Kitabı oku: «Geliebter Wächter 2: Wolfsherz», sayfa 8

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Wexmell lächelte leicht. »Ihr wisst vieles.«

»Vieles«, nickte Doragon, »es gab Seher in meinem Stamm, die das Weltgeschehen beobachteten.«

So hatte er also alles über den Westen erfahren, das erklärte sein Wissen.

»Es muss doch jemanden geben, der die Stämme wieder vereinen kann«, überlegte Eagle, »eine Tochter oder Schwester der Königin. Eine nahe Verwandte? Irgendjemand?«

Fen und Doragon schlugen die Augen nieder, aber man spürte, dass sie etwas verheimlichten. Sie wurden mit Blicken durchbohrt.

»Es gibt jemanden«, gestand Doragon schließlich.

Fen sah ihn böse an. »Ragon!«

Aber sein Gefährte sah nicht auf.

Fen fluchte in einer anderen Sprache und wandte sich ab.

Gequält seufzte Doragon, dann hob er den Blick und sah in die Runde. »Die Königin hat einen Bruder. Ich habe ihn befreit, er war ein Sklave. Sie wollte, dass ich ihn rette, also habe ich ihn gerettet und dafür gesorgt, dass er kämpfen kann. Ihm gehört meine Treue.« Er sah zu Desiderius, als wollte er damit mehr sagen, als die Worte, die aus seinem Mund gekommen waren.

»Dann wollte sie, dass er ihr Nachfolger wird?«, hakte Desiderius nach.

Eagle mischte sich ein: »Wo liegt das Problem?«

Fen lachte humorlos und wanderte hinter Ragon auf und ab. »Es gab in Zadest noch nie einen Mann, der die Stämme vereinen konnte. Noch nie! Und es wird auch nie einen geben.«

Desiderius verengte seine klugen Augen. »Ihr seid das, habe ich Recht? Ihr seid der Bruder der Königin.«

»Sie werden ihm nicht folgen«, ging Doragon dazwischen.

Desiderius zuckte mit den Schultern. »Trotzdem ist er der rechtmäßige Erbe, wenn die Königin keine Kinder hatte und es ihr letzter Wunsch war.«

Bellzazar ließ Cohen los, der diesen Umstand sehr bedauerte, und erhob das Wort. »Das ist alles nicht von Belang, denn selbst wenn die Stämme dem Ruf ihres Prinzen folgen, wären sie nicht in der Lage, das Problem selbst zu lösen. Ihre Magie reicht nicht aus. Zadest wird das Problem nicht von selbst lösen, vielleicht wird es niemals wieder ein geeintes Zadest geben, es ist nicht weiter von Belang.« Er sah Fen an und nickte.

Seltsamerweise schien das den Zadestianer zu beruhigen.

Nun, nicht jeder war dazu gemacht, seinem Schicksal entgegen zu treten.

Desiderius rieb sich die Falte zwischen den Augen. »Was also müssen wir tun?«

Endlich kam jemand zum Kern der gesamten Versammlung.

»Wir müssen Kacey zum Portal bringen, die Göttin töten oder verbannen und dann das Portal verschließen.«

»Das wird nicht so einfach«, murmelte Place.

Bellzazar legte ihm eine Hand ins Gesicht und drückte ihm die Lippen zusammen, ohne ihn auch nur angesehen zu haben.

»Wir bringen Kacey dorthin«, sagte Doragon und straffte die massigen Schultern, »wir haben geschworen, ihn zu beschützen, und sind es unserer Heimat schuldig, sie zu befreien.«

»Wie romantisch«, versetzte Bellzazar sarkastisch. Er wurde ignoriert.

Fen wirkte gequält. »Gibt es keinen anderen Weg?«

»Nein«, sagte Bellzazar entschieden und ohne jegliches Mitgefühl. Dann fuhr er in einem fort: »Das wirklich Beunruhigende dabei ist der Zustand des Jungen. Eagle hat recht, er ist kränklich. Ich glaube nicht, dass er auch nur einen Funken Magie erzeugen kann, ohne an Erschöpfung zu sterben. Die Reise zum Portal wird beschwerlich und nicht gerade zu seiner Erholung beitragen. Wir werden also alle Macht brauchen, die wir bekommen können.« Damit sah er Desiderius an, der angestrengt über der Karte grübelte und einen Moment brauchte, bis er die erwartungsvolle Stille bemerkte.

»Was?« Er sah Bellzazar an und wusste sofort, was diesem vorschwebte. Sein Gesicht wurde dunkel wie der Himmel bei einem Gewitter. »Auf gar keinen Fall!«

»Du kannst deine Kinder nicht ewig beschützen.«

»Wir werden sie nicht in Gefahr bringen!«

»Dann gehen wir alle unter«, konterte Bellzazar streng. Desiderius` Nasenflügel bebten.

»Sie besitzen große, magische Fähigkeiten«, beschwor Bellzazar ihn, »die wir brauchen werden, Desiderius! Wir brauchen jeden, der auch nur einen Hauch Magie in sich trägt, um den Jungen zu unterstützen. Denn stirbt er, bevor das Portal schließt, entsteht ein Riss.«

Das darauffolgende Anstarrduell sorgte für ein Knistern in der Luft, und es war Desiderius anzusehen, dass er Bellzazar am liebsten den Kopf abgerissen hätte.

»Du bist doch ein Gott! Unterstütze du ihn!«

»Daf wif nift reifen«, nuschelte Place.

»Was?«, bellte Desiderius.

Bellzazar verdrehte die Augen. »Das wird nicht reichen«, übersetzte er und ließ Places Gesicht los, woraufhin dieser sich die Lippen leckte.

»So nachtragend«, stöhnte er dabei.

»Du hast mich vergiftet, und bräuchten wir nicht auch deine Macht, würde ich es dir heimzahlen.«

Desiderius rieb sich die Stirn, während Wexmell neben ihm den Kopf schüttelte.

»Wir können unsere Kinder nicht mitnehmen!«, sagte er.

Bellzazar wurde nun doch mitfühlend, als er seufzte. »Ich weiß, der Gedanke ist beängstigend, aber sie sind keine Kinder mehr. Wex. Derius. Wir brauchen sie jetzt, mehr als ihr euch vorstellen könnt. In ihnen fließt die Magie dieser Welt, genau wie in Kacey und wie in mir und Korah und Levi. Diese Magie ist es, die sich gegen die fremde Magie behaupten muss.«

»Warum ist diese Göttin so viel stärker?«, seufzte Desiderius genervt.

»Das ist sie gar nicht«, warf Place ein, »nur das Portal macht sie so stark. Das – und ihre Sklaven. Je mehr sie davon hat, je mehr Lebensenergie nimmt sie in sich auf.«

»Und genau das müssen wir mit Kacey tun«, erklärte Bellzazar, »wir lassen alle unsere Magie in ihn fließen, um seine groß genug werden zu lassen, damit er das Portal bannen kann.« Er wandte das Gesicht zu Desiderius und verzog bedauernd den Mund. »Wir werden mit deinen Kindern trainieren müssen, Bruder, so viel wir können.«

Desiderius schüttelte noch immer den Kopf.

»Habe jetzt den Mut, sie einzusetzen«, sprach Bellzazar auf ihn ein, »und sehe zu, wie sie daran wachsen. Denn auch sie sind eine Waffe, du weißt das, Derius! Du spürst es!«

Und an seinem unbehaglichen Blick sah man, dass es wahr war.

»Lass sie uns einsetzen, Bruder, oder gemeinsam mit ihnen untergehen.«

Desiderius atmete schwer aus und sah sich nach Wexmell um, er streckte die Hand aus und Wexmell verschränkte seine Finger mit seinen. Sie gaben sich Kraft.

»Wir müssen erst darüber nachdenken«, sagte Desiderius dann.

Wir. Cohen hörte ganz deutlich dieses Wir, das sie zu einer Einheit machte, die alle anderen ausschloss. Da war es, dieses Wir, das ihn immer verletzt hatte. In diesem Moment lehnte er sich wieder an Bellzazar, der den Arm um ihn schlang.

Dann war es gut. Es war einfach … gut.

»Lass dir nicht zu viel Zeit«, warnte Bellzazar Desiderius, »die Armee, die uns vernichten soll, steht schon bereit.«

Kapitel 9

Unwohl beäugte er den Raum, in den sie gebracht worden waren. Alles in dieser Stadt schien weiß zu sein, von innen und von außen, überall glänzte weißer Marmor. Und alles schien auf massiven Säulen zu thronen. Die Villa selbst lag am höchsten Punkt der Stadt und ragte über allen anderen Gebäuden, umringt von grünen Gärten und Mauern.

Kacey wusste noch nicht, ob es ihm hier gefiel. Er war beeindruckt von der Schönheit der Gebäude, ihren makellosen Fassaden, und dem funkelnden Gold, das alles verzierte, aber ebenso war er eingeschüchtert von der Größe und der Helligkeit der Stadt. Von dem beengten Leben hier, den vielen Menschen, den bewaffneten Wachen.

Es war ihm wieder, als wäre er eingesperrt, obwohl ihm dieses Mal keine Fesseln angelegt wurden. Einzig und allein Ragons und Fens Anwesenheit beruhigte ihn, und er hoffte, dass sie zu ihm stießen, sobald ihre Unterredung mit den Herrschern des Westens beendet war.

Seufzend wandte er sich vom Fenster ab, das keine Scheibe bot, und kehrte dem langsam in den Abend übergehenden Tag draußen den Rücken zu. Kerzen waren bereits in seinem Gästegemach angezündet und schimmerten golden auf dem glänzenden Boden. Etwas steif setzte er sich auf die Kante einer gepolsterten Liege und ließ den Blick über den unpersönlich eingerichteten Raum schweifen. Er hatte ein Bett, eine Gruppe Sitzmöbel, Waschschale, Spiegel, Tisch und Kommode zur Verfügung, ein paar dekorative Vasen und Kelche sowie Gemälde und Jagdtrophäen hingen an den Wänden, Seide schimmerte überall in Blutrot oder Gold.

Sein Aufpasser fläzte sich gelangweilt im Bett und durchbohrte ihn mit Blicken.

Kacey wich geflissentlich seinen allzu neugierigen Augen aus.

»Ihr seid einsam«, sagte dieser dann plötzlich. Es war keine Frage, es war eine trockene Feststellung.

Stirnrunzelnd sah Kacey ihn an. »Wie kommt Ihr darauf?«

Der andere Junge grinste. Ein freches, breites Grinsen, das so unverschämt war, dass man nicht wusste, ob man sich darüber ärgern oder amüsieren sollte. Er war schön, beneidenswert schön. Nicht auf eine Art, die Kacey begehrte, aber trotzdem schön. Makellose Haut, hell wie Milch und geschliffen wie eine frisch aus dem Felsen gehauene Statue. Schwarzes Haar wie Seide und zwei große wässrige Augen, funkelnd wie azurblaue Edelsteine. Das Gesicht so fein und sanft wie das eines Mädchens, doch die Brust flach wie die eines Knaben. Aber eine Verruchtheit im Blick, über die man den Kopf schütteln musste.

»Ich kann es fühlen«, entgegnete der Frechdachs, »die Einsamkeit umhüllt euch wie dichter Nebel. Ich kann förmlich schmecken, wie sehr Ihr Euch nach einem Ende davon sehnt.«

Kacey wollte trotzig den Blick abwenden, doch dann seufzte er stattdessen. »Tun wir das nicht alle irgendwie?«, flüsterte er dann matt und starrte zur Seite. »Endlich bin ich frei und will das auch spüren.«

Das breite Grinsen verging seinem Aufpasser, er wurde ernst. »Ihr seid ihm zu jung.«

Verwundert sah Kacey ihn wieder an. »Wie bitte?« Ihm gefiel nicht, wohin das Gespräch führte.

»Doragon«, erklärte er Kacey entschuldigend, »er hält Euch für zu jung, sieht nur ein Kind in Euch, das er beschützen muss und beschützen will. Auch vor sich selbst. Deshalb hat er Euch nicht zurückgeküsst.«

Kacey zuckte zusammen. »Wo…woher wisst Ihr …?« Er brach ab und schluckte schwer mit bleichem Gesicht.

Der andere Junge legte mit einem nachsichtigen Lächeln den Kopf schief. »Ich sehe mehr, als es Euer sterblicher Verstand begreifen könnte, ohne anwesend sein zu müssen. Ich sehe, was war und was ist – und manchmal«, er senkte die Stimme unheilvoll, »auch was mal sein wird.«

Kacey blinzelte überrascht. »Ihr … Ihr hab die Gabe des Sehens

Sein Aufpasser nickte. »Wie beinahe jeder Gott.«

Fröstelnd zog Kacey die Füße auf die Liege und umschlang die Knie mit den Armen.

Mit verengten Augen durchbohrte ihn der andere Junge vom Bett aus und rutschte dann aufgeregt an die Kante. »Soll ich Euch etwas vorhersagen?«

Kacey schüttelte stumm den Kopf. »Ich bin nicht sicher, ob ich mein Schicksal kennen will.«

»Schade«, enttäuscht seufzte sein Aufpasser, »dabei wäre es etwas wirklich Gutes gewesen. Etwas, womit ihr garantiert nicht rechnet.«

Neugierig wanderten Kaceys Augen über das blutjunge Gesicht, das ihm herausfordernd entgegenblickte und wieder breit grinste. Aber er war sich wirklich nicht sicher, ob er etwas über seine Zukunft hören wollte, die Aussicht darauf, sie zu kennen, ängstigte ihn.

»Ich kann es Euch in Rätseln sagen«, schlug der andere vor und tippte sich an das spitze Kinn. Ohne auf eine Antwort zu warten, sprudelten die Worte aus ihm heraus, sobald er sie sich in seinem Kopf zurechtgelegt hatte. »Den ersten Kuss wollte Euch keiner erwidern, den zweiten wollt Ihr nicht geben. Es ist ein Spiel zunächst, für Euch nur eine Blödelei, doch dem anderen ist es ernst, er legt sein Herz auf seine Lippen, doch ihr werdet es brechen – und es gleichzeitig zähmen.«

Kacey war wie erstarrt, während die Worte auf ihn wirkten und sein Herz jede einzelne Silbe zerteilte, umdrehte und erforschte, um sich ihrer Bedeutung gewiss zu sein.

»Ihr kennt denjenigen bereits«, grinste der andere Junge spitzbübisch, »aber ihr beide habt noch keine Ahnung, dass Eure Leben verknüpft sind.«

Nun überschlugen sich Kaceys Gedanken. So viele Personen kannte er schließlich nicht, es musste jemand sein, den er bereits getroffen hatte. Jemand, der jetzt im Audienzsaal war…?

Er schüttelte den Kopf und wollte die Grübeleien verscheuchen. Was kümmerte ihn ein Kuss in der Zukunft, wenn er gerade fürchtete, dass er keine mehr hatte. Zumindest keine allzu lange.

Wo sollte er hin, wenn sein Vater ihn nicht wollte? Und er machte sich keine zu großen Hoffnungen, sein Vater – der Kaiser – hatte nicht gerade großes Interesse an ihm gezeigt. Ganz im Gegenteil, Kaceys Anwesenheit war ihm sichtlich unangenehm gewesen und sie hatten sich beide nur argwöhnische Blicke zugeworfen.

Tief durchatmend legte er die Stirn auf seine Knie und versuchte, ruhig zu bleiben.

Wenn doch nur endlich Fen und Ragon kommen würden, dann ginge es ihm gleich viel besser.

Sein Aufpasser seufzte leise, sein weißes, knappes Gewand raschelte leise, als er vom Bett aufstand. »Ihr lasst Euch nicht gern von Euren Sorgen ablenken, richtig?« Er setzte sich leise neben Kacey und betrachtete ihn plötzlich seltsam mitfühlend. »Wegen Eures Vaters, oder?«

Kacey nickte und nagte dabei an seiner vollen Unterlippe. »Ich glaube, er mag mich nicht sonderlich.«

Nachdenklich und nun auch eine Spur wehmütig sah der andere Junge ins Leere. »Das hilft Euch vielleicht nicht, aber ich glaube, mein Onkel mag mich auch nicht.«

Neugierig runzelte Kacey seine Stirn. »Wer ist Euer Onkel?«

»Der große Dunkelhaarige«, grinste der andere.

Kacey hob ratlos die schmalen Schultern. »Ich habe heute viele, große Dunkelhaarige gesehen…«

Leise lachend erklärte er Kacey: »Der König von Nohva, Desiderius M´Shier. Er ist … mehr oder weniger mein Onkel. Sein Bruder, Bellzazar – mit den schwarzen Augen – das ist der Mann, der mich erschuf. Mein Vater.«

»Und Ihr seid …?«

»Korah.«

Kacey lächelte. »Es freut mich, Euch kennen zu lernen, Korah – Bellzazars Sohn.«

Korahs Blick schimmerte stolz.

»Aber warum glaubst du, dein Onkel würde dich nicht mögen?«, hakte Kacey verwundert nach.

Seufzend wandte Korah den Blick ab. »Weil er sich gar nicht für mich interessiert hat, als Bellzazar mich vorstellte.«

»Oben auf dem Berg hatten sie wohl anderes im Kopf«, warf Kacey beruhigend ein, »es war vielleicht einfach eine Neuigkeit zu viel und hatte nichts mit dir persönlich zu tun.«

Darüber dachte Korah einen Moment nach, dann seufzte er und nickte zustimmend. »Ja, mag sein«, lächelte er entspannt. Er sah Kacey an. »So geht es sicher auch Eurem Vater. Er muss das erst einmal verdauen. Morgen wird die Welt vielleicht schon anders aussehen.«

Kacey glaubte nicht daran, doch er nickte nachdenklich und legte wieder das Kinn auf die Knie. »Ja, vielleicht.«

»He«, Korah stieß ihm einen spitzen Ellenbogen in die Rippen, »wollen wir uns die Zeit vertreiben?« Er zog ein Kartenspiel unter der Toga hervor, von dem Kacey nicht wusste, wo genau er es die ganze Zeit versteckt gehalten hatte. »Luzianisches Risiko?«

Kacey sah ihn ratlos an.

»Kommt«, grinste Korah und setzte sich vor ihn auf den Boden, auffordernd klopfte er mit der Hand vor sich, damit Kacey zu ihm kam, »ich zeige Euch, wie es geht.«

*~*~*~*

»Sie wollten lauschen«, sagte Wexmell mit einem amüsierten Grinsen, als er zurückkam und sich neben Desiderius an den Tisch lehnte.

Das war klar gewesen, dachte Desiderius bei sich und schüttelte über seine Kinder den Kopf.

Bellzazar stand mit verschränkten Armen vor ihm. »Viel können sie nicht gehört haben, ich habe einen Zauber über den Saal gelegt, sie haben jetzt sicher Ohrenrauschen.«

Wexmell nickte. »Haben sie.« Dann wandte er das hübsche Gesicht zu Desiderius um. »Ich habe den Orden gebeten, sie auf unserem Zimmer zusammenzupferchen. Sie weigerten sich, zu gehen, da musste ich ihnen versprechen, dass sie dich auf jeden Fall noch sehen dürfen.«

Wärme durchflutete Desiderius` Herz und ließ es vor Liebe anschwellen. Er nahm Wexmells Hand, drückte sie und lächelte ihn an.

Dann herrschte wieder beklommenes Schweigen, wie es auch geherrscht hatte, als Wexmell für eine Weile den Raum verlassen hatte, um nach den Kindern zu sehen, die nach Desiderius` Geschmack viel zu lange »still« gewesen waren. Wenn er lange kein Gezanke hörte, heckten sie etwas aus oder hatten bereits etwas angestellt. Wurde es zu still um sie, musste man nachsehen gehen.

Bis auf Desiderius, Wexmell, Bellzazar und Cohen – die ihnen gegenüberstanden – war der Raum leer. Eagle hatte sich zurückgezogen, er würde seine Kaiserin und seine Kinder über seinen Bastard ins Bild setzen, ebenso wie über die drohende Gefahr, dass die Stadt angegriffen werden könnte. Ragon und Fen wurden zu ihren Gemächern gebracht, während Place in eine Zelle gesteckt wurde und Levi ihn persönlich überwachte. Blieben nur noch sie. Sie vier. Und obwohl sie einst so vieles geteilt hatten, spürten sie alle deutlich diese tiefe Kluft zwischen ihnen, die es erschwerte, einen Anfang zu finden.

Desiderius verzehrte sich danach, die Hand nach Cohen auszustrecken und ihn an seine Brust zu ziehen, ihn einfach ganz festzuhalten und so lange zu spüren, bis er wirklich glauben konnte, dass er noch lebte.

Aber er bekam das Gefühl nicht los, dass Cohen das nicht wollte. Oder es ihm zumindest aus irgendeinem Grund unangenehm sein könnte, selbst wenn er diese Nähe gewollt hätte.

»Mir schwirrt der Kopf«, murrte Desiderius schließlich, um das Schweigen zu brechen. Er rieb sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Stirn.

Wexmell seufzte. »Uns allen. Das ist alles nicht leicht zu glauben.« Er sah besonders Cohen an.

Wenn er wüsste… Desiderius würde ihn bald über Doragon ins Bild setzen müssen. Allerdings wollte er dafür einen freien Kopf und etwas mehr Zeit mit ihm allein. Das ging nur sie etwas an.

»Warum nennt man sie eigentlich immer noch Stämme?«, fragte Cohen plötzlich nachdenklich und offensichtlich nur, um irgendetwas zu sagen, damit kein neues Schweigen aufkam. »Seit sie eine Königin haben, meine ich.«

»Es ist einfacher«, erklärte Wexmell schulterzuckend. »Wie würdest du sie denn nennen? Es sind immer noch Stämme geblieben. Die Königin ist mehr ein Symbol gewesen, weniger eine Herrscherin. Sie stand an der Spitze, gewiss, um alle Stämme zu vereinen, aber innerhalb der Stämme gibt es noch einmal eigene Anführerinnen. Im Grunde hat sich durch die Ernennung einer Königin nichts geändert, nur dass sie ein Sprachrohr wählten, das sie alle respektierten und ihre Interessen mit anderen Ländern und in Zeiten des Krieges vertrat.«

»Wexmell Airynn, meine Lords und Ladys, das sprechende Geschichtsbuch«, spöttelte Zazar.

Desiderius sah ihn genervt an, aber Wexmell schenkte ihm ein amüsiertes Lächeln.

Wieder diese unangenehme Stille, selbst der sanfte Wind von draußen klang überlaut in ihrem anhaltenden Schweigen. Cohen trat nervös von einem auf den anderen Fuß und sah immer wieder zu Bellzazar auf.

Wie sie sich ansahen, so vertraut, so … als verschwiegen sie was vor ihnen. Das gefiel Desiderius ganz und gar nicht. Am liebsten hätte er Cohen grob an sich gerissen und sich gebieterisch vor Bellzazar aufgebaut. Aber ebenso gut hätte er sich die Hörner wetzen und wie ein Tier mit dem Huf schaben können, also hielt er sich mühsam zurück. Er wollte sich immerhin nicht noch dämlicher verhalten.

»Warum …« Er brach ab, räusperte sich. »Warum …verflucht noch mal, hast du mir nichts gesagt?«

Verwundert sah Wexmell Desiderius von der Seite an, hielt sich aber raus. Bellzazar wusste ganz genau, wovon Desiderius sprach, und musste nicht erst nachfragen, schuldbewusst senkte er die Augen.

»Weil er es nicht wusste«, fiel Cohen dazwischen, bevor er sich verteidigen konnte.

Desiderius sah ihn ärgerlich an. »Er wusste es nicht, ja? Sprichst du jetzt für ihn?«

Cohen presste ärgerlich die Lippen aufeinander.

»Tut er nicht«, murrte Bellzazar und sah Cohen an. »Du sprichst nicht für mich!«

»Also wusstest du es?«, hakte Desiderius nach.

»Wovon sprecht ihr?«, wollte Wexmell wissen.

Das war Cohens Stichwort, er sah Desiderius mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Ja, Desiderius, wovon sprechen wir?«

Verdammt, was war nur los mit ihm? Warum war er so reizbar? Ob Eagle mit seiner Vermutung richtig lag? Ob sein seltsames Verhalten etwas damit zu tun hatte, dass er nun ein Dämon war und Bellzazar unweigerlich sein Fürst?

Der Gedanke gefiel ihm nicht, denn dann wären Mächte am Werk, gegen die er nicht ankäme.

»Was soll das?«, fragte er dünn und sah von Cohen zu Bellzazar, angewidert zog sich seine Lippe nach oben. »Was ist das, was da zwischen euch passiert? Woher kommt nur diese plötzliche Einheit, ihr habt Euch mal nur soweit getraut, wie ihr euch sehen könnt.«

»Ich habe nicht gesagt, ich würde ihm blind vertrauen«, warf Cohen ein, »aber …« Er brach ab, schloss das Auge und fluchte, während er nach Erklärungen suchte. »Ich weiß nicht, warum, vielleicht war es die Zeit, die wir miteinander verbracht haben, die Seiten, die ich an ihm entdeckt habe. Aber ich sehe ihn jetzt anders… So, wie er wirklich ist. Trotz aller Fehlentscheidungen hat er dich immer geliebt. Uns alle, irgendwie. Und auch jetzt ist er nur hier, weil er uns helfen will. Euch, um genau zu sein.« Er zuckte ratlos mit den Achseln. »Ich finde einfach, er hat etwas Besseres verdient, denn er würde sich für jeden von uns opfern. Er ist ebenso für dich gestorben wie ich, Desiderius, und wir würden es beide wieder tun. Das verbindet uns.«

Bellzazar verdrehte die Augen und seufzte: »Ich hab mit ihm geschlafen, das ist passiert.«

Zack. Einfach so. Wie ein Hieb von hinten in den Rücken, der direkt ins Herz trifft. Für einen Moment waren die Worte sinnlos, Desiderius` Verstand musste sich erst darüber bewusstwerden, was sie bedeuteten, aber die Zeit war eingefroren, während Bellzazars Offenbarung in seinem Kopf nachhallte wie ein unheilvolldrohendes Echo in den Bergen.

Cohen fuhr entsetzt zu Bellzazar herum und öffnete den Mund, aber er war zu sprachlos, um etwas hervorzubringen.

»Was?«, fragte Bellzazar und zuckte mit den Schultern. »Warum müsst ihr immer so rumsülzen? So ist es doch. Wir haben beieinander gelegen, deshalb ist da irgendwie, irgendwas zwischen uns. Kein seltsam magisches Ereignis verbindet uns, außer die Tatsache, dass unsere Körper ineinandersteckten und es sich gut angefühlt hat. Ist wie bei Hunden, wir konnten uns eben einfach riechen, und als Cohen ein Geist war, hat uns der Hurenbock hier nicht mehr im Weg gestanden, also…«

»Ich bring dich um!« Desiderius warf sich auf seinen Bruder, noch eher er sich selbst so richtig bewusstwerden konnte, dass seine Wut überkochte.

Er rammte ihn mit der Schulter und trug ihn quer durch den glänzenden Saal, bis er das Gleichgewicht verlor und sie ineinander verkeilt zu Boden gingen. Blind schlug er zu und traf Bellzazar mitten im Gesicht, sodass Blut spritzte. Seine Faust pochte und bevor er den zweiten Treffer landen konnte, schlug die Faust seines Bruders mit einem dumpfen Laut in seine rechte Niere ein.

Der Schmerz ließ ihn keuchen.

Sie rangelten, stöhnten und schlugen nacheinander, knurrten und verbissen sich wie räudige Straßenköter, geblendet von einer übermächtigen, eifersüchtigen Wut. Bellzazar gab Desiderius eine zerschmetternde Kopfnuss, woraufhin dieser einen Moment nur noch schwarzsah, und rollte sich auf ihn.

»Hör auf!«, brüllte Bellzazar ihn an und packte ihn an seinem Hemd, um ihn ruhig zu halten.

Desiderius dachte gar nicht daran, er wollte ihn in Fetzen reißen, ihm an die Kehle springen und sie aufreißen. Ein blutroter Schleier lag vor seinen Augen und sein Zorn verlieh ihm ungeahnte Kräfte. Zum Glück konnte er sich nicht mehr verwandeln, sonst wäre Bellzazar längst in ernsthafter Gefahr. Mit einem lauten Brüllen, das von den Wänden widerhallte, packte Desiderius seinen Bruder an der Gurgel, warf ihn herum und drückte ihn würgend auf den Boden. Bellzazar lief schnell rot an und seine Zunge quoll hervor, während er nach Atem rang…

Dann wurde Desiderius von einer Wucht erfasst, die ihn von seinem Bruder runterwarf und auf den Rücken katapultierte. Er kam mit dem Hinterkopf auf, der Schmerz half ihm, wieder zu sich zu kommen.

Etwas Schweres, Dunkles warf sich auf ihn, krallte sich in seine Brust und knurrte tief und dunkel zu ihm herab. »Du krümmst ihm kein Haar!«

Desiderius rieb sich den Kopf und blinzelte verwundert, bis er das Gesicht über seinem deutlich erkennen konnte. »Wie kannst du nur?«, hörte er sich verachtend flüstern. »Nach allem, was er dir angetan hat, Cohen! Nachdem er dich reingelegt und vergewaltigt hat, nachdem er deinen Vater getötet…«

Cohen presste wütend hervor: »Du hättest meinen Vater ebenso getötet, wenn es die Umstände zugelassen hätten! Und er hat mich nicht vergewaltigt, er hat … lediglich eine Schwäche ausgenutzt, die du hervorgerufen hast!«

Desiderius spürte, wie ihm das Herz vor Schuld krampfte. »Cohen…«, flehte er.

Aber Cohen blieb hart, er schüttelte den Kopf, als er langsam von ihm runter stieg und sich wieder erhob. »Weißt du, warum ich hier bin? Weil ich dich nicht loslassen konnte!«

Stöhnend stützte Desiderius sich auf einen Ellenbogen und sah reuevoll zu Cohen auf.

»Ich bin aus der Nachwelt gefallen und konnte nicht zurück, weil meine tiefe Liebe zu dir mich hier festhielt. Ich konnte dich nicht loslassen«, erklärte Cohen grimmig. Dann seufzte er versöhnlicher: »Ich mache dir keinen Vorwurf, es ist ja nicht deine Schuld, dass ich dich liebe.«

Sie hörten Bellzazar fluchen, der Wexmell von sich schubste, nachdem dieser ihm aufgeholfen hatte.

Cohen verzog gequält das Gesicht. »Aber verstehst du denn nicht? Meine Liebe zu dir hat mich beinahe alles gekostet, sogar meine unsterbliche Seele. Bell hat mich gerettet, Desiderius.« Mit Tränen im Auge öffnete er Umhang und Hemd, beides so schwarz wie Bellzazars Kleidung, und entblößte eine lange Narbe auf seiner Brust. »Er hat sich das Herz für mich rausgeschnitten! Für mich! Ohne zu wissen, was es ihn kostet, er hat es einfach getan. Er wäre für mich gestorben.«

Desiderius hielt bedeutungsvoll dagegen: »Das wäre ich auch, Cohen, ich wäre immer für dich gestorben.«

Aber Cohen ließ die Schultern hängen. »Ich weiß, ich weiß, das wärst du. Aber …«, Cohen sah zu Wex, der mitfühlend die Lippen schürzte, während er sie beobachtete.

»Hör zu«, bat Cohen dann ernst und blickte Desiderius tief in die Augen, »ich weiß, dein Bruder ist ein Scheißkerl, aber du hast ihn trotzdem immer geliebt und verteidigt. Hast du das ohne Grund getan? Ich glaube nicht. Und ich glaube, dass ich endlich sehe, was du immer gesehen hast. Den Teil von ihm, der einfach … menschlich ist. Ich bin einfach dankbar für das, was er für mich getan hat. Und ich brauche nicht deine Erlaubnis, um ihm auf meine Weise zu vergeben.«

Desiderius schnaubte wütend. »Auf deine Weise? Indem du ihm die Kronjuwelen polierst, meinst du.«

Aber Cohen ging gar nicht darauf ein, er schüttelte verdrossen den Kopf, reichte Desiderius aber die Hand, um ihm aufzuhelfen. »Wir haben andere Sorgen, als das, was ich in privateren Räumen irgendwem polieren will.«

Belustigt sah Desiderius zu ihm auf, schlug dann ein und ließ sich auf die Beine ziehen.

Cohen sah ihm in die Augen und flüsterte bedeutungsvoll: »Manchmal braucht man etwas, woran man sich festhalten kann, um zu überleben, Desiderius, verurteil mich nicht dafür, Wexmell verurteilte dich schließlich auch nicht als wir uns brauchten.«

Desiderius presste die Lippen aufeinander und musste sich sehr zusammenreißen, keine wütende Schimpftirade loszulassen. Aber Cohens flehender Welpenblick ließ ihn seine Eifersucht zügeln.

»Ich will davon nichts mitbekommen«, murrte er jedoch und entzog Cohen seine Hand, »sollte es je wieder dazu kommen, will ich es nicht wissen.«

Cohen verzog missmutig die Lippen. »Ich glaube, ich kann diskreter sein als du, keine Sorge, meine Bettgeschichten gehen dich nichts an.«

Autsch, das tat … unangenehm weh. Plötzlich war es, als könnte er nicht mehr atmen.

Er hatte doch gewusst, dass etwas anders zwischen ihnen war. Trotz der Liebe, die sie beide unweigerlich noch immer für einander empfanden, konnte nichts so sein wie vor Cohens Tod. Es gab keinen Weg zurück, den gab es im Leben nie.

Und ja, es machte ihn traurig und wütend zugleich.

Cohen und Bellzazar? Verdammt, nein, er wollte sich lieber in Brand stecken, als auch nur einen Herzschlag lang darüber nachzudenken, die beiden könnten sich die Zeit miteinander vertreiben.

Sein Bruder und sein einstiger Geliebter … das war… ein Tiefschlag, buchstäblich, es zog ihm die Weichteile zusammen, als wollte man sie ihm abschneiden.

Bellzazar wischte sich das Blut mit dem Unterarm von der Lippe, würdigte sie aber keines Blickes. Man musste nicht besonders aufmerksam sein, um ihm ansehen zu können, dass er vor innerer Wut geradezu zitterte. »Ich lass euch allein«, murmelte er dann und torkelte aus dem Raum, wobei sein unsicherer Schritt nichts mit den bereits verheilten Schlägen zu tun haben schien.

Cohen sah ihm nach, die Stirn sorgenvoll gerunzelt. Dann fuhr er wieder herum, blickte ratlos zwischen Wexmell und Desiderius hin und her, und hob schließlich entschuldigend die Schultern.

»Ich … sehe nach ihm.«

Er wandte sich ab, Desiderius wollte ihm nacheilen, aber Wexmell hielt ihn am Arm zurück.

»Verdammt!« Er rieb sich die schmerzende Niere, nachdem Cohen gegangen war. »Und wenn Eagle Recht hat? Wenn Cohen nur denkt, dass er Zazar dankbar sein muss?«

Wexmell machte ein eindeutig verneinendes Geräusch.

Desiderius drehte sich verwundert zu ihm um.

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