Kitabı oku: «Unternehmenssanierung, eBook», sayfa 35

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8. Restrukturierung von Anleihen

8.1 Motivation des Schuldverschreibungsgesetzes von 2009

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Als ob der Gesetzgeber geahnt hätte, dass die seit 2010 an deutschen Börsen gehandelten Mittelstandsanleihen reihenweise Insolvenzen ihrer Emittenten generieren würden, hat er 2009 das neue Schuldverschreibungsgesetz (SchVG) erlassen, dass das bisherige Schuldverschreibungsgesetz von 1899 (SchVG 1899) abgelöst hat (vgl. Schuldverschreibungsgesetz vom 31.7.2009 (BGBl I, 2512), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 13.9.2012 (BGBl I, 1914). Bis Ende 2018 wurden insgesamt rund 200 Mittelstandsanleihen an den Börsen Frankfurt, Stuttgart, Düsseldorf, Hamburg und München mit einem Gesamtvolumen von rund 8 Mrd. EUR emittiert. Davon sind 58 Mittelstandsanleihen mit einem Gesamtvolumen von rund 2,7 Mrd. EUR leistungsgestört. Prominente Ausfälle sind unter anderem der in Düsseldorf ansässige Brühwürfel- und Tütensuppenhersteller Günther Zamek Produktions- und Handelsgesellschaft mbH & Co. KG, der Traumschiffbetreiber MS „Deutschland“ Beteiligungsgesellschaft mbH, die beiden Modelabel Strenesse AG und René Lezard Mode GmbH sowie auch die Fluggesellschaft Air Berlin PLC. Mittelstandsanleihen schienen eine ideale bankenunabhängige Finanzierung zu ermöglichen. Vorteilhaft ist, dass Mittelstandsanleihen standardisiert und relativ einfach zu emittieren sind. Die regulativen Hürden sind weniger streng als bei anderen Kapitalmarktprodukten. Problematisch sind Anleihen in Krisensituationen. Während bei Bankkrediten die Krise etwa durch Stundung von Zins- und Tilgungsleistungen überwunden werden kann, wozu mit einem überschaubaren Kreis von Personen ein entsprechender Konsens zu treffen ist, muss bei einer Anleihe mit einem in der Regel unüberschaubaren und unbekannten Kreis von Gläubigern eine Einigung erzielt werden. Da Anleihegläubiger aus ihrer Position als Anleger schlicht eine regelmäßige Zinszahlung und am Ende der Laufzeit die Rückzahlung ihres investierten Kapitals erwarten und sich grundsätzlich nicht sehr intensiv mit der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Anleiheemittenten und seiner Perspektive auseinandergesetzt haben, ist es äußerst schwierig, bei einer Gläubigerversammlung einen einheitlichen Konsens herzustellen. Erleichterung soll das neue SchVG schaffen. Über eine in § 4 SchVG verankerte „kollektive Bindung“ sieht der Gesetzgeber vor, dass Anleihebedingungen nur kollektiv, entweder durch gleichlautenden Vertrag mit sämtlichen Anleihegläubigern oder durch einen gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensablauf, die Beschlüsse der Gläubiger bzw. die Gläubigerversammlung nach Maßgabe der §§ 5 ff. SchVG, geändert werden können. Individualabreden zur Änderung der Anleihebedingungen sind damit ausgeschlossen. Die kollektive Bindung korrespondiert schließlich mit dem Gleichbehandlungsgebot (§ 4 S. 2 SchVG), nach dem der Emittent alle Anleihegläubiger bei einer Änderung der Anleihebedingungen gleich behandeln muss.

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Eine Neufassung des Schuldverschreibungsrechts hatte nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks. 16/12814) vor allem zwei Aspekte zu berücksichtigen: Zum einen sollten den Gläubigern umfangreichere Befugnisse und Handlungsspielräume eingeräumt werden, um insbesondere in Krisensituationen angemessen auf wirtschaftliche Bedürfnisse reagieren zu können. Zum anderen sollten international gebräuchliche Umschuldungsklauseln (sog. „CAC“ = Collective Action Clauses) auch nach deutschem Rechts zweifelsfrei anwendbar sein. Das bisher geltende SchVG 1899 hatte kaum praktische Bedeutung, weil zum einen der Anwendungsbereich des Gesetzes sehr eng und kaum geeignet war, rechtzeitig wirksame Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. So sah der Maßnahmenkatalog insbesondere vor, die Verzinsung zu reduzieren oder Zahlungen an die Gläubiger zu stunden und dies auch nur zur Abwendung einer Zahlungseinstellung oder des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Emittentin. Kurz vor Insolvenzantragstellung sind derartige Maßnahmen erfahrungsgemäß kaum geeignet, um eine nachhaltige Sanierung des Anleiheemittenten zu erreichen.

8.2 Anwendungsbereich des SchVG

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In sachlicher Hinsicht ist das neue SchVG auf Schuldverschreibungen anzuwenden, die dem deutschen Recht unterliegen (§ 1 SchVG). Damit werden auch Schuldverschreibungen einbezogen, die zwar wirtschaftlich zugunsten deutscher Unternehmen, aber aus steuerlichen Gründen von ausländischen Finanzierungsgesellschaften nach deutschem Recht begeben werden. Dem gegenüber war das SchVG 1899 auf solche Schuldverschreibungen beschränkt, deren Emittent seinen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hatte. Anders als beim SchVG 1899 sind Insolvenznähe oder Insolvenzgrund keine Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des aktuellen SchVG.

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In zeitlicher Hinsicht ist das neue SchVG auf Schuldverschreibungen anzuwenden, die nach dem 4.8.2009 ausgegeben wurden. Gläubiger von Schuldverschreibungen, die vor dem 5.8.2009 ausgegeben wurden, können aber mit Zustimmung des Schuldners beschließen, für ihre Anleihe die Regelungen und Wahlmöglichkeiten des alten SchVG durch das Neue zu ersetzen (§ 24 SchVG). Probleme treten in der Praxis allerdings auf, wenn die Anleihe zwar nach deutschem Recht, aber über eine ausländische Finanzierungsgesellschaft begeben worden ist. Das OLG Frankfurt am Main verwehrt in solchen Fällen das Wahlrecht auf Anwendung des neuen SchVG (vgl. OLG Frankfurt/Main 27.3.2012 – 5 AktG 3/11). Dieses Wahlrecht beschränkt sich auf solche Anleihen, für die das SchVG 1899 anwendbar war, also auf Anleihen inländischer Schuldner. Tenor der Begründung ist, dass für die Gläubiger solcher Anleihen nicht rückwirkend ein Mehrheitsprinzip eingeführt werden kann, welches zuvor weder nach den Anleihebedingungen noch dem geltenden Recht bestand.

8.3 Beschlussfassung der Gläubigerversammlung

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Die Anleihebedingungen, die Bedingungen zur Beschreibung der Leistung sowie der Rechte und Pflichten des Schuldners und der Gläubiger, können durch Mehrheitsbeschluss der Gläubiger im Rahmen einer Gläubigerversammlung geändert werden. Neben der Abstimmung im Rahmen einer Gläubigerversammlung ist auch eine Abstimmung der Gläubiger ohne Versammlung zulässig (§ 5 Abs. 6 S. 1 2. Alt. SchVG), wobei die Anleihebedingungen ausschließlich eine der beiden Möglichkeiten vorsehen können. Bei der Abstimmung ohne Versammlung ist die Stimmabgabe per Post, Fax oder E-Mail an den von der Emittentin bestimmten Abstimmungsleiter zu adressieren. Abstimmungsleiter ist ein Notar oder der gemeinsame Vertreter der Gläubiger (§ 18 Abs. 2 S. 2 SchVG). Zur Wahrnehmung ihrer Rechte, können die Gläubiger einen gemeinsamen Vertreter für alle Gläubiger bestellen.

Initiiert wird die Gläubigerversammlung entweder von dem Anleiheemittenten, der den Gläubigern sein ausgearbeitetes Restrukturierungskonzept vorstellen will, von dem gemeinsamen Vertreter der Gläubiger oder von den Gläubigern selbst, sofern sie zusammen mindestens 5 % des Anleihekapitals vereinen und sie dazu schriftlich ihr Begehren begründen (§ 9 Abs. 1 SchVG).

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Beschlüsse, durch welche der wesentliche Inhalt der Anleihebedingungen geändert wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit einer Mehrheit von mindestens 75 % der an der Gläubigerversammlung teilnehmenden Stimmrechte (qualifizierte Mehrheit), wobei die Anleihebedingungen eine höhere Mehrheit vorschreiben können (§ 5 Abs. 4 SchVG). Für die Beschlussfähigkeit in der ersten Gläubigerversammlung ist es ausreichend, wenn mindestens 50 % des Anleihekapitals vertreten ist. Wird die Beschlussunfähigkeit formell festgestellt, reicht in der zweiten Gläubigerversammlung eine Anwesenheit von 25 % des Anleihekapitals aus. Für alle Anleihegläubiger bindende Beschlüsse können demnach rechnerisch bereits mit einer Quote von 18,75 % des Anleihekapitals bzw. aller Stimmrechte gefasst werden. An Abstimmungen der Gläubiger nimmt jeder Gläubiger in Höhe des Nennwerts oder des rechnerischen Anteils seiner Berechtigung an den ausstehenden Schuldverschreibungen teil. Zu beachten ist, dass vom Emittenten und mit ihm verbundenen Unternehmen gehaltene eigene Anleihen in der Gläubigerversammlung nicht stimmberechtigt sind (§ 6 Abs. 1 SchVG). Erforderlich ist aber, dass der Emittent den Beschlüssen der Gläubigerversammlung zustimmt.

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Im Hinblick auf die Notwendigkeit, bei Bedarf eine zweite Gläubigerversammlung einzuberufen, ist zu empfehlen, bereits bei der ersten Gläubigerversammlung einen separaten Tagesordnungspunkt zur formellen Feststellung der Beschlussfähigkeit oder der Beschlussunfähigkeit der Gläubigerversammlung aufzunehmen. Ebenso sollte bereits bei der Planung der Gläubigerversammlung eine unter Umständen erforderliche zweite Gläubigerversammlung berücksichtigt werden. Die Erfahrung zeigt, dass Gläubigerversammlungen vergleichsweise selten bereits bei der ersten Gläubigerversammlung die notwendige Präsenz für eine Beschlussfähigkeit erreichen. Die Ursache mag darin liegen, dass Gläubigerversammlungen von Schuldnern mit Sitz im Inland am Sitz des Schuldners auszurichten sind (§ 11 S. 1 SchVG). Demnach finden Gläubigerversammlungen vielfach an abgelegenen Standorten statt, die nur mit hohem Zeitaufwand zu erreichen sind, was zu einer entsprechend niedrigen Präsenz führt. Die Gläubigerversammlung könnte zwar, falls die Anleihe an einer EU-regulierten Börse zugelassen ist, alternativ auch am Sitz der Wertpapierbörse ausgerichtet werden (§ 11 S. 2 SchVG); diese Variante kommt für die an den deutschen Börsen notierten Mittelstandsanleihen indes nicht in Betracht, da die jeweiligen Börsensegmente nicht EU-reguliert, sondern börsenreguliert sind (vgl. Christian Schiffmacher Praktische Probleme mit dem neuen SchVG, Bondbook, Restrukturierung von Anleihen, 1. Jg. 2014/2015, S. 34.).

8.4 Restrukturierungsmaßnahmen

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Die Gläubiger können durch Mehrheitsbeschluss, der für alle Gläubiger derselben Anleihe verbindlich ist, vor allem folgenden Restrukturierungsmaßnahmen zustimmen (§ 5 Abs. 3 Nr. 1–10 SchVG):


- Veränderung der Fälligkeit, Verringerung oder Ausschluss der Zinsen,
- Veränderung der Fälligkeit der Hauptforderung,
- Herabsetzung der Hauptforderung,
- Vereinbarung einer Nachrangigkeit der Forderungen,
- Umwandlung oder Umtausch der Schuldverschreibungen in Gesellschaftsanteile (Debt-Equity-Swap), andere Wertpapiere (z.B. Debt-Debt-Swap) oder andere Leistungsversprechen,
- Austausch und Freigabe von Sicherheiten,
- Änderung der Währung der Schuldverschreibung,
- Verzicht auf das Kündigungsrecht der Gläubiger oder dessen Beschränkung,
- Schuldneraustausch,
- Änderung oder Aufhebung von Nebenbestimmungen der Schuldverschreibungen.

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Mit den beschlossenen geänderten Anleihebedingungen werden die geplanten Restrukturierungsmaßnahmen zunächst lediglich dokumentiert. Für die Umsetzung der beschlossenen Restrukturierungsmaßnahmen sind die jeweils einschlägigen Gesetze maßgebend. So wird der Debt-Equity-Swap zwar explizit im Maßnahmenkatalog des SchVG genannt, die Umsetzung des Debt-Equity-Swap richtet sich aber im Einzelnen vor allem nach den Bestimmungen des AktG bzw. des GmbHG (vgl. oben Rn. 29 ff.).

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Durch einen Mehrheitsbeschluss der Gläubiger kann keine Verpflichtung zur Leistung begründet werden. Unwirksam ist zudem ein Mehrheitsbeschluss der Gläubiger, der nicht gleiche Bedingungen für alle Gläubiger vorsieht, es sei denn, die benachteiligten Gläubiger stimmen ihrer Benachteiligung ausdrücklich zu (§ 5 Abs. 1 und 2 SchVG).

8.5 Gemeinsamer Vertreter der Gläubiger

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Das aktuelle SchVG bietet den Gläubigern zur Wahrnehmung ihrer Rechte die Möglichkeit, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen (§ 7 Abs. 1 SchVG), der die Interessen der Gläubiger gebündelt vertreten kann. § 5 Abs. 1 SchVG sieht für die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters einen Mehrheitsbeschluss von mindestens 50 % der anwesenden Stimmrechte einer beschlussfähigen Gläubigerversammlung vor. Eine qualifizierte Mehrheit von 75 % der anwesenden Stimmrechte einer beschlussfähigen Gläubigerversammlung ist dagegen erforderlich, wenn der gemeinsame Vertreter dazu ermächtigt werden soll, wesentliche Anleihebedingungen in Bezug auf die Maßnahmen i.S.d. § 5 Abs. 3 Nr. 1–9 SchVG zu ändern. Ein gemeinsamer Vertreter kann aber auch bereits in den Anleihebedingungen festgelegt sein (§ 8 Abs. 1 SchVG), wobei Mitglieder des Vorstands, des Aufsichtsrats, des Verwaltungsrats oder eines ähnlichen Organs, Angestellte oder sonstige Mitarbeiter des Schuldners oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens nicht als gemeinsamer Vertreter der Gläubiger bestellt werden dürfen. Ferner können die Anleihebedingungen eine höhere Mehrheit für die Wahl eines gemeinsamen Vertreters vorsehen.

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Aufgaben und Kompetenzen des gemeinsamen Vertreters sind nach dem aktuellen SchVG vor allem:


- Pflicht zum Bericht über seine Tätigkeit gegenüber den Gläubigern (§ 7 Abs. 2 SchVG),
- Auskunftsrecht gegenüber dem Schuldner, soweit die Auskünfte erforderlich sind, um die dem gemeinsamen Vertreter übertragenen Aufgaben erfüllen zu können (§ 7 Abs. 5 SchVG),
- Recht zur Einberufung einer Gläubigerversammlung (§ 9 Abs. 1 SchVG) und zur Leitung und Durchführung der Gläubigerversammlung durch Vorsitz (§ 15 Abs. 1 SchVG),
- Vertretung der Gläubiger im Insolvenzfall und Wahrnehmung ihre Rechte (§ 19 Abs. 2 und 3 SchVG).

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Der gemeinsame Vertreter spielt in der Praxis eine aktive Rolle bei der Restrukturierung der Anleihe. Er wird im Restrukturierungsprozess möglichst frühzeitig in wichtige Entscheidungen eingebunden und hat das Sanierungskonzept der Unternehmensleitung in Bezug auf Plausibilität zu beurteilen. Neben juristischem Sachverstand ist vor allem wirtschaftliche Kompetenz des gemeinsamen Vertreters gefragt. Idealerweise hat der gemeinsame Vertreter bereits Erfahrungen im Bereich der Restrukturierung von Anleihen und im Kapitalmarktbereich sowie auch einen ausgeprägten Sinn für eine möglichst gerechte Wahrnehmung eventuell divergierender Gläubigerinteressen.

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Der gemeinsame Vertreter haftet den Gläubigern als Gesamtgläubiger für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben, für die er die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden hat. Die Haftung des gemeinsamen Vertreters kann durch Beschluss der Gläubiger beschränkt werden. Für den bereits in den Anleihebedingungen bestellten gemeinsamen Vertreter kann die Haftung auf das Zehnfache seiner jährlichen Vergütung begrenzt werden, sofern der gemeinsame Vertreter nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

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Die Vergütung des gemeinsamen Vertreters übernimmt der Schuldner, sofern die Vergütung angemessen ist, sowie auch die durch die Bestellung des gemeinsamen Vertreters entstehenden Kosten und Aufwendungen (§ 7 Abs. 6 SchVG). Vor dem Hintergrund der notwendigen Expertise des gemeinsamen Vertreters dürfte eine Vergütung nach geleisteten Stunden zu marktüblichen Stundensätzen von Restrukturierungsberatern, Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern als angemessen gelten. Die Vergütung müsste dem Umfang und der Komplexität der zu leistenden Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters gerecht werden. Ferner hat der gemeinsame Vertreter Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, die er zur Erreichung des Zwecks, zur Vorbereitung, zur Förderung oder als Nachwirkung des Auftrags tatsächlich getragen hat, soweit der gemeinsame Vertreter die Aufwendungen den Umständen nach für erforderlich halten durfte (§ 670 BGB). Im eröffneten Insolvenzverfahren ist die Vergütung des gemeinsamen Vertreters gesetzlich nicht geregelt. Praxisgerecht dürfte eine Klassifikation des Vergütungsanspruchs des gemeinsamen Vertreters als Masseverbindlichkeit sein; andernfalls dürfte kaum der notwendige Anreiz bestehen, sich als gemeinsamer Vertreter der Gläubiger bestellen zu lassen.

III. Bilanzielle Restrukturierung

1. Rechtlicher und wirtschaftlicher Maßstab

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Unter bilanzieller Restrukturierung werden im Folgenden solche Maßnahmen verstanden, mit denen die Finanzierungsstruktur und die Liquiditätslage des Krisenunternehmens verbessert werden kann, ohne zugleich unmittelbar Eigen- oder Fremdkapitalmaßnahme zu sein. Während die Eigen- und Fremdkapitalmaßnahmen unmittelbar die Finanzierungsstruktur oder die Liquiditätslage des Krisenunternehmens beeinflussen, haben die hier dargestellten bilanziellen Restrukturierungsmaßnahmen grundsätzlich nur einen mittelbaren Einfluss darauf. Die bilanziellen Restrukturierungsmaßnahmen betreffen vor allem die Aktivseite der Bilanz.

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Ohne auf die in der Literatur ausführlich geführte theoretische Diskussion über die Thesen zur optimalen Finanzierungsstruktur einzugehen,[45] werden die bilanziellen Restrukturierungsmaßnahmen im Folgenden daran gemessen, ob und wieweit sie geeignet sind, eine drohende Insolvenz des Krisenunternehmens abzuwenden. Die Restrukturierungsmaßnahmen sind also anhand der durch die InsO vorgegebenen zivilrechtlichen Tatbestandsmerkmale der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) und der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) sowie der Überschuldung (§ 19 InsO) zu beurteilen. Von den bilanziellen Restrukturierungsmaßnahmen müssen also im Idealfall liquiditäts- wie auch eigenkapitalerhöhende Effekte ausgehen. Die Frage nach einer optimalen Finanzierungsstruktur bleibt der Zeit vorbehalten nachdem die dringendsten Sanierungsmaßnahmen ergriffen und die drohende Insolvenz des Krisenunternehmens abgewendet worden sind.

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Eine Beurteilung der bilanziellen Restrukturierungsmaßnahmen wäre unvollständig, wenn nicht zugleich auch die zum Teil nicht unwesentlichen steuerrechtlichen Folgen der einzelnen Maßnahmen berücksichtigt werden. Im Folgenden werden deshalb in den Grundzügen auch jeweils die steuerlichen Folgen einzelner Maßnahmen skizziert. Zu weitergehenden Ausführungen wird auf den Abschnitt „Steuern in Sanierung und Insolvenz“ verwiesen (vgl. 12. Kap. Rn. 361 ff.).

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Als bilanzielle Restrukturierungsmaßnahmen kommen in Betracht der Verkauf nicht betriebsnotwendiger Aktiva, der Verkauf und das Zurückmieten betriebsnotwendiger Aktiva (Sale and Lease Back), der Abbau von Forderungen durch den Verkauf von Forderungen im Wege des Factoring sowie der Abbau von Vorräten etwa durch Corporate Trading.

2. Verkauf nicht betriebsnotwendiger Aktiva

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Der Verkauf nicht betriebsnotwendiger Aktiva, die für den betrieblichen Leistungserstellungsprozess nicht zwingend erforderlich sind (z.B. Beteiligungen, Immobilien), dient primär dem Ziel, die Liquidität des Krisenunternehmens zu sichern. Daneben kann durch die Aufdeckung stiller Reserven die Eigenkapitalsituation verbessert werden. Der Verkauf nicht betriebsnotwendiger Aktiva kann indes auch zu Buchverlusten führen, die das Eigenkapital insoweit belasten. Insofern ist vor dem Verkauf nicht betriebsnotwendiger Aktiva zu prüfen, ob und ggf. wie weit das Eigenkapital durch den erwogenen Verkauf zu dem erzielbaren Preis belastet wird. Daneben ist zu beachten, dass die Aktiva in Krisensituationen häufig nicht frei veräußerbar sind, da Verfügungsbeschränkungen, Sicherungsübereignungen etc. bestehen.

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Als Restrukturierungsmaßnahme ist der Verkauf nicht betriebsnotwendiger Aktiva problematisch, wenn dadurch strategisch wertvolle Beteiligungen verkauft werden müssen. Bei gravierenden Liquiditätsproblemen kommt erschwerend hinzu, dass hoher Zeitdruck sich regelmäßig negativ auf den Verkaufspreis auswirkt.

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Werden durch den Verkauf nicht betriebsnotwendiger Aktiva stille Reserven aufgedeckt, entsteht bei dem Krisenunternehmen ein steuerpflichtiger Gewinn, der grundsätzlich die Steuerlast erhöht, soweit nicht zeitgleich Verluste anfallen und keine steuerlichen Verlustvorträge nutzbar sind.

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