Kitabı oku: «Francisco Pizarro», sayfa 14
Es war neun Uhr abends geworden, als Vaca die Trompeten blasen ließ und damit die Verfolgung abbrach. Viele der Besiegten vermochten sich nur dadurch zu retten, daß sie Gefallenen die roten Abzeichen abnahmen und sich ansteckten. Vaca verblieb die Nacht hindurch auf dem Gefechtsfelde.
Die Nacht war bitterkalt und kostete manchen Schwerverwundeten das Leben. Erst am Morgen begannen die Feldschere und Ärzte ihre Tätigkeit, und auch die Mönche, die den Sterbenden den letzten Trost brachten. In vier großen Gruben fanden die Toten ohne Unterschied der Partei die letzte Ruhe. Die Leichen der höheren Offiziere (Holguins und anderer) brachte man nach Huamanga. Über all den Soldatengräbern flatterten nebeneinander die zerfetzten roten und weißen Fähnlein. Es waren insgesamt an die 300 Mann gefallen. Der Verlust des Siegers war größer als der des Besiegten; das Artilleriefeuer hatte das seine getan. Almagro floh nach Kuzko, dessen Behörden ihn in Gewahrsam nahmen.
Ehe Vaca nach der Königsstadt weiterzog, hielt er in Huamanga ein strenges Gericht ab. Hier zeigte sich der erbarmungslose Jurist! Vorsitzender war der Lizentiat de la Gama. Vierzig der Gefangenen wurden zum Tode verurteilt; dreißig andre zum Verlust der einen oder beider Hände. Einige wenige kamen mit Verbannung aus Perú davon. Die Urteile wurden sofort vollzogen. Vaca de Castro war der Meinung, nur durch außergewöhnliche Unerbittlichkeit könne die vom Kaiser eingesetzte Regierung volles Ansehen und volle Macht erringen. Der Einzug in Kuzko geschah unter großem Prunk. Auch dadurch führte er sich bei den Ansiedlern wie bei Eingeborenen als erster Machthaber wirkungsvoll ein.
Sofort nach dem Einmarsche fand das Kriegsgericht über den jungen Almagro statt. Er wurde wegen Rebellion zum Tode verurteilt und auf dem Großen Platze zu Kuzko durch den Henker enthauptet. Er hatte keine andre letzte Bitte, als neben seinem Vater bestattet zu werden. Ohne daß er sich, wie gebräuchlich, die Augen verbinden ließ, beugte er seinen Hals und erlitt das Unvermeidliche in Fassung und Würde. Seinem Willen gemäß brachte man seine Überreste nach dem Kloster La Merced, wo der Marschall seine Ruhestätte gefunden hatte.
Diego de Almagro war zweiundzwanzig Jahre alt, als er sterben mußte. In vielem ähnelte er seinem Vater. Sein Schicksal hätte er, ohne sich und ihm untreu zu werden, kaum ändern können. Der Mord an Pizarro war ein Akt der Privatrache, wie sie im Secento gang und gäbe war.
XXXVI
Während sich alles das ereignete, begab sich Gonzalo Pizarro nach Lima. Er verhehlte seine Verstimmung niemandem. In der Tat hatte er alle natürlichen Rechte auf die Statthalterschaft seines Bruders. Vaca de Castro erfuhr seine bitteren Reden, und da ihm daran lag, Pizarros Gereiztheit zu besänftigen, forderte er ihn auf, nach Kuzko zu kommen. Vorsichtig, wie er war, legte er zugleich eine Besatzung nach Lima.
Gonzalo leistete dem Rufe Folge. An der Spitze eines wohlgerüsteten Gefolges von Rittern zog er in Kuzko ein. Seine Unterredung mit dem neuen Statthalter verlief zeremoniell. Vaca riet ihm, sich auf sein schönes Besitztum in Charkas zurückzuziehen, und Pizarro sah wohl ein, daß dies zur Zeit das Tunlichste sei. Vacas Urbanität und Sicherheit machte Eindruck auf ihn. Ohne Groll schied er von ihm und begab sich nach Porco, wo er sich an die planmäßige Ausbeutung seiner reichen Silbergruben machte. Sein Reichtum stieg dadurch ins Ungemessene.
Der Statthalter entließ den größeren Teil seines Heeres und begann sich mit allem Eifer der Verwaltung des Landes hinzugeben. Um die Berufssoldaten zu beschäftigen, schickte er eine Expedition nach dem Ursprungsgebiet des La Plata.
Seine Fürsorge galt in ehrlichster Weise auch den Eingeborenen, indem er eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen erließ, die sie vor Erpressungen und Mißhandlungen schützen sollten. Er forderte sie auf, sich in den spanischen Ansiedlungen selbständig niederzulassen, und unterstützte die Familien, die dem Folge leisteten. Um die Plünderungen der Indianerdörfer zu verhindern, richtete er in den Tambos Herbergen ein, die zum Teil von Indianern verwaltet wurden. Dadurch hob und sicherte sich der Verkehr auf den ehedem so gefahrlosen Staatsstraßen wieder einigermaßen. Die Repartimientos wurden nachgeprüft und eingeschränkt. Fernerhin gründete er Schulen für die Kinder sowohl der Spanier wie der Eingeborenen. Vor allem versuchte Vaca die im ganzen Lande arg zerrütteten Geldverhältnisse zu ordnen und zu stärken, sowie auf einen regelmäßigen Export von Landeserzeugnissen hinzuwirken.
Damit eröffnete Vaca de Castro Wege und Pläne, für die man ihm allgemein hätte dankbar sein müssen. Die Vernünftigen im Lande erkannten seine guten Absichten gewiß an; aber Vaca war nicht beliebt, zumal er die Repartimientos angetastet hatte. Die spanischen Ansiedler hatten nur ein Bestreben: mit allen Mitteln reich zu werden. Wer ihnen hierin irgendwie Hindernisse bereitete, war ihr Mann nicht.
Vacas Berichte in die Heimat nahmen keine Rücksicht auf Privatinteressen, die seinem Kolonie-Ideal zuwiderliefen. Ihm dünkte eines mit vollem Rechte schmachvoll für die Spanier: die Knechtung der Eingeborenen. Nicht daß er im modernen Sinne ein Menschenfreund gewesen wäre: sein starkes Rechtsgefühl sprach auch hier. Er war überzeugt, daß der Kastilier auch in seiner fernsten Kolonie rechtlich und gerecht denken und handeln müsse. Voller Abscheu wandte er sich gegen jedwede Barbarei. Es war ihm zu Ohren gekommen, daß die Farmer mit Bluthunden Jagd auf Indianer machten, daß man Indianerdörfer überfiel, um Jungfrauen zu rauben, daß man altgewordene indianische Arbeiter totprügelte oder verhungern ließ, und ähnliches mehr.
Vacas Berichte stärkten die unablässigen Bemühungen eines Mannes, der von seinen Zeitgenossen vielfach als übertreibender Fanatiker verspottet worden ist, der jedoch in der Geschichte Amerikas eine edle Rolle spielt: Las Casas, des Bischofs von Chiapa. Im Jahre 1542 überreichte der Dominikaner dem Kaiser sein reiches Material zugunsten der bedrückten Indianer in den amerikanischen Ansiedlungen.
Die Folge war, daß umfangreiche Verordnungen ausgearbeitet und erlassen wurden, die allerdings reichlich nach Bureaukratismus rochen. Man rückte den Repartimientos zu Leibe, indem man neue Verordnungen erließ, um sie stark einzuschränken und zu beaufsichtigen, und mit gänzlicher Entziehung bei nachgewiesenem Mißbrauch der zugewiesenen Eingeborenen drohte.
Man hat es für merkwürdig befunden, daß ferner ein Vizekönig ernannt ward unter Zurückberufung des Statthalters Vaca. Wahrscheinlich war er am Kaiserlichen Hofe verdächtigt worden. War die Schlacht in der Ebene von Chupas wirklich unvermeidlich, war das ihr folgende Strafgericht nicht allzu grausam gewesen? Vielleicht auch waren Vacas kulturelle Verdienste in Spanien noch unbekannt. Und schließlich hielt man ihn wohl für nicht genug repräsentativ.
Der Kaiser wählte für den so schwierigen Posten den Ritter Blasco Nuñez Vela, gebürtig aus Avila, einen stattlichen, tapferen, wenngleich schon älteren Mann von altem Adel. Er hatte sich die Hochschätzung Karls V. in verschiedenen hohen Ämtern errungen. Gleichwohl war die kaiserliche Wahl verfehlt, wie sich durch die kommenden neuen Wirren in Perú sehr bald herausstellen sollte.
Dem neuen Vizekönig gab man einen Gerichtshof aus vier Richtern mit weitgehenden Befugnissen bei. Der bis dahin bestehende Gerichtshof in Panamá ward aufgelöst, weil Perú die wichtigere Kolonie geworden war. Zur Hauptstadt wurde Lima endgültig erklärt.
Blasco Nuñez schiffte sich am 3. November 1543 in San Lucar ein, begleitet von seinem glänzenden Gefolge und seinem Gerichtshofe. Er landete Mitte Januar 1544 in Nombre de Dios. Seine erste Maßregel auf amerikanischem Boden war die Beschlagnahmung eines Schiffes mit Silberbarren aus Perú, das eben den Hafen verlassen wollte, um nach Spanien zu segeln. Das Silber sei Ertrag von Sklavenarbeit, erklärte der Vizekönig. Damit machte er den Hauptpunkt seines Regierungsprogrammes aller Welt deutlich genug bekannt. In Perú hörte man die Nachricht vom neuen Kurs unter Murren und Mißbilligung.
In Panamá angekommen, erklärte er 300 Peruaner, die von ihren spanischen Herren dorthin verschachert worden waren, für freie Bürger von Perú und befahl, sie nach ihrer Heimat zurückzubefördern. Selbst seine Audiencia erhob Gegenvorstellungen: er solle mit derlei scharfen Maßregeln lieber warten, bis er seinen Posten im Lande angetreten hätte. Ruhig und bestimmt erwiderte Nuñez, er sei hier nicht da, um die Kaiserlichen Gesetze zu erörtern, sondern um sie auszuführen, gleichgültig um Eindruck und Folgen.
Unter vorläufiger Zurücklassung des Gerichtshofs, von dem ein Mitglied erkrankt und nicht reisefähig war, segelte der Vizekönig nach Tumbez, um von dort aus zu Lande weiterzugehen. Zur Verwunderung der Spanier wie der Indianer ließ er sein und seines Gefolges Gepäck auf Maultiere laden, und wo eingeborene Träger notwendig waren, bezahlte er sie reichlich.
In Tumbez hatte man ihn bestens empfangen; auf seinem weiteren Marsche ließen die Begrüßungen in den Ansiedlungen immer mehr an Freundlichkeit zu wünschen übrig. Mit Mühe erreichte es Vaca de Castro, der von Kuzko nach der Küste eilte, daß sein Nachfolger in Lima mit den ihm gebührenden Ehren bewillkommnet ward. Er selber empfing ihn in tadelloser Weise. Es war am 17. Mai 1544.
XXXVII
An jenem Tage, wo sich Gonzalo Pizarro nach seinen Besitzungen in Porco und Potosi zurückgezogen hatte, war er durchaus nicht ein endgültig Verzichtender. Im Gegenteil; nur sagte er sich damals, die Stunde sei noch nicht gekommen, in der er dem ganzen Lande der erwünschte Machthaber sein werde. Das Reich, das er als treuer Helfer seines berühmten Bruders mit erobert hatte, hielt er vor Gott und der Welt für sein natürliches Lehen. Hatte ihn die Einsetzung des Vaca de Castro bereits erbittert: die Ernennung eines Vizekönigs sagte ihm klar, daß man am Hofe des Kaisers auch nicht im Entferntesten daran dachte, der Familie Pizarro die Regierung der Kolonie zu belassen. Gonzalo Pizarro galt in Alt-Kastilien als entlassener Offizier, der seine Schuldigkeit getan und außer seiner gewiß reichen Beute keine weiteren Ansprüche an den Staat hatte und hegen durfte.
Die Neuerungen, die Blasco Nuñez mit reichlicher Übereile einzuführen begann, machten ihn vom ersten Tage an verhaßt. Naturgemäß sah sich der um sein Hab und Gut besorgt gewordene Ansiedler nach einem Gegenführer um. Es bedurfte keiner Propaganda. In ganz Perú gab es nur einen, dem man die nötige Tatkraft zutraute: Gonzalo Pizarro.
Man hinterbrachte ihm die vermutlich erdichtete Nachricht, Nuñez habe sich scharf gegen Pizarro geäußert. Unter Anderm sollte er gesagt haben: Man dürfe das Land nicht länger in den Händen von Schweinehirten belassen. Das wäre eine taktlose Anspielung auf die fragwürdige Erziehung von Francisco und Gonzalo Pizarro gewesen. Auch munkelte man von großen Prozessen gegen die Inhaber von Repartimientos und dergleichen.
Gonzalo Pizarro hatte sich weniger vorzuwerfen als sonst welcher Führer in den amerikanischen Kolonien, und selbst Nuñez würde sich wohl schwer gehütet haben, dem populären General etwas am Zeuge zu flicken. Gleichwohl lieh Gonzalo allem törichten Gerede ein williges Ohr, bis er sich schließlich einbildete, Blasco Nuñez sei von vornherein sein persönlicher wie politischer Gegner.
Als ihn, zu Beginn des Sommers 1544, die Bürger von Kuzko aufforderten, ihre Sache zu vertreten, leistete er dem Rufe Folge. Er kam an der Spitze von zwanzig Rittern und ward als Generalverweser von Perú begeistert begrüßt. Erfreut und zuversichtlich nahm er diesen Titel an unter der Bedingung, daß man ihn auch zum Generalkapitän der Kolonie erkläre. So wenig es in der Absicht der Ansiedler lag, einen neuen Bürgerkrieg unvermeidlich zu machen, erfüllten sie ihm doch seinen wohlberechneten Wunsch. In bescheidener Haltung nahm er diese entscheidende Würde entgegen. »Ich habe dies nur getan«, schrieb er später in seinem beachtenswerten Bericht an Pedro de Valdivia, »für den Kaiser, für Indien, vor allem für Perú.«
Alsbald begann Pizarro seine Vorbereitungen. Zunächst ließ er die sechzehn Geschütze des seligen Pedro de Candia aus Huamanga holen. Tausend Indianer hatten die Ehre, dabei Vorspann zu leisten. In kurzer Zeit war ein wohlgerüstetes Heer von 400 Mann auf den Beinen; davon war die Hälfte vorzüglich beritten. An Geld fehlte es dem reichen Manne nicht.
Noch immer war der alte Obrist Francisco de Carbajal im Lande, und zwar im Silbergrubengebiet von Charkas. Als dort die Nachricht von den neuen Verordnungen wider die Repartimientos bekannt ward, beschloß er abermals, nach Alt-Kastilien zurückzukehren. Aber es fand sich keine Gelegenheit. Der Vizekönig ließ niemanden mit Reichtümern aus dem Lande heraus. Pizarro benutzte die ärgerliche Laune des alten Feldherrn und ließ ihm die Aufforderung zugehen, den Befehl über sein Heer zu übernehmen. Carbajal ließ ihm antworten, er sei achtzig Jahr alt und sehne sich nach seiner Heimat. Und doch gab er schließlich nach und erschien in Kuzko.
Inzwischen tat Blasco Nuñez alles, um die Einschränkung der Eingeborenenarbeit zu erzwingen – im Gegensatz zu Antonio de Mendoza, dem Vizekönige von Mexiko, der die neuen Verordnungen zunächst nicht durchführte, sondern Vorstellungen dagegen beim Kaiserlichen Hofe erhob und damit voll staatsmännischer Klugheit und Umsicht die innere Ruhe seiner Kolonie rettete. Wohl vernahm Nuñez vom Eintreffen Pizarros in Kuzko und von seinen Rüstungen, aber in seiner Unkenntnis der Verhältnisse und Charaktere machte er sich keine Sorgen.
Um diese Zeit fand Inka Manko, der letzte König von Perú, seinen Tod. Er hatte nach der Niederlage der Chilianer eine Anzahl von ihnen in seinem Lager in der Sierra aufgenommen. Bei einem Streit erschlugen die Spanier den Fürsten. Einzelheiten sind unbekannt. Den Mord büßten alle andern Weißen mit ihrem Tode. Mit Inka Manko verlosch die stille Hoffnung der Peruaner, die alte Freiheit wiederzugewinnen.
Pizarro hatte aussprengen lassen, er rüste einen Zug gegen den Inka, der nach wie vor zuweilen das Land unsicher gemacht hatte. Jetzt ließ er die Maske fallen und trat den Vormarsch auf Lima an. Unterwegs wurde ihm eine Anzahl angesehener Ritter untreu, angeblich weil sie sich nicht damit befreunden konnten, daß Pizarro in Kuzko Staatsgelder in seine Kriegskasse hatte wandern lassen. Wahrscheinlicher aber waren diesen Herren die Herzen in die Hosen gerutscht. An Stelle der Abgefallenen traten reichliche andre aus den Ansiedlungen, die man auf dem Marsche berührte, so daß sich die Kopfzahl des Heeres langsam verdoppelte.
Der Weg führte über die Ebene von Chupas. Carbajal geleitete Pizarro in die Stellungen und erläuterte ihm die damaligen Vorgänge.
Jetzt rüstete auch Blasco Nuñez. Er rief alle felddienstfähigen Bürger zu den Waffen, goß Kanonen aus den Kirchenglocken und griff gleichfalls tief in die Staatskassen. Um genügend Truppen, Pferde und Maultiere zu bekommen, zahlte er hohe Handgelder und anständige Preise.
Mitten in diesen Vorbereitungen traf die Audiencia in Lima ein. Unterwegs hatte sie sattsam erfahren, welche Folgen die neuen Verordnungen, gegen deren buchstäbliche Ausführung sie sich bereits in Panamá erklärt hatten, nach sich zogen: die völlige Zerrüttung der Ruhe und Ordnung im Lande. Der Lizentiat Cepeda war der Wortführer der drei anderen, ein Ränkeschmied, der die Autorität seines Vorgesetzten zerstörte.
Nuñez beging Mißgriff über Mißgriff. Um den passiven Widerstand der Bürgerschaft zu brechen, ließ er ehrenwerte Leute verhaften, so auch den bisherigen Statthalter Vaca de Castro, ohne triftige Gründe. Bei einem Wortwechsel in seinem Hause erstach er einen angesehenen Ritter.
Als nun Pizarro mit seinem Heere näher kam und in Xauxa stand, beging Nuñez seine letzte Torheit. Er ordnete an, die Stadt Lima solle geräumt werden, da sie gegen den Feind nicht zu halten sei. Er wollte sich mit dem Heere und der Bürgerschaft nach Truxillo zurückziehen. Alle Frauen und alle Habe sollten auf Schiffen fortgebracht werden.
Dem widersetzte sich die Audiencia. Nach einer nächtlichen Sitzung verhaftete sie, unterstützt vom Volke, den Vizekönig, erklärte ihn für abgesetzt und schickte ihn unter einer Bewachung nach Spanien zurück. Sodann eröffnete man die Unterhandlung mit Pizarro. Dieser empfing die Gesandtschaft, die ihn aufforderte, die vorläufige Regierung der Audiencia in Lima anzuerkennen.
Pizarro erwiderte, das Volk von Perú habe ihn zum Nachfolger seines Bruders berufen, und er forderte seinerseits die Audiencia auf, ihn schleunigst zum Statthalter auszurufen, andernfalls werde er die Stadt erstürmen und der Plünderung preisgeben.
Durch diesen groben Bescheid gerieten die vier Pandektenhelden in die größte Verlegenheit. In ihrer Angst wandten sie sich an Vaca de Castro, der noch immer auf einer der Karavellen im Hafen in Arrest saß. Was er ihnen rate? Vaca hüllte sich in kluges Schweigen.
Inzwischen traf der Obrist Carbajal, begleitet von einem halben Hundert Landsknechten, nächtlicher Weile am Tore von Lima ein. Man öffnete ihm und seiner höhnisch kleinen Schar. Er begab sich in den Palast des Vizekönigs, ließ alle die Ritter aus ihren Betten holen, die jüngst vom Heere Pizarros ausgekniffen waren, und stellte ein ironisches Verhör mit ihnen an. In der Morgenfrühe requirierte er drei Maulesel, setzte die drei Hauptschelme darauf und führte sie vor die Stadt, wo er alle drei an einem großen Baume aufhängen ließ. Zu dem Vornehmsten der drei sagte er in seiner trockenen Art: »In Anbetracht Eures Ranges sei es Euch verstattet, den Ast, an dem Euer Hochwohlgeboren gehenkt zu werden geruhen, höchstselbst auszusuchen!«
Als die fortgesetzt tagende Audiencia diesen schlechten Witz vernahm, entschloß sie sich, die Statthalterschaft Gonzalo Pizarro zu übertragen. Daraufhin zog dieser am 28. Oktober 1554 mit 1200 Spaniern und 1000 Indianern, die seine Artillerie zogen, in Lima ein. An der Spitze der Reiter, die den Zug beschlossen, ritt er selber auf einem mächtigen Ritterpferde, in voller Rüstung, eine purpurne Mütze auf dem Kopfe. Vor ihm her trug man das Banner Kastiliens; diesem zur einen Seite die Flagge der Stadt Kuzko, zur andern die Standarte Francisco Pizarros mit dem Wappen, das der Kaiser ihm und den Seinen verliehen hatte. Die Glocken der Stadt läuteten, soweit sie nicht in Gestalt der Kanonen des erledigten Vizekönigs Salut donnerten, und ganz Lima jubelte dem Einziehenden zu.
Die Audiencia empfing ihn auf der Plaza, leistete ihm den Amtseid und rief ihn sodann offiziell zum Statthalter von Perú aus. Pizarro bezog den Palast, in dessen Speisesaal noch die Blutspuren vom 26. Juni 1541 sichtbar waren. Mehrere Tage lang fanden Festmähler, Turniere und Stierkämpfe zu Ehren des neuen Herrschers statt. Man wiegte sich allgemein in der Hoffnung, der ewige Frieden sei endlich für Perú angebrochen.
XXXVIII
Wie erzählt, sollte der abgesetzte Vizekönig nach Spanien abgeschoben werden. Die Audiencia hatte ihm eins ihrer Mitglieder, den Richter Alvarez, zur Aufsicht mitgegeben. Kaum aber war die Karavelle aus dem Hafen von Lima gesegelt, da begab sich Alvarez in die Kabine des Gefangenen und kündigte ihm die Freiheit an. Vermutlich bewog ihn hierzu seine ängstliche Natur. Er befürchtete, in Panamá auf Schwierigkeiten zu stoßen, die ihm schließlich an den Kragen gehen könnten. Blasco Nuñez war hocherfreut und entschloß sich, sein Glück im Lande Perú noch einmal zu versuchen. Als erfolgloser und weggejagter Vizekönig ohne einen Pfennig Geld in Kastilien erscheinen zu sollen, kam ihm allzu schäbig vor. Er überlegte sich seine Lage hin und her und faßte schließlich den Entschluß, es in Quito zu versuchen. Diese Provinz lag am weitesten ab von Pizarros Machtmittelpunkt. So landete er im Oktober 1544 in Tumbez, wo es ihm gelang, Anhänger zu finden, die damit rechneten, dermaleinst ob ihrer Treue zur legitimen Regierung belohnt zu werden. Von da zog er mit den angeworbenen Truppen tatsächlich nach Quito; das war 800 km Weg.
Von Quito aus knüpfte er mit dem Hauptmann Benalcazar an, der noch immer Befehlshaber in Popayán war, im nördlichsten Gau von Perú. Quito und Popayán liegen wiederum ungefähr 800 km auseinander. Benalcazar sandte ihm Truppen und riet ihm, eine feste Stellung am Piura (bei San Miguel) einzunehmen. Seinen strategisch einwandfreien Vorschlag begründete er mit dem Hinweise darauf, daß San Miguel als Haupthandelsplatz zwischen Panamá und Lima reiche Hilfsmittel bot. Nuñez, der von Krieg und Kriegführung nichts verstand, tat, wie ihm geheißen, und nistete sich mit seinen 500 Mann am besagten Orte ein.
Auch Vaca de Castro gelang es zu entkommen. Pizarro hatte die Audiencia bei Seite geschoben. Um sich ihrer gänzlich zu entledigen, zog er den Cepeda, den gefährlichsten der noch vorhandenen drei Richter, ganz auf seine Seite, indem er ihm lukrative Aufträge erteilte. Alvarez war als Begleiter von Nuñez entfernt. Es blieben ein gewisser Zarate, der dauernd krank daniederlag, sowie ein gewisser Tepeda. Dieser bekam den Befehl, dem Kaiser einen Bericht über die letzten Geschehnisse im Lichte von Pizarros Auffassung zu überbringen. Schon war seine Karavelle bereit, die Anker zu lichten, da ward Pizarro andren Sinnes. Es war Carbajal, der ihm von diesem Schritte dringlich abriet. »Ihr seid schon viel zu weit gegangen,« meinte der Vielerfahrene, »als daß Ihr hoffen dürft, die Verzeihung der heimatlichen Regierung zu erlangen. Ihr könnt Euch nur noch durch Piken und Büchsen rechtfertigen!«
An Stelle des Richters Tepeda ging Vaca de Castro heimlich an Bord, beredete den Schiffskapitän, ihn nach Panama zu fahren, und verschwand bei Nacht und Nebel. Es gelang ihm, nach Spanien zu kommen, wo man ihn verhaftete und nach der Veste Arévalo brachte. Dort saß er volle zwölf Jahre, ohne daß der Prozeß, den man gegen ihn eröffnete, ihm irgendwelche Verbrechen nachzuweisen vermochte. Der Hauptpunkt der Anklage ging auf unerlaubte Bereicherung im Amte. Der Nachweis, daß er von Perú ärmer wiedergekommen war, als er dahin ausgezogen war, erwirkte schließlich seine Freisprechung im Jahre 1558. In seine alten Würden und Ehren wiedereingesetzt, hat er sich für den Rest seines Lebens der Gnade seines Landesherrn zu erfreuen das bittere Vergnügen gehabt.
Fortan war Gonzalo Pizarro unbeschränkter Alleinherrscher in Perú. Auf das Beste beraten von Francisco de Carbajal, befestigte er allerorts sein Ansehen und seine Macht. Die einstigen Hauptgegner seines ermordeten Bruders ließ er zum Tode verurteilen, begnadigte sie aber und begnügte sich, sie aus Peru zu verbannen. Seine Landmacht war vorzüglich im Stande. Dazu begann er eine Kriegsflotte zu bauen, deren Stützpunkt Arequipa wurde.