Kitabı oku: «Handbuch des Strafrechts», sayfa 51

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e) Unbefugtheit der Nachstellung

aa) Dogmatische Bedeutung

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Nach Ansicht des Gesetzgebers soll das Erfordernis der Unbefugtheit des Nachstellens dogmatisch bereits den Tatbestand einschränken, um sozialadäquates Verhalten auszuklammern.[242] In der Literatur wird hingegen davon ausgegangen, dass es sich insgesamt um einen (deklaratorischen) Verweis auf die Rechtswidrigkeit handeln soll.[243] Schließlich wird vertreten, dass dem Merkmal eine Doppelfunktion dergestalt zukommen soll, dass nur bei einem Einverständnis des Opfers der Tatbestand ausgeschlossen ist, im Übrigen aber nur eine Rechtfertigung in Betracht kommt.[244] Allen drei Ansichten kann jedoch nicht uneingeschränkt zugestimmt werden. Es bedarf einer differenzierenden Betrachtung: Richtig ist, dass die in Nr. 1 und Nr. 2 beschriebenen Handlungen zur Herstellung von Kommunikation selbst bei beharrlicher Begehungsweise nicht zwingend unbefugt sein müssen, sofern dies nicht gegen den Willen des Opfers geschieht. So kann etwa das wiederholte Aufsuchen der räumlichen Nähe im Rahmen der Anbahnung einer Partnerschaft erhofft oder sogar erwünscht sein. Soweit in diesen Fällen das Opfer mit dem Verhalten einverstanden ist oder andere Gründe gegen eine Unbefugtheit sprechen, ist bereits der Tatbestand ausgeschlossen, da das Verhalten sozialadäquat ist. Hingegen ist den in Nr. 3 und Nr. 4 beschriebenen Verhaltensweisen die Unbefugtheit immanent, da etwa die nicht einverständliche Nutzung von Daten stets als „missbräuchlich“ zu qualifizieren ist. In diesem Fall kann eine Befugnis zur Vornahme der Nachstellungshandlung daher nur als Rechtfertigungsgrund qualifiziert werden.[245] Für Fälle der Nr. 5 hängt die Beurteilung vom jeweiligen Umstand ab, der den Auffangtatbestand begründen soll.

bb) Inhaltliche Bedeutung

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Unabhängig von der dogmatischen Bedeutung des Merkmals, ist die Unbefugtheit zu verneinen, wenn ein ausdrückliches oder konkludentes Einverständnis des Opfers in das Verhalten des Täters vorliegt, wobei sich dieses auch auf die Beharrlichkeit des Täterverhaltens beziehen muss.[246] Dabei ist sorgfältig der Umfang des jeweiligen Einverständnisses zu prüfen. Das Einverständnis kann auch nur auf einzelne Verhaltensweisen bezogen oder zeitlich begrenzt sein, so dass die übrigen Tathandlungen weiterhin Anknüpfungspunkt einer Strafbarkeit sein können.[247] Daneben kann die Unbefugtheit aber auch dann entfallen, wenn die Verhaltensweisen öffentlich-rechtlich oder zivilrechtlich erlaubt sind. Der Gesetzgeber hat insoweit etwa auf die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers, der Polizei, der Strafverfolgungsorgane, das hartnäckiges Verhalten eines Gläubigers oder presserechtlich zulässige Nachfragen verwiesen.[248]

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Zu überlegen ist, ob neben § 34 StGB auch die „Wahrnehmung berechtigter Interessenzu einer Rechtfertigung führen kann. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass dieser Rechtfertigungsgrund nur dort Bedeutung erlangt, wo er ausdrücklich normiert ist.[249] Allerdings sieht § 1 Abs. 2 S. 2 GewSchG einen entsprechenden Rechtfertigungsgrund für die Strafbarkeit nach § 4 GewSchG vor, den man im Wege der Einzelanalogie zugunsten des Täters auf § 238 StGB übertragen könnte.[250] Für eine solche analoge Anwendung könnte vor allem sprechen, dass es gemäß dem Gedanken der Subsidiarität des Strafrechts wenig überzeugend wäre, wenn zivilrechtlich erlaubte Handlungen strafbar wären. Das würde freilich allenfalls zutreffen, wenn die Regelungen des Gewaltschutzgesetzes im Unrechtsgehalt dem Nachstellungstatbestand entsprechen würden. Dies ist aber schon deshalb zu verneinen, weil § 238 StGB anders als das Gewaltschutzgesetz die Eignung zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung voraussetzt.[251] Daher kann aus dem Gewaltschutzgesetz nur der Schluss gezogen werden, dass die jeweiligen Handlungen aufgrund Wahrnehmung berechtigter Interessen erlaubt sind, nicht jedoch, wenn durch diese vorsätzlich eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung verursacht wird. Zudem ist zu berücksichtigten, dass das Gewaltschutzgesetz mit dem Verstoß gegen vollstreckbare gerichtliche Schutzanordnungen eine andere Schutzrichtung und Grundkonzeption verfolgt. Und schließlich hat der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich die Aufnahme eines Tatbestandsausschlusses oder Rechtfertigungsgrundes für die Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen, wie dies vor allem für die Tätigkeit der Presse im Hinblick auf Art. 5 GG gefordert wurde,[252] abgelehnt. Abgesehen davon, dass ein unbefugtes Verhalten der Presse, das mit einer Eignung zur schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Betroffenen verbunden ist, ebenfalls strafwürdig ist,[253] ist aufgrund dieser klaren gesetzgeberischen Entscheidung eine Analogie abzulehnen. Aus demselben Grund kann im Übrigen auch nicht § 193 StGB analog angewendet werden. Nur in Fällen, in denen das Interesse des Täters wesentlich überwiegt, kann über § 34 StGB eine Rechtfertigung eintreten.[254]

f) Eignung zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers

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Wie bereits dargestellt, wurde der Tatbestand in ein Eignungsdelikt umgestaltet.[255] Es bedarf nicht mehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers, die kausal und objektiv zurechenbar auf Nachstellungshandlungen beruht. Vielmehr ist es ausreichend, dass eine unbefugte und beharrliche Nachstellung vorliegt, die „geeignet ist“, das Opfer in seiner Lebensgestaltung schwerwiegend zu beinträchtigen. Insoweit ist der tatbestandliche Erfolg vom ex post zu betrachtenden Verhalten des Opfers abgekoppelt. Nunmehr ist aus einer objektiven ex ante-Perspektive zu beurteilen, ob unter Berücksichtigung der konkreten Umstände eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers eintreten kann. Ob das Opfer im Einzelfall tatsächlich seine Lebensgestaltung ändert und damit eine Opferreaktion eintritt, ist unerheblich. Es ist letztlich auf eine objektive Betrachtung abzustellen, so dass das besonders labile oder besonders hartgesottene Opfer im Einzelfall nicht den Maßstab bildet.

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Die Eignung zur schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung ist zu verneinen, wenn es sich im Falle des Erfolgseintritts nur um eine atypische Reaktion handeln würde. Nicht einbezogen sind auch (weiterhin) Fälle, in denen das Opfer schon auf erste Nachstellungshandlungen reagiert, ohne dass der Täter zu diesem Zeitpunkt überhaupt beharrlich gehandelt hat. Auch die Eignung zur (bloßen) Verursachung psychischer Beeinträchtigungen oder Furcht beim Opfer genügt für sich genommen hingegen nicht, soweit damit keine Auswirkungen auf die Lebensgestaltung verbunden sein können und damit die Eignung zu einer entsprechenden Opferreaktion fehlt.[256] Bestätigt wird dies auch durch das Rechtsgut; denn der Tatbestand schützt die Handlungs- und Entschlussfreiheit des Opfers im Hinblick auf die persönliche Lebensgestaltung, nicht aber das Freisein von Furcht.[257]

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Der wenig konturierte Begriff der Lebensgestaltung[258] ist weiter gefasst als derjenige des höchstpersönlichen Lebensbereichs in § 201a StGB. Erfasst werden sollen nur gravierende und ernst zu nehmende Beeinträchtigungen, die über durchschnittliche, regelmäßig hinzunehmende und zumutbare Beeinträchtigungen der Lebensgestaltung hinausgehen.[259] Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es bei Konflikten, insbesondere bei der Beendigung von persönlichen Beziehungen, häufig zu Kontaktaufnahmen kommt und daher nicht jede mögliche Opferreaktion eine Strafbarkeit zu begründen vermag.[260] Nach Ansicht des Gesetzgebers sowie der Rechtsprechung sind typische Beispiele Aufgabe des Arbeitsplatzes, Umzug aus der Wohnung, Verlassen der Wohnung nur in Begleitung oder gar Auswanderung.[261] Ferner werden der Rückzug aus dem sozialen Leben, erhebliche Veränderungen in der Freizeitgestaltung und im Kommunikationsverhalten sowie Änderung des Namens genannt.[262] Nicht tatbestandsmäßig sind dagegen einfache Schutzmaßnahmen, wie das Beantragen von Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz[263] oder übliche Sicherungen, wie das Verschließen von Fenstern und Türen.[264] Ferner werden genannt der Verzicht auf Entgegennahme von Telefonanrufen, die Benutzung eines Anrufbeantworters oder die Einrichtung einer Fangschaltung.[265]

g) Subjektiver Tatbestand

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In subjektiver Hinsicht genügt Eventualvorsatz. Dieser muss sich nicht nur auf die Eignung zur schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung erstrecken, sondern auch – soweit bereits Gegenstand des objektiven Tatbestandes – auf die Unbefugtheit der beharrlichen Nachstellungshandlung. Irrt sich der Täter in diesem Fall über ein Einverständnis des Opfers hinsichtlich konkreter Nachstellungshandlungen, liegt ein vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum nach § 16 Abs. 1 S. 1 StGB vor. Soweit die Unbefugtheit hingegen nur die Rechtswidrigkeit betrifft, ist in diesen Fällen ein Erlaubnistatbestandsirrtum gegeben. Wertet der Täter seine Handlungen lediglich als nicht beharrlich oder unbefugt, so liegt nur ein Verbotsirrtum i.S.d. § 17 StGB vor.

2. Strafschärfungen des § 238 Abs. 2 und Abs. 3 StGB

a) Strafschärfende Folgen

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§ 238 Abs. 2 StGB enthält eine Qualifikation für Fälle, in denen der Täter das Opfer, einen Angehörigen (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB) des Opfers oder eine andere dem Opfer nahestehende Person durch die Tat in die konkrete Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt. Die bloße Eignung der Tat hierzu genügt nicht. Die im StGB hierfür verwendete Formulierung „bringt“ macht deutlich, dass sich der Vorsatz auf das qualifizierende Merkmal erstrecken muss und damit Fahrlässigkeit i.S.d. § 18 StGB nicht ausreichend ist.[266] Eine schwere Gesundheitsschädigung liegt vor, wenn das Opfer in eine ernste, langwierige Krankheit verfällt oder eine dauernde oder langwierige, schwerwiegende Beeinträchtigung der Gesundheit, der Arbeitskraft oder anderer körperlicher Fähigkeiten oder eine nachhaltige Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Stabilität gegeben ist.[267] Über dieses Merkmal können auch psychische Folgen mit Krankheitswert erfasst werden.[268] Allerdings ist der Anwendungsbereich begrenzt, da zunächst einmal der Grundtatbestand mit einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung verwirklicht sein muss, wofür psychische Beeinträchtigungen gerade nicht genügen.

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§ 238 Abs. 3 StGB enthält hingegen eine Erfolgsqualifikation für Fälle, in denen der Täter den Tod des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahestehenden Person durch die Tat verursacht. Die Formulierung „verursacht“ bringt zum Ausdruck, dass es sich um eine Erfolgsqualifikation handelt und damit gemäß § 18 StGB Fahrlässigkeit genügt.[269]

b) Opferkreis

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Die Strafschärfungen sind zunächst verwirklicht, wenn die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung oder der Tod beim Nachstellungsopfer selbst eintritt. Ausreichend für § 238 Abs. 2 und Abs. 3 StGB ist aber auch der Eintritt des qualifizierenden Umstandes bei einem Angehörigen oder einer anderen nahestehenden Person. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass auch Kinder, Lebenspartner, Eltern usw. von den Nachstellungshandlungen betroffen sein können.[270]

c) Erfordernis eines gefahrspezifischen Zusammenhangs

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§ 238 Abs. 2 und Abs. 3 StGB setzen jeweils voraus, dass sich über die Grundsätze der objektiven Zurechnung hinaus in der jeweiligen Folge die spezifische Gefahr des Grundtatbestandes der Nachstellung realisiert („durch die Tat“).[271] Der Gesetzgeber hatte dabei Fälle im Blick, in denen das Opfer bzw. eine ihm nahestehende Person auf der Flucht vor dem Täter zu Tode kommt oder das Opfer in den Suizid getrieben wird.[272] Freilich ist gerade in Fluchtfällen zu prüfen, ob nicht ein eigenverantwortliches Opferverhalten vorliegt, das den Zurechnungszusammenhang unterbricht.[273] Dies ist etwa der Fall, wenn das Opfer, um ein Zusammentreffen mit dem Täter zu vermeiden, einen anderen Heimweg wählt und es hierbei zu einem Verkehrsunfall kommt, der in keinem Zusammenhang mit den Nachstellungshandlungen steht. Bei einem Suizid liegt eine eigenverantwortliche Selbstschädigung dann nicht vor, wenn der Täter gerade durch die Einwirkung auf die Lebensgestaltung des Opfers eine psychische Beeinträchtigung geschaffen hat, die zu einer unfreien Entscheidung führt. Daran ändert sich auch nichts, wenn das Opfer gerade aufgrund dieser Beeinträchtigung eine ärztliche Behandlung ablehnt. Hingegen wird man auch bei einem Suizid nicht grundsätzlich sagen können, dass dem Täter bereits aufgrund der Verwirklichung des Grundtatbestandes das Opferverhalten als unfreiwillig im Rechtssinne zuzurechnen ist.[274] Sofern der strafschärfende Umstand bei einem Angehörigen oder einer nahestehenden Person eintritt, wird der gefahrspezifische Zusammenhang häufig zu verneinen sein, wenn sich die Tathandlung des Grundtatbestandes nur gegen das Nachstellungsopfer richtet, weil insoweit der innere Bezug zum Dritten fehlt;[275] so etwa, wenn ein Angehöriger auf dem Weg zum Verunglückten, dem er helfen möchte, verunglückt. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass bei § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB die Drohung zwar an das Nachstellungsopfer als Adressaten gerichtet sein muss, das angekündigte Übel aber auch auf nahestehende Personen bezogen sein kann, so dass dies ggf. Anlass für ein Fluchtverhalten usw. Dritter sein kann.

IV. Bezüge zum Allgemeinen Teil

1. Versuch und Vollendung

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Der Tatbestand ist mit der beharrlichen Vornahme von Handlungen, die zur schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers geeignet sind, vollendet. Soweit allerdings Drohungen i.S.d. Nr. 4 das Nachstellungsopfer als Adressaten gar nicht erreichen und daher keine Eignung zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung vorliegt, ist eine Strafbarkeit zu verneinen.[276] Der Versuch des Grundtatbestandes ist nicht strafbar. Auch § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB, der den Versuch der Kontaktherstellung genügen lässt, statuiert keine Versuchsstrafbarkeit; vielmehr wird hier nur die Tathandlung nach vorne verlagert.

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Auch in Fällen der Qualifikation des § 238 Abs. 2 StGB ist der Versuch nicht strafbar, weil es sich lediglich um ein Vergehen handelt. Hingegen ist die Erfolgsqualifikation des § 238 Abs. 3 StGB ein Verbrechen. Hier stellt sich die Frage, ob der erfolgsqualifizierte Versuch und die versuchte Erfolgsqualifikation strafbar sind. Gegen die Einbeziehung des erfolgsqualifizierten Versuchs, bei dem schon während der Versuchsphase das qualifizierende Merkmal eintritt, spricht, dass für den Grundtatbestand keine Versuchsstrafbarkeit angeordnet ist und der Eintritt der schweren Folge überhaupt nur eine Strafschärfung bewirken kann, wenn das Verhalten strafbar ist; ansonsten würde allein der strafschärfende Umstand die Strafbarkeit begründen.[277] Durch die Umgestaltung in ein Eignungsdelikt wurde freilich mittelbar der Anwendungsbereich erweitert. So genügt es in Suizid- und Fluchtfällen nunmehr, wenn der Täter zum Zeitpunkt des Eintritts des Todes beharrliche Nachstellungshandlungen vorgenommen hat, die die Eignung zur schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers aufweisen. Zuvor war eine Strafbarkeit nur ausnahmsweise denkbar, wenn das Opfer bereits seine Lebensgestaltung geändert hatte, weil es andernfalls am Grundtatbestand fehlte.[278]

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Anders entscheiden könnte man allenfalls in Fällen der versuchten Erfolgsqualifikation, bei denen der Täter über den Eintritt des Grundtatbestandes hinaus zumindest Eventualvorsatz hinsichtlich des Todes besitzt, weil hier § 238 StGB insgesamt die Strafbarkeit des Versuchs begründen könnte.[279] Dagegen spricht jedoch, dass der Gesetzgeber auch insoweit eine Versuchsstrafbarkeit nicht in den Blick genommen hat.

2. Beteiligung

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§ 238 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist als eigenhändiges Delikt ausgestaltet, weil der Täter selbst die räumliche Nähe aufsuchen muss.[280] Mittelbare Täterschaft oder Mittäterschaft ist insoweit nicht möglich. Freilich kann im Einzelfall zu prüfen sein, ob die Veranlassung Dritter, sich in der räumlichen Nähe des Opfers aufzuhalten, nicht vom Auffangtatbestand des § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB erfasst wird. Bei allen übrigen Tatbeständen kann jedermann Täter sein. § 238 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 StGB erfassen bereits tatbestandlich Fälle, in denen der vom Täter veranlasste Dritte gutgläubig ist; es handelt sich insoweit um eine tatbestandlich vertypte mittelbare Täterschaft, so dass es einer Zurechnung über § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB nicht bedarf. Soweit der Dritte bösgläubig ist, kann er nach allgemeinen Kriterien als Beteiligter strafbar sein. Soweit Beteiligte selbst nicht beharrlich handeln, können diese nur Teilnehmer sein, da die Beharrlichkeit ein persönliches Merkmal i.S.d. § 28 Abs. 1 StGB ist.[281]

3. Verhältnis zu anderen Tatbeständen

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§ 238 StGB stellt kein Dauerdelikt dar, erfordert jedoch eine sukzessive Tatbegehung, weil erst die beharrliche Vornahme mehrerer Nachstellungshandlungen, die die Eignung aufweisen, dieselbe schwerwiegende Beeinträchtigung herbeizuführen, den Tatbestand begründet.[282] Die einzelnen tatbestandlichen Verhaltensweisen i.S.d. § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 5 StGB stehen daher schon nach der gesetzgeberischen Struktur in (rechtlicher) Handlungseinheit und bilden nur eine Tat nach § 238 StGB.[283] Soweit der Täter freilich nach tatsächlichem Eintritt einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung weitere Nachstellungshandlungen vornimmt, die zu einer anderen Beeinträchtigung geeignet sind, kann zwischen den beiden Nachstellungskomplexen Tatmehrheit vorliegen. Soweit mit den Nachstellungshandlungen weitere Straftatbestände verwirklicht werden, ist schon angesichts der abweichenden Rechtsgüter Tateinheit anzunehmen. Dies gilt insbesondere auch im Verhältnis zu § 4 GewSchG, der mit dem Erfordernis einer Zuwiderhandlung gegen eine richterliche Anordnung eine andere Schutzrichtung aufweist und zudem ausdrücklich anordnet, dass die Strafbarkeit nach anderen Vorschriften unberührt bleibt.[284] Werden während der sukzessiven Tatbegehung verschiedene weitere Tatbestände verwirklicht, so kann § 238 StGB diese nach den Regeln der Klammerwirkung zu Tateinheit verbinden.[285]

V. Bezüge zum Strafverfahrensrecht

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Gemäß § 112a Abs. 1 Nr. 1 StPO kann Untersuchungshaft (Deeskalationshaft) angeordnet werden, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig ist, eine Tat nach § 238 Abs. 2 oder Abs. 3 StGB begangen zu haben und bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, dass er vor rechtskräftiger Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen oder die Straftat fortsetzen wird und die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich ist.[286] Abgesehen davon, dass die Anforderungen an die Qualifikation und die Erfolgsqualifikation recht hoch sind, muss man sehen, dass § 112a Abs. 1 Nr. 1 StPO im Fall des § 238 Abs. 3 StGB weitgehend leerläuft; denn wenn das Opfer bereits verstorben ist, wird regelmäßig keine Gefahr einer Fortsetzung der Tat bestehen, soweit sich die Nachstellung nicht gegen mehrere Personen richtet.[287]

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Soweit nicht die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält, bedarf die Strafverfolgung in Fällen des § 238 Abs. 1 StGB anders als in Fällen des § 4 GewSchG eines Strafantrags. Hintergrund ist, dass das Opfer als verletzte Person selbst entscheiden können soll, ob es sich den Belastungen des Strafverfahrens aussetzt.[288] Das Strafantragserfordernis ist allerdings auf § 238 StGB zu beschränken und nicht auf gleichzeitig verwirklichte Offizialdelikte auszudehnen, damit die Dispositionsfreiheit erhalten bleibt.[289] Dies folgt schon daraus, dass im Einzelfall ohnehin das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht werden kann, was insbesondere bei der Verwirklichung weiterer Delikte – insbesondere mit höherem Strafrahmen – naheliegt. Der Grundtatbestand des § 238 Abs. 1 StGB stellte ursprünglich nach § 374 Abs. 1 Nr. 5 StPO ein Privatklagedelikt dar. Als Hindernis für eine Privatklage konnte sich freilich das Risiko des Opfers erweisen, gemäß § 471 Abs. 2 StPO bei einer Verfahrenseinstellung oder einem Freispruch die Kosten tragen zu müssen.[290] Daher wurde § 238 Abs. 1 StGB nunmehr zu Recht aus dem Katalog der Privatklagedelikte gestrichen.[291]

2. Abschnitt: Schutz der persönlichen Freiheit › § 6 Freiheitsberaubung und Nachstellung › Ausgewählte Literatur

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