Kitabı oku: «Sammeln (E-Book)»
Für meinen Mann Gotthard Stuhm,
der mir mit seiner Sammelleidenschaft für Photonen am nächtlichen Himmel (Astrofotografie mit Teleskopen) die Pole von Faszination und Wahnsinn des Sammelns immer wieder aufzeigt
Prof. Dr. Beate Blaseio, Professorin für die Didaktik des Sachunterrichts an der Europa-Universität Flensburg
Beate Blaseio
Sammeln
Phänomene
ISBN Print: 978-3-0355-1439-1
ISBN E-Book: 978-3-0355-1440-7
Gestaltungskonzept und Illustrationen: Salzmann Gertsch, Bern
1. Auflage 2019
Alle Rechte vorbehalten
© 2019 hep verlag ag, Bern
VORWORT
Unser Alltag wird oft von Phänomenen bestimmt, deren wissenschaftliche Hintergründe wir uns nicht erklären können. Sie bleiben uns auch dann noch ein Rätsel, wenn wir uns in der Schulzeit oder der Ausbildung theoretisch intensiv mit den Grundlagen auseinandergesetzt haben.
Sammeln ist ein Phänomen, das viele Menschen kennen: Entweder sammelt man selbst Dinge, oder man kennt andere Personen, die bestimmte Sachen sammeln.
Aber warum sammelt der Mensch denn so gerne? Ab wie vielen Gegenständen spricht man überhaupt von einer Sammlung? Und können eigentlich auch immaterielle Dinge wie Erinnerungen gesammelt werden?
Mit unserer Reihe «Phänomene» gehen wir erstaunlichen und dennoch gängigen Alltagserscheinungen mit einfachen Erklärungen auf den Grund. Wir beleuchten Phänomene aus unterschiedlichen Perspektiven – und vor allem knapp, verständlich und gut lesbar.
Die Theorie ist auf ein Mindestmaß begrenzt und bildet den ersten Teil jedes Bandes. Im zweiten Teil sind praktische, einfache Aktivitäten beschrieben, für die Schule, Kita oder die (Kinder-)Geburtstagsfeier. Dieser Zugang hilft uns, die Phänomene zu begreifen.
Danach sind Phänomene des Alltags Erscheinungen, die uns die Gelegenheit bieten, Zusammenhänge zu verstehen, genauer zu beobachten und neue Erfahrungen auf andere Phänomene zu übertragen.
Viel Freude beim Entdecken und Begreifen.
Beate Blaseio, Gisela Lück
INHALTSVERZEICHNIS
Phänomenal! – Wissenswertes übers Sammeln
DAS PHÄNOMEN VERSTEHEN
1 Homo collector und das Phänomen des Sammelns
2 Berühmte Sammlerinnen und Sammler
3 Kollektive Sammlungen – Museen
4 Sammeln in der Kunst
5 Warum und was Kinder sammeln
DAS PHÄNOMEN ERLEBEN
Didaktische Einführung: Kinder und Sammeln
Aktivität 1
Zeigt her eure Sammlung
Aktivität 2
Sachen sammeln wie Pippi Langstrumpf
Aktivität 3
Natürliche Dinge sammeln
Aktivität 4
Sammeln ohne Eigentum
Aktivität 5
Sammeln auf Zeit – Tiere zu Gast
Aktivität 6
Ein Herbarium anlegen
Aktivität 7
Sachen sammeln nach Plan
Aktivität 8
Gestalten aus Gesammeltem
Aktivität 9
Eine öffentliche Sammlung besuchen
Aktivität 10
Gemeinsam eine Sammlung erstellen und ausstellen
Aktivität 11
Erinnerungen sammeln mit der Jahreskiste
Literatur
Buchtipps für Kinder
Bildnachweis
PHÄNOMENAL! WISSENSWERTES ÜBERS SAMMELN
Ein Sammelsurium ist noch keine Sammlung. Sammeln ist das systematische und ausgewählte Zusammentragen von Dingen. Im Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm wird «sammeln» sinngemäß beschrieben als das (allmähliche) Zusammenbringen zerstreuter Objekte an einem Ort – zu wissenschaftlichen Zwecken oder aus Liebhaberei.
Marc Chagall soll gesagt haben: «Den echten Sammler erkennt man nicht an dem, was er hat, sondern an dem, worüber er sich freuen würde.»
Mit der Sicherung des Nahrungsbedarfs begann das Sammeln in der Geschichte der Menschheit. Die Jäger und Sammler horteten Lebensmittel, um sie dann bei Bedarf zu essen. Heute dominiert der symbolische Wert beim Sammeln, während der Nutzwert deutlich zurücktritt.
Sammeln kann zur Selbstdarstellung und -inszenierung genutzt werden. Nicht wenige Sammler und Sammlerinnen wollen in das Guinness-Buch der Rekorde, weil sie über 15 000 Pinguine (aus Stoff oder Plastik) gesammelt haben, 12 000 Hoteltürschilder «Bitte nicht stören» in ihrer Sammlung nachweisen können oder mit über einer halben Million Weihnachtslichtern ihr Haus schmücken.
Sammeln kann zur Sucht werden: «Sammeln ist eine Krankheit ohne Aussicht auf Heilung, eine zunächst verborgene Krankheit, die später ununterbrochen mit heftigen, beinahe fieberhaften Anfällen fortschreitet», sagte der Fotograf Lamberto Vitali.
Im wohl kleinsten Museum der Welt, dem Basler Hoosesagg Museum, werden kompakte Sammlungen von etwa 30 Stücken ausgestellt, die jeweils in eine Hosentasche passen müssen.
Der Falter Eupithecia nabokovi ist nach dem Schriftsteller Vladimir Nabokov benannt, der ein leidenschaftlicher Sammler von Schmetterlingen war.
Knapp ei n Drittel der Deutschen sind Sammler oder Sammlerinnen. Bei manchen sind es Klassiker wie Briefmarken, Fossilien, Bierkrüge oder Teetassen. Bei anderen entwickeln sich mitunter skurrile Sammelgebiete wie Radkappen, Bananenaufkleber, Schaufensterpuppen, Schädel, Bauchnabelfusseln oder Spuckbeutel aus Flugzeugen.
A Ansichtskarten, Anspitzer, Atlanten, Autogrammkarten B Barbiepuppen, Bierdeckel, Bierkrüge, Bleistifte, Briefbeschwerer, Briefmarken, Bücher, Buddelschiffe C CDs D Daumenkinos, DDR-Nostalgie, Diddl-Produkte, Drehorgeln E Edelsteine, Eierbecher, Einkaufswagenchips, Eintrittskarten, Eisenbahnmodelle, Elefanten, Engel, Ersttagsbriefe, Espressotassen F Fächer, Fahrkarten, Feuerzeuge, Fingerhüte, Flaggen, Flaschenöffner, Flöten, Fossilien, Fotoapparate, Frösche, G Gartenzwerge, Gasmasken, Gedichte, Gemälde, Glücksbringer H Hampelmänner, Heiligenbildchen I Igel J Joghurtbecher K Käfer, Kaffeefilter, Kaffeemühlen, Kakteen, Kinoplakate, Knöpfe, Kochbücher, Korkenzieher, Krawattennadeln, Krippen, Kronkorken, Kugelschreiber L Landkarten, Likes M Mangas, Marionetten, Medaillen, Mineralien, Modellautos, Modellschiffe, Münzen, Murmeln, Muscheln N Nachttöpfe, Notgeld O Ofenplatten, Oldtimer, Orden P Paninisticker, Perlen, Pokémonkarten, Postkarten, Puppen Q Qigongkugeln, Quasten R Radiergummis, Reklameschilder, Ringe, Rosen S Sammeltassen, Sammelteller, Schallplatten, Schirme, Schlitten, Schlüsselbänder, Schmetterlinge, Schnapsflaschen, Schneckenhäuser, Schneekugeln, Schneemänner, Schreibmaschinen, Schuhe, Schuhlöffel, Schweine, Servietten, Skarabäen, Spardosen, Spielkarten, Spielzeug Sprichwörter, Steine, Stempel, Streichholzschachteln T Teddybären, Teekannen, Telefonkarten, Tierpräparate, Tortenheber, Traumfänger, Treckermodelle, Türknöpfe U Überraschungseier-Figuren, Uhren V Vasen W Waagen, Waffen, Wanderstocknägel, Wein, Weinetiketten, Wölfe X Xylofone Y Yogamatten Z Zebras, Zeppeline, Zinnfiguren, Zigarrenbauchbinden, Zollstöcke, Zuckerwürfel
DAS PHÄNOMEN VERSTEHEN
1
Homo collector und das Phänomen des Sammelns
«Sammler sind glückliche Menschen», soll Johann Wolfgang von Goethe einst gesagt haben. Er war selbst ein leidenschaftlicher Sammler verschiedener Dinge: Er soll mehr als 40 000 Objekte in seinem Leben zusammengetragen haben, darunter 9000 Kupferstiche und Zeichnungen, 8000 Bücher und Manuskripte, 4500 Gemmen (gravierte Schmucksteine), 18 000 Steine und Mineralien (Halder 2010, S. 6).
Für Goethe war das Sammeln ein Weg zum Wissen. Er sagte: «Und so liebe ich den Besitz nicht der besessenen Sache, sondern meiner Bildung wegen, und weil er mich ruhiger und dadurch glücklicher macht.» (Schmidt 2015, S. 19) Wie bei vielen anderen Sammlern und Sammlerinnen repräsentieren auch bei Goethe die Objekte einer Sammlung vielfältige Erkenntnisse und legen das Wissen offen, das in den Dingen verborgen liegt (Schmidt 2016).
WAS IST SAMMELN?
Sammeln gehört zu unserer Lebenswelt und ist ein weit verbreitetes Phänomen. Sammeln kann man synonym auch als «zusammenbringen», «vereinigen» oder «anhäufen» bezeichnen. Verstreute Dinge werden an einem Ort zusammengetragen. Sammeln ist damit ein Prozess der Bewegung aufeinander zu, wobei zu unterscheiden ist, ob ein bloßes, subjektloses Geschehen vorliegt oder eine intentionale, also gewollte Handlung eines Subjekts.
Beispiele für Sammlungen ohne aktiven (menschlichen) Sammler: das Regenwasser, das sich in einer Tonne sammelt, der Staub, der sich auf einem Regal sammelt, die Vögel, die sich vor dem gemeinsamen Flug in den Süden versammeln. Im Englischen wird diese Art des Sammelns mit gathering wiedergegeben und so von der anderen Form des Sammelns – collecting – auch sprachlich abgegrenzt (Sommer 2018).
Das Sammeln, das im Englischen mit collecting ausgedrückt wird, bezeichnet eine aktive, auf ein Ziel fokussierte Handlung eines Subjekts (Sammler oder Sammlerin), bei der ausgewählte Objekte mit einer vorher festgelegten Intention zusammengetragen werden. Sammeln ist hier das Zusammenbringen von gleichen Dingen einer übergeordneten Kategorie, wie Gartenzwerge, Teekannen oder Münzen. Jede Sammlung braucht ein Begriffsetikett als Klammer, damit aus einem Sammelsurium eine Sammlung wird. In einer Themensammlung sind solche Objekte vereint, die einem Oberbegriff zugeordnet werden können, sich dann aber wieder voneinander unterscheiden (ebd.). So gibt es in der Streichholzschachtelsammlung Zündhölzer verschiedener Firmen aus unterschiedlichen Zeitepochen. Es gibt aber auch andere Sammelkategorien, die immer genau von dem handelnden Subjekt zu begrenzen sind wie «alles von Pokémon». Es gibt auch einschränkende Sammlungsinteressen wie «Gemälde aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus Italien» oder «Briefmarken aus deutschen Kolonien bis 1918».
Manfred Sommer (2018) weist darauf hin, dass das Sammeln im Sinne von collecting entweder ökonomisch oder ästhetisch ausgerichtet sein kann. Ökonomisches Sammeln ist beispielsweise das Sammeln von Pilzen oder Beeren für den anschließenden Verzehr oder das Sammeln von Holz zur Verbrennung im Ofen. Beim ökonomischen Sammeln ist die Dauer der Sammlung begrenzt, da die Intention auf den Verbrauch und damit auf das Wieder-Verschwinden der Dinge ausgerichtet ist (ebd.). Hier geht es primär um eine Vorratshaltung: Dinge werden aufbewahrt, bis sie in ihrer Funktion eingesetzt werden (Schmidt 2016).
1Sammelsurium oder Sammlung?
2Dauermarkenserie der deutschen Kolonien
Das ästhetische Sammeln hingegen ist auf das Bewahren und das Erhalten von Gegenständen ausgerichtet. Deshalb bezeichnet Sommer (2018) den ästhetisch ausgerichteten Homo collector auch als konservativ, weil er die Dinge weiter bestehen lassen möchte, auch wenn die Funktion dieser Gegenstände in der gegenwärtigen Alltagswelt längst unbedeutend geworden ist (z. B. Nachttöpfe oder Transistorradios).
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