Kitabı oku: «Der Virus-Code»
Die Geschichte
Dies ist die Geschichte unserer Zeit und unserer Erde. Sie erzählt von den Folgen der tragischen Verknüpfung unseres Herrschaftsanspruches über diesen Planeten mit der rein materiellen Wahrnehmung unseres Bewusstseins.
Eine weltweite Katastrophe bahnt sich an und bedroht das Leben der Menschheit. Der Schlüssel für die Lösung liegt in der Begegnung mit einer völlig anderen Ebene, die ein Junge mit Asperger-Syndrom1 erfährt. In der vorbehaltlosen Öffnung dieses Kindes werden die Geheimnisse der Weltenkräfte offenbar. Es sind wundersame Wesen aus alten Mythen und Legenden, aber auch aus unserer Gegenwart, die anklagen und sich zum Handeln gezwungen sehen, um die Erde zu retten.
Die Erde, die das Universum mit ganz besonderen Gaben beschenkt hat und liebt wie eine Mutter ihr Kind, muss gerettet werden! Die Geister der Weltenmächte müssen den blauen Planeten vor den Handlungen einer Spezies bewahren, die sich ohne jedes wahrhafte Bedenken auslebt, den Reichtum missachtend alles ausbeutet und damit sich und alle Wesen ihrer irdischen Heimat auszulöschen droht. Ein Kampf mit den Kräften des Bösen bahnt sich an, droht auszubrechen und die Zeit ist knapp. Der Sprung ist scheinbar groß – aber dann doch so gering, dass er rückblickend schon lange hätte vollbracht werden können.
1 Variante des Autismus (Störung der neuronalen und mentalen Entwicklung)
Erschienen im
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1. Auflage
© 2020 Scholastika Verlag UG, 70374 Stuttgart
ISBN 978-3-947233-14-4
Bilder: Angelika Dohlien
Umschlag: Angelika Dohlien
Lektorat: Claudia Matusche
Inhaltsübersicht
Die Geschichte
Vorwort
Das Vokabular
Die Familie
Die Beobachtung
Die Versammlung
Der Ankläger
Die Anklagen
Die Besprechung
Die Beobachterin
Der Beschluss
Die Nachrichten
Das Geschehen
Die Killer
Die Entscheidung
Das Loch
Die Stille
Die Enge
Der Fahrplan
Die Hamsterkäufe
Die Sorge
Der Test
Die Quarantäne
Die Angst
Der Schock
Das Grauen
Das Entsetzen
Die Ohnmacht
Die Wut
Die Hilfe
Die Brücke
Die Aktion
Der Traum
Das Geheimnis
Das Erkennen
Die Rettung
Die Durchführung
Die Flucht
Der Zeitungsartikel
Der VIRUS-CODE
Die Befürchtung
Die Erklärung
Das Interview
Die Jagd
Der Fund
Der Kampf
Der Diskurs
Die Vorstellung
Mens sana in corde claro
In einem reinen Herzen wohnt ein gesunder Geist
Vorwort
Was steckt hinter dem schier unersättlichen Bedürfnis des neuzeitlichen Menschen, alles erforschen und erkennen zu wollen? Lebt der moderne Mensch nicht geradezu gejagt von einem blinden Eifer, die Welt, das Leben, ja sogar den Tod beherrschen zu müssen? Warum hat er nur vergessen, dass ihm das Universum in Jahrhunderten der Entwicklung auf der Erde eine Heimat geboten hat? Und weshalb will es ihm nicht mehr genügen, ein Kind dieser Erde zu sein?
Getrieben von Angst und Misstrauen strebt er nach absoluter Kontrolle des Seins und hat dabei das Entscheidende aus den Augen verloren. Vergessen sind auch der Respekt und die Achtung vor dem unumstößlichen Gesetz von Aktion und Reaktion.
Die Welt ist kein zufälliges, aus dem Chaos entstandenes Etwas, sondern ein auf strengsten Regeln basierendes Gefüge – was die Wissenschaft ja nachgewiesen hat. Dieses Gefüge wird sich immer austarieren, sich in seine Ordnung bringen. Verstößt eines der Glieder dagegen, wird diese Ordnung, wie auch immer, zwangsläufig wiederhergestellt. In diesem Sinn gibt es keine zufälligen Katastrophen.
Die Lage ist wohl viel ernster, als wir auch nur im Ansatz erahnen, und gerade weil sie so ernst ist, möchte ich dem Leser die Sicht auf das momentane Geschehen durch die Augen eines Kindes, und zwar eines nicht ganz alltäglichen Kindes, ermöglichen.
Somit ist dieses Buch für mich ein Aufruf, vielleicht sogar ein phantasievolles Gebet, das ich all denen widmen möchte, die mit dieser Krankheit, gegen diese Krankheit und für das Leben kämpfen.
Besinnen wir uns also auf die heilige Ordnung. Die Erinnerung und Bewahrung dessen könnte uns frei machen, uns leben lassen, in der Geborgenheit der allem Sein zugrunde liegenden LIEBE.
Das Vokabular
Muttererde Terra | Name unserer Erde |
Theia | Name der außerehelichen Schwester von Terra (= der Mond) |
Devas | Überirdische Wesen oder auch Götter |
Upgrounder | Geschöpfe der Erdoberfläche |
Natminders | Naturgeister |
Feen | Schicksalsgottheiten |
Kobolde | Haus- und Naturgeister |
Globanten | Wesenhafte Erdkräfte |
Undergrounder | Geschöpfe aus dem Erdinneren |
Undinen | Wassergeister |
Oilanten | Bewohner des Erdöls |
Universianer | Wesen des Weltalls |
Gasanos | Wesen, die im Erdgasgemisch leben |
Sylphen | Luftgeister |
Lichtalben | Naturgeister des Lichtes |
Realos | Wesen, die die tatsächliche Lage vertreten |
Concernies | Die Besorgten |
Mangones | Händler |
Timoraner | Die Ängstlichen |
Virusnirwana | Unsichtbare Entwicklungsebene der Viren |
Malum manes | Böse Geister |
erschnaufeln | Gedanken und Gefühle mit der Nase wahrnehmen: „hellriechen“ |
Menschenmensch | Menschen wie du und ich |
Menschenkind | Menschen mit außergewöhnlich sensitiver Wahrnehmungsgabe |
Die Familie
Sie sitzen im Wohnzimmer um den runden Esstisch, Mutter, Vater und Anna. Benni hockt im Schneidersitz auf einem kleinen, karierten Sitzkissen in seiner Ecke. Vor seinen verschränkten Füßen steht ein Tischchen, das er sich aus einer leeren Orangenkiste, auf die er ein glattes Holzbrett gelegt hat, selber zusammengebastelt hat. Die Mutter hat ihm den heißen Kakao in seiner Tupfen-Lieblingstasse daraufgestellt und das heiße Getränk schickt kleine, zarte Duftfähnchen in die Luft, die er mit langsamen, tiefen Atemzügen einsaugt. Er schließt die Augen und im selben Augenblick erscheint auf der dunklen Leinwand seines inneren Auges der Urwald: Langschwänzige Affengeschöpfe springen hoch oben in den riesigen Bäumen von Ast zu Ast, sie schauen zu ihm herunter und scheinen ihm zuzuwinken, während sie durch die schwindelerregende Höhe fliegen, um im nächsten Augenblick sicher und wohlbehalten auf dem Nachbarriesenbaum zu landen. Er hört die Schreie der bunten, langschwänzigen Vögel und das Zirpen der großen grünen Grillen. Er hebt die Hand und winkt den lustigen Gesellen zu, da rupft eines der pinselohrigen Äffchen eine Kokosnuss vom Zweig und wirft sie ihm auf den Schoss. Er spürt den leichten Aufprall, und im nächsten Augenblick fließt etwas Warmes, Nasses über seine Oberschenkel.
„Ach Kind“, die Stimme seiner Mutter dringt durch das Dickicht des Urwaldes an sein Ohr, „du hast dir schon wieder deinen Kakao über die Beine geschüttet!“ Sie zieht ihn hoch, drückt ihn kurz an sich, bückt sich und wischt im nächsten Augenblick mit geübten, flinken Bewegungen das Kakaobad vom Boden auf. Dann hilft sie ihm, die nasse, klebrige Hose zu wechseln. „Ich bring dir eine neue Tasse Kakao“, sagt sie mit der ihr eigenen Engelsgeduld, „und die trinkst du jetzt aber bitte!“ Sie zwinkert ihm zu und gibt ihm einen liebevollen Klaps auf den Po. Benni hockt sich wieder vor seinen Tisch und beobachtet seine Familie. Auf der Stirn seines Vaters hat sich die Haut etwas zusammengeschoben und eine kleine Falte rollt sich über die Breite der oberen Gesichtshälfte. Benni hebt die Nase und schnuppert, wie er es von seinem Hundefreund gelernt hat, in die Richtung seiner Familie. Er kann so die Gefühle und Gedanken erschnaufeln.
Sein Vater ist leicht sauer, er ärgert sich, dass die Mutter aufstehen und sich schon wieder um den ungeschickten Benni kümmern muss. Ihre beiden Augenpaare treffen sich und der Vater schüttelt ganz leicht den Kopf, dann lächelt er seinen Sohn an und hebt etwas verlegen die Schultern. Benni nickt, er nimmt die Entschuldigung an, denn er weiß, dass sein Vater wie die meisten Menschen ein Menschenmensch ist und ihn nicht wirklich verstehen kann, aber sie haben sich ja trotzdem sehr gern.
Anna schaut zu ihm hinüber. Schadenfreude und Mitleid streiten sich in seiner Schwester und deshalb nagt sie an ihrer Unterlippe. Ihre Hände streichen über das bunte Tischtuch und schieben die Brotkrümel auf den Boden.
„Lass das“, murmelt sein Vater, „du wirfst nur alles auf den Boden, dann müssen wir gleich wieder saugen!“
Benni schaut auf den Boden und seine Augen gleiten über die Schattenfiguren, die das Licht auf das hellbraune Parkett zeichnet, dann hebt er den Kopf, neigt ihn leicht auf die linke Seite und lauscht auf die Klänge, die von draußen in die warme, hell erleuchtete Stube dringen. Die Bäume summen und ihre Äste ächzen, einige Zweige klopfen platschend an die Fensterscheiben. Ob sie wohl auch gern zu uns herein möchten?, denkt er und bewegt seine Arme hin und her, wie die Äste der Bäume.
Draußen vor den Fensterscheiben fliegen Laub und Geäst vorüber, und Benni nimmt seine Spielsachen und wirft sie in die Luft, denn sie sollen auch fliegen dürfen, wie die Blätter und die Zweige der Bäume!
„Dieser schreckliche Sturm“, hört er seine Mutter sagen. Sie steht auf und lässt die Rollos laut rauschend herunter. „Das ist schon das vierte Sturmtief in diesem Jahr, und jedes Mal muss man fürchten, dass wieder Bäume entwurzelt und die Straßen blockiert werden und der Strom ausfällt, sodass nichts mehr funktioniert!“
Wieso fürchten sich die Menschenmenschen vor dem Sturm?, denkt Benni. Hören sie denn nicht, was er zu erzählen hat?
Er mag es gar nicht, wenn Mutter die Fenster mit den Rollos verschließt, dann ist alles so eng, so abgeschnitten von den Stimmen der Natur, die er so liebt.
Er springt auf und läuft in sein Zimmer. Mit einem lauten Knall schließt er die Tür hinter sich und schiebt einen Stuhl davor, dann bleibt er direkt hinter der geschlossenen Tür stehen und lauscht mit nach unten geneigtem Kopf. Sein Vater spricht auf seine Mutter ein und einige Wortfetzen kann er verstehen. „Lass ihn, Carola, er hat wieder seine Anwandlung“, hört er ihn sagen und „Du erreichst ihn doch sowieso nicht!“
Anwandlungen, Anwandlungen – nicht, nicht, nicht, hallt es in seinem Kopf. Was meint der Vater denn damit?
Da scharrt etwas ganz sanft an seiner Tür. Benni schiebt den Stuhl auf die Seite und öffnet die Tür vorsichtig einen winzigen Spalt breit. Das graue, zottige Fell seines vierbeinigen Freundes wird sichtbar und der große, struppig-zottelige Kopf von Mo Ghillemar schiebt sich durch den Türspalt. Benni öffnet die Tür und der Deerhound-Rüde trottet zu ihm ins Zimmer. Benni legt seine kleine Hand auf den Rücken seines großen rauhaarigen Kameraden und zusammen gehen sie zum Fenster.
In dem Moment, da er den Fenstergriff umdreht, stößt eine gewaltige Kraft das Fenster sperrangelweit auf. Benni jauchzt vor Vergnügen und steckt den Kopf aus dem Fenster. Wie wild zerrende Finger zaust der Sturm seine Haare hin und her, sodass sie wie kleine Fahnen auf seinem Kopf herumflattern. Er hebt das Gesicht und versucht, die Regentropfen, die prasselnd auf seine Haut klatschen, mit dem Mund aufzufangen, und obwohl es ein wenig weh tut, mag er das, er fühlt sich so frei und vollkommen eins mit diesen Kräften. Mo steht dicht neben ihm, sein warmer, großer Körper drückt sich fest an ihn und seine lange, schlanke Nase saugt die wasserwürzige Luft geräuschvoll ein.
„Mach sofort das Fenster zu!“, schreit Anna ganz hysterisch, sie stürzt ins Zimmer, schiebt Benni und Mo auf die Seite und schließt das Fenster mit einem lauten Knall. „Der ganze Boden ist voll Wasser!“, faucht sie. „Schau, wie du aussiehst! Patschenasse Haare, dein T-Shirt, deine Hose, alles ist nass! Ach, es ist schlimm mit dir!“ Sie fuchtelt mit den Armen und läuft hinaus, um die Mutter zu holen.
Was ist denn daran so schlimm?, denkt Benni. Die Bäume, die Blätter, die Erde sind doch auch nass! Er bleibt am geschlossenen Fenster stehen und lauscht einfach dem Gesang des Sturmes.
„Sylphen, schiebt Wolken, schiebt Wolken! Sylphen, Schiebt! Stoßt! Schiebt! Luft bewegen, Luft bewegen! Gasanos, reinigt! Gasanos bewegt! Reinigt! Bewegt! Huihoho, Huihoho! Blast alles frei, blast alles frei! Alles! Huihoho, Huihoho! Lasst die Welt atmen, lasst die Welt wieder frei atmen!“ Benni nimmt den kleinen Stecken seiner Trommel und schlägt zum Takt des Sturmes auf den Holzstuhl.
Die Mutter steht im Türrahmen und schaut auf Benni. „Was hast du denn da nur wieder angestellt?“, fragt sie und ihr Gesicht sieht etwas müde aus.
Benni senkt den Kopf und Tränen fließen die Wangen hinunter, dann stampft er mit den Füßen auf und zeigt auf das Fenster. „Huihoho, Huihoho! Der Wind spricht zu uns“, sagt er, „hörst du das denn nicht?“
Die Mutter schüttelt den Kopf und beginnt das Wasser aufzuwischen. Benni schaut ihr zu, aber seine Gedanken sind bei den Wolken, beim Wind und den Stimmen der Natur. Warum versteht ihn denn keiner?
Mo, der auf dem Teppich vor dem Bett liegt, beobachtet Benni aus halbgeschlossenen Augen. Nur das zeitweilige Spiel seiner Ohren und das sanfte Auf und Ab seiner Rute lassen erkennen, dass er nicht schläft. Plötzlich springt er auf, stupst Benni mit seiner Nase an und bellt dreimal kurz und sonderbar heiser. Benni legt sein Ohr an den grauen mächtigen Kopf seines Freundes und lauscht. Dann nickt er, greift seine Jacke, rennt – gefolgt von Mo – die Treppe hinunter und durch die Haustür nach draußen. Krachend fällt die Tür hinter ihm zu.
„Benni! Benni! Komm sofort zurück! Komm sof…!“ Die verzweifelten Rufe seiner Mutter verhallen und Benni lässt sich vom Sturm schieben. Das Sausen und Brausen ist Musik. Benni breitet die Arme aus und schreit vor Freude. Sie laufen durch das kleine Dorf, rings um ihn herum wirbelt alles in der Luft herum, was nicht genug Gewicht hat, um dem Sturm Widerstand leisten zu können. Kein Mensch ist weit und breit zu sehen, nur der achtjährige Junge mit seinem Windhund tollt mit den Kräften der Natur um die Wette. Als würde ihn jemand an der Hand führen, rennt er aus dem Ort, bis zu dem kleinen Tal, das er so liebt und wo er immer die Naturgeister beobachtet.
Die Beobachtung
Es ist auf einmal sonderbar ruhig, der Sturm singt nicht mehr und kein einziges Blatt tanzt mehr durch die Luft.
Benni setzt sich auf den alten Baumstamm am oberen Ende des Tales und Mo legt sich neben ihn. Von hier oben hat er einen guten Blick und der wilde Haselnussstrauch bietet ihm Schutz, sodass ihn die Elfen und Kobolde, denen er so gern beim Tanzen zuschaut, nicht sehen können. Aber heute ist keine der bunten, geflügelten Blumenkinder da und auch die knolligen Trolle sind nicht zu sehen. Über der Wiese, die sich langhin erstreckt, und dem schmalen Bach, der das Tal in zwei Hälften teilt, liegt eine merkwürdige Stimmung. Ganz eingehüllt in das dämmrige Licht der verschleierten Abendsonne und dem aus dem Gras aufsteigenden Wasserdunst scheint die Welt etwas Besonderes zu erwarten – und Benni stellt sich schon mal auf eine längere Beobachtung ein. Er zieht einen der Schokoriegel aus seiner Jackentasche, von denen er immer welche dabei hat, puhlt ihn aus dem Papier und knabbert genüsslich.
In der Ferne taucht ein Licht auf, das tanzend wie eine Spirale immer näher kommt, und oben am Himmel erscheinen Luftgeister, aber solche, die er noch nie zuvor hier gesehen hat. Unten am Boden scheint sich etwas aus der Erde herauszuwühlen, denn der dunkelbraune Erdboden wird nach oben geworfen und ein riesiger Erdhügel, der aussieht wie ein haushoher Maulwurfhaufen, türmt sich auf. Aus der Tiefe der Erde erscheinen violett-graue Gestalten, die sich aus den Erdhügeln herausstemmen. Sie sind menschengroß, sehen wie wandelnde Tropfen aus und ihre Haut schimmert ölig und schmierig.
Der kleine Bach sprudelt und spritzt sein Wasser in meterhohen Fontänen in die Luft und schleudert schlanke, elegante Undinen hervor. Die gerade noch so angenehme Stille wird von einem Gewirr aus unzähligen Stimmen hinweggelärmt.
Benni duckt sich etwas tiefer in das Dickicht des Haselnussstrauches, denn die Typen, die da erscheinen, sind bisher noch nie hier gewesen und er kennt sie auch nicht.
Sie versammeln sich alle auf der Wiese des Tales und schreien und rufen durcheinander, sodass man kein einziges Wort verstehen kann. Doch auf einmal verstummen sie und weichen zurück. Durch ihre Mitte schreitet eine Frau, der eine Schar von Wald- und Blumenwesen folgen, auf ihrem Kopf trägt sie einen großen, goldgelb strahlenden Kranz aus Ähren, und Blumenkränze aus solch prächtigen Blüten, wie sie Benni noch nie zuvor gesehen hat, baumeln um ihren Hals. Er muss sich die Hand vor den Mund halten, sonst hätte er vor Freude laut gesungen, denn er liebt Blumen über alles. Sie hat mehrere Arme, und Benni zählt leise: „Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs – Mo, siehst du das?“, flüstert er. „Sie hat sechs Arme!“
In jeder Hand ihrer sechs Arme hält sie etwas anderes. In einer trägt sie eine Schale mit Obst, in einer anderen einen Teller mit einem üppigen Mahl aus Fleisch und Gemüse, die nächste Hand hält ein Musikinstrument, das wie eine kleine Harfe ausschaut, auf der anderen Seite trägt sie ein Buch und in dem unteren Handpaar hält sie einen Korb, aus dem wunderschöne Edelsteine hervorstrahlen. Die ganze sonderbare Gesellschaft aus Naturgeistern verbeugt sich vor ihr und vier dieser Wesen, die aussehen, als hätte man sie aus einem alten Baumstamm geschnitzt, stellen sich zusammen und verbiegen ihre Gliedmaßen, sodass ein Thron entsteht, und die schöne sechsarmige Frau setzt sich darauf.
„Wir grüßen dich, geliebte Terra!“, rufen alle wie aus einem Mund. „Wir huldigen dir, du Muttererde!“
Eine junge Fee in einem wasserblauen Kleid hat einen Krug in der Hand, sie schöpft etwas Wasser aus dem kleinen Bach, gießt es schwungvoll über die Wiese und sogleich entspringen der kleinen Wasserlache allerlei Tiere: Fische, Rehe, Vögel, Insekten, und alle lagern sich um Terra, die Erdmutter.
„Wir grüßen dich, große Terra, Mutter unseres Seins!“, rufen nun auch die Tiere aus und verneigen sich ehrfürchtig.
Mo lässt ein kurzes „Wuff“ los und sofort schauen alle in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen ist. Benni drückt Mo zu Boden und duckt sich ganz flach an den Baumstamm. „Du musst dich beherrschen“, wispert er in Mos Ohr, „sonst entdecken sie uns!“
Ein gigantischer Typ, der wie ein wandelnder Berg aussieht, mit kantigem Gesicht, tiefen Furchen an den nackten, grauen Beinen, an denen lange Bartflechten baumeln, tritt in die Mitte. Er hält einen Metallstab in seinen groben Händen, den er mit eigentümlich starren, eckigen Bewegungen in die Erde rammt. „Lasst uns die Versammlung eröffnen!“, ruft er in die Runde.
„Nein, wir warten noch auf die Universianer“, sagt Muttererde Terra, „und natürlich hoffe ich, dass auch Theia, meine liebe Schwester, erscheint.“
„Theia?“ Ein allgemeines Gemurmel ertönt unter den Anwesenden und Benni erschnaufelt, dass so manches der eigentümlichen Geschöpfe Angst hat.
„Weißt du, wer Theia ist?“, flüstert er in Mos Ohr.
Mo hebt den Kopf und weist damit auf den Mond, der seine schmale Sichel im Osten erscheinen lässt. Er öffnet den Fang, aber bevor er seinen langgezogenen Mondgruß ertönen lassen kann, hält ihm Benni noch schnell das Maul zu. „Bleib jetzt bloß still!“, zischt er seinen Hundefreund an.
Der silbrig schimmernde Halbmond hebt sich in sanftem Kontrast von dem weichen Dunkel des frühen Abendhimmels ab. Ein blassweißer Kreis umgibt ihn, dehnt sich ganz langsam wie eine riesengroße Seifenblase in alle Richtungen aus und senkt sich schließlich in langen, wässrigen Schlieren zur Erde herab. Auf diesen schimmernden Lichtbahnen gleitet ein Lichtwesen herunter, landet auf der Wiese und ploppt wie ein Ball dreimal federnd auf. Es winkt mit seinen Armen nach oben zur Mondsichel und sofort rutschen hunderte von strahlenden Gestalten auf die Wiese. Es sind sonderbare Wesen, die bei jeder Bewegung ihre Gestalt verändern, mal sind sie kugelig rund, dann wieder wie eine leuchtende Spirale oder langezogen mit einem Zackenschwanz.
Ganz fasziniert beugt sich Benni weit nach vorn, verliert dabei das Gleichgewicht, purzelt vom Baumstamm und kullert geradewegs den Abhang hinter.
Mo springt auf, rennt die Wiese hinunter, legt sich dort vor Muttererde Terras Thronsessel auf das Gras und stoppt mit seinem kräftigen Hundekörper sanft Bennis Kullerfahrt. Benni rappelt sich auf und klopft mit beiden Händen seine Hose und Jacke ab.