Kitabı oku: «Ersehnt», sayfa 3

Yazı tipi:

Es war unnatürlich still. April sollte längst zu Hause sein. Wo war Gabriela? Riley ging in die Küche und fand sie leer. Ein Zettel lag auf dem Küchentisch.

Me voy a la tienda, stand darauf. Gabriela war einkaufen gegangen.

Riley packte die Lehne eines Stuhls, als eine Welle der Panik über sie hereinbrach. Gabriela war einkaufen gewesen, als April vom Haus ihres Vaters entführt worden war.

Dunkelheit, das Flackern einer Flamme.

Riley wirbelte herum und rannte zur Treppe.

“April”, schrie sie.

Es kam keine Antwort.

Riley rannte nach oben. Niemand war in den Schlafzimmern. Niemand in ihrem kleinen Büro.

Rileys Herz schlug ihr bis zum Hals, auch wenn ihr Verstand ihr sagte, dass sie albern war. Ihr Körper hörte nicht auf ihren Verstand.

Sie rannte wieder ins Erdgeschoss und raus auf die Terrasse.

“April”, schrie sie.

Aber niemand spielte im Garten nebenan und es waren keine Kinder zu sehen.

Sie musste sich mit Gewalt zusammenreißen nicht noch einmal zu schreien. Sie wollte nicht die Nachbarn davon überzeugen, dass sie wirklich verrückt war. Noch nicht.

Sie versuchte ungelenk ihr Handy so schnell wie möglich aus der Tasche zu ziehen. Sie schrieb April.

Sie bekam keine Antwort.

Riley ging zurück ins Haus und setzte sich auf die Couch. Ihr Kopf fiel in ihre Hände.

Sie war zurück in dem Kriechkeller, lag in der Dunkelheit auf der Erde.

Aber ein kleines Licht kam auf sie zu. Sie konnte sein grausames Gesicht im Schein der Flamme sehen. Aber sie wusste nicht, ob der Mörder für sie oder für April gekommen war.

Riley zwang sich dazu die Vision von ihrer Gegenwart zu trennen.

Peterson ist tot, sagte sie sich immer wieder. Er kann uns nicht mehr quälen.

Sie setzte sich auf und versuchte sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Sie war jetzt hier in ihrem neuen Haus, in ihrem neuen Leben. Gabriela war einkaufen gegangen. April war sicherlich irgendwo in der Nähe.

Ihr Atem wurde langsamer, aber sie konnte sich nicht dazu bringen aufzustehen. Sie hatte Angst, dass sie wieder nach draußen laufen und schreien würde.

Es schien Riley, als wäre eine Ewigkeit vergangen, bis sie hörte, wie sich die Haustür öffnete.

April kam singend herein.

Jetzt schaffte Riley es endlich aufzustehen. “Wo zum Teufel bist du gewesen?”

April sah sie erschrocken an.

“Was hast du für ein Problem, Mom?”

“Wo warst du? Warum hast du mir nicht auf meine Nachricht geantwortet?”

“Sorry, ich hatte mein Telefon auf lautlos. Mom, ich war nur drüben bei Cece. Nur auf der anderen Straßenseite. Als wir aus dem Schulbus gestiegen sind, hat ihre Mutter uns ein Eis angeboten.”

“Woher sollte ich wissen, wo du bist?”

“Ich dachte nicht, dass du schon zu Hause bist.”

Riley hörte wie sie schrie, aber sie konnte sich nicht stoppen. “Mir ist egal, was du gedacht hast. Du hast nicht nachgedacht. Du musst mich immer wissen lassen …”

Die Tränen, die April über die Wangen liefen, stoppten sie schließlich.

Riley sog scharf die Luft ein, eilte nach vorne und umarmte ihre Tochter. Zuerst war Aprils Körper steif vor Wut, aber Riley konnte spüren, wie sie sich langsam entspannte. Ihr wurde klar, dass auch ihr selbst Tränen über das Gesicht liefen.

“Es tut mir leid”, sagte Riley. “Es tut mir leid. Es ist nur, wir haben so viel … so viel Schreckliches durchgemacht.”

“Aber das ist jetzt vorbei”, sagte April. “Mom, es ist vorbei.”

Sie setzten sich beide auf die Couch. Es war eine neue Couch, die sie nach ihrem Einzug gekauft hatten. Sie hatte sie für ihr neues Leben gekauft.

“Ich weiß, dass alles vorbei ist”, sagte Riley. “Ich weiß, dass Peterson tot ist. Ich versuche mich daran zu gewöhnen.”

“Mom, es ist jetzt alles so viel besser. Du musst dir nicht wieder jede Sekunde um mich Sorgen machen. Und ich bin kein dummes kleines Kind. Ich bin fünfzehn.”

“Und du bist sehr klug”, sagte Riley. “Ich weiß. Ich muss mich nur selber von Zeit zu Zeit daran erinnern. “Ich liebe dich, April” sagte sie. “Deshalb verhalte ich mich manchmal so seltsam.”

“Ich liebe dich auch, Mom”, sagte April. “Mach dir nur nicht immer so viele Sorgen.”

Riley war froh ihre Tochter wieder lachen zu sehen. April war entführt, gefangen gehalten und mit einer Flamme bedroht worden. Sie schien wieder ein ganz gewöhnlicher Teenager zu sein, auch wenn ihre Mutter Probleme damit hatte, wieder Fuß zu fassen.

Trotzdem fragte Riley sich, ob die dunklen Erinnerungen, die sich in ihrer Tochter versteckten, nur darauf warteten wieder auszubrechen.

Sie selbst wusste, dass sie mit jemandem über ihre eigenen Ängste und wiederkehrenden Albträume reden musste. Und zwar bald.

Kapitel Sechs

Riley rutschte auf ihrem Stuhl hin und her, während sie darüber nachdachte, was sie Mike Nevins erzählen sollte. Sie war unruhig und nervös.

“Lass dir Zeit”, sagte der forensische Psychiater, der sich in seinem Stuhl nach vorne lehnte und sie besorgt betrachtete.

Riley lachte kläglich. “Das ist das Problem”, sagte sie. “Ich habe keine Zeit. Ich trödele schon länger. Ich muss eine Entscheidung treffen. Ich habe es zu lange hinausgezögert. Hast du mich jemals so unentschlossen gesehen?”

Mike antwortete nicht. Er lächelte einfach und legte die Finger gegeneinander.

Riley war an diese Art von Schweigen gewöhnt. Der adrette, recht penible Mann war über die Jahre viel für sie geworden – ein Freund, ein Therapeut, manchmal sogar eine Art Mentor. Normalerweise rief sie ihn an, wenn sie Einsichten in einen besonders dunklen Verstand brauchte. Aber dieser Besuch war anders. Sie hatte ihn am letzten Abend angerufen und war am Morgen zu seinem Büro in DC gefahren.

“Also, was hast du für Auswahlmöglichkeiten?” fragte er schließlich.

“Nun, ich nehme an, ich muss mich entscheiden, was ich mit dem Rest meines Lebens anfangen will – unterrichten oder ein aktiver Agent sein. Oder etwas vollkommen anderes finden.”

Mike lachte leicht. “Ganz langsam. Lass uns nicht versuchen deine ganze Zukunft an einem Tag zu planen. Schauen wir uns doch lieber das Jetzt an. Meredith und Jeffreys wollen, dass du den Fall annimmst. Nur einen Fall. Das ist weder noch. Niemand sagt, dass du das Unterrichten aufgeben musst. Und alles was du tun musst, ist für diesen einen Fall ja oder nein zu sagen. Also, was ist das Problem?”

Jetzt war es an Riley schweigend nachzudenken. Sie wusste nicht, was ihr Problem war. Deshalb war sie hier.

“Ich nehme an, du hast vor etwas Angst”, sagte Mike.

Riley schluckte hart. Das war es. Sie hatte Angst. Sie hatte sich geweigert es zuzugeben, auch sich selbst gegenüber. Aber jetzt brachte Mike sie dazu, darüber zu reden.

“Wovor hast du Angst?” fragte Mike. “Du hast gesagt, du hättest Albträume.”

Riley schwieg noch immer.

“Das wird Teil deines PTBS Problems sein”, sagte Mike. “Hast du immer noch Flashbacks?”

Riley hatte die Frage erwartet. Schließlich hatte Mike mehr als jeder andere für sie getan, um ihr durch das Trauma der besonders schrecklichen Erfahrung zu helfen.

Sie lehnte ihren Kopf gegen die Stuhllehne und schloss die Augen. Für einen Moment war sie wieder in Petersons dunklem Käfig und er bedrohte sie mit einer Propanfackel. Monatelang nach ihrer Gefangenschaft, hatte sich diese Erinnerung ihr immer wieder aufgedrängt.

Aber dann hatte sie Peterson gefunden und ihn selbst getötet. Tatsächlich hatte sie ihn erschlagen.

Wenn das kein Abschluss ist, was dann, dachte sie.

Jetzt schienen ihr die Erinnerungen unpersönlich, als gehörten sie jemand anderem.

“Es geht mir besser”, sagte Riley. “Sie sind kürzer und weniger häufig.”

“Wie geht es deiner Tochter?”

Die Frage traf Riley wie ein Schlag in die Magengrube. Sie fühlte ein Echo von der Panik, die sie erlebt hatte, nachdem Peterson April entführt hatte. Sie konnte immer noch Aprils Hilfeschreie hören.

“Ich nehme an, das habe ich noch nicht hinter mir lassen können”, sagte sie. “Ich wache auf und habe Angst, dass sie entführt wurde. Ich muss in ihr Zimmer gehen, um sicherzustellen, dass sie da ist und es ihr gut geht.”

“Willst du deshalb keinen neuen Fall annehmen?”

Riley erschauderte. “Ich will nicht, dass sie jemals wieder so etwas durchmachen muss.”

“Das ist keine Antwort.”

“Nein, da hast du wohl Recht”, sagte Riley.

Wieder herrschte Stille.

“Ich habe das Gefühl, dass da noch mehr ist”, sagte Mike schließlich. “Was bereitet dir noch Albträume? Was hält dich nachts wach?”

Mit einem Schlag, war der Schrecken, der sich in einer Ecke ihres Gehirns versteckte, wieder da.

Ja, da war etwas anderes.

Selbst mit offenen Augen konnte sie sein Gesicht sehen – Eugene Fisks jungenhaftes, auf groteske Weise unschuldig aussehendes Gesicht mit den kleinen Knopfaugen. Riley hatte ihm bei ihrer letzten Konfrontation tief in diese Augen gesehen.

Der Mörder hatte Lucy Vargas ein Rasiermesser an den Hals gehalten. In diesem Moment erforschte Riley ihre tiefsten Ängste. Sie hatte über die Ketten geredet – diese Ketten, von denen er glaubte, dass sie mit ihm sprachen, ihn dazu zwangen einen Mord nach dem anderen zu verüben, Frauen anzuketten und ihre Kehlen durchzuschneiden.

“Die Ketten wollen nicht, dass du diese Frau nimmst”, hatte Riley ihm gesagt. “Sie ist nicht, was sie brauchen. Du weißt, was die Ketten wirklich brauchen.”

In seinen Augen hatten Tränen geglitzert, als er zustimmend nickte. Dann hatte er sich auf gleiche Weise getötet, wie seine Opfer.

Er hatte sich vor Rileys Augen die Kehle durchgeschnitten.

Und jetzt, hier in Mike Nevins Büro, erstickte Riley fast an ihrem eigenen Entsetzen.

“Ich habe Eugene getötet”, keuchte sie.

“Den Ketten-Mörder meinst du. Nun, er war nicht der erste Mann, den du getötet hast.”

Das stimmte – sie hatte schon davor einige Male tödliche Gewalt anwenden müssen. Aber bei Eugene war es anders gewesen. Sie dachte oft an seinen Tod, aber hatte bisher noch mit niemandem darüber geredet.

“Ich habe keine Waffe, keinen Stein, nicht meine Fäuste genutzt”, sagte sie. “Ich habe ihn mit Verständnis getötet, mit Mitgefühl. Mein eigener Verstand ist eine tödliche Waffe. Das habe ich nie gewusst. Es macht mir Angst, Mike.”

Mike nickte mitfühlend. “Du weißt, was Nietzsche sagt, über das Blicken in den Abgrund”, sagte er.

“Dass der Abgrund auch in einen selbst hineinblickt”, bestätigte Riley. “Aber ich habe mehr getan, als nur in den Abgrund zu gucken. Ich habe förmlich dort gelebt. Ich habe es mir dort gemütlich gemacht. Es ist mein zweites Zuhause. Das ängstigt mich zu Tode, Mike. Eines Tages gehe ich vielleicht in den Abgrund und komme nicht mehr zurück. Und wer weiß, wen ich dabei verletzte – oder töte.”

“Aha”, sagte Mike und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. “Vielleicht machen wir jetzt Fortschritte.”

Riley war sich nicht so sicher. Und sie hatte nicht das Gefühl einer Entscheidung näher gekommen zu sein.

*

Als Riley kurze Zeit später durch ihre Haustür ging, kam April die Treppe heruntergelaufen, um sie zu begrüßen.

“Mom, du musst mir helfen! Komm schon!”

Riley folgte April die Stufen nach oben. In Aprils Zimmer lag ein Koffer offen auf ihrem Bett und Kleidungsstücke waren überall verstreut.

“Ich weiß nicht, was ich einpacken soll.” sagte April. “Das musste ich bisher noch nie machen!”

Riley lächelte beim Anblick ihrer gleichzeitig panischen und aufgeregten Tochter und fing sofort an ihr zu helfen. April würde am nächsten Morgen einen Schulausflug beginnen – eine Woche in der Nähe von Washington DC. Sie würde mit der Gruppe ihres Geschichtsunterrichts und einigen Lehrern fahren.

Als Riley die Erlaubnis unterschrieben und die Gebühren für den Ausflug bezahlt hatte, war sie unsicher gewesen. Peterson hatte April in der Nähe von Washington gefangen gehalten und auch wenn sie am entgegengesetzten Ende der Stadt sein würde, hatte Riley Angst, dass die Reise das Trauma an die Oberfläche bringen könnte. Aber April schien es erstaunlich gut zu gehen, sowohl in akademischer Hinsicht, als auch emotionaler. Und die Reise war eine wundervolle Gelegenheit.

Inmitten von scherzhaftem Necken über die Kleiderauswahl, bemerkte Riley, dass sie Spaß hatte. Der Abgrund, über den sie und Mike erst kurz vorher gesprochen hatten, schien weit entfernt zu sein. Sie hatte auch außerhalb des Abgrundes noch ein Leben. Es war ein gutes Leben und wie auch immer ihre Entscheidung ausfallen würde, sie war entschlossen es auch zu behalten.

Während sich der Koffer langsam füllte, kam Gabriela in den Raum.

“Señora Riley, mein Taxi kommt pronto, jede Minute”, sagte sie lächelnd. “Ich habe gepackt und bin fertig. Meine Koffer stehen neben der Tür.”

Riley hatte fast vergessen, dass auch Gabriela los wollte. Da April unterwegs sein würde, hatte Gabriela um ein paar Urlaubstage gebeten, um ihre Verwandten in Tennessee zu besuchen. Riley hatte fröhlich zugestimmt.

Riley umarmte Gabriela und sagte, “Buen viaje.”

Gabrielas Lächeln wurde schwächer und sie erwiderte, “Me preocupo.”

“Du machst dir Sorgen?” fragte Riley überrascht. “Worüber machst du dir Sorgen, Gabriela?”

“Sie”, sagte Gabriela. “Sie werden ganz alleine in dem neuen Haus sein.”

Riley lachte leicht. “Mach dir keine Sorgen, ich kann auf mich selber aufpassen.”

“Aber Sie waren nicht sola seit so viele schreckliche Dinge passiert sind”, sagte Gabriela. “Ich mache mir Sorgen.”

Gabrielas Worte brachten Riley zum Nachdenken. Sie hatte nicht Unrecht. Seit der Sache mit Peterson war zumindest April immer bei ihr gewesen. Könnte sich ein dunkles und beängstigendes Loch in ihrem neuen Zuhause auftun? Drohte der Abgrund selbst jetzt?

“Es geht mir gut”, sagte Riley. “Geh und habe eine schöne Zeit mit deiner Familie.”

Gabriela grinste und reichte Riley einen Umschlag. “Das war im Briefkasten”, sagte sie.

Gabriela umarmte April, dann noch einmal Riley, und ging nach unten, um auf ihr Taxi zu warten.

“Was ist das, Mom?” fragte April.

“Ich weiß es nicht!” sagte Riley. “Es wurde nicht mit der Post geschickt.”

Sie riss den Umschlag auf und fand eine Plastikkarte darin. Dekorative Buchstaben auf der Karte lasen “Blaine's Grill.” Darunter stand, “Abendessen für Zwei.”

“Ich nehme an, es ist eine Geschenkkarte von unserem Nachbarn”, sagte Riley. “Das ist nett von ihm. Wir können zusammen zum Abendessen hingehen, wenn du wieder da bist.”

“Mom!” schnaufte April. “Er meint nicht dich und mich.”

“Warum nicht?”

“Er lädt dich zum Essen ein.”

“Oh! Glaubst du wirklich? Das steht hier nicht.”

April schüttelte den Kopf. “Sei nicht doof. Der Mann will mit dir ausgehen. Crystal hat mir gesagt, dass ihr Dad dich mag. Und er ist wirklich süß.”

Riley konnte spüren, wie sie rot wurde. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal jemand zu einer Verabredung eingeladen hatte. Sie war so lange mit Ryan verheiratet gewesen. Seit ihrer Scheidung war sie gezwungen, sich in ihrem neuen Zuhause einzuleben und Entscheidungen über ihre Arbeit zu treffen.

“Du wirst ja ganz rot, Mom”, lachte April.

“Lass uns lieber deine Sachen zusammenpacken”, grummelte Riley. “Ich denke später darüber nach.”

Sie sahen weiter durch Aprils Schrank. Nach ein paar Minuten des Schweigens sagte April, “Ich mache mir auch irgendwie Sorgen um dich, Mom. Wie Gabriela gesagt hat, …”

“Mir geht es gut und das bleibt auch so”, unterbrach Riley.

“Wirklich?”

Riley faltete eine Bluse zusammen und dachte darüber nach, was sie antworten sollte. Sicherlich hatte sie in letzter Zeit schlimmeres erlebt, als ein leeres Haus – darunter mörderische Psychopathen, besessen von Ketten, Puppen und Fackeln. Aber würden sich alte Dämonen melden, wenn sie alleine war? Plötzlich kam ihr die eine Woche wie eine sehr lange Zeit vor. Und die Aussicht entscheiden zu müssen, ob sie mit ihrem Nachbarn ausgehen wollte oder nicht, war auf ihre eigene Weise beängstigend.

Das schaffe ich schon, dachte Riley.

Außerdem hatte sie auch noch eine andere Möglichkeit. Und es war Zeit eine Entscheidung zu treffen.

“Ich wurde gebeten an einem Fall zu arbeiten”, erzählte Riley April. “Dafür müsste ich sofort nach Arizona fliegen.”

April hörte auf ihre Kleidung zusammenzufalten und sah Riley an.

“Also wirst du gehen?” fragte sie.

“Ich weiß es nicht, April”, sagte Riley.

“Was gibt es da zu wissen? Das ist dein Job, oder nicht?”

Riley sah in die Augen ihrer Tochter. Die harten Zeiten zwischen ihnen schienen tatsächlich vorbei zu sein. Seit sie beide die Folter von Peterson überstanden hatten, gab es zwischen ihnen eine ganz neue Verbindung.

“Ich habe darüber nachgedacht, mich aus dem Außendienst zurückzuziehen”, sagte Riley.

Aprils Augen weiteten sich vor Überraschung.

“Was? Mom, böse Menschen schnappen ist das, was du am besten kannst.”

“Ich bin auch gut im Unterrichten”, sagte Riley. “Ich bin sehr gut darin. Und ich liebe es. Das tue ich wirklich.”

April sah sie verständnislos an. “Okay, dann geh und unterrichte. Niemand hält dich auf. Aber hör nicht auf den Bösen in den Hintern zu treten. Das ist genauso wichtig.”

Riley schüttelte den Kopf. “Ich weiß nicht, April. Nach allem, was ich dir zugemutet habe…”

April sah aus, als könnte sie nicht glauben, was sie da hörte. “Nach allem, was du mir zugemutet hast? Wovon redest du? Du hast mir gar nichts zugemutet. Ich wurde von einem Psychopathen namens Peterson entführt. Wenn er mich nicht geschnappt hätte, dann jemand anderen. Hör auf, dir dafür die Schuld zu geben.”

Nach einer kurzen Pause, sagte April, “Setz' dich, Mom. Wir müssen reden.”

Riley lächelte und setzte sich auf das Bett. April klang jetzt selber wie eine Mutter.

Vielleicht ist eine kleine elterliche Moralpredigt jetzt genau das, was ich brauche, dachte Riley.

April setzte sich neben Riley.

“Habe ich dir je von meiner Freundin Angie Fletcher erzählt?” fragte April.

“Ich glaube nicht.”

“Wir haben uns eine Weile sehr gut verstanden, aber dann hat sie die Schule gewechselt. Sie war wirklich klug und nur ein Jahr älter als ich, fünfzehn. Ich habe gehört, dass sie angefangen hat Drogen von einem Typen zu kaufen, den alle Trip nennen. Sie ist schwer heroinabhängig geworden. Und als sie kein Geld mehr hatte, hat Trip sie auf die Straße geschickt. Er hat sie persönlich trainiert, sie dazu gebracht bei ihm einzuziehen. Ihre Mutter ist so durch den Wind, dass sie kaum gemerkt hat, dass Angie weg war. Trip hat sie sogar auf seiner Webseite angeboten, hat sie gezwungen sich eine Tätowierung machen zu lassen, dass sie für immer ihm gehört.”

Riley war entsetzt. “Was ist mit ihr passiert?”

“Na ja, Trip wurde schließlich verhaftet und Angie ist in einer Entzugsklinik gelandet. Das war diesen Sommer, während wir in New York waren. Ich weiß nicht, was danach mit ihr passiert ist. Alles was ich weiß ist, dass sie jetzt sechzehn ist und ihr Leben ruiniert.”

“Es tut mir so leid das zu hören”, sagte Riley.

April stöhnte ungeduldig auf.

“Du verstehst es wirklich nicht, oder Mom? Dir muss gar nichts leidtun. Du hast dein ganzes Leben damit verbracht diese Art von Dingen zu verhindern. Und du hast alle möglichen Leute wie Trip ausgeschaltet – manche für immer. Aber wenn du aufhörst das zu tun, was du am besten kannst, wer soll dann für dich weitermachen? Jemand, der so gut ist, wie du? Das bezweifle ich, Mom. Das bezweifle ich wirklich.”

Riley schwieg für einen Moment. Dann drückte sie April mit einem Lächeln die Hand.

“Ich denke, ich muss einen Anruf tätigen”, sagte sie.

Kapitel Sieben

Der FBI Jet hob ab und Riley war sich sicher, dass sie wieder einmal einem Monster gegenübertreten würde. Es war ein beunruhigender Gedanke. Sie hatte gehofft, sich eine Weile von Mördern fernhalten zu können, aber diesen Job anzunehmen war ihr letztendlich wie die richtige Entscheidung erschienen. Meredith war sichtlich erleichtert gewesen, als sie ihm die Entscheidung mitgeteilt hatte.

Am Morgen war April zu ihrem Schulausflug aufgebrochen und jetzt waren Riley und Bill auf dem Weg nach Phoenix. Vor den Fenstern des Flugzeugs war der Nachmittag dunkel geworden und Regen lief über das Glas. Riley blieb angeschnallt, bis das Flugzeug die rauen Regenwolken überwunden hatte und in klarere Luft aufgestiegen war. Dann erstreckten sich unter ihnen die Wolken, die die Erde versteckten, auf der die Menschen vermutlich gerade versuchten sich vor dem Regen in Sicherheit zu bringen. Und, dachte Riley, ihre alltäglichen Freuden und Schrecken erlebten oder was auch immer dazwischen lag.

Sobald das Flugzeug eine stabile Fluglage erreicht hatte, drehte sich Riley zu Bill und fragte, “Was kannst du mir zeigen?”

Bill klappte seinen Laptop vor ihnen auf dem Tisch auf. Er rief das Foto eines großen, schwarzen Müllsacks auf, überspült von seichtem Wasser. Eine tote weiße Hand ragte aus der Öffnung des Müllsacks.

Bill erklärte, “Die Leiche von Nancy Holbrook wurde in einem künstlichen See außerhalb von Phoenix gefunden. Sie war ein dreißig Jahre altes Callgirl mit teuren Dienstleistungen. Mit anderen Worte, eine teure Prostituierte.”

“Ist sie ertrunken?” fragte Riley.

“Nein. Es scheint, dass Erstickung die Todesursache war. Dann wurde sie in den Müllsack gesteckt und in den See geworfen. Der Plastiksack wurde mit großen Steinen beschwert.”

Riley sah sich das Foto genau an. Fragen schossen ihr durch den Kopf.

“Hat der Mörder Beweise hinterlassen?” fragte sie. “Fingerabrücke, Fasern, DNA?”

“Absolut gar nichts.”

Riley schüttelte den Kopf. “Das verstehe ich nicht. Die Beseitigung der Leiche, meine ich. Warum hat sich der Mörder nicht mehr Mühe gegeben? Ein Süßwassersee ist perfekt, um eine Leiche loszuwerden. Leichen sinken und verwesen schneller in Süßwasser. Natürlich könnten sie durch Aufschwemmen und Gase später an die Oberfläche kommen. Aber genug Steine auf dem Sack würden das Problem lösen. Warum hat er sie in seichtem Wasser gelassen?”

“Ich nehme an, das müssen wir herausfinden”, sagte Bill.

Bill zeigte ihr weitere Fotos des Tatortes, aber sie sagten ihr nicht viel.

“Also, was denkst du?” fragte sie. “Haben wir es mit einem Serienmörder zu tun, oder nicht?”

Bill zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen.

“Ich weiß es nicht”, sagte er. “Bis jetzt haben wir nur eine ermordete Prostituierte. Sicherlich sind auch schon andere Prostituierte in Phoenix verschwunden. Aber das ist nichts Neues. Das passiert regelmäßig, in jeder großen Stadt im Land.”

Das Wort 'regelmäßig' hatte einen unangenehmen Klang für Riley. Wie konnte man so das Verschwinden einer bestimmten Klasse von Frauen beschreiben? Trotzdem wusste sie, dass Bill die Wahrheit sagte.

“Als Meredith angerufen hat, klang es sehr dringend”, sagte sie. “Und jetzt gibt er uns sogar die VIP Behandlung und fliegt und direkt mit dem BAU Jet hin.” Sie dachte einen Moment nach. “Seine genauen Worte waren, dass sein Freund möchte, dass wir den Mord als die Arbeit eines Serienmörders betrachten. Aber es klingt so, als wäre sich niemand sicher, dass es ein Serienmörder ist.”

Bill zuckte mit den Schultern. “Vielleicht ist es das nicht. Aber Meredith scheint Nancy Holbrooks Bruder, Garret Holbrook, sehr nahe zu stehen.”

“Ja”, nickte Riley. “Er hat mir erzählt, dass sie zusammen auf die Akademie gegangen sind. Aber die ganze Sache ist ungewöhnlich.”

Bill widersprach ihr nicht. Riley lehnte sich in ihrem Sitz zurück und dachte über die Situation nach. Es war offensichtlich, dass Meredith die Regeln des FBI für seinen Freund beugte. Das sah Meredith nicht ähnlich.

Aber sie dachte deshalb nicht schlecht von ihrem Chef. Tatsächlich bewunderte sie seine Hingabe für seinen Freund. Sie fragte sich:

Gibt es jemanden, für den ich die Regeln beugen oder sogar brechen würde? Bill, vielleicht?

Er war viele Jahre lang ihr Partner gewesen und mehr als nur ein Freund. Trotzdem war Riley sich nicht sicher. Und das brachte sie zum Nachdenken – wie nahe stand sie ihren Mitarbeitern wirklich, Bill eingeschlossen?

Aber es lohnte sich nicht, jetzt darüber nachzudenken. Riley schloss die Augen und schlief ein.

*

Es war ein heller, sonniger Tag, als sie in Phoenix landeten.

Als sie aus dem Jet stiegen, stieß Bill sie an und sagte, “Wow, super Wetter. Vielleicht bekommen wir wenigstens ein paar Urlaubstage aus diesem Trip.”

Riley bezweifelte, dass sie viel Spaß haben würden. Es war schon lange her, dass sie richtigen Urlaub gemacht hatte. Ihr letzter Versuch mit April in New York, war durch die üblichen Morde und Schrecken unterbrochen worden, die ein so großer Teil ihres Lebens waren.

Eines Tages werde ich richtigen Urlaub machen müssen, dachte sie.

Ein junger, örtlicher Agent traf sie am Flughafen und fuhr sie zur FBI Außenstelle in Phoenix, einem beeindruckenden neuen, modernen Gebäude. Als er auf den Parkplatz des Büros fuhr, meinte er, “Cooles Design, oder? Hat sogar eine Auszeichnung bekommen. Können Sie raten, was es darstellen soll?”

Riley sah über die Fassade. Sie bestand aus geraden, langen Rechtecken und engen, vertikalen Fenstern. Alles schien sorgfältig arrangiert und das Muster kam ihr vertraut vor. Sie hielt inne und starrte es einen Moment an.

“DNA-Sequenz?” fragte sie.

“Genau”, antwortete der Agent. “Aber ich wette Sie erraten nicht, wie das Steinlabyrinth dort drüben von oben aussieht.”

Aber sie gingen zum Gebäude bevor Riley oder Bill Vermutungen anstellen konnten. Innen sah Riley das DNA-Motiv in den gemusterten Bodenfliesen reflektiert. Der Agent führte sie zu dem Büro des leitenden Spezialagenten Elgin Morley und ließ sie dort alleine.

Riley und Bill stellten sich Morley vor, einem kleinen, strebsam aussehenden Mann Mitte fünfzig mit einem dicken schwarzen Schnurrbart und einer runden Brille. Ein anderer Mann wartete ebenfalls auf sie in dem Büro. Er war Mitte vierzig, groß, hager und leicht gebeugt. Riley dachte er sah müde und deprimiert aus.

Morley sagte, “Agenten Paige und Jeffreys, ich würde Ihnen gerne Agent Garrett Holbrook vorstellen. Seine Schwester ist das Opfer, das im Nimbo Lake gefunden wurde.”

Sie schüttelten sich die Hände und setzten sich.

“Danke, dass Sie gekommen sind”, sagte Holbrook. “Das Ganze ist ziemlich überwältigend.”

“Erzählen Sie uns von Ihrer Schwester”, bat Riley.

“Ich kann Ihnen nicht viel sagen”, erwiderte Holbrook. “Ich kann nicht behaupten, dass ich sie sehr gut kannte. Sie war meine Halbschwester. Mein Vater war ein fremdgehender Arsch, hat meine Mutter verlassen und Kinder von drei verschiedenen Frauen. Nancy war fünfzehn Jahre jünger als ich. Wir hatten kaum Kontakt über die Jahre.”

Er starrte mit leerem Blick auf den Fußboden vor ihm, währen seine Finger gedankenverloren an der Armlehne des Stuhls spielten. Dann, ohne aufzublicken, sagte er, “Das letzte was ich von ihr gehört hatte, war ein Bürojob und Sommerkurse am College. Das war vor ein paar Jahren. Ich war geschockt, als ich herausgefunden habe, was aus ihr geworden ist. Ich hatte keine Ahnung.”

Dann schwieg er. Riley dachte, dass er etwas unausgesprochen gelassen hatte, aber sagte sich selbst, dass es vielleicht alles war, was der Mann wusste. Was hätte Riley schließlich über ihre eigene Schwester sagen können, wenn sie jemand fragen würde? Sie und Wendy hatten schon so lange nicht mehr gesprochen, dass sie genauso gut keine Schwestern mehr sein konnten.

Trotzdem spürte sie mehr als Trauer in Holbrooks Verhalten. Das erschien ihr seltsam.

Morley schlug vor, dass Riley und Bill ihm zur Forensischen Pathologie folgten, wo sie sich die Leiche genauer ansehen konnten. Holbrook nickte und sagte, dass er in seinem Büro sein würde.

Während sie dem leitenden Agenten über den Flur folgten, fragte Bill, “Agent Morley, welche Gründe gibt es für die Annahme, dass es sich um einen Serienmörder handelt?”

Morley schüttelte den Kopf. “Ich bin nicht sicher, dass wir dafür einen Grund haben”, sagte er. “Aber seit Garrett von Nancys Tod erfahren hat, weigert er sich die Sache ruhen zu lassen. Er ist einer unserer besten Agenten und ich habe versucht ihm entgegenzukommen. Er hat versucht, seine eigenen Ermittlungen durchzuführen, aber ist nicht weit gekommen. Um ehrlich zu sein, ist er nicht er selbst seit die Sache angefangen hat.”

Riley war aufgefallen, wie erschüttert Garrett zu sein schien. Vielleicht mehr, als es ein erfahrener Agent sein sollte, selbst wenn es um den Tod eines Verwandten ging. Dabei hatte er deutlich gemacht, dass sie sich nicht nahe standen.

Morley führte Bill und Riley in den Bereich der Forensischen Pathologie, wo sie dem Team-Chef, Dr. Rachel Fowler, vorgestellt wurden. Die Pathologin zog das Kühlfach auf, in dem Nancy Holbrooks Leiche aufbewahrt wurde.

Riley zuckte bei dem vertrauten Geruch von Verwesung zusammen, auch wenn er noch nicht sehr stark war. Sie sah, dass die Frau recht klein und sehr dünn gewesen war.

“Sie war nicht lange im Wasser”, sagte Fowler. “Die Haut hat gerade angefangen zu knittern, als wir sie gefunden haben.”

Dr. Fowler zeigte auf die Handgelenke.

“Sie können die Fesselspuren von den Seilen sehen. Es sieht aus, als wäre sie zum Zeitpunkt des Todes gefesselt gewesen.”

Riley bemerkte vielsagende Zeichen im Ellbogen der Leiche.

“Das sieht aus wie Einstichmale”, sagte Riley.

“Genau. Sie hat Heroin geschossen. Ich nehme an, dass sie in eine schwere Abhängigkeit gerutscht ist.”

Die Frau schien magersüchtig gewesen zu sein, was zu Fowlers Theorie bezüglich der Abhängigkeit passte.

“Die Art von Abhängigkeit scheint nicht typisch für ein Luxus-Callgirl zu sein”, sagte Bill. “Woher wissen wir, dass sie eins war?”

Fowler zeigte ihnen eine laminierte Visitenkarte in einer Asservatentüte. Darauf war ein provokatives Foto der toten Frau zu sehen. Als Name stand auf der Karte einfach 'Nanette' und die Firma hieß 'Ishtar Escorts.'

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Yaş sınırı:
16+
Litres'teki yayın tarihi:
10 ekim 2019
Hacim:
301 s. 2 illüstrasyon
ISBN:
9781632917607
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