Kitabı oku: «Schlaf schön», sayfa 2

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3. Kapitel

Klara strahlte über das ganze Gesicht, als Frederike ihr gegenübersaß. »Das ist ja eine schöne Überraschung.«

»Ach, weißt du, ich war gerade in der Apotheke, und weil es noch früh war, dachte ich, ich schaue mal vorbei«, log Frederike locker das Blaue vom Himmel herunter.

»Papperlapapp! Du bist wegen der Todesfälle hier.« Klara kicherte. »Ich habe mich schon gefragt, wann du hier auftauchst.«

Klara war eine der wenigen im Dorf, die Frederikes beruflichen Werdegang verfolgt hatte.

»Erwischt!« Frederike wirkte etwas zerknirscht. »Ich habe so ein schlechtes Gewissen, dass ich dich nie besucht habe.«

»Ja, das solltest du auch haben. Da müssen erst zwölf Leute sterben, bevor ich dich mal zu Gesicht kriege.« So schnell ließ Klara sie nicht von der Leine.

Frederike sog zischend die Luft ein. »Zwölf? Ich hatte nur von zehn gehört.«

»Zwölf ungeklärte Todesfälle!« Klara nickte. »Und bevor du auf dumme Gedanken kommst – ich war es nicht. Auch wenn ich mich freue, dass du dich endlich mal bei mir blicken lässt, würde ich doch so weit nicht gehen.«

»Da bin ich aber erleichtert«, grinste Frederike. »Mich wundert, wie ruhig du das nimmst.«

»Ach, ich habe hier in den letzten Jahren schon so viele sterben sehen, da hängt man sein Herz nicht mehr so an die Menschen.«

»Das hört sich aber traurig an.« Frederike erkannte hinter dem Pragmatismus auch eine gehörige Portion Einsamkeit.

»In meinem Alter – ich bin jetzt zweiundneunzig – sitzt der Tod immer mit am Tisch. Das ist auch in Ordnung. Viele meiner Mitbewohner warten eigentlich nur noch auf das Ende. Sie haben ihr Leben gelebt und sind fertig. Das passt schon. Wir machen uns hier nicht verrückt.«

»Aber dir geht es nicht so«, mutmaßte Frederike.

»Nein, mir geht es nicht so. Ich möchte zwar auch keine großen Sprünge mehr machen und erwarte mir nicht mehr viel vom Leben, aber für mich ist es ein Riesenunterschied, ob der Tod mich holt oder jemand nachhilft.« Jetzt war das Lächeln aus ihrem Gesicht verschwunden, und man konnte ihr die zweiundneunzig Jahre ansehen. »Ich habe Angst!«

Frederike schwieg eine Weile. Dann sagte sie: »Ich bin froh, dass ich gekommen bin. Kannst du mir helfen?«

Das Gesicht von Klara hellte sich schlagartig auf, und sie setzte sich gerade hin. »Was brauchst du?«

Das Gespräch mit Klara hatte fast drei Stunden gedauert und wurde mit einem gemeinsamen Rundgang durch die Einrichtung beendet. Frederike hatte Informationen über alle Todesfälle in den letzten Wochen bekommen. Klara kannte nicht nur die Namen der Toten, sondern auch in den meisten Fällen ihre Geschichte. Sie war schon lange im Heim und hatte häufig »Patenschaften« übernommen, um neue Bewohner in den Heimalltag und das Unterhaltungsprogramm zu integrieren. Nur bei den Todesdaten und -zeiten war sie sich nicht sicher gewesen.

Jetzt saßen sie gemeinsam in der Cafeteria. Beide hatten ein Stück Erdbeerkuchen und eine Tasse Pfefferminztee vor sich stehen. Von dem Kaffee hatte Klara dringend abgeraten.

»Okay, jetzt habe ich einen Überblick über die Toten gewonnen. Sie wohnten in unterschiedlichen Hauseinheiten, wurden von verschiedenen Pflegegruppen betreut, nahmen nicht alle an denselben Veranstaltungen teil«, fasste Frederike die gewonnenen Erkenntnisse zusammen. »Mir fehlt der gemeinsame Faktor.«

»Ja, das verstehe ich. Aber ich wüsste auch keinen. Ich habe die Befürchtung, dass ein Todesengel am Werk ist«, seufzte Klara. Sie war besorgt. Mit Abscheu hatte sie den Fall von Niels Högel, dem Krankenpfleger, der mehr als hundert Menschen auf dem Gewissen hatte, in der Presse verfolgt. »Meinst du, es könnte jemand von der Belegschaft sein?«

Frederike zuckte mit den Achseln. »Möglich wäre es natürlich, aber auf den ersten Blick spricht nichts dafür. Es waren ja nicht immer die gleichen Pflegekräfte im Einsatz, wenn ich das richtig verstanden habe.«

»Na ja, vielleicht erinnere ich mich bloß nicht mehr. Wir haben teils so viele Wechsel hier. Da vergesse ich schon mal die Gesichter und Namen.« Klara hob bedauernd die Schultern.

»Vielleicht kannst du dich mal umhören«, tastete sich Frederike vor. »Hier ist doch nicht allzu viel los. Möglicherweise ist ja jemandem etwas aufgefallen. Hilfreich wären auch eine Liste der Belegschaft und die Dienstpläne. Kommst du da ran?«

»Mal sehen, was sich machen lässt.« Klara lächelte. »Es ist wirklich schön, dich bei der Arbeit zu sehen.«

Frederike grinste verlegen. »Na ja, manchmal fehlt es mir schon ein bisschen.«

»Ich werde mal mit Heike reden. Sie arbeitet bei uns auf der Station. Die ist nett. Vielleicht kann sie uns mit den Dienstplänen helfen.«

»Wie ist denn überhaupt die Stimmung in der Belegschaft?«

»Ich habe den Eindruck, dass das Thema heruntergespielt wird. Das will natürlich keiner wissen. Dementsprechend wird abgewiegelt, wenn man die Pflegekräfte darauf anspricht.«

»Meinst du, dass hier jemand mauert?«

»Ach, so würde ich das nicht nennen. Aber man möchte natürlich keine Unruhe bei den Kunden!« Klara wiegte mit dem Kopf. »Bisher ist die Auslastung ja gut. Es gibt sogar eine Warteliste. Aber wenn es sich rumspricht, dass man hier schneller den Löffel abgibt, als man gucken kann, wird sich das flott ändern.«

Frederike grinste böse. »Vielleicht erschließt es ja auch neue Zielgruppen. So kommt man schneller ans Erbe.«

Klara drohte mit dem Finger. »Vorsicht! Du bringst die Leute noch auf dumme Gedanken.« Sie erhob sich. »Ich muss jetzt zum Seniorenturnen.«

Frederike stand ebenfalls auf. »Was willst du denn beim Turnen? Ich wäre froh, wenn ich noch so fit wäre wie du.«

Klara gluckste stolz, bückte sich und drückte bei durchgestreckten Knien ihre Handflächen auf den Boden. Am Nebentisch wurde applaudiert. Klara bewegte sich wieder in die Senkrechte und knickste kurz in Richtung der Klatschenden. Frederike lachte, nahm ihren Arm und hakte sich ein. »Du bist mir ’ne Marke!«

Gemeinsam gingen sie in Richtung des Turnraums. Als sie sich an der Tür verabschiedeten, kündigte Frederike an, in den nächsten Tagen wieder vorbeizuschauen. Sie küsste Klara auf die Wange. »Ich bin froh, dass ich zu dir gekommen bin.«

Klara lächelte. »Fast wie früher, als wir gemeinsam das große Puzzlespiel gelegt haben.«

»Fast!«, lächelte Frederike zurück, winkte noch einmal kurz, drehte sich um und verließ die Anlage.

Als sie im Auto saß, atmete sie tief durch. Sie verspürte wieder dieses Kribbeln – wie in alten Zeiten. Klara würde ihr jetzt ein paar Antworten beschaffen. Bei dem Gedanken befiel sie ein plötzliches Unbehagen. Was wäre, wenn Klara mit ihrer Vermutung recht hätte? War wirklich ein Todesengel am Werk? Dann begab sie sich möglicherweise in Gefahr, wenn sie Fragen stellte. Nicht dass sie soeben Klara zur Zielscheibe gemacht hatte …

4. Kapitel

Endlich war die Sonne wieder da. Die letzten beiden Tage waren schwül und völlig verregnet gewesen, und auch wenn Frederike über die Wassermengen im Garten froh war, tat es nun gut, wieder rausgehen zu können. Sie hatte bereits morgens früh mit Unkrautjäten begonnen. Dabei ging es ihr weniger darum, einen perfekt gepflegten Garten zu haben. Sie liebte kreatives Chaos in den Beeten und sorgte nur dafür, dass das Wildkraut nicht überhandnahm. Während sie die Wurzeln entfernte, schickte sie ihre Gedanken auf Reisen. Es machte ihr Freude, Pflanzen und deren Aussehen und Eigenschaften mit Menschen in Verbindung zu bringen. Klara war in ihrer Vorstellung eine Margerite, hell und freundlich, eine dezente Schönheit im Beet, die sich mit allen gut vertrug, die um sie herum wuchsen. Angela war wie eine Lilie, ein echter Solitär, herrlich duftend und besonders, aber auch ein wenig empfindlich. Welche Blume wäre sie selbst? Bei anderen war das viel leichter zu beantworten als bei sich selbst. Vielleicht ein Lavendel? Sie mochte den Duft und die eigentlich ein wenig unscheinbaren Blüten. Eher eine Begleitpflanze, gut zu gebrauchen. Ja, sie wäre ein Lavendel. Sie nahm sich vor, am Nachmittag mit Angela über ihre Blumenanalogien zu sprechen. Mal sehen, welche Pflanze Angela für Frederike in petto hatte.

Nachmittags saßen Frederike und Angela im Garten auf zwei bequemen Liegestühlen, jede mit einem großen Pott Kaffee in der Hand. Von Weitem hörte man das Geschrei der beiden Nachbarsenkel Lena und Kai, die auf der Straße Fahrrad fuhren, nachdem sie sich bei Frederike mit frisch gebackenen Marzipanschnecken eingedeckt hatten. Hannelore lag zusammengerollt im hohen Gras und schlief, umsummt von ein paar Fliegen. Manchmal, wenn diese allzu dreist waren, peitschte der Schwanz hin und her, aber der Kater war viel zu müde, um sich allzu sehr um seine Umgebung zu scheren.

Frederike stellte die Kaffeetasse auf der Lehne ab.

»Vorgestern war ich bei Klara im St. Ägidius. Meine alte Nachbarin. Ich weiß nicht, ob du dich an sie erinnerst?«

»Klara? Aber sicher.« Angela schaute zu Frederike. »Ich habe ihr früher beim Einmachen geholfen.«

Frederike schmunzelte. »Ich auch.«

»Und mir anschließend den Bauch mit Waffeln und frisch gekochter Marmelade vollgeschlagen.« Angela schloss die Augen in wohliger Erinnerung.

»Ich auch. Oh, war das gut!« Beide gaben sich eine Weile ihren Erinnerungen hin.

»Wie geht es ihr? Sie hat sich doch bestimmt gefreut, dass du vorbeigeschaut hast.«

»Ja, das hat sie. Und ich hatte dann auch gleich ein schlechtes Gewissen, dass ich das nicht schon viel früher getan habe. Aber irgendwie kommt ja doch immer etwas dazwischen. Heute ist es die Gartenarbeit.« Frederike seufzte.

»Ja, das kenne ich gut. Und schwuppdiwupp ist die Woche schon wieder um … Hat sie etwas über die Todesfälle erzählt?«

Frederike nickte bedächtig mit dem Kopf. »Ja, einiges. Ich habe den Eindruck, dass da mehr dahintersteckt.«

Angela grinste. »Das wäre dir doch bloß recht. Ich hatte die letzten Monate den Eindruck, dass du dich langweilst.«

Frederike schaute sie erstaunt an. »Ich mich langweilen? Wie kommst du denn darauf? Ich hätte nie gedacht, wie wohltuend so ein Rentnerinnendasein ist. Nein, im Ernst: Klara hat Angst.«

Das Lächeln schwand aus Angelas Gesicht. »Angst? Das ist dann wirklich übel. Ich habe nie erlebt, dass sich Klara von irgendetwas aus der Ruhe bringen lässt.«

»Genau.« Frederike erzählte Angela von Klaras Befürchtungen.

Angela trank den letzten Schluck Kaffee. »Ich habe mich inzwischen bei uns auch schon mal umgehört. Kathrin, meine Kollegin, hatte kürzlich selbst einen Todesfall in der Familie. Mit ihr habe ich mich gestern in der Cafeteria getroffen und sie ausgequetscht.«

Frederike hörte gespannt zu.

»Es ging um ihre Tante. Sie lebte erst seit einer Woche im St. Aegidius, war dort gestürzt und kurz darauf verstorben.« Angela zupfte mit ihren nackten Füßen etwas Gras aus. »Ich glaube, das spielt für uns keine Rolle.«

»Wahrscheinlich nicht. Warum erzählst du es dann?«

Angela streckte Frederike die Zunge heraus. »Du hast gesagt, du wolltest alles über die Todesfälle wissen«, sie stockte kurz, »… und außerdem gab es eine Besonderheit während der Beerdigung.«

Frederike seufzte auf. »Könntest du mal aufhören, dir alles aus der Nase ziehen zu lassen? Was war auf der Beerdigung?«

»Eigentlich hatte sich Kathrins Tante ein Urnenbegräbnis gewünscht und auch alles so schon mit dem Beerdigungsinstitut vereinbart. Aber das ging nicht.«

»Man hat auf einem normalen Begräbnis bestanden? Dann ist da aber jemand sehr misstrauisch geworden.«

»Na ja, ›bestanden‹ ist zu viel gesagt, eher ›angeregt‹. Kathrins Mutter war ganz schockiert. Man hatte ihr gesagt, dass es wohl ein natürlicher Tod gewesen sei. Der Verzicht auf eine Feuerbestattung sei eine reine Vorsichtsmaßnahme.«

»Pffft!« Frederike machte ein abfälliges Geräusch. »Das glaubt doch kein Mensch. Nein, da läuft im Hintergrund schon was.«

»Du kannst dir ja vorstellen, dass bei der Beerdigung ganz schön getuschelt wurde. Kathrin hatte alle Hände voll zu tun, ihre Mutter zu beruhigen. Die hat sich dann auch gleich von der Warteliste für das Heim streichen lassen. Eigentlich wollte sie in den nächsten Monaten zu der Tante ziehen. Offiziell heißt es jetzt natürlich, dass dazu ja nun keine Notwendigkeit mehr besteht. Aber ich glaube eher, die macht sich Sorgen, dass sie schneller zu ihrer Schwester zieht als erwartet. Nämlich auf den Friedhof!«

»Na, ich werde morgen mal zu Klara fahren und nachhören, was sie rausbekommen hat. Und du hältst bitte auch die Ohren und Augen offen, ja?«

»Klar, mache ich. Vielleicht schnappe ich in der Cafeteria ja noch mehr auf.«

Frederike nickte. »Jetzt aber mal Themenwechsel. Wie geht es dir sonst?«

Angela lachte. »Ich dachte schon, du fragst nie. Ich war vorgestern Abend noch auf der Gerolsteiner Kirmes.«

Frederike guckte sie scheel an. »Was wolltest du denn da? Da ist doch abends meist nur noch Besäufnis.«

»Na, so schlimm ist es auch nicht«, wiegelte Angela ab. »Es hat gerade mal die Sonne geschienen, und ich wollte noch ein wenig an die frische Luft. Und ja, ich habe mir ein Kölsch gegönnt.«

Frederike winkte ab. »Kölsch? Diese Pipi-Brühe!«

Angela grinste breit. »Da spricht die typische Düsseldorferin! Als ob das Altbier besser schmecken würde! Aber gut. Also habe ich da auf einer Bank gesessen und wollte in Ruhe meine Pipi-Brühe trinken. Ja, und dann …«, sie zögerte, »… dann bin ich mit einem jungen Mann ins Gespräch gekommen.«

Frederike lachte. »Ach was, ein junger Mann. So ein Zufall!«

Angela stimmte in das Lachen ein. »Ja, was für ein Klischee.« Sie berichtete, dass der junge Mann etwas verloren auf der Nebenbank gesessen habe und man ins Gespräch gekommen sei.

»Du hast dich verknallt!« Frederike war begeistert.

Angela wurde ein wenig rot. »Nun ja, Jochen …«

»Jochen, und wie weiter?« Frederike konnte in ihrer Neugier gnadenlos sein.

»Jochen Anstruth. Er kommt aus Trier. Und er ist Chemielaborant.« Angela bekam einen verträumten Blick. »Er wird dir bestimmt gefallen.«

»Wieso?«, fragte Frederike sachlich.

Angela schaute sie erbost an. »Weil er echt nett ist, gut aussieht, einen gepflegten Eindruck macht, wunderschön lächelt, superschöne blaue Augen hat …«

Frederike unterbrach sie lachend: »Ist gut. Ich glaube es dir ja. Ein ganz toller Typ. Wann lerne ich ihn kennen?«

»Gleich. Er kommt mich abholen.« Angela blickte auf die Uhr. »In einer Viertelstunde.«

Frederike war ein wenig verärgert. »Gleich? Wollten wir nicht gemeinsam noch eine Runde drehen?«

Angela zog einen Schmollmund und legte den Kopf schief. »Bitte! Er ist doch so nett. Sei nicht böse.«

Frederike lächelte über Angelas Flunschgesicht. »Du siehst aus wie ein Badeentchen. Nein, ist schon gut. Ich war ja auch mal jung.«

»Ja, aber das ist schon ewig her. Dass du dich daran noch erinnern kannst …«, flachste Angela zurück.

Frederike warf ein Kissen nach ihr, traf aber bloß die Tasse, die ins Gras fiel, doch nicht zerbrach.

Angela hob sie ungerührt auf. »Früher hast du besser getroffen.«

Frederike nahm ein weiteres Kissen und warf es ihrer Nichte ins Gesicht. »Alles eine Frage der Übung«, dozierte sie. Sie schaute auf die Uhr. »Wo arbeitet Jochen? Um aus Trier hier rüberzukommen, ist es ja noch ziemlich früh.«

Angela seufzte. »Das musstest du natürlich jetzt fragen. Meine Tante, die Verhörspezialistin! Er ist zurzeit arbeitslos.«

Frederike schnalzte mit der Zunge. »Bei der Arbeitslosenquote und dem Fachkräftemangel dürfte er das nicht lange bleiben.«

Angela kniff die Lippen zusammen und meinte zögerlich: »Er ist schon fast ein halbes Jahr ohne Arbeit.«

Frederike zog die Augenbrauen hoch. »Aha.« Doch sie verzichtete auf einen weiteren Kommentar, was Angela dankbar zur Kenntnis nahm. »Und er kommt dich gleich abholen?«

Angela blickte auf die Uhr. »Ja, er müsste jeden Augenblick da sein. Ich hatte ihm vier Uhr gesagt. Wir wollen noch an den Badesee.« Sie seufzte und klopfte auf ihren Bauch. »Ich hoffe, mein Bikini passt mir noch.«

Frederike lächelte sie an. »Du bist wunderschön. Jochen kann sich glücklich schätzen.«

»Meinst du? Ich hoffe sehr, dass er dir gefällt. Er ist … wirklich toll.« Angela strahlte.

»Wenn er eine Pflanze wäre, welche Pflanze wäre er dann?«, fragte Frederike gespannt.

»Häh?« Angela war mit der Frage sichtlich überfordert.

»Ich habe mir heute Vormittag überlegt, dass Menschen und Pflanzen oft gleiche Eigenschaften aufweisen«, erläuterte Frederike ihren Gedankengang. »Du bist für mich eine Lilie.«

»Echt? Sind das nicht Friedhofsblumen?« Angela war wenig begeistert von der Zuschreibung, wirkte aber versöhnt, nachdem Frederike ihr die Eigenschaften von Lilien genannt hatte. »Und was bist du?«

»Ich bin Lavendel, von der Optik eher unscheinbar, aber gut riechend und praktisch. Und ich kann Motten vertreiben«, lachte Frederike.

»Ja, das passt ganz gut. Ich finde aber, du bist mehr ein Baum, gerade gewachsen und stark.«

»Mmh, das hört sich auch gut an. Und was ist Jochen?« Frederike ließ nicht locker.

»Der ist ein Rittersporn. Er hat so schöne blaue Augen«, schwärmte Angela.

»Und er ist dein Ritter«, spottete Frederike.

Da stieg auch schon jemand ohne anzuklopfen übers Gartentörchen. »Ich hoffe, ihr redet von mir.« Ein junger Mann – groß, dunkelhaarig, mit leicht strubbeliger Frisur – kam mit einem strahlenden Lächeln in den Garten. »Guten Tag, ich bin Jochen Anstruth«, begrüßte er Frederike und gab ihr die Hand. »Ich wollte Angela abholen.« Er blickte sich im Garten um. »Schön haben Sie es hier.«

Frederike betrachtete ihn von Kopf bis Fuß. »Sie sind also der Bekannte von Angela. Schön, Sie kennenzulernen.«

Jochen hielt ihrem Blick stand.

Angela stupste sie in die Seite. »Nun mustere ihn doch nicht so.«

Frederike zuckte mit den Schultern und wandte sich ihr zu. »Ich bin halt neugierig. Wollen Sie eine Tasse Kaffee?«

Doch Jochen hakte Angela unter und winkte ab. »Nein danke. Wir wollen noch schwimmen gehen.« Er blickte Angela an. »Bist du so weit?«

Die strahlte ihn an und schnappte sich die Badetasche. »Auf geht’s!« Schnell noch ein Küsschen auf die Wange, und dann waren beide auch schon verschwunden.

Frederike schaute versonnen hinter ihnen her.

Sie lehnte sich im Gartenstuhl zurück und ließ die Gedanken wandern. Soso, die Kleine war verliebt. Es war schön, sie so strahlend zu erleben. Seit Toms Tod, ihrer ersten großen Liebe, hatte sie um Männer einen Bogen gemacht. Frederike hatte Tom kaum gekannt, aber er musste ein Goldschatz gewesen sein. Angela hatte ihr wahre Wunderdinge von ihm erzählt. Sie hatte lange um ihn getrauert. Frederike war froh, dass sie heute ein so fröhlicher Mensch war.

Jochen also, gut aussehend, arbeitsloser Chemielaborant, der allein in Gerolstein auf der Kirmes ein Bier trank. Ein echter Strahlemann! Er sah ja ganz gut aus. Nur sein Auftreten war ihr eine Spur zu forsch. Er war eingetreten, als würde ihm der Garten gehören. Schön haben Sie es hier. Und auch Angela … Wie er sie am Arm gepackt hatte! Der Typ war eher eine Berg-Flockenblume als Rittersporn. Sah gut aus, aber machte sich breit, sodass man ihn kaum wieder loswurde, und schleppte Mehltau ein. Mensch, warum musste sie immer gleich so kritisch sein und das Schlechteste annehmen? Er muss mir nicht gefallen, dachte sie. Hauptsache, er macht sie glücklich. Ach was, sie gehen nur miteinander schwimmen, und ich denke schon über eine feste Beziehung nach. Halt den Ball flach.

Vermutlich war sie einfach nur eifersüchtig, weil Angela sie sitzengelassen hatte. Dabei war Angela es doch gewesen, die angeregt hatte, heute eine kleine Wanderung zum Schützenplatz zu machen. Nun ja … Wahrscheinlich war Jochen total nett und würde ihrer Nichte guttun. Frederike riss sich zusammen und beschloss, sich zu freuen und statt zu grübeln lieber die Büsche zu schneiden.

Seufzend erhob sie sich und ging ins Haus, um Gartenschere und Handschuhe zu holen. Doch ihre Gedanken blieben bei Jochen. Sie war allergisch gegen Märchenprinzen. Jochen erinnerte sie ungut an ihren ersten Mann. Auch so eine Flockenblume.

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9783954415472
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Serideki Birinci kitap "Frederike Suttner"
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