Kitabı oku: «Hinweisgebersysteme», sayfa 8
Anmerkungen
[1]
ISO 19600, 10.1.2 Escalation, S. 119 ff.; ISO 27001:2016 (E), 8.9 Raising concerns, S. 17 f.; ICC, The ICC Antitrust Compliance Toolkit, April 2013, 5. c. Whistleblowing, S. 34 ff.
[2]
ICC, The ICC Antitrust Compliance Toolkit, 5. d. Communicate, educate and create a culture of speaking up, S. 37; vgl. auch Menner/Bexa CCZ 2019, 129, 131.
[3]
ISO 19600, 10.1.2 Escalation und 10.2 Continual improvement, S. 120 ff.; Hauschka/Moosmayer/Lösler/Buchert Corporate Compliance, § 42 Rn. 4.
[4]
ISO 19600, 10.1.1 General, S. 114 ff. ISO 37001:2016 (E), 10.1 Nonconformity and corrective action, S. 21 ff. US DOJ, Evaluation of Corporate Compliance Programs, Juli 2019, 9. Remediation and Role of the Compliance Program in the Discovery of the Violation, S. 12 ff.
[5]
Moosmayer Compliance, Rn. 338 ff.; US DOJ, Evaluation of Corporate Compliance Programs, Juli 2019, 8. Incentives and Discipline, S. 12.
[6]
US DOJ, Evaluation of Corporate Compliance Programs in Criminal Antitrust Investigations, I. B. 1. Design and Comprehensiveness, S. 4.
[7]
Department of the Treasury, A Framework for OFAC Compliance Commitments, S. 7.
3. Kapitel Pflicht zur Einführung eines Hinweisgebersystems
Inhaltsverzeichnis
I. Rechtspflicht zur Implementierung eines Hinweisgebersystems?
3. Kapitel Pflicht zur Einführung eines Hinweisgebersystems › I. Rechtspflicht zur Implementierung eines Hinweisgebersystems?
I. Rechtspflicht zur Implementierung eines Hinweisgebersystems?
99
Auf Augustus (Römischer Kaiser) geht das Sprichwort „Ich liebe den Verrat, aber Verräter lobe ich nicht“ zurück.[1] Obwohl Hinweise von Mitarbeitern für Unternehmen häufig die zentrale Informationsquelle zur Aufdeckung von Rechtsverletzungen sind, stehen Mitarbeiter, die solche Rechtsverletzungen aufdecken, auch heute noch in einem negativen Licht und gelten oftmals als Denunzianten. Dabei handelt ein Hinweisgeber in erster Linie altruistisch und leistet im Zweifelsfall einen Beitrag zur Aufklärung von Rechtsverstößen. Das Verhalten eines Denunzianten zielt hingegen auf persönliche Vorteile ab.
100
Mitarbeiter, die Informationen über mögliche oder begangene Rechtsverletzungen offenbaren, müssen jedoch darauf vertrauen können, dass sie für die Offenlegung von Rechtsverletzungen im Unternehmen, wenn schon nicht belohnt, dann wenigstens geschützt werden.
101
Ein solcher Schutz kann mittels effektiver Hinweisgebersysteme gewährleistet werden. In Schrifttum und den Gesetzgebungsvorschlägen ist mittlerweile geklärt, dass für die Abgabe von Hinweisen und zum Schutz des Hinweisgebers ein internes Hinweisgebersystem installiert werden muss.[2] In Europa wurde kürzlich die Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden[3] (kurz „EU-Hinweisgeberrichtlinie“) mit detaillierten Vorgaben zur Ausgestaltung der verpflichtend einzuführenden Hinweisgebersysteme erlassen.[4] Diese Richtlinie ist nun von den nationalen Gesetzgebern bis spätestens 17.12.2021 umzusetzen. Zudem gibt es in Deutschland bereits etliche bereichsspezifische Verpflichtungen zur Einführung von Hinweisgebersystemen.[5]
Anmerkungen
[1]
Bzw. „Der König liebt den Verrat, nicht den Verräter“. Der Ausspruch Augustus‚ (63 v. Chr. – 14 n. Chr.; Großneffe Cäsars, von dem er auch adoptiert wurde) betrifft den Thraker Rhoimetalkes, der von Antonius zu ihm übergelaufen war und sich bei Trinkgelagen über diesen ausließ; Plutarch, Moralia (Moralische Schriften und Abhandlungen), Aussprüche der Könige und Feldherren 92, 2. Plutarch, Große Griechen und Römer. Band 1. Eingeleitet und übersetzt von Konrat Ziegler. Übersetzung der Biographie des Themistokles von Walter Wuhrmann. Zürich; Stuttgart: Artemis-Verlag, 1954 (Die Bibliothek der Alten Welt : Griechische Reihe), S. 97: „Nun steht aber offenbar Antigonos nicht allein mit seinem Wort, er liebe die Leute, die Verrat üben, die aber Verrat geübt hätten, hasse er, noch Caesar Augustus, der von dem Thraker Rhoimetalkes gesagt hat, er liebe den Verrat, den Verräter aber hasse er, sondern dies ist die allgemeine Stimmung gegen die Lumpen bei denen, die sie brauchen, wie man das Gift und die Galle mancher Tiere braucht. Solange man Nutzen aus ihnen zieht, hat man sie gern, haßt aber ihre Gemeinheit, wenn man sein Ziel erreicht hat.“
[2]
Vgl. Egger CCZ 2018, 126, 128; Sonnenberg JuS 2017, 917.
[3]
Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23.10.2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, ABlEU Nr. L 305/17 v. 26.11.2019.
[4]
Online veröffentlicht unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32019L1937 (zuletzt besucht am 11.3.2021).
[5]
Vgl. Näheres dazu unter Rn. 157 ff.
3. Kapitel Pflicht zur Einführung eines Hinweisgebersystems › I. Rechtspflicht zur Implementierung eines Hinweisgebersystems? › 1. Allgemeine Erforderlichkeit von Hinweisgebersystemen
1. Allgemeine Erforderlichkeit von Hinweisgebersystemen
a) Schutzbedürftigkeit der Hinweisgeber
102
In der Vergangenheit wurden zahlreiche Rechtsverstöße und Rechtsmissbräuche durch Hinweisgeber aufgedeckt. Internationale Beispiele reichen von der Offenlegung von Staatsdoping über Steuerhinterziehung bis hin zu Fehlverhalten von Regierungen.
103
In einigen dieser Fälle bezahlten die Hinweisgeber teuer für die Offenlegung der Verfehlungen ihrer Institutionen. Das bekannteste Beispiel ist wohl Edward Snowden, der US-amerikanische Whistleblower und ehemalige CIA-Mitarbeiter, der die Welt über das Ausmaß der globalen Überwachungs- und Spionagepraktiken von Geheimdiensten (hauptsächlich jenen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens) informierte.[1] Edward Snowden lebt seit Juni 2013 zunächst in Hong Kong und seit August 2013 im Exil in Russland. Allgemein bekannt ist auch das Beispiel von Chelsea Manning, die 2010 als Mitglied der amerikanischen Streitkräfte vertrauliche Dokumente und Filmaufnahmen an die Plattform Wikileaks weiterleitete.[2] Die Unterlagen enthielten Informationen über den tödlichen Beschuss von Zivilisten und Journalisten durch US-Streitkräfte im Irak und Afghanistan. Manning wurde 2013 zu 35 Jahren Haft verurteilt. Der Großteil der Haftstrafe wurde durch den damaligen US-Präsidenten Barack Obama erlassen.[3] Ein weiteres Beispiel ist Antoine Deltour, ein ehemaliger Angestellter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC in Luxemburg, der 2014 mit Hilfe eines französischen Journalisten die Öffentlichkeit darüber informierte, dass eine Reihe von großen internationalen Konzerne (z.B. Apple, Amazon, eBay, Ikea und rund 295 weitere Unternehmen) ihre europäischen Gewinne in Luxemburg versteuern. Die sehr geringen Steuersätze wurden dort mit den Steuerbehörden ausgehandelt.[4] Antoine Deltour wurde zunächst von luxemburgischen Gerichten zu hohen Geldstrafen verurteilt, in letzter Instanz jedoch nur zu einer symbolischen Geldstrafe von einem Euro wegen „Diebstahls“ von Firmenunterlagen. Das neu in Kraft getretene Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen soll Verurteilungen wegen Verletzungen von Geschäftsgeheimnissen verhindern.[5]
104
Auch das russische Ehepaar Julia und Vitaly Stepanov, die beiden Hinweisgeber, die das russische Staatsdoping enttarnten, zahlten einen hohen Preis für ihr Handeln. Beide mussten Russland verlassen, lebten zunächst in Berlin und zogen schließlich in die USA.[6]
105
In Deutschland wurde der Fall des LKW-Fahrers Miroslav Strecker bekannt, der 2007 den sog. Gammelfleisch-Skandal ans Licht brachte. Obwohl Herr Strecker vom damaligen Agrarminister Horst Seehofer mit der „Goldenen Plakette“ für sein Handeln ausgezeichnet wurde, wurde er Opfer diverser Schikanen am Arbeitsplatz, die schließlich zu seiner Kündigung führten.[7]
106
Ohne garantierten Schutz der Hinweisgeber ist es zweifelhaft, ob das Gewicht der moralischen Pflicht, Rechtsverletzungen zu melden, die Angst vor drohenden (un-)mittelbaren Repressalien überwiegt und Mitarbeiter in der Praxis wirklich dazu bereit sind, aus dem Schutz der grauen Masse hervorzutreten und sich für die Gerechtigkeit und den Schutz der Allgemeinheit einzusetzen.
b) Schutzbedürftigkeit der Interessen der Allgemeinheit
107
Immer wieder gibt es Fälle, in denen Hinweisen nicht nachgegangen wird. Dies hat zum Teil verheerende Folgen. Beispielhaft sei genannt die Tötung von 85 Patientinnen und Patienten zwischen 2000 und 2005 durch den ehemaligen Krankenpfleger Nils Högel. Bereits im Oktober 2001 wurde die Geschäftsleitung des Klinikums Oldenburg durch Pflegekräfte auf die überdurchschnittlich hohe Zahl an Reanimationen und Todesfällen während Nils Högels Dienstzeiten aufmerksam gemacht.[8] Aus Angst um den Ruf des Klinikums entschied sich die Geschäftsleitung jedoch gegen eine Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden und versetzte Nils Högel zunächst nur in eine andere Abteilung, um ihn anschließend mit einem sehr guten Arbeitszeugnis freizustellen.[9] Sogar bei seinem neuen Arbeitgeber, dem Klinikum Delmenhorst, konnte Nils Högel weitere Patienten töten, weil auch dort Hinweisen auf seine Taten nicht nachgegangen wurde.[10]
108
Ebenfalls am Beispiel des US-Flugzeugbauers Boeing, zeigt sich, dass der ineffiziente Umgang mit Hinweisen zahlreiche Menschenleben kosten kann. Ed Pierson, ein Ex-Manager von Boeing, gab bei einer Anhörung vor US-Abgeordneten an, dass er sowohl vor dem ersten Unglück (am 29.10.2018 in Indonesien mit 189 Toten), als auch vor dem zweiten Unglück (am 10.3.2019 in Addis Abeba, Äthiopien mit 157 Toten) Probleme gemeldet habe, doch keinem seiner Hinweise nachgegangen worden sei.[11]
109
Unrühmliche Bekanntheit erlangte kürzlich auch die Danske Bank durch die Aufdeckung eines Geldwäscheskandals durch einen Mitarbeiter. Der Mitarbeiter hatte sich aufgrund verdächtiger Vorgänge mehrfach an seine Vorgesetzten gewandt. Da seine internen Meldungen jedoch erfolglos blieben, wandte er sich schließlich an die Öffentlichkeit.[12]
110
Die Beispiele zeigen, dass Hinweise von Personen oder Abteilungen innerhalb des Unternehmens unverzüglich nach deren Eingang bearbeitet und die erforderlichen Maßnahmen angestoßen werden müssen. Dazu gehört auch, dass der Hinweisgeber zeitnah über den Verfahrensstand informiert wird, damit dieser entscheiden kann, ob es nötig ist, sich an externe Stellen zu wenden. Ein effektives Hinweisgebersystem setzt dort an, wo interner Informationsfluss nicht gewährleistet oder ausreichend ist.[13]
Anmerkungen
[1]
Mehr hierzu: Beuth Alles Wichtige zum NSA-Skandal. Auf: www.zeit.de/digital/datenschutz/2013-10/hintergrund-nsa-skandal (zuletzt besucht am 11.3.2021).
[2]
Mehr hierzu: Guantánamo leaks lift lid on world‚s most controversial prison. Auf: www.theguardian.com/world/2011/apr/25/guantanamo-files-lift-lid-prison (zuletzt besucht am 11.3.2021).
[3]
Mehr hierzu: Medick Obamas große Geste. Auf: www.spiegel.de/politik/ausland/barack-obama-begnadigt-chelsea-manning-kommentar-a-1130460.html (zuletzt besucht am 11.3.2021).
[4]
Mehr hierzu: Steuer-Leaks und ihre meist unbekannten Whistleblower. Auf: www.anstageslicht.de/themen/whistleblower-kurzportraits/steuer-leaks-und-ihre-meist-unbekannten-whistleblower/ (zuletzt besucht am 11.3.2021).
[5]
Mehr hierzu: www.anstageslicht.de/themen/whistleblower-kurzportraits/steuer-leaks-und-ihre-meist-unbekannten-whistleblower/ (zuletzt besucht am 11.3.2021).
[6]
Veröffentlicht unter: www.anstageslicht.de/themen/whistleblower-kurzportraits/julia-und-vitaly-stepanov-zwei-whistleblower-die-mit-hilfe-eines-journalisten-das-russische-staatsdoping-enttarnen/ (zuletzt besucht am 11.3.2021).
[7]
Veröffentlicht unter www.anstageslicht.de/themen/whistleblower-kurzportraits/miroslaw-strecker-ein-lkw-fahrer-der-zum-whistleblower-wurde/ (zuletzt besucht am 11.3.2021).
[8]
Veröffentlicht unter: www.tagesschau.de/inland/hoegel-115.html (zuletzt besucht am 11.3.2021).
[9]
Veröffentlicht unter: https://taz.de/Patientinnenmoerder-Niels-Hoegel/!5627001/ (zuletzt besucht am: 11.3.2021).
[10]
Veröffentlicht unter: www.whistleblower-net.de/blog/2019/09/28/mordserie-krankenhausleitung-ignorierte-hinweisen-von-whistleblowern/ (zuletzt besucht am 11.3.2021).
[11]
Veröffentlicht unter: www.zeit.de/wirtschaft/2019-12/boeing-max737-flugzeugabsturz-ed-pierson-aussage-us-kongress (zuletzt besucht am 11.3.2021).
[12]
Veröffentlicht unter: www.capital.de/wirtschaft-politik/der-unglaubliche-230-milliarden-skandal (zuletzt besucht am 11.3.2021).
[13]
Vgl. Grambow CB 2016, 210, 212.
3. Kapitel Pflicht zur Einführung eines Hinweisgebersystems › I. Rechtspflicht zur Implementierung eines Hinweisgebersystems? › 2. Künftige allgemeine Rechtspflichten nach Maßgabe der Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern
2. Künftige allgemeine Rechtspflichten nach Maßgabe der Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern
111
Bis zur Veröffentlichung des Richtlinienvorschlags zum Schutz von Hinweisgebern durch die Europäische Kommission am 23.4.2018 lieferten weder die Rechtsprechung noch das Schrifttum den (europäischen) Unternehmen besondere Vorgaben hinsichtlich der Ausgestaltung eines effektiven Hinweisgebersystems.[1] Dies ist bemerkenswert, da Whistleblowing primär im öffentlichen Interesse erfolgt und mittelbar der Einhaltung von Rechtsvorschriften, Normen und Standards dient.[2] In den USA wird Whistleblowing in jüngerer Vergangenheit zunehmend in einem positiveren Licht betrachtet und als selbstverständlich angesehen. Die globale Diskrepanz in Bezug auf Hinweisgeber führt im Ergebnis zu Konflikten zwischen den im Einzelfall betroffenen Rechtsordnungen.[3]
112
Seit In-Kraft-Treten der EU-Hinweisgeberrichtlinie können sich die Unternehmen jedenfalls an folgenden Vorgaben bei der Ausgestaltung eines Hinweisgebersystems orientieren:
113
Entgegennahme und Untersuchung: Das Hinweisgebersystem soll es Unternehmen ermöglichen, vertrauliche Berichte von Mitarbeitern des Unternehmens und seinen Tochtergesellschaften oder verbundenen Unternehmen sowie von allen Vertretern und Lieferanten entgegenzunehmen und zu untersuchen.[4] Für die Entgegennahme und Untersuchung von diesen vertraulichen Berichten soll ein kleiner Personenkreis innerhalb des Unternehmens zuständig sein. Diese Personen müssen unabhängig sein und es darf kein Interessenkonflikt bestehen.[5]
114
Information des Hinweisgebers: Der Hinweisgeber soll innerhalb von drei Monaten über den Ausgang der Untersuchung und die geplanten Maßnahmen informiert werden. Eine Information des Hinweisgebers kann unterbleiben, wenn dies die Untersuchung oder die Rechte der betroffenen Person beeinträchtigen würde. Eine Rückmeldung an den Hinweisgeber kann divers ausfallen: Von der Information über die Schließung der Untersuchung aufgrund nicht plausibler Tatsachen oder unzureichender Beweise über die Einleitung einer internen Untersuchung und Details zu den getroffenen Feststellungen bis hin zur Weitergabe an eine zuständige Behörde zur weiteren Untersuchung. Für den Fall, dass es nicht möglich ist, innerhalb der Drei-Monats-Frist den Hinweis zu konkretisieren oder geeignete Schritte einzuleiten, sollte der Hinweisgeber auch darüber und über weitere Rückmeldungen, die er erwarten kann, informiert werden.[6]
115
Information der Mitarbeiter und Geschäftspartner über das Hinweisgebersystem: Damit Hinweisgeber eine fundierte Entscheidung darüber treffen können, ob, wann, an wen und in welcher Form sie zu berichten haben, müssen Unternehmen Informationen über das unternehmensinterne Verfahren sowie über die Möglichkeit zur externen Meldung an die zuständige Behörde bereitstellen. Die Informationen über das Hinweisgebersystem müssen leicht verständlich und zugänglich sein.[7] Die Informationen müssen auch für andere Personen und Mitarbeiter anderer Einrichtungen verfügbar sein, die mit dem betroffenen Unternehmen durch ihre arbeitsbezogenen Aktivitäten in Kontakt stehen (z.B. Dienstleister, Händler, Lieferanten und Geschäftspartner).[8] Dies kann durch sichtbaren Aushang an öffentlich zugängliche Orte oder durch Veröffentlichung im Internet erfolgen.[9]
a) Historische Entwicklung hin zur Pflicht einer Implementierung von Hinweisgebersystemen für deutsche Unternehmen
116
Vor Veröffentlichung der Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern und den weiteren Regelungen nach deutschem Recht, konnte eine Pflicht zur Implementierung von Hinweisgebersystemen für Unternehmen in Deutschland lediglich mittelbar aus dem amerikanischen Sarbanes-Oxley-Act (SOX) hergeleitet werden.[10] Die im SOX enthaltenen Regelungen zum Thema Whistleblowing betreffen vornehmlich die Einrichtung einer Anlaufstelle im Unternehmen (Sec. 301), den strafrechtlichen (Sec. 1107 = 18 U. S. C. § 1513 (e)) und zivilrechtlichen (Sec. 806 = 18 U. S. C. § 1514A) Schutz von Hinweisgebern.[11] Ferner betreffen die Vorschriften eine an Rechtsanwälte und Bevollmächtigte, die mit der US-Börsenaufsichtsbehörde (United States Securities and Exchange Commission, SEC) zusammenarbeiten, adressierte Pflicht, Regelverstöße unmittelbar zu melden (Sec. 307).
117
Die dem Audit Committee[12] im Sec. 301 SOX auferlegte Pflicht zur Implementierung eines Hinweisgebersystems beschränkt sich jedoch lediglich auf die Bereiche Buchführung, interne Buchführungskontrollen und Abschlussprüfung.[13] Im Hinblick auf diese Teilbereiche sind Unternehmen, die dem SOX unterfallen verpflichtet, sämtlichen Mitarbeitern die Möglichkeit einer vertraulichen, anonymen Hinweiserteilung zu eröffnen.[14] Weitere inhaltliche Vorgaben zur Ausgestaltung des Hinweisgebersystems bestehen nicht.
118
Sec. 301 SOX richtet sich an alle Emittenten (Issuer) i.S.d. Sec. 2 (a) SOX, also an die Unternehmen, die einer fortwährenden Berichtspflicht bei der SEC unterliegen (vgl. Sec. 13 (a), 15 (d) SEA). Vereinfacht ausgedrückt sind das sämtliche Unternehmen, deren Wertpapiere an einer US-amerikanischen Börse gehandelt oder in den USA anderweitig öffentlich angeboten werden.[15] Dabei kann es sich um amerikanische oder ausländische Unternehmen (so genannte Foreign Private Issuers) handeln.[16] Darüber hinaus muss die Vorschrift auch von Tochtergesellschaften beachtet werden, deren Muttergesellschaft an einer US-amerikanischen Börse notiert ist.[17]
119
Der deutsche Gesetzgeber verwehrte sich lange Zeit dem Thema „Schutz von Hinweisgebern“ beziehungsweise der Frage, ob der deutsche Schutz von Hinweisgebern den internationalen Anforderungen gerecht wird. Seit 2008 sind mehrere Gesetzesvorschläge und Initiativen gescheitert.[18] Auch im Koalitionsvertrag vom 14.3.2018 spielt die Thematik keine Rolle.[19]
120
Anlässlich eines Treffens am 14.5.2018 kritisierte die damalige EU-Kommissarin für Justiz Vera Jourová gegenüber der damaligen Bundesjustizministerin Katarina Barley, dass in Deutschland weder Regelungen zu klaren Meldewegen noch ein ausreichender Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen existiere.[20]
121
In Deutschland wird Whistleblowing unter den Schutzbereich der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG subsumiert.[21] Besondere Schranken gelten für Meinungsäußerungen von Arbeitnehmern und Angehörigen des öffentlichen Dienstes, bei denen im Rahmen der Arbeitstätigkeit erlangte Informationen verwendet werden.[22]
122
Vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wurde im Heinisch-Urteil am 21.7.2011 klargestellt, dass das Recht des Arbeitnehmers auf freie Meinungsäußerung gem. Art. 10 Abs. 1 S. 1 EMRK auch Hinweise auf strafbares oder rechtswidriges Verhalten des Arbeitgebers umfasst.[23] Laut EGMR ist der Staat verpflichtet, diese Rechte im Verhältnis zwischen Privatpersonen ebenfalls zu schützen und staatliche Folgemaßnahmen (z.B. arbeitsgerichtliche Entscheidungen oder Strafverfahren) unterliegen dabei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.[24]