Kitabı oku: «Lords of Lucifer (Vol 1)»

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Alexa Kim

Lords of Lucifer (Vol 1)

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

Bisher erschienen von Alexa Kim

Impressum neobooks

1.

Liebe Leser,

die "Lords of Lucifer" sind in weiten Teilen düsterer, als meine bisherigen Serien und daher Lesern zu empfehlen, die gefährliche Versuchungen mögen. Eine Liebesgeschichte ist vorhanden, aber von Grenzerfahrungen geprägt und sie entwickelt sich langsamer und weniger offensichtlich, während die Erotik im Vorderund steht. Empfohlen für Leser/innen ab 18!

Eure Alexa

I don't love you … your fragile soul in my hand … welcome to shadowland …

Genervt lege ich das Buch über englische Literatur zur Seite und schiebe mir eine Haarsträhne hinter das Ohr, die sich aus dem Haarband gelöst hat. Hinter mir im Radio growlt die charismatische Stimme des Sängers weiter … no light for the damned … give me your hand … follow me to shadowland …

Hinter meiner Stirn beginnt es schmerzhaft zu pochen. Es sind fast dreißig Grad im Schatten, und ich hänge im Haus meiner Eltern fest, während das klimatisierte Gästehaus von dieser dämlichen Band besetzt wird, die behauptet, ihre Songs geradewegs vom Fürsten der Hölle diktiert zu bekommen.

„Mit so einem gequirlten Mist kann man auch nur Teenager beeindrucken ...“, murmele ich schlecht gelaunt vor mich hin, während der Gitarrist den Song mit einem überladenen Riff beendet.

Gott, ich danke dir für diese herrliche Stille …, denke ich und atme erleichtert auf. Leider habe ich mich zu früh gefreut - im nächsten Moment setzt der Sänger zu einem weiteren Lied an … Theatre of Tragedy … auf Platz Nummer 1 in den Charts seit fast sechs Wochen!

„Mom ...“, rufe ich gequält.

„Was denn, Schatz?“ Meine Mutter kommt barfuß aus dem Haus und sieht mich gut gelaunt an. Überhaupt sind meine Eltern in der letzten Zeit ständig gut gelaunt - seit diese Rockband sich in unser Gästehaus eingemietet hat, benehmen sich beide fast so, als würde ein Teil des Ruhms der Band dadurch auf sie abfallen.

„Spielen die jetzt nur noch diese bescheuerte Band im Radio?“, frage ich genervt.

Meine Mutter setzt ein seliges Lächeln auf. „Das ist die neue CD der Jungs. Papa hat sie bei der Schlüsselübergabe zum Gästehaus von deren Sänger geschenkt bekommen … scheint ein netter Typ zu sein … und er hat einen interessanten Namen … Kiran ...“

Ihr leicht verklärter Blick und die Art, wie sie den Namen ausspricht, sagt mir, dass sogar meine Mutter ein Teil dieses Affenzirkus' ist, der sich in meinem sonst eigentlich so beschaulichen Heimatort abspielt, seit die Lords of Lucifer hier residieren; anders kann man es wirklich nicht nennen. Sie verlassen tagsüber kaum das Haus und wenn doch tragen sie dunkle Brillen. Meistens bleiben sie aber in der schwarzen Limo sitzen, die protzig und deplatziert in unserer Kleinstadtidylle wirkt. Ich frage mich, ob sie uns durch die verdunkelten Scheiben beobachten, als wären wir Insekten oder ob wir so uninteressant für sie sind, dass sie uns überhaupt nicht wahrnehmen. Na ja … einige von uns bekommen schon ihre Beachtung ... Jede Nacht veranstaltet diese degenerierte Rockband Privatpartys, und wirklich jede dumme Pute aus der Stadt würde ihre eigene Großmutter verkaufen, um eine Einladung zu bekommen. Letzte Woche hat Jolina, die Tochter der Nachbarn, den begehrten schwarzen Umschlag im Briefkasten gehabt – darauf prangte in Silberdruck das Bandlogo … ein Schädel, aus dessen Augenhöhle sich eine Schlange windet. Als Jolina es ihren beiden Freundinnen zeigte, fingen sie an, sich zu prügeln, weil Jolina nur eine von ihnen als Begleitung zur Party mitnehmen durfte. Ich war entsetzt, als ich das gesehen habe … nicht, dass mich die Eifersucht ihrer Freundinnen überrascht hätte. Was mich wirklich verstörte, war die Tatsache, dass Jolina selbst es war, die sie zu dieser Prügelei angestachelt hat. „Ok, ich sehe wir haben ein Problem … da gibt es nur eine Lösung! Ihr werdet gegeneinander um euer Ticket zur Party kämpfen müssen!“

Jolina ist eigentlich ein nettes Mädchen, das Gewalt ablehnt. Aber die Leute benehmen sich komisch, seit diese Rockband hier ist … Gefühle wie Neid, Missgunst und Eifersucht nehmen zu. Sogar unter den älteren Leuten ist eine aggressive Stimmung zu spüren. Sie geben damit an, wenn ihre Töchter eingeladen werden, obwohl ihnen eigentlich klar sein müsste, dass die Mädchen dort nur einem Zweck dienen; und jetzt lehnt meine Mutter mit verklärtem Blick an der Terrassentür und outet sich als Fan der Band.

„Ich versuche zu lernen, Mom. Da ist diese Musik nicht gerade hilfreich.“

Meine Mutter zuckt mit den Schultern. Mit ihrem blonden Kurzhaarschnitt könnte sie fast meine ältere Schwester sein … aber eben nur fast! „Sei doch nicht so verbissen, Lea. Es sind fast dreißig Grad im Schatten. Du bist jung … amüsier dich einfach mal. Wenn du nur hier auf der Terrasse rumhockst, wirst du nie eine Einladung zu einer der Partys erhalten.“ Sie seufzt theatralisch. „Ich wünschte, ich wäre noch so jung wie du …“

„Mom!“, rufe ich entsetzt. Meine Eltern führen eine glückliche Ehe. Soweit ich weiß, hatten weder mein Vater noch meine Mutter je Affairen oder auch nur einen Blick für einen anderen Mann oder eine andere Frau übrig. Meine Mutter hält mich außerdem bei jeder Gelegenheit an, zu üben und mein Studium durchzuziehen. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie mir jemals geraten hätte, ein Lehrbuch aus der Hand zu legen!

„Du weißt, dass nach den Semesterferien schwierige Prüfungen anstehen … eigentlich hatte ich gehofft, das Gästehaus in diesem Sommer für mich zu haben und in Ruhe dort zu lernen. Stattdessen verfolgt mich diese bescheuerte Band bis hierher!“

Meine Mutter zieht eine Braue hoch, als stelle sie das erste Mal fest, was für ein Spießer ihre Tochter ist. „Die haben das Gästehaus den gesamten Sommer gemietet und der Sonderzuschlag, den das Management der Band zahlt, kommt noch obendrauf. Wir brauchen uns um nichts kümmern, kein Frühstück, keine Wäsche. Die machen alles selbst und zahlen sogar noch dafür, dass sie nicht gestört werden. Du weißt, dass die Geschäfte nicht gut laufen, und die monatliche Unterstützung für dein Studium ...“

„Schon gut … entschuldige, Ma ...“, sage ich zerknirscht und fühle mich schlecht. Ich weiß, dass meine Eltern finanzielle Probleme haben, und mein Studentenjob reicht einfach nicht aus, um das teure Einzimmerapartment in München alleine zu bezahlen. Ich sollte mich also darüber freuen, dass sie diesen Sommer gute Einnahmen haben.

Das Gesicht meiner Mutter nimmt wieder diesen ungewohnt entspannten Ausdruck an. „Du solltest dich wirklich nicht hinter deinem Studium verkriechen, Lea. Hattest du nicht mal einen Freund an der Uni … Dan?“

„Ben ...“, antworte ich leise, weil ich keine Lust habe, über Ben zu reden. Die Geschichte hat eh nur zwei Monate gedauert. Bens Verständnis von Beziehung war, mich ins Bett zu bekommen. Als ihm klar wurde, dass er sich die Zähne ausbeißt, hat er Schluss gemacht. Vielleicht bin ich ja wirklich spießig – aber es war vor allem meine Mutter, die nicht müde wurde, mich daran zu erinnern, wie wichtig Abitur und Studium sind, und dass ich mich von nichts und niemandem davon ablenken oder gar abbringen lassen soll. Ich habe den Kampf meiner Eltern seit frühester Kindheit miterlebt. Mein Vater verlor früh seinen Job als Techniker in einem großen Unternehmen, meine Mutter hat keine Ausbildung. Sie haben immer wieder gekämpft, mein Vater mit Zeitarbeitsjobs, und meine Mutter ist putzen gegangen, bis sie sich das Gästehaus leisten konnten, mit dem sie sich mehr schlecht als recht durchs Leben schlagen. Das Mantra meiner Mutter ... Du darfst so nicht enden, Lea … hat sich seit ich denken kann in jede Faser meines Körpers eingefressen. Vielleicht stoße ich deshalb Männer zurück, die mir emotional nah kommen könnten. Na ja … mittlerweile ist es mir schon etwas peinlich. Ich bin vor zwei Monaten einundzwanzig geworden und noch immer Jungfrau.

„Wie gesagt, Lea … du musst dir auch mal etwas gönnen. Du bist jung … die Zeit kommt nicht zurück, weißt du ...“

Mit gerunzelter Stirn dreht meine Mutter sich um und geht zurück ins Haus. Ich schüttele irritiert den Kopf. „Irgendwie stimmt hier gar nichts mehr ...“, sinniere ich vor mich hin und winke Hans, dem Postboten, der gerade sein Fahrrad um die Ecke unserer Straße schiebt.

„Hallo Hans ...“, rufe ich, und er winkt zurück. „Tag, Lea … wie 's.?“

Ich halte ihm das Buch über englische Literatur entgegen. „Eigentlich muss ich lernen, aber es ist so heiß.“

„Ich schätze, ich habe etwas für dich, das besser ist als Lernen.“

Schon bevor er weiterspricht, fällt mein Blick auf den schwarzen Umschlag mit dem silbernen Logo. „Oh Gott … bloß das nicht ...“, stöhne ich gequält, aber Hans macht sich sogar die Mühe, das Gartentor zu öffnen und mir den Umschlag persönlich in die Hand zu drücken.

„Scheint so, als wärest du jemandem ins Auge gefallen.“ Er strahlt mich gutherzig an, und ich frage mich, ob Hans vielleicht wirklich meint, was er sagt. Er trägt seit über zwanzig Jahren die Post in unserem Ort aus. Ich kann mich kaum daran erinnern, dass er jemals krank gewesen wäre oder zu spät kam.

„Diese Dinger werden doch an jede Frau unter dreißig verschickt, die nicht an Gebissschiefstellung leidet.“

„Wirklich?“ Hans steht kurz vor der Rente und hat in den letzten Jahren einen Bierbauch bekommen, was sein freundliches Wesen aber noch unterstreicht. „Auf jeden Fall wollen doch alle Mädchen so eine Einladung bekommen.“

„Tja … ich nicht ...“, antworte ich gereizt und lege den Umschlag demonstrativ zur Seite. Ich kann mir gut vorstellen, wie die dummen Hühner sie gierig aufreißen, während ihnen Sabber aus dem Mund läuft.

„Also die Julia … meine Nichte … die wurde letzte Woche eingeladen und ist seitdem wie verwandelt. Irgendwie so glücklich. Die war doch immer so mies gelaunt.“

Ja, sie läuft mit einem dämlichen Lächeln durch die Stadt, weil man ihr auf dieser Party das Hirn rausgevögelt hat … Natürlich spreche ich meine Gedanken nicht laut aus. Hans ist ein lieber aber etwas naiver Mann.

„Danke Hans … ich werde mal drüber nachdenken ...“, lüge ich, damit er zufrieden weiterziehen kann.

Als Hans fort ist, starre ich den Umschlag, der neben mir auf der Terrassentreppe liegt, an, als wäre er ein giftiges Insekt. Ich sollte ihn sofort wegwerfen. Und warum tust du es dann nicht einfach? Steh auf und wirf diese Einladung aus der Hölle in den Müll! Ich bewege mich nicht, aber ich rühre den Umschlag auch nicht an. Trotzdem hatte Hans recht mit seiner Einschätzung, dass nun mit Lernen für heute endgültig Schluss ist.

Seufzend ziehe ich mein Smartphone aus der Tasche meiner Jeansshorts und schreibe meiner besten Freundin Doreen eine Whatsapp Nachricht, ob sie Lust hat schwimmen zu gehen. Die Antwort kommt sofort … Wolltest du nicht für deine Prüfung lernen oder hast du genug von verstaubter englischer Geschichte? ... Bin schon auf dem Weg zu dir …

Minuten später stellt Doreen ihr Fahrrad vor unserem Gartenzaun ab und grinst triumphierend. Sie trägt eine mega knappe Jeansshorts, die kaum aus ein paar Fäden besteht und dazu ein Bikinioberteil, das meines Erachtens zu viel von ihrer D-Körbchengröße zeigt. Ihre langen gebräunten Beine unterstreichen ihre perfekte Modelfigur. Doreen ist ganz anders als ich … für sie kamen schon immer Partys vor dem Lernen, und ein Studium ist ihr zu anstrengend, deshalb hat sie eine Lehre als pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte gemacht und arbeitet jetzt in einer Apotheke in der Nachbarstadt.

„Ich wusste, dass du das nicht lange erträgst … es ist so heiß, dass einem das Hirn wegschmilzt, und du ziehst dir diesen verstaubten Langweilermist rein …“ Plötzlich reißt sie die Augen auf und kreischt vollkommen aus dem Zusammenhang: „Oh mein Gott … du wolltest mich überraschen, oder? Du bist so ein Luder!“

Sofort wird mir mein Fehler klar. Die Einladung … Scheiße!

„Äh, nein, das ist nur ...“

„Ich weiß, was das ist! Oh, verdammt, Lea … wie hast du denn das geschafft?“

„Also … keine Ahnung … aber ich gehe nicht hin ...“, stelle ich schnell klar, und kann sehen, wie Doreens Gesicht innerhalb einer Sekunde in den Kampfmodus wechselt. „Aber natürlich wirst du hingehen! Und ich komme mit … ich bin deine beste Freundin!“

„Du kannst die Einladung haben, Doreen ...“

Sie schnappt sich den Umschlag und streicht ehrfürchtig mit dem Finger über das silberne Bandlogo. „Du weißt genau, dass die Einladung nicht übertragbar ist. Aber als deine Begleitung kann ich mitkommen. Also bleibt dir nichts anderes übrig, als hinzugehen.“

Doreen runzelt die Stirn „Aber seltsam ist das schon, oder? Ich meine … wie kommen sie gerade auf dich?“

„Na, vielen Dank ...“, antworte ich beleidigt.

Doreen hat im Gegensatz zu mir die Ausstrahlung eines Vamps mit ihrer super Figur, ihrer Größe und ihren langen schwarzen Haaren, aber deshalb muss sie mir das ja nicht bei jeder Gelegenheit unter die Nase reiben. Tatsächlich wird sie kurz rot. „Ach Lea, du weißt, was ich meine. Du bist einfach nicht der Typ, auf den diese Art von Kerlen abfährt. Du bist intelligent, ernsthaft und hast hohe moralische Wertvorstellungen.“ Sie grinst frivol. „Ich laufe seit zwei Wochen halb nackt durch die Stadt, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Diese blöde Limo ist mindestens dreimal an mir vorbeigefahren … und habe ich eine Einladung bekommen? Nein! Das ist doch verrückt, oder?“

Normalerweise hätte ich Doreen so etwas geantwortet wie … Es gibt halt auch noch Männer, die nach etwas anderem suchen als einem sexy Fahrgestell … Aber in diesem Fall muss ich ihr wohl oder übel zustimmen. Diese Rockband sucht wohl kaum nach den inneren Werten von Frauen - und nach der Geschichte mit Ben bin ich mir auch nicht sicher, ob ich mir nicht selbst etwas vormache, was das Jagdverhalten von Männern grundsätzlich angeht. Tatsache ist, dass kaum einer mich auch nur ansieht, wenn ich mit Doreen unterwegs bin … egal ob Rockstars oder intelligente und ernsthafte Männer.

„Also … ich gehe trotzdem nicht hin ...“, sage ich trotzig.

Ohne mich zu fragen, reißt Doreen den Umschlag auf und liest. „Die Party ist heute Abend … also los … wir müssen dich ausgehtauglich machen.“

„Hörst du mir überhaupt zu?“, frage ich kopfschüttelnd, aber Doreen packt mich einfach am Arm und zieht mich ins Haus. „Mal schauen, was dein Kleiderschrank hergibt ...“

„Nichts … das ist eine Katastrophe ...“, stellt sie kurz darauf fest. „Ich gebe dir etwas von mir.“

„Auf gar keinen Fall … und außerdem gehe ich noch immer nicht zu der Party!“ Mit verschränkten Armen sehe ich zu, wie Doreen sich durch meinen Kleiderschrank arbeitet.

In diesem Moment kommt zu allem Überfluss auch noch meine Mutter ins Zimmer. „Hallo Doreen, wie geht es dir?“

„Super, Frau Kern. Schauen Sie mal … Lea hat eine Einladung zu einer der Bandpartys bekommen und will nicht hingehen.“

Die Augen meiner Mutter weiten sich, und das sehnsuchtsvolle Glitzern darin lässt mich ahnen, dass ich endgültig verloren habe. „Aber natürlich gehst du hin, Lea!“

„Nein … ich will nicht!“

„Ihr werdet dort sicherlich Spaß haben … du und Doreen.“

„Genau das habe ich ihr auch gesagt, Frau Kern. Ich wollte Lea gerade mit zu mir nehmen, weil sie nichts Passendes für die Party anzuziehen hat.“

„Das ist eine tolle Idee! Ach Lea … ich bin so stolz und muss sofort Papa davon erzählen.“

Aufgeregt wie ein Teenager fegt meine Mutter davon. Ich werfe Doreen einen zerstörerischen Blick zu. „Was ist los mit euch allen? Interessiert euch nichts anderes mehr als diese dämliche Band?“

„Was könnte denn wichtiger sein?“, antwortet Doreen schulterzuckend, und ich beschließe um des Friedens willen, nachzugeben. Was solls? Wenn Doreen unbedingt unter einem grunzenden nach Bier stinkenden Rocker liegen möchte, bitte! Das heißt ja noch lange nicht, dass ich das Gleiche tun muss. Ich gehe zu dieser blöden Party, bleibe eine Stunde und verschwinde dann. Doreen wird mich kaum vermissen. Sie ist ein Partymensch und findet schnell Anschluss.

„Also gut … meinetwegen … aber auf keinen Fall laufe halb nackt herum!“

Doreen zwinkert. „Selbst ich habe ein paar Sachen, die jemandem wie dir gefallen dürften.“

Jemandem wie mir … Nach all den Jahren weiß ich, dass Doreen es nicht so meint, wie es klingt, aber es zeigt mir immer wieder, dass wir mittlerweile doch sehr unterschiedliche Wertvorstellungen haben. Doreen lässt nichts anbrennen und sieht Sex als sportlich entspannende Freizeitbeschäftigung. Du wirst es überleben … was ist schon dabei … eine Stunde und dann hast du es hinter dir … Mit diesem Gedanken versuche ich, mich zu trösten.

2.

Ich zupfe an dem zu kurzen Rock und ziehe das viel zu weit ausgeschnittene Shirt zurecht. Doreen meinte zwar, dass dieses Outfit zu einem ihrer entschärften gehört, aber … meine Güte! Ich habe das Gefühl, dass der hautenge Stoff des Rockes bei jedem Schritt meine nackten Beine hochkrabbelt und der V-Ausschnitt des Shirts über meinen Brüsten spannt. Die sind zwar nur halb so groß wie Doreens, aber ich fühle mich trotzdem wie ein appetitlich verpacktes Horsd'oeuvre.

„Einladung ...“, fordert ein Typ mit langem Bart, Tattoos auf den Armen und ungepflegten Haaren. Fordernd streckt er Doreen die Hand entgegen und ist entsprechend irritiert, als ich ihm den Umschlag gebe. Misstrauisch vergleicht er den Namen auf der Einladung mit meinem Personalausweis, den ich selbstverständlich vorlegen muss.

„Dann viel Spaß, Babe ...“, sagt ZZTop in jung, sieht dabei aber nicht mich an, sondern Doreen, die ihn verheißungsvoll anlächelt. Sie spielt nur mit ihm, denn wie ich Doreen kenne, wird sie sich mit nichts außer einem Bandmitglied zufriedengeben. Ich nehme an, dass sie gute Chancen hat. Doreen ist eine Schönheit, die selbst unter anderen Schönheiten auffällt.

Ich erkenne unser Gästehaus kaum wieder, während wir uns durch den Flur schieben, in dem halb nackte Mädchen mit Bierflaschen oder Whiskeygläsern die neu ankommende Konkurrenz herablassend in Augenschein nehmen. Ihre Blicke Doreen gegenüber sind eindeutig feindselig … ich hingegen bin für sie unsichtbar.

„Das ist unfassbar … schau dir an, was sie aus unserem Haus gemacht haben ...“, flüstere ich wütend.

„Sei doch nicht so spießig, Lea. Deine Eltern werden bestimmt super bezahlt. Mir gefällt es hier ...“

Ich denke an die letzten beiden Sommer, in denen ich das Gästehaus für mich allein hatte. Die einfachen aber geschmacklich abgestimmten Möbel, die hellen Räumen und die ruhigen Stunden auf der Terrasse mit einem Buch. In der Küche habe ich mir oft etwas gekocht oder wenn ich Lust dazu hatte einen Kuchen gebacken – ein kleines Paradies, von dem nichts mehr übrig ist!

Was diese Neandertaler aus dem Haus gemacht haben, treibt mir fast die Tränen in die Augen. Die Kunstdrucke wurden von den Wänden genommen und jede freie Stelle stattdessen mit protzigem Merchandise der Band geschmückt … Fahnen mit dem Bandlogo, Poster und … ja … tatsächlich … überall stehen täuschend echt wirkende Totenschädel rum, in denen Kerzen flackern. In einer Ecke steht ein Pappaufsteller der der Band in Lebensgröße. Der Sänger schaut düster ganz in schwarzes Leder gekleidet mit vor der Brust verschränktem Armen und scheint jeden zu fokussieren, der an ihm vorbeiläuft. Alberner Kitsch! Als wir den Flur durchquert haben und ins Wohnzimmer kommen, klappt mir die Kinnlade herunter. Auf die weiße Wand, die ich erst im letzten Sommer neu gestrichen habe … sozusagen als Dankeschön, dass ich das Gästehaus zwei Wochen umsonst bewohnen durfte … hat diese Höllenbrut ein riesiges Pentragramm gemalt – mit roter und schwarzer Farbe!

Der Laminatboden – eigentlich eine unverwüstliche Qualität – sieht aus, als wäre eine Herde Elefanten darauf herumgetrampelt.

„Das ist … unfassbar ...“, stammele ich kopfschüttelnd.

„Ja, oder?“, antwortet Doreen mit glänzenden Augen. „Oh Gott, da hinten auf der Couch … das sind Snake und Boris!“

„Wer? ...“, frage ich verärgert und folge Doreens Blick. Mich interessieren weder der Typ mit den langen blonden Haaren, der an den Saiten einer Gitarre zupft, noch der bullige Glatzkopf neben ihm, der eine dumm grinsende Brünette im Ultramini auf dem Schoß hat und den unteren Teil seines Körpers in eindeutiger Weise an ihrem Hintern reibt. Ich sehe nur die Couch, auf der ich viele gemütliche Abende verbracht habe … der Stoff hat einen langen Riss an der Lehne und eine der dummen Tussen, die sich in anbiedernder Weise um die Couch scharen, schüttet gerade ihren Drink über den Stoff, weil sie kaum noch gerade gehen kann.

„Snake, der Blonde, ist der Gitarrist und der Glatzkopf mit dem Bandana, Boris, ist der Drummer der Lords of Lucifer.“

„Toll … ich erstarre in Ehrfurcht … “, antworte ich angepisst.

„Komm, wir gehen zu ihnen ...“

„Nein!“, stelle ich klar, aber Doreen schleift mich bereits hinter sich her.

„Hey ...“, sagt sie selbstbewusst, als wir vor der Couch angekommen sind und stellt sich in Position, um ihre beiden schlagkräftigsten Argumente zu präsentieren. Die Brünette wirft Doreen einen warnenden Blick zu, aber der Glatzkopf schiebt sie bereits von seinem Schoß und grinst Doreen an. „Sehr hübsch … möchtest du einen Drink, Püppchen?“

Püppchen?! Ich überlege, dem Sofa noch einen weiteren Fleck hinzufügen, indem ich auf der Stelle loskotze. Wie schlecht kann dieser Abend denn noch werden?

„Hey … das war mein Platz ...“, zickt die vom Schoß des Drummers verdrängte Schönheit.

„Jetzt ist es ihrer ...“, antwortet Boris, ohne die Verschmähte noch einmal anzusehen. Seine Blicke kleben an Doreen. Er streckt seine Hand nach ihr aus. In diesem Augenblick geht ein Adrenalinstoß durch meinen Körper. Eine Stimme in mir schreit warnend auf ...

Instinktiv packe ich Doreens Handgelenk und ziehe es fort, bevor sie Boris' Hand ergreifen kann.

„Hey, was soll das?“, zischt Doreen.

„Ich weiß nicht … ich hab ein mieses Gefühl ...“

„Gott, Lea … jetzt mach dich nicht lächerlich.“ Meine Aktion ist ihr sichtlich peinlich. Das gehässige Kichern der anderen Mädchen lässt auch nicht lange auf sich warten. „Wer hat die denn eingeladen?“

Der Glatzkopf sieht mich an … sein Blick lässt mich schaudern, weil ich das Gefühl habe, dass mich aus seinen Augen etwas anstarrt, das so abgrundtief ist, dass es mir die Luft zum atmen raubt. Auch der blonde Gitarrist hat sich mir zugewandt … und ich spüre die gleiche abgrundtiefe Präsenz in ihm.

„Was ist dein Problem, Kleine?“, fragt Boris.

Meine Kehle ist wie zugeschnürt. Statt ihm zu antworten, sehe ich Doreen an und flüstere: „Irgendwas ist seltsam an diesen Typen.“

„Mann, Lea … entspann dich ...“, faucht sie genervt. „Hol dir was zu trinken und hab etwas Spaß.“

Im nächsten Augenblick greift sie nach Boris' Hand und lässt sich von ihm auf seinen Schoß ziehen. Er fängt sofort an, Doreen zu befummeln.

Ich schüttele den Kopf. Das Gefühl der Gefahr, das von Boris ausging, ist verschwunden. Drehe ich langsam durch?

Ich mache, dass ich wegkomme, in dem unguten Wissen, mich total blamiert zu haben. Wenigstens beachtet mich niemand mehr … nur der Gitarrist sieht mich noch einen Moment lang an, bevor er sich wieder seiner Gitarre widmet.

Ok, du bist einfach nicht geschaffen für das hier …, rede ich mir ein und fliehe aus dem Wohnzimmer. Ich werde mir einen Drink holen und mich dahinter verstecken, während ich mich von der Party schleiche. Ich nehme an, dass es etwas zu auffällig wäre, den Haupteingang zu benutzen, nachdem ZZTop uns erst vor zehn Minuten reingelassen hat. Aber ich kenne natürlich alle Schleichwege in diesem Haus. Oben vom Gästeschlafzimmer aus geht einen Balkon ab mit einer Feuerleiter, die meine Eltern wegen der Brandschutzbestimmungen anbauen mussten. Ich kann daran herunterklettern und durch den Garten klammheimlich verschwinden. Doreen und ich sind mit dem Taxi gekommen, weil das Gästehaus außerhalb der Ortschaft liegt. Die Gegend ist ländlich, und der nächste Nachbar wohnt gut zehn Minuten mit dem Auto entfernt. Ich habe aber mein Handy und genügend Geld dabei, um nach Hause zu kommen.

Während ich mich zur Küche durchschlage, fällt mir der offensichtliche Frauenüberschuss der Party auf. Die Männer scheinen alle Mitarbeiter der Band zu sein, denn sie tragen T-Shirts mit dem Bandlogo - Roadies und vielleicht ein paar Leute aus dem engeren Umfeld der Band. Scheinbar mögen Rockstars keine Konkurrenz.

In der Küche drückt mir eine ziemlich betrunkene Blondine ein Glas in die Hand. „Hier Süße … du siehst so nüchtern aus ...“, säuselt sie und kichert dann dümmlich.

„Was ist das?“, frage ich misstrauisch, während ich an dem giftgrünen Gebräu schnuppere. Es riecht nach Rum und undefinierbaren Zutaten.

„Das macht … Zoooooom ...“, kichert sie dümmlich und kippt sich den Inhalt ihres Glases in den Hals.

Ich nippe vorsichtig und stelle fest, dass es gar nicht mal schlecht schmeckt. Zoom, he? Vielleicht kann ich tatsächlich etwas Zoom gebrauchen … nicht so viel wie Blondie, versteht sich.

Gewappnet mit meinem Glas dränge ich mich zurück in den Flur, der mittlerweile so voll ist, dass ich mich durchquetschen muss, um zur Treppe zu kommen, die ins obere Stockwerk führt. „Tschuldigung ...“, rufe ich, als ich einen Typen anrempele, der ein Mädchen gegen eine Wand gedrückt hat. Sie hat ihre Beine um seine Taille geschlungen, und ich sehe erst jetzt, dass seine Hose so tief hängt, dass ich seinen nackten Hintern sehen kann. Oh mein Gott … haben die etwa gerade Sex … hier im Flur … vor allen?! Die Bewegungen seiner Hüften bestätigen meinen Verdacht. Ich will schnell weitergehen, als er sich zu mir umdreht. „Kein Problem, Schätzchen … wenn du willst, nehm ich dich als Nächste ran.“

Er grinst, und ein roter Funke glimmt in seinen Augen auf.

„Danke, ich hab schon ...“, antworte ich irritiert. Das Glimmen in seinen Augen ist verschwunden, und er widmet sich wieder dem Groupie, in dem er gerade steckt. Ich spreche eine noch einigermaßen nüchtern wirkende Frau mit dunkel geschminkten Augen an: „Hast du das auch gesehen?“

„Was denn?“, fragt sie gelangweilt.

„Na, dass seine Augen rot geworden sind.“

„Was hast du dir denn reingefahren?“, fragt sie prustend vor Lachen und dreht sich von mir weg. Ich bin sicher, dass sie es hätte sehen müssen. Vielleicht bin ich doch irre? Ich will an meinem Drink nippen und stelle fest, dass er leer ist. Wann habe ich ihn ausgetrunken? Ich kann mich nicht daran erinnern. Allerdings verspüre ich ein wattiges Gefühl im Kopf … als wäre die Zeit aus Gummi, das sich nach Belieben formt und zieht. Vielleicht hatte ich doch etwas zu viel von diesem Zoom …

Ich gehe weiter und werfe einen Blick ins Wohnzimmer. Kurz überlege ich, Doreen zumindest Bescheid zu sagen, aber auch das Wohnzimmer ist mittlerweile so voll, dass ich weder Doreen noch Boris ausmachen kann.

Scheiß drauf … sie ist erwachsen und sie wollte das hier …, sage ich mir und kämpfe mich die Treppe hinauf. Auch hier quetschen sich Frauen und Männer, manche auf eindeutige Weise ineinander verknotet. Ein Mädchen lehnt oben ohne an der Wand, während gleich zwei Typen sich an ihren Nippeln festgesaugt haben. Sie stöhnt und rekelt sich, als wäre das hier das Beste, was ihr je passiert ist. Ich kann zwar nicht mitreden, aber ich schätze ihr Verhalten doch als übertrieben ein.

Am Ende des Ganges reiße ich panisch die Tür des Gästeschlafzimmers auf, stürme hinein und knalle die Tür hinter mir zu. Endlich allein! Ein paar Sekunden sammeln, die Balkontür aufreißen und die Leiter runterklettern. Kinderspiel!

Das Stöhnen und Grunzen zwingt mich, zum Bett hinüberzusehen. Oh bitte nicht … Gibt es denn hier nirgendwo einen Platz, an dem nicht gevögelt wird? Im nächsten Moment kommt ein kieksender Laut aus meiner Kehle. Auf dem Bett kniet Doreen … splitterfasernackt! Hinter ihr hat sich Boris positioniert. Von ihm kommt das Grunzen, während er sich wieder und wieder in Doreen hineinrammt. Es ist nicht Doreen, die stöhnt … sie könnte es genau genommen gar nicht, weil in ihrem Mund der Penis des blonden Gitarristen steckt. Die beiden haben Doreen zwischen sich aufgeteilt … der eine nimmt sie von vorne, der andere von hinten.

„Doreen ...“, ist das Einzige, was mir über die Lippen kommt, und tatsächlich dreht sie den Kopf und sieht mich an, ohne jedoch mit dem was sie tut, aufzuhören. Ihr Blick verstört mich zutiefst … es sieht aus, als erkenne sie mich gar nicht … als wäre ihr alles gleichgültig. Fast kommt es mir vor, als wäre ihr überhaupt nicht klar, was sie tut.

„Du bist ziemlich lästig, Kleine ...“, grollt Boris, ohne mich anzusehen. „Willst du mitmachen?“

„Nein ...“, sage ich empört. Das wattige Gefühl in meinem Kopf wird stärker ... alles dreht sich. Ich muss die Augen schließen. Als ich sie wieder öffne, habe ich das Gefühl, eine Kralle legt sich um meinen Hals. Was ich sehe, will mein Verstand nicht akzeptieren. Boris kniet noch immer hinter Doreen … aber aus seinem Kopf ragt ein Geweih. Ich kann seine Hände sehen, die Doreens Hintern in Position halten … aber alles, was unter den Hüften kommt, sieht aus wie ein ... Hirsch! Ich schnappe nach Luft, weil ich nur starren kann.

„Sie weiß es!“

Es ist das erste Mal, dass ich den Gitarristen sprechen höre.

„Die Kleine hat einfach zu viel von unserem Happydrink intus ...“, antwortet Boris.

Mit einer Mischung aus Unglauben und Horror glotze ich die fledermausartigen Flügel an, die aus dem Rücken des Gitarristen herausragen, während er Doreens schwarzes Haar gepackt hat und seine Hüften rhythmisch vor und zurück stößt.

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