Kitabı oku: «Gut beraten im Nachbarschaftsrecht», sayfa 4
Der Umgang mit Konflikten
Alle Formen des Miteinanderumgehens setzen sich mit einem Problem auseinander und dienen dazu, einen Widerspruch zu überwinden.
Eine gängige Definition beschreibt den Konflikt als ein Aufeinanderprallen widerstreitender Auffassungen oder Interessen, aus dem sich eine schwierige Situation ableitet, die zum Zerwürfnis führen kann.
Der Konflikt kann als Ursache oder Folge eines Streites gesehen werden. Markant ist, dass die Sprache für den Streit ein Verb kennt, für den Konflikt jedoch nicht. Der Streit wird als eine heftige Auseinandersetzung beschrieben, die auch in Handgreiflichkeiten münden kann.
Die Bedeutung von Emotionen
Konflikt wie Streit weisen emotionale Komponenten auf, die das Verhalten letztlich bestimmen. Emotionen sind wichtig und hilfreich. Richtig verstanden, sind sie der Wegweiser durchs Leben. Sie haben allerdings einen entscheidenden Nachteil: Emotionen erschweren rationales Denken. Unser Gehirn ist so konzipiert, dass der Verstand (nahezu) ausgeschaltet wird, je größer die Emotionen sind. Das gilt im Positiven (Verliebtheit) genauso wie im Negativen (Hass). Eine sinnvolle Konfliktstrategie besteht deshalb darin, die Emotionen zu bändigen.
In der Mediation gilt der Grundsatz: Emotionen sind nicht verhandelbare Tatsachen.
Was heißt das? Gefühle können weder erzwungen noch hinwegargumentiert werden. Es hat auch keinen Sinn, Emotionen zu rechtfertigen. Erklären ja, aber was hilft ihre Begründung? Die Gefühle ändern sich dadurch nicht.
Emotionen sind nicht verhandelbare Tatsachen.
Angenommen, Sie verspüren die Wut des Nachbarn. Glauben Sie, er wird weniger wütend sein, wenn Sie ihm erklären, dass er damit aufhören soll oder wenn Sie ihm sagen, dass seine Wut nicht berechtigt sei? Im schlimmsten Fall machen Sie ihn damit nur noch wütender.
Emotionen wollen etwas sagen. Grundsätzlich sagen schlechte Gefühle: „Vorsicht! Hier ist etwas nicht in Ordnung!“ Gute Gefühle sagen: „Hier bietet sich ein Weg an!“ Aber wie gesagt, Gefühle können nicht denken und schon gar nicht in die Zukunft.
Der innere Gegner
Ein Sieg über einen schwierigen Spielgegner auf dem Platz ist immer auch ein mentaler Sieg über die eigenen negativen Gefühle.
Das Ausleben von Rachegefühlen beispielsweise verursacht möglicherweise zunächst ein gutes Gefühl der Befriedigung und der Selbstbestätigung. Es führt aber gegebenenfalls zu Konsequenzen, die sich dann gar nicht mehr gut anfühlen. Um die Gefühle korrekt zu verstehen, müssen Sie sich mit Ihrer eigenen Betroffenheit auseinandersetzen.
Der erste Schritt dazu, mit eigenen oder anderen Emotionen klarzukommen ist, sie so zu akzeptieren, wie sie sind. Die Voraussetzung dafür ist, sich die Gefühle einzugestehen und dazu zu stehen. Dann hilft es, die Gefühle anzusprechen. Keinesfalls sollten sie schöngeredet werden. Gefühle haben einen Sinn. Sie wollen uns zeigen, was wir brauchen. So wie uns der Hunger dazu bringt, Nahrung aufzunehmen, zeigen uns auch Gefühle wie Wut und Hass, was wir brauchen. Wenn der Hinweis verstanden ist, müssen sich die Gefühle nicht mehr zeigen.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass sich die Gefühle umso mehr zeigen müssen, je weniger sie wahrgenommen und verstanden werden. Auch der emotional wirkende Konflikt ist nichts anderes als der Hinweis, dass da etwas nicht stimmt und dass etwas wieder in eine Balance zu bringen ist.
Die eigene Betroffenheit
Wenn ein Konflikt emotional verstanden wird, lässt er sich meistens schon allein dadurch entschärfen. Denken Sie an das Märchen „Rumpelstilzchen“: Der boshafte Zwerg verschwindet in dem Moment, in dem sein wahrer Name genannt wird. So kann sich auch ein Konflikt auflösen, wenn seine wahre Natur erkannt und benannt wird.
Was aber ist der wahre Name des Konflikts? Ganz sicher nicht: „Du machst mir die Nachbarschaft unerträglich.“ Zugegeben, der Konflikt verleitet dazu, so zu denken. Damit führt er jedoch bewusst in die Irre.
Es ist ein Konfliktmerkmal, Symptome zu zeigen, die von dem Konflikt ablenken. Der Konflikt will sich zeigen und er will sich erhalten. Statt auf die Symptome zu reagieren, sollten seine Botschaften gehört werden. Der Konflikt sagt etwas über die Person, die den Konflikt spürt. Den Konflikt im Anderen zu suchen, ist deshalb die falsche Strategie. Die Gefühle gehören nur Ihnen.
Wenn der Nachbar etwas unternimmt, das Sie ärgert oder wütend macht, haben Sie selbst den Ärger oder die Wut und nicht der Nachbar. Es hat also wenig Sinn, die Ursache für Ihre Emotionen beim Nachbarn zu suchen. Der mag den Anlass gegeben haben. Er wird aber kaum in der Lage sein, Ihren Ärger abzustellen. Er kann vielleicht die Ursache beseitigen, ob Ihnen das aber den Ärger nimmt, unterliegt nicht seinem Einfluss.
Jeder ist für seine Gefühle selbst verantwortlich.
Die gute Seite eines Konflikts ist, dass er auch eine Chance vermittelt und für den, der genau hinsieht, einen Anhaltspunkt für die Lösung bereithält. Die Lösung finden Sie in sich. Fragen Sie sich: „Warum macht mich das Verhalten des Nachbarn so wütend?“ Oder: „Warum muss ich mich so aufregen?“
Wie lautet Ihre ehrliche Antwort auf diese Fragen? „Weil ich mich hilflos fühle“, „weil ich mich nicht beachtet fühle“, „weil ich nicht weiß, wie damit umzugehen ist“, „weil ich mich ungerecht behandelt fühle“?
Stellen Sie sich vor, Sie hätten dasselbe Problem, wären aber befreit von diesen Gefühlen? Was wäre dann anders? Sicherlich könnten Sie sich ungehindert auf das Problem konzentrieren und nach Lösungen suchen, wie es aus der Welt zu schaffen ist. Sie könnten sich dem Problem stellen, ohne irgendwem beweisen zu müssen, wie stark Sie sind. Wer sich stark fühlt, muss es niemandem beweisen.
Der Konflikt ist also stets ein „Inner Game“, also eine Auseinandersetzung mit sich selbst. Der Begriff wurde von dem Sportpädagogen Timothy Gallwey geprägt. Er weist darauf hin, dass ein Spiel nicht nur aus den äußeren, sichtbaren Vorgängen und den Interaktionen mit dem Gegner besteht. Zum Spiel gehört auch ein unsichtbarer innerer Prozess. Gallwey hatte festgestellt, dass vermeidbare Selbstbeschränkungen wie Anspannung, Selbstzweifel, Selbstkritik, Versagensängste und Minderwertigkeitskomplexe einen großen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit im Sport und damit auch auf das Ergebnis haben. Das Gleiche gilt bei der Konfliktbewältigung. Das durch den Konflikt ausgelöste Gefühl sagt Ihnen, woran Sie zu arbeiten haben.
Wahrnehmung und Kommunikation
Es wird deutlich, dass der Konflikt viel mit der Wahrnehmung von sich und dem Gegner zu tun hat. Machen Sie sich klar, dass die bestimmenden Sinnesorgane des Menschen auf Außenwahrnehmung gerichtet sind. Es liegt also nahe, die Ursache allen Übels in der Außenwelt zu suchen. So wird auch zunächst der Andere für den eigenen Konflikt verantwortlich gemacht: „Mir geht es schlecht, weil der Nachbar sich nicht an die Spielregeln hält.“ Logisch fortgeführt wird dieser Gedanke in die Forderung münden, dass der Nachbar sein Verhalten ändern muss, damit man sich selbst besser fühlt. Kann das funktionieren? Macht man sich mit dieser Forderung nicht sogar von anderen abhängig?
Doch auch die Sinnesorgane des Nachbarn sind auf die Außenwahrnehmung gerichtet, sodass er wahrscheinlich das Gleiche über Sie denkt. Und jeder fühlt sich im Recht.
Die eigenen Gefühle im Griff zu haben, ist der Garant für Unabhängigkeit und Stärke.
Es ist nicht nur ein Phänomen der Wahrnehmung, sondern auch des Denkens, dass zwei Menschen dieselbe Angelegenheit völlig unterschiedlich bewerten, sodass sich jeder im Recht fühlt.
Der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick hat „die Wahrheit“ deshalb in die Wirklichkeit ersten und zweiten Grades unterteilt. Er ist ein Anhänger des Konstruktivismus, der davon ausgeht, dass die Wirklichkeit nur ein gedankliches Konstrukt sei, das bei jedem Menschen anders ausgestaltet sein kann. Die Wirklichkeit ersten Grades ist für ihn die verbindliche Wahrheit. Sie basiert auf Fakten, die messbar sind, oder auf Bewertungen, auf die man sich verständigt hat.
Die Wirklichkeit zweiten Grades sind die Bedeutungszuschreibungen. Sie sind im höchsten Maße individuell und weichen meist unerkannt von den Wahrheiten des Gegenübers ab. Nehmen Sie den Begriff „Nachbarschaft“. Sind Sie sicher, dass Sie darunter das Gleiche verstehen wie Ihr Nachbar? Sie fühlen sich von dem Nachbarn respektlos behandelt, während Sie Ihr eigenes Verhalten als respektvoll bewerten? Sind Sie sicher, dass Ihr Nachbar das auch so sieht?
In der Konsequenz bedeutet diese Überlegung, dass man die Wirklichkeit zweiten Grades erst abstimmen muss, ehe man sie als eine Wahrheit behandelt. Ein Weg, sich der Wahrheit zu nähern, ist deshalb die Unterscheidung zwischen Fakten, Meinungen und Emotionen. Bereits diese Differenzierung verdeutlicht, wann und worüber es sich zu streiten lohnt.
Fakten: Fakten sind Sachverhalte der Wirklichkeit ersten Grades, die messbar und beweisbar sind. Es lohnt sich also nicht, darüber zu streiten. Wenn Fakten strittig sind, genügt es, sich darüber zu verständigen, wie sie belegt werden können.
Meinungen: Meinungen sind die Bewertung von Fakten und Bedeutungszuschreibungen. „Du bist ein Verräter“ ist zunächst lediglich eine Meinung. Was sind die Fakten, die diese Interpretation erlauben?
Vorsicht ist geboten, weil Meinungen oft als Fakten verkauft werden. Sagen Sie zum Beispiel zu Ihrem Nachbarn: „Dein Hund ist hässlich“, kann er das nicht stehen lassen. Es handelt sich um eine Meinung, die wie ein Fakt behauptet wird. Sagen Sie hingegen: „Ich finde deinen Hund hässlich“, bekennen Sie sich zu einer Meinung, die der Nachbar ohne Weiteres so stehen lassen kann. Sie sind individuell und dürfen von den Meinungen anderer abweichen. Auffällig wird es, wenn eine Person unbedingt will, dass die andere Person die gleiche Meinung vertritt. Warum ist es Ihnen wichtig, dass Ihr Nachbar Ihre Meinung einsieht und teilt, dass er sich respektlos Ihnen gegenüber verhält? Sicherlich möchten Sie erreichen, dass er sein Verhalten ändert. Wenn Sie ihm vorwerfen, dass er respektlos sei, wird er sich wahrscheinlich dagegen wehren und behaupten, dass Sie selbst sich respektlos verhalten. Wäre es nicht einfacher, ihn zu bitten, Ihnen den Gefallen zu tun, dass er sein Verhalten ändert? Ein Mediator wird immer hellhörig, wenn er bemerkt, dass eine Partei darauf besteht, dass die andere Partei die behauptete Meinung teilt. Meist verbirgt sich dahinter ein Interesse, das für den Mediator der Schlüssel für die Lösung ist.
Emotionen: Emotionen sind in der Mediation nicht verhandelbare Tatsachen. Es besteht kein Grund, seine eigenen Emotionen zu rechtfertigen oder die Emotion des Anderen zu verbieten. Beides wird an den Emotionen kaum etwas ändern. Deshalb liegt es nahe, die Emotionen so zu akzeptieren, wie sie sind, und zu versuchen zu verstehen, was die Emotionen sagen wollen. Hat man die Emotionen korrekt verstanden, bildet der positive Kontrast dazu meist die Richtung, in die zu gehen ist. Wenn die Emotion Angst ist, könnte der Kontrast Sicherheit sein. Es lohnt sich also nicht, die Angst zu thematisieren, sondern es lohnt sich, nach Sicherheit zu suchen.
Der Mensch fühlt sich nicht akzeptiert, wenn seine Gefühle bestritten werden. Versetzen Sie sich selber in die Situation, dass Sie sich richtig krank fühlen, und Ihr Gegenüber wirft Ihnen als erstes vor, dass Sie die Krankheit nur vortäuschen. Würden Sie sich da verstanden fühlen?
Checkliste
Tipps zur Kommunikation mit dem Nachbarn
Streiten Sie nicht, wenn Sie gerade schlechte Gefühle haben. Vertagen Sie das Gespräch einfach. Schlechte Gefühle können keine guten Gedanken erzeugen.
Machen Sie deutlich, welchen Zweck Sie in einem Gespräch verfolgen. Beispiel: „Mir kommt es darauf an, dass wir gut miteinander klarkommen.“
Überhäufen Sie Ihr Gegenüber nicht mit Gedanken. Machen Sie nach jedem Gedanken eine kurze Pause, damit sich der Gedanke setzen kann. Noch besser ist es, wenn Sie den Gedanken abstimmen und dann darauf den nächsten Gedanken aufsetzen.
Kennzeichnen Sie Meinungen. Widmen Sie eine Meinung, die der Gegner als Fakt formuliert, einfach um: „Du bist der Meinung, dass …“. Sagen Sie Ihre eigenen Motive an, damit die Bedeutung des Gesagten deutlich wird: „Mir ist es wichtig, dass wir auch in Zukunft miteinander auskommen. Deshalb meine ich …“.
Wahrnehmung und Kommunikation sind komplexe Vorgänge, die sich in einem Buch kaum vollständig beschreiben lassen. Sie können sich das aber immer wieder bewusst machen und immer wieder bewusst üben. Auch kleine (Fort-)Schritte werden manchmal ganz unverhofft positive Reaktionen hervorrufen.
Nachbarn aus anderen Kulturkreisen
Noch unterschiedlichere „Realitäten“ und „Wahrheiten“ zeigen sich oft in Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen unterschiedlicher Kulturkreise, die jetzt Tür an Tür oder Haus an Haus zusammenleben. Das Potenzial für Konflikte ist dort durch ganz unterschiedliche Lebensläufe, Sozialisationen und Erfahrungen aus der Vergangenheit deutlich vielfältiger, nicht selten verschärft durch rein sprachliche Barrieren. Im Berufsleben gibt es extra Trainingsseminare für interkulturelle Kommunikation. Und spezialisierte Trainer helfen bei der interkulturellen Mediation. Im alltäglichen Miteinander geht das Verständnis für die unterschiedlichen Sichtweisen durch Erziehung und soziales Umfeld aber häufig unter. Da werden schnell mal Vorurteile und Klischeevorstellungen hervorgeholt, die eine offene Kommunikation behindern bis verhindern.
Die Erfahrung zeigt letztlich aber immer wieder: Menschen, die sich sympathisch sind, können fast nichts falsch machen. Menschen, die sich nicht mögen, können aber sicher nichts richtig machen.
Denn: Es gibt keine Kulturkonflikte. Es sind die Menschen, die Konflikte haben. Der Kulturkonflikt wird oft nur instrumentalisiert. Wenn beispielsweise ein Deutscher mit kräftigen Aromen kocht, ist das für den Nachbarn vielleicht lästig. Wenn es ein Orientale ist, heißt es womöglich aber nur allzu leicht: „Das ist ja wohl wieder typisch Türke/Araber/Pakistani etc. Die Türken/Araber/Pakistanis etc. sind doch ohnehin alle …!“ – Ein willkommener Anlass, um seinen Vorurteilen Luft zu machen.
Was aber zwischen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen die zentralen Probleme sind, sind das gegenseitige Verstehen und die Kommunikation.
In der Ausbildung von professionellen Mediatoren heißt es: Ein interkulturell tätiger Mediator muss naiv sein wie ein kleines Kind, das heißt, nichts mehr spontan zu interpretieren und zu bewerten.
Der Koch nutzt die intensiven Gewürze möglicherweise, ohne sich vorstellen zu können, dass die Dämpfe aus seinen Töpfen und Pfannen jemanden belästigen könnten. Die intensiven Aromen vom Nachbarn mögen einen Deutschen belästigen. Bei einem Türken hingegen mögen sie willkommene Erinnerungen an ein wundervolles Mahl aus der Kindheit aufkommen lassen oder einfach Appetit auf ein köstliches Essen machen. Das muss man im Blick haben.
Also: Keine vorschnelle Interpretation über die Absichten der „bösen Nachbarn“! Man muss über solche gegensätzlichen emotionalen Reaktionen reden. Dafür haben wir hier ein paar Tipps:
Gehen Sie davon aus, dass solch „fremdes“ Verhalten nicht böse gemeint ist, sondern einfach nur Teil der Kultur und eines anderen Selbstverständnisses ist.
Öffnen Sie einen „Kulturkanal“. Lenken Sie im Gespräch auf die Unterschiedlichkeit der Kulturen hin. Möglicherweise interessieren Sie sich ja dafür, etwas Neues kennenzulernen. In etlichen Kulturen kann ohnehin erst über Sachprobleme verhandelt werden, nachdem man über Familie usw. gesprochen hat. Da steht die Beziehung im Vordergrund, nicht das Sachproblem. Also sprechen Sie zuerst die nachbarschaftliche Beziehung an und wie in der anderen Kultur damit umgegangen wird.
Holen Sie sich die Erlaubnis ein, auch solche Dinge anzusprechen, die in der anderen Kultur möglicherweise unhöflich erscheinen.
Versuchen Sie im Gespräch auch Gemeinsamkeiten herauszufinden. Das ist gar nicht so schwer, wenn man sich aufrichtig dafür interessiert. Es sind letztlich alles nur Menschen, die im Grunde friedlich ihr Leben leben wollen.
Fragen Sie, wie man in der anderen Kultur mit dem speziellen Problem umgehen würde, und was ein Betroffener in der Situation vermutlich tun könnte oder würde.
Erklären Sie die eigene Reaktion aus Sicht der eigenen Betroffenheit, formulieren Sie sie dabei aber nicht als Anspruch. Etwa: „Was würdest du jetzt an meiner Stelle tun, wenn …“
Wenn man erst einmal so weit gekommen ist, sollte es auch nicht mehr schwerfallen, eine Lösung zu finden, die für beide Seiten in Zukunft akzeptabel ist.
Der Trick lautet praktisch immer: Erst den anderen verstehen, bevor man seine eigenen Ansprüche vorträgt. Behalten Sie als Faustregel im Kopf: Interesse öffnet Menschen. Forderungen stellen (angreifen) verschließt.
Schwierige Nachbarn
Es gibt natürlich auch Fälle, in denen man mit dem Nachbarn einfach nicht mehr reden kann. Die Kommunikation ist völlig verfahren, wenn einem jedes Wort im Mund herumgedreht wird. Die festgefahrene Einschätzung „Du bist nur so freundlich, weil du etwas erreichen willst“ entwertet jeden positiven Ansatz. Man fragt sich, ob es dann überhaupt noch Sinn hat, mit dem Nachbarn zu reden.
Auch kann es sein, dass der Nachbar überhaupt kein Interesse an einer guten nachbarschaftlichen Beziehung hat. Es gibt auch Soziopathen, bei denen Hopfen und Malz verloren sind. Und wer lässt sich schon gerne freiwillig beschimpfen oder beleidigen? Diese Fälle sind zum Glück aber selten.
Wichtig ist, dass Sie bei sich bleiben und die Spielchen des Nachbarn nicht mitspielen. Wenn Ihr Nachbar denkt, Sie seien ein Soziopath, ist das zunächst seine Meinung. Warum regen Sie sich darüber auf? Hat er recht?
Sie entscheiden, wer oder was Sie sind, nicht der Nachbar!
Auch wenn es wie eine Beleidigung klingt, müssen Sie die Meinung nicht teilen. Wenn es Ihnen wichtig ist, dass der Nachbar anders über Sie denkt, helfen Argumente in den seltensten Fällen. Sie führen aber häufig in eine Argumentationsschleife hinein, aus der man nur schwer wieder herausfindet.
Wie wäre es, wenn Sie die Meinung zunächst einmal hinnehmen und fragen: „Wie sollte ich mich deiner Meinung nach verhalten?“ Sie bekommen Kriterien als Antwort (wenn dem Nachbarn dazu überhaupt eine Antwort einfällt) und können darlegen, inwieweit Sie diesen Kriterien entsprechen.
Ein Tipp: Warten Sie mit dem Gegenvorwurf „Daran hältst du dich ja selbst nicht!“ bitte, bis Sie sich über Ihren Beitrag einig sind. Dann lässt sich anfügen: „Und ich würde mir wünschen, dass das für uns beide gilt.“
Überlegen Sie bitte, wer der Spielmacher ist in dem Nachbarschaftsspiel: Sie oder der Nachbar. Sie müssen Aggressivität nicht mit Aggressivität beantworten, und Sie müssen sich nicht an Kriegsspielen beteiligen. Es ist sowohl ein Vorteil wie ein Nachteil, dass sich Nachbarn kaum aus dem Weg gehen können. Der Vorteil ist, Sie können langfristig planen.
Wie Sie planen können, lässt sich am besten mit der Indianergeschichte von den zwei Wölfen beschreiben. Großvater und Enkel unterhalten sich über das Leben. Der Großvater vergleicht es mit dem Kampf zweier Wölfe. Der eine ist gut. Er ist barmherzig, großzügig, voller Hoffnung, Freude und Gelassenheit. Der andere Wolf ist böse. Er steht für Hass, Neid, Argwohn und Misstrauen. Der Enkel fragt: „Welcher Wolf wird den Kampf gewinnen?“ Der Großvater antwortet: „Der, den du fütterst.“
Jede Aktion löst eine Reaktion aus. Das Phänomen wird in der Kommunikation als Interpunktion bezeichnet. Es ist ein Wahrnehmungsphänomen, dass man stets meint, auf den anderen zu reagieren, wobei der andere ebenfalls meint, nicht zu agieren, sondern nur zu reagieren. Es ist daher sinnlos, herauszufinden, wer mit dem Streit angefangen hat. Es gibt auch keine einseitige Pflicht, den Streit zu beenden. Deshalb wird die Frage, wer angefangen hat, ins Leere gehen, und sollte durch die Frage ausgetauscht werden, was man tun kann, um nicht mehr streiten zu müssen.
Nicht immer gelingt der Dialog. Wenn Sie merken, dass die Kommunikation nicht weiterführt, ist ein Strategiewechsel erforderlich. Wieder hilft eine Indianerweisheit: „Wenn du merkst, dass das Pferd, auf dem du reitest, stirbt, steig ab.“ Das will sagen, dass man die Strategie wechseln sollte, wenn sich ihre Unwirksamkeit herausstellt. Gegebenenfalls ist eine Eskalation angesagt, damit sich etwas bewegt.
Eine Deeskalation lässt sich manchmal mit der Eskalation herbeiführen.
Eine Eskalation ist zum Beispiel der Gang zum Anwalt. Zumindest wird das von der Gegenseite oft so verstanden. Achten Sie bitte darauf, dass der Schritt korrekt verstanden wird. Das muss kommuniziert werden: „Es ist mir wichtig, das Problem zu lösen. Ich bin auch bereit, deine Interessen zu achten. Das war mir bisher nicht möglich. Ich gehe also den Weg zum Gericht nur, weil eine andere Art der Auseinandersetzung nicht möglich ist.“
Sie sind Ihr eigener Konfliktmanager!
Beachten Sie, dass Sie die Entscheidung, wie Sie mit Ihrem Konflikt umgehen, stets selbst zu treffen haben – auch dann, wenn Sie die Entscheidung über die Art und Weise der Konfliktbeilegung anderen überlassen, fällt deren Rat letztlich auf Sie zurück.
Jemand mag Ihnen die Entscheidung abnehmen. Die Konsequenzen tragen Sie im Zweifelsfall immer selbst. Berater können Ihnen den richtigen Weg zeigen. Sie können die Chancen und Risiken ausloten und Empfehlungen geben.
Den Konflikt können sie Ihnen jedoch nicht abnehmen. Das Konfliktmanagement beginnt im Unterbewussten. Parteien, die sich selbst für den Konflikt verantwortlich sehen, wenden sich an einen Coach oder Therapeuten, um sich von dem Leid zu befreien. Parteien, die den Gegner verantwortlich machen, werden sich an einen Anwalt wenden.
Jeder Dienstleister, an den Sie sich wenden, wird sich natürlich als zuständig sehen. Ganz nach dem Prinzip von Maslow: „Wer gelernt hat mit dem Hammer umzugehen, für den ist jedes Problem ein Nagel.“ Wenn Sie eine Dienstleistung in Anspruch nehmen, fragen Sie den Dienstleister nicht nur nach seiner Zuständigkeit. Erkundigen Sie sich auch nach den Möglichkeiten anderer Verfahren. An seiner Reaktion werden Sie erkennen, wie gut er sich in der Verfahrenslandschaft auskennt. Fordern Sie zunächst einen Verfahrensvergleich ein!
Nutzen Sie die Übersicht der möglichen Streit- und Konfliktbeilegungsverfahren im nächsten Kapitel, um den richtigen Weg zur Konfliktlösung zu finden.
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