Kitabı oku: «Brehm’s Thierleben: Die Säugethiere 1», sayfa 16
Hausmaus
Die Hausmaus (Mus musculus) soll schon seit den ältesten Zeiten der treueste Genosse des Menschen gewesen sein. Bereits Aristoteles und Plinius thun ihrer Erwähnung, Albertus Magnus kennt sie genau. Gegenwärtig ist sie über die ganze Erde verbreitet. Sie wanderte mit dem Menschen und folgte ihm bis in den höchsten Norden und bis in die höchstgelegenen Alphütten. Ihre Aufenthaltsorte sind alle Theile der menschlichen Wohnungen. Auf dem Lande haust sie zeitweilig auch im Freien, d. h. im Garten oder in den nächsten Feldern und Wäldchen, in der Stadt beschränkt sie sich auf das Wohnhaus und seine Nebengebäude. Hier bietet ihr jede Ritze, jede Höhle, mit einem Worte jeder Winkel, wo sie sich verstecken kann, genügendes Obdach, und von hier aus unternimmt sie ihre Streifzüge.
Mit größter Schnelligkeit rennt sie auf dem Boden dahin, klettert vortrefflich, springt ziemlich weit und hüpft oft längere Zeit nacheinander in kurzen Sätzen fort. An zahmen kann man beobachten, wie geschickt sie alle Bewegungen unternimmt. Schon wenn sie ruhig sitzt, macht sie einen ganz hübschen Eindruck; erhebt sie sich aber, nach Nagerart auf das Hintertheil sich stützend, und putzt und wäscht sie sich, dann ist sie geradezu ein bezauberndes Thierchen. Sie kann sich auf den Hinterbeinen aufrichten, wie ein Mensch, und sogar einige Schritte gehen. Dabei stützt sie sich nur dann und wann ein klein wenig mit dem Schwanze.
Man kann sich schwerlich ein naschhafteres Geschöpf denken als eine Hausmaus, welche über eine gut gespickte Speisekammer verfügen kann. Sie sucht sich sicher immer die besten Bissen aus und beweist dadurch auf das schlagendste, daß der Sinn des Geschmackes bei ihr vortrefflich entwickelt ist. Süßigkeiten aller Art, Milch, Fleischspeisen, Käse, Fette, Früchte und Körner werden von ihr unbedingt bevorzugt, und wo sie die Wahl hat, kürt sie sich unter dem Guten immer das Beste. Wo sie etwas Genießbares wittert, weiß sie sich einen Zugang zu verschaffen, und es kommt ihr eben nicht darauf an, eine oder mehrere Nächte angestrengt zu arbeiten und selbst feste, starke Thüren zu durchnagen. Findet sie viele Nahrung, welche ihr besonders mundet, so trägt sie sich auch noch einen Vorrath davon in ihre Schlupfwinkel und sammmelt mit der Hast eines Geizigen an der Vermehrung ihrer Schätze.
Den Schaden, welchen die Hausmaus durch Wegfressen verschiedener Speisevorräthe anrichtet, ist im ganzen gering; ihre hauptsächliche Schädlichkeit beruht in dem abscheulichen Zernagen werthvoller Gegenstände. In Bücher- und Naturaliensammlungen hausen die Mäuse auf die verderblichste Weise und können, wenn ihrer Zerstörungslust nicht mit allen Kräften Einhalt gethan wird, unschätzbaren Schaden anrichten.
Die Hausmaus vermehrt sich außerordentlich stark. Sie wirft 22 bis 24 Tage nach der Paarung vier bis sechs, nicht selten aber auch acht Junge und in Jahresfrist sicherlich fünf bis sechsmal, so daß die unmittelbare Nachkommenschaft eines Jahres mindestens dreißig Köpfe beträgt. Eine weiße Maus, welche Struve in der Gefangenschaft hielt, warf am 17. Mai sechs, den 6. Juni sechs, den 3. Juli acht Junge. Die Mutter schlägt ihr Wochenbett in jedem Winkel auf, welcher ihr eine weiche Unterlage bietet und einigermaßen Sicherheit gewährt. Nicht selten findet man das Nest in ausgehöhltem Brode, in Kohlrüben, Taschen, Todtenköpfen, ja selbst in Mausefallen. Gewöhnlich ist es aus Stroh, Heu, Papier, Federn und anderen weichen Stoffen sorgfältig zusammengeschleppt.
Haselmaus
Die Haselmaus (Muscardinus avellanarius) ist ungefähr so groß wie unsere Hausmaus. Der dichte und anliegende, aus mittellangen, glänzenden und weichen Haaren bestehende Pelz ist gleichmäßig gelblichroth, unten etwas heller, an der Brust und der Kehle weiß.
Mitteleuropa ist die Heimat: Schweden und England scheinen ihre nördlichste, Toskana und die nördliche Türkei ihre südlichste Grenze zu bilden; ostwärts geht sie nicht über Galizien, Ungarn und Siebenbürgen hinaus. Sie gehört ebensogut der Ebene wie dem Gebirge an, geht aber in letzterem nicht über den Laubholzgürtel nach oben, steigt also höchstens zwei tausend Meter über das Meer empor. Niederes Gebüsch und Hecken, am allerliebsten Haselnußdickichte, bilden ihre bevorzugten Wohnsitze.
Nachts geht sie ihrer Nahrung nach. Nüsse, Eicheln, harte Samen, saftige Früchte, Beeren und Baumknospen bilden diese; am liebsten aber verzehrt sie Haselnüsse, welche sie kunstreich öffnet und entleert, ohne sie abzupflücken oder aus der Hülse zu sprengen. Auch den Beeren der Eberesche geht sie nach und wird deshalb nicht selten in Dohnen gefangen. Als echte Baumthiere klettern sie wundervoll selbst im dünnsten Gezweige herum, nicht bloß nach Art der Eichhörnchen und anderer Schläfer, sondern auch nach Art der Affen; denn oft kommt es vor, daß sie sich mit ihren Hinterbeinen an einem Zweige aufhängen, um eine tiefer hängende Nuß zu erlangen und zu bearbeiten, und ebenso häufig sieht man sie gerade so sicher auf der oberen wie an der unteren Seite der Aeste hinlaufen, ganz in der Weise jener Waldseiltänzer des Südens.
Selten paaren sich die Geschlechter vor dem Juli. Nach ungefähr vierwöchentlicher Tragzeit, also im August, wirft das Weibchen drei bis vier nackte, blinde Junge in sein kugelförmiges, sehr zierlich und künstlich aus Moos und Gras erbautes, innen mit Thierhaaren ausgekleidetes Sommernest, welches regelmäßig im dichtesten Gebüsche und etwa meterhoch über dem Boden zu stehen pflegt. Die Kinderchen wachsen außerordentlich schnell, saugen aber doch einen vollen Monat an der Alten, wenn sie auch inzwischen schon so groß geworden sind, daß sie ab und zu das Nest verlassen können. Um die Mitte des Oktober ziehen sie sich wie letztere in den Schlupfwinkel zurück, wo sie den Wintervorrath eingesammelt, und bereiten sich aus Reisern, Laub, Nadeln, Moos und Gras eine kugelige Hülle, in welche sie sich gänzlich einwickeln, rollen sich zum Knäuel zusammen und fallen in Schlaf, tiefer noch als ihre Verwandten; denn man kann sie in die Hand nehmen und in derselben herumkugeln, ohne daß sie irgend ein Zeichen des Lebens von sich geben. Je nach der Milde oder Strenge des Winters durchschlafen sie nun ihre sechs bis sieben Monate, mehr oder weniger unterbrochen, bis die schöne, warme Frühlingssonne sie zu neuem Leben wach ruft.
Wüstenspringmaus
Die Wüstenspringmaus (Dipus aegyptius) [Heute: Jaculus jaculus] verbreitet sich über den größten Theil Nordostafrikas sowie das angrenzende westliche Asien und kommt nach Süden hin bis Mittelnubien vor, woselbst der Verbreitungskreis einer andern ähnlichen Art beginnt. Offene, trockene Ebenen, Streppen und Sandwüsten sind ihre Wohnplätze: sie bevölkert die dürrsten und ödesten Landschaften und bewohnt Orte, welche kaum die Möglichkeit zum Leben zu bieten scheinen. Auf jenen traurigen Flächen, welche mit dem scharfschneidigen Riedgrase, der Halfa (Poa cynosuroides) bedeckt sind, findet man sie zuweilen in größeren Gesellschaften. Sie theilt diese Orte mit dem Wüstenhuhne, der kleinen Wüstenlerche und dem isabellfarbenen Läufer, und man begreift kaum, daß auch sie dort Nahrung finden, wo jene, welche neben dem Gesäme doch auch viele Kerbthiere fressen, sich nur dürftig ernähren. In dem harten Kiesboden gräbt sie sich viel verzweigte, aber ziemlich seichte Gänge, in welche sie sich bei der geringsten Gefahr zurückzieht. Nach den Versicherungen der Araber arbeitet der ganze Trupp an diesen unterirdischen Wohnungen. Die Thiere graben mit den scharfen Nägeln ihrer Vorderfüße und benutzen wohl auch die Nagezähne, wenn es gilt, den harten Kiesboden zu durchbrechen.
Wohl darf man sagen, daß es schwerlich ein anmuthigeres Geschöpf geben kann als diese Springmäuse. So sonderbar und scheinbar mißgestaltet sie aussehen, wenn man sie todt in der Hand hat oder regungslos sitzen sieht, so zierlich nehmen sie sich aus, wenn sie in Bewegung kommen. Erst dann zeigen sie sich als echte Kinder der Wüste, lassen sie ihre herrlichen Fähigkeiten erkennen. Ihre Bewegungen erfolgen mit einer Schnelligkeit, welche geradezu ans unglaubliche grenzt: sie scheinen zu Vögeln zu werden. Bei ruhigem Gange setzen sie ein Bein vor das andere und laufen sehr rasch dahin, bei großer Eile jagen sie in Sprungschritten davon, welche sie so schnell fördern, daß ihre Bewegung dann dem Fluge eines Vogels gleicht; denn ein Sprung folgt so rasch auf den anderen, daß man kaum den neuen Ansatz wahrnimmt. Dabei tragen die Springmäuse ihren Leib weniger nach vorn übergebeugt als sonst, die Hände mit den Krallen gegeneinander gelegt und nach vorn gestreckt, den Schwanz aber zur Erhaltung des Gleichgewichts gerade nach hinten gerichtet. Wenn man das Thier aus einiger Entfernung laufen sieht, glaubt man einen pfeilartig durch die Luft schießenden Gegenstand zu gewahren.
Fühlt sich die Springmaus ungestört und sicher, so sitzt sie aufrecht auf dem Hintertheile wie ein Känguru, oft auf den Schwanz gestützt, die Vorderpfoten an die Brust gelegt, ganz wie Springbeutelthiere es auch zu thun pflegen. Sie weidet in ähnlicher Weise wie Kängurus: doch gräbt sie mehr als diese nach Knollen und Wurzeln, welche wohl ihre Hauptnahrung zu bilden scheinen. Außerdem verzehrt sie mancherlei Blätter, Früchte und Samen, ja sie soll selbst Aas angehen oder wenigstens den Kerbthieren gierig nachstellen.
Die Araber erzählten mir, sie baue sich in einem tieferen Kessel ihrer Höhle ein Nest, kleide dasselbe wie Kaninchen mit Haaren ihres Unterleibes aus, und darin finde man zwei bis vier Junge: Sie stellen ihm, weil sie das Fleisch genießen und ziemlich hochschätzen, eifrig nach und fangen es ohne sonderliche Mühe lebendig oder erschlagen es beim Herauskommen aus den Bauen. Ihre Jagdweise ist sehr einfach. Sie begeben sich mit einem langen und starken Stocke nach einer Ansiedelung der Springmäuse, verstopfen den größten Theil der Röhren und graben nun einen Gang nach dem andern auf, indem sie ihren starken Stock in den Gang stecken und dessen Decke aufbrechen. Die geängstigten Wüstenmäuse drängen sich nach dem innersten Kessel zurück oder fahren durch eine Fluchtröhre nach außen und dann in ein vorgestelltes Netz oder selbst einfach in den Aermel des Obergewandes, welches der Araber vorgelegt hat. So können zuweilen zehn bis zwanzig Stück auf ein Mal gefangen werden; wenigstens macht es gar keine Mühe, eine solche Anzahl lebend zu erhalten: jagdkundige Araber bringen auf Verlangen so viele Springmäuse, als man haben will.
Jede Springmaus schläft den ganzen Tag, vom frühen Morgen an bis zum späten Abend, kommt, wenn man sie nicht stört, auch nicht einen Augenblick aus ihrem Neste hervor, sondern schläft gute zwölf Stunden in einem Zuge fort. Aber auch während der Nacht ruht sie noch mehrere Male halbe Stündchen aus. Wenn man sie bei Tage aus dem Neste nimmt, zeigt sie sich sehr schläfrig, fällt in der Hand hin und her und kann sich längere Zeit nicht ermuntern. Ihre Stellung beim Schlafen ist eigenthümlich. Gewöhnlich sitzt sie im Neste auf den ziemlich eng zusammengestellten Fersen so, daß die weiter auseinander stehenden Fußspitzen in der Luft schweben. Den Kopf biegt sie ganz herab, sodaß die Stirn unten auf dem Boden ruht und die Schnauze an den Unterleib angedrückt wird. Der Schwanz liegt in großem Bogen über die Fußspitzen weg. So gleicht das Thier einem Balle, über dessen Oberfläche bloß die übermäßig langen Beine hervorragen. Manchmal legt sich die Springmaus aber auch auf die Seite oder selbst auf den Rücken und streckt dann die Beine sonderbar nach oben; immer aber bleibt sie in dieser zusammengerollten Stellung. Die Ohren werden beim Schlafen dicht an den Kopf gedrückt und an ihrer Spitze theilweise eingerollt, sodaß sie faltig, gleichsam wie zerknittert aussehen. Bewegungslos liegt das Thier in dem warmen Nestchen, bis der Abend ordentlich hereingebrochen. Nunmehr macht sich ein leises Rascheln und Rühren im Neste bemerklich. Die Langschläferin putzt sich, glättet die Ohren, läßt einen leisen, wie schwacher Husten klingenden Ton vernehmen, springt plötzlich mit einem einzigen Satze durch die Nestöffnung hervor und beginnt nun ihr eigenthümliches Nachtleben. Das erste Geschäft, welches sie jetzt besorgt, ist das Putzen. In der Reinlichkeit übertrifft die Springmaus kein anderer Nager. Fast alle ihre freie Zeit wird verwandt, um das seidenweiche Fell in Ordnung zu halten. Härchen für Härchen wird durchgekämmt und durchgeleckt, jeder Theil des Körpers, selbst der Schwanz, gehörig besorgt. Einen wesentlichen Dienst leistet ihr dabei feiner Sand. Dieser ist ihr überhaupt ganz unentbehrlich; sie wälzt sich mit förmlicher Wollust in ihm herum, kratzt und wühlt in ihm und kann sich gar nicht von ihm trennen. Beim Putzen nimmt sie die verschiedensten Stellungen an. Gewöhnlich sitzt sie nur auf den Zehenspitzen und gewissermaßen auf dem Schwanze. Sie hebt die Fersen etwa 4 Centim. vom Boden auf, bildet mit dem Schwanze einen großen Bogen und stemmt ihn, mit dem letzten Viertel etwa, auf den Boden auf, trägt den Leib vorn nur ein wenig erhöht und legt die Hände mit den Handflächen gegeneinander, daß die Fingerspitzen oder besser die Krallen sich berühren. Dabei hält sie diese kurzen, stummelartigen Glieder gerade nach vorn gestreckt, so daß sie auf den ersten Blick hin als Zubehör zu ihrem Maule erscheinen. Wenn sie sich aber putzt, weiß sie die zierlichen Gliedmaßen vortrefflich zu gebrauchen. Ehe sie an das Glätten des Felles geht, scharrt und wühlt sie sich eine passende Vertiefung im Sande aus. Zu diesem Ende biegt sie sich vorn hernieder und schiebt nun mit vorgestreckten, auseinander gehaltenen Händen und der rüsselartigen Schnauze den Sand, oft große Mengen auf einmal, nach vorn, und scharrt ihn da, wo er sich nicht schieben läßt, durch rasche Bewegungen der Hände los. So geht es fort, bis sie endlich ihr Lager sich zurecht gemacht hat. Jetzt legt sie zuerst den Kopf in die entstandene Vertiefung und schiebt ihn, vorwärts sich streckend, auf dem Sande dahin, dem obern Theil sowohl als den untern, die rechte wie die linke Seite, jedenfalls in der Absicht, das Fell zu glätten. Nachdem dies besorgt ist, wirft sie sich plötzlich der ganzen Länge nach in die Mulde und streckt und dehnt sich äußerst behaglich, die langen Springbeine bald gerade nach hinten, bald senkrecht vom Leibe ab oder endlich gerade nach vorne und zuletzt so ausstreckend, daß die Läufe hart an die Schnauze zu liegen kommen. Wenn sie sich in dieser Lage ordentlich eingewühlt hat, bleibt sie oft mehrere Minuten lang ruhig und zufrieden liegen, schließt die Augen halb, legt die Ohren an und streicht sich nur dann und wann einmal, als wolle sie sich dehnen, mit einem der kleinen Pfötchen über das Gesicht.
Der ruhige Gang des Thieres ist ein schneller Schritt. Die Beine werden beim Gehen am Fersengelenk gerade ausgestreckt und so gestellt, daß sie unter das dritte Fünftel oder unter die Hälfte des vorn etwas erhobenen Leibes, welcher durch den Schwanz im Gleichgewichte gehalten wird, zu stehen kommen. Nun setzt die Springmaus in rascher Folge ein Bein um das andere vor. Die Vorderhände werden, in der gewöhnlichen Weise zusammengelegt, unter dem Kinne getragen. Da sich die gefangene Springmaus an den Menschen gewöhnt, macht sie nur höchst selten einen größeren Sprung, hauptsächlich dann, wenn es gilt, ein Hindernis zu überwinden, z. B. über ein großes ihr vorgehaltenes Buch zu springen. Dabei schwingt sie sich ohne den geringsten Ansatz durch bloßes Aufschnellen ihrer Hinterbeine fußhoch und noch mehr empor. Als ich eine bei ihren Nachtwandelungen durch eine plötzliche Bewegung erschreckte, sprang sie senkrecht über einen Meter in die Höhe. Wenn man sie auf den Tisch setzt, läuft sie rastlos umher und sieht sorgsam prüfend in die Tiefe hinab, um sich die beste Stelle zum Herunterspringen auszuwählen. Kommt sie an die Kante, so stemmt sie sich mit ihren beiden Vorderarmen auf, sonst aber nie. Die Angabe, daß sie bei jedem Sprunge einen Augenblick auf die Vorderfüße niederfalle und sich dann schnell wieder aufrichte, ist falsch. Sie kommt, selbst wenn sie aus Höhen von einem Meter und mehr zu Boden springt, immer auf die Hinterfüße zu stehen, und läuft dann, ohne sich nur nach vorne zu bücken, so ruhig weiter, als habe sie bloß einen gewöhnlichen Schritt gemacht.
Beim Fressen setzt sie sich auf die ganzen Fußsohlen nieder, biegt aber den Leib vorn weit herab und nimmt nun die Nahrung mit einem raschen Griffe vom Boden auf. Aus einem Näpfchen mit Weizenkörnern holt sie sich in jeder Minute mehrere Körner. Sie verzehrt die erhobenen aber nicht ganz, sondern beißt bloß ein kleines Stückchen von ihnen ab und läßt sie dann wieder fallen. In einer Nacht nagt sie manchmal fünfzig bis hundert Körner an. Allerliebst sieht es aus, wenn man ihr eine Weinbeere oder ein Stückchen fein geschnittene Möhre, Apfel und dergleichen Früchte hingibt. Sie packt solche Nahrung sehr zierlich mit den Händen, dreht sie beständig hin und her und frißt sie auf, ohne sie fallen zu lassen.
Aguti
Der Aguti oder, wie er seines hübschen Felles wegen auch wohl heißt, der Goldhase (Dasyprocta aguti), eines der schmucksten Mitglieder der ganzen Familie, hat dichte und glatt anliegende Behaarung; das rauhe, harte, fast borstenartige Haar besitzt lebhaften Glanz und röthlich-citronengelbe, mit Schwarzbraun untermischte Färbung, ist drei- bis viermal dunkel-schwarzbraun und ebenso oft röthlich-citronengelb geringelt und endet bald mit einer hellen, bald mit einem dunklen Ringe, wodurch eben die gemischte Färbung hervorgerufen wird. An einigen Leibesstellen waltet das Gelb vor, indem das Schwarz entweder gänzlich verschwindet, oder nur einen schmalen Ring bildet. So kommt es, daß die Gesammtfärbung sich verändert, je nachdem das Thier sich bewegt, je nachdem die Beleuchtung eine verschiedene und endlich, je nachdem das Haar hier länger und dort kürzer ist. Das Gesicht und die Gliedmaßen decken bloß kurze Haare, das Hintertheil längere und das Kreuz wie die Schenkel solche von fast 8 Centim. Länge, die Kehle ist nackt.
Guiana, Surinam Brasilien und das nördliche Peru bilden die Heimat des Guti. An den meisten Orten ist er recht häufig, besonders an den Flußniederungen Brasiliens. Hier wie überall bewohnt er die Wälder, die feuchten Urwälder ebenso wie die trockeneren des innern Landes, treibt sich aber auch an den angrenzenden grasreichen Ebenen herum und vertritt dort die Stelle der Hasen. Im freien Felde kommt er nicht vor. Gewöhnlich findet man ihn über der Erde, in hohlen Bäumen nahe dem Boden, und öfter allein als in Gesellschaft. Bei Tage liegt er ruhig in seinem Lager, und nur da, wo er sich vollkommen sicher glaubt, streift er umher. Mit Sonnenuntergang geht er auf Nahrung aus und verbringt bei guter Witterung die ganze Nacht auf seinen Streifzügen. Er hat, wie Rengger berichtet, die Gewohnheit, seinen Aufenthaltsort mehrmals zu verlassen und wieder dahin zurückzukehren; hierdurch entsteht ein schmaler, oft hundert Meter langer Fußweg, welcher die Lage des Wohngebietes verräth. Bringt man einen Hund auf diese Fährte, so gelingt es, falls das Lager sich nicht im Dickichte befindet, fast regelmäßig, des Thieres habhaft zu werden.
Im Springen erinnert er an kleine Antilopen und Moschusthiere. Sein Lauf besteht aus Sprungschritten, welche aber so schnell aufeinander folgen, daß es aussieht, als eile das Thier im gestreckten Galopp dahin. Der ruhige Gang ist ein ziemlich langsamer Schritt.
Die Nahrung besteht in den verschiedenartigsten Kräutern und Pflanzen, von den Wurzeln an bis zur Blüte oder zum Korn hinauf. Den scharfen Nagezähnen widersteht so leicht kein Pflanzenstoff, sie zerbrechen selbst die härtesten Nüsse. In bebauten Gegenden wird der Guti durch seine Besuche in den Zuckerrohranpflanzungen und Gemüsegärten lästig; doch nur da, wo er sehr häufig ist, richtet er merklichen Schaden an.
Über die Fortpflanzung der freilebenden Agutis fehlen noch genaue Nachrichten. Man weiß, daß sich das Thier ziemlich stark vermehrt, daß die Weibchen in allen Monaten des Jahres trächtig werden und gleichzeitig mehrere Junge zur Welt bringen können. Ein und dasselbe Thier soll zweimal im Jahre werfen, gewöhnlich im Oktober, d. h. zu Anfang der Regenzeit oder des Frühjahrs, das zweitemal einige Monate später, doch noch vor Eintritt der Dürre. Zu dieser Zeit sucht das Männchen ein Weibchen auf und jagt ihm nach unter Pfeifen und Grunzen, bis es das anfänglich sehr spröde Weibchen seinem Willen geneigt gemacht hat. Ein Weibchen, welches ich zu zwei Männchen setzte, wurde von diesen so abgetrieben und derart zusammengebissen, daß ich es entfernen mußte, weil es sonst seinen Peinigern erlegen sein würde. Erst nach Wochen heilten die Wunden, welche die ungestümen Liebhaber ihm beigebracht hatten. Bald nach der Begattung lebt jedes Geschlecht einzeln für sich. Das Weibchen bezieht sein altes Lager wieder und richtet es zur Aufnahme der Jungen ein, d. h. polstert es möglichst dicht mit Blättern, Wurzeln und Haaren aus, bringt auf diesem weichen Lager die Jungen zur Welt, säugt sie mehrere Wochen mit großer Zärtlichkeit und führt sie schließlich noch einige Zeit mit umher, um sie bei den ersten Weidegängen zu unterrichten und zu beschützen. Bei der Geburt tragen die Thierchen gleich das Gepräge der Alten und weichen nur unbedeutend in den äußeren Formen ab.
Rengger erzählt, daß der Guti, jung eingefangen und sorgsam aufgezogen, fast zum Hausthier wird. »Ich habe«, sagt er, »mehrere Agutis gesehen, welche man frei herumlaufen lassen konnte, ohne daß sie entwichen wären. So sah ich in den Waldungen des nördlichen Paraguay in den Hütten einiger Einwohner zwei zahme Agutis, welche den Morgen und Abend im Walde, den Mittag und die Nacht bei den Indianern zubrachten. Sie sind dem Menschen nur wenig ergeben, unterscheiden ihren Wärter keineswegs von anderen Personen, gehorchen nur selten seinem Rufe und suchen ihn nur dann auf, wenn sie der Hunger drängt. Auch lassen sie sich ungern von ihm berühren. Gewöhnlich wählen sie irgend einen dunklen Winkel zu ihrem Lager und polstern dasselbe mit Stroh und Blättern aus, zuweilen aber auch mit seidenen Frauenschuhen, Schnupftüchern, Strümpfen u. a., welche sie in kleine Stücke zernagen. Ihre Bewegungen sind sehr leicht. Sie gehen entweder in langsamen Schritten, wobei sie bloß mit den Zehen auftreten und den Rücken stark wölben, oder sie laufen im gestreckten Galopp oder machen Sprünge, welche an Weite denen unseres Hasen nichts nachgeben. Laute geben sie selten von sich, außer wenn sie gereizt werden; dann lassen sie einen pfeifenden Schrei hören; doch knurren sie zuweilen, aber nur ganz leise, wenn sie an einem verborgenen Orte irgend etwas zernagen. Werden sie in Zorn oder in große Furcht gesetzt, so sträuben sie ihre Rückenhaare, und es fällt ihnen dann oft ein Theil derselben aus.