Kitabı oku: «Post für Dich aus Amora!», sayfa 3
Amora, den 24.11.2010
Geliebte Nora,
»waahouw« – was für ein Empfang, dabei war ich doch nur für einen Tag in Stuttgart! Erst die herzliche Begrüßung samt inniger Umarmung an der Haustür und anschließend dieses köstliche Abendessen auf italienische Art: Minestrone, Tagliatelle al salmone und zum Dessert Tiramisu.
»Mille grazie, Liebling, ich bin dir echt dankbar!«
Gemüsesuppe, Lachsnudeln und kalorienfreundlicher Nachtisch waren allererste Sahne. Kompliment an den Pizza-Service! Sollten wir den nicht auch an Weihnachten einschalten?
Aber damit nicht genug – »getoppt« wurde dieser muntere Mix gelungener Überraschungen noch durch einen wahren Augenschmaus, nämlich deinen bezaubernden Brief, den ich gerade mit optischem Heißhunger verschlungen habe!
Visuelle Übelkeit hingegen verursachte mir während meiner Geschäftsreise der Stuttgarter Hauptbahnhof – der sieht vielleicht runtergekommen aus. Ich fürchte, wenn kein Wunder geschieht, wird er wohl bald ganz unter der Erde liegen.
Bereits jetzt schon »unterirdisch« war in der Schwabenmetropole allerdings das Mittagessen, zu dem mich meine Auftraggeber eingeladen hatten: Man hätte die »Maultaschen in der Brühe« besser umbenennen sollen in »klumpig-kleines Inselpaar im großen Salzsee«! Zurück in die Küche damit! Selbst meine Stuttgarter Geschäftspartner machten mit diesem Teller-Gericht kurzen Prozess und verweigerten die Nahrungsaufnahme.
Dafür nahmen die Herren mit großer Zustimmung die von unserer Agentur erstellte Imagebroschüre über ihr Unternehmen auf – und das mit leerem Magen!
Ebenfalls mit leerem Magen, zugleich aber vollauf zufrieden, trat ich per Bahn die Heimreise an und freute mich schon auf ein paar »Wienerle« im Bordbistro.
Wie ein Schlag in den hohlen Bauch und ohne jede Vorwarnung traf mich daher die abrupte LautsprecherDurchsage, dass sich in diesem Zug heute ausnahmsweise kein Bistro befindet.
Jetzt weißt du auch, warum ich mich eben mit solchem Heißhunger aufs italienische Abendmahl gestürzt habe!
Und dann, quasi als Sahnehäubchen, noch dieser süße Brief, der sogar das gehaltvolle Tiramisu um Längen übertrifft!
Apropos Tiramisu – habe ich dir eigentlich schon erzählt, dass dies auch ein Lieblingsdessert von Tante Hella ist? Schon allein beim Anblick solch einer Süßspeise ist sie wie von Sinnen und vergisst völlig ihren Cholesterinspiegel!
Die gute Tante Hella »us Kölle« – ohne sie und ihren kölschen Humor wäre das Verhältnis zu meinen Eltern wohl endgültig in die Brüche gegangen. »Jeder Jeck es anders«, lautete das Motto, mit dem sie erste Schlichtungsversuche zwischen ihnen und mir unternahm.
Hinzu kam der segensreiche Vorschlag, sie sollten doch eine Wallfahrt unternehmen, um für mein Lebensglück zu beten, aber vor allem auch um die Einsicht, mich endlich loszulassen und den Weg, den ich beruflich und privat einschlagen wollte, ohne Wenn und Aber zu akzeptieren.
Und so fuhren meine Eltern tatsächlich los: nach Lourdes!
Die Reise war von der Pfarrgemeinde aus organisiert worden und fand genau zu dem Zeitpunkt statt, als wir beide uns nach Marienfelde aufmachten, um zu heiraten!
Nun begann also endlich unser Hochzeits-Abenteuer, mit dem Titel: »Trausache dünner Mönch«!
Pater Anselm war in der Tat sehr hager und obendrein über zwei Meter lang. Ich glaube, der konnte bei klarer Sicht von Marienfelde aus die Zugspitze sehen!
Ich weiß noch, wie sehr er sich freute, als wir ihn einige Wochen zuvor besucht hatten, um ihn zu fragen, ob er uns trauen wolle. »Wenn ihr euch traut, dann trau ich euch!«, hat er in seiner humorvollen Art geantwortet.
Mein Gott, was war ich vor der Trauung nervös! Während du dich in dein hinreißendes Brautkleid zwängtest und gedankenverloren: »Ganz in Weiß mit einem Blumenstrauß« summtest, bin ich fluchtartig aus dem Zimmer gestürmt, durch endlos lange Gänge geschwirrt und zielsicher an der Hotelbar gelandet, um meinen Bienenschwarm von Gedanken halbwegs im Korb, ich meine im Zaum zu halten!
Und weil ich an meinem Hochzeitstag nicht geizig sein wollte, habe ich rasch zwei doppelte »Scotch« runtergekippt, einen für mich und stellvertretend einen für dich. Nun hatte ich Ruhe im Kopf und Swing in den Hüften. Leicht, locker und beschwingt – nein, nicht beschwipst! – habe ich dich zum Trau-Altar in die romantische Klosterkapelle geleitet, wo Pater Anselm uns bereits mit strahlendem Lächeln erwartete. Selbst die Sonne strahlte an diesem Tag und blinzelte uns durch die schmalen Kirchenfenster zu – besonders mich schien sie zu mögen!
Was die Trauzeremonie selbst anbelangt, so verlief eigentlich alles wie erwartet – chaotisch eben!
Warum musste die »liebe Sonne« mich auch so penetrant und unliebsam angrienen? Dauernd kam mir das »Amora«-Gedicht in den Sinn, und so habe ich unsinnigerweise mehrmals hintereinander beim Trauspruch »Aurora« statt Nora geflüstert. Armer Pater Anselm! »Mea culpa, mea culpa …«!
Meine whiskygeschwängerten Gedanken hatten sich während des Trau-Ritus ebenso verselbstständigt, wie, einige Minuten später, der Ehering, den du mir hättest anstecken sollen und der sich nun ein schattiges Plätzchen in der hintersten Reihe suchte. Nur gut, dass wir in einer Kapelle und nicht in einem kilometerlangen Dom heirateten!
Mühsam fing unsere Trauzeugin, gelobt seist du Maria, den kleinen Ausreißer wieder ein, so dass wir dann alle nach dem abschließenden Segen, je nach Gefühlslage, entweder froh und erleichtert oder ergriffenschluchzend »Oh happy day« anstimmen konnten.
»Oh happy night« habe ich dann den ganzen nächsten Tag gesungen, so überwältigt, so glückselig und freudetrunken war ich immer noch von unserer wundervollen Hochzeitsnacht – da gibt es einfach keine Worte für!
Nur gut, dass die Hotel-Suite schalldichte Fenster und Türen aufwies, die Matratze der Dauerbelastung standhielt und die Getränkebar, dem Anlass entsprechend, vorsichtshalber auch »Herztropfen« im reichlichen Angebot hatte!
Aber auch Schwester Maria hüpfte vor Freude das Herz, als wir ihr die Sonderspende für die Klosterküche, kurz vor unserer Abreise nach Hause, mit einem herzlichen »Vergelt’s Gott« überreichten.
Von München aus – wir hatten gerade noch Zeit, unsere Hochzeits- gegen die Urlaubsklamotten einzutauschen – starteten wir dann noch am selben Tage Richtung Paris, wo bereits die nächsten »happy days« auf uns warten sollten.
Tage voller Unbeschwertheit, voller Liebe und Amüsements!
Weniger »amused«, pardon: amüsiert, war ich allerdings an dem Tag, als ich am Kassenhäuschen unterm Eiffelturm meine Geldbörse öffnete und wie ein Buddha ins Leere blickte.
Statt nun auf das Wahrzeichen der Stadt raufzufahren, mussten wir, das konnte doch wohl nicht wahr sein, runter in die überfüllte Métro und zum Hotel zurück, um unsere Finanzen wieder aufzubessern!
Zugegeben: Die verführerischen Auslagen im Konsumtempel Lafayette können einem schwachen Weibe wie dir, Liebling, schon mal die Scheine aus der Tasche locken.
Und wenn es sich dann auch noch um ein Hochzeitsgeschenk für den frisch angetrauten Gatten handelt, welches letztendlich für die Ebbe im Portemonnaie verantwortlich war, ja dann kann man die Ehefrau wirklich nur noch um Vergebung für das eigene Unverständnis bitten: »Pardon Chérie, tut mir leid!«
Mit deinem Hochzeitspräsent um den Hals, eine sogar heute noch für Furore sorgende schwarze Seidenkrawatte mit silbernem Eiffelturmmotiv, bin ich dann an deiner Seite ins »Moulin Rouge« stolziert. Der uns angebotene Tisch war zwar nicht der totale »Brüller« – ich saß fast mit dem Rücken zur Bühne –, aber fürs Brüllen warst du ja zuständig!
Die Sache mit der Maus war jedenfalls absolut bühnenreif und für uns in jeder Hinsicht ein überwältigender Erfolg.
Seltsamerweise hatte dieses ominöse Nagetier niemand sonst zu Gesicht bekommen außer dir.
Dennoch waren die Kellner und ihr Oberboss außer sich und versuchten alles, um die »Viecherei« nicht vollends publik werden zu lassen.
Man geleitete uns beide an einen der schönsten Tische des Hauses und bat uns eindringlich, Stillschweigen über den Zwischenfall zu bewahren. »Aber ja doch, machen wir!«
Wir verhielten uns nun mucksmäuschenstill, genossen die uns entgegengebrachte Vorzugsbehandlung in Form diverser Gratisleistungen und erlebten einen unvergesslichen Abend mit einer fantastischen Bühnenshow – Maus sei Dank!
Wenn wir das nächste Mal nach Paris fahren, Liebling, dann bringst du die Maus-Nummer im »Lido«, abgemacht?
Wieder daheim in München, mussten wir zunächst die recht überschaubare Glückwunsch-Post sichten, angefangen bei deinen und meinen Eltern, über Tante Hella bis hin zu den Kolleginnen und Kollegen meiner Agentur und deiner Immobilienfirma.
Ausgerechnet diese letztgenannte Glückwunschkarte überraschte uns mit einer geradezu sensationellen Neuigkeit:
Deine Chefin machte uns das Angebot, ab kommendem Monat eine geräumige Penthouse-Wohnung in Schwabing zu beziehen!
Logischerweise haben wir uns gleich am nächsten Tag die »Hütte« angeschaut und, aufgrund der idealen Raumaufteilung sowie der Top-Lage, begeistert zugegriffen.
Allerdings hat uns die Höhe der Miete weniger begeistert, aber nach Rücksprache mit Tante Hella, deren verstorbener Mann, mein Onkel Heinz, ihr ein beträchtliches Vermögen hinterlassen hatte, wurde auch dieses Problem gelöst.
Wir waren zwar nicht auf den Eiffelturm gekommen, doch dafür thronten wir jetzt über den Dächern von München, in unserem endgültigen »Amora«!
Welch ein Aufstieg – Nora und Nick Marchant waren am Ziel ihrer Träume angekommen!
Sagen wir lieber fast angekommen, denn wie ihre berühmten Vorbilder Nora und Nick Charles wollten sie sich nun einen letzten Traum erfüllen – den Traum von einer eigenen Familie. Aber bitte ohne Hund, wegen meiner Allergie!
Du bist dran, Frau Marchant!
Bussi,
dein Nick
Amora, den 26.11.2010
Hallo Nick, mein Süßer,
ich hatte einen furchtbaren Vormittag. Meine neuen Kunden, ein junges Schickimicki-Ehepaar, haben mich schier in den Wahnsinn getrieben. Sie, eine aufgebrezelte Tussi ohne Verstand, und er ein eingebildeter, besserwisserischer Schnösel mit zentimeterdicker Pomade im Haar. Diese zwei Hübschen suchen nun die schnuckelige kleine Villa mit jedem erdenklichen luxuriösen Schnickschnack, am besten mitten in der Stadt, aber doch im Grünen, zum Schnäppchenpreis wie im Billig-Discounter. Ich musste die Zähne zusammenbeißen, schön höflich bleiben und lächeln und darf nun quasi alle leerstehenden Häuser in München und Umgebung abklappern. Meine Chefin hat Angst, ein paar potenzielle Kunden zu verlieren, und die hübsche Provision, die ich schon für einen neuen Wintermantel eingeplant habe, wäre auch weg.
Ich brauch jetzt erst mal eine schöne Tasse Kaffee und was zum Naschen dazu. Selbstverständlich habe ich dabei an dich gedacht, mein Süßer, aber du hast schon dein »Nick in wichtiger Mission, bitte nicht stören!« – Schild an die Arbeitszimmertür gehängt. Wahrscheinlich solltest du gestern schon einen Text abgeben für ein Produkt, das heute erst erfunden wurde.
Weißt du noch, als Lukas und Leonie klein waren, da hast du die Tür immer mit bunten Punkten gekennzeichnet. Rot stand für »Achtung, bei Eintritt Lebensgefahr, Papa darf auf gar keinen Fall gestört werden, sonst gibt’s im nächsten Monat nur Brotsuppe zum Essen«. Grün hieß soviel wie »Papa relaxt gerade auf seinem kleinen Sofa und freut sich über jeden familiären Besuch«.
Auf jeden Fall darf und will ich nun deinen gedanklichen Erguss nicht unterbrechen und habe somit genug Zeit, dir auf deine Hauspost zu antworten. Heute Abend machen wir es uns aber richtig schön. Ich hab schon einen Tisch in unserem Lieblingsrestaurant reserviert. Nach deinem schrecklichen Lokal-Erlebnis in Stuttgart wird es dir dort doppelt gut schmecken. Anschließend können wir noch in die Cocktailbar gehen und hinterher … – na mal sehen, wie du drauf bist!
Wir hatten wirklich riesiges Glück und zwei gute Engel zur Seite, nämlich meine Chefin, mittlerweile Seniorchefin, und deine Tante, dass wir diese phantastische Wohnung, unser zweites »Amora«, mieten konnten.
Mit den Tücken des Alltags bzw. des Haushalts hatten wir allerdings allein zu kämpfen. Nach einigen Wochen hatten deine weißen Hemden alle einen gewissen Rotoder Blauschimmer angenommen. Meine T-Shirts waren zum Teil auf Kindergröße geschrumpft, und die meisten Sockenpaare sind zum Einzelgänger geworden.
Unsere ersten Kochversuche kosteten uns etliche Flaschen Kräuterlikör und Magentropfen. Meine Spaghetti bolognese liegen uns gedanklich heute noch schwer im Magen. Die Nudeln waren matschig und geschmacklos, die Hackfleischsoße dagegen extra scharf gewürzt. Nachdem wir mühsam ein paar Gabeln voll hinuntergewürgt hatten, haben wir eine ganze Kiste Mineralwasser geleert. Am darauffolgenden Abend wolltest du mich mit Steak und Salat überraschen. Leider hatte ich mich etwas verspätet und so konnten wir das Fleisch am nächsten Tag als Frisbeescheibe verwenden. Der Salat war auch nicht mehr zu retten, er ist in deiner sauren Essig-Öl-Marinade förmlich ertrunken. Daraufhin haben wir uns verschiedene Kochbücher zugelegt, und zudem konnte ich meiner Mutter ein paar Küchentipps entlocken, immerhin ist sie gelernte Köchin. Inzwischen sind wir so fit, dass wir locker bei einer der zahlreichen Kochshows im Fernsehen, die neuerdings wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, mitwirken könnten. Jeden Tag läuft auf jedem Programm so ein »Herd-Highlight« mit echten oder selbsternannten Starköchen. In einer klinisch sauberen Studioküche, mit strahlend weißen Kitteln und Schürzen bekleidet, bereiten sie exotische Menüs mit unaussprechlichen Namen zu und verwenden dabei Zutaten, die höchstens der teuerste Delikatesswarenladen führt. Da sind mir meine Tagliatelle mit Lachs – von wegen Pizza-Service, nur das Tiramisu war gekauft! – doch wesentlich lieber.
An den Wochenenden dagegen blieb die Küche daheim kalt. Unser Lieblings-Italiener hat uns dann regelmäßig mit kulinarischen Köstlichkeiten, z.B. Thunfischsalat als Vorspeise und Tiramisu als Nachtisch, verwöhnt. Schade, dass Alfonso vor drei Jahren seine Trattoria zugemacht hat, nachdem seine Frau bei Nacht und Nebel mit einem Jüngeren abgedampft ist.
Nach einem genussvollen Mahl stürzten wir uns dann ins Nachtleben. Damals kannten wir jede Bar und Musikkneipe in und um München. Wir waren überall bekannt wie die bunten Hunde und kamen oft erst zum Frühstück nach Hause.
Mit der Zeit hat das wilde Leben seinen Reiz verloren. Wir hatten langsam den Wunsch, aus unserer intimen Zweisamkeit eine kleine Familie zu machen. Haustiere waren dabei von Anfang an wegen deiner Allergie, aber auch mangels »Tiersitter« in der Urlaubszeit, kein Thema.
Kurz und gut, nach ein paar Monaten war ich schwanger und unsere Freude darüber riesig. Liebenswerterweise, vielleicht auch aus Neugier, hast du mich zum Arzt begleitet. Während des Ultraschalls hat er dann plötzlich ausgerufen: »Das sind ja zwei! Sie bekommen Zwillinge!«
Er wollte dir eben noch das Bild erklären, als du mit einem leisen Seufzer ohnmächtig vom Stuhl gerutscht bist. Unter Mithilfe seiner Assistentin hat er dich auf die nächste Liege verfrachtet und dir einen kalten Waschlappen auf die Stirn gedrückt. Langsam hast du dich vom Schreck deiner doppelten Vaterschaft wieder erholt. Ich als Frau hab das eher praktisch gesehen, eine Schwangerschaft und gleich zwei Babys – am besten Nick und Nora junior –, das war doch mehr als perfekt! Seit der Geburt von Lukas und Leoni im April 1988 war Familie Marchant komplett. Die beiden Wonneproppen haben uns ganz schön auf Trab gehalten. In den ersten Wochen sind wir nur mit Sonnenbrille außer Haus gegangen. Die tiefen Augenringe, entstanden durch permanenten Schlafentzug, waren nicht so vorteilhaft. Glücklicherweise hattest du von deinem Chef Sonderurlaub bekommen, um mich tatkräftig zu unterstützen. Hilfe bekamen wir auch von Tante Hella, die, auch wenn sie keine eigenen Kinder hat, eine liebevolle mütterliche Art ausstrahlte. Sie ist öfter aus Köln angereist und hat für ein paar Tage unseren verlotterten Haushalt in Schuss gebracht. Meine ehemalige Studienkollegin Heike ist so manches Mal als Babysitter eingesprungen, wenn ich mit meinen Kräften am Ende war und Entspannung nötig hatte oder wir gemeinsam wenigstens eine Stunde allein zum Essen gehen wollten.
Die Taufe fand selbstverständlich in Marienfelde statt.
Als Paten hatten wir Tante Hella für Leonie, und meinen Cousin Thomas für Lukas ausgesucht. Thomas war als Kind mein liebster Spielgefährte gewesen und selbst als Erwachsene haben wir immer Telefonkontakt gehalten. Nach der Hochzeit hat er uns ein paar Mal besucht und du fandest ihn wirklich sehr sympathisch.
Auch unsere Eltern und die noch lebenden Großeltern – meine Oma Josephine sowie deine Opa Karl und Oma Inge – waren anlässlich der »feuchten Festlichkeit im Doppelpack« mit von der Partie. Die frischgebackenen Großeltern durften die anschließende Feier mit Übernachtung bezahlen, welche natürlich in dem Hotel stattfand, in dem wir unsere unvergessliche Hochzeitsnacht verbracht hatten.
Pater Anselm und Schwester Maria waren während der Tauffeier auffallend nervös, wahrscheinlich hatten sie noch die Pannen unserer Trauung im Kopf. Die Zeremonie verlief jedoch erstaunlich reibungslos, abgesehen von ein paar Schönheitsfehlern. Deine Tante konnte die Taufkerze nicht ruhig halten, und der Parkettboden der Kapelle sah hinterher wie ein Streuselkuchen aus, übersät mit Wachstropfen.
Thomas bekam auch sein Fett weg. Lukas, der kurz vorher noch sein Fläschchen leer getrunken hatte, hat wohl das ständige Wiegen nicht vertragen. Als sein Patenonkel ihn über das Taufbecken heben wollte, hat er ihm mit einem kräftigen Schwall Milch seinen dunklen Anzug extrem aufgehellt.
Das anschließende Festmahl fiel sehr feucht-fröhlich aus. Unsere Väter hatten es gut gemeint und gleichzeitig mehrere erlesene Flaschen Wein und Champagner bestellt. Weißt du noch, wie sie sich nach einigen Gläsern untergehakt haben und schunkelnd lauthals altbekannte Wein- und Trinklieder zum Besten gaben? Hella ist begeistert aufgesprungen, hat sich den verdutzten Thomas geschnappt und eine kesse Sohle aufs Parkett gelegt. Die Großmütter haben den ganzen Nachmittag und Abend selig verzückt ihre Enkelkinder geschaukelt und sich alte Storys über die Baby- und Kleinkindzeit ihrer eigenen Kinder – also Nick und Nora – erzählt. Wir haben uns köstlich amüsiert und jede Menge Fotos geschossen für unsere zwei Lieblinge.
Inzwischen sind wir wieder allein zu zweit in »Amora«. Unsere Zwillinge sind längst flügge und in die weite bzw. nähere Welt gezogen.
Leonie hat dein künstlerisches Talent geerbt. Sie hat sich schon als kleines Mädchen für Mode interessiert und mit Hingabe ihre Puppen und Barbies angekleidet. Später hat sie auf der alten Nähmaschine meiner Mutter selbstentworfene Kleider für sich selbst und auch für mich genäht.
Das Studium an der Akademie für Mode & Design ist genau das richtige für sie. Wir sind beide fast geplatzt vor Stolz, als wir erfuhren, dass unsere Tochter die Beste ihres Jahrgangs war und somit ein Stipendium fürs Ausland bekam. Ein Jahr darf sie nun in Paris das mondäne Reich der »Haute Couture« kennen lernen.
Hast du eigentlich schon ein passendes Hotel für uns gefunden? Wir wollten Leonie doch zu ihrem Geburtstag im April besuchen. Der Eiffelturm wartet immer noch auf uns. Es wäre schön, wenn Lukas auch mitfahren könnte. Witzigerweise studiert er ausgerechnet Jura, und noch dazu an der gleichen Uni wie ich damals. Er macht es bestimmt besser als seine Mutter, die nach drei Semestern das Handtuch geworfen hat. Ich glaube, es war auch gut für ihn, dass er vor einem Jahr mit zwei Studienkollegen in eine WG nach Giesing gezogen ist. Seitdem ist er viel selbstständiger geworden und jobbt sogar am Wochenende und in den Semesterferien in einem Bistrot, so ähnlich wie du damals.
Ich wundere mich immer, wie er bei all dem Stress noch Zeit für seine Freundin Sandra findet.
Nick, ich hab noch eine gute und eine schlechte Nachricht für dich. Zuerst die schlechte: Am Sonntag ist der erste Advent und somit beginnt, wie alle Jahre wieder, die »staade Zeit«. Das heißt Geschenke-Marathon in einer überfüllten Innenstadt, permanent schnulziges Weihnachtsliedergedudel in allen Kaufhäusern, und Glühwein mit Lebkuchen bis zum Erbrechen. Nun die gute Nachricht: Schon in vier Wochen haben wir das alles überstanden und freuen uns dann auf eine rauschende Silvesterparty.
»Huch«, schon so spät, ich muss mich noch umziehen und stylen. Du bist hoffentlich mit deinem Text über, was war es doch gleich, fertig geworden.
Ich hab jedenfalls einen Mordshunger, heute Mittag gab’s nur einen Joghurt für mich.
Bussi,
deine Nora
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.