Kitabı oku: «Heliosphere 2265 - Band 47: Nanokiller»
Table of Contents
»Nanokiller«
Was bisher geschah
Prolog
Sol-System, Terra, 02. August 2270, 19:02 Uhr
Unit-1, Acamar-System (Theta Eridani), 02. August 2270, 01:21 Uhr
Kommandozentrale von Unit-1
IL HYPERION, auf dem Weg nach Theta Eridani, 02. August 2270, 11:51 Uhr
Sol-System, Terra, 03. August 2270, 01:51 Uhr
Außerhalb der Aufzeichnung
IL HYPERION, 1 AE entfernt von Unit-1, Acamar-System (Theta Eridani), 03. August 2270, 03:14 Uhr
Wissenschaftslabor der HYPERION
Sol-System, Terra, 03. August 2270, 03:19 Uhr
Außerhalb der Aufzeichnungen
IL HYPERION, 1 AE entfernt von Unit-1, Acamar-System (Theta Eridani), 03. August 2270, 05:11 Uhr
Sol-System, Terra, 03. August 2270, 06:09 Uhr
Außerhalb der Aufzeichnungen
IL HYPERION, 1 AE entfernt von Unit-1, Acamar-System (Theta Eridani), 03. August 2270, 06:40 Uhr
Sol-System, Terra, 03. August 2270, 06:41 Uhr
Außerhalb der Erinnerung
IL HYPERION, 1 AE entfernt von Unit-1, Acamar-System (Theta Eridani), 03. August 2270, 07:02 Uhr
Sol-System, Terra, 03. August 2270, 07:03 Uhr
Außerhalb der Aufzeichnungen
IL HYPERION, 1 AE entfernt von Unit-1, Acamar-System (Theta Eridani), 03. August 2270, 07:25 Uhr
Sol-System, Terra, 03. August 2270, 07:16 Uhr
IL HYPERION, 1 AE entfernt von Unit-1, Acamar-System (Theta Eridani), 03. August 2270, 14:01 Uhr
Zwei Tage später
Epilog I – Revanche
Epilog II – Von innen heraus
Epilog III – Die Sterne verdunkeln sich
Vorschau
Seriennews
Die Charaktere
Impressum
Heliosphere 2265
Band 47
»Nanokiller«
von Andreas Suchanek
Was bisher geschah
Anfang des Jahres 2270 haben sich die Fronten der galaktischen Machtblöcke verhärtet. Das bisher übermächtige Imperium unter Björn Sjöberg musste zahlreiche Rückschläge hinnehmen. Der Mars ist unter der Kontrolle von Rebellen, Randwelten wurden aufgegeben. Trotzdem herrscht die Inner Security Police mit eiserner Hand.
Die Interstellare Allianz konnte sich stabilisieren und den Großangriff der Ash'Gul'Kon zurückschlagen. Menschen, Rentalianer, Kybernetiker, Aaril und Parliden bilden eine immer stärker werdende Gemeinschaft. Eine Verteidigungsflotte wurde errichtet, die Infrastruktur ausgebaut.
Trotz eines Großangriffs der Künstlichen Intelligenz Geist gelingt es der HYPERION-Crew, deren Gegenpart, die Künstliche Superintelligenz auf CORE I, zu aktivieren. Eine Tat, die das Kräfteverhältnis entscheidend zugunsten der Galaktischen Völker kippen lässt, Lukas Akoskin jedoch das Leben kostet.
Nun müssen die Menschen, Aaril, Parliden, Rentalianer und Kybernetiker die Schwäche ihrer Gegner so schnell wie möglich nutzen.
Die HYPERION wird auf ein geheimes Sonnensystem von Sjöberg aufmerksam. Hier wurde einst das Incept-System für die Killchips entwickelt. Ein Außenteam stößt auf ein gewaltiges unterirdisches Maschinensystem und schlafende Wissenschaftler. Es stellt sich heraus, dass Sjöberg Nanokiller entwickelt hat, die neue Version der Killchips. Sie haben jede Person im Imperium infiziert und können auf ein Signal von ihm aktiviert werden. Damit befindet sich das gesamte Imperium in seiner Hand. Die Republik befestigt das Opal-System, um nach einer Lösung zu suchen. Auch ein Angriff von durch Sjöberg konzipierte Androiden kann zurückgeschlagen werden.
Kirby, Sienna McCain und Ian McAllister werden unterdessen auf der ABIGAIL eingeschleust, einem Schiff der Imperiumsflotte, das nach Terra zurückkehrt. Dort angekommen, erhalten sie Landurlaub und stellen Kontakt zum Widerstand her. Mit dessen Hilfe wollen die drei den Mars erreichen. Doch die Widerständler planen ein Attentat auf Sjöberg und bemächtigen sich hierzu der Tarnidentität von Kirby. Diese erfährt von den Nanokillern und hat keine andere Wahl, als Sjöberg zu beschützen. Sie wird erkannt, kann jedoch fliehen. Gemeinsam mit Ian und Sienna sucht sie nach dem Labor der Kensingtons, während die I.S.P. ihnen dicht auf den Fersen ist. Eine Hetzjagd beginnt.
»Der einzige Weg, eine Diktatur zu Fall zu bringen, ist zugleich der grausamste.
Doch ich werde es tun. In Ehren an das, was war«
(Ein unbekannter Chronist, unbekanntes Datum)
Prolog
Der Raum ging in eine gewölbte Halbkugel mit weißen Wänden über, auf denen zahllose Hologrammbilder der Überwachungskameras des Imperiums zu sehen waren. Menschen huschten durch die Straßen, den Blick gesenkt. Kontrollen wurden durchgeführt, der Software-Abdruck jedes Bürgers im GalNet analysiert.
»Wir besitzen die gewaltigste Überwachungsmaschinerie, die es je gegeben hat.« Björn betrachtete die Bilder mit verschränkten Armen, doch die Menschen waren nicht die, die er zu sehen hoffte. »Und doch gelingt es drei Terroristen, durch die Maschen zu schlüpfen. Wie kann das sein?«
Gemeinsam mit Harrison, der nicht mehr lange Chef der I.S.P. sein würde, wenn er so weitermachte, und seiner Ehefrau, der Imperatrice, stand Björn im Kontrollraum auf SOL-1. Durch die einseitig transparente Wand hinter ihm konnte er jederzeit die Offiziere beobachten, die hektisch hin und her rannten oder konzentriert vor Monitoren saßen. Sie wussten stets, dass er da war.
»Sie besitzen eindeutig Unterstützung«, bekräftigte Harrison. »Wir müssen außerdem davon ausgehen, dass sie irgendwie einen blinden Fleck in der Überwachung ausnutzen. Leider wissen wir noch nicht, welcher das ist.«
Abigails Hand glitt sanft über Björns Hals. Das beruhigte. Überhaupt wäre er ohne sie vermutlich längst explodiert.
»Wir haben Svea verloren.« Er ballte die Fäuste. »Es kann nicht so weitergehen, dass die sogenannte Interstellare Allianz uns Nadelstiche versetzt.«
»Ich habe Sveas Aufgaben in mein Ministerium überführt«, erklärte Abby, obwohl er das natürlich längst wusste. »Propaganda und Erziehung besitzen glücklicherweise Schnittmengen. Auf Dauer benötigen wir hier allerdings jemanden, der mit mir arbeitet.«
Noch immer fiel es Björn schwer zu glauben, dass die Terroristen des lokalen Widerstands bis zu ihm vorgedrungen waren. Sie hatten bei einer Einweihungsfeier ein tödliches Toxin freigesetzt. Alle im Raum waren gestorben, mit Ausnahme von Björn und Kirby Belflair. Auch sie hatte erfolgreich eine Infiltration zuwege gebracht. Gemeinsam mit Ian McAllister und Sienna McCain hatte sie auf der ABIGAIL gedient – ausgerechnet. Aktuell wurden die Überwachungsbänder ausgewertet und alle Daten analysiert. Die Sicherheit war verbessert worden und einige Techniker, Analysten und ein Admiral warteten auf die Vollstreckung eines Todesurteils.
»Wir haben erste Daten aus dem Alzir-System erhalten«, versuchte Harrison es mit guten Nachrichten. »Das ›Arrow-Projekt‹ ist in vollem Gange. Mit jedem verstreichenden Tag erhalten wir weitere Informationen über die Infrastruktur unseres Feindes.«
»Schön und gut«, sagte Abigail, »aber wir können uns keine Feinde vor der Haustür leisten.« Sie war wunderschön, wenn sie die bösartige Imperatrice heraushängen ließ, fand Björn. »Belflair und ihre Bagage standen kurz davor, Björn zu erledigen. Wir drei wissen, dass er nur dank zweier Dinge überlebt hat: Seine Ash'Gul'Kon-DNA hat das Virus neutralisiert und Belflair hat eine weitere Attacke verhindert.«
»Sie wusste, dass mein Herzschlag mit den Nanokillern gekoppelt ist.« Björn grinste triumphierend. »Es muss sie innerlich umgebracht haben, dass sie mich schützen musste.«
Abigail spitzte die Lippen zu einem bösartigen Grinsen. »Wenigstens das hat eindeutig funktioniert.«
»Harrison, schick all unsere Leute auf die Straße. Wo auch immer dieses Trio ist, ich will sie haben. Cross kann via GalNet zusehen, wie ich seiner Schlampe höchstpersönlich eine Neuronale Rekonstruktion verpasse.«
»Natürlich.«
Harrison eilte davon, um den Befehl umzusetzen.
Abigail und er blieben zurück und betrachteten die Holos. Irgendwo dort draußen befanden sich die Agenten der Republik. Die I.S.P würde sie finden.
Die Hetzjagd war eröffnet.
Sol-System, Terra, 02. August 2270, 19:02 Uhr
»Ich nehme dann den ›Happy Sjöberg‹ und einen ›Terranian Power Light‹«, verkündete Kirby.
»Für mich einen ›Dead Cross‹, das Eiweißderivat bitte Medium.« Sienna verdrehte die Augen.
Ian notierte die Bestellungen auf seinem Memo-Pad. Die Fast-Food-Kette, in der er die Ehre hatte als Bedienung zu arbeiten, war eine der wenigen, die noch menschliches Personal anstellte. Normalerweise wurde über ein Pad geordert und die Bestellung kurz darauf via Bot ausgeliefert. Moderne Restaurants nutzten in den Tisch verbaute Translokations-Pads, um Nahrung und Getränke direkt vor den Gästen erscheinen zu lassen. Doch die Inhaberfamilie dieser Kette wollte den Humanfaktor wieder fördern.
»Kommt sofort«, verkündete Ian.
»Du bist wirklich ein ausgezeichneter Kellner.« Sienna lächelte unschuldig. »Das muss Berufung sein.«
Ian hustete. »Dieser schreckliche Husten. Vermutlich spucke ich aus Versehen in dein Getränk.«
Damit zog er von dannen.
Kirby schmunzelte, wenn auch nur kurz. Emotionale Reaktionen jedweder Art in der Öffentlichkeit waren verpönt und zogen Aufmerksamkeit auf sich. »Heute also.«
»Wenn nichts mehr schiefgeht«, bestätigte Sienna und begutachtete die Umgebung. Die Australierin trug einen eng anliegenden Overall, der ihre Figur betonte. Dank gefärbter Haare und Mikropunkte konnten die Kameras ihr Gesicht nicht zuordnen. Hinzu kamen Klebeflächen für die Hände, die falsche DNA absonderten.
Kirby und Ian hatten ihr Äußeres ebenfalls entsprechend verändert. Trotzdem war es nur eine Frage der Zeit, bis sie einen Fehler begingen. Wenigstens würde der Software-Agent im lokalen Netz von New York sie vorwarnen.
»Kaum zu glauben.« Sienna seufzte. »Das hier war mal das Zentrum eines Firmenimperiums und jetzt? Anmietbare Büroräume und ein Fast-Food-Diner.«
Der Kensington-Tower war nicht das gewesen, was sie vorzufinden erwartet hatten. Die einstige Macht der Familie war nicht mehr existent und so waren auch die Immobilien neuen Zwecken zugeführt worden. Das geheime Labor befand sich tief unter dem Tower und war über einen verborgenen – mittlerweile zugemauerten – Eingang erreichbar.
Das Problem war nun, dorthin vorzudringen.
Netterweise hatte Ian sich freiwillig gemeldet, den Kellner zu spielen. Auf Kirbys Befehl hin.
Und heute war es soweit.
Sie blieben bis zum Ende der Schicht sitzen. Der Filialleiter ging und überließ Ian die Administrationscodes. Er sollte zum ersten Mal alleine die Nachtschicht übernehmen.
Wie immer verstrich die Zeit viel zu langsam, doch schließlich war Mitternacht. Ian schloss den Laden und schaltete die Fenster auf Werbemodus. Das Glas verlor seine Transparenz und Werbejingles wurden auf der Außenseite gezeigt.
Kirby öffnete den mitgebrachten Koffer und nahm den Sensor heraus. Sie kannten lediglich die ungefähre Lage des Einstiegs, doch dank der Sensoren fanden sie die betreffende Wand recht schnell.
Ian heftete vier Molekularbindungsstörer an und aktivierte diese. Der Zement zerbröselte und gab einen viereckigen Einstieg frei. Dahinter führten Metallstufen in die Tiefe.
»Diese Wand war ausgezeichnete Arbeit«, kommentierte Sienna. »Die Sensoren zeigten nur einen minimalen Hohlraum. Kein Wunder, dass er so lange unentdeckt blieb.«
Am unteren Ende der Leiter wartete ein bidirektionaler Magnetlift.
Die Türen schlossen sich hinter ihnen mit einem pneumatischen Zischen, blaues Dämmerlicht fiel in die Kabine. Kontrollelemente gab es keine. Die Fahrt dauerte zwanzig Sekunden, dann öffnete sich die Lifttür.
Licht entflammte.
Sie standen im geheimen Labor der Kensingtons.
*
Ein kreisrunder Raum beherbergte zahlreiche Monitore und Konsolen. Gegenüber der Lifttür gab es zwei weitere Portale.
»Sehen Sie nur, Ma’am, die Konsolen.« Ian deutete auf ein hufeisenförmiges Pult. »Ich erkenne Komponenten, die schon sehr alt sind. Aber hier, das ist ein Holosphären-Pad. Es wurden nachträglich Elemente verbaut.«
Kirbys BioTat-Companion spielte ihr sofort die notwendigen Informationen ins Sichtfeld ein. Bis 2266 waren primär Holotanks im Einsatz gewesen, die dann von Holosphären abgelöst worden waren.
Mit erhobenem Scanner suchte Sienna die Konsolen ab. »Ich orte vier, nein fünf verschiedene DNA-Sequenzen auf den Konsolen. Ohne Zugriff auf die zentrale Datenbank kann ich die Identität aber nicht feststellen.«
Kirby nickte in Richtung der Konsolen. »Ian?«
Das junge Technikgenie, dessen rötliches Haar sich in schwarzes verwandelt hatte, begann sofort mit der Arbeit. Das Labor besaß eine autarke Energieversorgung, die aus einem hervorragend ummantelten Fusionsreaktor bestand. Die Kensingtons hatten ein kleines Vermögen investiert, um die Räumlichkeiten hier unten abzusichern.
»Wir haben Energie«, verkündete Ian. »Von außen nicht ortbar.«
»Die beiden Schleusen sind noch immer versiegelt.« Sienna hatte versucht, die beiden Tore zu den anderen Räumen gegenüber dem Lift zu öffnen, doch es war nicht gelungen.
3D-Monitore leuchteten auf, Holotanks erwachten und Holosphären expandierten. Doch sie alle hatten etwas gemeinsam: Sie zeigten nur eine Eingabefläche.
»Wir benötigen den Passcode«, verkündete Ian das Offensichtliche.
Kirby hatte die Daten exakt studiert, die von der NOVA-Station übermittelt worden waren. Tess Kensington und Sarah McCall war es gelungen, die Daten aus einem vererbten Speicher auszuwerten. Darunter befanden sich auch die Zugangscodes für den Hauptspeicher dieses Labors. Sie gab die Daten ein.
Ein flirrendes Hologramm expandierte. Es zeigte eine hochgewachsene, blonde Frau, deren Gesichtszüge jenen von Kensington frappierend ähnelten.
»Willkommen. Die Sensoren haben mir gezeigt, dass ihr keine Verwandtschaft zu uns aufweist. Doch der Code wurde korrekt eingegeben, also nehme ich an, ihr seid Freunde. Ich bin der Avatar von Tamara Kensington. Im Rahmen vorgegebener Verhaltensmuster kann ich auf eure Fragen antworten.«
»Eine K.I. mit den Persönlichkeitsengrammen von Kensingtons Mutter«, flüsterte Ian. »Das ist Hochtechnologie.«
»Das ist korrekt«, meldete sich der Avatar zu Wort. »Als Genschlüsselträgern und Bewahrern des Geheimnisses um die Ash'Gul'Kon und das temporale Gefängnis stand mir und meinem Mann eine hohe Bandbreite an Technologie zur Verfügung. Im Verlauf unserer Arbeit erhielten wir zudem Hilfe.«
»Woran habt ihr hier gearbeitet?«, fragte Kirby. »Wer hat euch geholfen? Wozu das alles?«
Tamara Kensington lächelte. »Dieses Labor sollte im Fall unseres Todes alle Informationen zu den Ash'Gul'Kon weitergeben. Darüber hinaus wurden die Informationen zu Projekt ›Schläfer‹ hinterlegt.«
»Schläfer?«, echote Ian.
»Diese Information unterliegt der Geheimhaltung und kann lediglich nach einem Tiefenscan enthüllt werden«, verkündete der Avatar. Eine Klappe auf der Konsole fuhr zur Seite. »Meine Sensoren haben mir gezeigt, dass du«, sie deutete auf Kirby, »ein Bioneurales Tattoo besitzt. Verbinde dich mit dem Datenkern und du erhältst nach einer Überprüfung alle Informationen, die du wünschst. Alternativ kann ich euch Daten der ersten Ebene zugänglich machen.«
»Was befindet sich in den anderen beiden Räumen?«, fragte Sienna.
»Diese Information ist mir nicht zugänglich«, verkündete Tamara. »Durch Eingabe des Codes könnt ihr die Türen in die angrenzenden Labore jedoch öffnen.«
»Ma’am?« Ian blickte fragend zu Kirby.
»Dieser Code war nicht in den Datensätzen enthalten. Sienna, versuchen Sie Ihr Glück auf die gute alte Art.«
»Aye, Ma’am.«
»Ich verbinde mich mit dem Datenkern und schaue, was ich herausfinden kann«, verkündete Kirby. »Ian, Sie behalten die Umgebung des Labors im Auge.« Sie nahm auf einem der Stühle Platz und legte die Handfläche auf den BioTat-Port. Das Material leuchtete.
Ein stechender Schmerz schoss in Kirbys Schädel.
Die Umgebung implodierte.
*
Unit-1, Acamar-System (Theta Eridani), 02. August 2270, 01:21 Uhr
Es gab nur wenige Momente, in denen Doktor Siu Damato stillstand. Dies war einer davon. Sein Blick fiel auf die Smartwall, die ein verkleinertes Abbild auf die Sterne des Systems lieferte. Acamar, auch genannt Theta Eridani. Ein Doppelstern der Spektralklasse A3 und sein Begleiter ein A1. Einfache wissenschaftliche Bezeichnungen für etwas Wunderschönes. Einmal mehr wurde ihm bewusst, dass er als Wissenschaftler viel zu viel Zeit mit der Logik, der Analyse und der Rationalität verbrachte und zu selten aufblickte, um die Wunder des Universums zu betrachten.
Die Sensoren in dem Metall, das seine Arme umschloss, registrierten eine Bewegung und zogen sich fester zusammen. Vermutlich gehörte das Nachdenken über die Schönheit des Universums mit zu dem Bewusstsein, dass er heute sterben würde. Ebenso die anderen Wissenschaftler, die mit ihm auf dem Boden des Labors kauerten.
Ironie des Schicksals. Aaril, Rentalianer, Parliden und Kybernetiker hatten sich mit den Menschen hier auf Unit-1 zusammengefunden, um Seite an Seite zu forschen. Bisher existierte nur das Hauptmodul, das in verschiedene Habitate unterteilt war. Doch für die Zukunft war eine kleine Stadt geplant, die aus diesem Saatkorn erwachsen sollte.
Der Infiltrator bewegte sich flink durch das Labor. Er kannte sich aus, doch er trug eine Rüstung, die das humanoide Äußere verbarg. Es gab keine äußeren Anzeichen, die darüber hinaus auf seine Zugehörigkeit schließen ließen. Der Sicherheitslevel war hoch wie nie, da die Präsidentin und die Vertreter der anderen Völker hier auf der Station weilten, um den nächsten Schritt im Kampf gegen das Imperium einzuleiten. Doch immer noch reichte es nicht aus.
»Es wird Ihnen nicht gelingen, zu entkommen«, verkündete Lo-Al-Re-Su, der rentalianische Wissenschaftler mit dem schwarz-weiß gescheckten Fell. »Das Rudel wird Sie jagen.«
»Und nach welchem Gesicht werden sie suchen?«, erklang die verzerrte Stimme aus dem Mundteil der Maske.
Siu schwieg. Mittlerweile musste doch jemand bemerkt haben, was hier vorging. Wo blieben die Sicherheitskräfte?
Mit Schrecken realisierte er, mit welcher Leichtigkeit der Infiltrator die Sicherheitsschranken überwand und eine Probe des neuen Extraktors entnahm. »Sie dürfen das nicht!«, meldete er sich zu Wort. »Dieser Prototyp ist absolut tödlich.«
»Das hoffe ich doch«, gab der Unbekannte gelassen zurück. »Ihr ursprüngliches Vorhaben ist zum Scheitern verdammt. Wir werden die Probe einem anderen Zweck zuführen.«
Wer war der Unbekannte? Verriet seine Haltung, seine Stimmlage etwas über ihn?
In den vergangenen Wochen hatte Siu jeden der anwesenden Wissenschaftler kennengelernt. Parliden und Aaril schieden aus. Doch unter der Rüstung mochte sich durchaus ein Rentalianer, ein Kybernetiker oder gar ein Mensch verbergen. Mehr ließ sich jedoch nicht ableiten. Die breiten Schultern und der flache, aber ausprägte Brustkorb deuteten auf einen Mann hin, doch auch das konnte lediglich eine Finte sein.
War es Zufall, dass der Infiltrator ausgerechnet jetzt auftauchte? Der neue Ansatz, um den Nanokiller von Sjöberg anzugehen, ihn möglicherweise aus der Blutbahn eines Betroffenen herauszufiltern, war erst vor wenigen Stunden umgesetzt worden, basierend auf den Forschungen, die Siu mit den Aetas-Komponenten durchgeführt hatte. Hatte der Infiltrator einfach nur gewartet, bis sie einer Lösung nahe waren? Das Aerosol hätte zwar in jeder Atmosphäre freigesetzt werden können, doch eine Lösung für das Problem war es nicht. Im Gegenteil. Erste Hinweise deuteten darauf hin, dass es die Naniten zwar erfolgreich anging, jedoch ein anderes Problem verursachte. Wusste das der Infiltrator denn nicht?
Dann gehört er nicht zum inneren Kreis. Seine Sicherheitsfreigabe muss niedriger sein, als ich dachte. Hatte der Eindringling einen Infiltrationscode hinterlegt? Warum hatten CARAS Sicherheitsroutinen ihn dann aber nicht entdeckt?
Der Unbekannte setzte zwei ovale Metallscheiben auf die Konsolen und gab auf dem angebrachten Display einen Zahlencode ein. LEDs leuchteten auf, eine nach der anderen. Es war unschwer festzustellen, dass der geschlossene Lichtkreis etwas aktivieren würde. Eine Explosion? Ein EMP?
»Was haben Sie vor?«, fragte einer der Aaril. Der hochgewachsene Vertreter der Wasserkaste wirkte ruhig und stark, doch an den Bewegungen seiner Finger konnte Siu erkennen, dass er innerlich aufgewühlt war.
»Da ich den Computerkern nicht löschen kann, benötige ich eine dauerhafte Lösung.« Er wandte sich ihnen zu. »Nennen wir es einen Test am lebenden Subjekt.«
Damit wandte er sich um und verließ das Labor.
Spätestens jetzt mussten die Sicherheitsprotokolle aktiv werden. Die Kameras würden erkennen, dass eine unidentifizierbare Person das Labor verließ und Alarm auslösen.
Siu lauschte.
Doch nichts geschah. Der Fremde war wie eine Illusion aufgetaucht und wieder verschwunden. Die Wissenschaftler blieben alleine zurück, Arme und Beine gefesselt, zur Bewegungslosigkeit verdammt. Weitere LEDs leuchteten auf. Die Kreise schlossen sich.
Erneut wanderte Sius Blick zur Smart-Wall. Wie unbedeutend sie alle doch waren, im Angesicht von etwas so Großem wie den Sternen. Ein Wimpernschlag in der Ewigkeit. Ein Leben, das nur Sekunden währte.
Vorbei.
Die letzte LED leuchtete auf.
*