Kitabı oku: «Wenn ich das geahnt hätte», sayfa 2

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Der Begriff des Trauerns

Menschen sind Beziehungswesen, deren Selbstbild und Weltbild stark von zwischenmenschlichen Beziehungen beeinflusst wird. Durch den Tod eines geliebten Menschen werden Selbst- und Weltverständnis stark erschüttert und es geht etwas aus der kleinen privaten Welt verloren.

Der Ausruf einer Witwe am Grab ihres soeben beerdigten Mannes: »Hermann, warum lässt du mich allein?!«, ist Ausdruck des Entsetzens über den erlittenen Verlust. Bereits in der Anfangsphase des Trauerns gehört neben dem Schmerz über den Verlust des anderen auch Wut bis hin zu Hass auf sein Weggehen, auf den Tod und manchmal auch auf eine göttliche Instanz. Manche Hinterbliebene denken jetzt an Selbstmord, um den nun häufig anstehenden Problemen zu entfliehen.

Für diese Problem-«Lösung« entscheiden sich nur wenige Hinterbliebene. Manche versuchen, sich den Kummer über den Konsum von Drogen jedweder Art zu erleichtern (z. B. Alkohol, Rauchen, Essen, Einkaufen u. a.), sowie durch ständiges Unterwegs-Sein. Bereits der alte Kirchenvater Augustinus bemerkt, dass der Hinterbliebene in der ersten Phase nach einem Verlust durch den Tod eines Freundes diesen noch sucht. Lindenmann spricht von einer Ruhelosigkeit, die Personen nach einem schweren Verlust empfinden: »Dem Drang, etwas zu tun, auf der Suche nach etwas zu sein, steht ein Mangel an Zielgerichtetheit gegenüber.« Parkes bezeichnet dieses Suchverhalten nicht als ziellos, sondern weist darauf hin, »dass das Suchverhalten das Ziel habe, den eben verlorenen Partner wiederzufinden« (zitiert nach Kast, S. 14, 15, s. Anhang).

Die Trauer als Emotion des Abschiednehmens, der Aufarbeitung zerbrochener Beziehungen und der Verinnerlichung von Eigenschaften der verlorenen Person hilft uns, unser aus den Fugen geratenes Selbst- und Weltbild neu zu festigen. Üblicherweise lebt die lebendige Erinnerung an die verstorbene Person, wenn wir eine nähere persönliche Beziehung zu ihr hatten, in uns weiter.

Unmittelbar nach dem Tod eines nahestehenden Menschen sind intensive Träume eine normale seelische Reaktion, das Todeserlebnis zu verarbeiten. Manchmal bekommt der Träumer nachts eine Art Anleitung aus seinem Unbewussten, wie er trauern kann, wodurch die Identität des trauernden Menschen neu geformt wird.

Es gibt außerdem Träume von einer geliebten toten Person erst viele Jahre nach seinem Tod, was oft darauf hinweist, dass uns diese Person noch beschäftigt, unsere Seele nachts noch weiter an der Verarbeitung des Todes arbeitet. Es besteht häufig noch eine starke Bindung zu dem Verstorbenen oder gar eine Sorge um ihn. Der Träumer sollte den Toten oder die Sorgen um ihn ganz loslassen.

Wie wir aus der Traumdeutung wissen, können die Traumfiguren auch symbolhaft für einen anderen Menschen oder für Persönlichkeitsanteile des Träumenden selbst stehen. Träume von Verstorbenen müssen also nicht immer eine seelische Auseinandersetzung mit dem Toten bedeuten.2

Trauer ist ein psychischer Prozess von höchster Wichtigkeit für die Gesundheit des Menschen und kann, wenn sie uns gut gelingt, neue Perspektiven in unser Selbst- und

Weltbild bringen. Sie kann uns einen bewussten Umgang mit dem Thema Tod, auch unserem eigenen Tod und unserer Endlichkeit ermöglichen.

Trauern wird leider immer noch – genau wie der Tod, der Selbstmord – in weiten Kreisen unserer Gesellschaft TABUisiert. Vielfach empfinden wir (haben wir) Angst oder Unsicherheit im Umgang mit einer trauernden Person, möchten vielleicht durch die Auseinandersetzung mit ihrem Schmerz nicht an eigene erlittene Verluste erinnert werden. Möglicherweise sind wir selbst nicht aus unserer Trauer herausgekommen oder haben sie wegzuschieben versucht?! Dagegen kann ein gesundes Trauern, also ein Zulassen der verschiedenen Emotionen wie Überwältigung von Sinnlosigkeit, Angst, Wut, Hass, uns positiv verändern. Wir können dadurch reifen und den Blick für das Wesentliche im Leben schärfen.

Zudem macht uns ein gelungener Trauerprozess auch kompetenter im Umgang mit trauernden Mitmenschen und trägt zur dringend nötigen Enttabuisierung der Bereiche Tod und Trauer bei. Die Bibel sagt: »Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.«3

Dies ist eine Aufforderung, uns mit der Kürze unserer Lebensdauer und der Ausgestaltung unseres Lebens zu beschäftigen. Ein trauernder Mensch fühlt sich durch den erlittenen Verlust wie selbst aus der Welt ausgestoßen, als wäre nicht die verstorbene Person aus seiner Welt gegangen, sondern er selbst herausgerissen. Dadurch fühlt er sich einsam und erschüttert in seiner bisherigen Ordnung. Um diesen Verlust zu überwinden, bräuchte er Menschen, die ihm bei der Suche nach seinem Selbst- und Weltverständnis helfen. Sie sollten ihn außerdem dabei unterstützen, die übermäßige Tendenz, sich mit dem Vergangenen zu beschäftigen, zu überwinden. Aber in der ersten Zeit nach dem Verlust ist es gerade notwendig, im Sinne von »die innere Not wendend«, dass wir gemeinsam mit dem Trauernden über die verstorbene Person sprechen. Danach sollte es dann darum gehen, den Toten schrittweise loszulassen, um daran anschließend eine gegenwarts- und zukunftsgerichtete Perspektive entwickeln zu können. Gelingt diese Entwicklung auch über viele Monate oder gar Jahre nicht, droht das Abrutschen in ein pathologisches (ungesundes) Trauern.

Es geht eben bei der Begleitung Trauernder auch darum, sie vor einer inneren Versteinerung und dem Nichts-mehr-Tun zu bewahren sowie ihnen aufzuzeigen, dass sie mit dieser Belastung umgehen können und es für sie trotz dieser akuten Erschütterung ein »Leben danach« geben wird.

Das Abschiednehmen von einer geliebten verstorbenen Person, verstanden als Trauerarbeit, verläuft in verschiedenen Phasen, die Chancen zum psychischen Wachstum in sich bergen, aber auch ungünstig verlaufen können.4

Wenn Eltern zu Waisen werden …

In den folgenden Ausführungen werden die Phasen des Trauerns in leicht modifizierter Form aufgegriffen. Eine fiktive Person berichtet aus ihrer Erfahrung mit dem Selbstmord ihres 18-jährigen Sohnes, was ihr in den verschiedenen Stadien jeweils wichtig wurde und womit ihr andere Menschen helfen konnten.

Eine Mutter, nennen wir sie Frau G., die ihren damals 18-jährigen Sohn durch Selbstmord verlor, beschreibt im Folgenden, was Eltern durchleben, deren Kind sich umgebracht hat. Es ist kein mir persönlich bekannter Fall, sondern es sind auf Tatsachen und Beobachtungen beruhende Stufen. Sie beschreiben, was verwaiste Mütter und Väter durchleben können, wenn ihr Kind sich umgebracht hat.

Der Schock (1. Stufe)

»Plötzlich wurde ich aus meiner bisherigen Welt gerissen und betrat eine andere, mir bisher unbekannte Welt. Ich hatte diesen Weg nicht freiwillig gewählt, sondern wurde gezwungen, ihn zu gehen. Ich spürte, dass er mein Denken, Fühlen, Erleben und Verhalten sowie meine Beziehungen nachhaltig verändern würde. Auf einmal war alles anders, nichts stimmte mehr. Ich konnte es nicht glauben und wurde von einem einzigen Satz beherrscht: ›Es ist nicht wahr.‹«

Frau G. stand zu dieser Zeit unter Schock, der die normale menschliche Reaktion auf den Verlust eines geliebten Menschen ist. Die Schockphase kann über einige Stunden gehen, aber auch Tage andauern. Durch die Schockreaktion Schutz schützt der Körper sich. Menschen unter Schock fühlen sich wie in einen Schutzmantel gehüllt, wie betäubt und gelähmt in ihrem Denken, Fühlen und Handeln. Manchmal kommt es in dieser Phase auch zu unkontrollierten Handlungen wie z. B. Weglaufen. Für die Mitmenschen wirkt ein Mensch im Schockzustand wie unerreichbar. In ihm drin fühlt er sich wie abgestorben.

Wir sehen, dass ein Schock den ganzen Menschen in seinem Denken, Fühlen und Handeln erfasst, sein Körper, seine Seele und sein Geist sind betroffen. Für Helfer scheint es dabei manchmal schwierig zu erkennen, was der Betroffene bräuchte. Es ist tatsächlich nicht viel, was wir tun können, aber es ist auch nicht gar nichts. Je nach Ausmaß des Schocks kann ärztliche Hilfe nötig werden, möglicherweise vorübergehend auch in einer Klinik. Dort können wir die Person besuchen, wenn sie es wünscht. Es braucht in dieser Phase vonseiten der Helfer ein Gespür dafür, den verwaisten Vater oder die verwaiste Mutter nicht allein zu lassen, aber sich auch nicht aufzudrängen. Wir sollten sie fragen, wo sie Unterstützung im Alltag braucht, ohne sie aber auf der anderen Seite zu entmündigen oder im Übermaß zu unterstützen. Eltern, die ihr Kind durch Selbstmord verloren haben, brauchen Zeit zu erkennen und zu verinnerlichen, dass das Unfassbare doch wahr ist, dass es sich niemals wird rückgängig machen lassen. Sie sollten den Raum und das Vertrauen bekommen, um ihre Gefühle von Trauer, Ohnmacht und Hilflosigkeit zeigen zu können. Sie müssen sich in dieser Phase nicht beherrschen und Haltung bewahren. Es scheint in unseren mitteleuropäischen Breitengraden zum guten Ton zu gehören oder eine erstrebenswerte Tugend zu sein, die Traurigkeit und Trauer nach außen nicht zu zeigen. Nur langsam und punktuell setzt sich das Wissen durch, dass durchlebte Trauer, die nicht geschluckt wird, heilsam für die Seele ist.

Die Reaktion (2. Stufe)

Frau G.: »Ich fragte mich, warum nun ausgerechnet mir das passiert war, wozu das sein musste. Ich hatte so starke Gefühle, wie ich sie bisher nicht kannte: Angst, Schuld, Wut, Einsamkeit. Und dann waren da dieser uferlose Schmerz und die alles überschattende Traurigkeit. Ich suchte meinen Sohn überall, ich sah ihn überall, ich hörte ihn überall – und zwar in der Welt, wie sie noch bis vor Kurzem war, in der er mit mir lebte. Ich fragte mich, warum er in seinem Abschiedsbrief geschrieben hatte, dass er verbrannt werden will.«

In der Phase der Reaktion wird die Erkenntnis des erlittenen Verlustes zunehmend zur absoluten Gewissheit. Das Nicht-wahr-haben-Wollen (oder -Können) in der vorangegangenen Schockphase weicht einem schmerzhaften Wahr-haben-Müssen. Es ist typisch menschlich, dass wir verstehen wollen, was mit uns und um uns herum passiert. Verwaiste Eltern kreisen gedanklich in dieser Phase um die Fragen nach dem Warum, nach den Ursachen, nach eigenen Versäumnissen und Fehlern. Sie sprechen wahrscheinlich darüber, was sie hätten anders und besser machen sollen. Überlegungen, wie es vielleicht anders gelaufen wäre, wenn sie in der Vergangenheit in dieser oder jener Situation anders reagiert hätten, tauchen auf. Unausweichlich kommt der Tag der Beerdigung, der für viele Eltern einen zusätzlichen Schmerz bedeutet, wenn ihr Kind eine Feuerbestattung wünscht. Die Beerdigung jedweder Art konfrontiert noch einmal deutlich mit der harten Tatsache: »Du kommst nie mehr zurück.« Es heißt danach, mit dieser Erkenntnis weiterzuleben, dem eigenen Leben dennoch einen Sinn abzugewinnen.

In der Zeit vor und nach der Beerdigung brauchen verwaiste Eltern (und natürlich auch die Geschwister des toten Bruders oder der toten Schwester) Menschen, denen gegenüber sie ihre extremen Gefühle aussprechen dürfen und soweit möglich, auch ausleben. Insbesondere sollten sie klagen, weinen und ihren Schmerz zeigen dürfen, wofür sie Verständnis brauchen. Als Begleiter brauchen wir keine Patentantworten zu geben, denn damit helfen wir nicht, sondern blockieren die Brücke zum anderen, tragen zu seinem inneren Rückzug bei. Es genügt und kann sogar viel für einen Betroffenen bedeuten, wenn wir für ihn da sind, »nur« zuhören oder vielleicht selbst auch weinen müssen. Als Außenstehende wundern wir uns manchmal, was ein Trauernder tut oder sagt. Auch wenn es uns als Beobachter sinnlos vorkommt, kann es für die trauernde Person Sinn machen. Solange es nichts Selbst- oder Fremdgefährdendes ist, sollten wir dabei tolerant sein, allenfalls behutsam nachfragen, was es für den trauernden Menschen bedeutet.

Bearbeitung (3. Stufe)

Frau G. erinnert sich: »Ich grübelte sehr viel und zog mich von der Außenwelt zurück. Mir erschien alles sinnlos. Es war mir unbegreiflich, wieso das Leben neben mir einfach so weiterging, als wäre nichts passiert. So langsam ahnte ich, dass mein Kampf gegen die grausame Realität am Ende ein Kampf gegen mich selbst wurde. Ich wusste, was ich gegen meinen Willen und unwiederbringlich verloren hatte. Nur ich allein musste entscheiden, wie ich künftig weiterleben wollte.«

Wir erkennen bei Frau G. etwas für die Phase der Bearbeitung des Verlustes Typisches: Die Gedanken und Gefühle spalten sich und können sich innerhalb kürzester Zeit abwechseln. Nicht selten kommt der Wunsch auf, dem Verlorenen hinterherzugehen, und es gibt tatsächlich Selbstmord als Folge auf einen Verlust durch natürlichen Tod oder Selbstmord. Verwaiste Eltern versuchen in dieser Phase, sich dem Kampf zu stellen, den die Verarbeitung des Selbstmords ihres Kindes ihnen bereitet. Dies fällt ihnen leichter, wenn sie weitere Kinder haben, die ihre Versorgung brauchen. Im ungünstigen Fall werden Trauernde in dieser Zeit krank, entwickeln eine reaktive Depression oder geraten in Suchtverhalten. Die seelische Verarbeitung des Verlusts geht einher mit einer inneren Loslösung vom Verstorbenen und dem täglich neuen Entschluss, ohne ihn weiterzuleben.

Als Begleiter sollten wir dem verwaisten Menschen Raum geben, sich fallen zu lassen und seine Gedanken ohne Kommentare unsererseits auszusprechen. In der Zerrissenheit zwischen dem Wunsch, dem Verlorenen nachzufolgen, und wieder am Leben teilzuhaben, können wir einen Trauernden manchmal nur schwer verstehen. Er braucht in dieser Zeit viel Geduld, auch wenn er manchmal etwas seltsam oder unentschieden wirkt. Wir sollten versuchen, Verständnis für diese Ambivalenz und die noch immer bestehende Einsamkeit aufzubringen.

Neuorientierung (4. Stufe)

Frau G. lässt uns teilhaben: »Was ich verloren zu haben glaubte, lebte in meinem Herzen weiter, und zwar für immer. Alles fing an, sich zu verändern: meine Sicht über das Geschehene, über das Leben, über meine Freunde, über meine Interessen und darüber, was im Leben wirklich wichtig ist. Ich bekam neue Energie und konnte Gefühle neu investieren … Ich spürte wieder Leben.«

Wenn ein verwaister Vater oder eine verwaiste Mutter es geschafft hat, sich durch die Trauerarbeit, die seelische Schwerstarbeit bedeuten kann, bis hierher durchzuarbeiten, wird die Chance für einen Neuanfang sichtbar. Das Verhältnis zum verstorbenen Kind sowie das eigene Leben verändern sich. Trotz manchmal harten Ringens in Bezug auf den Wunsch, dem toten Kind zu folgen, hat der Entschluss gesiegt, mit dem Verlust weiterzuleben. Welche neuen Wege jemand nun beschreitet, wie sehr er in die Familie und andere Beziehungen investiert, ist von Fall zu Fall unterschiedlich und kann sich im Laufe des weiteren Lebens auch verändern.

Für Begleiter ist es zumeist sehr entlastend, wenn sie merken, dass die trauernde Person sich und die Welt nun mit anderen Augen sieht und sich trotz allem für ihr Leben entschieden hat. Der Weg dorthin hat Veränderungen mit sich gebracht. Am Ende des Trauertals ist der Wanderer nicht mehr derselbe Mensch, der er zu Beginn war. Wir sollten diese Veränderungen als Außenstehende akzeptieren und müssen uns zunächst daran gewöhnen. Der vom Selbstmord seines Kindes betroffene Mensch wird diesen Verlust und die Zeit des Leidens nie vergessen können. Bestimmte Ereignisse wie Geburtstag oder Todestag werden alte Erinnerungen zunächst wieder wachrufen. Das innere Abgestorbensein der Schockphase sowie die schmerzhafte Sinnlosigkeit des eigenen Lebens sind zu diesem Zeitpunkt zu größten Teilen dem Willen und der Fähigkeit, das eigene Leben wieder in der Hand zu haben, gewichen.

Gott kümmert sich um die Trauernden

Menschen, die sich mit der Bibel auseinandersetzen, haben unterschiedliche Meinungen darüber, ob sie die Bibel wortwörtlich nehmen. Das Antwortspektrum reicht dabei von einem entschiedenen »Ja« bis hin zu Aussagen wie: »Entweder man nimmt die Bibel wörtlich oder man nimmt sie ernst.« Es ist jedem Menschen selbst überlassen, wie wörtlich er die Bibel nimmt und welche Bibelübersetzung ihn am meisten anspricht. Manche Menschen empfinden es nach einem harten Schicksalsschlag so, dass die Bibel sie gerade durch diese schwere Zeit ihres Lebens getragen hat. Sie sagen, dass, als ihnen der Druck, die Not und die

Verzweiflung am stärksten und unerträglich vorkamen, die Bibel ihnen beides gab: Rat und Hoffnung. Manchmal kann es einem im Umgang mit Hinterbliebenen so vorkommen, als gebe es für sie keine Antwort auf die Frage, wozu, mit welchem Ziel und Zweck Gott ihnen bestimmte Lebenssituationen zumutet. Ein Perspektivenwechsel mag hier weiterführen: Könnte es sein, dass Gott nicht selbst aktiv Leid und Not in die Welt schickt, aber dass er es bisweilen zulassen und selbst mit aushalten muss, dass seine Kinder leiden, weil sie ihren freien Willen in zerstörerischer Weise gegen sich und andere einsetzen?! Manche Prüfungen oder Lektionen des Lebens würde sich niemand selbst aussuchen. Doch lässt sich manchmal später noch erkennen, wozu es nötig war, durch diesen Tunnel zu gehen. In solchen Tunnelzeiten brauchen Hinterbliebene Unterstützung durch Freunde und Verwandte, die sie ermutigen. Ermutigung kann für Christen auch bedeuten, Gott zu vertrauen, und zwar gerade dann, wenn sie ihn nicht verstehen. Auch gläubige Menschen werden immer wieder an die Grenzen ihrer Gedanken und Wege kommen (s. a. Jesaja 55, 8 - 9) und brauchen dann mitmenschliche Unterstützung, um daran festzuhalten, dass Gottes Gedanken und Wege höher (und besser) sind als die eigenen und dass jede Erfahrung zum Guten mitwirken kann (vgl. Römer 8, 28).

Bei der Betrachtung der Biografie Jesu findet sich fast alles, was auch Menschen der Postmoderne an Schwierigkeiten bewältigen müssen. Somit kann es Christen helfen, sich zu fragen, ob Jesus Christus sie verstehen kann bei allem, was sie durchleiden und worüber sie sich Sorgen machen. Die Bibel macht viele Aussagen darüber, dass Gott Menschen trösten will und immer bei ihnen ist, dass er ihre Tränen sieht und für sie streitet. Gott sagt den Menschen zu, dass er sie hört. Wenn gläubigen Hinterbliebenen die Worte fehlen, um ihren Schmerz oder ihre Fassungslosigkeit auszudrücken, finden sich z. B. in den Psalmen Anregungen, wie der Verzweiflung Ausdruck verliehen werden kann. In anderen Psalmen stecken Trost, Zuversicht und Schutz.

Insbesondere als Menschen der Postmoderne haben wir uns jedoch bisweilen eine Art Instant-Denken angewöhnt, d. h. wir sind z. B. Kaffeeautomaten gewöhnt, in die wir oben eine Münze einwerfen und nach wenigen Momenten unten den heißen Kaffee entnehmen können. Diese komfortable Einrichtung findet sich in vergleichbarer Weise auch in anderen Lebensbereichen. Sie verführt allerdings zu dem meist unbewussten Wunsch, dass es mit Gebeten genauso funktionieren sollte. Der Gott, wie er in der Bibel beschrieben wird, ist allerdings nicht dem Zeitgeist mit dieser Instant-Mentalität zum Opfer gefallen, sondern bestimmt der Bibel zufolge autonom und souverän, wann der göttliche Zeitpunkt (gr. Kairos) für sein Eingreifen gekommen ist. Die Bibel ermutigt dazu, die Gebete keinesfalls zu unterlassen, weil man annehme, sie hätten keinen Einfluss auf Gottes Handeln. Ein typisches Instant-Gebet ist ja: »Herr, schenk mir Geduld – aber sofort.« Diese humorvolle Beschreibung von Ungeduld bei Gebetserhörungen kontrastiert mit mehreren Bibelstellen, die beschreiben, dass Gott Gutes für seine Kinder vorsieht und vor allem möchte, dass sie in einer lebendigen Beziehung mit ihm leben und ihn nicht als himmlischen Gebetserfüllungsgehilfen zu missbrauchen versuchen. Bei näherer Betrachtung des »Prinzips« vieler Psalmverse lässt sich feststellen, dass sich aus der Freundschaft mit Gott Kraft, Trost, Freude und Hilfe beziehen lassen können (vgl. Psalm 37, 4 – 5). Manchmal dauern Veränderungen im Leben eines Menschen länger als erwünscht. Mag dieser Mensch diese Entwicklung nun als Gebetserhörung ansehen oder eher als menschlichen Wachstumsprozess. Gemeinsam haben diese beiden Ansichten, dass Seele und Geist sich an Veränderungen anpassen müssen. Mit anderen Worten: Ein Siebenmeilenschritt, der wie durch Zauberhand über Nacht völlig neue Lebensverhältnisse schafft, wäre für die menschliche Seele eine Überforderung.

Post an Gott

Gibt es etwas, was ich Gott (oder einer höheren Macht, wie ich sie mir vorstelle) mitteilen möchte zum Selbstmord von …? Z. B. Verzweiflung, Fragen, Vorwürfe, Bitten, Hoffnungen?

Möchte ich mit einer Vertrauensperson darüber sprechen? Falls ja, mit wem und wann?

(Sie finden dieses Arbeitsblatt Nr. 2 auch im Internet unter www.acmess.de.)

Der folgende »Segen der Trauernden« veranschaulicht, was die Trauer und den Schmerz von Hinterbliebenen lindern kann:

Der Segen der Trauernden

Gesegnet seien alle,

die mir jetzt nicht ausweichen.

Dankbar bin ich für jeden,

der mir einmal zulächelt

und mir seine Hand reicht,

wenn ich mich verlassen fühle.

Gesegnet seien die,

die mich immer noch besuchen,

obwohl sie Angst haben,

etwas Falsches zu sagen.

Gesegnet seien alle,

die mir erlauben

von dem Verstorbenen zu sprechen.

Ich möchte meine Erinnerungen

nicht totschweigen.

Ich suche Menschen,

denen ich mitteilen kann,

was mich bewegt.

Gesegnet seien alle,

die mir zuhören, auch wenn das,

was ich zu sagen habe,

sehr schwer zu ertragen ist.

Gesegnet seien alle,

die mich nicht ändern wollen,

sondern geduldig so annehmen,

wie ich jetzt bin.

Gesegnet seien alle,

die mich trösten und mir zusichern,

dass Gott mich nicht verlassen hat.

Oh Gott, berge Du uns alle

in Deiner Hand,

nimm Du Dich unser an.

Bei Dir bleiben wir

ganz gleich, ob wir noch leben oder schon gestorben sind.

Aus: Was dagegen, S. 84

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0+
Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
194 s. 7 illüstrasyon
ISBN:
9783865066602
Yayıncı:
Telif hakkı:
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Metin
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