber nicht auf dem »Seahorse« wie Nelson ihn gebeten, sondern auf der Fregatte »die Sirenen«. Er fürchtete, wenn er den Engländern bei seiner Rückkehr denselben Vorzug gäbe, wie bei seiner Abreise, den Haß der neapolitanischen Mariae auf’s Höchste zu steigern, denn diese Marine war über die Verurtheilung und den Tod Caracciolo’s bereits sehr aufgebracht.
Wir haben gesagt, daß der König gleich nach seiner Ankunft an den Cardinal geschrieben hatte, man kann aber erkennen, daß trotz der Freundschaftsbetheuerungen in dem Briefe, oder vielmehr gerade durch dieselben, sichtbare Kälte zwischen diesen beiden berühmten Personen eingetreten ist.
Ferdinand hatte Acton und Castelcicala mit sich genommen. Die Königin hatte in Palermo bleiben wollen, denn sie wußte, wie wenig beliebt sie in Neapel war, und fürchtete durch ihre Gegenwart dem Triumphe des Königs zu schaden.
Am 9. blieb der König den ganzen Tag in Procida, hörte den Bericht Speciale’s, und trotz seines Widerwillens gegen Arbeit setzte er selber die Liste der Glieder der neuen Staatsjunta auf, welche er einsetzen wollte, wie er auch die Liste der Schuldigen schrieb, welche diese Junta zu verurtheilen haben sollte.
Daß der König Ferdinand hierbei keine Mühe scheute, ist nicht zu bezweifeln, denn wir haben diese doppelte Liste in der Hand gehabt, aus dem Archive in Neapel nach Turin geschickt, und gesehen, daß sie nur von der Hand des Königs geschrieben war.
Wir wollen zuerst die Liste der Henker unseren Lesern verlegen. Ehre dem Ehre gebührt. Dann werden wir die der Opfer folgen lassen.
Die Staatsjunta, welche der König ernannt hatte, war folgendermaßen zusammengesetzt:
Präsident: Felice Romani;
Fiskalprokurator: Guidobaldi;
Richter: die Räthe Antonio della Rocca, Don Angelo di Fiore, Don Gaetano Sambuti, Don Vicenzo Speciale.
Vicerichter: Don Salvatore di Giovanni.
Prokurator der Angeklagten: Don Alessandro Nara.
Vertheidiger der Angeklagten: die Räthe Vanvitelli und Mulus.
Die beiden Letzten waren, wie leicht zu begreifen ist, nur eine juristische Fiktion.
Diese Staatsjunta ward beauftragt zu richten, das heißt unwiderruflich zu verurtheilen und zwar zum Tode:
alle die, welche den Händen des Gouverneurs Ricardo Brandi das Castell San Elmo entrissen hatten, wohlverstanden, mit Nicolino Caracciolo an der Spitze.
(Glücklicher Weise hatte Nicolino Caracciolo, welcher – von Salvato beauftragt worden war, den Admiral Caracciolo zu retten, als er am Tage der Festnehmung desselben auf den Pachthof gekommen war, und den Verrath des Pächters erfahren hatte, keinen Augenblick verloren, sondern sich ins Freie geflüchtet, und unter den Schutz des französischen Commandanten von Capua, des Obersten Giraldon, gestellt.)
Alle die, welche den Franzosen beigestanden, daß sie in Neapel eindringen konnten;
alle die, welche die Waffen gegen die Lazzaroni ergriffen;
alle die, welche noch nach dem Waffenstillstand mit den Franzosen Verbindungen unterhalten;
alle Magistratspersonen der Republik;
alle Repräsentanten der Regierung;
alle Repräsentanten des Volkes;
alle Minister;
alle Generale;
alle Richter des Oberkriegsgerichtes;
alle Richter des Revolutionstribunals;
alle die, welche gegen die Truppen des Königs gekämpft;
alle die, welche das Denkmal Carls III. umgestürzt;
alle die, welche an Stelle dieses Denkmals den Baum der Freiheit gepflanzt;
alle die, welche auf dem Palaisplatze bei der Zerstörung der Sinnbilder des Königthums und der bourbonischen oder englischen Banner mitgeholfen, oder nur einfach zugesehen hatten;
und endlich alle die, welche sich in ihren Schriften oder Reden beleidigender Ausdrücke gegen den König, die Königin oder die Glieder der königlichen Familie bedient hatten.
Ungefähr vierzigtausend Einwohner wurden somit durch einen einzigen Befehl mit dem Tode bedroht.
Die milderen Bestimmungen, das heißt die, welche nichts als Verbannung forderten, bedrohten ungefähr sechzigtausend Menschen.
Es war dies mehr als das Viertel der Einwohner Neapels.
Diese Beschäftigung, welche dem Könige wichtiger als alle anderen erschien, nahm den ganzen Tag in Anspruch.
Am Morgen des l0. verließ die Fregatte »Sirene« den Hafen von Procida, und segelte auf den »Donnerer« zu.
Kaum hatte der König den Fuß auf das Deck gesetzt, als der »Donnerer« sich auf das Signal des Hochbootsmannes wie bei einem Feste beflaggte, und man eine Salve von einunddreißig Kanonenschüssen vernahm.
Das Gerücht hatte sich schon verbreitet, daß der König in Procida sei, und die Kanonade vom »Donnerer« her verkündete dem Volke, daß er sich am Bord des Admiralschiffes befand.
Sogleich strömte eine ungeheuere Menschenmenge auf dem Ufer von Chiaja, Santa-Lucia und Marinella zusammen. Zahlreiche Boote, welche mit Bannern in allen Farben geschmückt waren, segelten aus dem Hafen, oder stießen vielmehr vom Ufer ab, und ruderten zu dem englischen Geschwader hin, um den König zu begrüßen und ihn willkommen zu heißen. Jetzt und während der König auf dem Deck stand, von wo aus er durch ein Fernglas das Castell San Elmo betrachtete, gegen welches, ohne Zweifel ihm zu Ehren, die englischen Kanonen wütheten, zerschoß ein englische Kugel zufällig die Stange der französischen Fahne, welche auf dem Castell aufgesteckt war, als ob die Belagerer diesen Augenblick berechnet hätten, um dem König dieses Schauspiel zu geben, welches er für ein glückliches Vorzeichen hielt.
Und wirklich zog man nicht die Tricolore sondern ein weißes Banner, also die Parlamentärsfahne, auf.
Das unerwartete Erscheinen dies es Symbols des Friedens, welches für die Ankunft des Königs aufgespart worden zu sein schien, übte eine magische Wirkung auf alle Umstehenden aus, welche in Hurrahs und Beifallsrufe ausbrachen, während die Kanonen des Castello d’Uovo, des Castello Nuovo und des Castello del Carmine freudig die Salven erwiederten, welche vom Bord des englischen Admiralschiffes erdröhnten.
Bei Gelegenheit des Falles dieser Fahne sei es uns gestattet, Domenico Sachinelli, dem Geschichtschreiber des Cardinals, einige Zeilen zu entlehnen, welche eigenthümlich genug sind, um hier erwähnt zu werden, und überdies keineswegs unsere Erzählung unterbrechen werden.
»Wir wollen,« sagt Domenico Sacchinelli, »in einem besonderen Abschnitt die eigenthümlichen Ereignisse des Zufalls erzählen, welche während dieser Revolution stattfanden.
»Am 23. Jänner zerschoß eine Kugel der Jakobiner, von San Elmo aus abgefeuert, die Stange des königlichen Banners, welches vom Castello Nuovo herabwehte, und der Fall dieses Banners entschied den Einzug der Franzosen in Neapel.
»Am 22. März fiel das Banner der Republik, von einer Haubitze getroffen, vom Castello Cotrone herab, und dieser Vorfall, welchen man für ein Wunder ansah, führte die Empörung der Besatzung gegen die Patrioten herbei, und erleichterte den Royalisten die Einnahme des Castells.
»Am 10. Juli endlich führte der Fall des französischen Banners, welches auf dem Castello San Elmo wehte, die Uebergabe desselben herbei.
»Und,« fügt der Geschichtschreiber hinzu, »derjenige, welcher die Daten mit einander vergleichen wollte, würde sehen, daß alle diese Vorfälle, ebenso wie die wichtigsten, welche sich während des Unternehmens des Cardinals Ruffo ereigneten, immer Freitags stattfanden.«
Wenden wir jedoch die Blicke vom Castell San Elmo weg, auf welches wir sie noch mehr als einmal zu richten Gelegenheit haben werden, um einem Boote nachzuschauen, welches etwas überhalb der Magdalenenbrücke vom Ufer abstößt, und ohne Flagge, stumm und ernst inmitten all der belebten und beflaggten Boote dahinrudert.
Dieses Boot trägt den Cardinal Ruffo, welcher, statt der Huldigung, die er dem König zu seinem wiedereroberten Reiche darbringen sollte, ihn um die einzige Gnade anflehen will, die Verträge zu halten, die er in seinem Namen unterzeichnet, und seine königliche Ehre nicht durch Wortbrüchigkeit zu beflecken.
Hier findet sich nun wieder eine der Gelegenheiten, bei welcher der Romandichter sich gezwungen sieht, den Geschichtsschreiber sprechen zu lassen, weil Thatsachen darzustellen sind, wo die Einbildungskraft nicht das Recht hat, zu dem unversöhnlichen Text des Historikers ein Wort hinzuzufügen.
Dann wolle der Leser sich auch erinnern, daß die Worte, welche wir hier anführen wollen, einem Buche entnommen sind, welches Domenico Sacchinelli 1836 herausgab, also inmitten der Regierung Ferdinands II. dieses Unterdrückers der Presse. Die Herausgabe dieses Buches geschah auch mit Erlaubniß der Censur.
Hier sind nun die eigenen Worte des ehrenwerthen Geschichtsschreibers: »Während man mit dem französischen Commandanten wegen der Übergabe des Castells San Elmo verhandelte, begab sich der Cardinal an Bord des »Donnerers« um den König mündlich zu benachrichtigen, was mit den Engländern bei der Capitulation des Castello Nuovo und des Castello d’Uovo vorgefallen sei, wie auch über das Ärgernis, welches die Übertretung dieser Verträge hervorgerufen. Der König schien anfangs geneigt zu sein, die Capitulation zu beobachten und zu befolgen, doch wollte er nicht eher entscheiden, als bis ihm Nelson und Hamilton ihre Ansichten mitgetheilt.
»Beide wurden deswegen vor den König gerufen.
»Hamilton unterstützte die diplomatische Ansicht, daß Souveräne nicht mit ihren rebellischen Unterthanen Tractate schlössen, und erklärte, daß der Vertrag ungültig sei, und nicht erfüllt zu werden brauche.
»Nelson suchte keine Ausflüchte zu machen. Er legte einen tiefen Haß gegen jeden Revolutionär und Nachahmer der Franzosen an den Tag, indem er sagte, daß das Uebel bis zur Wurzel ausgetilgt werden müßte, um neues Unglück zu verhüten, denn da die Republikaner hartnäckige Sünder seien, welche nicht bereuen könnten, so würden sie, sobald sich nur eine Gelegenheit darböte, noch schlimmere und traurigere Excesse begehen, und dann würde das Beispiel ihrer Straflosigkeit allen Uebelgesinnten zur Nacheiferung dienen.
»Und ebenso wie Nelson den Vorstellungen, welche der Cardinal im Augenblick des Vertrages gemacht, die Wirkung zu nehmen gewußt hatte, eben so gelang es ihm auch jetzt durch seine Ränke dieselben Absichten des Königs und dessen Wunsch, Gnade zu üben, welchen er einen Augenblick geoffenbart, zu lähmen.
So bestimmte denn der König, trotz der Bitten des Cardinals Ruffo, welcher ihn sogar fußfällig um Erhörung anflehte, nachdem er Nelson und Hamilton, diese beiden bösen Geister seiner Ehre, gehört, daß man die Capitulationen der Castelle d’Uovo und Nuovo für null und nichtig erklären sollte.
Kaum war dieser Entschluß gefaßt, so stieg der Cardinal, indem er das Gesicht mit seinem Purpurgewande verhüllte, wieder in das Boot, auf welchem er gekommen, begab sich in das Haus, wo man die Verträge geschlossen, und weihte diese Monarchie, die er soeben wieder eingesetzt, der vielleicht späten, aber sicheren Rache der göttlichen Gerechtigkeit.
Und an demselben Tage wurden die Gefangenen, welche man an Bord des »Donnerers« und der Felucken, welche sie nach Frankreich bringen sollten, zurückgehalten, ausgeschifft und je zwei und zwei aneinander gefesselt, nach den Gefängnissen des Castello d’Uovo, des Castello Nuovo, des Castello del Carmine und der Vicaria gebracht.
Da die Gefängnisse jedoch nicht ausreichend waren – standen doch in den Briefen des Königs selbst achttausend Gefangene erwähnt – so wurden die, welche nicht in diesen vier Castellen untergebracht werden konnten, nach den Granili abgeführt, welche man in Aushilfegefängnisse verwandelt hatte.
Als dies die Lazzaroni sahen, dachten sie, daß mit dem König Nasone auch die Tage blutiger Feste wiedergekehrt seien, und demnach begannen sie von Neuem mit größerer Lust denn je zu plündern, zu sengen und zu morden.
Da wir es uns vom Anfange dieses Buches an zum Gesetz gemacht, keine der Gräueltaten zu schildern, welche man zu dieser Zeit begangen, mochten sie nun aus der höchsten Höhe oder der tiefsten Tiefe stammen, ohne unsere Aussage auf authentische Dokumente zu stützen, so entnehmen wir die folgenden Zeilen den »Memoiren zur Geschichte der Revolutionen in Neapel.
»Der 9. und 10. Juli wurden durch Verbrechen und Schandthaten aller Art bezeichnet, welche zu schildern meine Feder nicht vermag. Nachdem die Lazzaroni ein großes Feuer vor dem königlichen Palast angezündet, warfen sie sieben Unglückliche, welche sie vor einigen Tagen gefangengenommen hatten, in die Flammen, und trieben die Grausamkeit so weit, daß sie die noch blutenden Glieder ihrer Opfer verzehrten. Der schändliche Priester Rinaldi rühmte sich ungeheuer an diesem scheußlichen Bankett theilgenommen zu haben.«
Außer diesem Priester Rinaldi machte sich ein anderer Mann bei diesen Menschenfresser Orgien bemerklich. Ebenso wie der Satan bei dem Hexensabbath den Vorsitz führt, so präsidierte er bei dieser schrecklichen Umstürzung aller Gesetze der Menschheit.
Dieser Mann war Gaetano Mammone.
Rinaldi verzehrte bald gebratenes Fleisch, Mammone trank das Blut sogar aus den Wunden. Der scheußliche Vampyr hat einen solchen schrecklichen Eindruck in den Gemüthern der Neapolitaner zurückgelassen, daß noch heute, heute, wo er seit mehr als fünfundvierzig Jahren todt ist, kein Bewohner von Sora, das heißt in der Gegend, wo er geboren ward, meine Fragen zu beantworten und mir etwas von ihm zu erzählen gewagt hat. »Er trank Blut, wie ein Trunkenbold Wein trinkt!« haben mir zehn Greise gesagt, welche ihn kannten, und wirklich ist dies die einzige Antwort, welche mir von zwanzig verschiedenen Personen zu Theil geworden, die gesehen, wie er sich durch dieses schreckliche Getränk berauschte.
Einer aber, von dem man erwartet, daß er wie wahnsinnig Theil an der Reaktion nehmen würde, welcher aber zum großen Erstaunen Aller, anstatt dies zu thun, im Gegentheil voll Schrecken zu sehen schien, wie die Reaktion vorwärtsschritt, war Fra Pacifico.
Seit dem Morde des Admirals Francesco Caracciolo, welchen er fast anbetete, hatte er gefühlt, wie eine seiner Ueberzeugung nach der anderen ihn verließ. Wie konnte man einen Mann gleich einem Verräther und Jakobiner hängen, welchen er dem Könige so treu hatte dienen sehen, und welcher so muthig gekämpft?
Dann verursachte noch eine andere Thatsache dem armen Fra Pacifico in seinem engherzigen, aber redlichen Gemüth großen Kummer.
Wie kam es denn, daß der Cardinal nach so vielen Diensten (Fra Pacifico wußte besser als sonst Jemand, was er gethan), wie kam es denn, daß der Cardinal nicht nur keine Macht mehr besaß, sondern sogar fast in Ungnade gefallen war? Und wie kam es, daß dieser Nelson, ein Engländer, welchen Fra Pacifico als guter Christ in seiner Eigenschaft als Ketzer fast eben so sehr verabscheute, als er als guter Royalist die Jakobiner haßte, wie kam es, daß dieser Nelson, welcher jetzt alle Macht besaß, richten, verurtheilen und hängen durfte, wie er wollte?
Man wird gern zugeben, daß in diesen beiden Thatsachen schon genug Grund vorhanden war, selbst in einem stärkeren Gehirn als in dem Fra Pacifico’s Zweifel zu erwecken.
So sah man den armen Mönch nur, wie wir bereits gesagt haben, als einfachen Zuschauer bei den Heldenthaten Rinaldi’s,Mammone’s und der Lazzaroni, welche dem Beispiel dieser Beiden folgten. Als die Rohheit dieser Cannibalenhorden zu groß ward, sah man sogar, wie Fra Pacifico sich abwendete, und sich entfernte, ohne wie sonst den armen Giacobino mit seinem Stocke zu schlagen. Wenn er zu Fuß durch die Straßen irrte, in geheime Gedanken vertieft, war der berühmte Lorbeerzweig welcher früher als Keule gedient, zum Pilgerstab geworden, auf welchen er sich oft lange und nachdenklich mit beiden Händen und dem Gesicht lehnte, als ob er von einer langen Reise ermüdet wäre.
Einige, welche diese Veränderung wahrgenommen, und sich in Gedanken damit beschäftigten, behaupteten sogar Fra Pacifico in eine Kirche treten, darin niederknien und beten gesehen zu haben.
Ein betender Capuziner! Die welchen man das erzählte, wollten es nicht glauben.