Kitabı oku: «Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe)», sayfa 6

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5.

Die Morgendämmerung brach an und öffnete dem jungen Tag die Bahn. Die Orangenwälder und Zypressenhaine lichteten sich nach und nach, Blumen und Gesträuche hauchten balsamische Düfte in den blauen, klaren Äther und die Trauben und Früchte der Waldbäume erglühten in einem dunkelroten Glanz, als ob ihnen die Morgenröte eine Glorie zurückgelassen hätte.

Aus den Hütten, die zu Jennys Besitzung gehörten, traten die Neger mit Weibern und Kindern und versammelten sich auf dem Platz, wo die Fontäne sprudelte, um von dort in einzelnen Gruppen zu den verschiedenen, von Kato bezeichneten Feldern abzugehen. Schon hatten die Unteraufseher sich von der richtigen Kopfzahl der armen Sklaven überzeugt, die traurig nach dem Last und Beschwerden verkündenden Himmel blickten, als Kato, der Oberaufseher und Intendant, von den Stufen des Herrenhauses herab durch die Allee schritt und mit stolzer Miene unter die zur Arbeit gerüsteten Schwarzen trat.

Der Mulatte trug dieselbe Kleidung wie den Tag zuvor, nur duftete er stärker nach wohlriechenden Wassern und sein schwarzes Haar erglänzte in kurzen Locken. In der Hand trug er ein dünnes Bambusrohr mit weißem Knopf.

Wie ein Volksredner betrat er die Stufen des Bassins und verkündete den armen Negern mit lauter Stimme einen Ruhetag von der Arbeit. Einen Grund für diese Vergünstigung gab er nicht an, da sein Scharfsinn, obgleich er die ganze Nacht gegrübelt hatte, es ihm versagte, einen Passenden zu finden.

Ein lautes Freudengeschrei folgte den Worten des Mulatten, der wie ein König von seinem Thron herabstieg und weitere Befehle an die Unteraufseher erteilte. Die Gruppen zerteilten sich und Männer und Frauen, ihre kleinen Kinder auf den Armen tragend, eilten jubelnd und singend den Hütten zu, um unter den schattigen Bäumen vor denselben den glühenden Tag in Ruhe entschwinden zu sehen.

Als die Sonne ihre ersten Strahlen durch die Blätter sandte, trat Kato in den Saal, um die Befehle seiner Herrin zu erwarten. Kaum hatte er flüchtig einen Blick in den großen Spiegel geworfen und seine Toilette ein wenig gemustert, als Eva aus dem Zimmer der Herrin eintrat.

»Nun, Kato«, rief die Zofe, »Sir Arthur ist nicht angekommen?«

»Weder er noch sein Bob«, antwortete der braune Dandy mit einer tiefen, respektvollen Verbeugung.

»So sind die Männer«, sagte Eva mit einem Seufzer, »nicht einmal am Tag vor der Hochzeit kann man sich auf sie verlassen!«

»Nicht alle sind so unzuverlässig, schöne Eva …«

»O ja, schöner Kato, alle sind so! Hätte ich die Welt erschaffen, ich hätte sie nur mit Frauen bevölkert und die Männer gar nicht eingeführt, dann würde es gewiss besser auf der Erde aussehen!«

»Eva, liebenswürdige Schöne«, flüsterte der Intendant, indem er seine gelben Hände mit weißen Handschuhen überzog, »sollte denn nicht ein Mann Gnade gefunden haben vor Ihren Augen?«

»Von denen, die ich kenne, auch nicht einer!«

»Miss Eva«, antwortete Kato der Zürnenden, »dann muss ich meine süßeste Hoffnung aufgeben!«

»Welche Hoffnung?«, fragte die Zofe rasch.

»Dass Sie sich die kleine Mühe gegeben haben, mich kennenzulernen – jetzt weiß ich gewiss, dass Sie mich auch nicht im Geringsten kennen.«

»Und woraus schließen Sie das?«

»Sonst würden Sie mich nicht in die Gruppe der gewöhnlichen Männer geworfen haben. Der selige Mister Makensie, der Vater unserer jungen Herrin, hatte ein besseres Auge, denn er erkannte auf den ersten Blick meine Fähigkeiten und mein Gemüt. Er kaufte mich als Koch, denn Sie müssen wissen, schöne Eva, dass ich aus der Küche des Präsidenten der Vereinigten Staaten hervorgegangen bin – aber kaum hatte er einen Blick in mein Inneres getan, so machte er mich zu einem freien Mann, nahm mich vom Bratspieß weg und schickte mich mit seinem Neffen Sir Arthur als Hofmeister und Kammerdiener nach England. Ich wachte über die Sitten meines Zöglings, klopfte ihm seine Fräcke aus, brachte ihm Eleganz bei und putzte ihm die Stiefel. Sehen Sie, Miss Eva, den guten Ton, den Geschmack, den Witz, kurz, alle Eigenschaften, die an meiner Person glänzen, habe ich aus London, der Stadt der Welt mitgebracht.«

Kato schwieg und trocknete sich die schweißtriefende Stirn mit einem gelbseidenen Tuch, das er aus der Tasche gezogen hatte.

»Mr. Kato«, sagte Eva mit einem strengen Blick, »Sir Arthur ist also Ihr Schüler?«

»Ich bin stolz darauf!«

»Dann muss ich Ihnen offen bekennen, dass Sie keinen Grund dazu haben.«

»Ist Sir Arthur nicht ein Mann von Kopf und Herz?«

»Seinen Kopf wage ich nicht zu beurteilen, dass sein Herz aber noch einer tüchtigen Schule bedarf, beweist sein ungebührliches Ausbleiben am Tag vor der Hochzeit. Da sitzt nun unsere arme Miss und weint sich die Augen rot – o über die leichtsinnigen Männer, sie verdienen keinen zärtlichen Blick, geschweige denn eine Träne! Wenn ich Miss Jenny wäre, ich wüsste, was ich täte.«

»Und was würden Sie tun, reizende Eva?«

»Ich würde die Hochzeit so lange verschieben, bis er meiner Hand würdig wäre!«

»Das ist unmöglich! Bedenken Sie das Testament des Vaters!«

»Leider ist dieses Testament zu bedenken! Die gute Tochter opfert sich dem Willen des Vaters, und dies weiß der leichtsinnige Sir Arthur. Mr. Kato, wollen Sie mir gefällig sein?«

»Mit allen Eigenschaften, die ich mir in London erworben habe!«, antwortete der Mulatte eifrig. »Reden Sie, und ich gehe in den Tod!«

»So verwenden Sie Ihr Ansehen als Hofmeister und geben Sie Ihrem Schüler den Rat, mehr Aufmerksamkeit für seine Braut zu zeigen. Auf diese Weise sind Sie ihm und andern nützlich.«

»O Eva, wenn Sie meinen, dass ich andern nicht nützlich bin, so irren Sie. Sooft mir unser Nachbar Jackson begegnet, gebe ich ihm eine Lektion. Meine Ratschläge nützen aber nichts, denn stets sehe ich ihn rauchen wie ein Dampfschiff und seine Kleidung ist so schlecht gewählt, dass man ihn ohne Widerwillen kaum ansehen kann.«

»Wie«, fragte Eva überrascht, »dem groben Pflanzer geben Sie Ratschläge?«

»Gewiss, wenn er bei uns Zutritt haben will, muss er sich mit Manier, das heißt mit einem guten Ton, nähern. Gestern noch begegnete ich ihm im Wald – ich erkannte ihn sogleich an der Rauchwolke, die unter seinem großen Hut aufstieg. Ich wollte vorübergehen, doch er rief mich an und ich musste stehen bleiben.«

»Und was wollte er von Ihnen?«

»Er sprach von Miss Jenny, von ihrem verstorbenen Vater und von vielen andern Dingen.«

»Was sagte er?«

»Erlassen Sie mir die Wiederholung!«

»Warum?«

»Der gute Ton verbietet es mir!«

Eva war ein Weib, folglich neugierig; um diese Neugierde zu befriedigen, tat sie etwas, was sie noch nie getan hatte – sie ergriff die kräftige Hand des Mulatten und sah ihm lächelnd ins Gesicht.

»Kato«, sagte sie, »ich erlaube Ihnen, den guten Ton einmal zu verletzen – erzählen Sie mir, was der Pflanzer Ihnen gesagt hat.«

»Werden Sie es auch Miss Jenny nicht wiedererzählen?«, fragte der Mulatte entzückt, indem er Evas Hand an seine Lippen zog.

»Nicht ein Wort soll sie erfahren – erzählen Sie!«

»Er sagte, der verstorbene Mister Makensie sei ein Narr, ein Verschwender gewesen, ein leichtsinniger Mensch, der schlecht für sein Kind gesorgt habe.«

»Und das duldeten Sie?«, rief Eva entrüstet.

»Miss Eva«, antwortete der Intendant achselzuckend, »ich hatte zwei Gründe, zu schweigen.«

»Erstens?«

»Weil ich mit dem Ladestock des Pflanzers nicht in Berührung kommen wollte – das widerstreitet dem guten Ton!«

»So! Und zweitens?«

»Weil seine Worte viel Wahres enthielten – Sir Makensie hatte enorme Schulden, das weiß ich besser als der grobe Pflanzer – und ich wundere mich auch nicht darüber, denn Miss Jennys Vater hatte stets ein Gefolge von Gentlemen – wie wir Leute von Bildung sagen – um sich, die nie bezahlen, oder doch so selten wie möglich. Was kostete nicht allein die Küche, in der ich damals arbeitete? Der Präsident der Vereinigten Staaten führte einen guten Tisch, und das ist sehr natürlich – Sir Makensie übertraf ihn aber in jeder Beziehung. Was die Kochkunst hervorzubringen nur imstande war, musste hervorgebracht werden, und in welcher Menge! Ich entsinne mich, dass oft fünfzig Personen zu Tisch saßen, die mit den feinsten Speisen und Weinen bewirtet wurden – und war die Gesellschaft einmal beisammen, dann ging sie auch acht Tage lang nicht auseinander – man tat nichts als jagen, essen, trinken und schlafen. So ging es hier zu auf der Pflanzung, und kam der Herr in die Stadt, was sehr oft geschah, so fanden sich die guten Freunde wieder ein und das Leben begann, wie es einige Tage zuvor aufgehört hatte. Was nun ein solches Leben kostet, können Sie sich wohl denken, zumal wenn es eine Kasse allein bezahlen muss, und Sir Makensies Kasse stand einem jeden offen, der ihm zu schmeicheln wusste. Die erste Folge davon war, dass er einigen Wucherern in die Hände fallen musste, und als diese nicht mehr borgen wollten, verkaufte er ein großes Haus in New Orleans, das er mit ungeheurem Glanz und Luxus in den neuen Anlagen der Stadt erbaut hatte, um seine Freunde darin zu traktieren. Und wissen Sie, wer dieses Haus damals kaufte und jetzt noch besitzt?«

»Nun?«, fragte Eva, deren Neugierde bereits befriedigt war.

»Unser Nachbar Jackson! Der ist aber klüger, denn er sorgt dafür, dass ihm das prachtvolle Gebäude etwas einträgt. Wie er mir selbst einmal sagte, wohnen nur reiche und vornehme Leute darin, die einen guten Mietzins bezahlen können; er selbst hat sich nur ein kleines Stübchen vorbehalten, das er bewohnt, wenn er in der Stadt Geschäfte hat. Und, sehen Sie, Miss Eva, daher kommt es auch, dass dieser Mann sich ein unermessliches Vermögen erwirbt; man hält ihn jetzt schon für den reichsten Pflanzer in unserm Distrikt. Wie ich genau weiß, ist er erst neunundzwanzig oder dreißig Jahre alt – wie reich muss er erst sein, wenn er hundert Jahre alt ist? Wo immer ein guter Handel zu machen ist, sieht man ihn zuerst, und alles, was er unternimmt, bringt ihm Glück.«

»Ob denn dieser Pflanzer an den verstorbenen Vater unserer jungen Herrin auch Forderungen hat? Vielleicht, dass seine Besuche …«

»Das glaube ich nicht«, antwortete Kato, »denn er war nie bei den Festgelagen auf unserer Besitzung, und dann ist er auch zu vorsichtig, um einem Mann, der ein solches Leben führte wie Sir Makensie, Kapitalien zu leihen. Nur in der letzten Zeit, als es nicht mehr ging, wie es gehen sollte, sah ich ihn öfter bei dem verstorbenen Herrn. Etwas scheint er jedoch nicht zu wissen, was ich weiß«, fügte der redselig gewordene Mulatte hinzu, indem sich sein Mund zu einem geheimnisvollen Lächeln verzog, dass die großen, schneeweißen Zähne sichtbar wurden.

»Nun?«, fragte Eva, indem sie ihre Hand auf seine Schulter legte.

Diese Vertraulichkeit von der stets so zurückhaltenden Zofe schmeichelte dem Mulatten dergestalt, dass er ohne längeres Besinnen fortfuhr:

»Die Lieferanten und Geldwucherer drangen endlich auf Zahlung und drohten dem verstorbenen Herrn mit Klagen bei Gericht – und das ist hier wie in England keine Kleinigkeit, vorzüglich bei Wechselschulden, denn ehe man sichs versieht, wird man festgenommen und in den Schuldturm geschleppt, wo man so lange in einem finsteren Loch sitzen muss, bis das Geld bezahlt ist – manche sind darüber gestorben, nachdem sie den größten Teil ihres Lebens im Kerker zugebracht haben.«

»Das ist ja ein grausames Gesetz!«, rief die Zofe zurückfahrend.

»Grausam, aber fashionable!«, antwortete Kato mit wichtiger Miene. »Es gibt wohl keinen Dandy in London, der nicht schon einige Tage im Schuldgefängnis verlebt hätte. Schulden gehören zum guten Ton!«

»Doch nun fahren Sie fort!«

»Wo war ich stehen geblieben?«

»Bei den Wucherern, die mit Klagen bei Gericht drohten.«

»Ganz recht! Um also dem Schuldgefängnis zu entgehen, verpfändete Sir Makensie seinen Gläubigern zwei große Schiffe, die damals gerade nach Indien abgehen sollten. Die Unternehmung mit diesen Schiffen war neu und versprach einen großen Gewinn, der außerdem noch den habgierigen Gläubigern zufallen sollte. Kaum vier Wochen nach dem Abschluss dieses Kontraktes und nachdem die Schiffe ausgelaufen waren, starb Mister Makensie und diese Besitzung ging auf seine einzige Tochter über, die vielleicht nicht einmal von den Schulden des Vaters etwas weiß, da die Gläubiger sich ja dann erst melden können, wenn die Schiffe zurückkehren. Seit länger als zwei Jahren sind sie nun unter Segel, und wie ich vermute, müssen wir bald die Nachricht erhalten, dass sie glücklich eingelaufen und große Schätze mitgebracht haben. Freilich bekommt unsere Miss nichts davon zu sehen, da alles den Gläubigern gehört; sie hat aber dann diese herrliche Besitzung, auf der keine Schulden mehr haften, und sie kann glücklich und zufrieden mit Sir Arthur der Zukunft entgegensehen.«

»Wie kann der schlechte Nachbar aber von Schulden sprechen«, meinte Eva, »da die Gläubiger doch mit den Schiffen bezahlt sind?«

»Dies lässt mich vermuten«, reizende Eva, »dass er das Geheimnis der Verpfändung nicht kennt. Nun, er soll es ebenso wenig erfahren wie Miss Jenny – nicht wahr, es bleibt unter uns?«

»Wie ich Ihnen gesagt habe, Mr. Kato, nicht ein Wort kommt über meine Lippen. Warum soll ich auch unsere gute Herrin unnötig ängstigen? Doch schweigen auch Sie darüber gegen jedermann, denn Sie wissen ja, wie schlecht die Leute immer reden. Haben sie nicht dem seligen Mister Makensie sogar zum Verbrechen angerechnet, dass er eine seiner weißen Sklavinnen, die Mutter unserer jungen Herrin, geheiratet hat? Noch jetzt hört man die Lästermäuler darüber sprechen, obgleich sie eine gute und brave Frau gewesen ist, wie alle versichern, die sie gekannt haben. Die alte Katty, die mit ihr diente und jetzt noch in unserm Haus lebt, weint jedes Mal, sooft die Rede von ihr ist.«

»Liebenswürdige, reizende Eva«, begann der Mulatte und zupfte mit beiden Händen an der Schleife seines bunten Halstuches, »eben diese Katty hat mir erzählt – und den Worten dieser greisen Negerin kann man wohl glauben –, dass die schöne Sklavin eine glückliche, liebereiche Ehe mit Sir Makensie geführt habe – Miss Eva, wenn wir ein Gleiches zu tun beabsichtigten – wenn wir mit Miss Jenny an einem Tag unsere Hände zu einem zärtlichen Bund ineinanderlegten!«

Eva konnte vor Staunen auf diesen Antrag keine Antwort finden; mit einem lauten Lachen fuhr sie drei Schritte von dem zärtlichen Mulatten zurück, der ein so süßes, bittendes Gesicht machte, wie ein werbender Liebhaber nur immer zu machen imstande ist.

»Wie«, rief sie endlich aus, »meine Hand verlangen Sie, Mr. Kato?«

»Ihre weiße, zarte Hand und Ihr göttliches Herz!«

Das Gesicht des Kammermädchens nahm plötzlich einen ernsten Ausdruck an und ihr Lachen verwandelte sich in eine fast feierliche Sprache.

»Gut«, sagte sie, »ich verspreche Ihnen meine Hand; aber Sie werden sie erst dann erhalten, wenn …«

»Wenn, wenn?«, flüsterte Kato.

»… wenn Sie so weiß geworden sind wie meine Hand!«

»Um Ihnen zu gefallen, reizende Eva, ist mir nichts zu schwer in der Welt«, rief Kato mit Feuer. »Von diesem Augenblick an gehe ich nur mit einem Sonnenschirm aus, ich verpöne die Sonne und atme nur noch im Schatten! In einigen Wochen erhalten Sie einen vollkommenen Schneemann, das heißt von außen – mein Inneres bringt Ihnen eine afrikanische Glut zur Morgengabe.«

»Abgemacht, der Pakt ist geschlossen!«

Nachdem der Intendant die ihm versprochene Hand mit unzähligen Küssen bedeckt hatte, entwand sie ihm Eva und verschwand durch die Tür zum Zimmer ihrer Herrin.

6.

Länger als fünf Minuten sah der verliebte Mulatte mit starrem Entzücken zu der Tür, die ihn von seiner Eva trennte. Dann trat er vor den Spiegel, der seine ganze Gestalt zurückgab, und betrachtete sich mit einem selbstgefälligen Lächeln.

»Ich wusste es wohl«, sagte er zu sich selbst, dass das schlaue Mädchen meine Eigenschaften längst erkannt und mich im Stillen geliebt hat. Die Bedingung, die sie mir stellte, ist nur ein Ausbruch der jungfräulichen Scham und Schüchternheit, und die muss man ehren. Eva hat Geschmack, das beweist die Wahl meiner Person – denn beim Himmel, wäre ich nicht fest überzeugt, dass ich in eigener Person vor dem Spiegel stände, ich würde glauben, das Bild eines andern strahlte mir aus der glänzenden Fläche entgegen! Was nicht eine Bildung in London vermag! Eva, du hast dir einen würdigen Adam erwählt! Doch nun will ich gehen und den Negern ankündigen lassen, dass sie sich diesen Abend zu einem festlichen Aufzug versammeln, den sie unserer Herrin zu Ehren ausführen sollen, und meiner Eva flüstere ich zu, dass die Hälfte davon ihr gilt!«

In dem Augenblick, als Kato in den Hof trat, hielten zwei Reiter ihre keuchenden Rosse vor den Stufen der Freitreppe an. Arthur und sein Jockey Bob stiegen ab. Der Dandy warf dem Diener den Zügel zu, reichte dem Intendanten herablassend die Hand und war mit einigen Sätzen in dem Saal, wo ihm Kato Gewehr und Jagdtasche abnahm.

»Wo ist Miss Jenny, deine Gebieterin?«

Der Mulatte zog seine Uhr.

»Der Zeit nach muss sie noch bei ihrer Toilette sein, denn es ist jetzt neun Uhr.«

»Wie, neun Uhr – nicht später?«

»Nicht um eine Minute später, Sir Arthur, denn meine Uhr ist genau nach der Londoner Normaluhr gerichtet, und die kann nicht fehlen. An dem Tag, wo wir die herrliche Stadt verließen, habe ich sie gestellt. Es lebe London, es lebe England!«

»Du hast recht, Freund Kato«, antwortete der junge Mann, indem er sich auf das Sofa warf, »es lebe England, das Vaterland der Guineen, der Wettrenner, Wetten, schwachen Herzen und starken Geldkisten! Man lebt und stirbt an keinem Ort der Welt besser als dort – dort ist alles nach dem besten Geschmack, selbst die Pistolenschüsse. Um ein vollendeter Dandy zu werden, habe ich mir fest vorgenommen, mir noch den Spleen anzuschaffen.«

»Zu dieser Mode sind Sie noch nicht alt genug, Sir Arthur – vielleicht in zwanzig Jahren, wenn die Fräcke nicht mehr passen …«

»Glaubst du, Kato? Wahrhaftig, ich fühle auch noch keine Neigung dazu. Und dennoch«, fügte er mit düsterer Miene hinzu, »nagt mir ein zehrender Kummer am Herzen.«

»Ihnen, Sir?«, fragte der Mulatte verwundert. »Sie wurden gestern schon erwartet, sollte dieser Kummer der Grund Ihres Ausbleibens gewesen sein. Was nagt an Ihrem fashionablen Herzen?«

»Zunächst ein Wurm, den ich bis jetzt so glücklich war, hier geheim halten zu können, wenigstens vor meiner Cousine – und dann ein hartherziger, denaturalisierter Onkel, der mich auf das Erbfolgerecht unverzeihlich lange warten lässt.«

»Dieser Onkel weiß nicht zu leben!«, rief Kato entrüstet.

»Du irrst«, lachte Arthur, indem er seine Füße auf das Sofa warf, »er weiß nur zu gut zu leben! Doch grolle ich ihm deshalb nicht, wenn er mir nur das Platzieren seiner Revenuen anvertrauen wollte, wozu ich in diesem Augenblick eine köstliche Gelegenheit habe. Kato, du bist ein Ausbund an Klugheit, du wirst mich verstehen!«

»Vollkommen, vollkommen, Sir Arthur! Sie wollen Renten kaufen?«

»Dummer Teufel, Pferde und Wagen will ich kaufen, und dann eine interessante Familie von Wechseln, deren glücklicher Vater ich bin. Diese ungezogenen Rangen hegen den sehnlichsten Wunsch, sich aus dem Schoß der bürgerlichen Gesellschaft zurückzuziehen. Aber ich sehe wohl, mithilfe dieses würdigen, ewigen Onkels werde ich die Papiere so bald nicht in die Hände bekommen. Darum will ich mich verheiraten!«

»Diese Absicht ist sehr natürlich, denn Ihre bestimmte Braut ist die schönste und reichste Erbin von Louisiana.«

»Was ist der Reichtum, Freund Kato, bei den Reizen, die meine Jenny besitzt – ein Luxus! Wenn ich mich über ihr Vermögen freue, so geschieht es nur deshalb, weil es mich in den Stand setzt, meine künftige Gattin zur ersten und glänzendsten Schönheit Amerikas und Englands zu erheben.«

»Wie, Sir«, rief Kato freudig, »Sie hätten die Absicht, wieder nach England zu gehen?«

»Nach England, Frankreich, Paris – nach allen Orten der Welt, wo man sich amüsiert! Doch ehe wir uns auf die Reise begeben, wäre es mir nicht unangenehm, wenn ich zuvor meine reizende Cousine küssen und ein gutes Frühstück zu mir nehmen könnte. Das Herz und der Magen sind zwei Tyrannen, die keinen Aufschub gestatten. Geh, Kato, und melde meine Ankunft!«

»Ein echter Dandy!«, murmelte der Mulatte, indem er den Saal verließ und durch das angrenzende Zimmer ging, um den erhaltenen Auftrag zu vollziehen. »Die elegante Schwermut über die Wechsel stand ihm vortrefflich – ich werde zunächst versuchen, ohne Wechselschulden schwermütig zu sein, um mich in Evas Augen noch interessanter zu machen, als ich schon bin; gelingt es nicht, so gehe ich zu einem Quäker in New Orleans, der auf Zinsen borgt – ich gebe ihm einen Wechsel, bei dessen Ablauf sich die Schwermut schon einstellen wird! O Eva, um dir zu gefallen, lebe ich im Schatten und mache Wechselschulden!«

Während der Intendant diesen heroischen Entschluss fasste, sann Arthur auf einen Vorwand, mit dem er sein Ausbleiben entschuldigen wollte. Die Erfindungsgabe des Dandys hatte durch häufigen Gebrauch eine gewisse Fertigkeit erlangt, und als Kato wieder eintrat, um ihm anzukündigen, dass Miss Jenny ihre Toilette beendet habe, war der triftigste Grund von der Welt gefunden. Mit fröhlicher, zuversichtlicher Miene folgte der junge Mann dem wohlriechenden Kato, der zeremoniell die Tür zu Jennys Zimmer öffnete und mit lauter Stimme ankündigte:

»Sir Arthur!«

Die junge Herrin trug ein Mousselinkleid in blauer Farbe; ihr dunkles Haar, mit einer weißen Rose geschmückt, bildete einen Kranz dichter Locken um das ganze Haupt, und ein einfacher Myrtenstrauß zierte den Busen, der bei Arthurs Anblick in eine leichte Bewegung geriet. Jenny hatte ein schönes, regelmäßiges Gesicht mit blauen Augen, schwarzen Wimpern und Brauen; es fehlte ihm aber jener pikante Ausdruck, den der Umgang mit der großen Welt erzeugt und der nötig ist, um das Herz eines blasierten Weltmannes zu fesseln. Für den, der ihr einfaches, kindliches Gemüt, ihre wahren, richtigen Empfindungen kannte, war ihre ganze Erscheinung die eines Engels, der sich nur in einem unverdorbenen Herzen Verehrung erwirbt, der keinen blendenden Lichtkreis um sich strahlt, sondern einen milden Schein, der stille Bewunderung und Erhebung des Gemüts erzeugt. Jenny musste verstanden werden, wenn man sie wahrhaft lieben sollte, man musste die Vorzüge ihres Charakters und ihres Herzens kennen, um die ihres frischen, jugendlichen Körpers zu würdigen, denn diese erhielten ihren eigentlichen Reiz nur durch jene, und vereint waren sie von einer mächtigen Wirkung.

»Sir Arthur!«, flüsterte sie leicht errötend, und ihre zarten Finger spielten mit den Blättern des Myrtenstraußes.

»Reizende Cousine!«, rief Arthur in zwanglosem Ton des gewiegten Salonmannes und drückte einen Kuss auf die schöne Stirn des jungen Mädchens, der nur zu deutlich verriet, dass er die Begrüßungszeremonie eines Bräutigams sein sollte.

»Welchen Weg sind Sie gekommen, Cousin? Von der Terrasse aus, die an mein Zimmer stößt, habe ich die Staubwolke nicht aufwirbeln sehen, die mir in der Regel Ihre Ankunft verkündet.«

»Den kürzesten Weg, teure Jenny, den meine Ungeduld wählen konnte, um zu Ihnen zu gelangen – durch den Zedernwald, der den Anfang Ihres kleinen Königreichs macht.«

»Sir Arthur würde wohlgetan haben«, sagte Eva scherzend, »wenn er gestern schon diesen Weg eingeschlagen hätte!«

»Wenn dies auch Jennys Ansicht ist«, antwortete der Dandy mit einer nachlässigen Verbeugung, »so beklage ich doppelt den unangenehmen Zufall, der mich daran hinderte.«

»Eva hat recht«, sagte Jenny, »denn ich wüsste keinen Grund, der triftig genug wäre, eine junge Braut in Unruhe zu versetzen, von der man sagt, dass sie wohl imstande ist, einen Bräutigam zu fesseln, selbst wenn ihn des Vaters letzter Wille dazu gemacht hat.«

»Zürnen Sie nicht, beste Cousine, sondern hören Sie meine Entschuldigung …«

»Ich erlasse sie Ihnen vor dem Frühstück, Arthur, und behalte sie mir für diesen Abend vor, denn ich nehme an, dass sie geeignet ist, meine Sorgen zu zerstreuen, die Ihr Aufenthalt in New Orleans erregt hat. Eva, Kato – man serviere den Tee!«

»Der angestrengte Ritt hat mir Appetit gemacht«, wandte sich Arthur zu Kato, »ich erwarte ein solides Mahl!«

»Als ob es für mich wäre!«, flüsterte der Mulatte, indem er sich entfernte.

»Dann bin ich zufrieden!«

Jenny und Arthur waren allein.

»Mein Aufenthalt in der Stadt verursachte Ihnen Sorgen, Jenny – wie oft soll ich Ihnen wiederholen …«

»Arthur, sollten Sie nicht wissen, dass die Mädchen von Louisiana den Spanierinnen ähnlich sind?«

»Was die Augen anbetrifft – nicht wahr?«

»O nein, Sir, was die Eifersucht anbetrifft!«

Himmel, dachte Arthur, das hätte ich nicht geglaubt!

Unwillkürlich stellte er Vergleiche zwischen seiner Braut und Arabella an.

»Sie sind eifersüchtig?«, sagte er nach einer Pause laut, indem er mit einem verlegenen Lächeln ihre Hand ergriff.

»Ich gestehe es, Arthur, sehr eifersüchtig! Und habe ich etwa keinen Grund dazu? Sie wissen, dass mein guter Vater uns füreinander bestimmt hat – ich habe mich seit Jahren daran gewöhnt, Sie zu lieben; mein Glück, meine ganze Zukunft ruht auf Ihnen, denn Sie sind mein einziger Freund, der einzige Mann, dem ich mich anvertraue – ist es nun nicht ganz natürlich, wenn mich der Gedanke zittern macht, dass Sie Ihre Sorgen, Ihre Huldigungen einer andern darbringen und mir so die Stütze entziehen, die meine einzige Hoffnung ist?«

Jenny hatte diese Worte mit einer Empfindung gesprochen, die den Dandy fast in Bestürzung versetzte; er musste seine ganze Kraft und Galanterie zusammennehmen, um sie nicht zu verraten. Zuerst nahm er seine Zuflucht zu Schmeicheleien, dem gewöhnlichen Mittel der sogenannten Dandys, denn sie setzen voraus, dass sie den eitlen Frauen gefallen und die fühlenden in Verlegenheit bringen, dass sie nicht klar sehen können.

»Jenny«, rief er mit erkünstelter Begeisterung, »gibt es auf der weiten Welt wohl eine reizendere, anbetungswürdigere Frau als Sie? Kennen Sie sich so wenig, dass Sie an der Macht Ihrer Schönheit zweifeln? Ihr Arthur müsste mit Blindheit geschlagen sein, wenn er sein Glück nicht besser zu schätzen wüsste! Es ist wahr, Ihr Vater hat uns füreinander bestimmt – aber glauben Sie mir, mehr als die Bestimmung des Testamentes gilt mir die meines Herzens, das stets bei Ihnen ist, wenn uns auch die Wälder Louisianas trennen!«

»Wahrhaftig?«, rief Jenny und ihr ganzes liebliches Gesicht übergoss eine Purpurröte. »Nun, so will ich Ihnen glauben; aber vor unserer Verbindung trennen Sie sich nicht wieder von mir, Sie bleiben auf der Pflanzung – nicht wahr? Sie versprechen es mir?«

»Mein Gott, Jenny«, stammelte Arthur ausweichend, »ich weiß nicht …«

»Arthur, was soll ich denken?«

»Haben Sie kein Vertrauen zu mir?«

»Ein Versprechen fordere ich, Arthur, und als Braut habe ich das Recht dazu.«

»Jenny!«

»Herr Cousin«, flüsterte sie mit sanfter Stimme, »ich bitte darum!«

»Sie wollen es«, sagte Arthur, dessen Verlegenheit den höchsten Grad erreicht hatte.

»Ich bitte darum!«, wiederholte Jenny, »bei meiner Ruhe und Ehre, die Ihnen heilig sein muss.«

Diese Worte hatte Jenny mit bebender Stimme gesprochen und ein feuchter Glanz erfüllte ihre Augen.

Arthur dachte zwar an Arabella, aber der Gedanke an seine Wechsel und dass beide Verhältnisse zerstört sein würden, sollte er gezwungen werden, das Schuldgefängnis zu betreten, behielt die Oberhand, und gedrängt von der Macht des Augenblicks rief er:

»Gut, Jenny, ich verspreche es Ihnen!«

»Ihre Hand?«

»Hier ist meine Hand!«

»Der Zwang dieses Versprechens«, fuhr Jenny fort, »wird übrigens nicht lange auf Ihnen lasten, denn Sie erinnern sich doch, dass morgen der fünfte Juli ist?«

»Morgen?«

»Des Vaters letzter Wille hat ihn als den Tag bestimmt, an dem Sie mein Gatte und der Herr dieser Besitzung werden. Und nicht wahr, Arthur, Sie helfen mir den Willen des Verstorbenen redlich zu erfüllen?«

»Mein Gott«, rief Arthur, »morgen soll unsere Verbindung stattfinden? Ich glaube kaum!«

»Und warum?«

»Weil ich bis gestern Abend spät meine Papiere aus Boston, die dazu erforderlich sind, vergebens erwartet habe. Wenn sie nun heute wiederum nicht eintreffen?«

»So senden wir morgen einen Advokaten zu Ihrer Vaterstadt, der die ganze Angelegenheit in wenigen Tagen ordnet. Bis zu seiner Rückkehr bleiben Sie hier und übernehmen vorläufig die Geschäfte, die Kato bis jetzt allein besorgt hat.«

»Jenny, Sie sind ein Engel!«, rief Arthur und wollte dem reizenden Mädchen einen Kuss auf die blühenden Lippen drücken.

»Herr Cousin«, sagte Jenny abwehrend, »noch sind Sie nicht mein Mann!«

»Aber Ihr Bräutigam, dem Sie einen Kuss nicht verweigern dürfen.«

»Ich verweigere ihn jetzt«, sagte die Braut hoch errötend, »um Ihnen den ersten Kuss als Gattin anbieten zu können. Wollen Sie mich dieses Glückes berauben?«

»Nein, reizende Jenny«, rief Arthur, ergriff ihre Hand und drückte einen Kuss darauf.

In diesem Augenblick trat Eva ein, das Frühstück tragend. Sie hatte Arthurs zärtliche Aufmerksamkeit noch gesehen.

»Sir Arthur«, flüsterte sie ihm lächelnd zu, indem sie an ihm vorüberging, »dieser Kuss söhnt mich mit Ihnen wieder aus.«

Jetzt erschien auch Kato, ein gebratenes Huhn auf einer silbernen Schüssel tragend.

»Sir Arthur«, flüsterte er, »der Präsident der Vereinigten Staaten würde Sie um dieses Huhn beneiden.«

»Und warum?«

»Weil Sie es an der Seite Ihrer reizenden Braut verzehren können, und – weil es nach meinem Rezept zubereitet ist.«

»Das Sie aus London mitgebracht haben!«, lachte Eva.

»Nein, Miss Eva, das ich in Amerika erfunden habe«, sagte Kato, indem er mit der Zofe das Zimmer wieder verließ.

Arthur bot seiner Braut den Arm und führte sie zu dem Tisch, der an der geöffneten Tür der Terrasse stand, durch die die kühle Luft des nahen Zypressenhaines eindrang. Ein Chor von Vögeln jubelte in den schattigen Zweigen, die dem Lichtmeer des Himmels einen schützenden Damm entgegensetzten.

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25 mayıs 2021
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