Kitabı oku: «Das Geschlechtsleben in der Deutschen Vergangenheit», sayfa 4
Die Klöster
Ebenso unkeusch wie die Seelsorger in Dorf und Stadt waren die Insassen der Klöster, gleichviel ob Mönche oder Nonnen. Namentlich die Nonnenklöster standen vielfach in denkbar schlechtestem Rufe, so dass Geiler von Kaisersberg sagen durfte: »Ich weiss nicht, welches schier das best wer, ein tochter in ein semlich closter thuon oder in ein frawenhauss. Wann warumb? ym closter ist sie ein huor …« Ein hartes Urteil eines Geistlichen über seinesgleichen, dem umsoweniger die Berechtigung abgesprochen werden darf, als es keineswegs vereinzelt dasteht. Sebastian Brant meint im Narrenschiff:
das heisst, dass sie keine Aufsicht haben.
Die Abgeschlossenheit der Klöster eignete sich vorzüglich dazu, Geheimnisse der Aussenwelt zu verbergen und sich unter dem Schutze der Klausur der ausgelassensten Wollust hinzugeben.
Es sind grauenvolle Thatsachen aus dem mittelalterlichen Klosterleben überliefert. Das Kloster Gnadenzell auf der schwäbischen Alp gelangte schon frühzeitig zu trauriger Berühmtheit. Einer der Schirmherren des Klosters, Herzog Julius von Braunschweig, liess die Äbtissin, eine geborene von Warberg, 1587 lebendig begraben, weil sie sich mit dem Stiftsverwalter zu tief eingelassen hatte.59 Die früheren Aufseher dieses Klosters waren weniger streng. Sie liessen es geschehen, dass es darin schlimmer als in einem Bordelle zuging und die Nonnen Tag und Nacht für wohlhabende Gäste zur Verfügung standen. Von diesen Nonnen ging die Priamel aus:
»Ein boehmisch moench und schwaebisch nonn
Ablass, den die Kartheuser hon,
Ein polnisch brueck und wendisch treu
Huener zu stehlen, Zigeuner reu
Der Welschen Andacht, Spanier eid
Der Deutschen fasten, Koellnisch maid
Eine schoene tochter ungezogen
Ein roter bart und erlenbogen,
Fuer diese dreizehn noch so viel,
Gibt niemand gern ein pappenstiel.«60
Sebastian Franck drückt sich in seinen Sprüchwörtern kürzer dahin aus: »Ein polnisch bruck, ein bemischer mönch, ein schwebisch nonn, ein oesterrychischer Kriegsmann, wälche andacht und der tütschen fasten geltend ein bonen« – d. h. sind keine Bohne wert. Im gleichen Rufe wie Gnadenzell standen das Frauenkloster zu Kirchheim unter Teck, in dem Graf Eberhard der Jüngere von Württemberg mit seinen Zech- und Waidkumpanen die tollsten Orgien feierte, und Söflingen bei Ulm. Als das Gerede über das Treiben der Söflinger Nonnen zu arg wurde, sah sich die geistliche Obrigkeit endlich veranlasst, eine Visitation des Klosters vorzunehmen. Gerne that es der Bischof Gaimbus von Kastell ja nicht, denn er fürchtete mit Recht einen Skandal. Aber was er fand, übertraf seine höchsten Befürchtungen und war selbst für den guten Magen des Kirchenfürsten zu viel. Ganz entrüstet berichtet er unter dem 20. Juni 1484 an den Papst von den Nachschlüsseln, den Briefen höchst unzüchtigen Inhalts und den üppigen Kleidern, die er in den Klosterzellen entdeckt hatte. Das ihm Peinlichste aber war, dass fast alle Nonnen – in gesegneten Umständen angetroffen worden waren.61 Die Zimmersche Chronik lässt sich über das Kloster zu Oberndorf im Thal wie folgt aus: »Es haben sich bis vierundzwanzig Klosterfrauen, meistenteils von Adel, darin aufgehalten, die keinen Mangel litten, wie man spricht, sondern im Überfluss lebten. Was für gutes Leben, sofern man das als gutes Leben achtet, in diesem Kloster war, ist daraus zu ersehen, dass viel Adel vom Schwarzwald und vom Neckar in diesem Kloster eingekehrt – den ufritt gehapt –, so dass es damals mit mehr Recht des Adels »hurhaus« als des Adels »spittal« wäre genannt worden. Besonders haben die von Ow, Rosenfeldt, Brandegk, Stain, Neuneck viel Geld darin verthan, und hat diese Hochschule der Wollust Ehebrecher und Väter unehelicher Kinder geschaffen. Damit genug. Einmal sind viele vom Adel und gute Gesellen im Kloster gewesen, die haben Abendtanz sehr spät gehalten. Da hat es sich von ungefähr begeben, dass während des Tanzes plötzlich die Lichter verlöschten. Da entstand ein »wunderbarliches blaterspill«, indem sich jeder Mann ein Nönnlein nahm. Die Thüren waren verhängt und kein brennend Licht sollte in den Saal kommen. Und gleichwohl niemand von der Dunkelheit verschont blieb, so hatte doch keiner Grund zu klagen, ausser einem Edelmann, dem ein »widerwertiger casus begegnet«. In der Furcht, es werde unversehens ein Licht gebracht, schrie er: »Liebe Freunde, eilet nicht, lassts noch einmal herumgehen – ich habe meine Schwester erwischt!«62 In demselben Kapitel der eben citierten Chronik finden sich noch weitere Skandalosa von Nonnen und Mönchen, auch Liebesabenteuer des erbitterten, viel verlästerten Gegners der Reformation, Thomas Murner, des Franziskanermönches, des strengen Sittenpredigers, der vielleicht, wenn sich gerade mal eine günstige Gelegenheit bot, auch ganz gerne einen Seitensprung machte, was dann seinen vielen Feinden willkommenen Anlass bot, ihn ebenso abzukanzeln, wie sie es von ihm gewohnt waren. Er hatte ein loses Maul, das ebensogut schimpfen, wie im beissenden Spott arge Wunden verursachen konnte:
»Wer die meisten Kinder macht,
Wird als Aebtissin geacht«
sagt er in Bezug auf gewisse Klöster. In anderen allerdings galt wieder der Bibelspruch: »Selig sind die Unfruchtbaren«, den die Notwendigkeit diktierte, da es nicht leicht war, die Folgen der Verirrungen der Nonnen zu verbergen, denn nicht überall war es möglich, die Kinder kurzerhand zu töten, wie im Kloster Mariakron, bei dessen Abbruch man »in den heimlichen Gemächern und sonst – Kinderköpfe, auch ganze Körperlein versteckt und vergraben« fand. Der Bischof Ulrich von Augsburg erzählt die schier unglaublich klingende Thatsache, dass unter Papst Gregor I. aus einem Klosterteiche sechstausend Kinderköpfe herausgefischt wurden.63
Die Mönchsklöster waren um kein Haar besser, als die Klöster mit frommen Schwestern. Die Mönche hatten es auch viel leichter als die Nonnen, da sie sich ihren Passionen überlassen durften, ohne auffällige Folgen befürchten zu müssen. Die Angehörigen jener Orden, welche terminierend, besser gesagt bettelnd, von Ort zu Ort zogen, um ihre Beute mit den Brüdern im Kloster zu verzehren, fanden an frommen Bäuerinnen Seelenbräute, die sich gerne von den Herren Patres erlustigen liessen. Auch die Nonnenklöster, die ihnen Obdach gewährten, bewillkommten sie als gern gesehene Gäste, die im wahren Sinne des Wortes mit offenen Armen aufgenommen wurden. Doch nicht genug, dass die Cölibatäre der ihnen verbotenen Frauenliebe huldigten, noch andere, weit schändlichere Laster fanden in und durch die Klöster Verbreitung. 1232 forderte Gregor IX. die Predigermönche auf, in Österreich das Laster der Sodomie auszurotten und die Sünder als Ketzer zu behandeln. Berthold von Regensburg predigte gegen die »stumme, diu rôte sünde. Pfech, pfech (Pfui, pfui)«, doch mit geringem Erfolg, denn die Homosexualität war aus den Klöstern nicht zu bannen. »1409 wurden am Samstag den 2. März zu Augsburg vier Priester, Jörg Wattenlech, Ulrich der Frey, Jakob der Kiss und Hans Pfarrer zu Gersthofen wegen Sodomie in einem ›Fagelhaus‹ am Perlachturm angeschmiedet, leben noch am folgenden Freitag und verhungern dann.« Einen beteiligten Laien, den Lederer Hans Gossenloher, trifft die Strafe der Ketzer; er wird verbrannt.64 Der Strassburger Domprediger, der schon wiederholt angeführte Geiler von Kaisersberg, predigt seinen Standesgenossen: »Da hast du dich versündigt mit öffentlichen Dirnen, Jungfrauen betrogen, Ehefrauen be… Witwen geschändet, mit deinen Freunden zu thun gehabt, da mit deinem Gevatter, da mit deinem Beichtvater, da mit deiner Beichttochter. Ich will schweigen der Unzucht, mit der du die Ehe gebrochen, ich will auch schweigen der Unzucht, darum man dich verbrennen sollte.«65 Und wenn dies ein Mönch sagt, der seinesgleichen genau kennt, ist jeder Zweifel daran von Übel. Wie genau Geiler Bescheid weiss, geht aus dem von ihm wiederholt angeführten Sprichwort hervor: »Willst du haben dein Haus sauber, so hüte dich vor Pfaffen, Mönchen und Tauben, Diener, Vettern, Laienbrüdern (blotzbruder) und Aerzten.« Die Geistlichkeit, die durch ihr Beispiel veredelnd auf die Laien hätte einwirken sollen, musste durch ihr Betragen nicht nur an Achtung, sondern auch an Einfluss auf die breiten Massen des Volkes einbüssen, wodurch sich erklärt, dass die Reformation beinahe von Anbeginn an ihren beispiellosen Erfolg zu verzeichnen hatte. Und nicht nur die Laien allein, sondern auch einsichtsvolle Männer aus dem Stande selbst sahen ein, dass sich eine gründliche Reinigung des priesterlichen Augiasstalls unabweisbar machte, sollte nicht der morsch gewordene Bau der römisch-katholischen Kirche jäh in sich zusammenbrechen. Geiler von Kaisersberg gesteht offen ein, dass jeder, der ein faules Leben führen und ungehindert seinen Begierden frönen wollte, sich mit der Kutte bekleidete. War doch die Gründungsursache der meisten Klöster keineswegs Frömmigkeit, sondern nichts weiter als purer Eigennutz, der darauf ausging, Sinekuren zu schaffen. »Man irrt sehr, wenn man sich vorbildet, alle Klosterstiftungen im Mittelalter seien aus purer Frömmigkeit und ohne Beimischung politischer und häuslicher Zwecke geschehen. Bei weitem hatten die meisten Stifter dabei die Absicht, zugleich für ihr Haus zu sorgen und bei zahlreicher Familie dort für einige ihrer Kinder – eheliche und Nebensprösslinge – eine ständige Unterkunft anzulegen, zumal da solche Klöster dergleichen Kinder des Geschlechts des Stifters ohne, oder nur gegen äusserst geringe, Mitgift aufzunehmen verbunden waren. Man fand daher in dergleichen Stiftungen das erspriesslichste Mittel, beide Zwecke zugleich zu erreichen; sich einesteils den Himmel zu verschaffen und andernteils sich drückender Familienbürden zu entledigen. Auch ohne Stifter zu sein, hatten grosse Klosterwohlthäter nicht selten den nämlichen Zweck, und so wusch denn auch hier gewöhnlich eine Hand die andere rein«, sagt Bodmann in seinen 1819 erschienenen »Rheingauischen Alterthümern«. So hielt man es von Karls des Grossen Zeiten her bis in die neueste Zeit. Nach innerem Beruf wurde bei den für das Kloster Bestimmten nicht gefragt; sie hatten dem elterlichen Machtspruche zu gehorchen, und sie folgten vielfach auch ganz gerne, da ihnen das Gelübde kaum einen Zwang auferlegte, und sie frei ihren Neigungen nachleben konnten:
»Bemerket: wenn ein Edelmann
Sein Kind jetzt nicht vermählen kann
Und hat kein Geld ihr mitzugeben,
So muss sie in dem Kloster leben;
Nicht dass sie Gott sich weih' darin,
Nur dass er sie nach seinem Sinn
Und seiner Hochfahrt mit seinem Gut
Versorge, wie man dem Adel thut,«
sagt Murner. Wen aber wirklich Herzensneigung in das Kloster trieb, der wurde, wenn er nicht von ganz aussergewöhnlicher Willensstärke war, von dem unaufhaltsam dahintosenden Strome der in den Klöstern herrschenden Unmoral mitgerissen; er versank in den Strudel, gleich seinen Brüdern und that ebenso, wie sie es alle machten. Das schlechte Beispiel ging von den Kirchenfürsten selbst aus. Würdenträger, die ihren Beruf ernst nahmen und streng auf die Beobachtung der Gelübde hielten, waren weisse Raben. Einer dieser wenigen, Ferdinand von Fürstenberg, Fürstbischof von Paderborn (1661 bis 1683), ging so weit, einen Gesalbten ausstossen und hinrichten zu lassen, weil er ein ausschweifendes Leben führte.66 Die Mehrzahl der anderen hohen Herren liess sieben gerade sein, da sie es meistens noch toller trieben, als die ihnen Unterstellten.
Bezeichnend für die sich unter dem geistlichen Habite breit machende Lasterhaftigkeit war das Treiben in den geistlichen Ritterorden. Dem Orden der Tempelherren machte bekanntlich der energische König Philipp IV. der Schöne von Frankreich ein schreckensvolles Ende. 1312 wurde gegen die Ordensbrüder die Anklage auf die gleichbedeutenden Verbrechen Ketzerei und Sodomiterei seitens des Papstes Clemens V. erhoben, die zu ihrer Ausrottung mit Feuer und Schwert führte. Glücklicher waren die sich unter gewichtigem Schutze bergenden deutschen Ritter, die »allein im Dienste ihrer himmlischen Dame Maria« stehend, den Namen der göttlichen Jungfrau auf das Gröblichste missbrauchten und unter seinem Deckmantel himmelschreiende Missethaten vollführten. Von ihren Menschenschlächtereien abgesehen, den berüchtigten »Heidenfahrten« auf wehrlose und harmlose Naturkinder, die man aus purem Sport hinschlachtete, waren sie Wüstlinge schlimmster Sorte, denen kein Laster versagt blieb. Die Bürger Marienburgs, ihrer Residenz, mussten sich wiederholt beschweren, dass kein ehrsamer Bürger abends sein Haus verlassen dürfe, ohne fürchten zu müssen, die zu Hause gelassenen Frauen und Mädchen von den Rittern auf die Hochburg geschleppt und dort gemissbraucht zu sehen. »Ein Teil der Schlossfreiheit heisst noch von der Zeit her, wo die Ritter ihr unheiliges Wesen da trieben, ›der Jungferngrund‹. Noch jetzt« – um die Mitte des 19. Jahrhunderts – »wird von jener Zeit her beim Magistrat von Marienburg die Kasse des ›Jungferngrund-Hospitals‹ verwaltet, worin zu Grunde gerichtete Frauenzimmer aufgenommen wurden. Aus den Strafakten des Marienburger Ordenshauses hat sich ergeben, dass unter dem Deckmantel der christlichen Beichte Jungfrauen und Ehefrauen systematisch verführt, Vergewaltigungen selbst an neunjährigen Mädchen von den Ordenskaplänen verübt wurden. Das Bezeichnendste, was von den auf das votum castitatis verpflichteten deutschen Ordensrittern gesagt werden kann, ist, dass der Ordensmeister Conrad von Jungingen bereits zu Ende des 14. Jahrhunderts Verbote erlassen musste, kein weibliches Tier im Ordenshause zu Marienburg zu dulden.«67
Die Reformation fand in den Klöstern beiderlei Geschlechtes begeisterte Anhänger, die mit fliegenden Fahnen in das feindliche Lager übergingen. Namentlich in den Nonnenklöstern beeilten sich viele der Schwestern, die verhassten, drückenden Fesseln zu zerbrechen, die ihnen Familienrücksichten, Tradition und Egoismus geschmiedet, um in das weltliche Leben zurückzukehren. Wieviel heisses Ringen, was für mächtige Seelenkämpfe mögen die düsteren Zellen gesehen haben, ehe in manchem zaghaften Gemüte der Entschluss zu der für eine Frau heroischen That reifte, das gewohnte Nonnenkleid für immer abzustreifen.
Gelang es diesen Exnonnen nicht, Unterkunft bei ihren Familien zu finden, Stellungen als Lehrerinnen zu erlangen, oder in den heiligen Ehestand zu treten, manchmal sogar, wie dies mehrfach passierte, mit dem vordem geliebten Mönch, so fielen sie dem unverhüllten Laster anheim. Nonnen der gesperrten Klöster zogen als landfahrende Dirnen einher, wenn sie nicht sofort nach Aufhebung des Klosters den Weg nach dem Bordelle eingeschlagen hatten. In Nürnberg war dies im Jahre 1526 der Fall, als die Pforten des berühmten St. Clara-Klosters für immer geschlossen und die Schwestern auf die Strasse gesetzt worden waren.
Vom Erhabenen zum Lächerlichen, vom Kloster zum öffentlichen Hause, war schon lange vor Napoleon nur ein Schritt!
Beilager und Ehe
Die Ehe, dieses älteste von Naturgesetzen diktierte Verhältnis, das zwei Menschen aneinander schliesst, hat kein anderes Volk so edel aufgefasst, wie die Germanen.
»Das Verlöbnis war ein Vertrag, durch welchen Mann und Weib sich zu einem Haushalt und Gründung einer Familie für das ganze Leben verbanden, um einander lieb zu sein über alles auf Erden, Wunsch, Willen und Besitztum gemeinschaftlich zu haben. Selbst mit dem Tode hörte die Pflicht der überlebenden Gattin nicht auf. Bei einigen Germanenvölkern war es der Frau nur einmal gestattet, in den Ring der Zeugen zu treten, vor denen sie das Gelöbnis ablegte; und es sind Spuren erhalten von noch älterer strenger Volkssitte, nach welcher die Frau den Gatten so wenig überleben durfte, wie der Gefolgmann seinen Wirt, wenn dieser in der Schlacht fiel. Das Weib des Germanen war nicht nur die Hausgebettete, die auf gemeinsamem Lager den Hals des Gatten umschlang, und nicht nur Herrin des Hauses und Erzieherin der Kinder, wie bei den Römern, sie war auch seine Vertraute und Genossin bei der männlichen Arbeit. Die Geschenke, welche der Mann ihr zu dem Gelöbnis gab, ein Joch Rinder, Speer und Ross68, waren symbolisches Zeichen, dass sie mit ihm über den Herden walten würde und als seine Begleiterin an der Feldarbeit teilnehmen, ja dass sie ihm auf dem Kriegspfade folgen sollte, in der Schlacht seinen Eifer zu stählen, seine Wunden zu rühmen, nach seinem Tod ihn zu bestatten und vielleicht zu rächen.«69
»Der Innigkeit germanischer Ehe schadete nicht, dass sie schon in der Urzeit oft ein Familienvertrag war, der im Interesse zweier Geschlechter geschlossen wurde«, und diese Art des Ehebundes blieb in allen Ständen von der Urzeit an die vorherrschende. Die Liebe kam in zweiter Linie; trotz Freytags poetischer Verherrlichung war meist rein prosaisches Interesse die Ursache der Verheiratung.
»Wie in heidnischer, so ist die Ehe auch in christlicher Zeit durchaus ein Geschäft zwischen dem Bräutigam und den Verwandten der Braut, wobei letztere vielfach gar nicht um ihre Zustimmung befragt wurde«70, nur trat mit der Zeit eine Wandlung dahin ein, dass der ursprünglich dem Vater oder dem Mundwalt der Braut, dem ältesten Bruder oder Vormund, übergebene Brautkauf nun der jungen Frau selbst, sei es als Morgengabe, oder als Wittum (videme) zufällt. War die Morgengabe ein freiwilliges Geschenk des Ehegatten an seine Neuvermählte, so wurde die Höhe des Wittums vorher genau festgesetzt. Siegfried schenkt seiner jungen Gattin den Nibelungenhort, Bärschi in »Metzens Hochzeit«, der Metzi, ein feistes Mutterschwein zur Morgengabe.
Die altdeutsche Eheschliessung zerfällt in die Erwerbung der Braut durch den Verspruch vor dem Vormund und durch die Übergabe der Braut an den Bräutigam durch die Heimführung. Durch die Verlobung erstanden dem Bräutigam bereits rechtliche und eheliche Ansprüche an die Braut, deren Verletzung durch Dritte gesetzliche Ahndung findet. Daher wird mit Recht der Satz aufgestellt, dass die Verlobung die Eheschliessung, die Trauung aber nur den Vollzug der Ehe darstellte. Die Verlobung schildert das Nibelungenlied bei Gelegenheit des Verspruches von König Giselher mit der Tochter Rüdegers von Bechelaren. Nachdem des Königs Brüder als Freiwerber das Jawort erhalten haben, der Jungfrau seitens des burgundischen Geschlechts das Wittum festgelegt wurde und der Brautvater eine Summe Gold und Silber als Mitgift ausgesetzt hat, heisst man das junge Paar nach alter Sitte in den »rinc« (einen Kreis) treten, fragt die Jungfrau, ob sie gewillt sei, den Recken zum Manne zu nehmen, und als sie das auf ihres Vaters Rat bejaht, reicht Giselher der Braut die Hand zum Gelöbnis.
Der Ring, als Zeichen der Verlobung, kam mit dem Eindringen des Christentums zu den europäischen Völkern. In der Gudrun »jedwederz dem andern daz gold stiez an die hant«.71
War die Verlobung auch identisch mit der Ehe selbst, so räumte sie dem Bräutigam doch keine ehelichen Rechte ein. Das geschlechtliche Zusammenleben Verlobter war untersagt und auf vorzeitigen Beischlaf standen strenge Bussen. Untreue der Braut galt vielfach als Ehebruch; der Verführer erlitt Todesstrafe, wenn er nicht durch zwölf Eideshelfer beschwören konnte, von der stattgehabten Verlobung nichts zu wissen. Über die Untreue des Bräutigams glitt man leichter hinweg. Das Hamburger Stadtrecht von 1270 bestimmt, wenn der Verlobte von einem Weibe wegen intimen Umgangs mit ihr verklagt werde, so habe die Braut drei Monate auf die Entscheidung zu warten; könne die Sache nur in Rom geführt werden, so warte sie ein Jahr. Ist der Prozess auch dann noch nicht zu Ende, so ist das Verlöbnis aufgelöst und der Braut gebührt eine Entschädigung von 40 Mark Pfennig. Dasselbe galt für eine Klage gegen die Braut.72 Wer eine Braut entführte, hatte ausser den Blutsverwandten auch den Verlobten zu sühnen, unter Umständen den zehnfachen Brautkauf zu erlegen, und musste die Entführte behalten, denn der Raub löste die Verlobung. Nur die bayrischen Rechte verlangten die Rückgabe der Braut an den Bräutigam. Die Entführung wurde von unseren Vorfahren zu den schwersten Verbrechen gerechnet; Notzucht und Frauenraub fielen in den Gesetzen mehrfach zusammen. Selbst das Asylrecht in den Klöstern und anderen Freistätten, die kein Scherge betreten durfte, blieb den Frauenräubern verschlossen. Karl der Grosse verhängte über den Entführer der Tochter seines Herrn die Todesstrafe, die Kirche belegte alle diese Verbrecher mit ihrem Bann. Schwere Geldbussen waren allen Gesetzen des Mittelalters gemeinsam, wenn sie nicht auf Leib- und Lebensstrafen erkannten. Das Hamburger Stadtrecht von 1270 bedroht den mit Todesstrafe, der eine Jungfrau unter 16 Jahren, wenn auch mit ihrem Willen, oder eine ältere gegen ihren Willen entführt; der Entführer geht nur dann frei aus, wenn er ein nacktes Mädchen über 16 Jahre mit seinem Einverständnis entführte.73
Die Entführungen kamen in dem wirklichen und poetisch überlieferten Leben des Mittelalters, sowohl in der vorritterlichen wie in der ritterlichen Zeit häufig vor, da sie der Abenteurerlust der damaligen Gesellschaft so recht nach dem Herzen waren.
Das späte Heiraten, von dem Tacitus sprach, hat sich bis zum 13. Jahrhundert in unserem Volke erhalten, um dann vollständig in Vergessenheit zu geraten. Heiratete man bis zum gedachten Säculum erst mit dem 30. Jahre, so zeichnete sich die Folgezeit unvorteilhaft durch unnatürlich frühe Ehen aus74, so dass Murner in seinem Gedichte »Vom Nutzen des Ehestandes« mit Recht klagen durfte:
»So 'ne Jungfrau nahm 'nen Mann,
Der nicht zum mindest dreissig Jahr
War alt – sag ich dir offenbar.
Jetzt nehmen zwei einander g'schwind
Die beide nicht dreissig Jahr alt sind.«
Nach dem Schwabenspiegel war das vollendete 12. Jahr zur Heirat eines freien, nach den Weistümern das 14. bei der Vermählung leibeigener Mädchen für ausreichend erachtet. Gudrun war etwas älter als zwölf Jahre, als »nâch ir edelen minnen von vürsten wart gegert«. Kriemhild zählte bei ihrer Vermählung 15 Jahre, was in adeligen und städtischen Geschlechtern bis zum 16. Jahrhundert das Alter war, in dem die Jungfrauen heirateten. Anna Stromer in Nürnberg vermählte sich allerdings schon vierzehnjährig, ward mit 16 Jahren Mutter, und gebar bis zu ihrem 25. Jahr acht Kinder – ein Fall, den ein gewissenhafter Chronist für aufzeichnenswert erachtet.75 Gertrud, Kaiser Lothars Tochter, beging zwölf Jahre alt ihre Hochzeit mit Heinrich dem Stolzen (1127). Eine weitere Kinderhochzeit war die der vierjährigen heiligen Elisabeth mit dem zwölfjährigen Landgrafen Ludwig von Thüringen.76 Gnote, die Tochter Rudolfs von Habsburg, war bei ihrer Trauung mit dem König Wenzel von Böhmen, ein Kind, das ihrem Knaben von Gatten von ihren Puppen erzählt, während er ihr von seinen Falken vorschwärmt, als sie beisammen liegen. Selbstverständlich wurden derartige von der Staatsraison diktierte Heiraten, die sich in der mittelalterlichen Geschichte häufig wiederholen, erst nach der Reife der Gatten zu wirklichen Ehen. Das Zusammenliegen, das Beilager, stellte nur symbolisch den Vollzug der Ehe, und dadurch ihre Unlöslichkeit nach kirchlichen und weltlichen Gesetzen dar. Denn: Ist das Bett beschritten, ist die Eh' erstritten, sagt ein uraltes Rechtssprichwort.77
Noch zu Anfang des 16. Jahrhunderts aber hielt man das Beilager auch dann öffentlich ab, wenn sich die Gatten in heiratsfähigem Alter befanden. Aus einer Beschreibung vom Jahre 1599, der »Hohen Zollerischen Hochzeyt«, die J. Frischlin in »Drey schöne vnd lustige Bücher« lieferte, heisst es:
»Rheingraff Ottho führt sie (die Braut) hinauff mit fleyss
In jr gezimmer hüpsch und weyss.
Da wartet sie, biss zu jr kam
Der junge Herr und Bräutigam
Mit allen Fürsten, Graffen, Herren,
So folgen theten willig geren.
Vor jnen her Trommeter bliesen,
Die stark in jre Pfeiffen stiessen.
Als nun der Hochborn Bräutigam
Hinauff in sein Schlaffzimmer kam,
Sein Mantel und Kranz legt von sich,
Sein Wöhr und Ketten und gabs gleich
Seim Hofmaister, solchs zu bewaren;
Derselbig thet den Fleyss nicht sparen.
Als nun die Fürsten, Herren, Frawen
Stunden in diesem Gemach zu schawen,
Die zween Brautfürer tratten her,
Die Gesponss78 sie brachten höflich hehr
Und legten sie hinein inns Beth,
Ir weysse Kleider noch an hett.
Dann legten sie den Bräutigam
Zu seiner Gesponss also zusam,
Die Döcken uberschlagen theten,
Biss sie ein Weyl gelegen hetten.
Gar bald sie wieder auffgestanden,
Die Fürsten, Herren seind vorhanden,
Wünscht jeder da für seinen theyl
Dem Bräutigam und Braut vil heyl,
Viel glücks und guten segen reich;
Darnach lugt jeder, das er weich'
Und selber in sein Kammer kumb,
An seinem Schlaff auch nichts versumb79.«80
Bei einer anderen Fürstenhochzeit im Junimond 1585 zwischen Johann Wilhelm III., Herzog zu Jülich-Cleve-Berg und Jakobäa von Baden sind die Brautgemächer nach damaliger aus Frankreich gekommener Sitte mit Teppichen behangen, deren Gewebe mythologische Scenen darstellen, so »zur ehelichen Lieb' am meisten und vornehmlich gehörig«.81 Diese Ehe endete bekanntlich mit dem geheimnisvollen Tode der eines zuchtlosen Wandels beschuldigten Jakobäa.82
Verlobung und Hochzeit folgten bei Bürgern und Bauern häufig unmittelbar aufeinander, namentlich wenn eine feierliche Verlobung stattgefunden hatte; doch kommt es auch vor, dass dem ungeduldigen Bräutigam eine Wartezeit auferlegt wird, so Gudruns Verlobten Herwig, der ein ganzes Jahr warten muss, wobei ihm aber von der Schwiegermutter hochherzig gestattet wird, dass er sich »mit schoenen wîben vertribe anders wâ Die zît«. Vom 8. Jahrhundert ab begehrte die Geistlichkeit ein dreimaliges Aufgebot und die kirchliche Einsegnung der Ehe. Die höhere Gesellschaft fügte sich diesem Anspruche sofort, nicht so die breiteren Schichten des Volkes, denen auf noch lange die einfache bürgerliche Eheschliessung genügte »an (ohne) schuoler und an phaffen«, den Bauern sogar bis ins 15. Jahrhundert. Aber selbst der Hochadel verfügte sich erst am Morgen nach der Brautnacht zur Kirche. Abends vor dem Kirchgange wurde das Brautpaar in die Brautkammer gebracht, eine Decke beschlägt sie beide, ein Geistlicher findet sich vielleicht ein, den Brautsegen über das Paar zu sprechen.83 Die Freundinnen und nächsten Angehörigen sind der Braut beim Entkleiden behilflich, ihr manch guten Rat dabei zuflüsternd. Oft sind auch der Brautvater, der Bruder des Bräutchens oder andere aus der Sippschaft in dem Gemache anwesend.
»Wie Elsa von Brabant, die schöne, keusche Magd,
Dem Fürsten werth des Nachts ward zugesellet.
Die Kaiserin nicht unterliess,
Dass sie die Fürstin selbst des Nachts zu Bette wies.
Die Kammer war mit Decken wohlbestellet.
Das Bett war schön geziert, mit Golde roth und reicher Seiden,
Und manches Thier darein gewoben.
In dieses Bett hat sich die Jungfrau nun gehoben,
Um drin der Minne Buhurd zu erleiden.
Der Kaiser auch gekommen war,
Er hiess die Kammer das Gesinde räumen gar,
Gut Nacht gab er den Beiden miteinander.
Nun ward die Maid entkleidet schier,
Es drückte sie der Degen an sich stolz und zier:
Ich sag' nicht mehr als – was er sucht', das fand er.«84
Wenn in den mittelalterlichen Heldengedichten sich der Freund an Stelle des wirklichen Bräutigams mit der Auserkorenen seines Freundes trauen lässt, was, trotz der augenscheinlichen Unwahrscheinlichkeit, ein dankbares, vielverwendetes Motiv für die damaligen Dichter abgab, dann legte der Pseudogatte ein entblösstes Schwert zwischen sich und die Braut, um dadurch ihre Unberührbarkeit anzudeuten. So liegt Siegfried bei Brunhilde, und in Konrad von Würzburgs der Verherrlichung der Freundestreue gewidmetem Gedichte »Engelhart und Engeltrut« findet sich darüber folgende Episode. Engeltrut, die Tochter des Königs von Dänemark, deren Vater Engelhart und sein Freund Dietrich von Brabant dienen, kommt eines Nachts an das Bett des Engelhart und verspricht ihm ihre Liebe, sobald er Ritter geworden und sich im Turniere einen Preis geholt. Nachdem er diese Bedingungen erfüllt und Engeltrut an seiner heissen Liebe nicht mehr zweifeln kann, giebt sie ihm ein Stelldichein im Baumgarten des väterlichen Schlosses; sie empfängt ihn, nur mit Mantel und Hemd bekleidet, zieht ihn unter ihren Mantel und führt ihn »ûf einen senften matraz«. Sie werden von ihrem Widersacher, dem Neffen des Königs, belauscht. Engelhart aber leugnet alles und will für die Wahrheit seiner Behauptung kämpfen. Er holt sich seinen Freund Dietrich, der ihm zum Verwechseln ähnlich sieht. Dieser kann mit ruhigem Gewissen seine Unschuld beschwören, ficht mit dem Angeber, siegt und erhält als Engelhart die Hand der Engeltrut. Er heiratet sie auch, wie es einst Engelhart mit Dietrichs Frau gemacht, legt aber wie dieser ein blosses Schwert im Brautbett zwischen sich und Engeltrut, die er dem Freunde rein übergiebt.85
Derartige Hochzeiten mit Stellvertretern kamen übrigens auch in der Wirklichkeit vor, allerdings nur an Höfen, deren Angehörige oft schon im zartesten Alter vermählt wurden, oder die entweder aus politischen Gründen oder der Bequemlichkeit wegen die weite und oft nicht ungefährliche Reise zum Wohnsitze der Braut scheuten. Die Vermählung wurde alsdann durch Prokuration mit dem Spezial-Gesandten vollzogen, der an Stelle seines Gebieters das Beilager abhielt, in eine schwere Prunkrüstung gehüllt, das scharfe Schwert zwischen sich und der Herrin. Der alte österreichische Chronist Jakob Unrest meldet über ein solches Beilager, das anlässlich der später in die Brüche gegangenen Vermählung Maximilians I., des letzten Ritters, mit der Prinzessin Anna von Bretagne, stattfand: »Kunig Maximilian schickt seiner Diener einen genannt Herbolo von Polhaim gen Britannia zu empfahen die Kunigliche Braut; der war in der Stat Remis (Reims) erlichen empfangen, und daselbs beschluff der von Polhaim die Kunigliche Brauet mit ein gewapte Man mit den rechte Arm und mit dem rechten fus blos und ein blos schwert dazwischen gelegt, beschlaffen. Also haben die alten Fürsten gethan, und ist noch die Gewonhait. Da das alles geschehen was, war der Kirchgang mit dem Gottesdienst nach Ordnung der heiligen Kahnschafft mit gutem fleiss vollpracht.«