Kitabı oku: «Digitale Kompetenz (E-Book)»

Yazı tipi:


Werner Hartmann, Alois Hundertpfund

Digitale Kompetenz

Was die Schule dazu beitragen kann

ISBN Print: 978-3-0355-1858-0

ISBN E-Book: 978-3-0355-1859-7

2. Auflage 2020

Alle Rechte vorbehalten

© 2020 hep Verlag AG, Bern

hep-verlag.com


Zusatzmaterialien und -angebote zu diesem Buch: digitalekompetenz.ch

Einleitung

Ein großer Teil unserer Kommunikation erfolgt digital. Wir verbringen täglich mehrere Stunden online und nutzen Smartphones, Computer, Tablets und selbst den Fernseher, um mit anderen Leuten zu kommunizieren. Die Internetnutzung erfolgt vorwiegend über mobile Geräte; wir haben das Internet buchstäblich in der Hosentasche. Bilder, Bücher, Musik und Videos konsumieren wir über Online-Plattformen direkt aus dem Netz. Viele Einkäufe oder das Buchen von Ferien erfolgen über das Internet. Dabei spielen soziale Netzwerke, Newsletter und Vergleichsdienste neben herkömmlichen Marketingkanälen wie etwa Printmedien oder Fernsehen eine wichtige Rolle. Kurz: Die digitalen Medien haben in den letzten Jahren unser Leben mit rasanter Geschwindigkeit verändert. Und noch ist kein Ende der Entwicklung absehbar: 3-D-Drucker, simultane Sprachübersetzung, intelligente Roboter oder selbstfahrende Autos sind nur Beispiele für die weitere Entwicklung, angetrieben durch die Digitalisierung.

Der Übergang von der Buch- zur Informationsgesellschaft macht vor der Schule nicht Halt. Früher lag ein Schwerpunkt ihrer Aufgaben auf der Bereitstellung und Vermittlung von Wissen durch die Lehrpersonen an die Schülerinnen und Schüler. Schulen und Bibliotheken waren Orte, an denen Informationen und Wissen zentral gesammelt und zugänglich gemacht wurden. Diese Rolle wird angesichts der heute im Internet zur Verfügung stehenden riesigen Datenmengen immer mehr obsolet. Die Lernenden haben fast jederzeit und überall Zugriff auf die «weltweite Bibliothek». Sie tragen die Bibliothek quasi unter dem Arm mit sich und der Kopf kann beziehungsweise könnte von der aufwendigen Arbeit des Wissenserwerbs entlastet werden. Informationsdienste wie Google und Online-Enzyklopädien wie Wikipedia erschließen uns ein Vielfaches von dem, was Schulen und Bibliotheken zu leisten vermögen, und sie sind zudem noch aktueller. Die reine Zugriffsmöglichkeit auf die gigantischen Datenmengen ist allerdings nur die Voraussetzung für das, was man unter Bildung oder Ausbildung verstehen kann. Der Grundauftrag der Schule ist gleich geblieben. Sie wählt Wissensbestände aus, sortiert und selektiert die Inhalte. Außerdem fördert sie die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler zu selbstständigen und verantwortungsvollen Persönlichkeiten.

Der einfache Zugriff auf die «weltweite Bibliothek» hat auch das Rollenbild der Lehrerinnen und Lehrer verändert. In den Mittelpunkt rückt zunehmend der Umgang mit Konzepten, Strukturen und Zusammenhängen. Dieser Wandel verunsichert viele Lehrpersonen. Wie viel Faktenwissen braucht jemand, um alltägliche Tätigkeiten ohne großen Aufwand erledigen zu können? Wie viel Anwender- und Konzeptwissen braucht es, um Informationsdienste wie Google und Wikipedia erfolgreich zu nutzen? Wie stark sollen die technologischen Entwicklungen im Unterricht Eingang finden? Führt die Digitalisierung, verbunden mit der ständigen Erreichbarkeit und der permanenten Informationsberieselung, nicht zur Ablenkung der Lernenden? Habe ich als Lehrperson überhaupt eine Chance, mit der rasanten Entwicklung Schritt zu halten?

Bei diesen Fragen setzt das vorliegende Buch an. Wir wollen Lehrerinnen und Lehrern Unterstützung bei ihrer Arbeit in einem digitalen Umfeld bieten. Die Schule bereitet junge Menschen auf die Zukunft vor. An diese Aufgabe darf sie nicht mit den Werkzeugen der Vergangenheit herangehen. Das Buch soll Mut machen, eine aktive Rolle einzunehmen, indem es aufzeigt, dass grundlegende Konzepte sowohl im Umgang mit Informationen und Wissen als auch beim Kommunizieren und beim Kooperieren in einer digital geprägten Gesellschaft weiterhin gültig sind. Wir sind davon überzeugt, dass die Schule in einer guten Ausgangslage ist, wenn es darum geht, die gesellschaftlichen Entwicklungen frühzeitig aufzunehmen. Wie kaum eine andere Institution steht sie Tag für Tag in engem Kontakt mit der heranwachsenden Generation und hat so die Chance und den Auftrag, die künftige Gesellschaft aktiv mitzugestalten.

An wen richtet sich das Buch?

Das Buch richtet sich in erster Linie an Lehrpersonen an Berufsfachschulen und Gymnasien. Viele Inhalte richten sich aber auch an Verantwortliche auf der Ebene Schulleitung und Bildungspolitik. Wir gehen davon aus, dass die Leserinnen und Leser den digitalen Medien und deren Einsatz im Unterricht offen, aber nicht unbedingt euphorisch gegenüberstehen. Wir richten uns also an Leserinnen und Leser, die sich nicht in Grundsatzdiskussionen über Chancen und Risiken von Computer und Internet im Unterricht verlieren, sondern die mobile digitale Endgeräte und das Internet als einen selbstverständlichen Teil der Schulinfrastruktur betrachten.

Was bietet das Buch?

Das Buch setzt sich mit der Frage auseinander, über welche Kompetenzen man in einer digital geprägten Gesellschaft verfügen muss, um am Arbeitsmarkt erfolgreich teilnehmen und sich im gesellschaftlichen und privaten Umfeld selbstbestimmt bewegen zu können. Diese Kompetenzen bezeichnen wir etwas salopp als digitale Kompetenzen.

Jedes Kapitel befasst sich mit jeweils einer von zehn Kompetenzen und macht sie zum Thema. Bei der Auswahl der Kompetenzen stützen wir uns insbesondere auf Empfehlungen aus dem 2011 erschienenen Bericht «Future Work Skills 2020» des «Institute for the Future» und auf den 2010 veröffentlichten Bericht «Kompetenzen in einer digital geprägten Kultur» des deutschen Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Bei der Auswahl und Beschreibung der Kompetenzen stand für uns nicht die wissenschaftliche Herangehensweise im Vordergrund, sondern das Ziel, ein leicht verständliches und vom Umfang her auch lesbares Buch vorzulegen. Die beschriebenen Kompetenzen sind nicht neu und schon immer Ziel einer guten Allgemeinbildung gewesen. Immer wieder werden wir diesen Punkt betonen mit der Absicht, einen unaufgeregten Umgang mit dem Thema «Digitale Medien in der Schule» zu unterstützen.

In jedem Kapitel beschreiben wir zunächst eine Kompetenz und führen aus, warum sie unserer Meinung nach in der Informations- und Kommunikationsgesellschaft wichtig ist und an Bedeutung gewinnen wird. Anschließend zeigen wir auf, was das für die Schule heißt und welche Rolle den Lehrpersonen sowie den Schulbehörden dabei zukommt. Anhand von Beispielen aus unterschiedlichen Themenbereichen wird veranschaulicht, wie die Kompetenzen im Unterrichtsalltag von Berufsfachschulen und Gymnasien gefördert und gefestigt werden können. Diese Beispiele dienen lediglich der Inspiration. Es bleibt Aufgabe der Leserin und des Lesers, eigene Überlegungen zur Kompetenzförderung zu entwickeln und auf die Unterrichtspraxis zu übertragen. Eines bleibt nämlich: Guter Unterricht lebt stark von der Persönlichkeit der Lehrperson.

Auf der Website www.digitalekompetenz.ch finden Leserinnen und Leser, die sich mit dem Thema eines Kapitels vertieft auseinandersetzen möchten, Empfehlungen für weitergehende Literatur und Literaturnachweise.

Was bietet das Buch nicht?

In diesem Buch setzen wir uns nicht mit der Frage auseinander, ob digitale Medien gut oder schlecht sind. Wir orientieren uns an der Realität. Digitale Medien prägen unsere Gesellschaft und haben im Schulzimmer Einzug gehalten. Die Entwicklung hin zu Kommunikation jederzeit und überall, also der Siegeszug mobiler digitaler Endgeräte wie etwa Smartphones und vielleicht bald Datenbrillen oder Datenlinsen, erfolgte nicht mit Blick auf die Schule. Es sind nicht wir Lehrerinnen und Lehrer, welche die technischen Entwicklungen bestimmen. Das mag man bedauern, aber wenn es um die Fähigkeit geht, sich in der Gesellschaft zu behaupten, kann diese Tatsache nicht ausgeblendet werden. Unser Umgang mit dieser Entwicklung, ob als Individuum oder als Gesellschaft, kann und soll von der Schule mitgeprägt werden. Angesichts ernst zu nehmender drohender Szenarien im Bereich Persönlichkeitsschutz und der Bedrohung traditioneller Freiheitsrechte sowohl durch private Unternehmen wie durch staatliche Stellen wird auch die Sicherheit im Umgang mit digitalen Medien ein schulisches Thema bleiben.

Das Buch ersetzt nicht die Lektüre von Literatur zur Allgemeinen Didaktik. Wir gehen davon aus, dass die Leserinnen und Leser vertiefte Kenntnisse von der Planung und Gestaltung von Unterricht haben. Ebenso beinhaltet das Buch keine Listen von digitalen Werkzeugen, die sich für den Einsatz im Unterricht eignen, und auch keine Gebrauchsanweisungen für solche Werkzeuge. Erstens finden sich dazu unzählige Informationen im Netz und zweitens besitzen solche Empfehlungen meist nur eine sehr kurze Halbwertszeit.

Das Buch erhebt nicht den Anspruch, auf die aufgeworfenen Fragen und Probleme umfassende, wissenschaftlich abgestützte Antworten zu liefern. Wir sind davon überzeugt, dass es gerade in Fragen der Bildung nicht den Königsweg gibt. Ganz bewusst bedienen wir uns auch einer einfachen, verständlichen Sprache. Verständlichkeit ist eines der obersten Ziele guten Unterrichts. Die aktuelle Literatur zu Didaktik und Pädagogik nimmt unserer Meinung nach hier oft keine Vorbildfunktion ein.

Wie soll man in das Buch einsteigen?

Die Reihenfolge der einzelnen Kapitel ist beliebig und jedes Kapitel kann auch für sich allein gelesen werden. Wir empfehlen, dass man sich beim Lesen immer die Situation im eigenen Unterricht vergegenwärtigt. Wie ist das bei mir? Habe ich die gleichen Probleme? Wie bin ich bis jetzt mit diesen Problemen umgegangen? Und ganz wichtig: Bringen Sie als Leserin oder Leser Offenheit und Interesse mit, sowohl gegenüber den Entwicklungen rund um digitale Medien als auch gegenüber der jungen, vernetzten Generation. Sehr empfehlen können wir hier vorab die Lektüre von Michel Serres’ Essay «Erfindet euch neu! Eine Liebeserklärung an die vernetzte Generation». Der bekannte, 1930 geborene französische Philosoph setzt sich darin mit dem gesellschaftlichen Wandel zu Beginn des 21. Jahrhunderts auseinander. Tief greifende Veränderungen seien dadurch in Gang gesetzt worden, dass sich eine junge Generation völlig neu organisiere.

Wer sind die beiden Autoren?

Werner Hartmann hat Mathematik studiert, am Gymnasium in Baden (Schweiz) unterrichtet und sich anschließend an der ETH Zürich und der Pädagogischen Hochschule Bern in Forschung und Lehre mit ICT, Medien und Informatik beschäftigt.

Alois Hundertpfund hat Rechtswissenschaft studiert und war Lehrer an der Baugewerblichen Berufsschule Zürich sowie Dozent in der Lehrerbildung an der Universität Zürich und an der Pädagogischen Hochschule – stets mit Interesse an einer «What-works-Didaktik» unter Einbezug multimedialer Möglichkeiten.

Die Autoren danken Rémy Kauffmann, Amadeus Fetz und Beat Döbeli Honegger für Diskussionen und kritische Anmerkungen, Fiona Hasler für das sorgfältige Lektorat und die zahlreichen inhaltlichen Anregungen sowie Franziska Voigt für das gründliche Korrektorat.

Inhaltsverzeichnis

1. Information und Wissen: Verwesentlichung

2. Soziale Intelligenz und Verständigung

3. Kritisches und flexibles Denken

4. Umgang mit kultureller und sozialer Heterogenität

5. Abstraktion und Modellbildung

6. Nutzung digitaler Werkzeuge

7. Rollenbilder privat, beruflich und öffentlich

8. Kreatives, produktives Denken

9. Informelles und selbstbestimmtes Lernen

10. Virtuelle Zusammenarbeit

11. Schlusswort


Mit der Digitalisierung einhergehend steht uns eine unüberschaubare Menge an Daten und Informationen fast überall und jederzeit zur Verfügung. Die Herausforderung besteht nicht darin, Zugang zu diesen Daten und Informationen zu erhalten, sondern darin, diese zu filtern und auf die relevanten Inhalte zu reduzieren. Das effiziente und effektive Recherchieren, das Unterscheiden zwischen wesentlichen und unwesentlichen Informationen und das Beurteilen der Stichhaltigkeit stellen heute Schlüsselqualifikationen dar. Wer sich nicht in der Belanglosigkeit des Internets verlieren will, muss sich zudem bewusst sein, dass der Zugang und Besitz von Informationen nicht mit Wissen und Erkenntnis gleichzusetzen ist. Gerade in der Schule zeigt sich, dass Arbeiten von Schülerinnen und Schülern oft sehr umfangreich und professionell gelayoutet werden, inhaltlich aber nur aus einer unstrukturierten Aneinanderreihung von mit Fleiß zusammengetragenen Informationen aus dem Internet bestehen. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit einem Thema, das Verknüpfen von Wissen aus verschiedenen Fachgebieten und eine Synthese, verbunden mit der Erzeugung neuen Wissens, finden nicht statt. Hier zeigt sich ein Paradigmenwechsel: War es in der Buchgesellschaft ein wichtiges Ziel, überhaupt genügend Quellen und Informationen zu erschließen, verlangt die Informationsgesellschaft die Fähigkeit zur Filterung, zur Reduktion und zur Vertiefung.

Bis zur Erfindung des Buchdruckes blieb der Zugang zu Informationen und damit zum Wissen auf einen kleinen, ausgewählten Kreis von Personen beschränkt. Mit dem Buchdruck vergrößerte sich dieser Kreis, verbunden mit Entwicklungen wie der Aufklärung, der Einführung von Schulen, der Demokratisierung sowie veränderten Machtgefügen. Allerdings blieb auch in der Buchgesellschaft das Publizieren von Büchern und Zeitschriften das Privileg von wenigen. In der Informationsgesellschaft kann fast jeder unkompliziert und nur mit geringen Kosten verbunden Informationen ins Netz stellen. Die Darstellung dieser Informationen beschränkt sich dabei nicht nur auf Text und Bild. Das Publizieren von Audio-Beiträgen und Videos bis hin zu 3-D-Objekten ist ohne großen Aufwand möglich. Für die Gesellschaft, die Wirtschaft, die Schulen und für jeden Einzelnen von uns eröffnen sich neue, teilweise spektakuläre Möglichkeiten. Gleichzeitig birgt diese technische Entwicklung, wie andere vor ihr, neue Risiken.

Wir profitieren – nicht ohne Nebenwirkungen – von der uns heute zur Verfügung stehenden großen Informationsmenge. Ein gutes Beispiel dafür ist die Online-Enzyklopädie Wikipedia. Sie stellt die herkömmlichen gedruckten Enzyklopädien bezüglich Umfang und Aktualität in den Schatten und ist für die meisten zum beliebten Nachschlagewerk geworden. Und die Risiken? Die unüberschaubare Menge an Informationen stellt uns vor große Herausforderungen. Im «Mitmach-Web» kann jeder mitschreiben und wir können uns nicht mehr auf eine vorgängige Selektion der Inhalte durch eine zentrale Redaktion – etwa eines Verlags oder einer Zeitschrift – verlassen. Die Stichhaltigkeit und der Wahrheitsgehalt von Informationen muss von uns selbst kritisch hinterfragt werden. Zudem ist die Gefahr groß, relevante Informationen im weltweiten Datenmeer zu übersehen. Zwar erleichtern uns die digitalen Medien den Zugang zu Informationen, sie erhöhen jedoch auch die Anforderungen an unsere Informationskompetenz massiv. Besonders deutlich zeigt sich das bei der Wahl der Informations- und Kommunikationskanäle. Neben den klassischen Medien wie Zeitungen, Radio und Fernsehen eröffnet uns eine Vielzahl weiterer Kanäle (zum Beispiel Blogs, soziale Netzwerke, Newsletter, Messenger-Dienste) den Zugang zu Informationen. Alle diese Kanäle aufmerksam zu verfolgen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Jeder Einzelne ist gefordert, eine Auswahl von Informationskanälen zu treffen. Neu ist das für uns nicht: die Unzahl an Fernsehprogrammen zwingt uns schon lange, uns auf einige wenige Sender einzuschränken, wenn wir uns nicht im Studium der Programmzeitschriften verlieren wollen. Neu ist aber, dass sich die Bedeutung einzelner Kanäle für uns rasch ändern kann. So müssen wir laufend entscheiden, welche Kanäle wir nicht weiter verfolgen wollen und welche neu dazukommen sollen. Jean Paul Sartre hat uns vor mehreren Jahrzehnten die Freiheit bereits als Phänomen geschildert, das uns dazu verdamme, ständig eine Wahl treffen zu müssen. Wer diesen Gedanken im letzten Jahrhundert noch als skurril empfand, wird heute und in Zukunft immer wieder erfahren, wie groß diese Verdammnis sein kann.

Beim Thema «Information und Wissen» geht es um die Kompetenzen, den Bedarf an Informationen zu erkennen, diese zu finden, zu beurteilen, zu speichern, zielgerecht zu verarbeiten, neu aufzubereiten und zugänglich zu machen. Für eine tiefer gehende Recherche reicht es nicht mehr, die nächstgelegene Bibliothek aufzusuchen und sich dort allenfalls noch von einer kompetenten Bibliothekarin beraten zu lassen. Die Suche muss auf verschiedenen Plattformen (institutionelle Angebote, Wikipedia, YouTube, soziale Netzwerke) erfolgen. Übersetzungsprogramme erschließen die Inhalte von fremdsprachigen Dokumenten. Das ist hilfreich, denn kompetentes Recherchieren erfordert oft Suchanfragen in mehreren Sprachen. Ausgeklügelte Informationsdienste wie etwa die Suchmaschine Google unterstützen beim Rechercheprozess. Diese Dienste nutzen aber in erster Linie statistische Verfahren, zum Beispiel die Häufigkeit des Vorkommens eines Suchbegriffs in einem Dokument oder die Popularität einer Website, um bei einer Suche möglichst relevante Treffer anzubieten. Eine wirkliche Interaktion zwischen Benutzer und Suchdienst erfolgt nur in geringem Maß. Die Gefahr ist groß, bei einer Suche wichtige Dokumente zu übersehen. Deshalb ist es wichtig, möglichst zielsichere Suchanfragen zu stellen und diese aufgrund der erhaltenen Resultate anzupassen oder präziser zu formulieren.

Gerade beim Formulieren von Suchanfragen zeigt sich: Je mehr Wissen man in einem Themenbereich besitzt, desto besser kann man die gesuchten Inhalte erahnen und gezielt spezifische Suchbegriffe verwenden. Die Aussage «Heute muss man nichts mehr wissen, man findet alles im Internet» kann nur jemand machen, der sich bei einer Suche mit ein paar zufälligen, oberflächlichen Fakten zufrieden gibt. Wissen unterstützt uns auch bei der Beurteilung von Informationen auf ihre Relevanz und ihren Wahrheitsgehalt hin. Ein Mediziner wird bei der riesigen Anzahl Treffer zur Suchanfrage «Prävention von Altersdiabetes» schnell die wissenschaftlich fundierten Informationen von den unzähligen von medizinischen Laien verfassten Dokumenten trennen können.

Was heißt das für die Schule?

Für die Schule ist die Förderung der Informationskompetenz keine neue Aufgabe. Die Palette von Werkzeugen bei der Beschaffung und Verarbeitung von Informationen ist aber deutlich umfangreicher als früher. Die Schule hat die Aufgabe, die Funktionsweise und Eignung dieser Werkzeuge aufzuzeigen und gleichzeitig deren Nutzung einzufordern. Setzt sich ein Schüler beispielsweise mit den Ursachen des Bienensterbens auseinander und stützt er sich dabei nur auf die Wikipedia und ein Fachbuch aus der Mediothek der Schule, hat er die Aufgabe unzureichend gelöst. Gibt es aktuelle TV-Beiträge? Existieren Expertengruppen in den sozialen Netzwerken? Gibt es Beiträge der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) oder von Nichtregierungsorganisationen wie zum Beispiel Greenpeace oder WWF?

Die Reduktion komplexer Sachverhalte mit dem Ziel, diese überschaubar und verständlich zu machen, ist eine weitere zentrale Aufgabe der Schule. Die Lehrpersonen wählen Unterrichtsinhalte gezielt aus, vereinfachen komplexe Zusammenhänge und stellen Analogien her. Die Konzentration auf das Wesentliche gehört zum Handwerk des Lehrberufes. Wichtig ist es, diese Methoden auch den Lernenden gegenüber transparent zu machen und sie anzuleiten, auf ähnliche Weise mit Inhalten umzugehen.

Das Prinzip der Verwesentlichung gilt aber auch beim Speichern und Verwalten von Unterrichtsmaterialien. Billiger Speicherplatz verleitet dazu, Unmengen von Material zu sammeln und auf Lernplattformen zu horten und den «information overload» derart zu verstärken, dass das Erschließen der wesentlichen Inhalte für die Lernenden unnötig erschwert wird. Nicht nur das Sammeln, sondern auch das Löschen von Material gehört zu einer konsequenten Datenverwaltung.