Kitabı oku: «Velleda - Ein Zauberroman», sayfa 2

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Wie kann dir, einer Brittin, verborgen seyn, was der heiligste Tag des Jahres, der Tag, da die Sonne ihren Frühlingslauf von neuem beginnt, nicht nur unserm, sondern allen Völkern der Erde hierin für Vorrechte giebt?

Flavia war, ihrem Vorgeben nach, sehr jung in die Hände der Feinde gekommen, sie wußte von den Sitten und Gebräuchen Albions sehr wenig; die Königin hatte Geduld mit ihr und unterrichtete sie, und so erfuhr sie denn, auf was für Art man sich an dem großen Festtage Brittanniens, Zutritt auf der Insel Mona verschaffen kann, und unter tausend kleinen und großen Umständen auch diesen, daß an jenem Tage des Friedens mit der ganzen Welt jeder Waffengebrauch auf Mona verboten sei, so daß das heilige Eyland den Feinden eine sehr leichte Beute seyn würde, wenn ihnen bekannt wäre, wovon Flavia, als eine treue Brittannierin, den ihr zukommenden Unterricht erhalten habe.

Flavia ward nicht müde in Planen, und die Antworten der Königin, ob sie ihr gleich allemal. Unmöglichkeiten in der Ausführung zeigten, führten doch immer etwas mit sich, welches die Zurückgewiesene im Sinne behielt, und zu einer Zeit zu nutzen dachte.

Der Brittannier Friedens- und Frühlingsfest war nahe; der Königin, welcher, so wie dem geringsten ihrer Unterthanen, nur an diesem Tage der Zutritt zu der Insel der heiligen Geheimnisse offen stand, hatte wirklich im Sinn, denselben zu einer persönlichen Verhandlung mit den Druiden von Mona zu nützen, ob sie durch ihre Hülfe der Zauberin ihre Kinder entreißen könnte, aber die immer unruhiger werdenden Legionen der Römer, die bisher, wie von der letzten Niederlage betäubt, geschlummert zu haben schienen, erforderten die Gegenwart der Heerführerin, und die Pflichten der traurenden Mutter mußten, den Pflichten gegen das Vaterland nachstehen.

Flavia, sagte Voadicea, als sie dieses Mädchen des Abends vorher, ehe sie mit dem Heer ins Lager rückte, zuletzt umarmte; du weißt alles, was wir auf jenen wichtigen Tag beschlossen hatten, du kennst die Hindernisse unters Vorhabens, du kennst auch die Mittel, sie zu besiegen. Handle nicht nur klüglich, handle auch treu; denn wisse, keiner kehrt lebendig von Mona zurück, dessen Vorhaben nicht ganz rein und gerecht vor den Augen der Götter ist. Ach, der beste der Könige mußte diesen Weg mit dem Leben bezahlen, wie konnte es die Gottheit billigen, daß er die Kinder den Armen der Mutter entriß, um sie einer Velleda aufzuopfern. — Gehe, Flavia! Gehe! Nicht diese Thränen, nicht diese Gelübde! Ich weiß was du sagen willst, auch kennst du aus diesem Auf trage, was ich von dir halte. Du bist die Einzige, welcher ich mich vertraute, die Natur unsers Geheimnisses machte die Mitwissenschaft mehrerer Personen bedenklich.

Verschwiegenheit verboten ward, so schwur sie doch von neuem zu den Füßen der Königin: kehrte sie siegend zu ihrem Hause zurück, so sollte sie am heiligen Feuerherde, den bisher nur die traurenden Hausgötter bewachten, ihre Töchter empfangen.

Die Icanischen Waffen fanden diesesmal mehr Widerstand als je zuvor, doch kehrte Voadicea als Siegerin zu dem stillen Herde zurück, dessen sie, wenn das Wohl des Landes nicht den Scepter oder das Schwerd forderte, mit frommer Häuslichkeit zu hüten pflegte; aber was ihr von demselben entgegen kam, war nicht das Jauchzen der Töchter, das ihr Flavia versprochen hatte, war nicht der Widerschein fröhlich lodernder Flammen. Ein Heimchen, das während ihrer Abwesenheit Besitz von der verlassenen Feuerstätte genommen hatte, und das, wie die Sage berichtet, immer ein Geschöpf böser Vorbedeutung war, zirpte ihr traurig entgegen, und von den beräucherten Bildern der Hausgötter schienen Blutstropfen herab zu rinnen.

Die stillen Gottheiten, die des Hauses hüten, hatten, laut alter Traditionen, von jeher unter allen Völkerschaften ihren Dienst, auch wurden sie fast von allen Nationen auf ähnliche Art gebildet, als Reisende, den Wanderstab in der Hand, auf dem Haupte den deckenden Schirmhut, denn keiner Nation fehlt es an einer Sage von Göttern, welche als freundloße Fremdlinge von einem gastfreien Hause aufgenommen, dem Hause, das sie also aufnahm, durch Schutz und tausendfache Wohlthaten dankten. Diese Art Gottheiten fanden immer die zärtlichsten und treuesten Anhänger. Der hülfsbedürftige Mensch, dem es natürlich ist, beim unablässigen Gefühl seiner Schwächen, auf eine höhere ihn leitende und unterstützende Hand zu sehen, nahm immer weniger gern seine Zuflucht zu den erhabenen Bewohnern goldener Tempel, als zu den alten prunkloßen Schutzgeistern seines Hauses, zu deren Füßen eine Väter geweint, und sich gefreuet hatten, den stillen Zeugen einer verborgensten Handlungen, den Theilnehmern jeder Trauer des Hauses, und jedes Festes, das mit reichlichen Opfern auf ihrem Altar, dem häuslichen Herde, und unter ihren Augen gefeiert ward.

Die fromme Voadicea verschloß sorgfältig die Hausthür, um jetzt auch hier zu beten. Gute Geister meines Hauses, so flehte sie mit stillem Weinen, könnt ihr mir die Lorbeern, die ich zu euren Füßen lege, fürwahr ein Opfer, das selten ein Weib bringt, könnt ihr mir sie nicht anders lohnen, als durch diese bösen Zeichen? Ach, wo sind meine Töchter? und wo ist ihre Retterin, wo ist Flavia?

Antwort auf die erste deiner Fragen, flüsterte es aus der kalten Asche des Herds, hättest du erhalten, wäre die letzte nicht über deine Lippen gegangen. Unheilige Namen nennt man nie ungestraft vor den Ohren der Götter. Trockne jetzt die blutigen Thränen von unsern Wangen, und mache dich gefaßt, bald deine Verblendung noch bitterer zu beweinen, als wir sie beweint haben.

Die Königin war es zu gewohnt, an dieser Stätte Red' und Antwort auf ihre Fragen zu erhalten, um über die Götterstimme zu erschrecken, nur ihr Inhalt schreckte sie; auch war es ihr ungnüglich, was sie vernahm; sie wollte mehr wissen.

O ihr! schrie sie, die ihr tröstend über meinen Thränen wachtet, als ich hier den besten der Gatten beweinte! O ihr, die ihr mir Muth gab, diese Krone aufzusetzen, und Rath zu dem, was mir den ersten Sieg über eure und Icaniens Feinde gewann, laßt mich jetzt nicht rath-, muth- und trostloß zu euren Füßen, redet deutlicher, und lehrt mich, jetzt da vielleicht Augenblicke kostbar sind, diese Augenblicke durch Thaten auszeichnen.

Voadicea wein' und betete umsonst. Wohl stieg zuweilen die weiße Asche des Herds, wie von dem Hauch eines unsichtbaren Wesens bewegt, in kleinen Kreisen empor, und ein leises Flüstern schien sich zu erheben; doch vergebens neigte sich ihr Ohr nach dem schwachen Laute; das Zirpen des Heimchens verschlang die Stimme, und die Worte: du fragtest zu selten, um jetzt glücklich zu fragen! — Ja! Augenblicke sind kostbar! — Verloren ist verloren! — waren wohl mehr der Ruf ihres eigenen Gewissens, als ein Ausspruch der Gottheiten, die, sie nahm es jetzt mit Schrecken wahr, sich während sie flehte, von ihr nach der Wand gekehrt hatten, als wollten sie ihr auch nicht einmal mehr den Anblick ihrer verschlossenen Lippen gönnen.

Man kann sich nichts traurigeres denken, als die Stunden, welche die Königin, während das Volk draußen ihren letzten Sieg mit lautem Jauchzen feierte, an ihrem einsamen Herde zubrachte, bis der Abend einbrach, und die von außen beginnende Stille das Vorzeichen der Trauerpost ward, auf welche die drohenden Worte der Hausgeister gedeutet haben mochten.

Es war Mitternacht. Man klopfte an die geschlossene Hausthür. Die Königin öffnete.

Was bringt du, Bothe? fragte sie den Mann, der mit athemloßer Eile hereinstürzte.

Ist das Gerücht von Mona noch nicht zu euch herüber gekommen?

Von Mona? — Welches Gerücht?

Ha! Das Volk taumelt vor Entsetzen, und schreit zum Himmel über diese schrecklichen Dinge, und ihr, eine Königin, seyd unwissend?

Rede! Voadicea gebietet!

O Mona Mona: Dort wüthen die Römer!

Mona schützen die Götter! Du redest im Traume!

Mona, welches einst die Götter schützten, ist durch Menschen an die Römer verrathen!

Verrathen? Mona verrathen? Du rasest!

O das ganze Volk raset! — Hört ihr, hört ihr ein Wüthen? — Viele nennen euch Verrätherin, wer wußte so, als ihr die Geheimnisse des heiligen Ortes? — Rache wird man von euren Händen fordern, oder euch zerfleischen, Euch zu warnen, kam ich hieher! Fliehet! Der Name der Siegerin der Römer, der noch heute erhaltene Triumph wird euch nicht so sicher retten als die Flucht!

Voadicea hörte mit Entsetzen, was der Bothe sagte, aber sie flohe nicht. Wie hätte sie gesollt, sie, die sich ihrer Schuldloßigkeit so lebhaft bewußt war, als ihres unüberwindlichen Muthes.

Wie weiland das Haus der Heldin Debora unter Palmen ruhte, so lag Voadiceens Haus im Schoos schützender Eichen; ihr Schatten hätte sie verbergen können, doch die, welche nicht fliehen wollte, warum sollte sie sich verbergen? Wegen der Siege, welche das Volk ihr dankte? Wegen der glanzloßen Armuth, in welcher sie unter ihm lebte? Für Vergehungen, die sie selbst noch nicht kannte, war sie ja allein den Göttern verantwortlich!

Das Geschrei des wüthenden Volks, auf welches sie der Unglücksbothe aufmerksam gemacht hatte, tönte ihr immer lauter entgegen.

Sie ging heraus aus ihrem Eichenwalde, wie eine Gottheit aus ihrem Tempel. Die eiserne Krone, welche die Wellen emportrugen, da der König sank, war das einzige Abzeichen ihrer Würde, doch auch dieses hätte sie nicht gebraucht; Jeder, der fiel in dem Reiz, in der Majestät, die ihr die Natur verliehen hatte, dahergehen sahe, mußte sagen: dies ist die Königin von Icanien, die Siegerin der Römer, oder eine Göttin.

Das Volk verstummte, als es nahe genug kam, ihre Gestalt bei dem Scheine seiner Fackeln zu unterscheiden, Die Vordersten riefen denen, welche hinter ihnen waren, die Anwesenheit der Königin zu, welche eine Viertelstunde vorher, nach Art des tollen Pöbels, das Unglück, das sich begeben hatte, von der Hand der Herrscherin fordern wollten, konnten jetzt keine Worte finden, ihr, der Fragenden, das selbe kund zu machen, und die, welche vorher Rache für das entheiligte Mona mit Gewalt von ihr erzwingen, oder sie an ihr selbst nehmen wollten, flüsterten sich zu: dem freien Willen der Königin müsse alles überlassen werden, wegen keiner Sache müsse man sie zur Rechenschaft ziehen; sie habe zu oft dem Lande glücklich gerathen, um hier fehlen zu können.

Voadicea war in einem Zustande, welcher der Verzweiflung des Volks nichts nachgab, als sie endlich umständlich erfuhr, was sie bereits aus den Worten des Bothen, und der Weissagung der Götter ahnden mußte. Mona, die heilige Insel Mona, die Verwahrerin der verborgensten Geheimnisse der Gottheit, die Mutter und Lehrerin der weitesten unter den Sterblichen, der heiligen Druiden, und ach, (ihr Mutterherz setzte leise stöhnend hinzu) der Aufenthalt der verlorenen Prinzessinnen, war in der Gewalt der Römer! Auf eine Menschen unbegreifliche Art, hatten sie den Zugang der Unzugänglichen gefunden. Am Tage des großen Festes des Friedens, der Monas Vertheidigern alle Waffen aus den Händen wand, hatten sie sich herein geschlichen, wie der Wolf unter die sichere Heerde. Die Schrecknisse, mit welchen, laut der Britischen Sage, die Götter ihre Insel rings umlagert hatten, und die, besonders an den sieben Pforten des großen Tempels wachen sollten, welcher das Herz der Insel ausmachte, hatten die Sieger nicht zurückgehalten, und alles schwamm schon im Blute, die Priester der Gottheit verdarben bereits den Opferfeuern, die sie selbst angezündet hatten, als man noch fragte, wie das zugehe? wo der Feind hineingedrungen sey? und ob irgend ein Rachgott ihn aus den Wolken gegossen, oder ihm Flügel gegeben habe, über die Felsen zu schweben.

Die Eil, mit welcher Voadicea die Rache der Thaten beschleunigte, welche hier jedes Herz zu Stein machten, war unglaublich. Die Wuth des Volks kam ihrem Eifer zu Hülfe und doch — kam man zu spät.

Mona war von den Feinden verlassen, Sie waren weniger der Gegenwehr, als dem Geheul, und den Abscheu erregenden Verwünschungen der gestörten Diener der Gottheiten dieser Insel gewichen. Eine Gruppe mit Fackeln bewaffneter Weiber, von einer Riesengestalt angeführt, hatte den großen Svetonius Paulinus, den Römischen Stadthalter, zuletzt noch in sein Schiff zurückgeschreckt, und man fand also in der That hier nicht einen Feind mehr, ihm den Weg zu zeigen, den er bereits gegangen war; aber, was war damit gewonnen? Die schönen Tempel der Insel, Wunderwerke ihrer Zeit, und vielleicht auch der unsrigen, wenn sie bis hierher wären erhalten worden, waren zerstört; alle heiligen Hayne, alle Wunderorte, deren es hier so viele gab, eingeäschert, und ach, was mehr war, als alles, tausend Unschuldige ermordet, tausend andere in eine Gefangenschaft hinweggeführt, für welche jeder redliche Brittanniner damals lieber den Tod gewählt haben würde.

Mit welcher Verzweiflung Voadicea hier in der allgemeinen Verheerung ihre Töchter suchte, ist unnöthig zu erwähnen; daß sie auch Flavien mit zärtlicher Unruhe suchte, daß ihr kein Gedanke kam, diese Verrätherin, welche sich so hinterlistig in das Zutrauen der Königin und in alle Geheimnisse des Landes zu stehlen gewußt hätte, könne Ursache an dem ganzen unübersehbaren Unglück sein, dieses war zu bewundern, und verdient in der That, als ein Beyspiel der möglichen Verblendung einer großen Seele angeführt zu werden.

Während Paulinus, von den Schrecken der Insel Mona ergriffen, nach London eilte, um sich gegen das aufgebrachte Volk, dessen Geheimnisse er entweihet hatte, fest zu setzen, während die Rächerin Voadicea sich gleichfalls rüstete, öffentlich für ihre Götter und heimlich für ihre Töchter, welche sie von den Römern entführt glaubte, blutige Genugthuung zu fordern, regten sich auf der nun fast ganz verödeten Insel Mona, die einzigen daselbst noch übrigen lebenden Wesen, um sie ebenfalls zu verlassen.

Aus einer der höchsten Felsenklippen, welche diese Insel umgeben, stieg beim Untergange der Sonne jenes schrecklichen Tages, ein mächtiger Adler empor, er schauete mit den Augen, welche jeden irdischen Glanz vertragen können, erst dem flammenden Feuerballen nach, der sich eben ins Abendmeer senkte, und dann spähte er mit durchdringendem Blick auf das Leichengefilde tief unter sich herab, als wollte er sich noch einen Raub erkiesen. Er zeichnete, einen weiblichen Körper unter dem blutigen Gemisch aus, stürzte sich auf ihn, und zerfleischte ihn, ohne sein Blut zu kosten, dann schwang er sich von neuem in die Lüfte, lockte dreimahl mit dem zärtlichen Ton, welchen wir bei jeder Thiergattung gegen ihre Jungen bemerken, und augenblicklich stiegen aus der Kluft, die er anfangs verlassen hatte, neun silberweise Tauben in die Luft, welche dem Fluge, den er ihnen über das Meer bezeichnete, folgten, und sich zuletzt an der Irrländischen Küste auf dem schönen Vorgebürge Bengora niederließen, wo ihre Pflegemutter, die sie lockend unter ihre Fittige sammelte, ihnen schon Nest und Nahrung bereitet hatte.

Es gibt unter euch, meine Leser, einige, welche mit besonderm Scharfsinn begabt sind, denen man, vornehmlich in so wahrscheinlichen und glaublichen Geschichten, wie diese sind, nur Winke zu geben braucht, um sie gleich errathen zu lassen, wo man hingedenkt; sollten nicht einige von diesen auserwählten Kindern der Märchenmuse, in der Reisegesellschaft nach Bengora und in dem zerfleischten Leichnam, der auf Mona zurück blieb, bereits alte Bekannte vermuthet haben?

Dem sei wie ihm wolle, so viel ist gewiß, daß Voadicea, als sie nach einem neuen über die Römer erfochtenen Siege etwas Ruhe gewonnen hatte, um an sich selbst zu denken, bereits angefangene Nachforschungen ernstlicher fortsetzte, und glaubhafte Bothschaft erhielt: obgleich Flavia unter den Erschlagenen von Mona wirklich gefunden worden sei, so habe die Königin doch keine Ursache, von ihren Töchtern ein ähnliches Schicksal, oder gar die römische Gefangenschaft, zu vermuthen. Ganz gewiß habe die Zauberin, (wir sprechen jetzt nach der Adlergeschichte diesen Namen ohne Bedenken nach) — ganz gewiß, habe die Zauberin Velleda die Prinzessinnen glücklich von Mona davon gebracht, und sie auf einer entfernten Küste dieser Eylande verborgen, wo sie noch vor kurzem einige vorüber segelnde Schiffer, am Ufer des Meeres badend, gesehen haben wollten.

Welche eine Nachricht für die zärtliche Mutter! Sie hätte weit weniger Gewißheit von dem Leben und dem Aufenthalte ihrer Töchter gebraucht, als ihr die Aussager wirklich geben, konnten, um sich selbst auf den Weg zu machen, die Verlornen aufzusuchen. Sie selbst, sie selbst wollte spähen, und Versuche zu Wiedererlangung ihrer Kinder anstellen. Flavia, über welche sie reiferes Nachdenken und bedenkliche Gerüchte längst zweifelhaft gemacht hatten, war es, die ihr einen Argwohn gegen jede menschliche Seele einflößte, welcher sie sich in dieser wichtigen Sache hätte vertrauen können.

Voadicea sahe bei Ausführung ihres Entwurfes keine größere Schwierigkeit vor sich, als die, wie sie die Ruhe ihres Volks sicher stellen und dasselbe ohne Gefahr verlassen könnte. Aber als dieses, vermittelt eines Waffenstillestandes mit ihrem gefürchteten Feinde, welcher zu edel dachte, dergleichen Verträge zu brechen, geglückt war, so lagen noch weit mehr Bedenklichkeiten vor der guten Königin, als sie gemuthmaßt hatte.

Es giebt Leute, welche in der Welt alles gesehen haben, und die dann, wenn man sie genauer befragt, keinen Bescheid zu geben wissen, wo man etwa das nehmliche sehen könnte. Die Reisenden, welche die erste Nachricht von dem wahrscheinlichen Aufenthalt der Prinzessinnen gegeben hatten, befanden sich längst nicht mehr in diesen Gegenden, sie waren kühne Seefahrer, welche unablässig die Wellen pflügeten, und die vielleicht in dem Augenblicke, da die Königin ihrer Weisung bedurfte, das unbekannte Atlantis aufsuchten, oder nach dem Eylande Taprobane zusteuerten. Mit solchen Abentheuerern ist auf der Welt nichts anzufangen, wenn ihr sie in Westen braucht, so seyd ihr sicher, sie in Osten aufsuchen zu müssen.

Mit denen, welche die Aussage der ersten nur nachgebetet hatten, befand sich Voadicea noch übler dran; sie wußten allerlei Vorwände, sich aus der Sache zu ziehen, und als sie mit Ernst festgehalten und genöthiget werden sollten, die Königin dahin zu führen, wo der mütterlichen Liebe Hoffnung winkte, da machten sie sich aus dem Staube, und hinterließen der, welche sich ganz auf sie verlassen hatte, nichts, als die Aussicht auf einen langen gefahrvollen Weg, auf welchem es ihr an einem Führer fehlte. Mittlerweile verfloß, von der Zeit des Waffenstillstandes, ein Monat nach dem andern, und Voadicea mußte fürchten, diese theuer erkauften Tage verschwinden zu sehen, ohne den gehofften Nutzen erlangt zu haben.

Unter allen den erfahrenen Seeleuten, welche die Königin über ihre Fahrt zu Rathe zog, war endlich ein alter Steuermann, welcher sich folgendermaßen gegen sie erklärte: Frau Königin, meine Sache ists nicht, mich solcher Dinge zu rühmen, die ich nicht leisten kann, ob ich gleich vielleicht meinem Ruhme eine bessere Farbe anstreichen könnte, als andere, denn ich habe der Dinge in der Welt gar viel gesehen, und wollte, von Wundern aus Süden und Norden zusammengetragen, die ich mit Augen erblickte, leicht einen blauen Dunst bilden, der euch mit trüglicher Hoffnung täuschen, und mir Danks und Lohns genug von euch bringen würde. Hört indessen meinen Rath. Zwar weiß ich nicht, wo die Gegend eigentlich ist, da man eure Töchter gesehen haben will, aber mich dünkt, wir gehen in Gottes Namen unter Segel, fahren gemach an die Irrländischen Küsten hin, bis zum Riesendamm, da euch denn der Himmel schon weiter helfen wird; so viel ist gewiß, kann Zauberei irgendwo ihr verborgenes Wesen haben, so ists in dasiger öden Gegend des Meers, die kein Schiffer gern befährt, und was ihr dort nicht findet, das werdet ihr in allen hiesigen Gewässern vergeblich suchen.

Voadicea war froh, nur einen kleinen Schein von Hoffnung zu sehen, und mit gutem Muthe trat sie eine Reise an, deren Dauer oder Richtung wir auf keine Art bestimmen können. Die Schifffahrt war damals noch bei weitem nicht, was sie heut zu Tage ist, und die alten Benennungen der Orte, nebst den Veränderungen, welche eine Zeit von viel mehr als tausend Jahren zu Land und Wasser machen kann, führen wohl bessere Geographen irre, als wir uns zu seyn rühmen.

Genug, die Königin kam endlich in Gegenden an, deren Aeußeres schon hinlänglich war, ihre Erwartung zu den ungewöhnlichen Dingen zu stimmen, denen sie mit Ungeduld entgegen sah. Das Schiff steuerte in Gewässer, welche es mit träger Fluth auf ihrem Rücken dahin trugen. Alles athmete hier öde einförmige Stille, kein Fahrzeug begegnete dem andern, kein lebendiges Geschöpf regte sich im Schooße des Meeres, kein Vogel durch strich die Lüfte, kein Wind kräuselte die Wellen, und die Küste, die sich von fern vor dem Auge hinzog, vollendete durch ihre tiefe schwarzgraue Farbe das traurige Gemählde auf eine Art, die den Sinnen keinen Reiz, dem Geiste keine Unterhaltung, und dem Herzen eine gewisse angstvolle Empfindung gab, die niemand lange auszuhalten vermochte.

So weit, sagte Voadiceens Steuermann, so weit ist mirs möglich, euch zu bringen, wär ich auch zu mehrerer Wagniß bereit, so würde ich doch unter der ganzen Mannschaft meines Schiffs nicht einen finden, der mit mir eines Sinnes wär; alles, was ich thun kann, ist, daß ich eine von jenen kleinen Bayen zu gewinnen suche, und mich dort vor Anker lege. Die Chaluppe ist euer, könnt ihr euch durch die Künste der Ueberredung, die ihr so gut versteht, einen Reisegefährten gewinnen, darf das Schiff nicht verlassen, ohne mich und euch in die äußerste Gefahr zu setzen.

Nie hat sich, seit Isis die Meere durchstrich, den verlornen Gemahl zu finden, eine schiffende Königin in größerer Verlegenheit befunden, als Voadicea. Wahrscheinlich, (ihr Herz machte es ihr glaubhaft, und einige Merkzeichen, welche von den ersten Schiffern, die die Prinzessinnen gesehen haben wollten, angegeben worden waren, bestätigten es,) wahrscheinlich befand sie sich nun in der einzigen Gegend der Welt, wo sie die Erfüllung ihrer Wünsche hoffen konnte, aber sie zeigte sich ihr nur in der Ferne, wie sollte sie sich ihr näher bringen?

Aus der Bucht, wo sich das Schiff vor Anker gelegt hatte, gewannen nur ihre Augen etwas, die Aussicht auf die Küste, wo vielleicht ihre Kinder lebten. Sie schauete einen Tag wie den andern in die blaue Ferne hinaus, sie strengte ihre Sehnerven an, im Morgenroth und im Mondschimmer, aber Adlerblicke hätte sie haben müssen, um etwas anderes zu entdecken, als schwarze Basaltgebürge, die durch die fabelhafte Sage, mit welcher sich damals der Aberglaube trug, noch fürchterlicher gemacht wurden, als durch ihr trauriges einförmiges Ansehen.

Voadicea hatte Muth alles zu wagen, um ihre Kinder wieder in ihre Arme zu bringen, ach was sage ich, um nur die Wahrscheinlichkeit auszuspähen, ob sie hier zu finden seyn könnten; aber, was ist Muth ohne Kräfte? Das Fahrzeug, welches ihr der Schiffer zu ihren Absichten anbot, war eine Chaluppe, welche ihre Arme zu regieren zu schwach waren, gleichwohl konnte kein Gold, dessen sie von der Römischen Beute genug zu sich genommen hatte, gleichwohl konnten keine Versprechungen, an denen sie gleichfalls nicht arm war, ihr einen Gefährten auf der bedenklichen Reise erwerben.

Wenn sie auf dem Verdeck des Schiffes saß, und mit sehnendem Blick die Meeresfläche maß, die sie gern überflogen hätte, um zu ihren Wünschen zu gelangen, so gesellete sich wohl mancher von der Schiffsmannschaft zu ihr, und wem ihr Jammer zu Herzen ging, oder wen der Wunsch, schnell sein Glück zu machen, lockte, schien aufmerksam ihren Versprechungen und Bitten zu horchen, aber bald war wieder eine der abentheuerlichen Sagen von der Basaltküste auf der Bahn, welche die arme Königin wieder tausend Meilen weit von ihren Hoffnungen entfernte.

Sehet ihr jene Brücke von ehernen Pfeilern, sagte einer, indem er auf eine Gegend des schwarzen Vorgebürges deutete, man nennt sie nur den Riesendamm. Als die alten Riesen, welche den Himmel stürmen wollten, von den Göttern auf jene Insel verbannt wurden, da dachten sie, sich durch dieses ungeheure Werk, welches nur Hände, wie die ihrigen, beginnen konnten, den Weg zum festen Lande zu bahnen; aber ein Blitz vom Himmel vernichtete ihre tollkühne Arbeit, und verwandelte sie selbst in Stein. Jene Reihe von kolossalischen Säulen, welche über alle andere hervorragen, sind die verwandelten Söhne der Erde; wer sich ihnen naht, um die Narben, die ihnen der Donner brannte, genauer zu betrachten, der wird, wie sie, in Stein verwandelt. Viel kühne oder unwissende Schiffer haben dies Schicksal gehabt, und ihre Fahrzeuge, nebst allem, was sie enthielten, konnten diesem Urtheile nicht entgehen. Ihr müßt, wenn ihr genau zusehet, noch eigentlich die Figur von Schiffen, Segeln und Masten in jener Felsengruppe, und in dieser und in dieser entdecken können.

Was kann nicht die Einbildungskraft aus unbestimmten Figuren machen; Voadicea sahe dem einen der Mährchenerzähler zu gefallen, Schiffe, Segel und Masten, ein anderer zeigte ihr Menschen- und Thiergestalten und ein dritter die Ruinen einer prächtigen Stadt, welche, so erzählte er, als das Maas ihrer Sünden voll war, einst durch Feuer vom Himmel in den narbichten schwarzgrauen Stein verwandelt wurde, der das ganze jenseitige Ufer bedeckte; Gefahr, in Stein verwandelt, vom Donner erschlagen, oder unter den ungeheuern Trümmern begraben zu werden, wurde allemal in die Erzählung mit eingekettet, und Voadicea sahe endlich wohl, daß sie jedes Wort, jede Verheißung, jedes Geschenk, vergeblich verschwendete, ihre Reisegefährten zu Wagnissen zu bringen, die nur einer verzweifelnden Mutter leicht seyn konnten.

Das schlimmste bei der Sache war, daß endlich Schiffer und Schiffsvolk des langen nutzlosen Harrens in diesem Felsenwinkel überdrüßig wurden, und auf die Abreise drangen.

Es lies sich nicht läugnen, man athmete hier eine schwere herzbeengende Luft, welche die Sehnsucht, diese Gegend zu verlassen, natürlich machte selbst die Königin fühlte genug hiervon und der Gedanke an den zu Ende laufenden Waffenstillestand, wäre nicht einmal nöthig gewesen, um den Wunsch nach baldiger Beendigung des langweiligen Abentheuers bis zum quälenden Ungetüm zu erhöhen.

Nachdem Voadicea die Hälfte eines Mondswechsels auf diese Art zugebracht hatte, überzeugte sie sich völlig, daß sie sich selbst helfen, oder unverrichteter Sachen zurückkehren müßte. Sie machte ihren Plan insgeheim, um nicht von ihrem Freunde dem Steuermanne, von ihrer tollkühnen Ausführung abgehalten zu werden; tollkühn würde jeder Unbefangener ein Unternehmen genannt haben, welches nur etwas weniges besser war, als sich in die Wellen zu werfen und Gewässer zu durchschwimmen, welche in der Gegend, wo sie sich an den Felsen brechen, wohl für feste Schiffe gefährlich waren.

Die treue Mutter, welche entschlossen war, ihrem Herzen Genüge zu thun oder zu sterben, machte heimlich Bekanntschaft mit einem Fischer, welcher oft in der Bucht, wo das Schiff vor Anker lag, seine Netze auszustellen, pflegte. Nachdem sie auch ihn vergeblich zu bereden gesucht hatte, sie auf ihrer Chaluppe nach der Basaltküste über zu führen, kaufte sie ihm einen flachen Kahn ab, dessen Rand mit dem Wasser fast gleich ging, und der sich der Käuferin durch nichts empfehlen konnte, als dadurch, daß er leicht genug war, sich bei stillem Wetter von schwachen Weiberarmen regieren zu lassen.

Voadicea säumte nicht, einen Versuch mit ihrem theuer genug bezahlten Fahrzeuge zu machen, und der Mond leuchtete ihrer Reise. Sie mußte die Zeit der Nacht wahrnehmen, weil ihr Freund der Steuermann ihrer am Tage mit zu gutherziger Sorgfalt hütete, als daß sie irgend ein kühnes Unternehmen vor seinen Augen hätte wagen dürfen.

Das Meer war ruhig, der Himmel spiegelte sich in der klaren Fluth, und doch hatte die Fahrt Schrecknisse, welche nur Voadiceens furchtloße Seele aushalten konnte. Als die Schifferin hinter der Bucht hervorkam, aus welcher man die Basaltküste bei weitem nicht ganz überschauen konnte, als sie sich ihr in ihrer ganzen Ausdehnung, mit allen ihren seltsamen Riesengestalten, von Finsterniß und Mondsschimmer noch um die Hälfte erhöht, darstellte, als die Königin die furchtbare Wildheit der großen Vorgebürge, in deren Schatten ihr Kahn jetzt dahin gleitete, herbei nahen sah, und das ungewöhnliche Brüllen des Oceans hörte, mit welchem er zu seinen Füßen tobt, da wär es doch wohl kein Wunder gewesen, wenn ihr der Muth entsunken, und das Ruder in die wilden Wellen entglitten wär. Aber Voadicea hatte Herz genug, die Fahrt nicht nur ein, nein mehrere male, zu machen, und sich nicht durch Vergeblichkeit ihres Herumkreuzens, von neuen und immer neuen Versuchen abschrecken zu lassen.

Etwas hatte sie schon gewonnen: mehrere Bekanntschaft mit der Gegend. Hätte auch die wilde Größe der Gegenstände, bei denen sie vorüberkam, anfangs ihren Puls schneller schlagen gemacht, so mußte doch diese Bewegung mit jedem male, da sie von neuem den gefährlichen Weg beschiffte, gemäßigter werden, und endlich gar nachlassen.

So viel sahe die Schifferin, jetzt noch deutlicher, als sie von jeher gedacht hatte, daß es mit den gefabelten Gefahren dieser Küste nichts zu sagen habe, auch schienen die Wellen den Nachen, den die treuste muthigste Leidenschaft, die Mutterliebe regierte, zu respectiren, die Winde scheuten sich, ihn anzuhauchen, und mehr als einmal schien eine unsichtbare Hand das Fahrzeug vor Wirbeln und verborgenen Klippen, deren es hier nicht wenig gab, behutsam vorüber zu steuern.

Es war der siebente Tag nach Voadiceens erstem Versuch; der Mond ward diese Nacht voll, und der Schiffer deutete der Königin an, daß er nur noch dreitägige Frist von seinem schwürigen Schiffsvolke erhalten habe, und daß nach Verlauf dieser Zeit schlechterdings das müßige Harren in diesem Winkel ein Ende haben müsse. Es sind ja der Gegenden der Welt mehr, sagte er, wo ihr hoffen könnt, das was ihr sucht, zu finden! Gegenden, denen ihr euch mehr nahen, wo ihr eher erwarten könnet, den Zweck eurer Reise zu erlangen. Von dieser hier werdet ihr nun wohl durch langes Anschauen endlich so viel begriffen haben, daß sie kein lebendes Wesen beherbergen kann; nicht einmal eine Stelle zum Landen findet sich hier; ihr würdet dieses gewisser wissen, wenn ihr jener Küste so nahe gekommen wäre, als ich ihr einst durch Unfall gebracht wurde.

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