Kitabı oku: «Gesicht des Todes», sayfa 13
Nicht nur das, aber das helle Licht der Taschenlampe strahlte ihnen in die Augen. Als die ältere Frau endlich ihre Aufgabe beendete und die Schlüssel in ihre Handtasche tat, wusste der Mann, dass das seine Chance war. Sobald das Licht aus war, würden sie in dieser Dunkelheit so gut wie blind sein. Er würde sie sehen, sie würde ihn nicht sehen.
Das war seine Möglichkeit, das Muster fortzuführen.
Er wartete, bis das Licht ausging und sprang dann aus seinem Versteck, um zuzuschlagen.
Kapitel einundzwanzig
Zoe schlug auf das Kissen, versuchte, es irgendwie bequem zu bekommen, obwohl es sinnlos schien. Das dünne, fast ziegelartige Kissen, falls man es überhaupt so bezeichnen konnte, bot nicht viel Hoffnung. Es war so unbequem wie es nur sein konnte, genau die Art, die in diesen günstigen Motels zur Verfügung gestellt wurde.
Zoe hatte nicht versuchen wollen, zu schlafen, aber Shelley hatte darauf hingewiesen, dass sie sich für einen höchstwahrscheinlich langen Tag ausruhen mussten. Zoe wäre lieber zum Einsatzraum zurückgekehrt und hätte die Nacht durch gearbeitet, aber Shelley, die am Steuer saß, hatte vor dem Motel angehalten und darauf bestanden.
Es war schwer zu schlafen, wenn man wusste, dass man versagt hatte. Dass man einen Mörder in Reichweite gehabt und ihn trotzdem nicht bekommen hatte. Sie begriff immer noch nicht, wie ihr das hatte passieren können. Alles hatte gestimmt – das Auto hatte auf die Reifenspuren gepasst, die Farbe war die gleiche, die sie unter den Fingernägeln des toten Mädchens gefunden hatten, alle diese Zahlen hatten gestimmt. Der richtige Verdächtige für den Fall.
Aber er war nicht der richtige Verdächtige gewesen und es gab auch keine Veranlassung mehr, dass Zoe an dieser vergeblichen Hoffnung festhalten konnte.
Sie hatte versagt und als sie ihre Augen schloss, sah sie, wie diese toten Frauen sie von den Tatortfotos, die sie sich so lange angesehen hatte, anstarrten. Nicht genug, schienen sie ihr zu sagen. Du hast nicht genug getan, um ihn aufzuhalten. Sie hatte sich bei den örtlichen Polizeistreifen erkundigt, aber niemand hatte etwas gemeldet.
Sie drehte sich auf ihre andere Seite. Die Laken waren nach einer Stunde des Hin- und Herdrehens bereits um ihre Beine gewickelt, es war ihr unmöglich, Bequemlichkeit zu finden, oder den Lärm in ihrem Kopf abzustellen. Sie ging es immer und immer wieder durch, das Muster, die Zahlen, die Koordinaten auf der Landkarte. Egal, wie sie es betrachtete, es fühlte sich richtig an. Als ob es keine Möglichkeit gab, dass sie irgendwo einen Fehler gemacht hatte.
Und trotzdem war der Verdächtige der falsche Mann gewesen und der richtige Mörder war davongekommen. Vielleicht, um jemand anderen umzubringen. Höchstwahrscheinlich, wie sie zugeben musste. Man kam nicht so weit und hörte dann auf, weil die Polizei zu nah dran war.
Zoe zwang ihre Augen erneut zu, versuchte, ein wenig Zen in sich zu finden, das es ihr erlauben würde, sich zu entspannen und wegzudösen. Es war nicht einfach. Die Gesichter toter Mädchen schwammen vor ihrem geistigen Auge, verhöhnten sie mit ihrem Versagen. Sie hatte sie hängenlassen. Sie hatte noch jemanden hängen lassen, jemanden, dessen Gesicht sich bald dazugesellen würde.
Sie konnte darüber nicht nachdenken. Sie drehte sich erneut und versuchte, sich zum Schlaf zu zwingen, drückte die Augen so fest zu, dass ihr ganzes Gesicht sich nach innen verzog.
Irgendwann musste sie eingeschlafen sein. Das musste sie, denn ihre Mutter war nicht hier in Kansas und deshalb konnte es nicht sein, dass sie vor Zoe Bett stand.
„Mom?“ flüsterte Zoe, ihre Stimme kam leise und hoch heraus, die Stimme eines Kindes.
„Warum hast du nicht um Vergebung gebetet?“ fragte ihre Mutter harsch und stechend. „Ich habe es dir gesagt, Teufelskind. Du musst Gott anflehen, dich zu ändern.“
„Ich habe gebetet, Mom“, protestierte Zoe. Das hatte sie. Jede Nacht, bis ihre Knie vom Knien auf den Holzdielen vor ihrem Bett aufgeschürft waren, Gott anflehend, sie zu ändern.
„Was ist das hier dann?“
Zoe spürte das Gewicht von etwas, das auf die Bettdecken neben ihr geworfen wurde und zuckte zurück. Sie wusste bereits, was es war. Es war ein Beweisstück – Zeichen, dass sie immer noch ihre Kraft benutzte, immer noch die Zahlen sehen konnte. Sie hätte nie etwas aufschreiben sollen. Sie hatte sich nur an ihre Berechnungen erinnern wollen, sie benutzen wollen, um vielleicht etwas Eigenes zu bauen. Jenny war die Einzige in ihrer Klasse, die sich einen Spielzeugroboter leisten konnte, aber Zoe hatte alle Teile dort drin gesehen und wusste, wie er funktionierte. Wenn sie die Teile nur alle bekommen könnte–
„Du bist ein böses Kind“, sagte Zoes Mutter, ihr Atem heiß auf Zoes Gesicht. „Zoe, du steigst jetzt sofort aus diesem Bett und betest mit mir. Wir werden die ganze Nacht beten, hörst du mich? Wir werden darum beten, dass du uns nicht wieder beschämst und blamierst. Komm her und geh auf deine Knie.“
Zoe kämpfte sich aus dem Bett, spürte mit einem Wimmern das harte Holz auf ihrer zarten Haut, und krampfte ihre Hände zusammen.
Und dann gab es einen kaum bemerkbaren Wechsel zu einem anderen Tag, als sie anfing, ihre Sachen zu packen, sie alle in zwei Pappkartons unterzubringen, alles, was sie auf der Welt besaß.
„Du kannst nicht einfach so hier weggehen“, fauchte ihre Mutter, schoss vom Türrahmen die Worte wie Vipern ab. „Wir sind deine Familie, Zoe. Wer hat schon mal von einem Kind gehört, das seiner armen Mutter so etwas antut?“
„Du bist nicht mehr meine Mutter“, sagte Zoe, nahm ein Kleid von einem Bügel in ihrem Schrank. „Zumindest nicht juristisch. Ich kann tun, was ich möchte.“
„Ich habe dieses Kleid gekauft“, sagte ihre Mutter, trat vor und riss es ihr aus den Händen. „Das ist meins. Du kannst es nicht haben, Teufel!“
„Es gibt keinen Teufel“, sagte Zoe, der Unterhaltung müde, der immergleichen Sache müde. „Hier bin nur ich.“
„Du bist der Dämon.“ Ihre Mutter zeigte in ihr Gesicht, trat vor, drang in ihren persönlichen Bereich ein. „Du bist der Teufel, du bist das Böse. Da war nie ein Kind von mir. Du wurdest von mir schon als Dämon geboren. Und Dämon, du wirst mir nichts mehr stehlen!“
Zoes Mutter schlug den Karton aus ihren Händen, so dass er auf den Boden knallte. Kleider und Bücher fielen heraus, die wenigen Dinge, die Zoe sich über die Jahre selbst angeschafft und tatsächlich gemocht hatte. Kleine bunte Bonbons verteilten sich in einer Fibonacci-Spirale um alles.
Fotografien toter Mädchen fielen aus den Seiten von Büchern. Es juckte sie, die Hand auszustrecken und sie aufzuheben, sie umzudrehen und zu sehen, was auf der Rückseite eventuell stand, aber sie gehörten nun zum Haushalt ihrer Mutter. Und dies war nicht mehr länger Zoes Zuhause.
Sie starrte sie einen Moment an, wusste, dass ihre Mutter wenigstens einen Teil dieses Kampfes gewinnen musste. Gerichtlich für mündig erklärt oder nicht, Zoe würde nicht körperlich gewalttätig werden. Solange sie hier wegkam, reichte ihr das.
„Okay“, sagte sie und drehte sich um und ging hinaus, und das war das.
Und sie wachte schwitzend auf, spürte das Gewicht der Hand ihrer Mutter an ihrem Hinterkopf, taumelte einen Moment, bevor sie begriff, dass sie immer noch in einem Motel in Kansas war.
* * *
Das Brummen einer Mitteilungsbenachrichtigung weckte Zoe zum zweiten Mal aus ihrem unruhigen Schlaf, zwang ihre Augen auf. Ihr Gesicht war auf den Radiowecker gerichtet und sie las die Zahlen auf dem Display mit einem Gefühl dumpfer Unauswegbarkeit. Natürlich hatte sie es nicht bis zum Morgen geschafft. Es war erst kurz nach fünf Uhr, nur wenige Stunden, nachdem sie ihren Kopf auf dieses steinharte Kissen gelegt hatte.
Zoe streckte die Hand aus und griff nach ihrem Handy. Sie schlief ohnehin nicht gut, nicht richtig, und bei einem solchen Fall ignorierte kein Agent eine Mitteilung. Was auch immer es war, es konnte wichtig, zeitlich bedeutend sein. Die Art Informationen, die man sofort erfahren musste.
Sie las die Mitteilung und fühlte, wie ihr Herz noch niedriger sank, als sie es für möglich gehalten hätte.
„Nein“, sagte sie laut. „Nein, nein, nein!“
Shelley bewegte sich auf dem anderen Bett, ihre Augen öffneten sich. „Was ist?“ fragte sie, die Benommenheit des Schlafes verschwand, als sie sich zur Aufmerksamkeit zwang.
„Polizei“, sagte Zoe, hielt den Klumpen von irgendwas in ihrer Kehle zurück, das sie zu überwältigen drohte. „Zwei der Themenparkangestellten wurden von ihren Familien als vermisst gemeldet. Sie wachten heute Morgen auf und stellten fest, dass sie letzte Nacht nicht nach Hause gekommen sind. Sie geben eine Suchmeldung mit ihren Beschreibungen heraus und leiten eine Fahndung ein. Jeder wird gebraucht.“
„Er hat sie sich geschnappt, oder?“ fragte Shelley. Sie setzte sich im Bett auf, ihr blondes Haar fiel unordentlich über ihre Schultern, vom Schlaf durcheinander. „Unser Mörder.“
Zoe musste es nicht bejahen. Sie wussten es beide.
Sie hatten es nicht geschafft, ihn aufzuhalten und jetzt würden es zwei weitere Frauen mit ihrem Leben bezahlen.
Kapitel zweiundzwanzig
Zoe lehnte sich in ihrem Sitz nach vorne, wünschte, das Auto würde schneller fahren. Sie konnte sehen, dass Shelley das Gaspedal schon durchgedrückt hatte, aber das schien nicht schnell genug zu sein. Sie umklammerte ihren Sicherheitsgurt, versuchte, die Reiseübelkeit zu ignorieren, die ihre Speiseröhre emporstieg, sich stattdessen auf die vor ihnen liegende Aufgabe zu konzentrieren.
Zoe drehte sich um, um auf den Rücksitz zu schauen. Der große Polizist Max, der Sheriff und einer seiner Hilfssheriffs fuhren mit. Zoe und Shelley waren von ihrem Motel zur ihrer Einsatzzentrale gerast und hatten sich von dort fast ohne Pause zum Tatort aufgemacht.
Die Morgendämmerung brach gerade erst an und sie waren nah an der Kansas Giant Dinosaur Fair, die nur ein paar Minuten den Highway weiter runter lag. „Gibt’s schon was?“
Der Sheriff schüttelte seinen Kopf, blickte auf sein Telefon hinunter. „Sieht so aus, als ob wir die Ersten dort sein werden.“
Ihre Schnelligkeit beim Aufwachen und Einsteigen ins Auto hatte sie als Erste zum Tatort gebracht. Weitere Polizisten waren zu den Wohnsitzen der beiden Frauen gefahren, um Aussagen aufzunehmen. Zwei Familien, die morgens aufgewacht waren, um Betten vorzufinden, in denen nicht geschlafen worden war, festzustellen, dass geliebte Menschen nicht nach Hause gekommen waren.
Unter allen Angestellten waren nur die beiden Frauen weiterhin unauffindbar. Alle anderen waren viel früher gegangen und zu Hause eingetroffen. Das hatte ein einfacher Rundruf ergeben.
Im Auto herrschte Anspannung, jeder von ihnen wusste, dass sie die Frauen wahrscheinlich nicht lebend finden würden. Entweder war eine oder waren beide die letzten Opfer des Mörders geworden. Nun blieb nur noch, herauszufinden, welche von ihnen es war und ob er sein Verbrechen erfolgreich hatte durchführen können.
Shelley setzte den Blinker, versuchte, in den Parkplatz einzubiegen. Sie fluchte, als sie ihre Spiegel und die Gegenfahrbahn betrachtete und auf eine Lücke im starken morgendlichen Verkehr der riesigen Trucks wartete, die ihre Ladungen durch den Staat fuhren. Es war nur eine Verzögerung von einigen Sekunden, bevor sie es schaffte, aber sie spürten es alle. Jede einzelne Sekunde zählte in einem solchen Fall.
Zoe öffnete die Autotür und sprang heraus, bevor Shelley den Schalthebel auf die Parkposition gestellt hatte, ihre Augen machten bereits eine Stelle am Rand des Grundstücks aus, die auf den ersten Blick nur wie ein Haufen Stofflappen aussah. Zoe war an genügend Tatorten gewesen, um zu wissen, dass es kein Haufen Stofflappen war. Es war Kleidung und die Kleidung wurde von einer Frau getragen.
Von der Straße aus verdeckte die zehnprozentige Neigung des Grundstücks den Körper perfekt. Aus der Nähe war er unmöglich zu übersehen. Zoe streckte ihre Arme hinter sich aus, als Warnung an die anderen, sich nicht zu nähern, und begann, den Bereich vorsichtig und langsam zu untersuchen.
Wie erwartet fanden sich keine Fußabdrücke. Der Boden war hart, abgesehen von dem Rand des Grundstücks, an dem sich Gras an der Oberfläche ausbreitete, aber der Mörder hatte nicht den Fehler gemacht, in den Matsch zu treten. Als Zoe sich bückte und sich dann vorwärts schob, alles genau betrachtend, den Kopf neigend, um einen anderen Blickwinkel zu bekommen, sah sie nichts, das einen Hinweis zum Verlauf der Geschehnisse gab. Die Sonne erreichte die andere Seite des Highways, ging über der Ebene auf, die sich in Entfernung von den Bäumen ausstreckte. Goldenes Licht strömte herab und über die Leiche, hob das kupferne Funkeln in dem braunen Haar der toten Frau hervor.
Goldenes Licht für den goldenen Schnitt, dachte Zoe, näherte sich allmählich, während sie die Maße des Opfers abschätzte. Der Körper lag in einer Blutlache, diese war allerdings kleiner und ordentlicher als die, die sie am letzten Tatort gesehen hatten. Trotzdem errechnete Zoe, dass es, wenn man bedachte, was in die Erde eingesickert war, die maximale Menge war, die ein Körper entbehren konnte. Die Frau war dort ohne große Gegenwehr hingefallen. Sie war bewegungslos ausgeblutet, vielleicht schon vom Blutverlust oder dem Schock ohnmächtig, bevor dem Herzen das Blut zum Pumpen ausging. Zoe konnte eine tiefere Wunde am Hals sehen, fast vier Zentimeter länger, obwohl der Winkel des Angriffes mit dem der anderen Leichen übereinstimmte. Die für ihren Mörder ermittelte Größe von 1,80 m bestätigte sich.
Das Blut war nirgendwo verschmiert, alles war ordentlich erhalten. Das hätte er gemocht, dachte Zoe. Er wäre zufrieden gewesen. Aber für sie bedeutete es, dass es keine Zeichen oder Beweise gab, die darauf hinwiesen, was mit der anderen Frau passiert war.
„Es ist die ältere Frau“, sagte Max, der direkt hinter Zoe über sein Telefondisplay strich. Sie drehte sich, um ihn anzusehen. „Die Fotos der Mitarbeiterakten kamen gerade durch. Der Teenager ist blond.“
Zoe kam aus der Hocke hoch, wandte sich an Max und die beiden vom Polizeirevier. „Verteilen Sie sich“, sagte sie. „Prüfen Sie die Bäume hier und im Themenpark. Wir müssen sicherstellen, dass sie nicht mehr hier ist.“
Sie nickten und gingen los, begegneten Zoes Knappheit mit ihrem eigenen Schweigen. Zoe wusste, dass sie heute mit ihrer knappen Art, die oft als unsozial oder arrogant beschrieben wurde, nicht positiv auffallen würde. Es mussten Dinge erledigt werden. Jemandes Leben war vielleicht noch in Gefahr.
Shelley hockte sich neben sie, deutete auf die Leiche. „Was kannst du sehen, Z?“
Da die anderen außer Hörweite waren, hockte sich Zoe wieder hin, las die Zahlen vom Tatort vor sich, als ob sie auf eine Seite gedruckt waren. Es war seltsam erfrischend, mitteilen zu können, was sie sehen konnte, anstatt es für sich behalten zu müssen. „Das Opfer ist 1,70 m, was zu unserem Täterprofil passt. Sie wiegt außerdem um die 54,5 kg, nicht zu schwer oder stark, um ihm Probleme zu bereiten. Er hat die Garrotte von hinten um ihren Hals geschlungen, stand dort, zog so fest, dass sie fast sofort umgefallen ist. Die Wunde an ihrem Hals ist auf jeder Seite etwa vier Zentimeter länger als bei den vorherigen Opfern, was auf eine größere Kraft und einen tieferen Schnitt hinweist. Er wollte dieses Mal sichergehen, nach dem Fehler mit Rubie.“
Zoe stand auf, ging im Bogen, um einen besseren Blick zu bekommen. „Sie fiel hier hin und bewegte sich danach nicht. Das kannst du an der Blutlache erkennen – ein fast perfekter Kreis, was gleichmäßige Verteilung bedeutet. Ich würde annehmen, dass die leichte Abweichung auf der linken Seite an der unebenen Oberfläche des Grundstücks liegt. Es hätte fünfzehn oder sechzehn Sekunden gedauert, bis sie so viel Blut verloren hat, was mich zu der Annahme bringt, dass sie nach dem Angriff entweder bewusstlos war oder unter großem Schock stand.“
„Die Teenagerin?“ fragte Shelley.
Zoe schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. „Hier ist nichts, aus dem ich etwas lesen kann. Aber es gibt einen Grund, warum er diesen Mord schnell erledigt haben wollte, warum er so viel Kraft aufgewendet hat, um ihren Hals so schnell aufzuschneiden. Ich denke, dass sie zusammen waren. Er musste die Erste erledigen und so schnell wie möglich die Zweite angreifen.“
Shelley nickte, bewegte den Anhänger ihrer Kette zwischen ihren Lippen und sprach um ihn herum. „Er hat sie mitgenommen.“
Es war keine Frage. Die Fakten, die Zoe erkennen konnte, ließen keinen anderen Schluss zu. Auch wenn die zwei Frauen den Parkplatz getrennt betreten hätten, gab es Hinweise, dass der Mörder rasch weiterkommen wollte, und das Mädchen war nicht mehr hier.
„Er kam zurück, nachdem wir gestern Abend hier weggefahren sind. Die Leiche liegt weniger als fünf Stunden hier. Er muss verzweifelt gewesen sein. Vielleicht wollte er nicht riskieren, heute Nacht kein Opfer zu finden. Wenn er eine Geisel bei sich hat, kann er sicher sein, dass er es durchführen können wird.“
Shelley schauderte zusammen, stand wieder auf. „Sie muss völlig verängstigt sein. Wenn sie gesehen hat, wie ihre Kollegin umgebracht wurde …“
Zoe neigte den Kopf zustimmend, auch wenn sie nicht begriff, welche Bedeutung das für die Ermittlung hatte. Das würde ihnen nicht helfen, sie zu finden und ihr Leben zu retten. „Sieh dir den Arm der Frau an. Da ist eine leichte Einbuchtung über dem linken Ellbogen. Siehst du es? Sie trug dort immer etwas, wahrscheinlich eine Handtasche. Der Muskel ist auf dieser Seite auch eine Nuance dicker. Es ist aber keine Tasche mehr hier.“
„Er hat sie wahrscheinlich mitgenommen, um die Identifikation zu verzögern“, sagte Shelley.
„Er kauft sich damit Zeit, weiter wegzukommen. Ja, er hat sie definitiv mitgenommen.“ Zoe nickte, drehte sich um und sah hinüber zu ihren örtlichen Helfern. Alle drei Männer hatten ihnen den Rücken zugewandt, durchsuchten das Areal. Der Sheriff war fast völlig zwischen den Bäumen verschwunden.
„Sollen wir sie zurückrufen?“
„Nein, die Durchsuchung muss gemacht werden. Wir müssen gründlich sein. Hörst du das?“
Sie drehten sich beide und blickten wieder zwischen die Bäume, sahen, wie der Sheriff ein Funkgerät an sein Gesicht hob und hineinsprach. Danach ertönte das Knacken wieder, das gleiche Geräusch, das von den Bäumen zu ihnen gedrungen war. Er kam umgehend zu ihnen, machte zwischen den hohen glatten Baumstämmen entschlossene Schritte.
„Wir haben was“, rief er ihnen zu, wartete nicht, bis er in Hörweite war, um die Nachricht weiterzugeben. „Ein Polizist sah gestern Nacht während seiner Streife einen Mann, der zu Fuß auf den Parkplatz kam.“
„Warum hat er ihn nicht angehalten?“ fragte Zoe, sofort gereizt. War dieser Mörder ihnen erneut direkt unter der Nase weggeschlüpft? Zweimal in einer Nacht?
„Warten Sie“, sagte der Sheriff, hielt nah bei ihnen an, leicht außer Atem. „Trooper, wiederholen Sie, was Sie mir gerade erzählt haben.“
„Ja, Sir“, ertönte es durch das Knacken und Zischen des Funkgerätes. „Ich sah einen Herrn nach Mitternacht über den Parkplatz gehen. Ich fragte ihn, was er tat und er sagte, er hätte seine Geldbörse verloren. Ich sagte ihm, er solle am Morgen zurückkommen und er machte sich wieder auf den Weg zu seinem Auto, welches ein kurzes Stück entfernt stand.“
„Beschreibung des Fahrzeugs?“
„Ein Ford Taurus.“
„Farbe?“ fragte Zoe.
Eine Pause entstand. „Ääh … Es parkte am Straßenrand, entfernt von irgendwelchen Lichtquellen. Ich bin nicht sicher.“
„Grün?“
„Yeah, könnte sein.“
„Was ist mit dem Verdächtigen?“ unterbrach Shelley.
„Etwas mehr als mittelgroß, vielleicht 1,77 oder 1,80, dünner Typ. Dunkle Haare, ziemlich kurz geschnitten. Ich würde ihn auf Mitte zwanzig schätzen.“
„Sonst noch was?“ fragte der Sheriff ins Funkgerät. „Irgendwas, das hilft, ihn zu identifizieren?“
„Mir fällt nichts ein, Sir. Ich habe meine Dashcam überprüft. Er ist dort kurz zu sehen, aber nur sein Körper. Er trug einen grauen Sweater und dunkle Hosen. Das war’s.“
Der Sheriff seufzte und dankte dem Mann, rieb sich die müden Augen. „Ich gebe eine Fahndung heraus.“
„Das wird nicht klappen“, sagte Zoe, kaute auf ihrer Lippe und sah in die Ferne. „Er ist zu klug, um sich jetzt schnappen zu lassen. Wir hätten ihn letzte Nacht erwischt. Jetzt weiß er, dass wir hinter ihm her sind. Es wird viel schwieriger sein.“
Der Sheriff bedachte sie mit einem harten Blick. „Nichts für ungut, Agent, aber ich muss die Bürger dieses Counties beschützen. Ich kann nicht Ihren Theorien hinterherrennen und ihn jedes Mal entwischen lassen. Dass Sie letzte Nacht den falschen Kerl geschnappt haben, ist der Grund, dass diese Frau hier gestorben ist.“
Er war zu weit gegangen. Das war klar. Ein Sheriff sprach nicht so mit jemandem vom FBI, ganz gleich, wer höherrangiger war. Aber bis Zoe verwunden hatte, dass er nicht falsch lag, hatte er ihr schon den Rücken zugedreht, um Befehle in sein Funkgerät zu sprechen und seine Männer in Bewegung zu bringen.
Shelley steckte ihre Hand aus und legte sie kurz auf Zoes Arm, wie es ihr zur Gewohnheit wurde. Zoe nickte scharf als Antwort, hörte dem Sheriff zu, während er eine Rasterfahndung einleitete.
„Es besteht immer eine Möglichkeit, nehme ich an“, sagte Shelley, versuchte, etwas Tröstendes zu finden. „Wir sollten alle Optionen nutzen.“
„Uns entgeht immer noch etwas“, sagte Zoe, wusste es jetzt sicher. „Da war kein grüner Ford Taurus auf dem Parkplatz beim Themenpark. Wir hätten ihn gesehen.“
Hinter Zoes Worten steckte eine andere quälende Gewissheit. Der Mörder schlug jede Nacht zu – und nur einmal pro Nacht. Es war mehr als wahrscheinlich, dass das Teenagermädchen noch lebte.
Ihr Handy brummte mit einem Alarm und sie öffnete es, um eine Fotografie der vermissten Teenagerin zu sehen, die ihr sowie jedem Strafverfolgungsbeamten der Gegend zugestellt worden war. Eine Informationsauflistung gab ihren Namen als Aisha Sparks an, siebzehn Jahre alt. Ein jüngerer Bruder. Sie war Tänzerin und liebte Kinder, wollte ins College gehen, um Sozialarbeiterin zu werden. Ein anständiges Mädchen.
Zoe starrte auf Aishas liebliches Lächeln, auf einer Fotografie, die offensichtlich für das Jahrbuch einer Schule gemacht worden war, und wusste, dass sie sie retten musste. So viele waren schon gestorben. So viele, die hätten gerettet werden sollen.
Wenn sie Aisha nicht retten konnte, würde es alles auf ihren Schultern lasten, das wusste Zoe. Alles ihre Schuld. Wenn sie in irgendeiner Weise wettmachen wollte, dass sie es so weit hatte kommen lassen, ihm mehr Leben hatte nehmen lassen, dann musste sie ihn davon abhalten, auch dieses zu nehmen.