Kitabı oku: «Die Vernunftehe», sayfa 2

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„Ich habe überhaupt keine Vorstellung“, antwortete Lord Vernham. „Aber trotzdem, erzähle doch ’mal, wie sie ist!“

„Ich fürchte, ich habe sie noch niemals gesehen“, gestand der Bischof.

„Dann kriege ich also im wahrsten Sinne des Wortes die ,Katze im Sack’!“ rief Lord Vernham aus. „Vielleicht schielt sie ja und hat auch noch Pockennarben! Hast du daran denn schon einmal gedacht? Ich schwöre dir, wenn das der Fall sein sollte, werde ich sie stehenden Fußes ins Kloster bringen. Die Kirche kann sich dann um sie kümmern.“

„Nun, Alvaric, ich glaube, deine Phantasie geht mit dir durch. Für derlei Annahmen gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Und Theobald Muir ist ein ausgesprochen gutaussehender Mann, wenn einige Leute ihn auch nicht leiden mögen.“

Er bemerkte den Ausdruck im Gesicht seines Neffen und fügte hinzu: „Er ist ein absoluter Gentleman und kommt aus angesehener Familie. Ich habe mir die Mühe gemacht, dies herauszufinden.“

„Das ist zweifellos sehr beruhigend“, antwortete sein Neffe.

Obwohl seine Stimme sarkastisch klang, konnte der Bischof doch die Erleichterung hören. Er fuhr fort: „Außerdem ist Theobald Muir ein Mann, der einen guten Geschmack hat. Ich habe ihn gestern besucht, und dabei hatte ich Gelegenheit, sein Haus zu betrachten. Sehr luxuriös und dabei ausgesprochen dezent.“

„Du hättest die Gelegenheit ergreifen sollen, um seine Tochter kennenzulernen“, wandte Lord Vernham ein.

„Ich hatte eigentlich damit gerechnet, daß Muir mir seine Tochter vorstellen würde. Als er dies dann nicht von selbst tat, konnte ich ihn nicht darum bitten. Es hätte möglicherweise den Eindruck erweckt, daß ich für dich ein wenig spionieren wollte.“

„Das hättest du auch tun sollen!“

„Mein lieber Junge, es gibt eine Menge Dinge, die ich gern für dich täte. Aber einiges mußt du schon selbst herausfinden.“

„Herausfinden!“ rief Lord Vernham aus. „Da gibt es nichts herauszufinden! Alles, was ich zu tun habe, ist einen Vertrag zu unterschreiben. Alle Besitztümer gehen dann wieder in meine Hand und ich stelle dafür mein Wappen zur Verfügung, von dem ich den Eindruck habe, daß es ganz und gar nicht auf meinen Kopf paßt!“

„Unsinn!“ sagte der Bischof scharf. „Du besitzt alles, was sich ein Edelmann nur wünschen kann. Das einzige, was dich von den anderen unterscheidet, ist die Tatsache, daß du so unverschämt gesund bist.“

Lord Vernham warf den Kopf zurück und brach in Gelächter aus.

„Da muß ich dir zustimmen, Onkel Lorimer“, sagte er. „Für einen Adligen ist es in der Tat eine Unverschämtheit, so gesund zu sein, wie ich es bin. Ich sollte blaß und hohläugig vom vielen Trinken sein; und halbblind, weil ich nächtelang nur in die Karten gesehen habe.“

Er lachte wieder und fuhr dann fort: „Du bist dir sicher im Klaren darüber, daß ich kaum in das Oberhaus passen werde!“

„Ich glaube, daß du genau das bist, was im Oberhaus schon eine ganze Weile fehlt!“ konterte der Bischof. „Eine Spritze voll frischer Luft und gesundem Menschenverstand täte den jungen Mitgliedern dieses Hauses sehr gut!“

„Soweit dies mich betrifft“, antwortete Lord Vernham, „werden sie darauf noch eine Weile warten müssen. Hier werde ich die nächsten fünf Jahre voll beschäftigt sein. Und ich möchte eines von vornherein klarstellen: wenn ich mit dem Geld meines zukünftigen Schwiegervaters versuchen werde, das Gut wiederaufzubauen, so werde ich ihm nicht erlauben, sich in irgendeiner Weise einzumischen. Die Führung des Gutes liegt einzig in meiner Hand!“

„Es wird darauf ankommen, wessen Kopf stärker ist“, meinte der Bischof. „Aber ich glaube, daß sich Theobald Muir zurückziehen wird, sobald er sein Ziel erreicht hat und seine Tochter einen Titel und ein Schloß besitzt.“

„Ich kann nur hoffen, daß du Recht behältst“, sagte Lord Vernham. „Ich werde keinerlei Einmischung, von wem auch immer, dulden. Und schon gar nicht von meiner Frau, wie reich sie auch immer sein mag!“

2.

„Ich habe die Teppiche reparieren und das Silber reinigen und aufpolieren lassen“, erklärte Theobald Muir. „Die Goldschmiede haben mir versichert, noch niemals so außergewöhnliche Stücke gesehen zu haben, die derartig vernachlässigt worden sind.“

Lord Vernham erwiderte nichts.

Obwohl er sich dessen bewußt war, daß Mr. Muir einen Ausdruck des Dankes erwartete, war es ihm doch unmöglich, auch nur eine einzige höfliche Bemerkung zu machen.

Er konnte es sich selbst nicht erklären, aber es war ihm ergangen wie seinem Großvater. Auf den ersten Anblick hin war ihm Mr. Muir unsympathisch gewesen.

Oberflächlich betrachtet war dies jedoch eine unverständliche Reaktion.

Theobald Muir war, wie auch der Bischof schon erwähnt hatte, ein großer, schlanker und gutaussehender Mann, zweifellos auch ein Gentleman. Aber in der Zeit, in der Lord Vernham im tiefen Afrika gelebt hatte, hatte er gelernt, sich auf seinen Instinkt zu verlassen.

Er hatte erfahren, wie trügerisch es war, die Menschen nach den Maßstäben zu beurteilen, die man hier in England und in Europa anlegte.

Mr. Muir gab sich ausgesprochen leutselig.

Er führte Lord Vernham durch sein Haus und dieser bewunderte den wirklich ausgesuchten Geschmack seines Gastgebers und zukünftigen Schwiegervaters.

Die Möbel waren sehr kostbar und hätten in jedem Palast stehen können.

Unter normalen Umständen wäre Lord Vernham erfreut gewesen, einen solchen Nachbarn zu bekommen.

Er selbst hatte seine Kenntnisse, Kunstgegenstände betreffend, von seinem Großvater erhalten. Seine Großmutter hatte ihn die Geschichte der Teppiche gelehrt. Viele von ihnen waren eigens für die Besitzer von Vernham Abbey hergestellt worden mit Darstellungen wichtiger Familienereignisse.

Während er durch die riesigen Säle von Kingsclere schritt, konnte Lord Vernham nicht umhin, diese Kostbarkeiten an den Wänden dieses Hauses zu erwarten.

„Ich hörte, Sie waren in Afrika?“ fragte Theobald Muir, als sie sich in zwei gewaltige Armsessel zu beiden Seiten des Kamins setzten.

Die Diener, die den Wein anboten, trugen elegante aber unaufdringliche Uniformen.

Der Wein war exzellent und Lord Vernham trank noch einen Schluck, bevor er antwortete.

„Ja, ich bin einige Jahre durch die Welt gereist, und ich war in der Tat im sogenannten ,Herzen Afrikas’, als ich vom Tod meines Onkels erfuhr.“

„Eine große Tragödie!“ bemerkte Mr. Muir. „Besonders, da auch Ihr Cousin Gervaise dabei ums Leben kam.“

Lord Vernham erwiderte nichts. Es war ihm unmöglich, den Tod seines Cousins als Tragödie anzusehen.

„Sicher hat Ihnen Ihr Onkel bereits mitgeteilt, daß Gervaise mit meiner Tochter verlobt war.“

„Ich habe davon gehört.“

„Die Verlobung war zwar nicht offiziell bekannt gegeben worden, aber wir hatten bereits die Bedingungen des Ehevertrages diskutiert, der, wie ich Ihnen versichern darf, sehr zum Vorteil Ihres Vetters aufgesetzt war.“

Lord Vernham war es nicht möglich zu sprechen. Er fühlte sich wie ein wildes Tier, das in eine Falle geraten war.

„Ich möchte offen mit Ihnen sprechen, Mylord“, fuhr Mr. Muir fort. „Die Abbey war für mich immer der Inbegriff architektonischer Kunst, und die Atmosphäre, die von ihr ausging, war seit jeher unwiderstehlich für mich.“

Er legte eine Pause ein.

Da Lord Vernham jedoch nichts erwiderte, fuhr er fort: „Das ist auch der Grund, warum ich bereit war, Ihrem Onkel jederzeit zu helfen, indem ich ihm das Bargeld zur Verfügung stellte, das er so dringend für seine Spielleidenschaft benötigte. Ich brauche Ihnen nicht zu versichern, daß ich mein Möglichstes getan habe, um ihn zu überzeugen, daß er sein Geld zum Fenster hinauswarf. Er war der absoluten Meinung, daß sich sein Glück eines Tages wenden würde. Hätte ich nicht alles Bewegliche von ihm gekauft, so hätte er diese Dinge an andere Käufer veräußert, von denen es genügend gab.“

Er hatte damit zweifellos Recht und Lord Vernham versuchte mit aller Kraft, sein Vorurteil gegen diesen Mann zu bewältigen, der allen Ernstes der Meinung war, der Familie Verne einen großen Dienst erwiesen zu haben. Er versuchte, einen Anflug eines dankbaren Lächelns auf seine Lippen zu zaubern.

„Alle Kostbarkeiten aus der Abbey werden Sie hier in diesem Hause finden“, fuhr Mr. Muir fort.

In seiner Stimme war leichter Triumph nicht zu überhören.

„Ich habe alles von Experten reparieren und aufarbeiten lassen. Ich darf Ihnen versichern, daß einige Stücke eine solche Reparatur dringend nötig hatten. Sie werden dem Haus, in das sie gehören, wieder neuen Glanz verleihen.“

„Ich bin sicher, daß ich im Namen der ganzen Familie spreche, wenn ich betone, daß wir tief in Ihrer Schuld stehen“, gelang es Lord Vernham mit großer Mühe zu bemerken.

Jetzt auf einmal wurde ihm klar, warum Mr. Muir ihm unsympathisch war. Es war sein Mund. Obwohl er ein attraktiver Mann war, besaß er einen Mund, der seinen ganzen Gesichtsausdruck bestimmte. Seine dünnen Lippen bildeten eine harte Linie, und Lord Vernham wußte, daß dieser Mann es niemandem gestatten würde, sich ihm in den Weg zu stellen.

„Wünschen Sie zu sehen, wo diese Gegenstände aufbewahrt werden?“ fragte Mr. Muir ihn.

Lord Vernham schüttelte den Kopf.

„Ich ziehe es vor, sie erst zu betrachten, wenn sie wieder dort sind, wo sie hingehören.“

Er bemerkte ein Aufleuchten in den Augen des Mannes, der ihm gegenüber saß.

„Ihr Onkel hat Sie also von meinen Bedingungen unterrichtet?“

„Ich soll Ihre Tochter heiraten?“

„So ist es!“

„Mr. Muir, ich glaube, Sie lassen mir keine Wahl, Ihren Vorschlag abzulehnen“, antwortete Lord Vernham. „Und soweit ich unterrichtet bin, besteht da auch noch eine Schuld von ca. 50 000 Pfund, die mein Onkel und mein Cousin hinterlassen haben.“

„Dies ist auch ein Teil des Ehevertrages“, stimmte Mr. Muir zu. „Außerdem habe ich mich bereit erklärt, die Abbey zu restaurieren und die Farmen und Äcker wieder ertragsfähig zu machen.“

„Ich kann nur immer wieder betonen, wie großzügig Sie sich verhalten“, erwiderte Lord Vernham.

Mr. Muir erhob sich und lehnte sich an den Kaminsims.

„Ihr Onkel hat mich niemals gefragt. Aber ich nehme an, Sie wüßten gern, wie ich zu meinem Vermögen gekommen bin.“

„Nun, keiner von uns beiden hatte den Wunsch, neugierig zu erscheinen“, murmelte Lord Vernham.

„Ich schäme mich nicht zuzugeben, daß ich mir den größten Teil meines Vermögens erarbeitet habe“, sagte Theobald Muir. „Mein Vater war nur ein kleiner Landjunker in Yorkshire. Er hinterließ mir einige tausend Pfund und ein großes Stück Land, das völlig unfruchtbar war. Ich war damals noch sehr jung, jedoch wußte ich, daß dies nicht alles war, was ich im Leben besitzen wollte.“

Mit einem Ausdruck des Triumphes blickte er sich im Salon um und fügte dann hinzu: „Ich kaufte Grund, Mylord - Land in Liverpool, Manchester und Leeds - und da ich sicher war, daß diese Städte sich eines Tages ausbreiten würden, investierte ich auch in Baumwolle und in die Schifffahrt.“

Nach einer kurzen Pause fügte er noch hinzu: „Das war ein sehr einträgliches Geschäft für einige Jahre.“

Mehr sagte er zu diesem Thema nicht, aber in diesem Augenblick wußte Lord Vernham, daß Mr. Muir die Sklavenschiffe meinte, als er von der Schifffahrt sprach.

Dies war in der Tat ein einträgliches Geschäft gewesen bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts. Als dann jedoch ein Schrei der Empörung über diese Grausamkeiten des Menschenhandels in der ganzen Welt zu hören war, schritt die Öffentlichkeit dagegen ein.

„Dieser Mann ist grausam und brutal“, dachte Lord Vernham bei sich.

Aber er wußte gleichzeitig, daß es unklug wäre, diese Meinung zu äußern. Stattdessen hörte er Theobald Muirs Bericht aufmerksam zu.

„Im Gegensatz zu Ihrem Onkel hatte ich immer Glück. Alles was ich anfaßte, schien sich in Gold zu verwandeln. Und grob geschätzt bin ich heute ungefähr vier Millionen Pfund wert!“

Lord Vernham war es, als müßte er nach Luft schnappen.

Niemals hätte er sich träumen lassen, daß ein einziger Mann ein solch großes Vermögen besitzen konnte. Im Vergleich dazu war die Summe, die sein Onkel Mr. Muir schuldete, von keinerlei Bedeutung.

„Sicher werden Sie verstehen“, sagte Mr. Muir, „daß ich nun das Beste für mein einziges Kind will - für meine Tochter Jarita.“

„Und Sie waren der Überzeugung, daß mein Cousin Gervaise das war?“

Er hätte diese Worte nicht sagen sollen, aber sie waren ihm unwillkürlich entschlüpft.

„Ihr Cousin wäre eines Tages Lord Vernham und der Besitzer der Abbey geworden. Das war es, was mich interessierte“, erwiderte Mr. Muir. „Außerdem war ich der festen Überzeugung, daß ich Ihren Cousin, sobald er erst mit meiner Tochter verheiratet gewesen wäre, davon hätte überzeugen können, daß es besser wäre, sich seiner Position entsprechend zu betragen.“

Lord Vernham reckte ein wenig den Hals.

„Was Sie mit meinem Cousin vorhatten“, antwortete er, „interessiert mich nicht im Geringsten. Ich möchte eines von vornherein klarstellen, Mr. Muir. Ich werde keinerlei Einmischung in mein Privatleben dulden, so sehr ich Ihnen auch bezüglich meines Hauses und meines Besitzes zu Dank verpflichtet sein mag.“

Im Gesicht des älteren Mannes war ein amüsierter Ausdruck zu sehen, als er antwortete: „Ich bin kein Narr, Mylord. Ich sehe sehr wohl, daß Sie ein völlig anderer Mensch als Ihr Cousin sind. Um Sie zu beruhigen, darf ich Ihnen sagen, daß ich vom ersten Augenblick, in dem ich sie sah, überzeugt davon war, daß Sie keine Hilfe benötigen, sobald der Besitz einmal wieder in Ordnung gebracht worden ist.“

„Ich danke Ihnen.“

Es herrschte eine kleine Weile Stillschweigen. Dann ging Mr. Muir zu einem kleinen Tischchen, auf dem einige Rollen Pergament lagen.

„Ursprünglich wollte ich vorschlagen, daß wir diese Dokumente gemeinsam durchgehen“, sagte er. „Aber jetzt glaube ich, daß Sie sie lieber allein studieren möchten. Irgendwelche Einwände, Änderungen oder Zusätze können Sie meinen Anwälten unterbreiten. Ich werde ihnen auftragen, sich morgen mit Ihnen in Verbindung zu setzen.“

„Ich danke Ihnen“, sagte Lord Vernham wieder. „Aber nun würde ich gerne Ihre Tochter kennenlernen!“

Er hatte den Eindruck, als wäre Mr. Muir ein wenig überrascht. Ohne jedoch eine Antwort zu geben, griff dieser nach einer kleinen goldenen Glocke, die auf einem Seitentisch stand, und läutete.

Fast im gleichen Augenblick wurde die Tür des Salons geöffnet.

„Bitte Miss Jarita, sofort herzukommen!“ befahl er.

„Sehr wohl, Sir.“

Als die Tür wieder geschlossen wurde, sagte Mr. Muir: „Jarita ist sehr jung und ich möchte bemerken, daß sie keinerlei Ahnung von den Abmachungen hat, die ich mit Ihrem Onkel getroffen habe.“

„Und sie hatte keine Einwände gegen eine Heirat mit meinem Cousin?“ fragte Lord Vernham überrascht.

„Jarita tut, was ich ihr sage“, erwiderte Mr. Muir. „Sie hat ihn einmal gesehen und ich habe ihr gesagt, daß die Verlobung bekannt gegeben werden würde, sobald alle notwendigen Formalitäten erledigt wären. Als sie dann von seinem Tod erfuhr, war sie naturgemäß nicht von übermäßiger Trauer erfüllt.“

„Sie hat ihn nur ein einziges Mal gesehen?“ fragte Lord Vernham überrascht. „Ich hoffe doch, daß ich Gelegenheit haben werde, Miss Jarita ein wenig genauer kennenzulernen, bevor wir heiraten werden.“

„Ich betrachte dies als völlig unnötig.“

Die Worte waren scharf und Lord Vernham sah seinen Gastgeber erstaunt an.

„Ich mag Ihnen sehr unkonventionell erscheinen“, sagte Mr. Muir. „Aber ich betrachte eine lange Verlobungszeit und die sogenannte Zeit des ,Hofmachens‘ als völlig überflüssig. Außerdem darf ich Sie darauf hinweisen, daß die Abbey umso eher restauriert werden kann, je schneller sie heiraten.“

Mr. Muir hatte ausgesprochen freundlich gesprochen, jedoch konnte Lord Vernham die Drohung hinter den Worten hören.

Er begriff, daß nichts, aber auch gar nichts unternommen werden würde, um die Abbey wieder zu restaurieren, bevor nicht aus Jarita Muir Lady Vernham geworden war.

Noch nie zuvor hatte Lord Vernham den Wunsch verspürt, aufzustehen und Mr. Muir zu sagen, er solle sich zur Hölle scheren.

Nicht das Vertrauen eines solchen Mannes zu besitzen, empfand Lord Vernham als eine größere Beleidigung, als er sie bisher jemals erfahren hatte.

Jedoch gab es keinen Ausweg für ihn. Und da er sich ein Leben lang in Selbstdisziplin geübt hatte, war es ihm nun möglich, mit ruhiger, ausdrucksloser Stimme zu fragen: „Sie schlagen also vor, Mr. Muir, daß wir sofort heiraten sollen?“

„Warum nicht?“

„Es erscheint mir doch ein wenig übereilt.“

„Sie vergessen, daß es eine lange Zeit gedauert hat, bis Sie nach England zurückkehrten. Und während dieser Zeit waren die Güter ohne irgendeine Führung.“

„Das ist richtig.“

„Ich schlage vor, daß Sie in den nächsten Tagen heiraten“, fuhr Mr. Muir fort. „Dann können Sie in die Flitterwochen fahren und ich werde in der Zwischenzeit eine ganze Armee von Arbeitern einsetzen, um das Haus bis zu Ihrer Rückkehr in einen wohnlichen Zustand zu versetzen.“

„Damit bin ich keinesfalls einverstanden“, erwiderte Lord Vernham. „Wenn Sie schon auf einer sofortigen Heirat bestehen, so bin ich jedoch nicht gewillt, so kurz nach meiner Rückkehr nach England schon wieder fortzufahren.“

Es fiel ihm auf, daß seine Antwort Mr. Muir zu überraschen schien, obwohl er gleichzeitig darüber nachdachte.

„Ein Grund dafür sind meine Tiere, um die ich mich zu kümmern habe.“

Der alte Mann zog die Brauen in die Höhe.

„Sicher sind Sie überrascht, wie es auch mein Onkel war“, erklärte Lord Vernham. „Aber die Tiere, die ich mitgebracht habe, sollen der Anfang für ein großes Gehege sein. Und ich würde es niemandem Zutrauen, die Pflege dieser Tiere zu übernehmen, die sich erst einmal an das fremde Land und das ungewohnte Klima gewöhnen müssen.“

„Sie haben vor, in der Abbey eine Menagerie einzurichten?“

„Ja, das habe ich!“ sagte Lord Vernham bestimmt. „Ich kann sagen, daß dies schon ein Wunsch von mir war, als ich noch ein kleiner Junge war.“

Sie wechselten einige Erfahrungen, die sie mit anderen Menagerien gemacht hatten, die sie kennengelernt hatten, und dann sagte Mr. Muir: „Nun, ein jeder soll sein Hobby haben. Selbstverständlich respektiere ich Ihren Wunsch, in der Abbey zu bleiben, während die Renovierungsarbeiten im Gange sind. Obwohl ich darauf hinweisen möchte, daß es in dieser Zeit nicht sehr gemütlich sein wird.“

„Ich habe in den letzten Jahren mit sehr wenig Komfort auskommen müssen“, erwiderte Lord Vernham mit einem Lächeln.

Gerade, als Mr. Muir eine weitere Bemerkung machen wollte, wurde die Tür geöffnet. Ohne vorherige Anmeldung betrat ein junges Mädchen den Salon.

Lord Vernham hatte sich gerade erhoben, um sein Weinglas auf dem Kaminsims abzustellen. Daher stand er mit dem Rücken zur Tür, ohne das Mädchen zu bemerken.

Erst als Mr. Muir ausrief: „Jarita!“ drehte er sich um und sah seine zukünftige Frau.

Sofort stellte er fest, daß das Mädchen außergewöhnlich elegant und kostbar gekleidet war. Aber sie hielt den Kopf gesenkt, so daß er nichts von ihrem Gesicht erkennen konnte. Alles was er sehen konnte, war ihre schlanke Figur und ihr blondes Haar, das einen kleinen Stich ins Rötliche hatte.

„Dies ist Jarita, Mylord“, erwähnte Mr. Muir völlig überflüssig. Dann wandte er sich seiner Tochter zu: „Dies, Jarita, ist dein zukünftiger Ehemann!“

Lord Vernham verbeugte sich und Jarita, die nahe bei der Tür stand, machte einen tiefen Knicks.

Er wartete darauf, daß sie ihn ansah. Aber auch, als sie sich wiederaufrichtete, hielt sie den Kopf gesenkt, so daß es ihm unmöglich war, ihr Gesicht zu erkennen. Lediglich ihre weiße Haut und die hohe Stirn fielen ihm auf.

„Das ist alles, Jarita!“

Mr. Muirs Stimme klang streng und noch während Lord Vernham ihn überrascht ansah, als könne er nicht glauben, was er da eben gehört hatte, vernahm er, wie die Tür leise geschlossen wurde. Jarita hatte den Salon bereits verlassen.

Die Blicke der beiden Männer trafen sich.

„Ich würde gerne mit Ihrer Tochter sprechen.“

„Dazu besteht keine Notwendigkeit“, erwiderte Mr. Muir. „Da Sie doch auch mit den Gewohnheiten im Osten vertraut sind, Mylord, sollten Sie auch an Ehen gewöhnt sein, die von den Eltern des jeweiligen Brautpaares arrangiert werden.“

„Aber wir befinden uns in England.“

„Ich habe Ihnen vorhin schon angedeutet, daß ich jegliches Zusammentreffen von Jarita und ihrem zukünftigen Ehemann vor der Hochzeit als absolut unnötig betrachte.“

„Und wenn ich es als eine Notwendigkeit ansehe?“

„Solange Jarita nicht verheiratet ist, untersteht sie meiner Gewalt, Mylord!“

Lord Vernham erkannte, daß jegliche Diskussion sinnlos und außerdem unklug war.

Und da er dieses Mädchen sowieso heiraten würde, was spielte es für eine Rolle, ob er sie vor der Hochzeit kennenlernte oder nicht. Was bedeutete es, ob er sie mochte oder nicht?

Wie der Bischof schon gesagt hatte, die Abbey war eine Ehe wert.

,Wenn es also sein soll’, sagte Lord Vernham sich, ,dann wollen wir es so schnell wie möglich hinter uns bringen.’

Selbst in seinen eigenen Ohren klang seine Stimme barsch, als er fragte: „Welchen Tag schlagen Sie vor, an dem die Zeremonie stattfinden soll?“

„Lassen Sie mich überlegen...“, erwiderte Mr. Muir. „Heute ist Samstag. Ich denke, daß bis Donnerstag die Dokumente unterzeichnet und die Hochzeitsfeier vorbereitet werden kann.“

Lord Vernham war verwirrt, ließ sich jedoch nichts anmerken.

„Ich bin sicher, daß es eine Menge Arbeit für Sie bedeutet, all die Vorbereitungen in dieser kurzen Zeit zu treffen“, sagte er ein wenig sarkastisch.

„Im Gegenteil“, antwortete Mr. Muir. „Es ist alles vorbereitet. Bis ins kleinste Detail, mit Ausnahme des genauen Datums. Ich werde Sie dann also um zwei Uhr in unserer Parish Church sehen. Vorausgesetzt, natürlich, daß unsere Anwälte sich haben einigen können.“

Lord Vernham wagte nicht, darauf etwas zu erwidern.

Noch niemals in seinem Leben war ihm ein Mann so zuwider gewesen, wie es sein zukünftiger Schwiegervater war.

In einem wunderschön möblierten Schulraum in der oberen Etage stand Jarita und zitterte am ganzen Körper.

Sobald sie die Tür des Salons hinter sich geschlossen hatte, war sie die Stufen hinaufgeeilt, als würde sie von wilden Tieren verfolgt. Sie hatte die Tür des Unterrichtsraumes so laut zugeschlagen, daß ihre Gouvernante, die am Feuer saß und nähte, überrascht aufsah.

„Was ist denn, Liebes?“ fragte sie sanft. „Warum wollte dein Vater dich sehen?“

Für einen Augenblick war es Jarita unmöglich, eine Antwort herauszubringen.

Dann stotterte sie mit einer ihr völlig fremden Stimme:„L-Lord... Vernham war d-da... der M-Mann, den ich h-heiraten s-soll!“

Die Gouvernante, Miss Dawson, stieß einen tiefen Seufzer aus.

„So ist er also doch zurückgekommen. Ich dachte mir schon, daß sein Besuch erwartet wird, als der Bischof gestern hier erschien.“

„Er ist e-entsetzlich g-groß“, sagte Jarita. „Ein Monster von einem Mann!“

„Schon gut, Jarita, du mußt dir nicht selbst Angst einjagen. Ich bin sicher, daß er sehr sympathisch ist. Ich habe eigentlich nur Gutes von ihm gehört.“

Jarita gab keine Antwort, sondern ging ans Fenster, öffnete es weit und starrte in den Garten hinaus.

Sie dachte daran, wie groß und überwältigend Lord Vernham ausgesehen hatte, und sie wußte, daß sie sich vor ihm ebenso fürchtete, wie sie sich vor Gervaise Vernham gefürchtet hatte, als ihr Vater ihr erzählt hatte, daß sie ihn würde heiraten müssen.

„Ich kann es nicht... ich kann nicht!“ stieß sie atemlos hervor.

„Was hast du gesagt, Liebstes?“ fragte Miss Dawson.

Jarita wiederholte ihre Worte nicht. Voller Verzweiflung und Panik dachte sie an den Plan, den sie sich zurechtgelegt hatte, gleich nachdem sie erfahren hatte, daß Gervaise tot war und man nach seinem Cousin geschickt hatte, der aus irgendeinem fremden Land auf der anderen Seite der Erde nach England kommen sollte.

Nicht, daß ihr Vater ihr irgendetwas erzählt hätte. Er erzählte ihr niemals etwas. Er gab ihr lediglich Befehle, denen sie auch widerspruchslos gehorchte, da sie die Konsequenzen kannte, die Ungehorsam nach sich zogen.

Aber die Diener im Hause sprachen darüber. Einige von ihnen waren schon im Haus gewesen, als Jarita noch ein kleines Mädchen war. Und noch heute taten sie in ihrer Gegenwart oft so, als wäre sie taub, so wie Erwachsene sich oftmals Kindern gegenüber verhielten.

Sie hatte viel über Gervaise Verne erfahren, aber nicht nur von den Dienstboten, wenn sie mit Miss Dawson sprachen, sondern auch von Emma.

Emma war ihre persönliche Dienerin. Sie war ein junges Mädchen mit roten Wangen und stammte aus Little Kingsclere.

Vormals war Emma ein gewöhnliches Hausmädchen gewesen, auf Empfehlung von Miss Dawson erhielt sie dann die Aufgabe, sich ausschließlich um Jarita zu kümmern.

Jarita wußte, daß sie dies ihrer Gouvernante zu verdanken hatte, die sie sehr liebte und sehr um sie besorgt war. Miss Dawson empfand es als unnatürlich, daß Jarita ohne die Gesellschaft gleichaltriger Mädchen aufwachsen sollte.

Sie hatte Mr. Muir vorgeschlagen, daß Jarita den Unterricht mit anderen Mädchen aus der Nachbarschaft gemeinsam erhalten sollte. Sie wollte Partys im Winter und Spiele im Sommer für sie arrangieren. Was immer sie jedoch unternahm, um Mr. Muir zu überzeugen, es war sinnlos. Er hörte nicht auf sie.

Jarita hatte sich oft gefragt, wie sie ihr Dasein nach dem Tode ihrer Mutter hätte ertragen können, wenn sie nicht Miss Dawson gehabt hätte.

Sie hatte ihre zarte und verständnisvolle Mutter über alles geliebt.

Mrs. Muir war jedoch nie bei guter Gesundheit gewesen.

Wie Lord Vernham später noch erfahren sollte, stammte sie aus einer aristokratischen Familie aus dem Norden. Sie war eine von fünf Töchtern gewesen. Obwohl ihr Vater von Mr. Muir nicht gerade sehr beeindruckt war, stimmte er doch einer Heirat mit seiner Tochter zu, da Theobald Muir außergewöhnlich wohlhabend war.

Schon, als sie noch sehr klein war, hatte Jarita erkannt, daß ihre Mutter Angst vor dem Vater hatte.

Zwar war er seiner Frau gegenüber stets sehr besorgt. Aber Jarita besaß für ein Mädchen ihres Alters eine ungewöhnliche Sensibilität. Und schon bald spürte sie, daß ihre Eltern nur sehr wenig Zuneigung zueinander verspürten.

Ihr Vater war oft abwesend. Er reiste durch den Süden, um Geschäfte abzuwickeln, besuchte die Städte, in denen er Grund besaß. Und immer, wenn er nicht im Hause war, schien es Jarita als wäre das ganze Haus heller und die Sonne würde hineinscheinen.

Ihre Mutter lachte und schien in diesen Zeiten eine völlig andere Persönlichkeit zu sein.

Dann, ganz unerwartet und ohne Vorwarnung, verstarb ihre Mutter.

Für Jarita war es, als wäre das Licht in ihrem Leben nun vollends erloschen.

Ihr Vater war fast fanatisch damit beschäftigt, Pläne für ihre Erziehung auszuarbeiten, die den ganzen Tag füllten. Zuerst kam Miss Dawson, die sich in liebevoller Weise des Mädchens annahm. Jedoch wurde sie schon nach kurzer Zeit in den Hintergrund gedrängt.

Theobald Muir holte Lehrer aus dem ganzen Lande, die seine Tochter unterrichten sollten.

Für Jarita schien das Pensum, das sie zu bewältigen hatte, endlos zu sein.

Sie begann zu begreifen, daß der Vater absolute Vollkommenheit von ihr erwartete.

„Wenn du ein Junge wärst“, hatte er einmal zu Jarita gesagt, „dann würde ich dich lehren, meine Geschäfte zu führen, in denen ich so erfolgreich gewesen bin. Aber da du nun einmal ein Mädchen bist, mußt du in anderer Beziehung leuchten.“

„Was heißt das, Papa?“ hatte Jarita ihn ahnungslos gefragt.

„Du wirst eine wichtige Persönlichkeit in der Gesellschaft sein“, hatte der Vater geantwortet. „Du wirst in eine der ältesten und angesehensten Familien Englands einheiraten. Und du wirst einen Titel tragen, den jedermann achtet.“

„Aber wie kann das möglich sein?“ hatte Jarita verwirrt gefragt.

Ihr Vater lächelte, bevor er ihr antwortete: „Du wirst ein Vermögen besitzen, meine Liebe, das zurückzuweisen sich nur wenige Männer leisten können.“

Erst als Jarita später noch einmal über diese Antwort nachdachte, erkannte sie, was dies bedeutete.

Sie sollte verkauft werden, wie ein Stück Handelsware, an einen Mann, der ihr Geld wollte, so wie ihr Vater dessen Titel begehrte.

Es fiel ihr nicht schwer, sich vorzustellen, daß dieser Mann ihr Nachbar sein würde.

Solange sie sich erinnern konnte, hatte sie ihren Vater davon sprechen gehört, wie wunderschön Vernham Abbey sei, welchen Ursprung es hatte, und welche wichtige Rolle die Vernes in der Geschichte des Landes gespielt hatten. Sie hatte darüber auch in ihren Geschichtsbüchern gelesen.

„Dein Vater will immer das Unerreichbare erreichen“, hatte ihre Mutter einmal gesagt. „Er streckt seine Hand immer nach den Sternen aus.“

Aber Vernham Abbey war nicht auf den Sternen, wie Jarita von Emma erfahren konnte.

Emma erzählte es ihr immer, wenn Lord Vernham wieder im Hause gewesen war, um einige seiner Kunstgegenstände oder Möbel zu verkaufen.

Jarita hatte als Kind gerne einen Blick auf all die Kostbarkeiten geworfen. Erst, als sie erfuhr, daß sie Gervaise Verne heiraten sollte, verspürte sie keine Lust mehr dazu. Damals lernte sie, was es hieß, Angst zu haben.

Jarita hatte vor ihrem Vater immer Angst verspürt. Aber dies war etwas anderes.

Emma hatte ihr von Gervaise erzählt und Jarita hatte im ersten Augenblick gar nicht begriffen, was gemeint war.

„Betsy hat sich in der letzten Nacht umgebracht, Miss. Sie war eine Verwandte von mir“, hatte Emma unter Tränen berichtet.

„Warum sollte sie denn etwas so Furchtbares tun?“ fragte Jarita verständnislos.

Emma zögerte einen Augenblick, bevor sie antwortete: „Es ist dieser Mr. Gervaise Verne - ein so böser Mensch! Niemals hatte er Betsy in Ruhe gelassen, obwohl sie sich alle Mühe gegeben hat, ihm aus dem Weg zu gehen.“

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