Kitabı oku: «Kubinke und die Killer: Kriminalroman», sayfa 2
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Etwas später trafen wir uns mit Dr. Lin-Tai Gansenbrink. Die Mathematikerin und IT-Expertin des Ermittlungsteams Erkennungsdienst empfing uns in ihrem Arbeitsraum, in dem es von hochmodernen Computer-Equipment nur so wimmelte. Der Raum war regelrecht davon vollgestellt.
„Freut mich, Sie beide zu sehen”, sagte Lin-Tai, ohne dabei den konzentriert wirkenden Blick von dem Display zu nehmen, auf das sie gerade schaute. Die Finger ihrer rechten Hand kreisten über den Touchpad. Womit auch immer sie gerade beschäftigt war, es schien zumindest drei Viertel ihrer Konzentration im Moment zu beanspruchen.
„Ich hoffe, wir stören nicht”, sagte Rudi.
„Warten Sie einen Moment, ich muss eben diesen Vorgang abschließen.”
„Kein Problem”, sagte Rudi.
Auf einem der Großbildschirme, die sich in Lin-Tais Arbeitsraum befanden, erschienen jetzt Kolonnen von Zahlen und beeindruckende, kompliziert wirkende Säulendiagramme, die für nicht Eingeweihte wohl kaum mehr als magische Zeichen darstellten. Also auch für uns.
„Ich erkläre es Ihnen sofort”, deutete Lin-Tai meinen ratlosen Blick richtig. „Wobei das, was Sie da sehen, eigentlich mehr damit zu tun hat, wie ich an die Informationen herangekommen bin, die für Sie wichtig sind.”
„Welche Informationen?”, fragte ich.
„Wir hatten bisher keinen Zusammenhang zwischen den Opfern.”
„Abgesehen davon, dass zwei von ihnen Kommissare sind.”
„Ja, Harry, aber in völlig unterschiedlichen Präsidien. Und es hatte auch oberflächlich den Anschein, als hätten sie niemals zusammengearbeitet. Das trifft aber offenbar nicht zu.”
„Erzählen Sie!”
„Ich bin darauf gekommen, als ich die internen Personaldaten der beiden durchstöbert habe. Da gibt es einen zeitlich bei beiden Kommissare übereinstimmenden Bereich von fast anderthalb Jahren, in denen die Daten offensichtlich falsch sind. Ich konnte durch die Filterung des Datenbestandes nach verschiedenen Kriterien, die ich Ihnen jetzt nicht im Einzelnen erläutern will, herausfinden, dass zum Beispiel die angeblich zu dieser Zeit besetzten Dienstposten in Wahrheit von anderen besetzt waren und sie zwar beide offiziell irgendwelchen Abteilungen angehörten, dort aber laut den Dienstplänen nie für irgendwelche Einsätze eingeplant gewesen sind. Und so weiter und so fort. Na, ergibt sich für Sie jetzt ein Bild?”
„Eine Geheimoperation”, stellte ich fest. „Darauf läuft es doch hinaus!”
„Richtig”, nickte Lin-Tai. „Und zwar eine, die so geheim war, dass man bislang nicht einmal Kriminaldirektor Hoch darüber informiert hat, denn ich kann mir nicht denken, dass er dieses Wissen nicht sofort an Sie weitergegeben hätte, als er Ihnen den Auftrag gab, sich mit diesem Fall zu befassen.”
„Diese Geheimoperation muss ziemlich heikel gewesen sein”, glaubte Rudi. „Irgendetwas, was die Überschrift nationale Sicherheit trägt, wie ich annehme.”
„Ja, das ist eine Möglichkeit”, sagte Lin-Tai. „Die andere ist, dass die beteiligten Kommissare selbst geschützt werden müssen. Etwa vor Erpressungen, Anwerbeversuchen fremder Geheimdienste oder Racheakten aller Art. Die dritte Möglichkeit ist: Eine Kombination aus beidem. Und genau das liegt hier vor.”
„Sie haben herausgefunden, was das für eine Geheimoperation war?”, fragte ich.
Ein sehr flüchtiges und sehr kurzes Lächeln spielte jetzt um Lin-Tais Lippen. Normalerweise war ihre Mimik eher gleichförmig. Eine für Lin-Tais Verhältnisse derart exzessive mimische Betätigung ihrer Gesichtsmuskulatur wäre bei jemand anderem wahrscheinlich das Pendant zu einem lauten Triumphgeheul gewesen.
„Ich habe es rausgekriegt”, sagte sie in einem fast feierlichen Tonfall.
„Das ist vermutlich illegal”, sagte Rudi. „Und wir werden dann nicht viel damit anfangen können. Zumindest nicht offiziell.”
„Wenn Kriminaldirektor Hoch danach fragt, wird man ihm vermutlich alles, was ich herausgefunden habe, auch offiziell herausgeben. Nur hat er bisher ja nicht fragen können, weil er nichts davon wusste. Aber am Ende wird Kriminaldirektor Hoch die Informationen ganz legal erhalten, sodass ich da kein Problem sehe.”
„Um was für eine Operation geht es?”, fragte ich.
„Beide ermordeten Kommissare sind für anderthalb Jahre Zielfahnder einer Abteilung gewesen, die sich mit der Beobachtung von terroristischen Gefährdern befasst hat, die sich innerhalb Deutschlands aufhielten.”
„Können Sie präzisieren, mit welcher Facette des Terrorismus sich diese Abteilung befasste?”, hakte ich nach.
„Es ging um radikale Islamisten und ihre Netzwerke. Einzelheiten wird vielleicht Ihr Vorgesetzter erfahren - vorausgesetzt, er stellt die richtigen Fragen.”
6
Es regnete in Strömen, als wir später auf dem Autobahn Richtung Berlin unterwegs waren. Wir hatten schon mit Herr Hoch telefoniert. Selbstverständlich hegten wir die Hoffnung, dass Lin-Tais Vermutung zutreffend war und unser Chef die Informationen über die Tätigkeit der beiden Kommissare zumindest so detailliert bekommen konnte, dass wir letztendlich etwas damit anfangen konnten.
Geheimhaltung ist in vielen Fällen gut und richtig. Manchmal rettet sie Menschenleben, und das gilt insbesondere für Zielfahnder und verdeckte Ermittler. Dass Hacker selbst in interne Netzwerke des BKA einzudringen vermochten, war ebenfalls eine besorgniserregende Realität, der wir uns stellen mussten. Insofern hatte ich einerseits durchaus Verständnis für all diese Maßnahmen, die man da getroffen hatte. Andererseits kann man aber auch beobachten, dass übertriebene Geheimhaltung manchmal unsere Arbeit extrem lähmen kann.
Rudi hatte sein Laptop auf den Knien. Wir versuchten noch immer, irgendeinen gemeinsamen Nenner zu finden, den die drei Morde vielleicht hatten. Aber das schien schwierig.
Die neuen Erkenntnisse, die wir durch Lin-Tai gewonnen hatten, änderten daran wenig.
„Ich habe mal versucht zu checken, ob dieser Ex-Soldat des KSK namens Klaus Deggemann vielleicht irgendwie in etwas verwickelt war, was eine Verbindung zu den beiden Kommissare herstellen könnte.”
„Wenn er nicht gerade zum Islam konvertiert ist und sich einer Terrorzelle angeschlossen hat ...”
„Danach sieht es nicht aus”, sagte Rudi. „Er betreibt eine private Sicherheitsfirma, ist verheiratet, sieht auf der Homepage seiner Firma wie die Biederkeit in Person aus und betätigt sich offenbar auch als aktives Gemeindemitglied der evangelischen Kirche von Nördendorf. Im letzten Jahr hat er dort eine Spendenaktion initiiert. Dabei wurde Geld für das marode Dach des Kirchengebäudes gesammelt.”
„Wir brauchen letztlich die Namen derer, die die Zielfahnder-Abteilung der Gieselher Denner und Pascal Barkow angehörten, beobachtet haben”, sagte ich.
„Und du denkst, da kommt etwas heraus?”
Ich zuckte die Schultern.
„Warum nicht? Das ist so vielversprechend wie jeder andere Ansatzpunkt, den wir im Moment haben.”
„Auch wieder wahr” musste Rudi zugeben.
„Was hat Klaus Deggemann eigentlich in der Zeit gemacht, als Denner und Barkow dieser Sonderabteilung angehörten?”
„Nur reine Neugier oder hast du irgendwas im Hinterkopf, wo das hinführen soll, Harry?”
„Es fängt immer mit reiner Neugier an, Rudi, das weißt du doch.”
„Also, man braucht noch nicht einmal irgendeine interne Quelle anzuzapfen, Harry. Hier auf der Homepage von Klaus Deggemanns Firma gibt es einen ausführlichen Lebenslauf, der natürlich all die Stationen betont, die ihn im Sicherheitsbereich als kompetent und erfahren erscheinen lassen.”
„Ich nehme an, da gehört die Zeit beim KSK dann wohl dazu, oder?”
„Richtig, Harry. Und zu der Zeit, als Denner und Barkow in dieser geheimen Sonderabteilung waren, war Klaus Deggemann noch im aktiven Dienst beim KSK.”
„Steht etwas dabei, über die Einsätze an denen er teilgenommen hat?”
„Nein. Es gibt nur eine Auflistung all der Länder, in denen er im Einsatz war. Es ist die volle Palette, die man bei ihm so erwartet: Afghanistan, Maili und einige weitere, über die er aus Sicherheitsgründen nicht sprechen dürfte.”
„Einige der Seals, die Osama bin Laden getötet haben, später Bücher darüber geschrieben”, gab ich zurück.
„Von KSK-Soldaten ist mur sowas nicht bekannt.“
„Hm.“
„Anscheinend ist Klaus Deggemann ein Mann, dem die Sicherheit seines Landes und seiner Mitbürger sehr am Herzen liegt, Harry ...”
„Ah, ja.”
„Das soll er jedenfalls in seiner Selbstdarstellung rüberbringen und ich muss sagen, es gelingt ihm auch recht überzeugend.”
Wir nutzten die weitere Fahrt bis Berlin noch zu ein paar Telefonaten. Wir sprachen unter anderem mit dem Leiter des Polizeipräsidiums in Hannover. Dort war Björn Galland der sogenannte Dienststellenleiter. Wir hatten ihn im Gegensatz zu seinem Amtskollegen aus Frankfurt bisher nicht erreichen können.
Galland hatte eine sehr positive Meinung über die Zeit, die Kommissar Denner dort seinen Dienst versehen hatte.
„Er war einer meiner besten Kommissare”, sagte Galland. „Und ehrlich gesagt, kann sich hier immer noch niemand erklären, warum es zu seinem Tod gekommen ist.”
„Gute Kommissare machen sich meistens nicht nur Freunde”, sagte ich. „Es wird doch sicherlich genug Leute gegeben haben, denen er als Kommissar in Hannover durch seine Ermittlungen irgendwie auf die Füße getreten ist.”
„Die Liste ist lang, Herr Kubinke”, erklärte Galland mir.
„Ich brauche sie trotzdem”, erwiderte ich.
„Wenn das nicht mehr unbedingt heute Abend sein muss ... Ich sorge dafür, dass Ihnen alles zusammengestellt wird, was Sie brauchen.”
„In Ordnung”, sagte ich.
Nachdem das Gespräch, das wir im Übrigen über unsere Freisprechanlage geführt hatten, beendet worden war, schwiegen Rudi und ich eine Weile. In der Ferne tauchte schon die Silhouette von Berlin auf. Ein Lichtermeer in der Dämmerung.
„Wir sollten in Nördendorf anfangen zu graben”, sagte ich schließlich.
„Wegen Klaus Deggemann?”
„Er ist das letzte Opfer gewesen. Und er unterscheidet sich in einem Punkt von den anderen.”
„Weil er kein Kommissar ist. Jemand, der eine Sicherheitsfirma leitet, kommt unter Umständen ebenfalls mit den Dingen in Kontakt, die unser tägliches Brot sind.”
„Du meinst Terrorismus?”
„Oder organisiertes Verbrechen, Harry. Ich meine, kann ja sein, dass Barkow und Denner mal eine Weile in einer Sonderabteilung zur Terrorismusbekämpfung tätig gewesen sind, aber das muss nichts mit dem Fall zu tun haben. Umgekehrt agieren kriminelle Organisationen nicht nur lokal begrenzt. Und es könnte durchaus sein, dass da irgendeine Sache läuft, die alle drei verbindet.”
„Klingt plausibel”, gab ich zu.
Rudi blickte auf sein Laptop.
„Dienststellenleiter Gieselher hat mir gerade die Unterlagen über Barkows letzte Einsätze zugeschickt.”
Wir hatten mit dem Leiter des Polizeipräsidiums Frankfurt ja bereits vorher telefoniert und unter anderem erörtert, ob es irgendeinen Zusammenhang zwischen Barkows letzten Fällen und seiner Ermordung gab.
„Und?”, hakte ich nach.
„Der Ort, wo ihn unser bislang unbekannter Killer mit einer Vorliebe für gespaltene Schädel umgebracht hat, ist ja ein brachliegendes Firmengelände in Hafennähe.”
„Ja, ich habe die Tatortfotos auch gesehen.”
„Barkow wollte sich offenbar mit einem Informanten aus der Drogenszene treffen.”
„Steht da auch mit wem?”
„Boris Vitali. Hat Barkow offenbar schon seit Jahren mit Informationen versorgt. Er arbeitet in einem Club, der als Umschlagplatz für Designerdrogen und alles Mögliche andere gilt. Da bekommt er wohl eine Menge mit. Jedenfalls hat die Mitarbeit von Boris Vitali in der Vergangenheit dazu geführt, dass ein paar spektakuläre Drogendeals zu Verhaftungen führten.”
„Ist dieser Boris Vitali einer, der das für Geld macht - oder verfolgt er eigene Interessen?”
„Keine Ahnung. Wäre vielleicht interessant zu erfahren. Aus den Unterlagen geht das jedenfalls nicht hervor.”
„Und wieso erfahren wir erst jetzt davon, weswegen Barkow mitten in der Nacht auf einem verlassenen Firmengelände war?”
„Weil Barkow das wohl nicht an die große Glocke gehängt hat. Mit Boris Vitali hat er sich immer nur allein getroffen. Eingeweiht war nur sein Dienstpartner. Und der hat die Informationen darüber wohl erst mit einer gewissen Verzögerung weitergeleitet.”
„Ganz meine Meinung”, stimmte mir Rudi zu.
„Und davon abgesehen müssen wir ganz dringend mit Boris Vitali reden.”
„Dienststellenleiter Gieselher hat schon alles in die Wege geleitet. Er meldet sich.”
„Was heißt das, er meldet sich?”
„Ich nehme an, dass Frankfurt in dieser Angelegenheit nicht allzu rabiat vorgehen will.”
„Weil sie ihren Informanten schützen wollen?”
„Harry, du weißt doch auch, wie das läuft. Wenn da jemand ist, der dafür sorgt, dass in schöner Regelmäßigkeit immer ein paar Drogendeals irgendwo in der Stadt platzen, hat niemand ein Interesse, daran etwas zu ändern.”
„Erfolge hat jeder gern.”
„So ist es! Und wenn jemand vielleicht daran denkt, die Karriereleiter noch ein Stück nach oben fallen, dann braucht er solche Erfolge auch.”
„Du sprichst doch jetzt nicht von Dienststellenleiter Gieselher, oder?”
„Wieso nicht? Hat er auf dich bisher den Eindruck von jemandem gemacht, der mit seiner Karriereplanung schon abgeschlossen hat?”
„Vielleicht unterschätze ich ihn einfach.”
„Schon möglich, Harry.”
7
Wir fuhren noch zum Hauptpräsidium, obwohl unsere Arbeitszeit natürlich längst vorbei war. Aber Kriminaldirektor Hoch war auch um diese Zeit noch in seinem Büro. Erstens wollten wir ihm einen vorläufigen Bericht erstatten und zweitens hatte auch unser Chef inzwischen Neuigkeiten für uns.
„Ich habe die Zeit genutzt und etwas herumtelefoniert”, sagte Kriminaldirektor Hoch, während er hinter seinem Schreibtisch stand und seine Hände in den weiten Taschen seiner Flanellhose verschwinden ließ. Uns hatte er einen Platz angeboten. Ihn selbst hielt es aber offenbar nicht auf dem Bürostuhl.
„Und - wie stehen die Aktien?”, fragte ich.
Ein sehr verhaltenes Lächeln spielte für den Bruchteil eines Augenblicks um Kriminaldirektor Hochs Lippen. „Ich bekomme alles, was wir wollen.”
„Sämtliche Details zu den Einsätzen der beiden Kollegen während ihrer Zeit in dieser Sondereinheit?”
„Sämtliche. Anscheinend ist man sich in den Etagen über mir sehr wohl der Tragweite bewusst, die dieser Fall bekommen könnte und will restlos alles aufdecken.”
„Das freut mich zu hören.”
„Ich bekomme die Daten morgen im Verlauf des Vormittags, wie man mir versichert hat”, erklärte Kriminaldirektor Hoch. „Und von da an können Sie dann auch damit arbeiten.”
„Sehr gut”, sagte Rudi.
„Ich vermute mal, die Bundeswehr wird nicht so bereitwillig sämtliche Details der Sondereinheit offenlegen, in der Deggemann gedient hat”, sagte ich.
Kriminaldirektor Hoch sah mich überrascht an.
„Gehen Sie davon aus, dass die Ereignisse während der Dienstzeit irgendetwas mit seinem Tod und dem Tod unserer Kollegen zu tun haben.”
„Bis jetzt nicht. Aber ausschließen kann man nichts.”
„Ich sage Ihnen gleich, das ist noch einmal eine ganz andere Nummer, Harry.”
„Ich weiß.”
„Eine Nummer, die viel schwieriger zu händeln ist.”
Offenbar hatte Kriminaldirektor Hoch darüber zumindest schon einmal nachgedacht. Sonst hätte er sich so nicht geäußert. „Die Schwierigkeit läge in so einem Fall darin, dass die Entscheidungen, wie viele Informationen wir bekommen, auf politischer Ebene getroffen werden müssten.”
„Ich verstehe”, murmelte ich.
„Nicht jeder Einsatz der Kommando Spezialeinheit soll groß in der Öffentlichkeit verhandelt werden, wie ich vermute”, meinte Rudi.
„Mit gutem Grund”, sagte Kriminaldirektor Hoch. „Schließlich könnten sich jede Menge diplomatische Verwicklungen bis hin zu handfesten Krisen daraus entwickeln. Für uns macht das den Job natürlich nicht unbedingt leichter.”
8
Zwei Männer saßen in einem Restaurant in Berlin.
Ludger Wanger wog fast 200 Kilogramm. Er hatte ein gewaltiges Doppelkinn. Sein Kopf war nahezu haarlos. Die dunklen, mandelförmigen Augen waren sehr schmal. Der Blick wirkte aufmerksam und durchdringend.
Der Mann, der ihm gegenüber saß, war von seiner äußeren Erscheinung her in vielen Punkten das genaue Gegenteil. Ein kleiner, schmächtiger Mann mit runden Augen und dichtem, aschblondem Haar. Er hieß Erich Sternberg und wirkte sichtlich angespannt.
„Möchten Sie einen Tee, Erich?”, fragte Ludger Wanger.
„Herr Wanger, ich bin hier, weil in Nördendorf wirklich etwas passieren muss! Wenn Sie nicht eingreifen, gehen ein paar Leute hoch, die für uns alle wichtige Geschäftspartner sind. Dann bricht unsere Organisation dort zusammen und Sie wissen genau, was das bedeutet.”
„Sie erlauben, dass ich mir einen Tee genehmige”, sagte Erich. „Er ist hier wirklich exzellent. Es gibt nur wenige Lokale, in denen man weiß, wie Tee zubereitet werden sollte. Und wenn ich zwischendurch mal nach Berlin komme, dann versäume ich es nach Möglichkeit nie, hierher zu kommen, um mir diesen Genuss zu gönnen.”
„Herr Wanger, haben Sie ...” Erich Sternberg brach ab. Er sprach nicht weiter, und wahrscheinlich lag es am durchdringenden Blick seines Gegenübers.
„Ja, ich habe sehr wohl verstanden, was Sie mir gesagt haben. Sie sollten sich etwas mehr Ruhe und Gelassenheit angewöhnen, Erich. Das Geschäft ist nicht alles. Und manche Dinge fügen sich ganz von selbst so, wie Sie sollen.”
„Herr Wanger, man sagt, Sie hätten gute Beziehungen zum Polizeichef von Nördendorf.”
„So, sagt man das?”
„Jörn Narbach! Sagen mir nicht, dass Ihnen dieser Name völlig unbekannt ist, Herr Wanger.”
„Und was soll ich jetzt Ihrer Meinung nach tun?”
„Sagen Sie Narbach, dass die Lawine, die im Augenblick auf uns zurollt, etwas abbremsen soll. Mehr erwarten wir nicht. Wir brauchen Zeit. Dann können wir das Gewitter überstehen. Na ja, und ein paar Typen, die wir ohnehin loswerden wollten ...”
„... könnten Sie dem Polizeichef von Nördendorf in den Rachen werfen, damit der auch ein paar Erfolge vorzuweisen hat und man außerdem keinen Verdacht schöpft.”
„Ich sehe, Sie verstehen mich, Herr Wanger. Ich habe gewusst, dass Sie mich verstehen.”
Der Tee wurde gebracht. Das Gespräch verstummte daraufhin augenblicklich.
Für einige Minuten widmete sich Ludger Wanger vollkommen dem vor ihm stehenden Gedeck. Seinem Gesicht war nicht anzumerken, was er in diesem Moment dachte.
Sehr langsam führte Ludger Wanger schließlich die Tasse zum Mund. Er wirkte dabei wie ein in sich ruhender Buddha, den nichts aus der Ruhe zu bringen vermochte.
„Ich kann Ihnen nichts versprechen”, sagte er schließlich. „Aber ich werde tun, was ich kann.”
„Ich danke Ihnen.
„Ihnen ist klar, dass ich dafür eine Gegenleistung erwarte.”
„Sicher.”
„Ich werde Sie zu gegebener Zeit wissen lassen, was Sie für mich tun können.”
„Ja, Herr Wanger.”
„Im Übrigen regele ich solche Dinge auf meine Weise.”
„Ich verstehe, Herr Wanger.”
„Das will ich hoffen. Das will ich wirklich hoffen ... Und nun sehen Sie zu, ob Sie nicht doch noch irgendetwas auf der Karte finden, was Ihnen zusagt. Alles andere wäre unhöflich, und ich möchte ungern in diesem Restaurant den Ruf bekommen, mich mit unhöflichen Gästen zu verabreden. Verstehen Sie das, Sternberg?”
„Vollkommen, Herr Wanger.”
Anderthalb Stunden später verließ Erich Sternberg das Lokal.
Ludger Wanger griff derweil zu seinem Handy. Nicht zu seinem regulären Geschäftshandy, sondern zu einem preiswerten Prepaid-Gerät ohne Vertragsbindung.
Er nahm das Gerät an sein Ohr, als die Verbindung hergestellt worden war.
„Hallo? Sie wissen, wer hier spricht. Es gibt da eine Angelegenheit in Nördendorf, die umgehend geregelt werden muss ... Nein, das kann man nicht noch länger hinausschieben. Es muss gehandelt werden, ehe die Sache aus dem Ruder läuft. Und zwar jetzt!”
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.