Kitabı oku: «Handbuch des Strafrechts», sayfa 55
c) Arbeitsleistung
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Während die Arbeitskraft eines Menschen zu seinen höchstpersönlichen Gütern gehört und damit nicht als Vermögensbestandteil in Betracht kommt, kann die (ihm mögliche) Arbeitsleistung als (abstrakt) geldwerte Leistung angesehen werden.[281] Daher wird in tatbestandsmäßiger Weise geschädigt, wer durch Täuschung zur unentgeltlichen Erbringung einer Arbeitsleistung veranlasst wird, und zwar ungeachtet der Frage, ob der Irregeführte seine Arbeitskraft anderweitig eingesetzt hätte.[282] Außerhalb von Arbeitsverträgen, für welche die Regeln des Eingehungs- bzw. Erfüllungsbetruges gelten, ist darauf abzustellen, ob die Arbeitsleistung unter Umständen erbracht wird, unter denen üblicherweise ein Entgelt gezahlt wird.
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Abweichend von ihrer ansonsten primär wirtschaftlichen Betrachtungsweise rechnet die Judikatur Leistungen, die verbotenen oder sittenwidrigen Zwecken dienen, nicht zum Vermögen und folgt insoweit den juristisch orientierten Lehren.[283]
d) Exspektanzen
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Nach der Rspr. sollen auch Erwartungen, die sich noch nicht zu einem subjektiven Recht verdichtet haben, zum Vermögen gehören, soweit es sich um Gewinnaussichten handelt, die sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit realisieren lassen und nach der Verkehrsauffassung bereits einen messbaren Vermögenswert besitzen (z.B. Aussicht auf Zuteilung von Aktien in beschränkter Ausschüttung; Aussicht auf Abschluss eines Kaufvertrages bei einem ernsthaften Angebot;[284] nicht aber etwa[285] spekulative Zins- und Gewinnerwartungen oder die Gewinnerwartungen aus einem für den Käufer günstigen Kaufvertrag).[286]
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Während die Vertreter eines wirtschaftlichen Vermögensbegriffes dieser Rspr. weitgehend zustimmen,[287] ist die Anerkennung von Exspektanzen, die durch das Fehlen einer subjektiven Berechtigung definiert sind, mit den Prämissen der engen juristischen Vermögenslehre unvereinbar.[288]
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Von der Warte des personalen Vermögensverständnisses können Exspektanzen nur in engen Grenzen dem Vermögen zugeordnet werden: Sie müssen danach derart konkretisiert und individualisiert sein, dass sie im Wirtschaftsverkehr als selbstständige Vermögenswerte (bzw. als selbstständige verkehrsfähige Güter) eingesetzt werden können.[289]
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Besonders in der älteren Literatur wird der Exspektanz der Vermögenscharakter mit der grundsätzlichen Erwägung abgesprochen, dass der Betrug das Vermögen nur vor Einbußen, nicht aber vor dem Ausbleiben von Zuwächsen schütze.[290]
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Festzuhalten ist, dass die Anerkennung von Exspektanzen als Vermögenswerte auch einer Vermögenszuordnung nach rechtlichen Maßstäben grundsätzlich nicht widerspricht (bereits Hälschner und Merkel rechnen solche Gewinnaussichten zum Vermögen, über die durch Rechtsgeschäft wirksam verfügt werden kann).[291] Jedoch muss eine bestimmte Gewinnerwartung von einem juristischen Standpunkt aus eine rechtlich begründete Erwartung sein. Das ist namentlich dann der Fall, wenn diese Chance aus der Einhaltung rechtlicher Verfahren resultiert. Entscheidend ist damit vor allem, dass derjenige, dem die Exspektanz als Vermögenswert zugeschrieben werden soll, eine im Verhältnis zum Täter rechtlich geschützte Zugriffsmöglichkeit auf das fragliche Gut hat. Täter und (potenzieller) Vermögensinhaber dürfen also – rechtlich gesehen – keine gleichrangigen Konkurrenten um das Gut sein.[292]
e) Strafe und Bußgeld
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Interessant ist schließlich die Frage, ob Ansprüche aus repressiven Sanktionen (also insbesondere Geldstrafen oder -bußen) zum betrugsrelevanten Vermögen zählen. Teilweise wird insbesondere Verwarnungsgeldern aufgrund des Umstandes, dass derartige Zahlungen zunehmend als feste Größe bei der Bestimmung des jährlichen Haushaltes einbezogen und kalkuliert werden, keine rein ahndende, sondern auch eine wirtschaftliche Komponente zuerkannt, sodass es sich insoweit um betrugsrelevante geldwerte Vorteile handelte.[293] Vor allem unter einem rechtsstaatlichen Blickwinkel überzeugend ist aber die Position der bislang h.M., nach der solche Gelder allein in ihrer ahndenden Funktion bedeutsam seien, daher mit ihnen keine Mehrung des Vermögens des Staates bzw. der Kommunen bezweckt werde.[294] Durch Täuschung erreichte Umgehungen entsprechender Zahlungsverpflichtung seien vielmehr teleologisch dem Tatbestand der Strafvereitelung (§ 258 StGB) zuzuordnen.
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Die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung bei behördlicher Freiheitsentziehung, verfahrensbezogene Kostenansprüche[295] und Gebühren für staatliche Leistungen[296] werden demgegenüber allgemein als vermögensrelevant angesehen.
2. Kriterien der Schadensberechnung
a) Allgemeines
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Die Wahl des betrugsrelevanten Vermögensbegriffes wirkt sich in mehrfacher Hinsicht auf die Kriterien der Schadensberechnung aus (zu Einzelheiten siehe unten Rn. 197 ff.):
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Wird das Vermögen nach Maßgabe des wirtschaftlichen oder des juristisch-ökonomischen Vermögensbegriffes als Summe aller in Geld umgerechneten Vermögensgegenstände begriffen, so erfordert die Berechnung eine Saldierung, die grundsätzlich alle Zu- und Abflüsse geldwerter Güter erfasst. Ein Schaden ist danach gegeben, wenn die so ermittelte Summe nach der Vermögensverfügung geringer ist als zuvor.
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Nach den Prämissen der rein juristischen Theorie, die allein auf den Gesamtbestand der (subjektiven) Vermögensrechte einer Person abstellt, ist ein solches Vorgehen freilich nicht möglich, da sich Rechte und Pflichten in ihrer rechtlichen Dimension nicht miteinander verrechnen lassen. Vielmehr müsste als Schaden jeder unfreiwillige Verlust oder jede Verletzung eines Vermögensrechts sowie jede unfreiwillige Belastung mit einer vermögensrechtlichen Pflicht angesehen werden, unabhängig davon, ob der Berechtigte im Gegenzug oder als Ausgleich irgendeinen Vorteil erlangt.
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Die personale Vermögenslehre sieht wiederum den Schaden in der Nichterreichung des mit der Vermögensminderung erstrebten wirtschaftlichen Erfolges.
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Nach Maßgabe einer funktionalen Bestimmung des Vermögensbegriffes ist schließlich unter einem Schaden eine ohne Rechtsgrund erfolgende Einbuße an Verfügungsmacht über Vermögensgegenstände zu verstehen, die nicht durch Erreichung des sie rechtfertigenden und vom Täter anerkannten (objektivierten) Zwecks kompensiert wird.
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Ungeachtet dieser notwendig unterschiedlichen Kriterien der Schadensbestimmung entspricht es der heute vorherrschenden Auffassung, dass der Umfang des Schadens jeweils normativ zu korrigieren ist: Grundsätzlich ist danach ein Schaden zu verneinen, wenn auf die mit der Verfügung verbundene Vermögenseinbuße ein fälliger und einredefreier Leistungsanspruch bestand.[297]
b) Einzelheiten zur wirtschaftlichen Schadenslehre
aa) Wirtschaftliche Schadenslehren
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Nach der wirtschaftlichen und juristisch-ökonomischen Lehre ist Objekt der Schädigung nicht der jeweilige konkrete Vermögensbestandteil, sondern der Wert des Gesamtvermögens. Dieser Wert ist (grundsätzlich) objektiv zu bestimmen. Die Bewertung richtet sich nicht nach den Anschauungen seines Inhabers, sondern nach den Maßstäben der Allgemeinheit, genauer: nach den Maßstäben der beliebigen Teilnehmer eines Marktes. Ein Schaden ist folglich anzunehmen, wenn bei objektiver Gesamtsaldierung aller Vor- und Nachteile der wirtschaftliche Wert des Vermögens geschmälert ist.[298] Auch die Belastung mit Pflichten soll mit der jeweiligen Gegenleistung verrechnet werden.[299] Umgekehrt soll bei Darlehensverträgen, bei denen das „normale“ Ausfallrisiko bei den Vertragsbedingungen berücksichtigt wurde, der Rückzahlungsanspruch als Kompensation hinreichen.[300] In der einseitigen Hingabe von Vermögenswerten soll stets ein Schaden liegen.[301] Bei verbotenen Geschäften wird die Möglichkeit eines Schadens jedenfalls beim Erwerber der verbotenen Leistung bejaht, weil der Getäuschte sein „gutes Geld“ ohne die gewünschte Gegenleistung verliere.[302]
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Als Verrechnungsgröße zieht die sog. Geldwerttheorie den Geldwert der zu- und abfließenden Güter heran.[303] Der für die Festlegung des Verkehrswertes relevante Markt soll sich nach den konkreten zeitlichen und örtlichen Umständen richten.[304] Hierbei sind sowohl die Umsatzstufe – z.B. Groß- oder Einzelhandel – als auch gegebene Spezialmärkte zu berücksichtigen.[305] Ferner kann die Herkunft von Waren eine Rolle spielen, wenn sie im Wirtschaftsverkehr als wertbildender Faktor anerkannt ist.[306]
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Die Einschätzung von Angebot und Nachfrage ist aus der Perspektive eines sachkundigen Beobachters zu treffen.[307] Existiert überhaupt kein Markt und greift auch keine ihn ersetzende staatliche Preisfestsetzung ein, so kann grds. kein betrugsrelevanter Schaden festgestellt werden.[308]
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Allerdings wird das umfassend erscheinende Saldierungsprinzip von den wirtschaftlichen Vermögenslehren schon wegen der erheblichen (und nicht selten auch unlösbaren) Schwierigkeiten seiner Anwendung eingeschränkt. Miteinander verrechnet werden sollen – auf der Basis eines mehr oder weniger groben Wertvergleiches – nur die zwischen Täter- und Opferseite ausgetauschten Vermögenswerte. Diese Beschränkung lässt sich zwar normativ rechtfertigen, da sich so hypothetische Gewinne und Verluste aus dem Zurechnungszusammenhang ausblenden lassen, widerspricht aber der wirtschaftlichen Festlegung der Vermögenseinbuße als Gesamtschaden (es ist ohne Weiteres denkbar, das ein konkret ungünstiges Geschäft mittelbar mit erheblichen finanziellen Vorteilen verbunden ist).
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Die Auswahl der miteinander zu verrechnenden Vermögensbewegungen wird mithilfe eines (chronologisch zu verstehenden) Unmittelbarkeitskriteriums getroffen: In Betracht sollen nur Ab- und Zuflüsse von Vermögenswerten kommen, die unmittelbar aus der Vermögensverfügung resultieren.[309] Für den Wertvergleich ist also auf den Zeitpunkt vor und nach der Vermögensverfügung abzustellen. Nicht kompensatorisch wirken der nachträgliche Verzicht des Täters auf den erworbenen Anspruch sowie gesetzliche Ersatzansprüche, insbesondere Schadensersatzansprüche aus §§ 823 Abs. 2, 826 BGB oder Bereicherungsansprüche nach §§ 812 ff. BGB.[310] Unberücksichtigt bleiben ferner Anfechtungs- und Gewährleistungsrechte. Ohne Belang ist es auch, wenn sich die zu bewertenden Verhältnisse später (unabhängig von der Verfügung) ändern oder wenn Dritte (freiwillig) Ausgleichszahlungen leisten. Schließlich sind auch Ansprüche des Opfers aus vertraglichen Versicherungsleistungen unbeachtlich. Dagegen sollen nach vorherrschender Meinung gesetzliche Sicherungsmittel – wie etwa das Unternehmerpfandrecht nach § 647 BGB – bei der Kompensation in Ansatz zu bringen sein, da sie keine Rechtsfolge der Täuschung und zumeist ohne Mitwirkung des Schuldners realisierbar seien.[311] Gleiches wird überwiegend für vertraglich vereinbarte Sicherungen und Rücktrittsmöglichkeiten bejaht.[312] Als kompensationstauglich werden auch Sicherungen aus dem Vermögen Dritter – Bürgschaft, Schuldbeitritt, Sicherungsübereignung usw. – angesehen.[313]
bb) Der „individuelle Schadenseinschlag“
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Das Saldierungsprinzip beruht auf der Annahme, dass sich der Wert von Gütern über den Mechanismus von Angebot und Nachfrage festlegen lässt und dass es insoweit objektive wirtschaftliche Kriterien gibt, anhand derer sich die Vermögenslage einer Person vor und nach der ihr zuzurechnenden irrtumsbedingten Verfügung berechnen lässt. Sinnvoll ist diese Annahme wiederum nur, wenn das Vermögen auch als eine von individuellen Befindlichkeiten unabhängige Wertsumme geschützt wird. Unter diesen Prämissen ist vor allem in Fällen, in denen auf einem Markt mit Geld, abstrakt definierbaren Werk- und Dienstleistungen sowie Waren einer bestimmten Gattung gehandelt werden kann, das Saldierungsprinzip ein hinreichend plausibles und zugleich präzises Kriterium der Schadensermittlung. Diesem Verständnis des Vermögensschadens diametral entgegengesetzt ist die These des BGH, dass „die meisten Gegenstände nicht für alle Menschen den gleichen Vermögenswert haben, weil sie nicht für alle gleich brauchbar sind“.[314] Unter Zugrundelegung dieses Vermögensverständnisses liegt das Erfolgsunrecht des Betruges in der Verminderung der individuellen Brauchbarkeit der einer Person zustehenden Güter.
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Beide Konzeptionen des Vermögensschadens lassen sich zwar jeweils konsistent entfalten, aber nicht nebeneinander anwenden, da sie in einem Exklusivitätsverhältnis stehen. Selbst wenn die Schädigung nach der individualisierenden Konzeption des „individuellen Schadenseinschlags“ nicht nach der subjektiven Einschätzung des Opfers selbst, sondern nach Maßgabe eines – die persönlichen Bedürfnisse und Verhältnisse des Opfers berücksichtigenden – sachlichen Beurteilers festzustellen wäre, änderte dies nichts daran, dass der Wertvergleich gerade nicht auf einer Saldierung nach Marktkriterien beruht. Auch eine solche Schadensberechnung führt daher zur Preisgabe des mit ihr unvereinbaren Saldierungsprinzips.
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Die Rspr. und die ihr folgende Literatur versuchen das Saldierungsprinzip dadurch zu retten, dass sie die individuelle Schadensberechnung nur fallweise als Ausnahme zum Saldierungsprinzip formulieren, genauer: Wenn die Anwendung des Saldierungsprinzips zu keiner Schadensfeststellung führt, soll geprüft werden, ob aufgrund der individuellen Belange des Opfers gleichwohl eine Einschränkung der wirtschaftlichen Potenz gegeben sei.
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Das Saldierungsprinzip wird von der Rechtsprechung in zwei Konstellationen aufgegeben: Zunächst soll eine wirtschaftliche Zweckverfehlungslehre eingreifen, wenn der Vermögensinhaber die Gegenleistung „nach der Auffassung eines sachlichen Beurteilers nicht oder nicht in vollem Umfange für den von ihm vertraglich vorausgesetzten Zweck oder in anderer zumutbarer Weise verwenden kann“. Fehle es „an einer solchen Verwendbarkeit“, so sei „schon allein darin eine Vermögensschädigung zu erblicken, selbst wenn der Verkehrswert der Gegenleistung der Leistung des Getäuschten entspricht“.[315]
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Ferner gibt die Rspr. das Saldierungsprinzip bei der Schadensbestimmung zugunsten einer Bewertung der individuellen wirtschaftlichen Lage des Opfers auf, wenn die Verfügung den Vermögensinhaber in (erhebliche) finanzielle Bedrängnis führt: Ein Schaden ist demnach anzunehmen, „wenn der Erwerber durch die eingegangene Verpflichtung zu vermögensschädigenden Maßnahmen genötigt wird“,[316] etwa durch den Abschluss ungünstiger Kreditverträge, den unvorteilhaften Verkauf von Wertpapieren oder den Verzicht auf anderweitige sinnvolle Investitionen. Dem soll es gleichstehen, wenn dem Vermögensinhaber infolge der Verpflichtung „die Mittel entzogen werden, die für die Aufrechterhaltung einer seinen Verhältnissen angemessenen Wirtschafts- und Lebensführung unerlässlich sind“.[317] Diese Rspr. wird von dem Gedanken getragen, dass durch die (erhebliche) finanzielle Bedrängnis das Gesamtvermögen vermindert wird; so gesehen ist ein Schaden zu verneinen, wenn – etwa bei Immobiliengeschäften – dem Gesamtvermögen wirtschaftliche Werte zufließen.[318]
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Dass die Lehre vom individuellen Schadenseinschlag kein Korrektiv, sondern tatsächlich eine (fallweise) Preisgabe des Saldierungsprinzips ist, zeigt sich daran, dass in den einschlägigen Fällen der Schaden nicht im Wege einer individuellen Modifikation der Bewertungsparameter festgestellt, sondern im Fehlschlag des gesamten Geschäfts gesehen wird. Wird etwa – wie in einer deswegen berühmt gewordenen Entscheidung des BGH – einem finanziell bedrängten Landwirt eine Melkmaschine zu einem angeblichen Sonderpreis aufgeschwatzt, so liegt nach der Rspr. der Schaden nicht darin, dass der Kaufpreis bei finanzieller Bedrängnis – i.S.e. individualisierenden Korrektivs – zu mindern sei, der Schaden also in der Differenz zwischen dem Kaufpreis für „normale“ Kunden und dem für finanziell Bedrängte besteht. Vielmehr soll der Schaden darin liegen, dass der finanziell bedrängte Landwirt überhaupt eine Melkmaschine kauft.[319] Das auf einem marktbezogenen Vermögensbegriff fußende Saldierungsprinzip wird durch eine Zweckverfehlungslehre mit dem Leitbild eines vernünftigen Wirtschafters ersetzt.
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Auch inhaltlich ist diese individualisierende Schadensermittlung kritikwürdig: Denn es ist nicht möglich, den Bereicherungsgegenstand wie bei der Anwendung des Saldierungsprinzips in der Wertdifferenz der Leistungen zu sehen. Denn bei der Individualbewertung und der Zweckverfehlung wächst dem Täter nicht der mit der individuellen Befindlichkeit des Opfers begründete Schaden als Vorteil zu. Ob ein Landwirt bewusst eine überdimensionierte Melkmaschine zum regulären Preis anschafft, ob er hierbei irrtümlich von einem „einmaligen“ Sonderangebot ausgeht oder ob er verkennt, überhaupt eine rechtserhebliche Bestellung zu unterzeichnen, macht auf der Seite des Vertragspartners keinen Unterschied. Die betrugsrelevante Bereicherung kann also nicht in der Differenz zwischen Leistung und Gegenleistung, sondern nur im Erhalt der Leistung als solcher liegen. Zudem bedingt eine unterschiedliche Bestimmung des Schadens auch unterschiedliche Anforderungen an den Vorsatz. Wird der Schaden unter der Anwendung des Saldierungsprinzips festgestellt, muss der Täter (nur) um den Wert von Leistung und Gegenleistung wissen. Handelt es sich dagegen um einen Schaden nach Maßgabe der Individualbewertung, kommt es auf die mehr oder weniger zufälligen Kenntnisse des Täters von der wirtschaftlichen Lage des Opfers an.
c) Einzelheiten zur juristischen Schadenslehre
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Da die juristische Lehre das Vermögen mit den einer Person zustehenden subjektiven Rechten identifiziert, scheidet für sie die Möglichkeit eines wirtschaftlichen Wertvergleiches von vornherein aus. Vielmehr muss der juristische Ansatz auf die Verletzung eines Rechts oder die (rechtsgrundlose) Belastung mit einer Pflicht abstellen. Insoweit könnte ein Schaden darin gesehen werden, dass der Verfügende aufgrund der Täuschung eine Pflicht übernimmt oder ein Recht nicht ausübt.
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Die von Binding entfaltete Konzeption wählt jedoch einen anderen Weg und versucht, den Schaden mit Blick auf die Nicht- oder Schlechterfüllung des Anspruchs auf die Gegenleistung des Täters zu bestimmen.[320] Dies setzt voraus, dass der Vermögensinhaber überhaupt einen Leistungsanspruch gegen den Täter hat. Den Fall des sog. Eingehungsbetruges, bei dem das Opfer einen Anspruch erst durch das täuschungsbedingte Verleiten zum Vertragsabschluss erlangt, versucht Binding durch die Konstruktion einer vorvertraglichen Verpflichtung des Täters auf Abschluss eines absprachegemäßen Vertrages zu lösen; der Eingehungsbetrug wird so in einen Erfüllungsbetrug umgewandelt, bei dem der Anspruch auf Kontrahierung in der verabredeten Art und Weise nicht erfüllt wird.[321] Hiergegen wird eingewandt, dass sich diese Lehre – immanent wenig schlüssig – zur Rettung ihrer rechtsakzessorischen Prämissen einer Konstruktion bedient, die das Zivilrecht nicht kennt; zivilrechtlich lasse sich aus culpa in contrahendo allenfalls ein Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses herleiten.[322]
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Nach einer Modifikation (bzw. Neuinterpretation) der Konzeption Bindings soll der Schaden durch einen Vergleich zwischen der tatsächlichen Leistung des Täters und dem hypothetischen Anspruch des Opfers festgestellt werden: Zu fragen sei, ob der Täter die Leistung erbracht habe, die er hätte erbringen müssen, wenn der von ihm (wahrheitswidrig) in Aussicht gestellte Vertrag tatsächlich geschlossen worden wäre.[323] Doch auch diese Variante lässt sich schon auf dem Boden der Prämissen des juristischen Vermögensbegriffes nicht halten. Wenn zum Vermögen nur die (subjektiven) Rechte einer Person gehören, kann die Nicht- oder Schlechterfüllung eines nur hypothetischen Anspruchs schwerlich als Minderung des bestehenden Opfervermögens verstanden werden. Was das Opfer zu beanspruchen hätte, wenn die Vorspiegelungen des Täters zutreffend gewesen wären, ist dagegen nur eine rechtlich ungesicherte Exspektanz, die nach der juristischen Lehre noch nicht zum Vermögen zählt und daher auch nicht schädigend beeinträchtigt werden kann.
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Eine juristische Schadenslehre kann nur unter der Voraussetzung konsistent entwickelt werden, dass die Schädigung (abschließend) vom Verfügenden selbst herbeigeführt wird. Dann müsste der Vermögensinhaber, da der Schaden ex hypothesi in der Verletzung eigener Rechte liegen soll, durch eine ihm zurechenbare Verfügung seine eigene rechtliche Position beeinträchtigen. Eine solche Verschlechterung ist im Regelfall jedoch rein formal; durch die Wahrnehmung der Anfechtungsmöglichkeit nach § 123 BGB kann der Getäuschte wieder materiell die Rechtslage ex tunc herstellen. Eine rein formale Beeinträchtigung, die der Getäuschte ohne Weiteres selbst beseitigen kann, vermag indessen schwerlich eine strafrechtliche Sanktionierung zu rechtfertigen. Der strafrechtliche Schutz braucht nur dort einzugreifen, wo das Opfer einen der materiellen Rechtslage zuwiderlaufenden faktischen Nachteil in seiner Verfügungsmacht erleidet. Ein Vermögensschaden setzt daher voraus, dass sich die faktische Vermögenssituation des Opfers entgegen der materiellen Rechtslage nachteilig verändert hat.