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III. Vitale Reaktionen › 1. Allgemeine Vitalreaktionen
1. Allgemeine Vitalreaktionen
Eine Blutung kann nur auftreten, solange der Kreislauf funktioniert. Tödliche Blutverluste sind durch äußere oder innere Verblutung möglich. Blutungen nach außen stammen entweder aus Hautwunden oder aus Körperöffnungen (Nase, Mund, Ohren, Mastdarm, Scheide). Innere Blutungen können zu Blutansammlungen in Körperhöhlen (Kopf-, Brust- und Bauchhöhle) oder in Geweben (Muskulatur, Unterhautfettgewebe) führen. Eine Gewebseinblutung muss äußerlich nicht sichtbar sein, und die Haut darüber kann unverletzt erscheinen. Die Blutansammlung wird erst nach dem Aufschneiden der Haut und Weichteile erkennbar.
Lebensbedrohlich wird ein akuter Blutverlust dann, wenn mehr als ein Drittel der Gesamtblutmenge aus dem Blutgefäßsystem ausgetreten ist. Das entspricht beim Erwachsenen einem Blutverlust von 1,5 bis 2 Litern. Bedeutsam für eine Verblutung ist nicht allein die Menge, sondern auch die Schnelligkeit des Ausblutens. Daraus ergibt sich, dass Todesfälle durch reines Verbluten meist infolge einer Verletzung großer Schlagadern (Arterien) auftreten, die wesentlich schneller bluten als Blutadern (Venen) gleichen Kalibers.
Die Blutung aus einer größeren Schlagader führt zur Entstehung von Spritzspuren. Bei Durchtrennung einer Halsschlagader kann das Blut bis zu einem halben Meter weit spritzen. Dagegen führt die Verletzung einer Blutader am Hals nicht zu Spritzspuren, aber zu einem erheblichen Blutverlust. Selbst Blutungen aus Krampfadern können tödlich enden.
Blutet es nach innen, kommt es je nach Lokalisation zur Beeinträchtigung der Organfunktion. So verursacht die Blutung in die Schädelhöhle einen Druck auf das Gehirn oder die Blutung in den Herzbeutel eine Behinderung der Herztätigkeit (Herzbeuteltamponade). Deshalb ist in solchen Fällen bereits ein vergleichsweise geringer Blutverlust tödlich.
Die Ausblutung ist stets eine aktive Kreislaufleistung, die nicht nur eine Blutung aus der Wunde oder aus dem Krankheitsherd bewirkt, sondern vielmehr zu einer allgemeinen Blutarmut des gesamten Körpers führt. Äußerlich fällt eine starke Blässe von Haut und Schleimhäuten auf. Die Totenflecke sind nur spärlich ausgeprägt oder fehlen. Die Blutarmut zeigt sich an den inneren Organen mit dem Hervortreten ihrer Eigenfarbe. Besonders auffällig ist die schlaffe, blutarme Milz. Unter der Herzinnenhaut finden sich regelmäßig kleinfleckige oder streifige Blutungen.
Die Feststellung eines erheblichen Blutverlustes bei deutlicher Blässe innerer Organe lässt immer auf ein vitales Geschehen schließen.
Der Verdacht auf einen Verblutungstod ergibt sich bei der Leichenschau aus dem Vorhandensein von Blutspuren und entsprechenden Verletzungen sowie durch spärliche oder fehlende Totenflecke. Lässt sich bei spärlichen oder fehlenden Totenflecken nach mehrstündiger Leichenliegezeit äußerlich keine Blutungsquelle feststellen, muss an ein Verbluten in das Körperinnere gedacht werden. Die Bestätigung der Verdachtsdiagnose erfolgt durch die Leichenöffnung.
Beim Verbluten stellt der Sauerstoffmangel die letztendliche Todesursache dar. Infolge des Blutverlustes reicht die Transportkapazität der im Organismus verbliebenen roten Blutkörperchen nicht mehr aus, um die Organe ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen.
Ebenfalls an die Kreislauftätigkeit gebundene Vitalreaktionen sind die Embolien. Darunter versteht man eine Verschleppung von Gebilden oder Substanzen, die nicht in der Blutflüssigkeit löslich sind, durch den Blutstrom mit Verstopfung von Blutgefäßen.
Am häufigsten ist die Thromboembolie. Als Thrombose wird die Entstehung von Blutgerinnseln in der Blutbahn zu Lebzeiten bezeichnet. Solche Gerinnsel bilden sich häufig in den Ober- und Unterschenkelvenen und behindern dort den Blutabfluss. Diese Beinvenenthrombose ist deshalb gefährlich, weil sich daraus Blutgerinnsel lösen können und dann über den Kreislauf in das Lungengefäßsystem eingeschwemmt werden (Lungenembolie). Dort kommt es zu einer Verstopfung von Lungenschlagadern, die infolge der Herzbelastung zum Tod führen kann. Der Nachweis einer Lungenembolie gelingt entweder sogleich bei der Leichenöffnung oder durch nachfolgende mikroskopische Untersuchung der Lungen.
Eine der Hauptursachen für die Thrombose ist die verstärkte Gerinnungstendenz des Blutes nach Verletzungen (z. B. nach Knochenbrüchen oder Weichteilverletzungen) und nach operativen Eingriffen. Ebenso können verletzungsbedingte Schäden der inneren Venenwand eine Thrombose begünstigen oder sogar auslösen. Auch die Verlangsamung des Blutflusses bei Ruhigstellung eines Beines im Gipsverband oder bei Bettlägerigkeit führt zur Thromboseneigung. Die akute Lungenembolie ist eine gefürchtete, oft tödlich verlaufende Spätkomplikation von Verletzungen durch Sturz oder Verkehrsunfall. Derartige Todesfälle berühren fast immer Probleme der Kausalität zwischen Gewalteinwirkung und Todeseintritt.
Eine Fettembolie ist nach Knochenbrüchen mit Quetschung des Knochenmarks, mitunter auch nach chirurgischen Eingriffen und nach ausgedehnten Zerstörungen des Fettgewebes durch Überrollen oder schwere körperliche Misshandlung möglich. Die Verschleppung von Fett kann in die Lungen oder seltener in das Gehirn und die Nieren erfolgen (Abbildung 5). Im Lungengewebe verstopfen die Fetttröpfchen die Haargefäße (Blutkapillaren), sodass der Gasaustausch in den Lungenbläschen behindert und das Herz überlastet wird. Im Gehirn führt die Verstopfung der Haargefäße zu punktförmigen Blutungen (Purpura cerebri).
Bei massiver Ausbildung kann eine Fettembolie todesursächlich sein. Das Eindringen von mehr als 20 g Fett in den Kreislauf gilt als tödlich. Nach schweren stumpfen Gewalteinwirkungen treten Fettembolien praktisch sofort – in einem Zeitraum von Sekunden oder Minuten – in den Lungen auf. Bei weniger schweren Verletzungen kann es als Komplikation nach einigen Tagen unerwartet zu einer tödlichen Fettembolie kommen.
Der Nachweis einer Fettembolie lässt sich durch eine mikroskopische Untersuchung nach Spezialfärbungen des Gewebes führen.
Abb. 5:
Verschleppung von Fett mit dem Blutstrom (Fettembolie) in Gehirn, Lungen und Nieren nach Oberschenkelbruch, aus [9]

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Vereinzelt sind Suizide durch Fettembolie beobachtet worden. Eine Krankenschwester hat sich 30 ml Speiseöl in eine Vene gespritzt. Sie verstarb 9 Stunden nach der Injektion an einer schweren Fettembolie im Gehirn und in den Lungen.
Das Einströmen von Luft bei Venenverletzungen infolge des negativen Drucks in diesen Blutgefäßen führt zur Luftembolie. Hauptsächlich bei Stich- und Schnittverletzungen am Hals und bei Schädelbrüchen wird Luft in die Blutbahn eingesaugt. Die Luft gelangt in das Herz und führt bei genügend großer Menge schließlich zu einem Leerschlagen des Herzens. Es kommt zum Ausfall der Pumpfunktion des Herzmuskels mit Kreislaufstillstand. Hin und wieder treten Luftembolien bei Infusionen, Transfusionen und Dialysebehandlungen infolge technischer Fehler oder falscher Handhabung auf. Für den Menschen gelten als tödliche Luftmenge bei relativ raschem Einströmen Schätzwerte von 70–130 ml Luft.
Der Nachweis einer Luftembolie kann vor der Obduktion durch eine Computertomografie-Untersuchung oder eine Röntgenübersichtsaufnahme des Brustkorbs erfolgen. Bei der Leichenöffnung muss eine besondere Sektionsmethode angewandt werden, nämlich die Öffnung des Herzens unter Wasser. Dazu wird der Herzbeutel eröffnet und so viel Wasser in den Herzbeutel gefüllt, bis das Herz vollständig mit Wasser bedeckt ist. Dann wird mit einer Kanüle separat in beide Herzkammern gestochen und vorhandenes Gas in ein Auffanggefäß abgesaugt. Das verwendete Gerät heißt Aspirometer. Dieses Vorgehen ermöglicht die Ermittlung des Gasvolumens und die chemische Analyse des abgesaugten Gases. So kann festgestellt werden, ob es sich dabei um Luft oder Fäulnisgas handelt.
Suizidale Luftembolien wurden durch intravenöse Injektionen und durch direktes Lufteinblasen über ein Schlauchsystem in die Vene verursacht.
Feste Körper führen selten zu Embolien. Vorwiegend sind es Gewebstrümmer von Körperorganen (Gewebsembolie), insbesondere des Knochenmarks, der Muskulatur und der Leber, sowie Fremdkörper, beispielsweise Schrotkugeln und Lacksplitter.
Eine besondere Form der Fremdkörperembolie ist seit einigen Jahren häufiger zu beobachten. Wird Heroin oder eine andere Droge in die Vene gespritzt, gelangen unlösliche Zusatzstoffe (z. B. Stärke, Talkum) in die Blutbahn, bleiben in den Lungenkapillaren stecken und verursachen eine umschriebene Entzündung (Fremdkörpergranulom).
Während Ausblutung und Embolien auf einem Funktionieren des Kreislaufs beruhen, ist die Aspiration als vitale Reaktion eine Folge der Atemtätigkeit. Mit Aspiration wird das Einsaugen von Flüssigkeiten oder festen Stoffen in die unteren Atemwege während der Einatmungsphase infolge fehlender Schutzreflexe (z. B. bei Bewusstlosigkeit) bezeichnet. Bei Verletzungen im Bereich von Mund und Nase, bei Schädelbasisbrüchen mit Verletzung des Rachendachs (Abbildung 6) und regelmäßig bei Blutungen in den tiefen Luftwegen (Lungenstiche, Lungenanspießungen durch Rippenbrüche, Erkrankungen wie Lungenkrebs) kommt es zur Blutaspiration. Das Lungengewebe zeigt unter dem Lungenfell und auf den Schnittflächen fleckförmige, blau-rote Bezirke. Auch erbrochener Mageninhalt kann eingeatmet werden. Das Einsaugen von Blut oder Mageninhalt wird durch eine Schluckstörung bei Hirnverletzungen (Gehirnerschütterung, Hirnprellung) oder bei Vergiftungen mit Bewusstseinsstörungen begünstigt. Die Blutaspiration darf nur dann als vitales Zeichen gewertet werden, wenn sich ein Einsaugen von Blut bis in die kleinen Luftröhrenäste und in die Lungenbläschen nachweisen lässt und keine Wiederbelebungsversuche vorgenommen wurden.
Abb. 6:
Einatmung von Blut (Blutaspiration) bei Schädelbasisbruch mit herdförmiger Verteilung im Lungengewebe, aus [9]

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Kleine Fremdkörper, wie Spielsteine oder Murmeln, werden vor allem von Kindern in den Mund genommen und gelegentlich aspiriert. Bei Verschüttungen kann eine Einatmung von Staub oder Sand als vitale Reaktion nachweisbar sein, bei Bränden das Inhalieren von Rußpartikeln auftreten. Schwere Schädel-Hirn-Verletzungen (Überrollen, Schuss) ziehen nicht selten eine Aspiration von Hirngewebsteilchen nach sich. Beim Ertrinken ist die Einatmung der Ertrinkungsflüssigkeit (z. B. Wasser, Jauche, Öl) nachweisbar. Mit der Atemluft werden bei Bränden auch Gase und Dämpfe (z. B. Kohlenmonoxid, Blausäure, flüchtige Brandlegungsmittel) aufgenommen, die gleichfalls ein vitales Geschehen anzeigen. Der Nachweis erfolgt in Körperflüssigkeiten und in Lungengewebsproben durch toxikologisch-chemische Analysen.
Im Magen-Darm-Kanal vorgefundenes, verschlucktes Material zeigt ziemlich zuverlässig ein vitales Geschehen an. Vor allem lässt sich das Verschlucken von Ruß bei Rauchgaseinatmung, von Wasser beim Ertrinken und von Luft während des Geburtsvorgangs (Zeichen des Gelebthabens) nachweisen. Verschlucktes Blut nimmt durch die Einwirkung der Magensalzsäure eine schwarze Farbe an (salzsaures Hämatin). Das Vorrücken des verschluckten Materials aus dem Magen in die nachfolgenden Darmabschnitte kann mitunter für eine Schätzung der Überlebenszeit herangezogen werden. Die Aufnahme nachweisbarer Substanzen (z. B. Medikamente) aus dem Magen-Darm-Kanal in das Blut stellt ebenfalls eine vitale Reaktion dar.
Nach einem schädigenden Ereignis können Schockfolgen auftreten, die sich allerdings erst nach einer bestimmten Zeit herausbilden. Unter Schock versteht man ein fortschreitendes, generalisiertes Kreislaufversagen, das durch eine Verminderung der Gewebsdurchblutung (Mikrozirkulationsstörung) gekennzeichnet ist. Die auftretende Blutgerinnungsstörung (Verbrauchskoagulopathie) umfasst eine erhöhte Gerinnungsbereitschaft des Blutes mit Entstehung von Gerinnseln in den kleinen Blutgefäßen (Mikrothromben) und die nachfolgende vermehrte Blutungsneigung. Infolgedessen zeigen sich zahlreiche punktförmige bis kleinfleckige Einblutungen der Haut, der Schleimhäute und der Überzüge innerer Organe. Typische Schockorgane sind Lungen, Leber, Nieren und Magen-Darm-Kanal, deren Funktionsausfall als Multiorganversagen zusammengefasst wird.
Die Lungen sind durch Flüssigkeitseinlagerung und Störung der Durchblutung groß, schwer und nahezu luftleer. Diese Form des akuten Lungenversagens wird mit der Abkürzung ARDS (adult respiratory distress syndrome) bezeichnet. Neben dem Schock gibt es weitere Ursachen für das Lungenversagen: Mageninhaltsaspiration, Beinahe-Ertrinken, massives Brustkorbtrauma mit vielfachen Rippenbrüchen, Einwirkung von Reizgasen, Einatmung heißer Verbrennungsgase (thermisches Inhalationstrauma), Druckschädigung durch Explosion (Barotrauma) und Infektionen (Sepsis).
Eine Schockleber weist eine teigige Konsistenz auf. Die Schocknieren sind groß und blass und haben eine verwaschene Rinden-Mark-Grenze. Die Magenschleimhaut reagiert bei Schockzuständen mit blutigen Gewebsdefekten und Geschwürsbildung (Stressulkus).
Diese Organschäden zeigen ein vitales Geschehen an und weisen zugleich auf eine gewisse Überlebenszeit hin. Darin besteht ihre rechtsmedizinische Bedeutung, denn diese Befunde lassen sich zur Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen einem schädigenden Ereignis und dem Todeseintritt heranziehen.
Von sämtlichen allgemeinen Vitalreaktionen lässt sich lediglich die Ausblutung bei der Leichenschau erkennen. Der Nachweis der übrigen vitalen Erscheinungen (Embolien, Aspiration, Verschlucken, Schockfolgen) ist nur durch eine Leichenöffnung möglich, die je nach Ursache durch Zusatzuntersuchungen ergänzt wird. Dieser Umstand bekräftigt die Forderung, bei polizeilich relevanten Todesfällen eine Obduktion anzuregen.
III. Vitale Reaktionen › 2. Örtliche Vitalreaktionen
2. Örtliche Vitalreaktionen
Mechanische Gewalt (z. B. Schlag) verursacht am Ort der Einwirkung eine Verletzung (geschlossen oder offen), bei der es als Zeichen der vitalen Entstehung in das geschädigte Gewebe einblutet. Die Blutunterlaufung ist umso stärker, je weniger der Kreislauf zum Zeitpunkt der Schädigung in seiner Funktion beeinträchtigt war.
Unter bestimmten Voraussetzungen lassen sich innerhalb eines kurzen Zeitraums nach dem Tod durch mechanische Einwirkungen umschriebene Blutaustritte in das Gewebe erzeugen, die nicht selten fälschlich als postmortale Blutungen bezeichnet werden. Fälschlich deshalb, weil die Blutung einen funktionierenden Kreislauf erfordert.
Lassen sich hingegen im Bereich einer Blutung bereits Zeichen der Blutfarbstoffumwandlung oder Blutresorption erkennen, handelt es sich eindeutig um ein vitales Geschehen. Zugleich ergibt sich daraus, dass die Verletzung – je nach Zustand – eine gewisse Zeit überlebt wurde. Ebenso weisen Entzündungsvorgänge und Reparationserscheinungen (Wundheilung) das vitale Zustandekommen nach.
Nach Verletzungen kann eine Thrombose als örtliche vitale Reaktion auftreten. Für die Kausalitätsbegutachtung sind mikroskopische Untersuchungen der Thromben notwendig.
Auch die lokalen Vitalreaktionen können hinsichtlich Größe, Intensität und Alter zumeist ohne eine Leichenöffnung nicht ausreichend beurteilt werden. Häufig sind sogar zusätzlich histologische Untersuchungen erforderlich.
Allgemeine und örtliche Vitalreaktionen können in ihrem Aussagewert durch Reanimationsmaßnahmen eingeschränkt werden. Forcierte Wiederbelebungsversuche führen mitunter zu lokalen Schäden, beispielsweise zu Brustbein- und Rippenbrüchen mit Lungenanspießung sowie zu Leber- und Herzverletzungen. Die Herzdruckmassage kann die Ausprägung von Ausblutungszeichen und Lungenfettembolien verändern. Durch künstliche Beatmung sind Luftembolien des Herzens möglich. Weiterhin kann sowohl Blut als auch Mageninhalt bis tief in die Atemwege gelangen. Ein Hineinlaufen von Blut (und Mageninhalt) bis in die großen Luftröhrenverzweigungen kommt auch postmortal durch Umlagern vor. Deshalb benötigt der Rechtsmediziner zur Entscheidung der Frage, ob eine Aspiration vital oder postmortal entstanden ist, genaue Angaben über die Maßnahmen nach der Auffindung des Verletzten oder Toten. Diese Informationen muss der Ermittlungsbeamte beschaffen und an die Obduzenten weiterleiten.
Postmortale Verletzungen sind in aller Regel unschwer als solche durch das Fehlen vitaler Zeichen zu erkennen. Derartige Verletzungen werden gelegentlich bei unsachgemäßer Bergung und unvorsichtigem Transport verursacht. Bei Wasserleichen kann es weiterhin zu Treib-, Schleif- und Schiffsschraubenverletzungen kommen. Schließlich sind die Spuren von Tierfraß zu nennen.
Neben solchen zufällig entstandenen Wunden werden postmortale Verletzungen auch absichtlich zugefügt. Verstümmeln, Entstellen oder Zerstückeln von Leichen dienen entweder der Tatverschleierung oder sollen die Identifizierung erschweren. Dazu werden Finger oder Hände abgetrennt, Tätowierungen oder Muttermale herausgeschnitten, Augen entfernt, das Gesicht mit Säure übergossen oder Brände gelegt. Das Zerstückeln muss nicht immer der Leichenbeseitigung dienen, sondern kann als Tatelement zu einer Tötungshandlung gehören. Zur Unterscheidung einer vitalen von einer postmortalen Entstehung der Verletzungen wird man auf eine Leichenöffnung nicht verzichten können.
III. Vitale Reaktionen › 3. Wundaltersschätzung
3. Wundaltersschätzung
Finden sich an einer Leiche Verletzungen, die eine gewisse Zeit überlebt wurden, stellt sich die Frage nach dem Wundalter. Die Wundaltersschätzung bildet eine Voraussetzung für die Beantwortung wesentlicher kriminalistischer Fragestellungen, beispielsweise zu welchem Zeitpunkt eine Verletzung entstanden ist oder ob sich bei mehreren Verletzungen eine Reihenfolge feststellen lässt. Unabhängig von der Art einer Körperschädigung (z. B. Schlag, Stich, Verbrennung, Verätzung, Strahleneinwirkung) reagiert der Körper stets mit denselben Mechanismen, die als Wundheilung bezeichnet werden. Zunächst entsteht eine umschriebene Entzündung, die mit einer Vielzahl zellulärer Stoffwechselvorgänge einhergeht. Sichtbar wird die Entzündungsreaktion durch Schwellung und Rötung. Das zerstörte und unterblutete Gewebe wird abgebaut und schließlich durch Narbengewebe ersetzt.
Da die Wundheilung regelmäßig in mehreren Phasen abläuft, wurde versucht, die Abfolge der einzelnen Vorgänge für eine Wundaltersschätzung zu nutzen. Angewandt wurden histologische, enzymhistochemische, immunhistochemische und biochemische Verfahren. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass der zeitliche Ablauf der Wundheilung sich von Mensch zu Mensch erheblich unterscheidet. Wesentliche Gründe dafür sind Art und Größe der Wunde (z. B. Abschürfung, Stich, Verbrennung), Alter und Gesundheitszustand des Verletzten sowie Ausbleiben oder Hinzutreten einer Infektion. Aufgrund der Komplexität und der biologisch bedingten Variabilität der Wundheilung kann für den Einzelfall kein definiertes Zeitintervall, sondern immer nur ein wahrscheinlicher Zeitraum angegeben werden (Tabelle 4).
Tab. 4: Ablauf der ungestörten Wundheilung (keine Infektion) bei mechanisch bedingten Hautverletzungen (nach Krause et al., 1998)[1]
Befund | Zeit nach Verletzung |
---|---|
Blutung | wenige Minuten |
Bildung eines weichen Wundschorfs | 1 Stunde |
Wundränder rot und geschwollen | bis 12 Stunden |
Verfestigung des Wundschorfs | bis 24 Stunden |
Hautneubildung an den Wundrändern | 24 – 48 Stunden |
Abfallen des Wundschorfs, | 7 – 10 Tage |
bei guter Heilungstendenz | 3 – 5 Tage |
Narbe hellrot bis bläulich | 10 Tage |
Narbe zunehmend blass | 2 Wochen |
Narbe weiß-glänzend und derb | 2 Monate |
Bei Abschürfungen tritt an der verletzten Hautstelle Gewebswasser oder Blut aus, und es entsteht eine Verschorfung. Für die Altersschätzung einer solchen oberflächlichen Schürfung gilt, dass sich der Wundschorf nach etwa 1 Woche ablöst. Die darunter neu gebildete Haut sieht zart-rosa aus. Nach 2 bis 3 Wochen ist die Verletzung nicht mehr zu erkennen.
Die Altersschätzung von Hautunterblutungen ist im Kapitel IV Nummer 1.1 beschrieben.