Kitabı oku: «Beschmutztes Blut»

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Table of Contents

  Kapitel 1

  Kapitel 2

  Kapitel 3

  Kapitel 4

  Kapitel 5

  Kapitel 6

  Kapitel 7

  Kapitel 8

  Kapitel 9

  Kapitel 10

  Kapitel 11

  Kapitel 12

  Kapitel 13

  Kapitel 14

  Kapitel 15

  Kapitel 16

  Kapitel 17

Beschmutztes Blut

Blutsbündnis-Serie Buch 7

Amy Blankenship, RK Melton

Translated by Martina Hillbrand

Copyright © 2012 Amy Blankenship

Zweite Auflage herausgegeben von TekTime

Alle Rechte vorbehalten.

Kapitel 1

Craven spazierte durch die Straßen der Stadt nachdem er Nachtfalke und Tiara schon voraus in die Festung geschickt hatte. Der Indianer hatte ihm den Namen des Mädchens verraten. Er fühlte sich gerade berauscht durch ein paar Adrenalinschübe… wovon einer daher kam, dass er endlich das Kind hatte, das er sich immer gewünscht hatte. Nachdem er wusste, dass sie noch länger nicht aufwachen würde, schob er den Drang, sie gleich zu sehen, von sich.

Er vertraute Nachtfalke, dass dieser sie nicht verletzen würde… das hatte er deutlich in den Augen des Indianers gesehen und es machte ihn neugierig. Er hatte nach einem Grund gesucht, weshalb der Zombie, der zu einem Nachtwandler geworden war, sich dafür entschieden hatte, bei ihm zu bleiben. Nun schien es, als hätte Nachtfalke einfach auf etwas gewartet… oder auf jemanden.

Sie beide wollten die hübsche, kleine Geisterbeschwörerin… wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Wenn sie ihrer Mutter auch nur ein wenig ähnlich sah, dann konnte Craven es Deth wirklich nicht verübeln, dass er mit so einer Menschenfrau ein Kind gezeugt hatte. Er konnte die Lebensenergie seines Bruders in dieser Welt nicht fühlen und es verstörte ihn, zu denken, dass dieser sein Kind einfach alleine zurückgelassen hatte.

Zu sehen, wie Nil unter den Angriffen seiner eigenen Kinder, die sich auf ihn gestürzt hatten, gelitten hatte, hatte ihn äußerst zufrieden gestimmt. Er wäre schnell zu einem Problem geworden, wenn er nicht aufgehalten worden wäre. Nil war ein Meisterdämon und hatte schon sehr viel Macht gewonnen, indem er sich den riesigen Friedhof unter den Nagel gerissen hatte. Auch ein Dämon niedrigerer Klasse konnte störend werden, wenn seine Armee so große Ausmaße erreichte.

Obwohl er Nil letztendlich nicht selbst getötet hatte, hatte sich Craven an die Dämonenkriege aus früheren Zeiten erinnert gefühlt, als er Nils Ende beobachtet hatte. Es hatte ihn mit einem Blutdurst erfüllt und mit der Begierde, um Vorherrschaft zu kämpfen. Nur selten übermannten ihn solch überwältigende Emotionen, aber wenn es geschah, dann musste er etwas suchen, was er töten konnte.

Seine Zeit in dem Spalt war nur eine flüchtige Erinnerung. Die Zeit hatte ihn dort festgehalten… etwa so wie eine Nacht im Tiefschlaf. Er hatte erst dann fühlen können, dass Zeit vergangen war, als der Spalt sich geöffnet hatte und er erwachte. Er konnte nur annehmen, dass es so ähnlich war, wie wenn Seelen aus dem Leben nach dem Tod gerissen wurden… dieselbe Verwirrung hatte er gefühlt.

Die Nacht war mittlerweile dem frühen Morgen gewichen, aber anders als einige seiner Untertanen… war Craven nicht an die Nacht gebunden. Wenn er schon in der Laune war, wäre es ein guter Zeitvertreib, ein oder zwei schwächere Dämonen zu zerstören. Er konnte das Chaos, zu dem sie die Stadt machten, schon riechen.

Craven lehnte sich zurück an eine Hausmauer und ließ alles auf sich wirken. Dies war dieselbe Welt, in der er so lange gelebt hatte, ehe er in die Stille des Spalts verbannt worden war, aber jetzt war sie auf so viele verschiedene Arten anders. Dieses Zeitalter war viel höher entwickelt… und doch wilder als das, woran er sich erinnerte. Die Straßen, die den Erdboden versiegelten, wahrten so viele Geheimnisse… aber mit jeder Seele, die er berührte… würde er durch ihre Erinnerungen mehr über diese Zeit lernen.

Die Anzahl der Menschen hatte zugenommen, ebenso wie die Anzahl der Seelen, die zurückgeblieben waren, um die Stadt auf eigene Faust heimzusuchen. Er konnte sie fühlen, in Häusern, Krankenhäusern… überall. Er sah einem Stadtbus zu, der langsam vorbeifuhr, und bemerkte die Seele eines Mannes, der durch das Fenster auf ihn starrte.

War das der Grund, weshalb die Friedhöfe, die er erweckt hatte, so viel weniger Seelen hatten als Gräber? Aus seiner Sicht erschien es fast so, als wären die Seelen dort geblieben, wo die Körper gestorben waren, als wollten sie eine Existenz fortführen, die keine Bedeutung mehr hatte. Die meisten Dämonen konnten Menschen nur dann benutzen, wenn sie noch am Leben waren… ihre Körper in Besitz nehmen oder kontrollieren. Nachdem es mittlerweile so wenige Geisterbeschwörer gab, würde seine Armee riesig sein, wenn sie einmal fertig war.

Durch die Zeit, die vergangen war, hatte er einen Vorteil… die Anzahl der Toten war nun ebenso groß, wie die Anzahl der Lebenden… wenn nicht noch größer. Craven war sich ziemlich sicher, dass, wenn die Toten alle gleichzeitig gerufen wurden, sie die Lebenden problemlos überwältigen konnten.

Da er den Gedanken austesten wollte, ließ er seine Macht um sich ausschweifen, suchte nach denen, die keinen Meister hatten, der sie sein eigen nannte. Die Seelen, die er berührte, fühlten sich umzingelt von Dämonen, unfähig, sich frei zu bewegen, und die meisten hatten zu viel Angst, als dass sie ihre Sicherheit aufgegeben hätten.

Craven war ein Seelensammler… ebenso wie Deth. Er benutzte die schwächeren Dämonen und jedes andere Nachtwesen, das er kontrollieren konnte, aber seine Blutlinie war besonders. Wenn er oder irgendeiner seiner Vorfahren einer Seele einen Weg nach Hause anbot, dann wurde ein Abkommen zwischen ihnen geschlossen.

Er konnte seinen Körper als ein Medium nutzen, um die Seelen zurück in das Leben nach dem Tod zu schicken, aber wenn er je nach ihnen rief, um für ihn zu kämpfen, dann waren sie durch das Abkommen dazu verpflichtet, zu tun, was er von ihnen verlangte. Indem er die Seelen der Toten erweckte, konnte Craven ihnen dann anbieten, sie unter dieser Bedingung wieder zurückzuschicken… dass sie ihm immer treu blieben, und ihm helfen würden, wenn er sie brauchte.

Wenn eine Seele durch ihn in das Leben nach dem Tod zurückkehrte, hinterließ sie eine Spur von ihrer Macht… in ihm, sodass er mit jedem Transport stärker wurde. Dasselbe würde für Tiara gelten und er wusste, dass Deth dieses Geheimnis nicht mit ihrer Mutter geteilt hatte. Wenn die Naivität des Mädchens als Anhaltspunkt gelten konnte, dann hatte sie nur von ihrer Mutter gelernt.

Die Geheimnisse, die Deth besaß, waren nicht geteilt worden und auch Craven würde Tiara diese Geheimnisse nicht verraten. Er würde die Fähigkeit, Seelen in das nächste Leben zu transportieren, nutzen und die Geisterbeschwörerin würde glauben, dass er ihr half… er würde ihre Zuneigung gewinnen, indem er scheinbar ihren ‚Wunsch‘, sie alle zu retten, verstand. Solch sterbliche Vorstellungen wurden von ihrer menschlichen Seite erzeugt.

Es war sinnlos, die Seelen, die er fühlen konnte, frei bleiben zu lassen, sodass ein anderer, niedrigerer Geisterbeschwörer wie Nil sich daran nähren konnte. Indem er sie zu sich rief, brachte Craven still sein Angebot vor. Sein Angebot war dieses… es würde sie vor den anderen Dämonen retten, würde ihr Zufluchtsort sein und ihr direkter Weg nach Hause, wenn sie der Abmachung zustimmten.

Eine nach der anderen traten die Seelen langsam aus ihren Verstecken… spazierten an den Fußgängern vorbei, die ihren normalen morgendlichen Aktivitäten nachgingen. Einige Menschen konnten ihre Nähe fühlen und gingen schneller, wollten dem merkwürdigen Gefühl entkommen. Diese Menschen hatten eine besondere Wahrnehmung, obwohl sie die Geister nicht sehen konnten, deren Energie sie fühlten.

Seelen, die mutiger waren als andere, begannen, in ihn zu treten, sein Angebot anzunehmen und verschwanden aus der Existenz in dieser Dimension, während die schüchterneren mit genügend Abstand zusahen. Cravens Lippen verzogen sich zu einem schwachen Lächeln, als er eine weitere Welle an Macht aussandte, um sie zu verführen. Plötzlich bevölkerten viel mehr freie Seelen die Straßen, eilten mit wahnsinnigen Geschwindigkeiten auf ihn zu.

Craven blieb entspannt, lehnte ruhig an der Mauer des Gebäudes, während die Seelen seinen Körper überschwemmten. Wenn jemand genauer hingesehen hätte, hätte er gesehen, wie sein weiches, silbernes Haar durch einen Wind, der nicht existierte, vor seinem Gesicht flatterte. Aber in seinem Inneren stieg seine Macht zu einem viel höheren Niveau an, als mit den einfachen Seelen, mit denen er auf den Friedhöfen gespielt hatte.

Diese Seelen waren alt und hatten es satt, in dieser Welt zu sein… starke Seelen, die ihm einen Teil ihrer Macht überließen, als sie in die nächste Dimension wechselten. Er würde diese Macht nutzen, um das zu beschützen, was Deth zurückgelassen hatte, damit er es finden würde… ihre Blutlinie. Als die Flutwelle der Seelen endlich verebbte, machte er sich wieder daran, die Stadt weiter zu erkunden.

Ein boshaftes Lächeln überschattete seine Züge, als er einige der Dämonenjäger von einer Straße zur nächsten verfolgte. Er wollte beinahe lachen, als die Jäger ein Gebiet völlig umgingen, um anderswo zu suchen, ohne sich je zu fragen, wieso sie es sich anders überlegt hatten. Es war einer der ältesten Zauber, den die Dämonen schon seit dem dunklen Zeitalter gegen ihre Feinde benutzten… ein Abwehrzauber, der in einem unwillkommenen Gast ein Gefühl erzeugte, das ihn von einem Ort fernhielt.

Die Jäger waren entweder besonders schlau oder besonders dumm, was ihre Arbeit betraf. Andererseits schien es, dass die meisten der Jäger menschlich waren und keine besondere Wahrnehmung besaßen, also war es vielleicht auch einfach nur ihr Unwissen.

Er blieb stehen und bewunderte den Kampfstil von einem, der ihn an Nachtfalke erinnerte… der Mensch hätte ein Nachkomme des Indianers sein können. Dämonenblut war wie Kriegsbemalung über sein Gesicht verschmiert und seine Magie war von hoher Qualität. Diesen hier würde Craven sich merken müssen, nicht aus Angst, sondern aus Neugier.

Nachdem er sich bald langweilte, ging Craven zurück zu der Gegend, die die Jäger unbewusst gemieden hatten. Sie war durchtränkt mit Dunkelheit und bot dem Abschaum dieser Gesellschaft einen Zufluchtsort, wo sie sich verstecken konnten. In dieser Dunkelheit wartete eine Macht, nährte sich von dem Leben und gedieh weiter. Craven stand am Eingang, sah hinein, ehe er durch den Nebel trat, der vom Meer zu der selbst-täuschenden Machtquelle gezogen war, die er entdeckt hatte.

Ja, selbst-täuschend war das richtige Wort für diese Macht. Sie fühlte sich sehr selbstsicher, hatte keine Zweifel daran, dass sie die Dunkelheit beherrschte, und Craven näherte sich beinahe glücklich. Er ging am Gehsteig entlang und saugte die Schmerzen und die Schreie in sich auf.

Die wenigen Frauen, die er sah, machten einen kleinen Bogen um ihn, schenkten ihm sehnsüchtige Blicke, aber hielten Abstand… fielen dabei beinahe von der Gehsteigkante oder drückten ihre Rücken fest in die Mauern der Gebäude.

Die Männer waren nicht viel anders, nur dass ihre Gesichtsausdrücke nicht sehnsüchtig waren. Angst und Hass schien aus all ihren Poren zu fließen, als sie ihn ansahen. Er hatte schon längst gelernt, dass sterbliche Frauen ihn als schön ansahen und Männer deshalb eifersüchtig waren. Craven fühlte nichts für die Lebenden… Geisterbeschwörer gaben sich selten mit Seelen ab, die noch an einem Körper hefteten, der noch am Leben war.

Wie geschmacklos das auch war, Craven sah nun genauer hin, um die Meisterdämonen zu finden, die die Lebenden kontrollierten. Sie sollten nicht auf die leichte Schulter genommen werden, denn ihre Armeen konnten in der Zukunft auch für sein eigenes Territorium eine Gefahr darstellen.

Als er zu einer Kreuzung kam stand Craven am Rand des Gehsteigs und beobachtete einen Moment lang die Ampeln. Ein tiefes Gurgeln, das durch die Geräuschkulisse des morgendlichen Verkehrs zu hören war, erregte seine Aufmerksamkeit und er drehte seinen Kopf in Richtung des Geräuschs. Seine Augen leuchteten vor Aufregung über den Kampf, der ihm bevorstand. Er folgte dem Laut eines Menschen, der vor Angst winselte, wissend, dass er ihn an sein Ziel führen würde.

Als er einem kurzen Weg zwischen zwei Gebäuden folgte, kam er zu einem Parkplatz, wo ein dichter Nebel herrschte, der zwischen den Gebäuden gefangen zu sein schien. Menschen hatten sich in einem weiten Kreis um die Mitte des Parkplatzes versammelt und beobachteten eine Art Kampf, die dort stattfand.

Ein kurzer Blick schon sagte Craven, dass die Menschen von Schattendämonen besessen waren. Ihre Seelen waren noch intakt, aber die Dämonen hatten die Kontrolle übernommen. Wieder schüttelte Craven innerlich den Kopf über die Schwäche der Menschen. Nachdem er sich einen Weg zwischen den besessenen Menschen gebahnt hatte, blieb Craven am Rande des inneren Kreises stehen und sah zu, wie ein Schattendämon sich durch den Mund einer menschlichen Frau in sie drängte.

Die Frau trug eine Art kurzes Kleid und ihre Habseligkeiten lagen am Boden verstreut. Der Dämon war so weit in sie eingedrungen, dass nur noch das hintere Ende der schwarz glitzernden Wolke herausragte, das hin und her waberte. Craven hatte recht gehabt mit seiner Annahme, dass die Schattendämonen zusammenarbeiteten um Opfer zu finden… und so wie es aussah, wurden es immer mehr.

Er legte seinen Kopf fasziniert zur Seite, als der Körper der Frau wild zu zucken begann. Als ihr Kampf gegen das Unausweichliche langsam endete, rollten ihre Augen zurück in ihren Kopf, sodass einen Moment lang nur noch das Weiße zu sehen war, ehe sie wieder normal erschienen… sie war vollständig besessen.

Cravens Lippen verzogen sich zu einem wissenden Lächeln und er unterdrückte seine Macht völlig, als er fühlte, wie sich die wahre Gefahr schnell näherte. Ein langer, glitzernder Schatten bog um die Hausecke, die im vollen Sonnenlicht stand. Es war wie er gedacht hatte. Dieser Dämon war ein Schattenmeister… aber sogar Schatten hatten eine Schwäche, die er ausnutzen konnte.

Der Schatten zog sich über den Boden zu den Füßen der Frau, sodass er aussah wie eine Ölpfütze. Er schwappte kurz hin und her, ehe eine menschliche Gestalt sich daraus erhob. Der Schatten schien von der Gestalt zu tropfen, ehe sie sich schließlich stabilisierte und einen großen, dunkelhäutigen Mann offenbarte. Sein Kopf war kahlgeschoren, auf seinem ganzen Körper konnte Craven keine Haare sehen, abgesehen von einem Fu Manchu-Schnurrbart in seinem Gesicht.

Der Schattenmeister trat vor die Frau, sein knielanger, schwarzer Daschiki und seine Baumwollhosen flossen um seine Beine. Der Ausschnitt seines Daschiki war mit roten und goldenen Stickereien verziert, sodass er kaum noch Schmuck brauchte, aber ein großes, goldenes Medaillon hing an einer dünnen Kette von seinem Hals und ein einzelner goldener Ohrring steckte in seinem linken Ohr.

Er sah auf die Frau hinunter und seine nachtschwarzen Augen wurden schmal. „Wem gehörst du?“, fragte der Schattenmeister mit einer tiefen Bariton-Stimme.

Der Mund der Frau öffnete und schloss sich mehrmals, ehe ihre Stimme schließlich doch mitarbeitete.

„Ich gehöre Ihnen… Meister“, erklärte sie mit einem Ton der Verwirrung.

„Sehr gut, nun steh auf und diene mir.“

Die Frau kam langsam auf ihre Beine, ihre Bewegungen ruckartig, als wäre sie nicht an den Körper gewöhnt, den sie bewohnte. Auf gewisse Weise war genau das der Fall. Wenn ein Mensch vollständig besessen war, konnte der Schattendämon in ihm anfangs noch nicht die grundlegenden körperlichen Funktionen kontrollieren.

„Was wünschen Sie von mir, Herr?“, fragte die Frau, wobei ihre Stimme schon fast normal klang, aber immer noch ein wenig benommen.

Craven kicherte finster, denn ihm wurde das Vorspiel schon zu langweilig. Mit herablassender Stimme beantwortete er die Frage der Frau: „Er will, dass du gehst und ahnungslose Männer suchst und sie herbringst, damit er sie besitzen kann und seine armselige Armee wächst.“

Beide, die Frau und der Dämon, wandten ihre Köpfe in seine Richtung und sahen Craven an. Er legte seinen Kopf etwas zur Seite, als die besessenen Menschen sich auch langsam ihm zuwandten. Ihre Augen wurden plötzlich vernebelt und verfärbten sich innerhalb weniger Sekunden von matt grau zu einem dunklen Schwarz.

Der Schattenmeister sah ihn an wie ein Stück leichter Beute und Craven unterdrückte den Drang, noch einmal zu lachen. Wie wenig sie wussten. Er wartete geduldig, als die Menschen langsam auf ihn zukamen. Als die erste Hand seine Schulter packte, warf Craven seinen Kopf in den Nacken und öffnete seine Arme weit. Eine Flutwelle aus Seelen strömte aus seinem Körper und direkt in die Menschen… sie tauchten wieder aus den besessenen Körpern auf, die Schattendämonen fest umklammert.

Craven hatte kein Mitleid mit den Menschen, die dem Schattenmeister zum Opfer gefallen waren… dass er sie von denjenigen befreite, die schlussendlich sein Territorium angreifen würden, war nur ein Nebeneffekt davon, dass er die Schattendämonen vertrieb. Ihm fiel auf, dass der Schattenmeister klug genug war, in seiner menschlichen Gestalt zu bleiben, wo die Seelen ihn nicht verletzen konnten.

„Sehr beeindruckend, Geisterbeschwörer“, murmelte der Schattenmeister mit seinem starken Akzent. „Aber du verzögerst das Unausweichliche nur.“

Craven grinste. „Sehr wahr, vielleicht sollte ich dich gleich umbringen, dann haben wir es hinter uns.“

Der Schattenmeister knurrte tief in seiner Brust und rannte auf Craven zu. Er drehte sich zur Seite, um einer Faust auszuweichen, dann zur anderen, um der zweiten auszuweichen.

„Zu langsam“, neckte Craven. Als der Dämon ein Bein in die Richtung von Cravens Kopf schwang, beugte sich Craven nach hinten, sodass der Angriff über ihn hinweg segelte. Mit dem Schwung ließ sich Craven auf seine Hände fallen und schwang seine Beine hoch in das Kinn des Meisters.

Craven kam schwungvoll wieder auf die Beine, gerade als der Schattenmeister sein Gleichgewicht wiederfand. Eine dünne Spur einer schwarzen Flüssigkeit tropfte aus einem seiner Mundwinkel und beschmutzte die Vorderseite seines Daschikis.

„Also kannst du bluten“, spottete Craven. Es war nicht seine Schuld, dass der Schattenmeister Angst davor hatte, sich wieder in seine andere Form zu verwandeln. Er würde so oder so gegen diesen Dämon gewinnen.

Der Mann spuckte aus und starrte ihn mit zügelloser Wut an. Er wusste, dass dieser Geisterbeschwörer sein Territorium wollte und er weigerte sich, einfach aufzugeben. Er hielt sich an seine eigenen Regeln… ein Dämon, der nachgab, war ein Dämon, der verdiente, zu sterben.

„Ich werde es dir nicht erlauben!“, knurrte der Schattenmeister und ging wieder auf ihn los. Nur diesmal duckte Craven sich nicht. Als der Dämon in seine Reichweite kam, schoss Cravens Faust nach vorne und vergrub sich in der Brust des Dämons.

Die beiden standen da und starrten einander an, der eine mit erschrockener Überraschung auf seinem Gesicht, der andere mit einem Ausdruck des Triumphs. Craven zog seine Faust aus der Brust des Dämons und trat einen Schritt zurück. Ein Loch aus schwarzer Leere war in der menschlichen Fassade zurückgeblieben, die der Dämon behaust hatte.

Ein menschlicher Schrei ertönte von einer der Frauen, danach waren Schritte auf dem Asphalt zu hören. Die Menschen konnten den Schattenmeister nicht als das erkennen, was er wirklich war, ebenso wenig, wie sie Craven als einen Dämon ansehen konnten. Was sie sahen, waren zwei Männer, die sich auf der Straße einen Faustkampf lieferten, wobei der eine ein Loch in die Brust des anderen boxte.

Craven grinste höhnisch. „Du hast verloren.“

Der Schattenmeister stolperte ein paar Schritte rückwärts und sah hinunter auf das Loch in seinem Brustkorb. Ein langes, tiefes Heulen erfüllte den Parkplatz und der Dämon sah gerade rechtzeitig hoch, um die erste Seele zu sehen, die in das Loch flog. Sein Körper zuckte in einem absurden Winkel vorwärts, ehe sich eine weitere Seele in ihn drängte. Weitere folgten, flogen in den menschlichen Körper des Dämons, um die Dunkelheit in ihm anzugreifen.

Craven seufzte zufrieden, als die letzte Seele sich den Weg in das Innere bahnte. Der Dämon stand stocksteif, mit ausgestreckten Armen. Seine Haut begann zu zerreißen und schwarze Rauchwölkchen stiegen aus den Öffnungen, gefolgt von einem weißen Licht.

Der Dämon drehte sich herum und versuchte wegzulaufen, aber seine Bewegungen waren steif und ungelenk, fast wie die eines Zombies, was Craven halbwegs amüsierte.

Der Meister warf seinen Kopf in den Nacken und schrie als sein Körper von innen nach außen vollständig zerriss. Der Schrei endete abrupt und eine dünne, graue Wolke schwebte einen Moment über ihm, ehe sie sich in dem morgendlichen Nebel auflöste und mit einem letzten, verachtenden Zischen verschwand.

Craven streckte seine Arme aus, als wollte er um eine Umarmung bitten. Die Seelen, die sich am Parkplatz verteilt hatten, wandten sich zu ihm und eilten zurück in seinen Körper. Als die letzte Seele aus dieser Dimension verschwunden war, senkte Craven seine Arme und näherte sich den Überresten der Kleidung, die der Schattenmeister getragen hatte.

Er bückte sich und hob das Medaillon auf, dann verließ er den Parkplatz. Als er wieder auf die Straße trat, sah Craven sich um und sah, dass weitere Menschen hier herumlungerten.

In den Schatten, die die umgebenden Gebäude warfen, konnte er noch ein paar Schattendämonen erkennen, die dort noch warteten… nutzlos, ohne einen Meister, dem sie folgen konnten. Schattendämonen stellten normalerweise keine große Gefahr mehr dar, wenn ihr Meister einmal besiegt war, also kümmerte es Craven nicht wirklich, wohin sie gingen. Als er das Medaillon hochhob und in dem schwachen Sonnenlicht betrachtete, das den Nebel langsam vertrieb, lächelte er wieder.

„Guten Morgen!“, sagte er leise, ehe er das Azteken-Amulett in seine Hosentasche steckte und sich auf den Weg nach Hause machte. Vielleicht würde er noch Spaß haben, mit dem Medaillon, das der Schattenmeister getragen hatte.

Er flackerte so schnell durch die Stadt, dass er die Kreatur mit den silbernen Flügeln erst wahrnahm, als er schon längst vorbei war. Craven verlangsamte seine Schritte und drehte seinen Kopf noch einmal nachdenklich in Richtung der Innenstadt. Nun, das war wirklich interessant… er hatte gedacht, dass alle weiblichen Gefallenen Engel bei ihrer Geburt aus dieser Welt weggeholt worden waren.

*****

Carley war dem Indianer gefolgt, der Tiara den ganzen Weg durch die Stadt getragen hatte, ehe sie schließlich bei einer dunklen Villa in den Hügeln am Stadtrand ankamen. Der Ort erschien ihr gespenstisch… vielleicht aufgrund der Wasserspeier und Dämonen, die überall auf dem Anwesen herumliefen. Drinnen war es auch nicht viel besser.

Wieder einmal war sie froh darüber, dass die meisten der Monster sie nicht sehen konnten. Und selbst wenn sie es könnten, würden sie ihr Dank Tiaras Zauber nichts antun können. Trotzdem zog sie den Kopf ein, als sie Schreie aus dem Keller kommen hörte… zumindest hoffte sie, dass es ein Keller war und nicht der Erdboden.

Während sie versuchte, die Schmerzensschreie zu ignorieren, eilte Carley hinter dem Indianer her, als dieser die Treppen zum zweiten Stock hinaufstieg. Wenn er Tiara in eine Art Folterkammer brachte, würde sie schnell handeln müssen. Als sie hinter ihm den Raum betrat, hielt Carley inne, um zu beobachten, wie der Mann einfach nur auf Tiara hinunter starrte.

Nachtfalke runzelte angestrengt die Stirn, wollte etwas fühlen… zumindest einen Funken, als er auf das hübsche Mädchen starrte. Sie hatte das erste Mal, als er sie getroffen hatte, einen Funken in ihm entzündet, aber es war so schnell gegangen, dass er sich nun fragte, ob es nur Einbildung gewesen war. Sein Blick wanderte zu dem Schmutz von dem Friedhof, der noch an ihrem Gesicht und ihrem Körper klebte.

Carley wurde panisch, als der Indianer begann, Tiaras Kleidung zu entfernen.

„Hör auf!“, schrie sie und stellte sich zwischen die beiden, aber Nachtfalke griff durch sie durch, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. „Verdammt, wo ist ein Cowboy, wenn man einen braucht?“, jammerte Carley und winkte wild mit den Armen, um seine Aufmerksamkeit von Tiara auf sich zu lenken. Schließlich gab sie auf, nachdem es sinnlos erschien.

Sie musste zurück zum TEP gehen und Jason und Guy erzählen, wo Tiara war, aber sie konnte sich nicht dazu überwinden, zu gehen, ehe sie sichergestellt hatte, dass ihre Freundin noch am Leben sein würde, wenn sie kamen, um sie zu retten.

Nachtfalke stand auf und zog seine eigenen Kleider bis zu seinem Lendenschurz aus, ehe er die Frau wieder in seine Arme hob. Nachdem er sie ins Badezimmer getragen hatte, kletterte er in die große Badewanne und kniete sich hin, während er geduldig wartete, dass sich das Becken mit warmem Wasser füllte, damit er ihren Liebhaber von ihr waschen konnte. Ihm gefiel auch der Geruch des Spinnan-Meisters nicht, der noch an ihrer Haut hing.

Während er seinen Körper entspannte, ließ Nachtfalke seinen Geist abschweifen, während das heiße Wasser stieg. Er mochte keine Geisterbeschwörer, weil sie ihn zu dem gemacht hatten, was er jetzt war… sogar auf dieses Gefühl musste er sich konzentrieren, ehe er ein wenig Ärger aufkommen fühlte. Diese Geisterbeschwörerin war anders als die anderen… sie wollte nicht kontrollieren… sie wollte sie befreien.

Als er auf die Frau in seinen Armen hinuntersah, brauchte er sich nicht zu wundern, dass ihr Körper keine Wirkung auf ihn hatte. Seine Seele war noch im Grab gefangen und damit… die meisten seiner Gefühle. Er hatte kein Bedürfnis geliebt oder gehasst zu werden… oder selbst zu lieben.

Nachdem er das Shampoo vom Regal genommen hatte, massierte Nachtfalke es sanft in ihr langes, silbernes Haar und ließ ihre Strähnen durch seine Finger gleiten. Nachdem er keinen Grund sah, sich zu beeilen, nahm er sich alle Zeit, als er sie wusch. Es war lange her, dass er zum letzten Mal jemanden berührt hatte, den er nicht verletzen wollte.

Als er mit ihrem Geruch zufrieden war, schwemmte er sie ab und ließ das Wasser aus der Wanne. Nachdem er zwei Handtücher um sie und ihr Haar geschlungen hatte, trat er wieder ins Schlafzimmer und legte sie auf das Bett. Er hatte für sie getan, was er konnte. Nachdem das Wasser sie nicht geweckt hatte, wusste er, dass sie sehr tief schlief und wahrscheinlich noch länger nicht aufwachen würde. Ohne den richtigen Schutz wäre dieser Krieg ihr Ende.

Nachtfalke löste das Handtuch aus ihrem Haar und hob sanft ihren Oberkörper auf, dann berührte er mit den Fingern die Verletzung an ihrem Hinterkopf. Er hatte sie entdeckt, als er ihr Haar gewaschen hatte. In seinem ersten Leben war er eine Art Heiler gewesen… ein Schamane… also wusste er, dass diese Verletzung nicht lebensgefährlich war.

Er ließ seinen Geist tief in sie greifen, wollte wissen, ob es einen anderen Grund gab, weshalb sie schlafen wollte… diese Welt eine Weile verlassen wollte. Er hatte die Verbindung, die sie mit ihm auf dem kleineren Friedhof hergestellt hatte, nie unterbrochen und so konnte er das geistige Band nun nutzen. In der Vergangenheit hatte es sich immer wie ein Würgegriff angefühlt, wenn ein Geisterbeschwörer nach seinem Geist gegriffen hatte. Aber ihre Verbindung war mehr wie Hände halten.

Selbst in ihrem Schlaf konnte er fühlen, wie das Verlangen in ihr brannte… in der Seite, die nicht von Cravens Blutlinie war. Sie verbarg es tief in ihr… beantwortete den Ruf nicht. Das Verlangen könnte ihr helfen, ihre natürlichen Heilungskräfte zu beschleunigen. Dies war etwas, was er nicht für sie tun konnte… die Energie, die sie brauchte, kam von der Seele, und im Moment… hatte er keine. Es war nur gut, dass sie im Moment schlief, auch wenn sie damit langsamer heilen würde.

Nachtfalke strich mit seinen Fingerrücken über ihre weiche Wange, wo Nil sie geschlagen und einen Bluterguss hinterlassen hatte. Craven hatte gesagt, dass das Streicheln eines Liebhabers sie heilen konnte. Musste man eine Seele haben, um zu lieben? Vermutlich, denn er hatte dieses Gefühl nicht mehr verspürt, seit er vor mehreren Jahrzehnten wirklich gestorben war. Er musste sich sehr anstrengen, um überhaupt ein Gefühl zu verspüren, abgesehen von Taubheit.

Nachdem er sie sanft wieder auf das Kissen gelegt hatte, richtete Nachtfalke sich auf und schielte über seine Schulter auf die Seele, die ihn verfolgt hatte, seit er zum Haus zurückgekommen war.

„Du gehörst ihr… nicht wahr?“

Carley zuckte überrascht zusammen, denn ihr war nicht klar gewesen, dass der Indianer sie die ganze Zeit über wahrgenommen hatte. Sie richtete ihren Blick scharf auf ihn. Er hatte sie einfach ignoriert, während sie geschrien und gewinkt hatte… dieser Idiot. Ihre Gesichtszüge wurden weicher… sie hatte nach einer Weile mit dem Schreien aufgehört, nachdem sie gesehen hatte, wie er sich so rührend um Tiara kümmerte.

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