Kitabı oku: «Das wundertätige Unterröckchen. Wobei der Berggeist Rübezahl auch eine Rolle spielt.», sayfa 2

Yazı tipi:

Fünftes Kapitel. Die Wölfin rächt sich an Klärchen:

Die Erlegung des reißenden Wolfes musste Klärchen – die wie gesagt zeither kaum bemerkt worden war – in einem Schlosse, wo Kühnheit und Kraft allein Ansprüche auf Achtung gaben, zu einem bedeutenderen Platze erheben.

Oft, wenn sie an der Tafel fehlte, erkundigte sich ihr Vater jetzt nach ihr, und ihre Aufseherin kam dann nicht mehr mit der Antwort fort, dass das wilde Mädchen gar nicht zu hüten sei.

„Dich wird mein Turm hüten“, sagte der Ritter, „wenn Du mir meine Kläre nicht in Acht nimmst. Es ist Zeit, dass sie sittsam werde, und aufhöre, wie das Kind eines Knechts unter dem niedern Gesindel herumzutollen.“

Es war der dreizehnte Sommer, den Klärchen sah.

Ihre Figur besäß ganz noch den Charakter des Kindlichen. Ein Paar volle, rote Wangen deuteten auf die Gesundheit ihres wohlgebildeten Körpers, und die glänzende Klarheit der freundlichen schwarzen Augen verkündigten das Wohlsein ihrer Seele.

Ein Wölkchen zog jetzt darüber hin. Klärchens Wärterin, Frau Martha, fürchtete den Turm, darum durfte das Mädchen nicht anders mehr den Schlossberg hinunter, als in ihrer Gesellschaft, oder wenn der Weiherhorster zum Streit ausgezogen war.

Mehr den jemals begab sie sich daher mit ihre Fantasie auf die Wanderschaft, um die Gegenden wenigstens vor Augen zu haben, in die sie zu gehen verhindert wurde. Hier hing sie nicht selten dem Gedanken an die Geberin ihres Unterröckchens nach, so wie an den Umstand, der mit ihrem Verschwinden verknüpft war, und setzte sich daraus, je nachdem ihre Stimmung es zuließ, mancherlei heitere oder düstere Ereignisse der Zukunft zusammen.

Welch eine besondre Freude war es für das Mädchen, das Wachsen und Zunehmen des Kindes zu sehen, welches ihr gleichsam sein zweites Leben zu verdanken hatte.

Frau Strombergerin lehrte es Klärchens Namen zuerst, und diese wendete die wenigen Tage, welche ihr zum Durchstreifen der Gegend blieben, gemeiniglich zu dem Besuche des Kleinen an.

Wie schon bemerkt, fiel so etwas nur in Abwesenheit des Ritters vor.

An diesen Tagen hatte Frau Martha gewöhnlich alle Hände voll zu tun, und zwar mit Geschäften, die die Zeugen so viel als möglich scheuen. Sie wagte es dann wohl, Klärchen Urlaub zu geben, wenn sie Schweigen angelobte, welches sich letztere allezeit von Herzen gern gefallen ließ.

Sechstes Kapitel. Worin eine Eigenschaft des Röckchens an den Tag kommt, die ihm zu keiner Empfehlung gereichen wird:

Das Häuschen der Strombergerin war Klärchens Himmel.

Je seltner ihre Besuche dort wurden, um desto bedeutender auch, ihr und den guten Leuten.

„Bist lange ausgewesen, Klärchen!“, sagte Fritz mit einem Gesicht, auf dem die Freude die Wehmut überglänzte, und eben so antwortete Klärchen: „Wär gern gekommen, wenn ich gedurft hätte.“

„Wirklich?“, erwiderte der Knabe.

„Freilich!“, antwortete das Mädchen.

Solche und ähnliche Gespräche fielen gemeiniglich vor, und je öfter dies geschah, desto interessanter wurden sie den beiden.

Ihre Hand in Fritzens ging Klärchen oft durch Blumen und Schnee, unter dem Sommer- wie unter dem Winterhimmel, und das Andenken an jenen Augenblick, in dem sie nach überwundener Gefahr einander in die Arme schlossen, erregte ihnen eine lebhaftere Freude, je mehr die Zeit sie von ihm entfernte.

In der ersten Periode von Klärchens Einschränkung ihrer Ausflüge hatten der Knabe und das Mädchen einander immer viel, sehr viel zu sagen, wenn sie zuweilen lange nicht beisammen gewesen waren. In der Folge aber hörte dies auf. Je länger die Zeit der Entbehrung gewährt hatte, desto stiller gingen sie nebeneinander her; desto heimlichere Spaziergänge wählten sie.

Eines Tages, als sich von beiden kein Wörtchen losarbeiten wollte, waren sie eben auf den Platz geraten, wo sie die Wölfin getötet hatten.

Ihre Einbildungskraft beschäftigte sich überaus tätig mit den glücklichen Gefühlen nach der vollbrachten Tat, und, wie damals, sanken sie einander in die Arme.

,,Ich bin Dir allezeit recht gut gewesen, Fritz“, sagte das Mädchen nach einer Pause, „aber heute hab ich Dich gewiss noch weit lieber, als sonst.“

„Ach Klärchen“, sprach der Knabe, „wenn ich doch immer so Dich festhalten könnte, wenn ich doch aufs Schloss mit Dir dürfte!“

„Oder ich in Eurer Hütte bleiben, da ist's viel besser, als auf unserm unfreundlichen Berge.“

„Wenn Du oben bist, Klärchen, ach, dann ist die Hütte bei weitem nicht so hübsch, als Du sie findest.“

Unter diesen und ähnlichen Schmeicheleien, die wahr und warm aus beider Mund und Augen flossen, sanken sie nebeneinander ins hohe Gras und hielten sich fest umschlungen. Ein schöner Traum schien ihre Sinne zu umnebeln, als Fritzen zuerst eine äußere Empfindung auf seiner Brust, die nicht gerade Schmerz zu nennen war, aber doch etwas unangenehmes mit sich führte, halb zu sich selbst brachte.

Er vermutete ein Insekt auf der Stelle. Beim Untersuchen jedoch entdeckte er, dass die Spur vom Kusse jener Alten merklich ins Schwarze überging. Jetzt gedachte er ihres Ausspruchs und machte dem Mädchen den Vorfall bekannt.

Auch Klärchen bemerkte nun eine Veränderung. Das Unterröckchen, welches sonst federleicht und ohne den geringsten Zwang über ihren Hüften hing, schmiegte sich drückend an sie an, und ob sie schon nicht wusste, von welcher Ursache diese Wirkung sich herschrieb, da die Geberin des Rocks, die versprochene Aufklärung über dessen Eigenschaften noch schuldig geblieben war, so schloss sie doch aus der Veränderung an Fritz, dass er einem großen Fehler sehr nahe sein müsse.

Ist er es, dachte sie ferner, so bin ich's ebenfalls, da wir beide vollkommen gleich gehandelt haben, daher zeigt die Veränderung meines Rocks wohl auch eine Vergehung an, der ich in Begriff war, mich schuldig zu machen.

Sie offenbarte Fritz die Begebenheit, mit diesen ihren Nöten begleitet, und beide sprangen so schnell von der Stelle auf, als ob sie da eine Natter gesehen hätten. Sogleich erhielt das Röckchen die gehörige Weite und der Fleck seine rote Farbe wieder.

Aber der angenehme Gang, den ihre Gefühle zuvor nahmen, war gestört.

Nun beobachteten beide die Andenken, welche die Alte ihnen zurückgelassen, mit großer Aufmerksamkeit und bemerkten sonach, dass, sobald ihre Hände wieder ineinander lagen, der Flecken auf Fritzens Brust aufs Neue zu jucken, und Klärchens Röckchen sich zu verengen anfing. Umarmten sie einander, dann ward die Veränderung so stark, als sie es gewesen war, wie sie im Grase beisammen saßen.

Die Hände herabhängend, schlichen sie daher mit traurigen, aufeinander fest gerichteten Augen, zu Fritzens Mutter, welche Klärchen zum Fortgehen ermahnte, damit sie noch vor Abend auf die Burg kommen möchte.

Klärchen war wunderlich zu Mute. Fritz hätte ihr so gern zum Lebewohl die Hand gereicht, sie ihm ebenfalls; allein es blieb bei einem gegenseitigen, laugen und traurigen Blicke, weil das Händereichen doch zu den verpönten Handlungen zu gehören schien.

Wie aber nur das mit einem Male so geworden ist?, dachte Klärchen. Nur erst seit heute geht's uns so fatal. Sonst konnten wir einander die Hände halten, so lange wir wollten, und nun soll das was Unrechtes sein!

In ihrem ganzen Leben hatte Klärchen das Köpfchen nicht so voll, und auch nicht so kraftlos auf der Seite hängen gehabt. Tausend Gedanken liefen in ihr durcheinander. Sie wusste weder was ihr Röckchen, noch was sie selbst wollte.

So kam sie erst lange nach Sonnenuntergang auf der Burg an.

Siebentes Kapitel. Welches eine neue Person einführt:

Klärchen sang noch mit Frau Martha – beide andächtig, wie der Chorschüler auf der Straße – ein Abendlied, als eine Schaar von Reitern in die Burg zog, die kein Ende nehmen wollte.

Dennoch würde das Mädchen mit der vorigen Andacht den Gesang fortgesetzt haben, wenn Frau Martha nicht ein größeres Interesse an den Reitern genommen, und mitten in der Strophe aufgehört hätte, um die Ankommenden zu beschauen.

Klärchen blieb und betrachtete mit stiller Wehmut das Unterröckchen, das sich so unartig gegen ihre Neigung auflehnte. Es war noch so rein und weiß, als ob es eben erst von der Bleiche käme. Sie besaß es schon drei Jahre und doch passte es ihr, ungeachtet sie allen ihren Kleidungsstücken seitdem so merklich entwachsen war, dass sie sie hatte ablegen müssen, immer noch wie angemessen.

Es musste zugleich mit ihr gewachsen sein, anders ließ sich's nicht erklären.

Noch lange nicht war sie mit ihren Gedanken darüber auf's reine, als Frau Martha zur Tür hereinstürzte und Klärchen mit dem Beinamen Braut begrüßte. Die Überbringerin der Nachricht wusste sich vor Freude nicht zu lassen.

Sie küsste dem Mädchen mit großer Lebhaftigkeit die Hände und konnte vor Verwunderung kaum zu sich kommen, dass Klärchen so gleichgültig oder vielmehr verdrießlich bei einer Anrede blieb, die ihr in derselben Lage so viel Vergnügen gemacht hätte. Klärchen nahm es anfangs für einen Scherz, der ihr missfiel; da Frau Martha aber umständlich erzählte, wie alles im Hause von der Sache voll sei, und wie prächtig die Angekommenen angetan wären; da fing sie an es zu glauben, und fragte in dem Tone, in dem sich ein Großer bei einem Kleinen, welchem er durch ein paar Worte einige Ehre erzeigen will, nach dem Wetter erkundigt, nach dem Namen des Bräutigams, als der Vater in das Kämmerlein trat und ihr gebot, sich ein wenig mit Pracht anzukleiden, da noch diesen Abend ihre Verlobung sein solle.

Damals galt das türkische Hausregiment auch unter den Christen.

Die Tochter durfte nicht den leisesten Einwurf gegen die Wahl des künftigen Gatten, die ihr Vater traf, hervorbringen – am wenigsten galt eine Einwendung in Schlössern, wo es so wild herging, wie auf der Weiherhorst. Darum wagte es Klärchen nicht einmal, nach dem Namen des Mannes zu fragen, dem sie ihr ganzes Leben widmen sollte.

Der Vater empfahl die Eile und ging.

Wusste Klärchen vorhin wenig von sich selbst, so wusste sie jetzt gar nichts. Selbst die Frage an Martha, wer der Bestimmte sei, hatte sie eine Zeit lang aus dem Gesichte verloren. Sie fand sie aber endlich doch wieder; Martha suchte die Antwort mit wahrer Kabinettspolitik, durch allerlei künstliche Wendungen zu umschiffen.

Sie erzählte viel von dem Reichtum und Glanze des Schlosses, das ihr künftiger Wohnsitz werden sollte: von dem Zwerge, der ihr zu Gebot stehe, von den Kostbarkeiten, mit welchen sie geschmückt werden würde, und damit sie ja so lange wenigstens, bis sie Klärchens Fantasie von den Schätzen trunken gemacht hätte, die ihrer warteten, die Frage in Vergessenheit brächte, redete sie beim Ankleiden unaufhörlich fort und belästigte Klärchen so schnell mit einer Menge von Fragen, dass die Arme kaum mit antworten fertig werden konnte.

Vergebliche Mühe. Klärchen unterbrach sie geradezu mit der Wiederholung der Frage: „Wer ist er?“

,Ja nu“, antwortete Frau Martha, „wer so viel schöne Sachen hat, der muss doch wohl ein wackerer Ritter sein. Ein Mann in seinen besten Jahren ist er dazu. Ein …“

Klärchen fragte mit starker Stimme dazwischen nach dem Namen.

„Darüber – ja darüber, mein Fräulein, werdet Ihr Euch am meisten wundern. Die Überraschung mit dem Namen ist eben der Spaß bei der Sache, ha ha ha! Nun, das wird ein recht freudiges Erstaunen geben, wenn Euch der alte gute Bekannte als seine Braut begrüßen wird, ha ha ha!“

Klärchen drohte, nicht einen Schritt aus der Kammer zu tun, bevor sie den Namen nicht hörte, und geriet in außerordentliche Unruhe, als der Ritter vom Kynast, prächtig geschmückt, an des Vaters Hand hereintrat, und diesen Überfall mit einer Neigung zu ihr entschuldigte, die sich schlechterdings nicht länger bezähmen ließe.

Achtes Kapitel. Worin ohne Zweifel die Ohrfeige das treffendste ist:

Klärchen vernahm bei der Tafel, dass ihr Mut den ersten Funken der Liebe in die Brust des Kynasters geworfen habe, wie er sich selbst (für einen so durchaus prosaischen Mann immer noch poetisch genug), ausdrückte.

Sie beugte aber der Verlobungsszene durch die Erklärung vor, dass eine Übelkeit sie befallen habe, welche ihr das Bett aufzusuchen gebiete.

Alle Anwesende glaubten es, denn in der Tat hatte die sonst rotwangige Schöne, mit einem Male ein so bleiches Ansehen bekommen, als ob sie das Glück einer französischen Pension genösse.

Der Bräutigam versuchte ihr beim Abschiede, als Unterpfand seiner Liebe, einen keuschen Kuss aufzudrücken; aber ihre gute Natur siegte für diesen Augenblick: er erhielt eine Ohrfeige, welche ihm wenigstens den Trost geben konnte, dass die Kräfte der Kranken noch immer nicht sehr gelitten hätten. Der Vater wollte zürnen, aber die edle Seele des nachsichtigen Bräutigams ließ den misshandelten Körper im Stiche und bat den Weiherhorster, dass er die unsanfte Ohrfeige als eine Wirkung der Krankheit gelinder beurteilen möchte.

Frau Martha, bei der unter den vielen Ahnungen, mit denen sie behaftet war, auch zuweilen eine aufstieg, welche keiner Seifenblase glich, sondern in der Tat etwas zur Folge hatte, sah das ganze Ereignis von weitem mit an; und es ahnte ihr, dass die ganze Heiratsgeschichte schieflaufen werde. Zu ihrem Leidwesen; denn von innen und außen kannte sie das Schloss – der Kynast genannt – dessen Ruinen noch bis auf diesen Tag in der Nähe von Warmbrunn gesehen, und von Weisen und Narren, so wie auch solchen Leuten, die keins von beiden sind, besucht werden.

Sie wusste, dass es dort außer dem Prunk, wovon sie Klärchen vorgeredet hatte, auch Männer gab, welche solche Weiber in Ehren hielten, denen an ihrer Ehre nicht sonderlich viel gelegen war.

Ja. Sie hatte sogar schon die Fähigkeit einiger, ihr Unterhaltung zu machen, geprüft. Wie ein geistlicher Herr aus der ödesten Pfarrei nach einem höheren Kirchenamt, so wünschte sie sich daher von der Burg Weiherhost auf die Burg Kynast.

Was durch Zureden zu bewirken war, das versuchte sie diesen Abend noch an dem Fräulein; aber vergebens. Klärchen warf weinend die Kleider von sich, legte sich ins Bett und stellte sich schlafend, mochte auch Martha reden, was sie wollte. Selbst die Erinnerung machte keinen Eindruck auf das Mädchen, dass sie dem lieben Gott die letzte Hälfte des Lieds noch abzutragen hätten.

Sie spielte die Schlafende nach wie vor.

Neuntes Kapitel. Chirurgische Operationen:

Klärchen hatte indes ganz andere, wenn auch nicht angenehmere Dinge vor, als zu schlafen.

Grausam wie ein Naturforscher in der Wirklichkeit, riss sie in Gedanken dem Ritter vom Kynast jedes einzelne Glied vom Gesichte, und stellte es neben das Bild, das sich stets zwischen ihr Auge und andere Gegenstände einschob, nämlich Fritzens.

Ei, wie schlecht kam da nicht die dicke, bucklige, weinrot- glänzende Nase des Ritters gegen des Jünglings Nase weg, die mit griechischer Kühnheit aus ein paar sanft gerundeten Wangen hervortrat, wie schlecht zumal, wenn Klärchen die ziegelroten Backen, in denen sie sich beinahe verlor, zugleich mit betrachtete. Die breiten, langen Lippen des Herrn vom Kynast, von seinem Knebelbarte überschattet, nahmen sich ebenfalls sehr traurig aus gegen Fritzens schmale Rosenstreifen, woran sich ein Kinn, glatt wie Klärchens, anschloss.

So groß aber auch zwischen diesem allen der Unterschied sich zeigte, so war er doch unbedeutend, wenn das Mädchen die Augen des Ritters neben Fritzens Augen legte. Nein, so etwas Unausstehliches ließ sich nicht lange mitansehen. Die kleinen, grauen, toten, mit Rot umzogenen Sehwerkzeuge des Kynasters, wie sollten die es anfangen, um gleich des Jünglings großen, blauen, lebendigen, mit jedem Momente Klärchen das Wörtchen Liebe zuzurufen?

Des Ritters ergrauende Haare würdigte sie nicht einmal eines besondern Anschauens, da es ihr schon ahnte, wie armselig sie den blonden, schimmernden Locken ihres Freundes gegenüber stehen müssten. Auch vergaß sie einige Warzen in der Vertiefung zwischen des Kynasters runder Stirn und der Nase in Anschlag zu bringen, weil schon ohne diese Verzierung, der sanfte Übergang von Fritzens Stirn zu dessen Nase schön genug war, um jene Hässlichkeit ganz darzustellen.

Die starren, buschigen Augenbrauen des Herrn vom Kynast hielt sie ebenfalls nicht der Mühe wert, sie erst mit den Wölbungen zu vergleichen, welche sich mit weicher Anmut über ihres Freundes Augen hinzogen. Überhaupt hatte sie so vollkommen genug an der Zergliederung seines Gesichts, dass sie den übrigen Körper des Zerstückelns nicht würdigte, sondern ihn im Ganzen neben Fritzens stellte.

Auch diese Mühe war unnötig. Die schlanke gerade Figur des Jünglings, mit ihren passenden schönen Gliedern, verhielt sich zu der Gestalt des Ritters, wie ein warmer- heiterer Maimorgen, zur kalten- stürmischen Dezembernacht. Sah Klärchen ihren Bräutigam von vorn an, so stieß sich ihr Blick unangenehm an dem dicken Bauch; wollte sie sich für dieses Begegnis an seinem Rücken schadlos halten, so kam sie aus dem Regen in die Traufe: denn, allen Schönheitslinien Hohn sprechend, sprang ihr ein abscheulicher Höcker entgegen. Die Beine mochte sie von vorn oder hinten besehen, immer blieben sie krumm und dünne.

„Was!“, sprach sie voll Ärgers zu sich selbst: „Ich – der jeder Bach sagt, dass mein Gesicht im Range sogleich nach der heiligen Jungfrau ihrem kommen muss – sollte in meinem sechszehnten Jahre diesen Unhold von fünfzigen heiraten; ich, die ich den achtzehnjährigen Fritz kenne, der mir so gut ist. Daraus wird nun und nimmermehr etwas. Nein, lieber ins Grab, als auf den hässlichen Kynast!“

So geschwind ich auch aus Billigkeitsliebe den Leser über diese nächtlichen Betrachtungen des Mädchens hinschlüpfen lasse, so glaube man doch ja nicht, dass Klärchen mit gleicher Schnelligkeit dabei zu Werke ging. Das arme Ding brauchte, weil es dazwischen immer weinen musste, eine ganze Nacht dazu, und doch wusste sie, als die Zeit zum Aufstehen gekommen war, immer noch nicht, was sie anfangen sollte.

Erst als sie schon die Sporen ihres Vaters und noch eines Mannes – wahrscheinlich des Bräutigams – über den Saal nach ihrer Kammer klirren hörte, erst dann geriet sie auf den Gedanken, so lange das Bett zu hüten, bis der Mann vom Kynast die Weiherhorst wieder verlassen hätte.

Zehntes Kapitel. Welches unter andern vom Schein-Schlafe spricht, und die Augen des Lesers vielleicht zu einem Wirklichen veranlassen wird:

Die Ritter fanden Klärchen schlafend, wenigstens glaubten sie die Kleine so zu finden, weil sie sich nicht anders benahm, wie den Abend zuvor gegen die Frau Martha.

Sie beschlossen daher, die Sache abzuwarten, ließen Wein in die Kammer bringen und bestimmten dabei die einzelnen Punkte ihres Kontrakts, wie viel z. B. einer dem andern – im Fall einer Fehde – Hilfsmannen zuschicken, was der Herr vom Kynast Klärchen für ein gewidmetes Gut aussetzen solle, und das mit der größten Genauigkeit.

Martha kam einige Mal herein und schlug die Hände über dem Kopfe zusammen, dass das Fräulein auch gar nicht erwachen wollte.

„Ob ich sie wohl wecke?“, sagte sie endlich.

Der Vater sprach dafür, der Kynaster dagegen, indem er meinte, dass die Krankheit vielleicht gerade durch diesen Schlaf sich heilen könne.

Am besten würde diese Heilung wohl geschehen sein, wenn der Tod den Ritter selbst, auf der Stelle geheilt hätte; denn dass er in eigner Person die Krankheit war, das wissen wir bereits.

Die Ritter konnten wegen einer verabredeten Jagd den Schlaf nicht – wie sie es vorhin beschlossen – abwarten, weil Klärchen in Rücksicht auf sie, grade denselben Beschluss gefasst hatte. Sie verließen daher – mit nicht unterdrücktem Unwillen – das Gemach.

Erst als Klärchen die Pferde den Berg hinabtrotten hörte, erst dann hing sie den Schlaf an den Nägel, und verließ das ihr niemals lästiger gewordene Bette.

Frau Martha konnte, sobald sie den hinwegreitenden- rüstigen Knappen vernahm – mit dem sie in der vorigen Nacht eine zwar ziemlich einförmige, doch ihr deshalb keineswegs langweilige Unterhaltung gehabt hatte – nicht mehr vom Sessel aus zusehen, und wechselte – weil sie die Ursache von des Mädchens Krankheit erriet – mit Drohen und Bitten ab. Klärchen hörte auf beides nur wenig.

Sie sann vielmehr über ihre Lage nach, und brachte soviel heraus, dass der verstellte Schlaf nichts als ein leidiges Linderungsmittel sei, welches den Ausbruch des bevorstehenden Übels nur aufschieben, nicht verhindern könne.

Nichts blieb ihr übrig, als ihre Tränen – und Martha mochte ihr sagen, so oft sie wollte, dass es auf dem Kynast ganz andere und freudigere Beschäftigungen für sie geben werde, als sich rote Augen zu weinen. Sie weinte noch fort, da die Ritter schon zurückkamen.

Sogleich wollte sie das Bette wieder aufsuchen, aber Martha setzte sich dagegen.

Sie meinte, dass es die schlechteste Lebensart (oder wie man's damals nannte) verraten würde, wenn sie sich ferner so träge gebähre. Während eines Gezankes hierüber, traten schon der Weiherhorster und der Herr vom Kynast in die Kammer, der zwar lispelnden, aber nicht ihren Bräutigam liebenden Braut.

Der Weiherhorster, der so gar einfältig nicht war, und die Tränen in Klärchens Augen bis zu ihrem Quell verfolgte, schloss, als sie sich von dem Kynaster abwendete, einen wilden Blick auf sie; gebot ihr mit Strenge, sich eilig anzukleiden, und ging nebst seinem ihr so verhassten Begleiter wieder hinweg.

Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
140 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783742744074
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi: