Kitabı oku: «Das E-Commerce Buch», sayfa 6

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2.1.2Kundenorientierung
Von „Push“ zu „Pull“: Am richtigen Strang ziehen

Nicht jeder hat die Marktmacht eines Amazon oder eines Otto-Versands und die damit einhergehenden traumhaften Möglichkeiten, sein Sortiment ständig zu erweitern – teilweise auf Kosten anderer. Für den klassischen Beschaffer hört sich dies alles sogar eher nach einem Albtraum an: Er muss alles jedem anbieten. Und durch die Präsenz von Giganten wie Amazon, denen dies gelingt, haben sich die Kundenerwartungen gewaltig verschoben und eine Eigendynamik angenommen, in der die gesteigerte Verfügbarkeit zu einer Steigerung der Erwartungen führt.

Der Einkäufer kann nicht mehr die Ware, die er beschafft hat, in den Markt schieben (Push), sondern muss in der Beschaffung auf die Nachfrage im Markt reagieren (Pull).

Nicht der Einkäufer schiebt die Ware je nach Prognose in die Geschäfte, sondern der Kauf eines Produkts durch einen Kunden schickt einen Impuls die Lieferkette hinauf. Die Prognose der Hersteller steht nicht am Anfang, sondern am Ende des Kaufprozesses.

Das Konzept des „Pull“ statt „Push“ ist in der industriellen Fertigung bekannt, wo es ebenfalls darum geht, in einer Fabrikhalle den beanspruchten Lagerraum auf ein Minimum zu reduzieren. In der Autoindustrie zog Toyota mithilfe des „Kanban“ genannten Pull-Systems in Sachen schlanke Produktion an seinen Konkurrenten vorbei. Perfektioniert hat diese Methode im stationären Einzelhandel als erstes die Kleidungskette Zara.

Fallbeispiel: Fast Fashion – von Zara zu Zalando

Zara hat um die Jahrtausendwende Supply-Chain-Management und kundenorientierte Beschaffung auf eine völlig neue Art zusammengeführt: Nicht nur wird jeder einzelne Kauf geloggt und direkt an die Zentrale übermittelt, sondern die gesamte Produktpalette wird nach Verkäufen ausgerichtet. Zara produziert schließlich selbst und kann in kürzester Zeit auf Verkaufshöhen bei gewissen Kleidungsstücken mit Mehrproduktion reagieren – und mit einer erhöhten Produktion bei ähnlichen oder passenden Stücken. Welche Vorteile dieses Vorgehen genau mitbringt, wird im Folgenden erläutert.

Zara-Geschäfte weltweit geben mehrfach in der Woche eine Bestellung in der Zentrale in Spanien ab und bekommen pünktlich neue Ware geliefert. Gekoppelt mit einem hohen Anteil an eigener Produktion eröffnet diese effiziente, rapide, zentral gesteuerte Lieferkette ganz neue Möglichkeiten: Zara kann beispielsweise Kleidungsstücke in geringer Stückzahl produzieren und zum Test ausliefern. Verkauft sich die neue Ware gut, wird die Produktion hochgestuft und die nächste Lieferung liegt bereits sechs Wochen später in den Regalen. Erst wenn sich ein Kleidungsstück zu einem Dauerbrenner entwickelt hat, wird es aus der lokalen Produktion neben der Konzernzentrale in Galizien nach Marokko oder in die Türkei ausgelagert, allein Basics wie T-Shirts oder Unterwäsche werden weiter weg in Asien produziert. Denn aus Konzernsicht kann über diese Entfernung auf den kapriziösen, modebewussten westlichen Konsumenten nicht reagiert werden. Und Zara hat entdeckt, dass diese Konsumenten durchaus Bereitschaft zeigen, für gerade in Mode gekommene Stücke eine höhere Summe zu zahlen, die die höheren Kosten der agilen, flexiblen Beschaffung abdeckt. So stören die Schwankungen der Mode und des Geschmacks das System von Zara keineswegs: Ohne solche Schwankungen hätte der Konzern einen teuren Beschaffungsapparat ohne jeglichen Marktvorteil.

Zugespitzt formuliert drängt sich die philosophische Frage auf, ob Zara damit auf Modetrends reagiert – oder diese selbst mit seiner Agilität mitentwickelt. Fest steht aber, dass dieses System so erfolgreich ist, dass H & M, Topshop, Forever 21 und einige andere Kleidungsketten mitgezogen sind: Obwohl sie nicht wie Zara selbst produzieren, wird die Produktion der Kleidung in immer engerer Abstimmung mit tatsächlichen Verkäufen gestaltet.

Zara feierte vor dem E-Commerce Erfolge im herkömmlichen Einzelhandel, tat dies aber mit Methoden, die auch für den Online-Handel richtungweisend sind:

Echtzeitauswertung, schnelle Logistiklösungen, zentral gesteuerte Agilität. Das sind alles technologiegestützte Werkzeuge, die in der DNA des Internets festgeschrieben sind.

Wo Zara zum Beispiel zunächst kleine Mengen an neuen Designs herstellt, um deren Verkauf auszuwerten, perfektionieren Google und Facebook ihre leistungsfähigen Algorithmen dadurch, dass neue Varianten erst als Beta-Version in kleinen Testgruppen eingesetzt werden. Was sich im kleinen Rahmen in der Praxis nicht bewährt, wird nicht großflächig umgesetzt: Es ist ein System fast ohne Risiko.

Und es ist ein System, das sich erst online mit voller Kraft entfaltet. Zara gelang im stationären Handel mit diesem Efficient-Consumer-Response-Ansatz so etwas wie eine Revolution. Zalando zeigt die weitere Evolution dieses Modells – und zwar in dem für das Internet charakteristischen Zeitraffer und mit dem für E-Commerce üblichen Hochdruck.

Denn: Damit dieses System aufgeht, muss ein Online-Händler wie Zalando sogar schneller zur Stelle sein als ein Hersteller wie Zara, der gefragte Ware teilweise Wochen vor seinen Konkurrenten anbietet. Bestellt ein Online-Händler zu knapp, müssen die Logistikzentren auf Nachlieferung warten – und der Kunde klickt sich währenddessen einfach zum nächsten Anbieter durch, der das Produkt gerade vorrätig hat. Kunden im stationären Einzelhandel dagegen sind noch in den Gesetzen von Zeit und Raum gefangen. Noch schlechter sieht es aus, wenn der Online-Händler den gefragten Artikel überhaupt nicht im Sortiment führt: Die nächste Webseite, auf der er käuflich zu erwerben ist, ist wieder einmal nur einen Klick entfernt.

Ganz wie Zara testet Zalando also erst Produkte in kleinen Mengen im Sortiment. Verkauft sich der Bestand schnell, so weiß dies Zalando auch in Echtzeit und kann das gefragte Produkt nachbestellen, bevor das letzte Exemplar verkauft wurde. Zudem – wieder ganz wie Zara – hat Zalando früh angefangen, eigene Marken aufzubauen: Ist doch die Marge, die sich als Händler mit eingekauften Waren einnehmen lässt, selbst bei einem Netzwerk an sehr großen, sehr günstigen Logistikzentren, sonst zu dünn. Durch die allgegenwärtige Bedrohung, dass der Kunde ein Preisgefälle schnell entdeckt und einfach zum Konkurrenten weiterklickt, ist der Preiskampf im Internet knallhart, bisweilen ruinös.


Abbildung 2.4: Schematische Gegenüberstellung von Push- und Pull-Supply-Chain

Quelle: in Anlehnung an Michael Levi et. al, Retailing Management, McGraw-Hill, 2013, S. 261

Die Eigenmarke ist aber auch deswegen eine wichtiger Evolutionsschritt bei Zalando, weil sie einen weiteren Mechanismus der Beschaffung im E-Commerce offenlegt: Wer online als Händler auftritt, sammelt massenhaft Daten über Verkaufserfolge sowie stark gesuchte Produkte. Merkt also Zalando, dass sich etwa Markenstiefel in einer besonderen Optik gut verkaufen, so kann der Händler über eine seiner Eigenmarken wie „Stups“ zum Hersteller werden und anfangen, ähnliche Stiefel zu produzieren. Noch interessanter sind gegebenenfalls die Daten über teure Markenartikel, die sich Kunden zwar oft anschauen, aber nicht kaufen. Der gewiefte Beschaffer sieht, dass Nachfrage zwar vorhanden, das bestehende Angebot jedoch wohl unerschwinglich ist – und kann selbst eine günstigere Variante in Auftrag geben. Im Frühjahr 2019 gab Zalando allerdings bekannt, sich vom Eigenmarkengeschäft zu verabschieden, da sich dieses nicht mit den strategisch übergeordneten Plattform-Plänen vereinbaren lasse. In diesem Gatekeeper-Ansatz als „Ökosystem“ für Fashion geht es dann stärker um die Vermittlung von Aufträgen an Partner, und eigene Labels sind hier möglicherweise hinderlich.3

Amazon ist seit Jahren für solche „Rosinenpickerei“ auf seinem Marktplatz bekannt: Verkauft sich ein Artikel eines dritten Händlers dort gut, wandert er – oder ein sehr ähnlicher – bald ins Amazon-eigene Sortiment rüber. So hat sich Amazon in der Testphase die Kapitalbindung für den Einkauf gespart und steigt erst dann ein, wenn sich das Produkt nachweislich gut verkauft. Zalando ist hier aber einen ganzen Schritt weiter vorn in der Wertschöpfungskette: Verkauft sich ein Artikel gut, kann er in sehr ähnlicher Aufmachung von Zalando selbst hergestellt werden. Inzwischen beginnt auch Amazon verstärkt mit der Produktion von Eigenmarken – seien es Elektronik-Zubehörprodukte unter „Amazon Basics“ oder Heimtextilien unter der Eigenmarke „Pinzon“ (siehe auch 2.4.2 Online-Vertriebskanäle).

Kundenorientierte Beschaffung im Netz ist also keine Frage des Gefühls, sondern der Datenlage. Der Händler, der auch mal Hersteller ist, hat als Händler genaue Verkaufsdaten der Konkurrenz, an die man als konkurrierender Hersteller so nicht herankommen würde. Aber selbst ein reiner Händler hat im E-Commerce einen gewaltigen Datenvorteil.

2.1.3Optimierung des Angebots
Pull-Effekt: Im E-Commerce vor dem Kaufvorgang

Im stationären Einzelhandel – selbst bei einem so agilen, aktuellen Anbieter wie Zara – fängt Sortimentsoptimierung erst mit dem Kauf eines Artikels an: Erst dann zeigt sich, ob das Produkt nachgefragt wird. Im Netz sieht es anders aus, denn die Nachfrage kann vor dem Kauf vorhergesehen werden. Kunden werden dadurch transparenter, dass sie ihre Wünsche in Schriftform elektronisch äußern. Sowohl in einem Online-Shop als auch generell im Netz tastet ein Kunde sich in rückverfolgbaren Suchbegriffen an das heran, was er gerade kaufen möchte. Auch wenn der Kunde einen Artikel nicht direkt kauft, sieht man ihm im Netz unmissverständlich an, dass er sich für ein Produkt interessiert. Bei der Sortimentsoptimierung setzt man also früher an, als es im stationären Einzelhandel je der Fall sein könnte, und zieht den Prozess bis in die nachträgliche Verkaufsanalyse durch.

Im Folgenden stellen wir nun die einzelnen Werkzeuge dar, mit denen im E-Commerce Sortimente optimiert werden. Dabei unterteilen sich die verfügbaren Methoden in drei Kategorien:

Off-site: Online-Werkzeuge, die nicht auf der eigenen Webpage sind.

On-site: Online-Werkzeuge, die im eigenen Webshop angesiedelt sind.

Klassisch: die üblichen Analysen, die auch im stationären Einzelhandel verwendet werden.

Durch eine geschickte Kombination dieser Optionen gelingt es Beschaffern im E-Commerce, ein umfassendes Bild über das Abschneiden des aktuellen Sortiments sowie über die Möglichkeiten und Erfordernisse in Bezug auf das künftige Sortiment zu gewinnen.

Off-site: Die Geräuschkulisse im Netz

Wir fangen off-site an, denn da kommt der Interessent her, den es in einen Kunden zu verwandeln gilt. Vor dem Internet – und heute noch im klassischen Einzelhandel – wurde mittels Marktforschung und Umfragen versucht, herauszufinden, was sich potenzielle Kunden wünschen. Sonst war ein probates Mittel: Ausprobieren. Der Shopmanager stellte Produkte ins Sortiment und ins Schaufenster und per Ausschlussverfahren wurde festgestellt, welche Artikel Nachfrage erzeugten.

Stellen Sie sich nun kurz Google als Einkaufsstraße vor: Ihr Webshop ist ein Laden, in den Sie versuchen, Kunden zu locken. In einer „analogen“ Einkaufsstraße der realen Welt laufen die Shopper pausenlos an ihrem Fenster vorbei. Mal hält sich einer auf und sieht ins Schaufenster. Hin und wieder kommt jemand herein und einige kaufen sogar etwas. Erst nachdem der Kunde einen Kauf getätigt hat, wissen Sie unmissverständlich, wonach er auf der Suche war – oder zumindest (falls er ein nicht-zielgerichtetes oder steuerbares Einkaufsverhalten an den Tag legt) wofür er bereit war, Geld auszugeben.

In einer digitalen Einkaufsstraße sieht es aber anders aus. Die Kunden, die ebenfalls an Ihrem Laden vorbeiströmen, tragen alle quasi Pappschilder mit einer Liste von Sachen vor sich her, nach denen Sie auf der Suche sind: Kleid, Fernseher, Lampe. Wenn sie sich vor Ihrem Fenster aufhalten, haben Sie Gelegenheit, diese Schilder näher einzusehen und sich spezifischere Wünsche zu notieren: Kleid, rot und lang; Fernseher in 50 Zoll; Lampe mit Touch-Dimmer. Der Kunde merkt nicht, wie Sie auf das Pappschild starren – denn er ist zu beschäftigt damit, sich Ihre Ware anzusehen.

Da sitzt also der Beschaffer im digitalen Schaufenster und notiert schon einmal eifrig, was sich die Kunden wünschen.

Diese Einsicht kommt online in der Form von Keyword-Analysen daher: der Erkundung dessen, was bei Suchmaschinen gesucht wird. Ganz einfach lassen sich etwa beim kostenlosen Tool „Google Trends“ feststellen, wie es um einen Schlüsselbegriff steht: Zu welchem Datum wurde Begriff X wie oft gesucht? Von wo aus? Und als definierter Suchbegriff oder als Teil eines thematischen Komplexes? Da es sich um ein Gratiswerkzeug handelt, gibt Google genaue Zahlen nicht preis, sondern macht alle Angaben indexiert. Ein aufschlussreicher Einstieg in über Suchmaschinen gewinnbare Erkenntnisse bleibt „Trends“ trotzdem.


Abbildung. 2.5: Google Trends Screenshot

Quelle: adaptiert von https://google.com/trends Google und dessen Logo sind registrierte Markenzeichen der Google Inc., mit Genehmigung verwendet

Fallbeispiel: Trachtenmode

Dass das allgemeine Interesse an Trachtenmode um die Zeit des Oktoberfestes ansteigt, dürfte allen klar sein. Dennoch ist eine genauere Keyword-Analyse bei Google Trends immer noch aufschlussreich – und bietet als Beispiel gerade Einsteigern in das Thema Optimierung schnell Anhaltspunkte.

Nehmen wir als Stichworte dann „lederhosen“ und „dirndl“: Wir wollen sehen, wie oft danach gesucht wird, und bekommen das Suchvolumen seit 2014 als Grafik angezeigt. Wir sehen die erwarteten Spitzenwerte im September und Oktober um das Münchener Oktoberfest herum, können aber die Suchen viel detaillierter aufschlüsseln: Wir können zum Beispiel auf einzelne Länder eingehen und stellen dann fest, dass in Deutschland im September 2018 um ein Vielfaches so oft nach Dirndln gesucht wurde wie nach Lederhosen. Andersherum verhält es sich in den USA, wo die Lederhose nahezu doppelt so oft gesucht wurde wie das Dirndl. Allerdings wird zuverlässig in den USA jedes Jahr zu Oktoberfestzeiten nach Dirndln gesucht.

Spannend für Beschaffer ist dabei nicht nur das generelle Interesse an einem Suchbegriff, sondern die Auflistung von ähnlichen Suchbegriffen: Unter verwandten Suchanfragen sehen wir zum Beispiel, dass sehr gern nach „lederhosen costume“ gesucht wird. Ebenfalls beliebt sind „damenlederhosen“ sowie „lederhosen trachten“. Aber während in Deutschland als verwandte Suchanfrage „lederhosen costume“ gar nicht vorkommt, ist dieser Suchbegriff in englischsprachigen Ländern sehr weit verbreitet. In Deutschland werden die Rankings dagegen von „damenlederhosen“, „lederhosen herren“ und „lederhosen trachten“ angeführt.

Aus dieser Fülle an frei zugänglichen Informationen lassen sich schon grundlegende Erkenntnisse über die Nachfrage bei Trachtenmode erzeugen: In Deutschland wird online viel häufiger nach Dirndln gesucht als nach Lederhosen. Wenn Lederhosen doch gesucht werden, dann sind es auffallend oft Lederhosen für Damen – eine Modeerscheinung der letzten Jahre. Der Online-Verkauf von Tracht ist also in Deutschland eindeutig ein weibliches Thema.

Genau umgekehrt verhält es sich aber in englischsprachigen Märkten. Das Gros der Suchanfragen hier fällt auf Lederhosen, und zwar oft als Kostüm. In den USA gibt es eine kleinere, aber beständige Online-Nachfrage nach Dirndln. In Großbritannien werden Dirndl mit jedem Jahr öfter gesucht, was auf einen Trend hindeutet.

Als Inhaber eines Trachtenversands würde man anhand dieser Basisinformation nun besser wissen, was man im Sortiment braucht. Will man in die USA verkaufen, braucht man Lederhosen, die sich als Verkleidung eignen – womöglich nicht ganz teuer, leicht zu verschicken und vielleicht etwas bunter oder spaßiger. Konzentriert man sich auf den deutschen Markt, sollten Trachtenlederhosen, die die Kunden nicht nur einmal anziehen, im Angebot sein sowie eine Auswahl an Lederhosen für Frauen. Und Dirndl in Hülle und Fülle.

Search Engine Marketing

Das Erforschen von Keywords ist im Suchmaschinenmarketing angesiedelt (engl. „Search Engine Marketing“ oder SEM), bei dem es darum geht, Suchende anhand bestimmter Keywords in den eigenen Webshop zu führen.

Dabei unterteilt sich SEM in zwei Kategorien: Search Engine Optimization (SEO) und Search Engine Advertising (SEA). Bei Ersterem handelt es sich um Maßnahmen, die Webseitenbetreiber selbst ergreifen, um in Suchergebnissen für bestimmte Keywords eine möglichst hohe Position zu erreichen. Bei Letzterem platziert der Betreiber kostenpflichtig Anzeigen, die bei bestimmten Suchanfragen mit Links zu dem Angebot gezeigt werden.

Sowohl SEO als auch SEA sind nicht nur Marketing-Tools (siehe 2.3 Marketing und 2.4 Vertrieb), sondern ebenfalls nützlich in der Beschaffung. Denn: Um eine hohe Position in den Suchergebnissen zu erlangen – oder um eine passende Anzeige zu schalten – muss man zunächst wissen, was gesucht wird. Und Erkenntnisse darüber haben naturgemäß einen großen Einfluss auf den Einkauf.

Mehr Informationen sind für Kunden verfügbar, die über ein Google-Ads-Konto verfügen. Hier werden Tools und Analysen angeboten, die Suchanfragen bei Google transparent in nackten Zahlen präsentieren: Wie viele Suchanfragen für welche genaue Buchstabenkombination, wann und von wo aus? Hier kann ein Keyword also zunächst auf seine genaue Relevanz hin geprüft werden – bevor Google neue Vorschläge für verwandte oder verbesserte Keywords generiert.

Läuft gerade eine Kampagne von Ihrem Online-Shop bei Google Ads, kann sogar eingesehen werden, wie viele Konversionen beziehungsweise Bestellungen aus Ihren Suchanzeigen resultieren – und durch welche genauen Keywords. In der analogen Welt wäre das so, als ob der Kunde schnurstracks in den Laden marschiert käme, ein großes Schild mit der Aufschrift „Ich suche Produkt X“ dabei hochhaltend, und direkt ansagte: „Ich habe Ihre Werbung für Produkt X gesehen und möchte dieses Produkt nun bei Ihnen käuflich erwerben.“ Online ist diese Offenheit und Rückverfolgbarkeit die Norm, nicht die Ausnahme. Nun wissen Sie als Beschaffer: Dieses Produkt verkauft sich nicht einfach so, sondern wird gezielt gesucht und nachgefragt. Wenn ähnliche Keywords sich von Google Search Ads ableiten lassen, so kann man das Sortiment darauf prüfen, ob auch entsprechende Produkte zur Verfügung stehen.

On-site: Dem Kunden im Laden über die Schulter schauen

Sobald ein Kunde in ihrem Webshop ist, hinterlässt er deutliche Spuren, oft als Keyword schriftlich formuliert. In der analogen Welt wäre das nun so, als ob Ihr Beschaffer – als Verkäufer verkleidet – dem Kunden stets auf der Spur wäre und über dessen Schulter mit ihm gemeinsam die Waren anschauen würde. Doch was real als aufdringlich, abschreckend, gar beängstigend empfunden werden würde, merkt der Kunde online nicht.

Zum Beispiel wenn er die nützliche Shopsuche benutzt, um damit nach bestimmten Artikeln oder Varianten in Ihrem Shop zu suchen. Ist ein Kunde nicht direkt über eine Suchanfrage (beispielsweise als „Referral“ von einer Google-Suche) oder eine Anzeige (als „Click“ von Google Ads) in den Shop gekommen, ist dies sogar Ihre erste Gelegenheit, einen Blick auf seinen „Wunschzettel“ zu erhaschen. Und zwar einen detaillierten Blick, denn kaum ein Kunde wird in diesem Stadium einfach nur „Kleid“ oder „Männermode“ eingeben: Im Shop geht es ins Spezifische wie „rotes Abendkleid“, „Jeans 32–34 blau“.

Jede On-Site-Suche ist eine interessante Angabe darüber, was genau sich Ihre Kunden wünschen.

Sie kann beispielsweise selbst dann helfen, wenn Kunden nicht fündig werden und dem Shop den Rücken kehren: Wenn Kaufinteressierte im Shop nach etwas suchen, erwarten sie logischerweise, dass der gesuchte Artikel im Sortiment zu finden sein wird. Ist er es nicht (und ist die Suchanfrage nicht offenkundig abwegig: „Atomkraftwerk“ oder „Affe“), lässt sich ein Hinweis zu einer Lücke im Sortiment ableiten.

Selbst wenn der Kunde doch nicht über Keywords in den Shop gelangt, sondern einfach als „Passant“ hereinkommt, verschwindet er nicht spurlos wieder. Ob nachvollziehbar in den Shop gelockt oder einfach nur hereinspaziert, jeder Kunde hinterlässt im Geschäft Fußabdrücke. Durch Web-Analytics – also hier die Analyse von Besucherverhalten – können Sie daraus viele für die Beschaffung interessante Informationen ziehen:4

Besuchsdauer: War der Kunde lange im Shop? Hat er ihn sofort wieder verlassen, so kann dies ein Grund dafür sein, dass das Sortiment für ihn nicht interessant war. Woran lag das? War das Keyword falsch oder missverständlich, oder passten die Produkte in Ihrem Sortiment nicht zur Suche? Letzteres wäre ein Fall für die Beschaffung.

Besuchstiefe: Wie tief in den Shop hinein ist der Besucher gelangt? Hat er nur übergeordnete Seiten für Produktkategorien gesehen oder hat er sich sogar Detailansichten von bestimmten Artikeln anzeigen lassen? Je tiefer der Besuch, desto mehr haben die Produkte den Kunden interessiert. In der analogen Welt gleicht ein tiefer Besuch dem Anfassen und näheren Betrachten von Waren. Ein „flacher“ Besuch hingegen ist eine Art digitales „Kurz über die Regale streifen und dann raus“ – und ein Indiz dafür, dass die Produkte nicht interessierten.

Navigationsverhalten: Wie fand der Kunde durch den Shop? Klickte er sich durch die Navigationsleiste – also über „Herrenmode“ durch „Hosen“ zu „Jeans“, gefolgt von der Klick-Auswahl von seiner Größe und der Farbe? Oder benutzte er doch die Site-Search: „Jeans 34–34 blau“? Und folgte er sonstigen Links durch die Seite? Benutzte er zum Beispiel das Produktregister oder eine Sitemap?

Klickverhalten/Besucherfluss: Wie genau sah der Verlauf des Kunden durch den Laden aus? Durch eine sogenannte Pfadanalyse kann man ihm auf Schritt und Tritt folgen – oder umgekehrt den Durchlauf auf einzelnen Seiten beobachten, um zu sehen, woher die Kunden gerade kommen und wohin sie dann gehen. Interessant an solchen Analysen ist für die Beschaffung, ob eine Produktseite besonders viele Besucher von einer anderen bestimmten Produktseite anlockt oder besonders viele zu einer weiteren hinschickt – oder aber, ob ein viel betretener Pfad von einem bestimmten Produkt in den Warenkorb führt.

Abbildung 2.6: Produktleistungsmatrix („Renner-Penner-Analyse“)

Quelle: in Anlehnung an etracker Blog, https://www.etracker.com/blog/optimiertes-category-management-eine-fundierte-datenbasis-fuer-alle-entscheider-teil-3 (abgerufen August 2019)

Aus einer Mischung dieser analytischen Werkzeuge sind relativ treffende Rückschlüsse darüber zu ziehen, warum Kunden in den Shop gekommen sind und ob das Sortiment sie angesprochen hat. Zudem lässt sich sehr oft über solche Daten bestimmen, inwiefern einzelne Produkte ihre Berechtigung im Sortiment haben. Zum Beispiel anhand einer Produktleistungsmatrix – auch „Renner-Penner-Analyse“ genannt –, die die verschiedenen Aspekte des Besucherverhaltens kombiniert, um darzustellen, was bestimmte Produkte zum Umsatz beitragen.

Wird ein Produkt im Sortiment oft angesteuert – und dann oft verkauft – ist das Produkt ein Renner. Klar ist, dass dieses Produkt im Sortiment bleibt und beworben werden soll.

Zeigen das Klickverhalten und die Besuchstiefe, dass ein Artikel überdurchschnittlich oft aufgerufen und angeschaut wird, aber selten im Einkaufskorb landet, gibt es um ihn einen Hype. Weil er aber wenig gekauft wird, sollten Beschaffer hellhörig werden: Haben wir überhaupt genug davon, oder stehen die Kunden vor einer Meldung wie „Lieferung derzeit nicht möglich“? Ist der Artikel offenkundig fehlerhaft? Oder ist er zwar attraktiv, aber schlichtweg zu teuer?

Auf der Kehrseite der Medaille gibt es Produkte, die unterdurchschnittlich angeklickt werden. Landen sie dafür doch relativ häufig im Warenkorb, ist dies kein Thema für den Beschaffer, sondern der Vertrieb ist in der Pflicht, für mehr Sichtbarkeit dieses Hidden Champions zu sorgen.

Anders sieht es aus, wenn ein Artikel nicht nur selten angesteuert, sondern auch nicht gekauft wird: Dann ist er ein Penner. Da sollte der Beschaffer sich des Falles annehmen: Ist der Artikel einfach nur ausverkauft beziehungsweise nicht mehr verfügbar, oder ist er wirklich so unbeliebt? Wenn ja, dann gehört er wahrscheinlich ausgelistet.

Generell sollte das Besucherverhalten mit Web-Analytics regelmäßig ausgewertet werden – und Schlüsse für die Beschaffung gezogen werden.

Zeigt eine bestimmte Produktseite plötzlich eine hohe Absprungrate, obwohl sich das Produkt zuvor gut verkauft hat? Dann kann es sein, dass es ausverkauft ist oder dass ein Konkurrent es plötzlich zu einem merkbar günstigeren Preis anbietet. Entwickelt sich gerade ein Hype um ein Produkt, das bislang eher ein Ladenhüter war? Dann müsste man eventuell nur an der Produktpräsentation schrauben, um einen Verkaufsschlager in die Wege zu leiten, von dem man wird nachbestellen müssen. Zudem sollte bei derlei Analysen auch der Lagerbestand des Artikels berücksichtigt werden. Denn falls die Lagerregale noch prall gefüllt sind, sollte der betreffende Artikel rechtzeitig in die Vermarktung aufgenommen werden. Ansonsten sieht man sich am Ende der Saison möglicherweise mit einem Stapel Restanten konfrontiert.

Über längere Sicht sind Angaben zu den Besuchereigenschaften ebenfalls von Interesse für die Beschaffung. Im Monatstakt sollte durch Web-Analytics ausgewertet werden, wie viele Besucher neu sind, wie viele nach einem vorigen Besuch zurückkehren und wie deren Besuchsfrequenz ist. Nimmt die Anzahl der Rückkehrer beispielsweise stark ab, könnte dies ein Indiz dafür sein, dass man einer gewissen Kundenschicht nicht mehr das anbietet, wonach sie sucht, wonach sie früher aber einmal bei einem fündig wurde. Allein sein Sortiment nach solchen Mutmaßungen auszurichten, ist unmöglich, aber geballte analytische Trends wie ein Rückgang in Keyword-Referrals sowie eine hohe Absprungrate auf vielen Produktseiten und ein Schwund an treuen Besuchern, sollte Fragen an die Beschaffungspolitik stellen.

Solche Fragen können teilweise durch den Einsatz von viel direkteren Mitteln gestellt werden. Nur weil der Kunde im Netz mit einem öffentlichen „Wunschzettel“ durch die digitale Gegend läuft, sollte das Verkäufer nicht davon abhalten, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Denn vielleicht ist der Wunschzettel nicht sehr treffend formuliert – oder vielleicht geistern dem Kunden ganz andere Wünsche durch den Kopf. Durch Umfragen kann zum Beispiel festgestellt werden, ob das Sortiment dem Kunden passt: Zwar füllen nur die wenigsten von ihnen Online-Surveys aus, aber die Teilnahme kann durch Verlosungen oder Vergünstigungen erhöht werden. Fragen reichen von „Fanden Sie bei uns Produkte, die Sie kaufen wollten?“ bis zu „Wie fanden Sie Produkt X?“ Einzelne Detailantworten kann man bekommen, die man mit dem Gros der Besucherdaten abgleichen und als Denkanstoß verwenden kann.

Ähnliches kann über Social Media erfragt werden – teilweise ohne direktes Zutun. Denn User auf Facebook, Twitter und Co. tun gern ihre Meinungen über Produkte und Dienstleistungen kund, ohne dass das betroffene Unternehmen danach fragt. Sind Sie auf diesen Kanäle vertreten, so holen Sie sich direkte Rückmeldungen zu Ihrem Sortiment und können User darüber auf einer lockeren Ebene ansprechen (Social-Media-Interaktion ist ebenfalls ein Thema im Bereich Kundenservice, siehe 2.7.1 Kanäle). Auch die in vielen Webshops umgesetzten Möglichkeiten, Produkte zu bewerten und zu kommentieren, können dem Beschaffer qualitatives respektive quantitatives Feedback zu einzelnen Artikeln bescheren.

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531 s. 170 illüstrasyon
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9783866415089
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