Kitabı oku: «Otto der Schütz», sayfa 9
II.
Von dem, was sich mit der Prinzessin von Krain im Walde ereignete, und wie sie als Magd bei einem Müller in Dienst trat
Nachdem die Diener fortgegangen waren, und die arme Prinzessin sich in dem Walde allein befand, warf sie noch einen Blick auf den Körper des einzigen Freundes, der ihr treu geblieben, und diese Treue mit dem Leben bezahlt hatte, und vertiefte sich dann in den Wald, indem sie vorwärts schritt, ohne zu wissen wohin, denn, wie wir schon gesagt haben, war der Wald so dicht, daß sich keine Spur eines Weges darin fand, und daß, wiewohl der Tag nun anbrach, man kaum eine Richtung verfolgen konnte.
So wanderte sie den ganzen Tag, ohne Jemand zu begegnen, und am Abend, todtmüde und beinahe sterbend vor Hunger, sank sie unter einem Baume nieder, so hinfällig, daß sie bald einschlief.
Sie schlief noch nicht lange, als ihr träumte, daß ein hell strahlender Engel vom Himmel herabsteige, sie wie den jungen Tobias bei der Hand nehme, und sie zu einem prächtigen Palaste führe, der ganz von Lichtern glänzte, und ganz von prachtvoll gekleideten Herren angefüllt war. In diesem Augenblick erwachte sie, und befand sich noch immer am Fuße des Baumes mitten im Walde.
Gleichwohl hatte der Traum ihr Trost eingeflößt und sie einigermaßen gestärkt. Sie erhob sich demnach und schritt wieder vorwärts. Kaum hatte sie etliche Schritte gethan, als sie durch die Bäume ein Licht schimmern sah; ihre erste Empfindung war Freude, die zweite Furcht. Würde sie einem Freunde oder einem Feinde begegnen? Endlich faßte sie wieder Muth, und indem sie überlegte, daß, wenn sie einmal sterben müsse, es vorzuziehen sei, ermordet zu werden, als vielleicht acht Tage lang die Todesqual des Hungers und des Elends zu ertragen, setzte sie ihren Weg nach dem Lichte zu fort, welches sie erblickt hatte, und welches immer zunahm, je mehr sie sich ihm näherte. Als sie nur noch etwa hundert Schritte davon entfernt war, ging sie nicht mehr gerade darauf los, wie sie bisher gethan, sondern vorsichtig von Baum zu Baum, um sehen zu können, ohne gesehen zu werden, und sie bemerkte einen großen schwarzen Mann, der ein ungeheures Feuer schürte.
Die Prinzessin glaubte anfänglich, daß es der Satan sei, welcher seinen Sabbath vorbereite, und sie hatte große Lust zu fliehen; aber nachdem sie aufmerksamer hingesehen, erkannte sie, daß der Waldbewohner weder den Schwanz und Pferdefuß, noch die rothe Zunge habe, mit welcher der Satan gemeiniglich abgebildet wird; im Gegentheil flößte sein breites gutmüthiges Gesicht Zutrauen ein. Von Zeit zu Zeit sang er ein Lied mit solcher Fröhlichkeit, daß man voraussetzen konnte, derjenige, welcher so sänge, müsse ein reines Gewissen haben. Alle diese Anzeichen beruhigten Bertha einwenig, und sie näherte sich dem schwarzen Mann.
Aber als er sie gewahr wurde, erschrak er und bekreuzte sich. Die Prinzessin nahm hieraus ab, daß sie es mit einem Christen zu thun habe; es schwand alle Furcht, und indem sie die Hand gegen ihn ausstreckte, sagte sie:
–– Braver Mann, ich bin weder eine teuflische noch eine himmlische Erscheinung, sondern weiter Nichts als ein armes Mädchen, welches sich in diesem Walde verirrt hat, beinahe vor Hunger stirbt, und Euch um ein Stückchen Brod bittet.
–– Ah! wenn es weiter Nichts ist, mein schönes Fräulein, antwortete der Köhler, erstaunt, ein so junges Mädchen zu dieser Nachtstunde, allein, mitten in einem Walde zu sehen, – ich habe zwar nur ein Stück Brod, aber mit Hilfe eines Messers werden wir es theilen, und zwei daraus machen; indem wir dann zu Abend essen, weidet Ihr mir erzählen, wie es zugeht, daß ein so hübsches Mädchen, wie Ihr seid, nicht weiß, wo sie zu Abend essen, oder schlafen soll, und die Gastfreundschaft eines armen Schelmes wie ich in Anspruch nimmt.
–– Die eigentliche Ursache, guter Köhler, antwortete dir Prinzessin, darf ich Euch nicht nennen, denn ich habe geschworen, es nicht zu thun; nur so viel kann ich Euch sagen, daß ich in diesem Walde verborgen bleiben muß, und ich würde sehr zufrieden sein, wenn Ihr mir einen kleinen Raum in Eurer Hütte, Brod und Wasser geben wolltet, und ich würde arbeiten, um meine Nahrung zu bezahlen, denn ich habe mein Arbeitskörbchen bei mir, und verstehe Stickereien zu fertigen, die Ihr zu gutem Preise in der Stadt verkaufen könntet.
–– Davon wollen wir später reden, mein schönes Kind; aber das Nöthigste für jetzt wird sein, daß ich Euch zu essen und zu trinken gebe, nicht wahr? Tretet in meine Hütte, ich habe Nichts als Brod und Wasser, aber sie stehen Euch gern zu Diensten.
Und der Köhler führte Bertha in seine Hütte, wo er ihr Weißbrod und recht frisches und klares Wasser gab. Bertha begann damit, ihrem guten Engel zu danken. Zwischen der Hütte des Köhlers und dem Palaste, welchen sie im Traume gesehen, war zwar ein großer Abstand, aber in ihrer Lage waren ein, wenn auch schlechtes Dach und ein gutes Herz Alles, was sie wünschen konnte. Nach beendetem Gebet aß und trank sie mit so gutem Appetit, wie es ihr fast noch nie begegnet war.
–– Mein schönes Fräulein, sagte der Köhler, als Bertha ihre Mahlzeit geendet hatte, es könnte mir Nichts erwünschter sein, als eine so hübsche Haushälterin zu haben, wie Ihr seid; aber Ihr könnt nicht bei einem armen, ganz schwarzen Manne bleiben, den Ihr für den Teufel angesehen habt. Ich habe einen Bruder, der ein reicher Müller ist; die Mühle von Reismühl drei Meilen von hier, gehört ihm. Morgen werde ich Euch zu ihm führen; er hat zwei Töchter, die Euch gut aufnehmen, und wenigstens eine passende Gesellschaft für Euch bilden werden.
–– Aber, fragte Bertha, werde ich bei Eurem Bruder, dem Müller, mich auch verborgen halten können?
–– So sehr Ihr es nur wollt, antwortete der gute Mann.
–– Dann bin ich bereit, Euch zu folgen, und möge Gott Euch für das belohnen, was Ihr für mich thut.
Am andern Morgen mit Tagesanbruch kam denn der Köhler, welcher außerhalb der Hütte geschlafen hatte, um Bertha mehr Freiheit zu lassen, sie abzuholen. Er fand sie schon bereit, denn die Aufregung des vorangegangenen Tages hatte sie wenig schlafen lassen.
Sie machten sich auf den Weg, der Köhler schritt voran, die Prinzessin folgte ihm, denn wiewohl sie ihn nicht verrathen hatte, wer sie sei, so hatte er doch geahnet, daß er es mit einem zu edlen Fräulein zu thun habe, um ihr den Arm zu bieten, und so kam sie bei dem Müller an.
Wie der Mann des Waldes es vorausgesagt, nahm der Müller sie überaus freundlich auf, und als Bertha ihn gebeten, dort bleiben zu dürfen, unter der Bedingung, daß sie arbeiten wolle, um ihr Brot» zu verdienen, willigte der Müller darein.
Am andern Tage, als es sich darum handelte, zu bestimmen, bei welcher Art von Arbeit Bertha würde zu verwenden sein, sagte diese zum Müller, wenn er ihr Glauben schenken wolle, so möge er, anstatt sie mit häuslicher Arbeit zu beschäftigen, an die sie nicht gewöhnt sei, sie Stickereien fertigen lassen; und wenn diese Stickereien fertig, würde er sie in der Stadt verkaufen, die Hälfte des Geldes für sich behalten, und für die andere Hälfte neun Docken Seide von verschiedenen Farben, so wie Gold- und Silberfäden einkaufen. Der Müller schütteln den Kopf, denn er zweifelte sehr, daß mit alle den kleinen Knäueln, die er im Körbchen der Prinzessin sah, man irgend etwas wirklich Gutes anfertigen könne; aber da er ein braver Mann war, und ihr nicht wehe thun wollte, so entschloß er sich, sie den Versuch machen zu lassen, wiewohl er keine große Hoffnung des Erfolgs für Bertha hegte.
Nach Verlauf eines Monats hatte Bertha ein großes Stück Stoff. Blumen und Vögel darstellend, gefertigt und mit einer Vollkommenheit, daß man die Blumen für natürliche halten und glauben konnte, die Vögel würden singen.
Der ganz erstaunte Müller nahm das Stück Stoff, legte es sorgfältig zusammen, und reisete damit nach Augsburg ab. Auf dem Marktplatze der Stadt angekommen, trat er in den schönsten Stickereiladen, zeigte seine Stickerei, und fragte die Händlerin, ob sie ihm dieselbe abkaufen wolle. Die Handelsfrau nahm die Stickerei und betrachtete sie sehr lange, ohne Etwas zu sagen, und wendete dieselbe von einer Seite zur andern, denn die Arbeit war so kunstvoll, daß die Stickerei fast eben so schön auf der unrechten, wie auf der rechten Seite war. dann endlich fragte sie den Müller, wie viel er dafür fordere.
–– Hört, antwortete der Müller, ich bin ein schlichter Mann, und kenne den Preis einer solchen Sache nicht, schätzt selbst den Werth dieser Stickerei ab, und gebt mir dafür was Ihr wollt; ich verlasse mich in dieser Hinsicht auf Eure Redlichkeit.
Braver Mann. erwiderte die Händlerin. Ihr habt wohl gethan dies zu sagen. Sie gab ihm hierauf eine starke Summe Geldes und sagte:
–– Solltet Ihr noch weitere Stickereien von der nämlichen Person haben, bringet sie mir und ich werde sie bezahlen im Verhältniß wie diese.
Der Müller, ganz erstaunt, daß eine einfache Stickerei so theuer bezahlt werden könne, versprach es ihr von ganzem Herzen. Er steckte die Hälfte der Summe in die Tasche, und kaufte für die andere Hälfte einen ganzen Packkorb für seinen Esel, voll von Docken Seide von allen Farben, und von Rollen mit Gold- und Silberfäden. Hierauf kehrte er zu der Mühle von Reismühl zurück, wo Bertha ihn voll Ungeduld erwartete, um zu erfahren, ob er die Waare habe verkaufen können.
–– Gott und Herr! mein liebes Fräulein, rief der Müller schon aus großer Ferne, als er Bertha erblickte, was für einen glücklichen Einfall habt Ihr gehabt; keine andere Arbeit als Stickerei vornehmen zu wollen, denn ich bringe Stoff mit, aus welchen Ihr zwanzig Stücke wie das erste anfertigen könnt, und obendrein eine so starke Summe Geldes, die hinreichen würde, um davon die Ausstattung der Tochter eines Ritters zu bestreiten.
Und bei diesen Worten wollte er ihr das Geld geben; aber Bertha sagte zu ihm:
–– Behaltet dieses Geld, braver Mann, es ist der Preis für die Nahrung und Wohnung. die Ihr mir gebet; nur, wenn ihr Euren Töchtern Kleider kauft, werdet Ihr davon auch eins für mich mit kaufen.
Der Müller bestand lange auf der Annahme, Bertha dagegen wollte von Nichts wissen, und der Müller mußte das Geld in seinen Schrank legen. Aber da er ein rechtlicher Mann war, und voraussetzte, daß Bertha ihn doch einst verlassen werde, so trennte er ihr Geld von dem seinigen, um ihr im Augenblick der Abreise darüber leicht Rechnung ablegen zu können.
Die Prinzessin machte sich dann wieder an die Arbeit, welche sie emsig einen ganzen Monat fortsetzte. Am Ende des Monats übergab sie dem Müller eine noch weit schönere Stickerei, als die erste gewesen war. Dieses Mal ließ der Müller sich nicht erst lange bitten, er nahm die Stickerei und trug sie zu der nämlichen Händlerin, die ihm eine noch größere Summe dafür zahlte, so vortheilhaft hatte sie die erste verkauft; auch nahm sie ihm das Versprechen ab, ihr im nächsten Monat ein drittes Stück zu bringen und zu verkaufen.
Im folgenden Monat suchte die Händlerin vom Müller zu erfahren, wie er zu diesen reichen Stickereien käme, und wer die geschickte Arbeiterin sei, die so schöne Sachen anfertige; da aber der Müller der Prinzessin versprochen hatte, das geheim zu halten, so erwiderte er der Händlerin, daß, wenn sie ähnliche Fragen an ihn stellte, er die Stickereien künftig zu einer andern tragen würde. Hierauf versprach die Händlerin, welche diesen Verdienst zu verlieren fürchtete, ihn nie wieder darnach zu fragen, und bezahlte ihm dieses Stück noch theurer als die früheren.
Dieser Handel währte drei Jahre, und wenn man die Händlerin fragte, von wo sie diese Stickereien beziehe, antwortete sie: »von jenseits des Meers.«
III.
Wie König Pipin, der sich auf der Jagd verirrt hatte, an die Thür des Müllers klopft, und welche Folgen dies hatte
Als nun Prinzessin Bertha so drei Jahre lang gestickt hatte, und von Niemand, selbst vom Müller nicht erkannt worden war, ereignete es sich gegen das Ende dieser Zeit, daß der König in dem Walde von Weihenstephan jagte. Der verfolgte Hirsch hatte das Weite gesucht und den König und sein Gefolge in den großen Wald fortgerissen, welchen der Köhler, der Müller und Bertha bewohnten. In diesem Walde angekommen, verfolgte der König den Hirsch so eifrig, daß er gegen Abend gänzlich von seinem Gefolge getrennt war, und nur noch einen einzigen Jäger, einen Diener und seinen Astrologen bei sich hatte. Nachdem sie sich so verirrt hatten, und da der Wald immer wilder wurde, machte sich der Jäger auf, um einen Weg zu suchen, er suchte so eifrig, daß er sich bis über den Bereich des Jagdhorns entfernte, so gut, daß er seinerseits sich verirrte, und nicht wieder mit dem König vereinigen konnte, so daß der König mit seinem Diener und den Astrologen allein blieb.
In der Zwischenzeit war die Nacht völlig eingetreten. Der Astrolog beobachtete die Sterne, um zu erfahren, ob sie weit vom Schlosse Weihenstephan entfernt seien; aber er fand, daß, wenn sie auch die ganze Nacht hindurch ritten, sie kaum bei Anbruch des Tages im Schlosse ankommen würden. Nun sah der König wohl ein, daß nicht die Rede davon sein könne, das Schloß zu erreichen, sondern daß es sich darum handele, irgend ein Obdach zu finden, und er befahl dem Diener, auf einen Baum zu steigen, um zu sehen, ob nicht irgend ein Haus oder ein Dorf m der Nähe sich befinde. Der Diener gehorchte, und auf dein Gipfel der höchsten Tanne, die er hatte finden können, angelangt, rief er: Gnädigster Herr und König, ich sehe nicht fern von hier Rauch aufsteigen.
–– Wohlan! rief Pipin ihm zu, merke Dir genau die Richtung, steige herab und laßt uns dorthin gehen.
Der Diener stieg vom Baume herab, und bestieg wieder sein Pferd, dann wandten sich alle drei der von ihm bezeichneten Richtung zu, und gelangten bald an den brennenden Meiler des Köhlers. Der gute Mann war wie gewöhnlich beschäftigt, sein Feuer zu schüren. Der Diener näherte sich ihm und fragte, an welchem Orte des Waldes sie sich befänden. Aber der Köhler, welcher sah, daß hinter demselben sich noch zwei Männer im Schatten hielten, fragte, bevor er antwortete, wer sie wären. – Wir sind, antwortete der Diener, Jäger, die sich verirrt baden, und ein Obdach suchen, wo sie die Nacht hinbringen können. In diesem Augenblick hatten sich Pipin und sein Astrolog genähert und waren in dm Lichtkreis des Meilers getreten, und der Köhler sah an ihrer Kleidung, daß der Diener ihm die Wahrheit gesagt habe. Er bedachte, daß seine Hütte zu klein sei, um solchen anscheinend reichen Herren zum Obdach dienen zu können, und erbot sich, sie zu seinem Bruder, dem Müller, zu führen, welcher nur eine Stunde Wegs von dort wohne. Unsere Wanderer nahmen dies an, und schlugen, vom Köhler begleitet, den Weg nach Reismühl ein.
Als der Müller drei bewaffnete Männer ankommen sah, that er dieselbe Frage, wie früher sein Bruder, worauf der Köhler sagte, daß es drei Jäger wären, die sich im Walde verirrt hätten, und welche um ein Abendessen und Nachtlager bäten. – Wenn sie sich mit dem Wenigen begnügen wollen, was ich ihnen bieten kann, antwortete der Müller, so werde ich sie wohl gern aufnehmen. Worauf Pipin sich näherte, und zu diesem braven Manne sagte, daß, so wenig es auch sein möge, er in seiner gegenwärtigen Lage es dankbar annehme. Der Müller öffnete nun seine Thür, und der Köhler, welcher für seine Bemühung ein Goldstück empfangen hatte, kehrte wieder zu seinem Meiler zurück.
Wiewohl nun der Müller deutlich bemerkte, daß er es mit Männern von Bedeutung zu thun hatte, konnte er ihnen gleichwohl nur das vorsetzen, was er hatte, und dieses war, wie er gesagt, nur wenig; aber so mager die Mahlzeit auch war. so that Pipin ihr doch nicht weniger Ehre an, vorzüglich, da sie ihm von den beiden Töchtern des Müllers aufgetragen wurde, denen der König viele Artigkeit erwies, da sie ihm sehr gefielen. Seinerseits richtete der Müller tausend Fragen an ihn, wie man es mit Reisenden zu thun pflegt, und Pipin beantwortete sie huldvoll; doch wie sehr auch der König sich bemühete, sich zu seinem Wirthe herabzulassen, so bemerkte der Müller doch, daß er es mit einem Manne von hohem Range zu thun habe.
Nach dem Abendessen, und während Pipin von diesem und jenem mit dem Müller und dessen Töchtern plauderte, ging der Astrolog hinaus, um die Sterne zu berathen, und er las am Himmel, daß der König diese Nacht mit seiner wahren Gemahlin zubringen würde, und diese ihm einen Sohn gebären würde, der so mächtig unter den Königen und Kaisern werden würde, daß alle Fürsten der Christenheit ihm unterthänig sein würden. Kaum hatte er dies Horoscop gestellt, als er rasch wieder eintrat, den König bei Seite zog und ihm mittheilte, was er so eben in den Sternen gelesen. Aber der König wollte es nicht glauben, und erwiderte kopfschüttelnd:
–– Wie ist dies möglich, denn es ist nur zu gewiß, daß wir diese Nacht nicht nach Weihenstephan kommen werden.
Aber der Astrolog beharrte auf seiner Aussage, und da es ein sehr gelehrter Mann war, so wich Pipin seiner Meinung. Er wendete sich wieder zu dem Müller und sagte:
–– Braver Mann, beherbergt Ihr nicht irgend eine fremde Frau in Eurem Hause?
Der Müller, welcher das Geheimniß Berthas nicht preisgeben wollte, antwortete mit: Nein.
–– In diesem Falle, mein lieber Freund, sagte Pipin, gebt mir eine Eurer Töchter für diese Nacht, denn nach dem, was mein Astrolog sagt, und er ist ein Mann, der sich nie irrt, ist es möglich, daß eine Eurer Töchter meine Gemahlin wird.
Der Müller, der sich dies als eine große Ehre anrechnete, hatte Nichts dagegen, und nachdem dem Könige im besten Zimmer der Müller ein Bett hergerichtet war, führte er ihm seine älteste Tochter zu. Der Astrolog ging wieder ins Freie, um die Sterne von Neuem zu befragen, und da das junge Mädchen schon halb entkleidet war, so kehrte er rasch zurück, und sagte, der König möge sich hüten, weiter vorzuschreiten, denn diese sei nicht die ihm bestimmte Frau. Hierauf rief Pipin den Müller, und hieß ihm, ihm seine jüngste Tochter herzubringen, die wenigstens eben so hübsch als die älteste war, so daß der König sich tröstete, und selbst glaubte, daß er bei dem Tausch eher gewonnen als verloren hätte; aber in diesem Augenblick trat der Astrolog noch bestürzter als das erste Mal wieder ein, und sagte zu seinem Herrn, daß er die Sterne von Neuem befragt habe, und daß das junge Mädchen, welches sich in seinem Zimmer befinde, nie seine rechtmäßige Gemahlin werden würde, und daß es dem zu Folge gut sei, sie wieder fortzuschicken. Sogleich ließ Pipin den Müller zum dritten Mal kommen, und fragte ihn, ob sich bei ihm keine andere Frau befinde, als die beiden jungen Mädchen, welche er ihm nach einander zugeführt habe. Der Müller fürchtete, es möge ihm irgend ein Unglück begegnen, wenn er länger die Wahrheit verhehlte, und gestand Pipin, daß seit etwa drei Jahren ein schönes Fräulein bei ihm wohne, deren Heimath und Familie ihm unbekannt seien, und die bei ihm lebe und sich mit Stickerei beschäftige. Als der Astrolog diese Worte hörte, sagte er, er möge sie herbeiführen, denn aller Wahrscheinlichkeit nach sei sie es, welche die Sterne bezeichneten. Aber Pipin war so neugierig, das unbekannte Fräulein zu sehen, daß er die Rückkehr seines Astrologen nicht abwartete, sondern dem Müller auftrug, das junge Mädchen zu holen. Der Müller gehorchte, und holte Bertha, welche mit niedergeschlagenen Augen und ganz schamroth ankam; dann verschloß er die Thür hinter ihr und entfernte sich. Pipin ging nun auf das junge Mädchen zu, die, als sie ihn sich nähern hörte, die Augen aufschlug und die Hand ausstreckte, um ihn zurückzustoßen; aber kaum hatte sie ihn angesehen, als sie ihn sogleich nach dem Portrait erkannte, welches man ihr gesendet hatte, und auf ihre Kniee fiel und sprach:
–– Ihr könnt mit Eurer Magd machen, was Euch beliebt, denn Ihr seid mein Herr und mein König.
Pipin hob sie wieder auf, denn seinerseits war er betroffen von ihrer Schönheit, um so mehr, da diese Schönheit seinen Augen nicht fremd war, ohne daß er sich hätte Rechenschaft ablegen können, wo und wie sie ihm schon vorgekommen; außerdem setzte ihn noch der Umstand in Erstaunen und verstärkte seine Mußmaßung, nämlich, daß das junge Mädchen ihn sogleich erkannt hatte; aber er verschob die Nachforschung darüber für eine spätere Zeit.
In diesem Augenblick klopfte der Astrolog an die Thür, die bereits verschlossen war, und der König fragte, wer da sei.
–– Ich bin es, antwortete der Astrolog.
–– Nun, fragte Pipin ungeduldig, was willst Du noch von mir?
– Sire! erwiderte der Astrolog, ich komme, Euch zu sagen, daß Ihr jetzt Prinzessin Bertha, die Tochter des Königs von Krain, Eure rechtmäßige Gemahlin bei Euch habt, und daß diejenige, mit der Ihr seit drei Jahren lebt, nur Eure Concubine ist.
–– Ihr seid ein alter alberner Schwätzer, sagte Pipin; aber das soll Nichts ausmachen, die Sache steht jetzt gut, und ich bin zufrieden.; geht daher zu Bette und laßt mich in Ruhe.
Der Astrolog entfernte sich brummend; aber nun sagte das junge Mädchen zum König:
–– Sire, dieser Mann hat Euch die Wahrheit gesagt; ich bin Prinzessin Bertha, die Tochter des Königs von Krain, und hier ist der Ring, den Ihr mir gesendet habt.
Bei diesen Worten zog sie den Ring vom Finger, den sie von Pipin erhalten, und welchen der schurkische Haushofmeister ihr an dem Tage wieder abnehmen zu lassen vergessen hatte, wo er sie wollte ermorden lassen.
Sie erzählte hierauf Pipin, wie die beiden Männer Mitleid mit ihr gehabt, wie sie zu dem Müller geführt worden, und wie sie schon drei Jahre lang sich daselbst aufhalte, und alles verschwiegen habe.
Auf diese Weise plauderten sie die ganze Nacht, und als es Tag geworden war, wollte der König sie mit sich fortnehmen; aber sie warf sich auf die Kniee, und mit reizender Schamhaftigkeit bat sie den König, ihr nicht den Schmerz zuzufügen, daß sie ihre Freude durch den Tod eines Menschen vergiftet sehen müsse. Pipin wollte zwar davon Nichts hören; aber sie bat so eifrig, und unter so süßen und zärtlichen Liebkosungen, daß der König ihr endlich versprach, seine Rache noch zu vertagen. Hierauf führte sie den König in ihr Zimmerchen, zeigte ihm ihre Stickerei und ihr kleines jungfräuliches Bette, und zwar mit einer Reinheit und Keuschheit, daß der König, trunken von Glück, die Arme um sie schlang, und ausrief:
–– Ihr seid eine von Gott gesegnete Frau, gesegnet sei auch die Frucht, die Ihr heute von mir unter Eurem Herzen traget.
Dann schied er, empfahl aber vorher Bertha aufs Zärtlichste dem Müller, dem er für die Zukunft alle auf der Mühle lastenden Steuern erließ und befahl, daß, wenn das zu erwartende Kind ein Knabe sei, man ihm einen Pfeil sende, wäre es ein Mädchen, sollte man ihm eine Stickereinadel senden.
Bertha begleitete ihn beinahe eine halbe Stunde Wegs von der Mühle weg, und ließ sich das Versprechen geben, daß er nicht eher zurückkehren wolle, als bis ihr Wochenbett überstanden sei, und Pipin leistete dieses Versprechen.
So wie sie allein waren, verbot er seinem Astrologen und seinem Kammerdiener, mit der ganzen königlichen Gewalt, die er über sie ausübte, irgend ein Wort von dem Vorgefallenen zu erwähnen, und sie versprachen es ihm bei Leibes Leben. Sie setzten dann ihre Pferde in Galopp bis zu einem Schloß, welches sich auf der Hälfte des Weges befand; und nachdem ihre Pferde dort sich ausgeruhet und erfrischt hatten, sehten sie den Weg weiter fort, und erreichten am Abend Weihenstephan.
Was Prinzessin Bertha betrifft, so war sie nicht eitler oder stolzer als zuvor, wiewohl sie nun Königin eines großen Reichs geworden, und sie fuhr fort, eben so schöne Stickereien als früher anzufertigen, welche der Müller auf gewohnte Weise in der Stadt verkaufte. So veränderte sich also Nichts in ihrer Lebensweise, nur mußte die älteste Tochter des Müllers jetzt mit in ihrer kleinen Kammer schlafen, und jeden Abend betete die gute Königin zu Gott, daß er sie recht lange in der Mühle lassen möge.
Nach neun Monaten genas sie eines Sohnes, den der Müller als sein Kind taufen ließ, und welches den Namen Carl erhielt, wie Pipin es vorgeschrieben hatte. Als die Taufe vorüber war, nahm der Müller einen Pfeil, und trug ihn zu dem König Pipin, der darüber so erfreut war, daß er eine volle Goldbörse von seinem Gürtel ablösete, und sie dem Müller als Preis der ihm überbrachten guten Nachricht schenkte.