Kitabı oku: «Mörder sind keine Engel: 7 Strand Krimis», sayfa 3
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Der Gangster mit dem hübschen, schmalen Gesicht und den dunklen Augen ging leise pfeifend an Bount vorbei. Er schenkte Bount keinen Blick. Das war nicht überraschend. Battery Park wimmelte von neugierigen Besuchern, und Leute, die alte Hausfassaden bewunderten, gehörten hier gleichsam zum Inventar.
Bount folgte dem Gangster in sicherem Abstand. Es schien, als würden sich die glücklichen Zufälle dieser Stunde addieren. Der Gangster kletterte in einen 74er Plymouth, der nur fünfzig Meter vor Bounts Mercedes parkte. Bount hatte keine Mühe, die Beschattung seines Gegners mit dem Wagen fortzusetzen.
Die Fahrt ging stadtaufwärts bis zur 34ten Straße. Dort passierte es.
Plötzlich. Völlig unerwartet und mit tödlicher Präzision.
Der Plymouth explodierte.
Er löste sich auf in einen Feuerball, der Rauch, Metall und ein ohrenbetäubendes Krachen ausspuckte. Zerberstende Scheiben, aufeinanderprallende Wagen, schreiende Menschen und jähe Panik lieferten das Echo. Es war ein Stück Inferno im Verkehrsgewühl der großen, von unablässigen Qualen heimgesuchten Stadt.
In Sekundenschnelle war von dem Plymouth nur noch ein brennendes, qualmendes Kernstück vorhanden. Sein Fahrer war mitsamt dem Karosserieaufbau verschwunden, zerfetzt. zerbombt, von der gewaltigen Explosion buchstäblich ausgelöscht.
Auf dem Gehsteig wälzten sich Verletzte in ihrem Blut. Sie machten damit alles nur noch schlimmer, denn unter ihnen glänzten die scharfen, gezackten Scherben der Glassplitter, die aus zersprungenen Fenstern auf die Straße geregnet waren.
Ein Cop tauchte auf. Er rannte zur Fahrbahnmitte, stoppte dort und blies mit hochrotem Kopf und geblähten Backen in seine Trillerpfeife. Bount fand, dass der Cop auf erschreckende Weise den Eindruck machte, die Situation nicht meistern zu können.
Bount sprang aus dem Wagen.
Zwischen seinem silbergrauen Mercedes und dem brennenden Plymouth befand sich ein Pulk von fünf Wagen, drei davon hatten sich hoffnungslos ineinander verkeilt. Bount hatte zwar die Druckwelle der Explosion verspürt, aber weder er noch sein 450 SEL hatten auch nur eine Schramme abbekommen.
Obwohl es gut fünfhundert Augen und Ohrenzeugen der Katastrophe geben mochte, hastete Bount in einen Drugstore und verständigte telefonisch Polizei und Notarztwagen. Erfahrungsgemäß verließ sich in derlei Situationen einer auf den anderen, und die Neugierde der Zuschauer war fast immer größer als ihr Bedürfnis, sich durch einen Anruf um prickelndes Erleben zu bringen.
Bount rannte zurück zur Straße. Dort hatte die erste Erstarrung einer hektischen Aktivität Platz gemacht. Man kümmerte sich um die Verletzten, und einige Autofahrer versuchten mit ihren Handlöschgeräten, dem brennenden Wrack zu Leibe zu rücken.
Bount sah, dass es für ihn nichts mehr zu tun gab. Er machte kehrt, betrat erneut den Drugstore und rief Captain Rogers an. Bount berichtete, was er erlebt hatte, nannte die Nummer des explodierten Wagens und erfuhr, dass der Plymouth auf einen Mann namens Jeremy Winter zugelassen worden und nicht als gestohlen gemeldet worden war.
Bount notierte sich die Adresse des Mannes, bedankte sich bei dem Captain und versuchte dann, Jeremy Winter telefonisch zu erreichen. Das Freizeichen tutete ihm monoton entgegen. Winter meldete sich nicht.
Bount fragte sich, ob der Tote Jeremy Winter sein mochte. Er bezweifelte es. Gangster pflegen selbst bei kleineren Coups nicht mit dem eigenen Wagen zu fahren, und hier stand immerhin ein Mord zur Debatte.
Bount verließ den Drugstore. Inzwischen waren mehrere Polizei- und Ambulanzwagen eingetroffen. Die Cops sperrten die Unfallstelle ab und bemühten sich gleichzeitig darum, den Verkehrsstau aufzulösen.
Bount stieg in seinen Mercedes und brauchte fast eine halbe Stunde, um sich aus dem Stau zu lösen. Er fuhr zum Bankhaus Thorpe, Thorpe & Friggley und fand einen Parkplatz in dem für Kunden reservierten Teil der Tiefgarage. Kurz darauf saß er James Thorpe gegenüber, einem drahtig wirkenden Endvierziger mit eisblauen Augen und dunkelblauem Anzug, dessen Äußeres eine gesunde Mischung von Intellekt und Sportlichkeit signalisierte.
Bount legte dem Direktor schweigend das Foto der Toten vor. James Thorpe runzelte die Augenbrauen. „Das ist Jessica“, sagte er. „Was ist mit dem Bild?“
Bount berichtete, was geschehen war. Er beobachtete sein Gegenüber dabei scharf. James Thorpes Backenknochen traten deutlich hervor, es schien, als wollten sie die Haut sprengen, ansonsten gab es keinerlei Anzeichen für Trauer, Schock oder innere Erregung. Kein Zweifel: James Thorpe war ein Mann mit großer Selbstdisziplin, der sich fabelhaft in der Gewalt hatte.
„Ich verstehe das alles nicht“, sagte er.
„Vor wem war sie auf der Flucht, wer hat sie vergiftet – und warum?“, fragte Bount.
Die eiskalten Augen hielten Bounts Blick fest. „Finden Sie es für mich heraus“, sagte Thorpe. „Geld spielt keine Rolle. Ich muss wissen, was passiert ist.“
„Wann haben Sie Ihre Frau zuletzt gesehen und gesprochen?“, fragte Bount.
„Beim Frühstück. Sie war wie sonst. Nein, warten Sie. Sie war eher nervös, aber sie war bemüht, diese Nervosität zu überspielen. Ich stellte keine Fragen. Ich war damit beschäftigt, den Wirtschaftsteil der Zeitung zu lesen. Ich bin ein Morgenmuffel, wissen Sie.“
„Haben Sie diese Nervosität schon früher bemerkt – und wenn ja, wann zum ersten Male?“
„Ich will ganz ehrlich sein. Jessica und ich führten eine eher unterkühlte Ehe. Es gab niemals Streit, aber es gab auch keine himmelhochjauchzende Liebe, allenfalls eine nüchterne Harmonie. Jessica war schön, intelligent und charmant, es war ein Vergnügen, sie auf Gesellschaften zu erleben, sie wusste um ihre Rahmenfunktion und verstand es großartig, zu repräsentieren. Warum ich Ihnen das erzähle? Sie haben es gewiss schon erraten. Obwohl wir wie ein perfektes Ehepaar wirkten und auftraten, ging jeder seine eigenen Wege. Es gab deshalb keinerlei Gegnerschaft, nicht einmal eine Absprache – es war eine fast selbstverständliche Entwicklung, die keinem zu schaden schien.“
„Ich muss jetzt sehr direkte, persönliche Fragen stellen“, sagte Bount. „Hatte Ihre Frau einen Freund, oder gar mehrere?“
„Es mag seltsam klingen – aber ich bezweifle es“, meinte Thorpe. „Ich glaube, Jessica neigte zur Frigidität. Sie brauchte Männer nur, um sich in Szene zu setzen.“
„Wie gut war Jessica mit Leslie Harper befreundet?“, wollte Bount wissen.
„Oberflächlich. Warum?“
„Darauf komme ich später zurück“, wich Bount aus. Leslie Harper war seine Klientin. Er war nicht befugt, über sie zu sprechen. Bount fragte: „Wer hat den direkten Nutzen vom Tod Ihrer Frau?“
„Jessica besitzt eigenes Vermögen. Ich erbe es“, sagte Thorpe. „Also bin ich der Nutznießer. Ich hoffe, Sie wittern dahinter kein Tatmotiv. Meine Bankeinlage beträgt sieben Millionen Dollar, und mein Privatvermögen bewegt sich in ähnlichen Dimensionen. Ich verdiene glänzend und befinde mich nicht in finanziellen Schwierigkeiten. Außerdem“, fügte er mit mattem Lächeln hinzu, „bin ich knallhart im Verhandeln, aber stockkonservativ. Ich habe Jessica gemocht, ich bin zutiefst erschüttert über ihren Tod – auch wenn es für Sie nicht so aussehen mag.“
„Der Gangster, von dem ich Ihnen berichtete, hat offenbar unter anderem die Hausschlüssel aus der Tasche Ihrer Frau entwendet. Er ist damit in Ihr Haus eingedrungen. Beschäftigen Sie keine Dienstboten?“
„Doch, einen Butler und ein Mädchen. Der Butler wohnt im Haus, das Mädchen kommt stundenweise zu uns.“
„Rufen Sie den Butler an, bitte, schnell!“
„Er meldet sich nicht“, stellte Thorpe stirnrunzelnd fest.
„Kommen Sie“, sagte Bount.
Wenige Minuten später waren sie in Bounts Wagen zum Battery Park unterwegs. „Halten Sie es für möglich, dass Ihre Frau in schlechte Gesellschaft geraten ist?“, wollte Bount unterwegs wissen.
„Wir sahen uns morgens und abends“, sagte Thorpe. „Dazwischen lagen acht bis zehn Stunden, wo jeder das erledigte, was er für wichtig hielt. Bei mir war es die Arbeit, bei Jessica waren es die gesellschaftsorientierten Verrichtungen einer jungen Frau, die keine Geldsorgen kennt. Sie organisierte Bazare, konferierte mit der Schneiderin, besuchte kulturelle Veranstaltungen – und so weiter, und so weiter. Ob sie in schlechte Gesellschaft geraten ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich halte es aber für wenig wahrscheinlieh. Jessica war in Stilfragen sehr eigen. Sie schätzte Klasse, sie bestand darauf. Wo, frage ich Sie, findet man in schlechter Gesellschaft Stil, wo Klasse? Nein, ich bin sicher, dass sie nichts dergleichen getan hat, schlechte Gesellschaft hätte nur ihren Abscheu wecken können.“
„Hat man Sie jemals erpresst?“
„Gut ein Dutzend Male. Es hing niemals mit Jessica zusammen und konnte in jedem Fall vom FBI zu Ungunsten der Erpresser erledigt werden.“
Als sie das Haus am Battery Park erreichten, fanden Sie in seinem Inneren den Butler vor, gefesselt und geknebelt. Nachdem sich der Butler einigermaßen erholt hatte, berichtete er von dem Fremden, dem er sich plötzlich im Hause gegenübergesehen hatte.
„Es war ein recht gutaussehender, tadellos gekleideter Mann, nicht älter als 30“, fuhr der Butler fort. „Als ich ihn zur Rede stellen wollte, richtete er eine Waffe auf mich und befahl mir, mich flach auf den Boden zu legen. Er fesselte und knebelte mich, danach hörte ich, wie er in den oberen Räumen herumstöberte. Er blieb etwa zwanzig Minuten, danach ging er.“
„Was hat er mitgenommen?“, wollte Thorpe wissen.
„Bedaure, Sir – das muss erst noch festgestellt werden“, erwiderte der Butler. „Ich kann nur sagen, dass er die meiste Zeit im Zimmer von Madame verbrachte. Ich habe Grund zu der Befürchtung, dass er es auf den Schmuck abgesehen hatte.“
Thorpe schüttelte den Kopf. „Unsinn. Die großen Stücke liegen im Banksafe. Das andere ist keine fünftausend Dollar wert.“
Sie gingen nach oben. Jessicas in Elfenbein und Mattgrün gehaltenes Zimmer war gründlich durchwühlt worden, der Inhalt von Schränken und Schubladen lag auf dem Boden. Thorpe sah sich ratlos in dem Durcheinander um. „Was hat der Kerl bloß gesucht?“, fragte er.
Bount ging zum Telefon. Er wählte die Nummer seines Offices. June meldete sich nicht. Sie war also noch immer unterwegs, um Leslie Harper zu beschatten.
„Sie übernehmen doch den Fall?“, erkundigte sich James Thorpe. „Geld spielt dabei keine Rolle!“
„Das“, sagte Bount, „höre ich gern. Ja, ich übernehme den Fall.“
4
Bruce Copper zögerte nur einen Augenblick, dann presste er seinen Finger auf den Klingelknopf und lauschte mit schräggehaltenem Kopf den Schritten, die hinter der Mansardentür laut wurden.
Die Tür öffnete sich. In ihrem Rahmen zeigte sich, hemdsärmelig und verschwitzt, ein bulliger Boxertyp. „Was gibt's?“, fragte er.
„Du bist doch Alec Hamish?“, fragte Copper.
„Rundherum und bis auf die Knochen“, erwiderte Hamish. „Willst du mir was verkaufen?“
„Sicher“, nickte Copper gelassen. „Den Tod.“
„Du bist ein Spaßvogel“, höhnte Hamish, dessen Augen sich jäh verengten. „Mich legt keiner um.“
„Unverwundbar, was?“, höhnte Copper.
„Das behaupte ich nicht.“
„Wir kommen einander näher, Alec. Ich bin dein Killer. Wie findest du das?“
„Mich legt keiner um“, sagte Hamish. Seme Muskeln spannten sich, aber er rührte sich nicht vom Fleck. Dann wiederholte er zum dritten Male: „Mich legt keiner um.“
„Was macht dich so sicher?“
„Das ist leicht erklärt. Ich bin ein kleiner Ganove, ich kann und weiß nichts. Es ist für niemand von Bedeutung, ob ich lebe oder sterbe.“
Sie standen sich in geringer Distanz gegenüber. Bruce Coppers Hand steckte in der Tasche seines Popeline-Lumberjacks. Die großzügig geschnittene Jacke ließ nicht erkennen, ob Copper mit seinen Fingern eine Waffe umschloss oder nur bluffte.
„Gehen wir rein“, sagte Copper. „Aber schön vorsichtig, wenn ich bitten darf. Dir bleiben nur noch ein paar Dutzend Sekunden zum Schnaufen. Du wärest schlecht beraten, diese Gnadenfrist durch eine unbedachte Bewegung oder eine dumme Attacke zu verkürzen.“
Es war sonst nicht Bruce Coppers Art, sich gewählt auszudrücken, aber in einer Situation wie dieser überkam ihn der unwiderstehliche Drang, sich mit dem Flair des großen Agenten auszustatten, oder doch mit dem, was er dafür hielt.
Hamish zog hörbar die Luft durch die Nase. „Was soll der Quatsch?“, fragte er.
„Kehrt marsch!“, befahl Copper und zog die Hand aus dem Lumberjack. Sie umspannte eine Walther Pistole. Hamishs Augen wurden noch schmaler, als sie bereits geworden waren. Er zog die Unterlippe zwischen die Zähne und hob die Schultern. Einen Moment lang schien es so, als wollte er sich auf seinen Gegner stürzen, dann machte er schulterzuckend kehrt und durchquerte die kleine, quadratische Diele.
Copper blieb dicht hinter ihm. Sie betraten das Wohnzimmer. Es war ärmlich möbliert, auf dem Tisch standen die Reste einer Mahlzeit und in der Luft hing der Geruch einer Fischspeise.
Hamish ging bis zum Tisch, dort blieb er stehen und wandte sich um. „Kommen wir zur Sache“, sagte er. „Worum geht's?“
„Um nichts Besonderes“, höhnte Copper. „Wir wollen Correggio nur 'ne kleine Lektion erteilen.“
„Das schafft ihr nie – wer immer dich bezahlt“, sagte Hamish.
„Wetten, dass? Winter haben wir bereits hochgehen lassen“, erklärte Copper.
„Das glaube ich dir nicht.“
„Du hättest dir die Nachrichten anhören sollen. Wir haben einen Satelliten aus ihm gemacht.“
„Was heißt wir‘?“, fragte Hamish. Er stützte sich mit beiden Händen auf die hinter ihm liegende Tischplatte. Seine Finger berührten den Griff des mittelgroßen Küchenmessers. Er bewegte es mit der Behutsamkeit des Profis und überlegte, ob er es riskieren durfte, seinen Gegner damit anzugreifen.
„Ich nenne keine Namen“, sagte Copper.
„Du hast schon zwei genannt. Jerry und den Boss. Du behauptest, Correggio treffen zu wollen. Du willst ihm eine Lehre erteilen, indem du mich tötest.“ Er lachte kurz. „Correggio kennt mich kaum. Ich bin bestenfalls einer seiner Handlanger. Ihr müsst euch schon was Besseres einfallen lassen, um den Boss zu schockieren.“
,Jerry Winter war doch sein Lieutenant, oder?“, fragte Copper.
„Das musst du schon selber herausfinden, ich liefere keine Informationen“, sagte Hamish. Er riss abrupt das Messer hoch und jumpte nach vorn, auf seinen Gegner zu.
Hamish war ein schneller Mann, der fast keine Furcht kannte, aber in diesem Moment halfen ihm weder seine Beweglichkeit noch sein Mut. Cooper drückte ab. Er schoss dreimal hintereinander. Die Waffe weckte in dem niedrigen Raum ein hartes, dröhnendes Echo.
Hamish zuckte zusammen wie von epileptischen Anfällen geschüttelt, dann brach er zusammen. Er versuchte noch einmal hochzukommen, aber dieser Reflex zerbrach an der Schwäche und dem gnadenlosen Dunkel, das der Tod über ihn ausbreitete.
Copper schaute sich kurz im Zimmer um, steckte die Waffe zurück in seinen Lumberjack, holte ein Taschentuch aus der Hose und achtete sorgfältig beim Hinausgehen darauf, dass er seine Prints nicht auf den Türklinken der Mansardenwohnung verewigte.
Er war mit sich zufrieden.
Der Dollar rollte. Er hatte seinen ersten Mord hinter sich gebracht und glaubte zu wissen, dass es für ihn noch mehr Aufträge dieser Art geben würde.
5
Bill Correggio hatte verblüffende Ähnlichkeit mit jenen Modejournaltypen, die fast immer in dunklen Zweireihern mit Nadelstreifen, graumelierten Schläfen und Borsalinohüten abgebildet werden. Er besaß ein markantes Gesicht mit straffer Haut, deren Bräune einem Solarium entstammte, und helle, harte Augen, die zu dominieren verstanden, Sein schmallippiger Mund konnte charmant lächeln, war aber auch imstande, kalte Brutalität auszustrahlen.
Offiziell war Correggio Chef einer Firma, die sich CONPLASTIC nannte und darauf spezialisiert war, Spraydosen und Zahnpastatuben herzustellen. Die tatsächliche kommerzielle Leitung des Vierhundert-Mann-Betriebes oblag einem geschulten Manager, aber Correggio war fast immer in der Chefetage dieses Betriebes zu finden, sie war sein Hauptquartier und nur über mehrere Vorzimmer zu erreichen. Wer sie passieren durfte, musste es sich gefallen lassen, gründlich durchsucht zu werden: Correggio verspürte keine Lust, in einer Umgebung zu sterben. die er als sein Reich betrachtete.
„Fassen Sie sich kurz“, sagte Correggio, als Bount ihm in dem großen, mahagonigetäfelten Office am Schreibtisch gegenübersaß. „Sie haben zehn Minuten Zeit. Danach muss ich Sie bitten, zu gehen. Ich bin ein beschäftigter Mann.“
Es war für Bount nicht leicht gewesen, dieses Zusammentreffen zu arrangieren. Es hatte einiger taktischer Winkelzüge und versteckter Drohungen bedurft, um das Meeting durchzusetzen, aber jetzt war es soweit, jetzt war er mit Bill Correggio allein. Die Tür zum Sekretariat stand freilich offen: Dort saßen zwei drahtige, muskulöse Männer, denen man ansah und anmerkte, dass sie ihren Boss nicht nur mit den Fäusten zu beschützen wussten.
„Jessica Thorpe ist tot“, sagte Bount. In Correggios hellen Augen rührte sich nichts. Sie hatten gelernt, keine Gefühle zu spiegeln. „Wer ist Jessica Thorpe?“, fragte der Syndikatsboss. „Eine Freundin von Leslie Harper.“ „Sie sprechen in Rätseln. Ich kenne weder die eine noch die andere“, sagte Correggio.
Bount legte das Foto der toten Jessica Thorpe auf den Schreibtisch. „Das ist Jessica“, sagte er.
Correggio hielt sich das Bild dicht vor die Augen. Er war kurzsichtig, aber seine Eitelkeit verbot es ihm, in Gegenwart eines Besuchers eine Brille zu tragen. „Wer ist Jessica Thorpe?“, fragte er. „Und was bringt Sie dazu, mich nach dieser Dame zu fragen?“
Bount lehnte sich zurück. Er war verblüfft. Correggio war kein Mann, der etwas bestritt, was ihm widerlegt werden konnte. Es war durchaus möglich, dass er die beiden jungen Frauen tatsächlich nicht kannte. Aber warum hatte Leslie Harper dann versucht, sich als Correggios Geliebte auszugeben?
„Es gibt Leute“, sagte Bount etwas umständlich, „die behaupten, dass zwischen Leslie Harper und Ihnen bis vor kurzem eine Liaison bestanden habe.“
Correggio lächelte dünn. „Es gibt Leute, die mich für einen Mörder halten, und andere, die mich als Wohltäter preisen“, sagte er. „Ich möchte behaupten, dass beide Parteien unrecht haben, aber ich kann mich schwerlich gegen monströse Erfindungen wehren. Ich will es auch gar nicht. Man hört auf, bedeutend zu sein, wenn man sich um den Klatsch der Unbedeutenden kümmert.“
„Kennen Sie Jerry Winter?“
„Oh ja. Was ist mit ihm?“
„Er ist tot. Er wurde mitsamt seinem Wagen in die Luft gesprengt. Es muss sich um eine Bombe mit Zeitzünder gehandelt haben, vielleicht auch um eine, die durch Funkimpulse ausgelöst wurde. Jedenfalls ging die Ladung mitten in der Stadt hoch. Es ist ein Wunder, dass es dabei keine weiteren Opfer zu beklagen gab – nur eine Handvoll Verwundete.“
„Der arme Jerry. Ich habe ihn geschätzt. Er war ein guter Pokerspieler.“
„Das war sicherlich nicht die einzige Verbindung, die er zu Ihnen hatte.“
„Doch, das war sie. Wir pokerten häufig zusammen, etwa einmal in der Woche.“
„Woher nahm er das Geld für dieses Hobby? Ich gehe doch wohl kaum fehl in der Annahme, dass dort, wo ein Correggio am Tisch sitzt, nicht mit Taschengeldern operiert wird.“
„Hören Sie, Reiniger. Erwarten Sie im Ernst, dass ich einen Mitspieler danach frage, woher er das Geld nimmt, das er auf den Tisch legt?“ „Wer kann ein Interesse daran gehabt haben, Jerry Winter zu töten?“ Correggio zeigte beim Lächeln seine weißen, künstlichen Zähne. „Sie sind Privatdetektiv. Finden Sie es heraus“, spottete er.
„Genau das werde ich tun“, versprach Bount. „Sprechen wir noch einmal von Jessica Thorpe. Sie wurde in meiner Praxis vergiftet, sie starb vor meinen Augen ...“
„Vergiftet?“, unterbrach Correggio. „Von wem?“
„Ich weiß von Jessicas Mann, James Thorpe, dass seine Frau dazu neigte, Beruhigungstabletten einzunehmen. Ihre Mörder haben das gewusst. Sie haben sich diese Eigenart zunutze gemacht und die Tabletten gegen hochgiftige Pillen ausgetauscht.“
„Das müssen Sie beweisen. Es kann auch Selbstmord gewesen sein.“
„Es war Mord“, sagte Bount.
„Wie Sie wollen“, seufzte der Syndikatsboss und stand auf. „Ich darf Sie jetzt bitten, mich entschuldigen zu wollen. Sie können beim besten Willen nicht von mir erwarten, dass ich mich an Ihren Spekulationen beteilige.“
„Sie kannten Winter, und Winter ist in den Mord an Jessica Thorpe verwickelt“, sagte Bount. „Sie können mir nicht weismachen, dass es da keine Zusammenhänge gibt.“
„Dort ist die Tür“, sagte Correggio. „Wir sprechen uns noch“, meinte Bount, stand auf und marschierte ins Sekretariat. Die beiden eleganten Muskelmänner standen am Ausgang. Ihre Gesichter waren hart und scheinbar leer, aber Bount spürte, dass Gefahr in der Luft lag. Er war ohne Waffe gekommen, weil er gewusst hatte, welchen Spielregeln er sieh in diesem Hause unterwerfen musste. Die Männer bewegten sich mit der lasziv anmutenden Trägheit von Leuten, die sich ihrer Kraft und ihrer Überlegenheit bewusst sind. Einer baute sich direkt vor der Tür auf.
Bount stoppte. „Lassen Sie mich vorbei“, sagte er.
„Tut uns leid. Mister“, meinte der Mann, der an der Tür stand. Er war blond und hochgewachsen, nicht älter als 32. Er hätte in jedem Fernsehkrimi den Helden spielen können, aber seine Stimme war kaum geeignet, ihm einen solchen Job zu verschaffen: sie war heiser, brüchig, scharf und sehr unangenehm.
„Was tut Ihnen leid?“, fragte Bount und spannte die Muskeln. Ihm gefiel nicht, dass der zweite Mann, ein Schwarzhaariger, an ihm vorbeiging und hinter ihm Halt machte.
Bount blickte über seine Schulter, aber das hätte er besser bleiben lassen sollen. Der Blonde nutzte seine Chance, riss die Rechte hoch und wuchtete sich mit professioneller Gründlichkeit auf Bounts Solarplexus.
Bount riss den Mund auf und ging in die Knie. Irgendetwas traf ihn am Kopf. Er versuchte zu kontern, aber es war, als hätte er plötzlich einen Körper aus Gummi, gefüllt mit lauer, warmer Luft. Er konnte sich nur schwammig bewegen, gleichsam in Zeitlupe.
Ein Feuerblitz durchzuckte seinen Schädel. Bount war außerstande, den damit verbundenen Schmerz zu registrieren. Sein Bewusstsein stürzte in einen dunklen, scheinbar endlos tiefen Schacht.
Als er erwachte, lag er dort, wo er zusammengeschlagen worden war.
Er richtete sich auf, sehr langsam und leicht benommen. Die beiden Gorillas befanden sich noch im Zimmer. Der Blonde saß auf der Ecke eines Schreibtisches, der Dunkelhaarige lehnte mit vor der Brust verschränkten Armen an der Wand. Die Männer sahen ernst aus, aber auch spöttisch. Bount wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Er war sauer, sogar stocksauer, aber er war weit davon entfernt, sich zu erregen. Es gehörte zu seinem Beruf, gelegentlich verprügelt zu werden. Bis jetzt hatte er es noch immer geschafft, zurückzuschlagen.
„Das war ein hübscher Einfall“, sagte Bount. Er bewegte die Stirnhaut.
In seinem Schädel war ein dumpfer Druck, aber kein Schmerz. Noch fünf Minuten, und er würde wieder topfit sein.
Der Blonde griff mit spitzen Fingern hinter sich. Er hielt einen Revolver hoch, wobei er die Waffe mit einem Taschentuch anfasste.
„Sehen Sie mal, was wir hier haben“, sagte er.
Bounts Augen wurden schmal. „Der gehört mir“, stellte er fest.
„Das sollten Sie lieber in Abrede stellen“, höhnte der Blonde. „Damit haben Sie immerhin einen Menschen erschossen.“