Kitabı oku: «Erzählungen aus 1001 Nacht - 5. Band», sayfa 4
So seltsam es nun auch sein mag, es ist doch wahr; als der König von dem Prinzen dieses seltene Geschenk erhalten hatte, wuchsen Furcht und Zweifel, Neid und Eifersucht auf seinen Sohn nur noch mehr, und was die Hexe und der tückische Minister und seine argen Ratgeber in ihm gesät hatten, keimte nur um so lebhafter empor; denn jetzt war er gewiß, daß die Dschinniyah ihren Gatten wirklich maßlos liebte, und daß sie ihn, all der großen Macht und des Reichtums eines Herrschers zum Trotz, wenn sie ihrem Gatten helfen wollte, an mächtigen Taten übertreffen könnte. Daher fürchtete er in höchster Furcht, sie würde nach einer Gelegenheit suchen, ihn zugunsten des Prinzen zu erschlagen, damit sie ihn an seiner Stelle auf den Thron erheben könnte. Und er befahl, ihm die Hexe zu bringen, die ihm schon einmal geraten hatte, und auf deren List und Tücke er sich jetzt am meisten verließ. Als er ihr nun berichtete, wie es mit ihrem Ratschlag abgelaufen war, besann sie sich eine Weile, hob dann die Stirn und sprach: ›O König der Könige, du machst dir Sorge um ein Nichts; du brauchst dem Prinzen Ahmad nur zu befehlen, daß er dir Wasser vom Löwenquell bringe. Er muß um seiner Ehre willen deinen Wunsch erfüllen, und wenn er es nicht kann, so wird er aus Scham nicht wagen, je wieder sein Antlitz bei Hofe zu zeigen. Einen besseren Plan als diesen kannst du nicht finden; also sorge dafür und zögere nicht auf deinem Wege.‹ Am nächsten Tage nun, als der König im vollen Darbar auf seinem Throne saß, umgeben von seinen Ministern und Vezieren, trat der Prinz Ahmad herbei, und indem er seine Huldigung leistete, setzte er sich ihm zur Seite, doch tiefer als er. Und der König sprach ihn wie immer unter allen Zeichen seiner Huld mit diesen Worten an: ›Es freut mich gewaltig, daß du mir das Zelt gebracht hast, um das ich dich bat; denn wahrlich, in meinem Schatze ist sonst nichts, was so selten und seltsam wäre. Aber eines fehlt mir noch, und könntest du mir auch das noch bringen, so würde ich mich in höchster Freude freuen. Ich habe gehört, deine Gattin, die Dschinniyah, mache beständig Gebrauch von einem Wasser, das dem Löwenquell entflösse; wenn man davon trinke, so würde man vom Fieber und von allen anderen tödlichen Krankheiten geheilt. Ich weiß, du bist um meine Gesundheit besorgt, und du wirst mich erfreuen, wenn du mir ein wenig von dem Wasser bringst, damit ich davon trinken kann, wenn es nötig ist, und wohl weiß ich, da du meine Liebe und Neigung zu dir hoch anschlägst, so wirst du dich nicht weigern, mir meine Bitte zu erfüllen.‹ Als Prinz Ahmad dies Verlangen hörte, erstaunte er, daß sein Vater so bald eine zweite Bitte tat. Daher schwieg er eine Weile, indem er bei sich dachte: ›Ich habe es irgendwie erreicht, daß mir die Herrin Peri-Banu das Zelt verschaffte, aber Allah allein weiß, wie sie jetzt handeln wird und ob diese neue Bitte ihren Zorn erregen wird oder nicht. Doch ich weiß, sie wird mir keine Gnade versagen, um die ich sie bitte.‹ Nach langem Zögern also erwiderte Prinz Ahmad: ›O mein Herr und König, ich habe nicht die Macht, in dieser Sache etwas zu tun, denn sie steht einzig bei meiner Gattin, der Prinzessin; doch will ich sie bitten, das Wasser zu geben; und wenn sie einzuwilligen geruht, so will ich es dir sofort überbringen. Freilich kann ich dir eine solche Gabe nicht mit Sicherheit versprechen; ich täte gern, was ich vermag, in allem und jedem, was dir von Nutzen sein kann; doch wenn ich sie um dieses Wasser bitte, so bedeutet das mehr als meine Bitte um das Zelt.‹ Und am nächsten Tage nahm der Prinz Abschied und kehrte zurück zu Peri-Banu; und nach liebevollen Umarmungen und Begrüßungen sprach er: ›O meine Herrin und Licht meiner Augen, mein Vater, der Sultan, schickt dir seinen erkenntlichen Dank für die Gewährung seines Wunsches, nämlich für das Zelt; und jetzt wagt er es noch einmal, und, deiner Güte und deines Wohlwollens gewiß, erbittet er von deiner Hand, daß du ihm ein wenig vom Wasser des Löwenquells gewährst. Doch ich möchte dich bitten: wenn es dir nicht gefällt, dies Wasser zu geben, so laß die Sache vergessen sein; denn alles zu tun, was du willst, ist mein einziger Wunsch.‹ Versetzte Peri-Banu: ›Mir scheint, dein Vater, der Sultan, will sowohl dich wie mich auf die Probe stellen, indem er solche Dinge verlangt, die ihm die Zauberin eingibt. Doch trotzdem will ich auch dies Geschenk gewähren, da der Sultan sein Herz daran gehängt hat; und weder mir noch dir soll Unheil daraus erwachsen, obgleich es mit Fährnis und Gefahr verbunden ist, und obgleich das Verlangen aus nicht geringer Bosheit und Tücke entspringt. Aber gib genau auf meine Worte acht und vergiß von ihnen nichts, sonst ist dein Verderben gewiß. Ich will dir jetzt sagen, was du zu tun hast. In der Halle des Schlosses, das sich auf jenem Berge erhebt, steht ein Brunnen, den vier wilde und reißende Löwen bewachen; und sie verteidigen den Pfad, der dorthin führt, denn stets steht ein Paar auf Wache, während das andere sich ausruht; und so hat kein lebendes Wesen jemals die Macht, an ihnen vorbei zu kommen. Doch ich will dich mit einem Mittel bekannt machen, wie du ans Ziel gelangen kannst, ohne daß dir Unheil oder Schaden von den wütenden Tieren widerfährt.‹ Mit diesen Worten zog sie aus einer Elfenbeindose einen Knäuel Garn hervor, und mit einer Nadel (einer von denen, mit denen sie ihre Arbeit verrichtet hatte) machte sie einen Ball daraus. Den gab sie ihrem Gatten in die Hand und sprach: ›Zunächst gib acht, daß du diesen Ball bei dir behältst, ich will dir gleich seinen Zweck erklären. Und zweitens wähle dir zwei sehr schnelle Rosse aus, das eine, um selber darauf zu reiten, das andere, um es mit der Leiche eines frisch geschlachteten Schafes zu beladen, das in vier Teile zerlegt ist. Und drittens nimm eine Phiole mit, die ich dir geben werde, in die tu das Wasser, das du, Inschallah – so Gott will – mitnehmen wirst. Sowie nun der Morgen dämmert, steh auf mit dem Licht und reite auf deinem erwählten Rosse hinaus und führe das andere am Zügel neben dir her. Wenn du dann das eherne Portal erreichst, das sich auf den Hof des Schlosses öffnet, so wirf, nicht weit vom Tor entfernt, diesen Ball vor dir auf den Boden. Er wird alsbald aus eigener Kraft zu rollen beginnen, und zwar auf das Tor des Schlosses zu; du aber folge ihm durch den offenen Eingang, bis er in seinem Laufe inne hält. In diesem Augenblick wirst du die vier Löwen sehen; und die beiden, die wach sind und wachen, werden die beiden, die schlafen und ruhen, wecken. Alle vier werden die Kiefer zum Boden kehren und knurren und brüllen mit scheußlichem Geheul, als wollten sie über dich herfallen und dir Glied von Glied abreißen. Aber fürchte nichts und laß dich nicht schrecken, und wirf die vier Schafsviertel vom Leitpferd zu Boden, eines für jeden der Löwen. Hüte dich, von deinem Rosse zu steigen, sondern stoße ihm den Spornschuh in die Flanken und reite mit aller Macht zu dem Brunnen, in dem das Wasser sich befindet. Hier steige ab und fülle die Phiole, während die Löwen mit ihrem Fraß beschäftigt sind. Und schließlich kehre schleunigst zurück, so werden die Tiere dich nicht hindern, an ihnen vorüber zu reiten.‹ Am nächsten Tage tat Prinz Ahmad mit Tagesanbruch alles, was Peri-Banu ihm befohlen hatte, und er ritt zum Schlosse davon. Und als er das eherne Portal durchschritten, den Hof durchquert und die Tür geöffnet hatte, drang er ein in die Halle; dort warf er den Löwen die Schafsviertel vor, eines für einen jeden, und schnell erreichte er den Quell. Er füllte seine Phiole mit Wasser aus dem Becken und eilte in aller Hast zurück. Doch als er ein wenig geritten war, wandte er sich um und sah zwei von den wachenden Löwen, die ihn verfolgten; das aber schreckte ihn keineswegs, nur zog er den Säbel aus der Scheide, um sich zur Verteidigung zu rüsten. Und als der eine der beiden sah, wie er das Schwert zur Abwehr entblößte, wich er ein wenig vom Wege ab, stand und starrte ihn an, nickte mit dem Kopf und wedelte mit dem Schweif, als wolle er den Prinzen bitten, den Säbel in die Scheide zu stoßen, und ihm versichern, daß er in Frieden reiten könne, ohne eine Gefahr zu fürchten. Der andere Löwe aber sprang jenem voraus und folgte ihm eng auf den Fersen, und beide ließen nicht ab, ihn zu begleiten, bis er die Stadt, ja das Tor des Palastes erreicht hatte. Und ebenso bildete das zweite Paar den Nachtrab, bis Prinz Ahmad in die Tür des Palastes getreten war; und als sie dessen gewiß waren, kehrten alle vier zurück, wie sie gekommen waren. Als nun die Bewohner der Stadt dies wunderbare Schauspiel sahen, flohen sie in wildem Entsetzen davon, obgleich die verzauberten Tiere niemanden belästigten. Und da ein paar reitende Ritter ihren Herrn allein und ohne Gefolge reiten sahen, eilten sie herbei und halfen ihm abzusitzen. Derweilen aber saß der Sultan in der Halle des Diwans im Gespräch mit seinen Vezieren und Ministern; und als Prinz Ahmad eintrat, grüßte er ihn und segnete ihn ehrfurchtsvoll, bat um die Dauer seines Daseins, seines Gedeihens und Reichtums, setzte die Phiole mit dem Wasser vom Löwenquell vor seinen Füßen hin und sprach: ›Siehe, ich habe dir gebracht, was du verlangtest. Dieses Wasser ist sehr selten und schwer zu erlangen; und in deinem ganzen Schatzhause gibt es nichts, was so merkwürdig wäre und von solchem Wert. Wenn du je an einer Krankheit erkranken solltest (der allmächtige Allah verhüte, daß solches in deinem Schicksal geschrieben stehe!), so trinke einen Schluck davon, und du wirst alsbald von jeglichem Leiden genesen.‹ Als der Prinz zu Ende gesprochen hatte, umarmte ihn der Sultan mit aller Liebe und Herzlichkeit, Huld und Ehrung und küßte ihm das Haupt; und er setzte ihn zu seiner Rechten und sprach: ›O mein Sohn, ich bin dir verpflichtet über jedes Maß und jede Grenze hinaus, dieweil du dein Leben gewagt hast, um mir unter vieler Mühsal und Gefahr dies Wasser aus einem so verderblichen Orte zu holen.‹ Denn die Hexe hatte den Sultan schon über den Löwenquell aufgeklärt und über die tödlichen Gefahren, die das Schloß umlauerten; er wußte also recht gut, wie tapfer seines Sohnes verwegene Tat gewesen war; und gleich darauf fuhr er fort: ›Sag, o mein Kind, wie konntest du dich dorthin wagen, und wie bist du den Löwen entronnen und brachtest wohlbehalten und unverletzt das Wasser zurück?‹ Versetzte der Prinz: ›Bei deiner Huld, o mein Herr und König, ich kehrte sicher von jenem Orte zurück vor allem deshalb, weil ich handelte nach dem Gebot meiner Gattin, der Herrin Peri-Banu; und ich konnte das Wasser aus dem Löwenquell nur bringen, weil ich ihren Befehlen gehorchte.‹ Und er berichtete seinem Vater alles, was ihm auf dem Hin- und Rückweg widerfahren war. Und als der Sultan die glänzende Tapferkeit und den Mut seines Sohnes erkannte, da fürchtete er sich nur um so mehr, und die Bosheit und Tücke, der Neid und die Eifersucht, die ihm den Busen füllten, wurden noch zehnmal so groß wie zuvor. Er verbarg jedoch seine wahren Empfindungen, entließ den Prinzen Ahmad, begab sich in seine Gemächer und schickte sofort der Hexe Befehl, vor ihm zu erscheinen; und als sie kam, da erzählte er ihr von des Prinzen Besuch und berichtete ihr, wie er das Wasser vom Löwenquell hatte bringen können. Sie hatte bereits davon vernommen, weil die Löwen in der Stadt einigen Aufruhr verursacht hatten; aber als sie den ganzen Bericht angehört hatte, da staunte sie in höchstem Staunen, flüsterte dem Sultan ihren neuen Plan ins Ohr und sprach triumphierend: ›O König der Könige, diesmal sollst du dem Prinzen einen Auftrag geben, wie er ihm, dünkt mich, Mühe machen soll, und es wird ihm schwer fallen, auch nur das geringste von ihm auszuführen.‹ ›Du hast wohl gesprochen,‹ erwiderte der Sultan; ›und jetzt will ich wahrlich diesen Plan versuchen, den du für mich entworfen hast.‹ Am nächsten Tage also, als Prinz Ahmad vor seinen Vater trat, sprach der König zu ihm: ›O mein teures Kind, es entzückt mich sehr, deine Mannhaftigkeit und Tapferkeit zu sehen, sowie auch die Kindesliebe, die dich erfüllt; denn diese guten Gaben hast du bewiesen, indem du mir die beiden Seltenheiten verschafftest, um die ich dich bat. Und jetzt habe ich noch eine letzte Bitte für dich, und sollte es dir gelingen, mir meinen Wunsch zu erfüllen, so will ich wahrlich mit meinem geliebten Sohne zufrieden sein und ihm den Rest meiner Tage hindurch danken.‹ Versetzte der Prinz: ›Und welches ist die Gabe, die du wünschest? Ich für mein Teil will dein Geheiß erfüllen, soweit es in meinen Kräften liegt.‹ Gab der König dem Prinzen zur Antwort: ›Ich möchte, du brächtest mir einen Mann, an Statur und Wuchs nicht höher als drei Fuß, jedoch mit einem Bart von vollen zwanzig Ellen; der soll auf der Schulter einen stählernen Stab von zweihundertundsechzig Pfund Gewicht tragen, den er mit Leichtigkeit schwingt und sich um den Kopf wirbelt, ohne die Stirne kraus zu ziehen, wie die Menschen sonst hölzerne Keulen schwingen.‹ So bat der Sultan, irre geführt nach dem Spruche des Schicksals und achtlos des Guten wie Bösen, um eben das, was das sicherste Verderben über ihn bringen mußte. Und auch Prinz Ahmad war in blindem Gehorsam und aus reiner Liebe zu seinem Vater bereit, ihm zu bringen, was er verlangte, denn er wußte nicht, was in der geheimen Absicht seiner harrte. Sprach er: ›O mein Vater und Sultan, ich denke, es wird schwer sein, in der ganzen Welt ehren Menschen zu finden, wie du ihn verlangst; doch ich will mein Bestes tun, deinen Befehl zu vollführen.‹ Und der Prinz zog sich zurück und kehrte wie immer heim in seinen Palast, wo er Peri-Banu in Liebe und Freude begrüßte; sein Gesicht aber war besorgt, und das Herz war ihm schwer, wenn er an des Königs Verlangen dachte. Als ihn die Prinzessin so in Gedanken sah, da fragte sie ihn und sprach: ›O mein teurer Herr, welche Nachricht bringst du mir heute?‹ Versetzte er: ›Der Sultan verlangt bei jedem Besuch etwas Neues von mir, und er wird mir mit seinen Bitten zur Bürde; heute will er mich auf die Probe stellen, und in der Hoffnung, mich zu beschämen, fordert er etwas, was ich in der ganzen Welt nicht zu finden hoffen kann.‹ Und er erzählte ihr alles, was der König zu ihm gesprochen hatte. Als nun Peri-Banu diese Worte hörte, sprach sie zu dem Prinzen: ›Mache dir darüber keinerlei Sorge. Du hast es unter großen Gefahren gewagt, für deinen Vater Wasser aus dem Löwenquell zu holen, und es gelang dir, dein Ziel zu erreichen. Nun ist diese neue Aufgabe keineswegs schwerer oder gefährlicher als jene: ja, sie ist leichter, denn der, den du schilderst, ist kein anderer als mein leiblicher Bruder Schabbar. Obwohl wir beide die gleichen Eltern haben, so hat es doch Allah, dem Allmächtigen, gefallen, uns in verschiedenen Gestalten zu bilden und ihn seiner Schwester so unähnlich zu machen, wie es ein Wesen in sterblicher Form nur sein kann. Obendrein ist er tapfer und unternehmend, und stets sucht er nach einer Tat und einem Unterfangen, durch das er meinem Besten dienen kann; und gern führt er das aus, was er beginnt. Er ist gestaltet und geformt, wie der Sultan, dein Vater, ihn schildert, und niemals benutzt er eine andere Waffe als den Mabbut oder die stählerne Keule; und sieh, jetzt will ich ihn holen lassen, du aber erschrick nicht, wenn du ihn siehst.‹ Versetzte Prinz Ahmad: ›Wenn er wirklich dein Bruder ist, was tut es da, wie er aussieht? Ich werde ihn mit Vergnügen sehen, wie man einen geschätzten Freund sieht oder einen geliebten Verwandten. Weshalb sollte ich mich vor seinem Anblick fürchten?‹ Als sie diese Worte vernahm, entsandte Peri-Banu eine ihrer Dienerinnen, die ihr aus ihrem geheimen Schatz eine goldene Räucherpfanne brachte; und sie befahl, ein Feuer darin zu entzünden, schickte nach einer Schatulle aus edelsteinbesetzten edlen Metallen, einem Geschenk ihrer Sippe, nahm einigen Weihrauch daraus und warf ihn in die Flammen. Sogleich wirbelte ein dichter Rauch hoch in die Luft und verbreitete sich im ganzen Palaste; und wenige Augenblicke darauf rief Peri-Banu, die ihre Beschwörungen eingestellt hatte: ›Sieh, mein Bruder Schabbar kommt! Erkennst du seine Gestalt?‹ Der Prinz sah empor und erblickte ein Männchen von Zwerggestalt, nicht mehr als drei Fuß hoch, mit einem Höcker auf der Brust und einem Buckel auf dem Rücken; doch trug er sich stattlich und mit majestätischer Miene. Auf seiner rechten Schulter hielt er den stählernen Stab von zweihundertsechzig Pfund Gewicht. Sein Bart war dicht und zwanzig Ellen lang, doch so kunstvoll angeordnet, daß er den Boden nicht berührte; auch trug er einen langen, gewundenen Schnurrbart, der sich bis zu den Ohren emporkräuselte, und sein ganzes Gesicht war mit langem Haar bedeckt. Seine Augen waren denen der Schweine nicht unähnlich, und sein Kopf, auf dem er einen kronenförmigen Kopfschmuck trug, war von ungeheurer Größe, so daß er zu seinem winzigen Körper in Widerspruch stand.
Prinz Ahmad saß ruhig neben seinem Weibe und spürte keine Furcht, als die Gestalt sich nahte; und als Schabbar herzutrat, fragte er Peri-Banu mit einem Blick auf ihn und sprach: ›Wer ist der Sterbliche, der dir zur Seite sitzt?‹ Versetzte sie: ›O mein Bruder, es ist mein geliebter Gatte, Prinz Ahmad, der Sohn des Sultans von Hindostan. Ich schickte dir keine Einladung zur Hochzeit, da du mit einem großen Unternehmen beschäftigt warst; jetzt aber bist du durch die Gnade des allmächtigen Allah triumphierend heimgekehrt, nachdem du deine Feinde besiegtest, und daher berief ich dich in einer Sache, die mich nahe angeht.‹ Als er diese Worte vernahm, blickte Schabbar huldvoll auf den Prinzen Ahmad und sprach: ›O meine Schwester, kann ich ihm einen Dienst erweisen?‹ Und sie versetzte: ›Sein Vater, der Sultan, wünscht glühend, dich zu sehen, und ich bitte dich, geh zu ihm und nimm den Prinzen als Führer mit.‹ Sprach er: ›Ich bin zu sofortigem Aufbruch bereit.‹ Doch sie: ›Noch nicht, o mein Bruder. Du bist ermattet von der Reise; also verschiebe deinen Besuch bei dem König bis morgen, und heute abend will ich dir alles berichten, was den Prinzen Ahmad betrifft.‹ Und als es soweit war, unterrichtete Peri-Banu ihren Bruder Schabbar über den König und seine argen Berater; doch vor allem verweilte sie bei den Übeltaten der Alten, der Hexe: wie sie den Plan entworfen hätte, dem Prinzen Ahmad zu schaden und ihn tückisch zu hindern, damit er nicht mehr in die Stadt und an den Hof ginge, und wie sie solchen Einfluß auf den König gewonnen hätte, daß er den eigenen Willen ihrem füge und immer täte, was sie ihn tun hieß. Und am nächsten Tage brachen Schabbar, der Dschinni, und Prinz Ahmad mit der Dämmerung gemeinsam auf, den Sultan zu besuchen. Und als sie die Stadttore erreicht hatten, war alles Volk, Edle wie Bürger, entsetzt ob der scheußlichen Erscheinung des Zwergen; und auf allen Seiten flohen sie voller Schrecken, flüchteten sich in die Läden und Häuser, verrammelten die Türen, schlossen die Fenster und verbargen sich. So erfüllt von Grauen war ihre Flucht, daß viele Füße im Laufen die Schuhe und Sandalen verloren, während anderen die gelösten Turbans von den Köpfen fielen. Und als die beiden sich durch die Straßen und Plätze und Märkte hin, die so verlassen waren wie die Wüste Samawah, dem Palaste näherten, gaben alle Wächter der Tore Fersengeld, als sie Schabbar erblickten, und sie entflohen, so daß niemand ihren Eintritt hinderte. Sie gingen geradenweges in die Halle des Diwan, wo der Sultan seinen Darbar abhielt, und vor ihm fanden sie eine Schar von Ministern und Beratern, großen und kleinen, wovon jeder an der seinem Rang gebührenden Stelle stand. Und auch sie entflohen, als sie Schabbar erblickten, in wildem Schreck und verbargen sich; und selbst die Leibwache hatte die Posten verlassen und dachte nicht daran, die beiden anzuhalten oder durchzulassen. Nur der Sultan saß noch regungslos auf seinem Thron, als Schabbar zu ihm trat und mit stolzer Miene und königlicher Würde rief: ›O König, du hast den Wunsch ausgesprochen, mich zu sehen; und sieh, hier bin ich. Sprich jetzt, was du von mir wünschest?‹ Der König aber gab ihm keine Antwort, sondern hielt sich nur die Hände vor die Augen, um die furchtbare Gestalt nicht anzusehen; und er wandte den Kopf und wäre gern geflohen. Schabbar aber ergrimmte ob dieser Unhöflichkeit des Sultans, und er grollte ihm in schwerem Groll, als er bedachte, daß er sich die Mühe gemacht hätte, auf den Wunsch eines solchen Feiglings zu kommen, der jetzt, da er ihn sah, gern fortgelaufen wäre. Und der Dschinni hob, ohne einen Augenblick zu zögern, die stählerne Keule, schwang sie zweimal durch die Luft und traf den Sultan, ehe Prinz Ahmad den Thron erreichen oder sich sonst irgendwie ins Mittel legen konnte, so gewaltig auf den Kopf, daß er ihm den Schädel zertrümmerte und sein Gehirn auf den Boden verspritzte. Kaum aber hatte Schabbar seinem Beleidiger ein Ende gemacht, so wandte er sich wild wider den Großvezier, der dem Sultan zur Rechten stand, und unfehlbar hätte er auch ihn erschlagen, hätte der Prinz nicht um sein Leben gebeten und gesprochen: ›Töte ihn nicht: er ist mein Freund, und nimmer hat er arges Wort wider mich gesagt. Nicht aber ist das der Fall bei den anderen, seinen Genossen.‹ Als er diese Worte hörte, fiel der wütende Schabbar zu beiden Seiten über die Minister und schlimmen Ratgeber her, das heißt, über alle, die arge Pläne wider den Prinzen Ahmad entworfen hatten: er erschlug sie einen wie alle und ließ keinen einzigen entkommen, außer denen, die entflohen waren und sich verborgen hielten. Dann trat er aus der Halle des Gerichtes auf den Hof und sprach zu dem Minister, dem der Prinz das Leben gerettet hatte: ›Höre, hier lebt eine Hexe, die meinem Bruder, dem Gatten meiner Schwester, Feindschaft nachträgt. Sorge, daß du sie alsbald herbeibringst; und ebenso den Schurken, der seines Vaters Geist mit Haß und Tücke, Neid und Eifersucht gegen ihn erfüllte, damit ich ihnen volles Maß für ihre Missetaten erteile.‹ Und der Großvezier brachte sie alle, zunächst die Hexe und dann den tückischen Minister mit seiner Schar von Schmeichlern und Gönnern, und Schabbar fällte sie den einen nach dem anderen mit seinem stählernen Knittel; und er tötete sie erbarmungslos, indem er der Hexe zurief: ›Solches ist das Ende all deiner Ränke mit dem König, und dies ist die Frucht deines Trugs und Verrats; lerne daraus, dich nicht wieder krank zu stellen!‹ Und in der Blindheit seiner Raserei hätte er auch alle Bewohner der Stadt erschlagen, aber Prinz Ahmad hinderte ihn und beruhigte ihn mit sanften und schmeichelnden Worten. Da kleidete Schabbar seinen Bruder ein in den Königsmantel, setzte ihn auf den Thron und rief ihn aus als Sultan von Hindostan. Und alles Volk, hoch wie niedrig, freute sich dieser Nachricht in höchster Freude, denn Prinz Ahmad war bei allen beliebt. Daher drängten sich denn auch die Massen herbei, den Treueid zu leisten und Geschenke und Huldigungsgaben zu bringen, und sie erhoben die Stimmen und riefen: ›Lang lebe König Ahmad!‹ Und als all das geschehen war, schickte Schabbar nach seiner Schwester Peri-Banu und machte sie unter dem Namen Schahr-Banu, d.i. Stadtherrin, zur Königin. Und nach einiger Zeit nahm er Abschied von ihr und dem König Ahmad und kehrte in seine Heimat zurück.
Da aber berief der König Ahmad seinen Bruder, den Prinzen Ali, und Nur al-Nihar, und er machte ihn zum Statthalter einer großen Stadt, die der Hauptstadt ganz nahe war, und er schickte ihn mit großem Prunk und Pomp dorthin. Und er ernannte auch einen Boten, den er zum Prinzen Husain schickte, damit er ihm Nachricht bringe von allen Geschehnissen und ihm sage: ›Ich will dich zum Herrscher jeder Hauptstadt und jeden Landes machen, nach dem deine Seele sich sehnt; und wenn du einwilligst, so will ich dir die Briefe der Bestallung schicken.‹ Da aber der Prinz in seinem Derwischleben ganz zufrieden und völlig glücklich war, so fragte er nichts nach Macht und Herrschaft und weltlichen Eitelkeiten; er schickte also den Boten mit seiner Huldigung und seinem erkenntlichen Dank zurück, indem er bat, man möge ihn in der Einsamkeit und im Verzicht auf die weltlichen Dinge seinem Leben überlassen.«
Als nun die Königin Schahrazad ihre Geschichte beendet hatte, sprach der König Schahryar, da die Nacht noch nicht verstrichen war, zu ihr und sagte: »Diese deine Geschichte war wunderbar und erstaunlich, und sie hat mich aufs höchste entzückt; deshalb bitte ich dich, erzähle uns noch eine andere, bis die letzten Stunden dieser unserer Nacht vergangen sind.« Versetzte sie: »Es sei, wie du willst, o glücklicher König: ich bin deine Sklavin und tue, was du befiehlst. Doch ich will dir jetzt Geschichten von großmütigen Männern erzählen, o glücklicher König, denn ihrer sind viele, und unter ihnen ist