Kitabı oku: «Dimensionen»

Yazı tipi:

Anna Kosak

Dimensionen

Kurzgeschichten zum Träumen und Gruseln

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Die Frau im Hotelzimmer

Traumhaft

Kristallauge

Der suchende König

Nachtluft

Sonderbare Spielkameraden

Impressum neobooks

Die Frau im Hotelzimmer

Die Frau hatte sich nicht bewegt. Schon seit einer Stunde saß sie so, auf dem Bett, die Schultern nach vorn gekrümmt. Nach und nach waren die kleinen Wassertropfen auf ihrer Haut getrocknet, die Farbe des Badeanzugs hatte sich vom satten Orange wieder zu pfirsichfarben gewandelt. Jedoch, im Nacken waren ihre Haare noch feucht und lockten sich.

Er verlagerte sein Gewicht leicht, nahm einen Schluck Wasser und setzte das Fernglas wieder an die Augen.

Sie hatte sich nicht geregt, saß immer noch mit dem Rücken zum Fenster, sodass er sie ungestört beobachten konnte. Er hatte sie schon die ganze Zeit beobachtet. Wie sie sich nach dem Schwimmen im Hotelpool auf ihre Liege gelegt hatte, den linken Arm locker neben sich, den rechten über die Augen gelegt. Die Hitze flirrte. Der Hotelboy war zu ihr gekommen, räusperte sich ein paar Mal. Wartete verlegen.

„Ma’am?!“

Sie hatte geblinzelt und zögernd den Brief entgegengenommen. Hatte den Umschlag geöffnet, die ersten Zeilen gelesen. Dann hatte er gesehen, wie sie erbleichte, aufsprang und ins Hotel auf ihr Zimmer lief. Sie hatte sich aufs Bett gesetzt, den Rücken zum Fenster und an den fahrigen Bewegungen war zu sehen gewesen, wie aufgeregt sie war.

Und jetzt saß sie da. Unbeweglich still, in sich zusammengesunken. Aber dann kam Bewegung auf. Erst nur ganz leicht. Doch dann fingen ihre Schulter an zu zucken, der Rücken krümmte sich noch ein Stück weiter. Sie weinte.

Er strich sich nachdenklich mit der Hand über den Bart. Jedes Wort des Briefs kannte er. Kannte die Zeilen. Schließlich hatte er den Brief geschrieben.

Unwillkürlich, das Fernglas immer noch vor dem Gesicht, streckte er seine Hand aus, um sie zu trösten. Es schmerzte ihn, nicht den Arm um ihre Schultern legen zu können. Doch bald – bald würde er ihr ganz nah sein. Wenn sie einsah, dass Johns Tod nicht das Ende war und er, Tony Fontaine, ihr ältester und bester Freund, ihr neue Liebe schenken würde. Dass er, der sie immer schon geliebt hatte, für sie da sein würde.

Mit fliegenden Fingern hatte er den Brief geschrieben, um ihr mitzuteilen, dass ihr Mann verunglückt sei, und er, Tony, sie bald im Hotel abholen und sich um alles kümmern werde, und dabei hatte er freudige Erregung gespürt.

Es war richtig gewesen, John umzubringen. Es war richtig gewesen.

Traumhaft

„Haben Sie bereits nach M51 gesehen?“, fragte Dr. Netrebko.

Ihr Kollege schüttelte stumm den Kopf. Er hatte den Blick nicht von der Akte gehoben und zwischen seinen Brauen hatte sich eine tiefe Furche gebildet.

„Das ist merkwürdig“, murmelte er.

„Was ist merkwürdig?“

Dr. Netrebko blickte über seine Schulter.

„Hier.“ Er tippte mit seinen dürren Fingern, die sie immer ein wenig an Spinnenbeine erinnerten, auf den neuesten Laborbericht. „Nummer Achtzehn hat unregelmäßige Hirnströme und ihr Blutdruck steigt konstant.“

„Geben Sie mal her!“

Die Ärztin griff nach der Akte und dabei berührten sich ihre Hände. Unwillkürlich schauderte sie. Nie hätte sie jemandem gestanden, dass Dr. Palmer sie so anwiderte, denn seine stets kühle und trockene Haut erinnerte sie an ein Reptil.

„Tatsächlich.“ Sie runzelte die Stirn und gab die Mappe ihrem Kollegen zurück. „Wir sollten sie mal besuchen gehen.“

Meredith erwachte. Sie lag in ihrem Bett, die Decke hatte sich unordentlich am Fußende zusammengerollt. Noch schlaftrunken setzte sie sich auf.

Ein Schrei, dann Stille. Sie lauschte. Draußen war es bereits hell, es musste etwa neun Uhr sein.

Etwas Bedrohliches lag in der Luft. Sie merkte, dass sie zitterte. Sie empfand Angst. Dann wieder Schreie, dieses Mal mehrere. Schreie von Leuten in Todesangst. Gepolter und Stimmen im Treppenhaus. Dann wieder leise.

Ein Gedanke kristallisierte sich heraus.

„Ich muss hier ‘raus!“, dachte Meredith. „Ich muss sofort aus der Wohnung heraus!“

Sie stand auf. Von draußen schien die Sonne freundlich herein. Sie würde durchs Fenster flüchten, sie wohnte im zweiten Stock, da konnte sie sicherlich irgendwie draußen hinunterklettern.

Als Meredith erneut ein Kreischen vernahm, diesmal schon etwas näher, schlich sie zur Wohnungstür. Bei einem Blick aus dem Türspion sah sie, dass die Wände im Flur mit kruden Botschaften beschmiert waren. Das Sichtfeld war zu klein, als dass sie wirklich etwas hätte lesen können, doch die unscharfen Buchstaben, die dunkle Farbe, all das machte ihr noch mehr Angst. Wieder Schreie, unverständliches Rufen. Schlagartig wurde ihr klar, dass hier gerade ein Massaker geschah. Jemand ging durchs Haus und schlachtete alle Bewohner ab, einen nach dem anderen. Meredith suchte fieberhaft nach ihren Klamotten, nur schnell weg.

Doch waren da nicht noch zwei andere Mädchen? Ja, die zwei Mädchen. Es erschien ihr nun unheimlich wichtig, die zwei Mädchen zu retten.

Ava stand am Fenster und weinte. Das Mädchen hörte nicht auf zu schreien und Ava konnte den Blick trotz des Grauens, das sie empfand, nicht von dem Fenster über ihr abwenden. Das Mädchen schrie weiter um Hilfe. Hinter ihr konnte Ava Schemen erkennen, Schatten von einem Menschen. Dann wurde das Mädchen vom Fenster weggezogen. Ihr Schreien verstummte schlagartig und zurück blieb nur eine dumpfe Stille. Da löste Ava die Finger und sprang.

Dr. Palmer legte Patient Nummer Sechzehn die Hand auf die Stirn.

„Erhöhte Temperatur, Angstschweiß. Also normal, Konzept 06.01 entsprechend.“

„Bei Nummer Siebzehn verläuft auch alles nach Plan. Aber M18 ist zu aktiv! Das gefällt mir nicht.“ Dr. Netrebko kaute nachdenklich auf ihrem Kugelschreiber herum. „An welcher Stelle sind wir gerade?“

Ihr Kollege wandte sich zum Bildschirm.

„M16 bei Szene zwei, kurz vor der Flucht. M17 ist bereits tot.“

„Überprüfen wir noch mal Nummer Achtzehn! Vielleicht läuft sie fehlerhaft bei einem anderen Programm mit und lebt deshalb noch. Im Zweifel lassen wir den Durchgang noch mal von Anfang laufen.“

Am Abend saß Dr. Netrebko müde auf der Couch und legte die Füße hoch. Der Bademantel hüllte sie warm ein, ihre Haut duftete dezent nach dem neuen Duschgel, das Laszlo ihr geschenkt hatte.

Sie merkte, wie sehr der Tag in der Klinik sie angestrengt hatte. Lange konnte das nicht mehr so weiter gehen. Es war höchste Zeit, dass Dr. Tursten von der Tagung zurückkam. Sich zu zweit um dreißig Patienten zu kümmern war einfach zu viel!

Das brachte sie wieder zu ihren drei Fällen von heute. Die Patienten Sechzehn bis Achtzehn. Dr. Netrebko konnte ihre Aktenbeschreibung auswendig.

Patientin M16 („Meredith“): weiblich, zwanzig Jahre, sechzig Kilogramm, ein Meter Siebzig, Dosierung SEK03 60 mg, Dosierung FKC 95 mg.

Patientin M17 („Chloë“): weiblich, siebzehn Jahre, sechsundfünfzig Kilogramm, ein Meter Sechsundsechzig, Dosierung SEK03 55 mg, Dosierung FKC 90 mg.

Patientin M18 („Ava“): weiblich, siebzehn Jahre, dreiundfünfzig Kilogramm, ein Meter Sechzig, Dosierung SEK03 45 mg, Dosierung FKC 80 mg.

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