Kitabı oku: «Nicht alles ist Mist!»
Angelika Kirchmaier
Nicht alles ist Mist!
Verdorbene Lebensmittel erkennen – Reste verwerten – Geld sparen
Das kompakte Anti-Wegwerf-Buch
Alle Angaben in diesem Buch wurden sorgfältig recherchiert und erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen der Autorin. Sollten Sie trotzdem Unstimmigkeiten entdecken, nehmen Autorin und Verlag gerne Verbesserungsvorschläge und Korrekturhinweise entgegen. Die Benutzung dieses Buches geschieht auf eigenes Risiko. Eine Haftung für etwaige Schäden wird aus keinem Rechtsgrund übernommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
2018
© Verlagsanstalt Tyrolia, Innsbruck
Umschlaggestaltung: Roberto Baldissera
Layout und digitale Gestaltung: GrafikStudio HM, Hall in Tirol
Druck und Bindung: Alcione (I)
Fotos von Kary Wilhelm mit Ausnahme von S. 21, 32, 72 unten, 73 unten, 89 und 100 (Angelika Kirchmaier), Bild Autorin Umschlag sowie S. 29 oben (Thomas Trinkl), S. 46 (Ilvy Rodler), S. 29 unten, 75 und 76 (Shutterstock), S. 98, 102 und 104 (Fotolia)
ISBN 978-3-7022-3733-2 (gedrucktes Buch)
ISBN 978-3-7022-3734-9 (E-Book)
E-Mail: buchverlag@tyrolia.at
Internet: www.tyrolia-verlag.at
Vorwort
Nachhaltigkeit als Teil des öffentlich-rechtlichen Auftrages
Im ORF-Gesetz sind Umweltschutz und Nachhaltigkeit als Teil des öffentlich-rechtlichen Auftrages verankert. Nachhaltigkeit ist damit wesentliche Säule der Unternehmensstrategie des Österreichischen Rundfunks. Eines der Flaggschiffe dieser Initiative ist „Mutter Erde“. In trimedialen Programmschwerpunkten versuchen wir, Menschen zu motivieren, umweltfreundlich zu handeln. Schwerpunkte der letzten Jahre waren Wasser, Bienen, Klimaschutz und zuletzt Landwirtschaft.
Mit dem Thema Lebensmittelverschwendung haben wir uns 2016 erstmals ausführlich beschäftigt und mit weit mehr als 300 Beiträgen in allen Bundesländern rund 4 Millionen Menschen erreicht. Anschließend hat eine Marktforschung ergeben, dass sich sieben von zehn Befragten Österreicher/innen künftig stärker bemühen wollen, Lebensmittelabfälle im Haushalt zu vermeiden.
Das ist für uns Auftrag, bei diesem Thema weiter am Ball zu bleiben, vor allem, wenn man weiß, dass rund ein Drittel der Lebensmittel oder 1,3 Milliarden Tonnen pro Jahr weltweit entlang der Wertschöpfungskette weggeworfen werden.
Wir haben mit unserer langjährigen ORF-Tirol-Expertin Angelika Kirchmaier daher einen weiteren Programmschwerpunkt im ORF Tirol konzipiert, mit dem Ziel, den Lebensmittelabfall in den Haushalten zu reduzieren. In vielen Berichten in Radio, Fernsehen und im Internet sind die Tipps von Angelika Kirchmaier auf großes Publikumsinteresse gestoßen. Es stand daher schnell fest, dass es nicht bei dieser Initiative allein bleiben darf.
In ihrem neuen Buch geht Angelika Kirchmaier nicht nur der Frage auf den Grund, warum in den Haushalten so viel weggeworfen wird, sondern gibt ganz konkrete Hinweise, warum Lebensmittel verderben oder wie man was optimal lagert. Klar, verständlich und hochinteressant. Ein hervorragendes Buch zum Thema Nachhaltigkeit von einer Autorin, die seit Jahren auch das Publikum von ORF Radio Tirol begeistert.
KOMMR HELMUT KRIEGHOFER
LANDESDIREKTOR ORF TIROL
Wer selbst im Garten oder am Balkon seine Tomaten züchtet, der weiß, wie lange es braucht, bis sie endlich am Teller liegen. Oder haben Sie schon mal erlebt, wie man Käse macht? Spannend, wenn man da einem erfahrenen Käsemeister bei seiner Arbeit zusieht, sie braucht viel Know-how und Fingerspitzengefühl. In diesen Momenten spürt man, was alles erforderlich ist, damit dann irgendwann ein Stück Käse bei uns im Kühlschrank landet. Im Alltag ist uns diese Ehrfurcht verloren gegangen. Wir leben in einer Überflussgesellschaft und das auf Kosten anderer – aber das ist uns selten bewusst. Als öffentlich-rechtlicher Radiosender haben wir die Möglichkeit, ein wenig zum Nachdenken anzuregen und Alternativen für den Alltag aufzuzeigen. Dieses Buch von Angelika Kirchmaier ist die umfassende Begleitung dazu.
CHRISTOPH ROHRBACHER
PROGRAMMCHEF ORF RADIO TIROL
Der Gedanke, Lebensmittel zu verschwenden, ist für mich auch wirtschaftlich unsinnig. In weiterer Sicht finde ich es nicht nur dem Produkt und der Natur gegenüber respektlos, Essbares wegzugeben, sondern vor allem auch all jenen gegenüber, die mit ihrem körperlichen Einsatz dieses Produkt erschaffen haben.
Ich glaube, kaum jemand weiß, wie schwer es ist, eine Pflanze zu ziehen, sie zu schützen und zum Wachsen zu bringen, bis sie irgendwann Früchte trägt. Man weiß nicht, wie das Wetter wird oder – noch schlimmer – ob sie jemand kaufen wird oder man sie unterm Wert hergeben muss! Oder es war sowieso alles umsonst, und die Früchte landen im Müll, weil sie nicht entsprochen haben, zu teuer waren oder einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Als Küchenmeister ist es eine wichtige Aufgabe, nicht nur gut kochen zu können, sondern auch das Bewusstsein zu haben, den regionalen Markt mitzubestimmen, möglichst alles zu verarbeiten und an den Mann/die Frau zu bringen. Nach allen Nebenkosten bleibt am Ende zu hoffen, dass etwas übrigbleibt (der gläserne Müllkübel in der Spitzenküche). Jede Schale, jeder Knochen, jeder Abschnitt ist wertvoll.
KÜCHENMEISTER JULIAN REINISCH
REIN ISCH’S, INNSBRUCK
Obwohl erste wissenschaftliche Studien zu Lebensmittelabfällen schon Ende des 19. Jahrhunderts veröffentlicht wurden, hat die Diskussion um die Vermeidung derselben erst mit der Veröffentlichung der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ mit Anfang 2016 so richtig Fahrt aufgenommen. Das von den Vereinten Nationen verfasste Dokument gibt als Ziel die Verringerung der globalen Lebensmittelabfälle um 50 % bei Handel und Verbrauchern bis 2030 sowie die generelle Reduzierung entlang der gesamten Wertschöpfungskette vor. Um dieses sehr ambitionierte Ziel zu erreichen, sind neben einheitlichen Definitionen und repräsentativen Messungen vor allem auch alltagstaugliche Lösungen für die Praxis vonnöten – so wie in diesem Buch zusammengestellt.
DR. FELICITAS SCHNEIDER
COORDINATOR OF MACS-G20 FOOD LOSS AND WASTE INITIATIVE,
MEETING OF AGRICULTURAL CHIEF SCIENTISTS,
THÜNEN INSTITUTE – INSTITUTE OF MARKET ANALYSIS
Weltweit wird ein Drittel aller Lebensmittel weggeworfen. Oder anders gesagt: Jedes Jahr bewirtschaften wir eine Fläche, die doppelt so groß ist wie Australien, umsonst, weil vollkommen genießbare Lebensmittel im Müll landen. In Zeiten, in denen wir die Ressourcen unseres Planeten ohnehin bereits deutlich übernutzen, können wir uns diesen skandalösen Umstand nicht weiter leisten.
DI HERWIG SCHUSTER
UMWELTCHEMIKER, PROGRAMMDIREKTOR GREENPEACE ÖSTERREICH, GREENPEACE-SPRECHER, GREENPEACE IN CENTRAL & EASTERN EUROPE
Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser!
Vor über 30 Jahren absolvierte ich meine erste Kochausbildung. Damals schon wunderte ich mich darüber, warum man z. B. Gemüse tournieren, also in eine perfekte Form schneiden muss und damit Unmengen an Gemüseresten produziert. Auch der Zwang zur optischen Perfektion – die heutige Bezeichnung „Klasse-1-Obst“ wäre ein gutes Beispiel dafür – verwunderte mich sehr. Warum soll nur der optisch perfekte Apfel auf den Teller? Wenn ich in den Garten meiner Eltern schaute, dann gab es dort nur eine kleine Anzahl an optisch perfekten Äpfeln. Also was passiert mit dem Rest? Und falls es keinen oder kaum Rest gibt, wie viel Züchtung, Pestizide etc. müssen die Bäume aushalten, um optisch Perfektes hervorzuzaubern?
Der Perfektionismus und Gesetzesdschungel in der westlichen Welt haben u. a. dazu geführt, dass wir heute rund ein Drittel aller weltweit produzierten Nahrungsmittel in den Müll werfen. Demgegenüber steigt die Zahl der Hungernden. Wenn man bedenkt, dass man mit den von der westlichen Welt weggeworfenen Lebensmitteln alle Hungernden der Welt dreimal (!) ernähren könnte, dann fragt man sich, was in unseren Köpfen schief läuft. Warum werfen wir so viel weg und andere verhungern? Nun möchte man meinen, dass Produzenten, Handel & Co den Löwenanteil entsorgen, aber weit gefehlt. Die privaten Haushalte sorgen für über 40 % Anteil am Gesamtabfall. Ein Grund für den Wegwerfwahnsinn im Haushalt liegt darin, dass der Mensch verlernt hat, ein verdorbenes von einem genießbaren Lebensmittel zu unterscheiden. Unsere Vorfahren betrachteten das Lebensmittel, rochen daran und im Zweifelsfall wurde gekostet. Heutzutage verlässt man sich auf ein Datum auf der Verpackung, wohlwissend, dass das Produkt auch einmal davor schon verdorben sein kann oder eben erst viele Wochen, Monate oder Jahre danach.
Mit diesem Buch wollen wir Ihnen zum einen Tipps liefern, woran Sie einen Lebensmittelverderb erkennen können, und zum anderen erfahren Sie Wissenswertes zur Lagerung, denn die Haltbarkeit von Lebensmitteln hängt natürlich wesentlich von der Lagerung ab.
Dieses Buch erhebt keinen wissenschaftlichen Anspruch. Es wurden aber unzählige Gesetze, Studien, Statements von Fachorganisationen etc. eingearbeitet, um Ihnen kompetente und fundierte Informationen zu liefern. Es würde mich riesig freuen, wenn dieses Buch dazu beiträgt, den Lebensmittelabfall in den Haushalten zu reduzieren.
Mit lieben Grüßen
Ihre
ANGELIKA KIRCHMAIER
Einen großen Dank an alle Unternehmen, die mich mit betriebsinternen Informationen zu Lebensmittelverderb versorgten, aber verständlicherweise nicht genannt werden möchten. Ihre wertvollen Erfahrungen flossen in das Werk ein.
Inhaltsverzeichnis
Basics
Lebensmittel im Abfall – eine Bestandsaufnahme
Warum werfen Haushalte so viel weg?
Wie lässt sich Lebensmittelmüll in Haushalten reduzieren?
Was sagt das Haltbarkeitsdatum aus?
Wie sicher sind Lebensmittel heutzutage?
Warum verderben Lebensmittel?
Wie gesund sind nicht mehr ganz so frische Lebensmittel?
Allgemeine Tipps zur Lagerung – so beugen Sie einem Lebensmittelverderb vor
Entsorgung von verdorbenen Lebensmitteln – wohin gehört was?
Wegweiser – verdorben oder genießbar?
So verwenden Sie den Wegweiser
Obst und Gemüse
Trockenfrüchte, kandierte Früchte
Marmelade, Konfitüre, Gelee, Kompott, Obstmus, Röster
Eingelegtes Gemüse, Ketchup, Sauerkraut, Tomatenmark
Nüsse, Saaten, Samen und Keime
Maroni/Kastanien
Pilze
Kartoffeln (Erdäpfel)
Trockenlebensmittel
Teigwaren, Gnocchi, Spätzle
Milch und Milchprodukte
Fleisch, Fleischwaren, Fisch
Eier
Konserven
Essig
Speiseöle
Senf, Mayonnaise, Remouladen, Pesto und ähnliche Pasten
Kräuter, Gewürze, Tee
Brot
Germ (Hefe), Backpulver
Backwaren, süß oder pikant, Konditorwaren
Süßigkeiten (Zuckerwaren)
Kakao, Schokolade
Speiseeis
Honig
Zucker und Salz
Kaffee
Alkoholfreie Getränke
Mineralwasser
Alkoholische Getränke
Fertiggerichte
Rezepte zur Resteverwertung
Restl-Suppentopf
Restl-Nudelpfanne
Restl-Tortilla
Restl-Salat
Restl-Creme oder -Drink
Restl-Crumble
Restl-Marmelade
Literaturverzeichnis
Warengruppen – alphabetisch sortiert
Lebensmittel im Abfall – eine Bestandsaufnahme
Ein Mensch benötigt für das nackte Überleben im Wesentlichen nur sehr wenige, jedoch äußerst wichtige Dinge. Neben einer (warmen) Unterkunft sind das vor allem Wasser, Licht und Nahrung. Es stellt sich also die Frage, warum wir trotzdem so verschwenderisch mit unseren lebensnotwendigen Ressourcen umgehen. Wohl weil es für uns selbstverständlich geworden ist, dass man alles im Übermaß konsumieren kann. Wenn ein bestimmtes Lebensmittel einmal durch z. B. Ernteausfälle aufgrund von Naturkatastrophen oder Wetterkapriolen knapp wird oder tonnenweise Milch, Fleisch und Öl aufgrund einer Anreicherung mit z. B. der toxischen Substanz HCB vernichtet werden müssen,1, 2 bedient man sich importierter Ware, ohne oft darüber nachzudenken, was das global bedeutet und wie man diese globalen Auswirkungen mit seinem eigenen Konsumverhalten positiv beeinflussen könnte. Seit mehr als einem Jahrzehnt gibt es Maßnahmen zur Bekämpfung von Lebensmittelmüll, trotzdem zeigt sich immer noch ein tristes Bild.
Daten und Fakten international
Pro Jahr landen weltweit 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel auf dem Müll,3 das entspricht rund einem Drittel (!) der weltweit produzierten Lebensmittelmenge.4 Im Rahmen eines europäischen Forschungsprojekts, das 2016 abgeschlossen wurde, stellte man fest, dass allein in Europa pro Jahr 88 Millionen Tonnen an Lebensmitteln entlang der gesamten Kette im Müll landen, das sind 173 kg pro Person und entspricht einem geschätzten Wert von rund 143 Milliarden Euro.5 Weggeworfen wird vom Anbau bis zum Endverbraucher.6 Den größten Teil der Lebensmittel wirft allerdings der Konsument weg, nämlich 42 %, gefolgt vom Hersteller (39 %),7 der Gastronomie (14 %) und dem Handel (5 %).8 Nordamerikas Privathaushalte werfen noch mehr weg, nämlich 95 bis 115 kg pro Person.9
Zu den beliebtesten Wegwerf-Lebensmitteln zählen genau jene Produkte, die häufig als Lockangebote angepriesen werden, z. B. Fleisch, Milch und Milchprodukte, oder Lebensmittel, die von Haus aus zu Dumpingpreisen erhältlich sind, z. B. Süßgebäck und Billigbrot. Häufig in der Tonne landen zudem Lebensmittel, die aufgrund einer nicht entsprechenden Optik oder kurzen Haltbarkeit dem Konsumenten nicht (mehr) zusagen, z. B. Obst und Gemüse.10
Die aus dem Lebensmittelmüll resultierenden Probleme sind vielschichtig. Als Beispiel seien hier als erstes die Auswirkungen auf die Artenvielfalt genannt. Für ¼ kg Shrimps sterben beispielsweise rund 5 kg Beifang-Fische. Insgesamt wird Schätzungen zufolge knapp ¼ des gesamten Fischfangs wieder im Meer entsorgt.6
Ein weiteres Problem stellen Preiserhöhungen dar. Wenn es ein knappes Angebot gibt, z. B. aufgrund von Dürren, steigen die Weltmarktpreise, mitbestimmt von der Vereinigung Global AgInvesting,11, 12 salopp ausgedrückt, einem „Börsenverein“ der Agrarmächtigen dieser Welt. In Industrienationen wirken sich Preisschwankungen bei den einzelnen Produkten maximal im Centbereich aus, in den ärmsten Ländern der Welt führt eine Preissteigerung zu Lebensmittelkosten, die nicht mehr leistbar sind.13 In diesen Regionen geben die Menschen im Schnitt 60 bis 80 % ihres Einkommens für Lebensmittel aus, in den entwickelten Ländern sind es nur 10 bis 20 %. Während eine Familie im Tschad in Zentralafrika z. B. lediglich rund 1,30 Dollar pro Woche für die Verpflegung der gesamten Familie zur Verfügung hat, lässt es sich eine durchschnittliche US-amerikanische vierköpfige Familie mit rund 350 Dollar relativ gut gehen.14
Preisschwankungen treffen damit die Ärmsten der Armen,15 und das sind sehr viele. Die Zahl der Unterernährten für 2014 bis 2015 schätzte die FAO im Jahr 2015 auf 795 Millionen Menschen.16 Im März 2018 wurde in Rom verkündet, dass nicht nur die Zahl der Hungernden, sondern sogar die Zahl der akut lebensgefährlich Hungernden noch einmal angestiegen sei und zwar auf 124 Millionen Menschen in 51 Staaten.17
Ressourcenverschwendung ist ebenfalls ein Thema. Es gibt nur begrenzte Ressourcen. Trotzdem lebt vor allem die westliche Welt verschwenderisch. Für die einen ist dies unverständlich, für die anderen ein Problem, über das sie nicht nachdenken wollen oder demgegenüber sie sich machtlos fühlen. Der großflächige Anbau von billigen Lebens- und Futtermitteln, die vor allem in der westlichen Welt und zunehmend auch in China gefragt sind, wie z. B. Soja und Getreide, verbraucht enorme Ressourcen und bedroht damit die Lebensräume von Menschen, zumeist in den ohnehin schon benachteiligten Regionen dieser Erde, sowie von Pflanzen und Tieren, die aber für das ökologische Gleichgewicht von immenser Bedeutung wären. Nahezu pervers mutet es daher an, dass genau diese Billiglebensmittel in den westlichen Ländern sehr häufig im Müll landen. Man raubt also Ressourcen für Produkte, die man ohnehin nicht nutzt. Im Gegenteil, es ergibt sich sogar noch ein Entsorgungsproblem, da organische Materialien in zu großen Mengen jede Mülldeponie zum Kippen bringen. Eine sinnlose Umweltzerstörung also. Zusammengefasst ergibt sich eine einfache Rechnung. Wird viel weggeworfen, muss viel produziert werden. Möchte der Mensch kostengünstige Ware, so muss man auch die Produktionsbedingungen kosteneffizienter gestalten, und das gelingt nur, wenn man Land raubt, Menschen ausbeutet oder betrügt (Food fraud).
An unserer Gesundheit geht der derzeitige Trend auch nicht spurlos vorüber. Billigware zählt nicht selten zu jenen Lebensmitteln, die unserem Körper nicht guttun. Fleisch aus Massentierhaltung zum Beispiel weist eine andere, weniger gesunde Zusammensetzung auf als Fleisch von extensiv, also salopp ausgedrückt „glücklich“ gehaltenen Tieren.
Die ökologischen Folgen sind dramatisch. Der Verein Mutter Erde stellte im „Lagebericht zu Lebensmittelabfällen 2016“ fest, dass „der CO2-Ausstoß, der mit der Herstellung der verlorenen Lebensmittel entsteht, als Staat betrachtet, weltweit Platz drei belegen würde, gleich hinter USA und China, das durch Lebensmittelverschwendung verbrauchte Wasser dem jährlichen Wasserabfluss der Wolga entspricht und rund ⅓ der landwirtschaftlichen Fläche weltweit umsonst bestellt wird“.18
Daten und Fakten – national
WWF Österreich und der Verein Mutter Erde präsentierten 2016 den aktuellen Lagebericht zu Lebensmittelabfällen und -verlusten in Österreich. Demnach ergeben sich für Österreich folgende Fakten: Aus Landwirtschaft und Produktion liegen keine exakten Zahlen vor, der Handel wirft ca. 110.000 Tonnen pro Jahr weg und die Außer-Haus-Verpfleger, also Gastronomie, Gemeinschaftsverpflegung und Beherbergungsbetriebe 280.000 Tonnen pro Jahr. Auf die Haushalte entfällt der Löwenanteil. Jeder Österreicher wirft pro Jahr ca. 42 kg weg, gut die Hälfte davon wäre vermeidbar. Nur rund ¼ davon landet in der Biotonne,19 der Rest im Restmüll, was sich besonders dramatisch auswirkt, da beim Abbau von organischem Material die Treibhausgase Methan und Kohlendioxid entstehen.18, 20, 21 D. h., zu den Treibhausgasen, die bei der Produktion anfallen, kommen noch die Treibhausgase der Entsorgung dazu. Weitere Entsorgungswege, wie z. B. der Gartenkompost, die Verfütterung an Tiere oder eine Entsorgung über den Kanal (WC) sind dabei noch gar nicht erfasst. „Die Menge an vermeidbaren Lebensmittelabfällen in Österreich ist 20-mal so schwer wie der Eiffelturm.“22
Warum werfen Haushalte so viel weg?
Die Ursachen für das Wegwerfen von Lebensmitteln wurden genau untersucht. Der Lagebericht zu Lebensmittelabfällen in Österreich listet folgende Gründe auf:
41 % der Lebensmittel werden in Zusammenhang mit dem Einkauf entsorgt, z. B. weil die Übersicht über die Lagerung und den Vorrat fehlt, d. h., man weiß nicht, was noch zu Hause ist, kauft vorsichtshalber ein und wirft dann weg, weil man draufkommt, dass man das Produkt ja doch zu Hause hat, z. B. Milch. Die Sorge, dass abgelaufene Lebensmittel gesundheitsgefährdend sein könnten, bewegt die Menschen ebenfalls dazu, Lebensmittel wegzuwerfen. Aktionen, Abverkäufe und Mengenrabatte („Nimm 3, zahl 2“) animieren zum Hamsterkauf. Schmeckt das Produkt dann nicht oder hat man einfach zu viel davon, wird es entsorgt. Manche Menschen entwickeln einen regelrechten Aktions- und Billigware-Kaufzwang. Lebensmittel als Geschenk, z. B. spezielle Tees, Marmeladen oder Gewürze landen ebenfalls oft im Müll, insbesondere wenn sie den Geschmack des Beschenkten nicht treffen oder z. B. Single-Haushalte die Ware nicht aufbrauchen können.
38 % des Lebensmittelmülls sind der Einstellung zu den Lebensmitteln zuzuschreiben. Von „Keine Lust, dasselbe öfters zu essen“, über „Sicherheitshalber mehrere Produkte einkaufen“, weil man im Markt noch nicht weiß, worauf man dann tatsächlich Gusto hat, bis hin zu Käufen von Lebensmitteln, die das schlechte Gewissen beruhigen sollen. So wird z. B. Gemüse zuerst eingekauft, dann aber verschmäht, weil man ohnehin kein Gemüse essen möchte. Manche wollen wiederum Platz für Neues schaffen und misten deshalb vorhandene Lebensmittel aus.
Lifestyle und Lebensgewohnheiten sorgen für 11 % des Lebensmittelmülls. Z. B. kauft man ein, geht dann aber doch essen, man hat Gäste eingeladen, die kurzfristig absagen, man entscheidet sich für eine Diät, in die vorhandene Lebensmittel nicht mehr passen, man verkalkuliert sich in der Portionsgröße und kocht viel zu viel oder die Anzahl der Personen im Haushalt verändert sich, und man schafft es nicht mehr, die bevorrateten Lebensmittel aufzubrauchen.
Der falschen Lagerung allein sind rund 3 % des Lebensmittelmülls zuzuschreiben.18 D. h. diese Personen haben zwar bei der Mengenkalkulation alles perfekt gemacht, wissen aber nicht, wie man das Produkt zu Hause lagern soll.