Kitabı oku: «AMANDA», sayfa 2
Ben
Als wir uns wieder der Halle zuwenden, offenbart sich ein Tor, das uns zuvor entgangen ist. Die Aufschrift auf der Messingtafel neben dem dunklen Eingang erweckt meine Neugier:
Sonderausstellung: Explizite Fotografien – strengstes Jugendverbot. Zutritt ab 18 Jahren
Ich bleibe stehen, werde mir dessen aber erst bewusst, als Yvonne an meinem Arm zieht. „Was heißt explizit?“, frage ich, anstatt ihrer stummen Aufforderung Folge zu leisten. „Porno? Alles andere gibt es doch schon hier zu sehen und jugendfrei ist hier gar nichts.“
„Na, schön“, lenkt Yvonne ein. „Wenn du meinst. Jetzt hast du mich angesteckt mit deiner Neugier.“ Sie setzt sich in Bewegung, ehe ich erwidern kann, dass ich mir keineswegs sicher bin, ob ich wirklich mehr sehen will. „Komm schon“, ermutigt sie mich. „Oder willst du doch noch kneifen?“
Kneifen ist mein Stichwort. Kurz blitzt unsere alte Konkurrenz auf, doch dann lächele ich meine Bedenken in Grund und Boden und folge Yvonne ins Halbdunkel. Das Gemurmel der zahlreichen Gäste bleibt hinter uns zurück, verstummt, als wären wir plötzlich an einem völlig anderen Ort. Die engen, verwinkelten Korridore aus grauen Wänden bilden einen Kontrapunkt zu den hellen weiten Räumen der Hauptausstellung. Die Anordnung erlaubt keinerlei Rückschluss darauf, ob wir hier unter uns sind, oder ob sich noch Jemand in dieses anstößige Anhängsel der lichten Muse wagt. Ich bin allein, schießt es mir durch den Kopf und der Gedanke beunruhigt mich. Unwillkürlich taste ich nach Yvonnes Hand, die meinen Griff erwidert, als sie mich spürt.
Erst nachdem sich meine Augen an das Zwielicht gewöhnt haben, wage ich den Schritt, der mir den Blick in eine Nische mit einer blutroten Seitenwand eröffnet. Ein Bild von zwei mal zwei Meter und zeigt eine Japanerin. Zahllose kunstvoll verknotete Stricke schneiden in ihre nackte Haut, während sie hilflos von der Decke hängt, waagrecht, mit dem Rücken nach oben, die Arme nach hinten und oben verdreht. Als wäre das nicht genug, sitzen Klammern aus blitzendem Edelstahl an den Warzen ihrer streng eingeschnürten Brüste, die zudem mit Metallgewichten beschwert sind. Ihre Knie sind durch die Fesseln so stark angewinkelt, dass die Unterschenkel wieder nach vorne zeigen und die Fersen an ihrem Po liegen, dessen leicht gebräunte Haut ebenso von erstarrten roten Wachstropfen übersät ist, wie die dem Betrachter zugeneigten Fußsohlen. Die junge Frau ist hübsch, doch ihre Miene spiegelt Verzweiflung, zeigt eine Hilflosigkeit gegenüber einem anonymen, unsichtbaren Peiniger, der in scharfem Kontrast zur kühlen Hochglanzästhetik des technisch hervorragend geschossenen Bildes steht.
„Au!“, sagt Yvonne. Erst da bemerke ich, dass ich die Luft angehalten habe und ihre Hand drücke, als hinge mein Leben davon ab. „Entschuldige bitte“, murmle ich und lasse sie los. „Aber das ist ….“ Ich ringe um Worte, während in mir eine Wut hochsteigt, deren unmittelbare Wucht mich aus der Fassung bringt. „Abstoßend und grausam ist das“, mache ich mir Luft. „Wer tut so etwas? Wer kann so etwas als erotisch empfinden? Das ist doch die totale Erniedrigung.“
Etwas in mir erwartet leidenschaftliche Zustimmung, doch Yvonne steht nur da, starrt mit geröteten Wangen und glühend roten Ohren auf das Bild und bemerkt erst nach einigen Augenblicken, dass ich auf eine Reaktion von ihr warte. „Ich weiß nicht“, sagt sie schließlich mit einer Ruhe, für die ich keinerlei Verständnis aufbringen kann. „Ist doch ihre Entscheidung, ob sie sich für so etwas hergibt. Du weißt doch selbst, was die Leute alles tun fürs Geld.“
„Blödsinn“, erwidere ich heftig und sehe sie durchdringend an. „Wahrscheinlich irgendein armes, ausgebeutetes Ding, das keinen anderen Ausweg sieht. Oder sie ist auf Drogen aus, wenn sie nicht gar irgendwohin verschleppt wurde und als Sklavin gehalten wird.“
Yvonne sieht mich verunsichert an. „Glaubst du wirklich? Das wär ja furchtbar.“
„Da kann ich sie beruhigen“, erklingt hinter uns eine tiefe Männerstimme. Ich zucke zusammen und fahre herum, während das Adrenalin in meinen Körper schießt. Fast wäre ich dabei noch gestrauchelt, doch ein fester Griff an meinem Arm verschafft mir den nötigen Halt. „Entschuldigen sie bitte“, fügt er hinzu. „Ich wollte sie nicht erschrecken. Mein Name ist Benedikt, Benedikt Harving.“
„Amanda“, sage ich hastig. „Ich heiße Amanda und das ist meine Freundin Yvonne.“ Ich sehe keinen Grund, einem Wildfremden meine ganzen Namen zu verraten und will Yvonne zuvorkommen, ehe sie zu viel von uns preisgibt.
Benedikts Gesicht ist markant und braungebrannt. Die Lippen, die zu einem einladenden Lächeln geöffnet sind, können vermutlich auch sehr energisch wirken und seine Nase ist ein wenig zu lang, obwohl sie auf den zweiten Blick gut zu seinen restlichen Zügen passt. Das volle blonde Haar, das er in einer ebenso unauffälligen wie schmucken Kurzhaarfrisur trägt, ist nur einen Tick dunkler als meines, doch all das verblasst neben den wasserblauen Augen, deren Blick auf mir ruht, als hätte er soeben ein Einhorn erblickt. Ich versuche sein Alter zu schätzen, komme aber auf keinen grünen Zweig. Er kann ebenso gut dreißig sein wie fünfundvierzig und trägt jene Gelassenheit zur Schau, die allzu oft aufgesetzt wirkt, ihm aber überraschend gut zu Gesicht steht.
„Was sehen sie?“, erkundigt sich Benedikt mit einem Nicken in Richtung des Bildes, das mich so aus der Fassung gebracht hat, und diesmal höre ich einen leichten Akzent aus seinem kultivierten Deutsch, den ich nicht einordnen kann. Erst als ich mich umwende, bemerke ich, dass seine Hand noch auf meinem Arm liegt und im nächsten Moment vermisse ich die warme Berührung, als er sie jäh zurückzieht.
Obwohl sich mein erster Zorn über die unmenschliche Behandlung der armen Frau gelegt hat, weiß ich, dass ich im Recht bin. Außerdem will ich mich nicht von ihm manipulieren lassen und so sehe ich keinen Grund mich zurückzuhalten. „Ich sehe eine Frau, die erniedrigt wird und gequält. Ich kann nicht erkennen, ob die voyeuristische Gier des Betrachters, die perversen Gelüste des unbekannten Täters oder doch die Geldgeilheit des Fotografen im Vordergrund steht, aber es interessiert mich auch nicht.“
Er nickt mit einer wissenden Arroganz, die mich gleich wieder auf die Palme bringt. „Für ein nicht vorhandenes Interesse reagieren sie recht heftig“, merkt er an. „Vielleicht geht es darum, sie emotional zu erreichen, ein Gefühl zu befreien, das sie tief in sich weggeschlossen haben. Sie empfinden Wut, doch entstammt aus dieser heraus nicht auch ihre Kraft?“
„Natürlich bin ich wütend!“, Ich übergehe seine hobbypsychologischen Ambitionen und bringe die Sache auf den Punkt. „So etwas tritt die Rechte der Frauen mit Füßen, als hätten die letzten einhundertfünfzig Jahre nie stattgefunden. Das ist inakzeptabel.“
„Frauenrechte?“ Er legt den Kopf schief und schmunzelt, als wäre ich die Erste und Einzige, die dieses Bild damit in Verbindung brächte. Dann erhellt sich seine Miene, als hätte ich ihm soeben die Erkenntnis des Abends vermittelt. „Interessant. Aber sie haben meine Frage nicht beantwortet.“
„Wieso?“, erkundige ich mich irritiert. „Ich dachte, ich hätte mich klar genug ausgedrückt.“
„Sie haben mir gesagt, was sie mit dem Bild assoziieren und welche Schlüsse sie daraus ziehen, aber meine Frage war, was sie tatsächlich sehen.“ Sein Blick ist eindringlich, als sähe er durch meine Augen in die Tiefen meiner Seele. Ich sollte ihn abkanzeln, das seltsame Gespräch beenden und diesen abartigen Ort verlassen, doch etwas hält mich davon ab.
„Ich weiß nicht, was ich denken soll“, schaltet sich Yvonne ein, die ich im Eifer des Gefechts völlig vergessen habe. „Es liegt unzweifelhaft Schmerz in ihrer Miene, aber auch eine ungewisse Erregung. Ich glaube nicht, dass sie Angst hat und sie zeigt eine Entschlossenheit, als wollte sie etwas durchziehen.“
Unfug, will ich erwidern, entscheide mich aber für einen zweiten Blick auf das Bild. Menschen mit Vorurteilen stoßen mich ab. Ich pflege sie in die Ecke zu drängen, bis sie zugestehen, nicht alles bedacht zu haben, doch diesmal bin vielleicht ich diejenige, die voreilige Schlüsse gezogen hat. Also werde ich sein Spiel mitspielen, bis ich ihm klar machen kann, mit welchen Details ich meine Einschätzung über dieses Machwerk untermauern kann.
Was sehe ich?
Die Augen der Japanerin zeigen tatsächlich eine wilde Entschlossenheit, als könne sie sich nur Kraft ihrer Gedanken über die Allmacht ihres Peinigers hinwegsetzen. Ja es scheint fast, als hielte sie das Heft in der Hand und würde nur darauf warten, was als nächstes geschähe. Die kleinen Brüste quellen zwischen den unnachgiebigen Stricken hervor. Die geklammerten Warzen sind fast weiß, doch die Höfe zeigen deutlich hervortretende Poren, was auf eine erhebliche Erregung schließen lässt, eine Erregung, der ich mich nicht entziehen kann, als ich mir der erotischen Ästhetik des Bildes bewusst werde. Ich bringe gerade noch genügend Selbstbeherrschung auf, nicht zu erschauern, als ich von einem jähen Pulsen zwischen meinen Beinen überrascht werde.
„Sehen sie dieses Zittern im Mundwinkel, fast, als könne die Photographie des Moments mehr als diesen einfangen?“, höre ich Benedikts Stimme. „Hier, diese Fältchen am Auge. Sieht das nach Leid aus?“
Ich will ihm widersprechen, bin aber vollauf beschäftigt, mit den unerklärlichen Reaktionen meines Körpers klar zu kommen.
„Das arme, ausgebeutete Ding hier hat für die Serie zwölftausend Dollar bekommen – und die schärfsten Orgasmen ihres Lebens“, fährt er fort. „Das waren ihre Worte“, fügt er hinzu, als wir ihn mit zweifelnden Blicken bedenken. „Dieses Bild entstand etwa drei Sekunden vor ihrem zweiten Höhepunkt. La Morte Petite, wie die Französinnen sagen, ‚der kleine Tod‘. Leid und Erfüllung als Gegensätze, die sich treffen. Wussten sie, dass diese französische Wendung auch in Japan geläufig ist?“
„Ist sie eine Masochistin?“, flüchte ich mich in ein letztes Klischee.
„Masochistin? Nein.“ Ben ist sichtlich belustigt. „Kuyn ist ein international erfolgreiches, gut bezahltes Modell. Die Bereitschaft, sich auf etwas Unkonventionelles einzulassen, steckt in jedem von uns, doch die wenigsten wagen es ihr nachzugeben. Manche springen lieber ohne Fallschirm aus einem Flugzeug, als sich völlig in die Hand eines anderen zu begeben, aber die Grundidee ist die gleiche.“
„Wow“, platzt Yvonne heraus. „Sie sind der Fotograf. Sie sind Ben Hardworth. Sie waren unartig. Sie haben uns angelogen.“ Sie flirtet den Mann derart ungeniert an, dass ich fast rot werde.
„Ein Pseudonym“, zieht er sich aus der Affäre. „Ein Künstlername. Ich hoffe, mein Geheimnis ist bei Ihnen gut aufgehoben. Sie wissen ja gar nicht, was für einen spontanen Shitstorm die Verbände in den sozialen Medien organisieren können, vor allem die Frauenrechtlerinnen.“ Er grinst mich derartig ungeniert an, dass ich mir ein Mauseloch wünsche, in das ich mich verkriechen kann.
„Sie sind Amerikaner?“, erkundige ich mich um Zeit zu gewinnen – und um Yvonne den Wind aus den Segeln zu nehmen.
„Ich bin in Amerika geboren“, gibt Ben bereitwillig Auskunft. Erst im zweiten Moment, bemerke ich, dass er der Frage nach seiner tatsächlichen Herkunft damit elegant ausweicht.
„Aber wenn sie keine Masochistin ist …?“, zieht Yvonne das Gespräch wieder an sich.
„Das Wichtigste ist absolutes Vertrauen“, antwortet Ben. „In jedem von uns steckt das Bedürfnis nach Abhängigkeit, sowohl im passiven, als auch im aktiven Part. Sobald sie sich uneingeschränkt aufeinander einlassen, entdecken sie die darin verborgene Kraft und es macht Spaß, diese im Sexuellen zu entfesseln. Kuyn ist da keine Ausnahme.“
Seine lässige Art reizt mich, stachelt meinen Widerstand an und jetzt hat er sich zu weit vorgewagt. Ich würde ihn nicht mehr vom Haken lassen. „Sie behaupten also ernsthaft, sie könnten so etwas mit jeder Frau machen?“
„Nicht mit Jeder, nein. Das wäre zu gewagt“, lenkt er scheinbar ein, doch sein Angriff folgt auf dem Fuß: „Aber sie könnte ich damit zum Höhepunkt führen, selbst wenn sie sich dagegen wehren.“
„Ha!“, ist das Einzige, das mir dazu einfällt, doch das hindert ihn keineswegs daran, seine aberwitzige Idee weiterzuspinnen. „Amanda, ich wette mit ihnen um zehntausend Dollar, dass ich sie innerhalb einer Stunde zu einem Höhepunkt führe, dem sie sich nicht verweigern werden.“ Er legt die Hand unter meine Achsel und streicht sanft die Brust entlang, bis zu der erigierten Spitze, die sich unter dem elastischen Gewebe abzeichnet. Ich bin so perplex, dass ich nicht einmal darauf reagiere. „Sehr schön“, sagt er, als begutachte er das Setting für eines seiner Bilder. „Bei ihnen wird das sogar gehen, ohne ihre Liebesknospe zu berühren.“
Obwohl ich gut verdiene, sind zehntausend Dollar eine Menge Geld für mich, doch seine letzte Ansage nimmt mir den letzten Zweifel, dass er nicht die geringste Chance hat. Hochmut kommt vor dem Fall. Robert war der einzige Mann, der mich gegen meinen Willen erregen konnte, und dafür hasse ich ihn heute noch. Das passiert mir sicher kein zweites Mal. Dennoch habe ich Bedenken. „Sie könnten mich so lange quälen, bis ich aufgebe.“
Ben lacht auf, ehe er ganz ernst wird. „Ich bin kein Sadist. Es ist ein Spiel um Lust und Schmerz, nicht mehr. Ich versichere ihnen, dass sie jederzeit abbrechen können, wenn es ihnen zu viel wird. In diesem Fall wäre unsere Wette hinfällig, aber ich verlasse mich darauf, dass sie diese Option nur nutzen, wenn ich ihre Grenzen tatsächlich überschreite.“
Verdammt, denke ich, während ich nach einem Ausweg suche, bei dem ich mein Gesicht wahre. Ich dachte, ich hätte ihn an der Angel und jetzt zapple ich im Netz. Andererseits reizt mich die Gelegenheit, seiner Arroganz einen Dämpfer zu versetzen, und das kann ich nur, wenn ich auf sein Spiel eingehe. „Na schön“, sage ich schnippisch. „Wie hat sich der Herr das denn vorgestellt? Gleich hier, vor allen Leuten, als Teil der Ausstellung?“
Bens Blick wird fast mitleidig. „Wie sieht es am Samstag in zwei Wochen aus? So gegen siebzehn Uhr?“ Er gibt mir eine Karte, auf der nur eine Adresse steht. „Kommen Sie genau so, wie Sie jetzt sind. Sie sehen perfekt aus. Selbstverständlich können Sie ihre Freundin mitbringen, als Rückversicherung, damit ich Ihnen nichts antue.“ Sein Lächeln wird breiter. „Falls Sie es sich noch anders überlegen, kommen Sie einfach nicht. Ich hätte sogar Verständnis dafür, wenn Sie kneifen.“
„Ich werde nicht kneifen“, entfährt es mir, ehe ich begreife, dass ich mir damit auch den letzten Ausweg verbaue. „Du kommst doch mit?“
Yvonne nickt begeistert und erst jetzt fallen mir ihre geröteten Wangen auf. Dass mein eigener Puls schneller geht, ist angesichts der verqueren Begegnung schon irritierend genug, aber etwas an der Vorstellung mich leiden zu sehen gefällt auch ihr. Oder wünscht sie gar, Bens Angebot hätte ihr gegolten?
Beim Gedanken sehe ich mich nach ihm um, doch er ist spurlos verschwunden. Mein Bedauern darüber schiebe ich auf den Umstand, dass ich ihn nun nicht mehr nach Einzelheiten unseres nächsten Treffens fragen kann. Daran, dass ich beim Abschied gerne noch einmal den Druck seiner warmen Hand verspürt hätte, kann es ja nicht liegen.
„Geht’s dir gut?“, erkundigt sich Yvonne, als ich mich nicht von der Stelle rühre.
Nur langsam wird mir bewusst, dass ihre Frage mir gilt und ich schüttle die Benommenheit ab, die sich meiner bemächtigt hat. „Ist das gerade wirklich passiert?“
Sie zeigt auf die Karte in meiner Hand und nickt. „Hätt ich dir echt nicht zugetraut, dich auf sowas einzulassen“, merkt sie mit deutlicher Bewunderung in der Stimme an.
„Ich mir auch nicht“, gebe ich zu. „Soll ich da wirklich hingehen?“
„Deine Entscheidung“, antwortet Yvonne. „Das hat er dir klipp und klar freigestellt.“
Wir verlassen den perversen Bereich fast fluchtartig, obwohl ein kleiner Teil von mir auf die übrigen Bilder neugierig ist, nur um zu sehen worauf ich mich einstellen soll, während der vernunftbegabte Rest meines Ichs nur weg will.
„Ich würd‘s tun“, sagt Yvonne, als wir in den hellen Hauptraum der Ausstellung treten.
„Was?“, frage ich irritiert, während wir die Augen zukneifen, bis sie sich anpassen.
„Na hingehen“, setzt sie nach. „Oder datest du jeden Tag so schnuckelige und zugleich geile Typen wie Ben?“
Ich weiß nicht, was ich ihr antworten soll. Klar hat sie recht, was Ben angeht. Meine Knie werden schon weich, sobald ich nur an den Blick seiner Augen denke, während mein Verstand darauf beharrt, dass ich jetzt völlig durchdrehe.
„Wenn du nicht gehst, dann geh ich“, sagt Yvonne unvermutet, als wir an die große Treppe kommen. „Ich weiß gar nicht, wieso er dich angesprochen hat.“ Ihr Blick gleitet über meine Figur und mein tief ausgeschnittenes Dekolletee, bis zu meinem Minirock, der meine langen sonnengebräunten Beine betont. Dann sieht sie an ihrem konservativ geschnittenen Hosenanzug hinab. „Na vielleicht weiß ich’s doch“, schließt sie ihre Musterung mit einem Anflug von Bedauern ab. „Die Männer sind ja doch alle gleich.“
„Gleich ist Ben sicher nicht“, entgegne ich. „Aber genau das macht mir auch Angst.“
Obwohl wir uns bemühen, das eine oder andere Gespräch in Gang zu bringen, landen wir immer wieder bei Ben und seiner unverschämten Wette, doch bald will ich nicht mehr darüber sprechen und so beschließen wir, den Abend zu beenden.
„Wirst du kommen?“, erkundigt sich Yvonne, als wir auf die Straße treten und uns der mittlerweile doch noch eingetretenen Abkühlung erfreuen.
„Ich glaub schon“, antworte ich, während sie in ihr Taxi steigt. „Ich ruf dich an, wenn ich mir sicher bin.“
* * * *
Kuyn
Die Japanerin windet sich in ihren Fesseln, während ihr Atem schneller wird. Ihr stoßweises Keuchen übertönt das Surren des Massagestabs, der von den kunstvoll geschnürten Stricken gegen ihre Scham gepresst wird. Das Blut pocht in ihren kleinen, abgeschnürten Brüsten, die weiter hervorstehen, als sie es jemals für möglich gehalten hätte und die Klammern pressen ihre Warzen flach. Sie will sich anfassen, will den Höhepunkt erklimmen, der unerreichbar in der Kluft zwischen Lust und Schmerz hängt, doch die Fesselung verhindert, dass sie aktiv wird. Sie ist ausgeliefert, abhängig von der Gnade des Mannes, der sie anlächelt, während er mit seiner Fernsteuerung den Vibrator abstellt. Zurück bleibt ihr Herz, dessen Schläge durch ihren überreizten Kitzler hämmern ohne die nötige Intensität zu erreichen.
„Amanda?“
„Was?“ Ich sehe auf und erkenne meine Assistentin Bianca. Sie ist nur wenige Monate jünger als ich und unterstützt mich seit drei Jahren bei meiner Arbeit. Ihr sonst so unbeschwertes Gesicht zeigt einen Anflug von Besorgnis.
„Hast du die Eingabe korrigiert, die ich dir nach dem Essen geschickt habe?“, erkundigt sie sich. „Ich brauche deine Anmerkungen und die muss noch heute raus.“
Eingabe? Verdammt. „Ich mach’s gleich“, gestehe ich ihr zu - und erschrecke, als mein Blick die Uhr streift, die in der Bearbeitungsleiste eingeblendet ist. Ich muss mich wirklich ranhalten, und selbst dann muss Bianca heute noch Überstunden machen, damit wir die Frist nicht versäumen.
„Ist mit Dir alles in Ordnung?“ Da ist kein noch so kleiner Vorwurf in ihrer Stimme, nur eine warmherzige Fürsorge, die mich mit Dankbarkeit erfüllt.
„Ja, danke, geht schon“, antworte ich knapper als gewollt.
„Sag Bescheid, wenn du was brauchst“, sagt sie und wendet sich zum Gehen.
„Bianca.“ Sie sieht über ihre Schulter zurück. „Ich beeil mich“, sage ich. „Du bist die Beste. Danke.“
Ihr Lächeln kehrt zurück und sie schlüpft aus der Türe. Ich bleibe zurück, mit zitternden Schenkeln, einer feuchten, fordernd pulsierenden Spalte und einem Job, den ich plötzlich als langweilig empfinde, obwohl ich ihn für gewöhnlich gerne mache.
Die Uhr zeigt Viertel nach Sieben. Meine Arbeit ist getan, aber ich will nicht gehen, ehe Bianca die Eingabe abgeschickt hat. Draußen ist es noch hell, sodass sich meine Umrisse nur flüchtig in der getönten Scheibe des Fensters abzeichnen. Kurz meine ich Diana zu sehen, den Blick sehnsuchtsvoll in die Ferne gerichtet wie auf jenem Bild aus Griechenland, doch es ist nur meine Spiegelung. Das bin nur ich.
Nur ich? Verdammt. Ich bin groß, schlank, attraktiv und intelligent. Was soll also dieses blöde nur. Ich habe es satt, dieses abfällige Kleinmachen, dieses Wegducken vor der eigenen Stärke. Mein Körper fühlt sich gut an und mein Geist so lebendig wie schon lange nicht. Ich ertappe mich dabei, dass ich mich an die Berührung warmer, fordernder Hände sehne. Heute Abend werde ich mich richtig verwöhnen, beschließe ich, mich bis zur totalen Erschöpfung ausreizen. Allein der Gedanke daran lässt meinen Puls schneller schlagen, bis mir einfällt, dass ich offenbar einen perversen Fotografen und seine obszönen Bilder benötige, um mich auf meine verborgenen Wünsche einzulassen.
„Fertig!“, höre ich Biancas Stimme durch die Glaswand meines Büros. „Ist weg!“ Als ich aufsehe, winkt sie fröhlich und im nächsten Moment ist sie dahin. Mir ist es recht und so suche ich meine Sachen zusammen. Schließlich habe ich ja noch etwas vor: Eine Verabredung – mit mir – und diesmal verbanne ich das nur bewusst aus meinen Gedanken.
Am Heimweg besorge ich mir ein scharfes Nudelgericht von meinem Lieblingschinesen und ein paar unterarmdicke Standkerzen, die ich im Bad aufstellen werde. Schließlich soll das Rendezvous mit mir unvergesslich werden und dafür kann ein wenig Atmosphäre nicht schaden. Einen Moment lang spiele ich mit dem Gedanken Ben anzurufen, bis mir einfällt, dass ich gar keine Nummer habe. Was er wohl mit mir vor hat?
Die sommerliche Hitze ist ungebrochen und so entledige ich mich meiner verschwitzten Kleidung, sobald ich die Tür zu meinem Appartement hinter mir geschlossen habe. Auf der Fahrt habe ich mir drei oder vier bequeme Outfits überlegt, ohne mich für eines entscheiden zu können, doch wie ich so da stehe, mit nichts als einem hauchdünnen Slip bekleidet, pfeife ich darauf. Stattdessen drehe ich die Klimaanlage aus und trete ans Fenster. Ich will die warme Luft des Sommerabends hereinlassen und auf meiner Haut spüren, doch dazu müsste ich zuerst den dünnen, aber fast blickdichten Vorhang beiseiteschieben, der mich vor der Neugier der Nachbarn schützt. Obwohl das gegenüber liegende Objekt fast fünfzig Meter entfernt ist und der Blick sich seitlich zu einer ausgedehnten Parkanlage öffnet, halte ich den Sichtschutz meist geschlossen. Das hier ist meine Privatsphäre und die ist heilig. Was weiß ich schon, welche Spinner sich hinter den dunklen anonymen Fenstern des zehnstöckigen Wohnbaus verbergen?
Diana wäre das egal, meldet sich ein Gedanke, den ich gleich wieder verwerfe. Die Kunstfigur, die Ben für seine Kamera inszeniert, verrät nicht das Geringste über das Leben des Models. Im nächsten Augenblick schiebe ich den Vorhang mit einer heftigen Bewegung zur Seite, öffne die Balkontüre und trete in das warme Licht des Abends hinaus. Die untergehende Sonne taucht meine rechte Seite in ein leuchtendes Rot und ein wohltuender Wind streicht über meine Haut, bis sich die zarten Härchen aufrichten, um die Liebkosung auszukosten. Ich sehe nach links, wo die alten Bäume des Stadtgartens leuchten wie auf den Gemälden der alten Meister und dann geradeaus, als wollte ich den unbekannten Spannern zulächeln, sie willkommen heißen, nur um mich wieder zu entziehen durch zwei Schritte in das dunklere Zimmer hinein. Nicht heute, denke ich. Heute gehöre ich mir, und nicht morgen, aber wer weiß schon, was noch kommt.
Natürlich könnte ich mich gleich aufs Bett werfen und meiner ansteigenden Lust freien Lauf lassen, aber dieser Abend soll etwas Besonderes werden. Die Viertelstunde mit meinem mechanischen Freudenspender, der mich zu zwei oder drei halbherzigen Höhepunkten treibt ist nicht schlecht, aber heute will ich mehr. Also nehme ich mir Zeit für eine Dusche, lasse das Wasser über meine Haut perlen und durch mein Haar, fühle die Tropfen, recke mein Gesicht in den sanften, wärmenden Strahl und spüre die pulsende Bewegung an meinen Lippen. Anschließend frottiere ich mich oberflächlich ab, belasse die Nässe in den Haaren und die Feuchtigkeit an meinem Körper. Ich lege mir einen dunklen Lippenstift und Mascara zurecht, streiche das Haar zurück und sehe in den Spiegel, dessen umlaufende Lichtpunkte Sternchen in meine Augen zaubern. „Hallo Amanda“, sage ich zu der faszinierend schönen Frau, die mir entgegensieht. „Wo hast du dich die letzten Jahre versteckt?“ Hier gibt es nichts zu verbessern und ein klein wenig hungrig bin auch schon, also belasse ich es bei meinem Look.
Nackt wie ich bin gehe ich in die Küche und schiebe mein Essen in die Mikrowelle. Irgendwo in der Schlafzimmerkommode muss noch das seidige Nachtkleid mit dem Spitzendekolletee liegen. Ich habe die Berührung des zarten Gewebes immer geliebt und plötzlich steht mir wieder der Sinn danach. Als ich es in der Lade liegen sehe, fällt mir Robert ein und damit kommen auch Schmerz und Trauer zurück. Verdammt, ich liebe dieses Teil und ich werde einen Teufel tun, es mir von dir vermiesen zu lassen.
Ich schlüpfe in das Kleidchen, spüre, wie es mich dabei streichelt und führe mir bewusst Bens Antlitz vor Augen, nur um nicht an Robert zu denken – und bin überrascht, wie leicht mir das fällt. Mit seinem dunkelblonden kurzen Haar, seinem Lächeln in dem braungebrannten Gesicht und dem spitzbübischen Funkeln in den Augen repräsentiert er all das, wovor mich meine Mutter immer gewarnt hat.
In der kleinen Lade darüber liegt mein „Minute Man“, wie ich den fingerdicken Stift aus glänzendem Edelstahl getauft habe, nach dem mich sein eingebauter Vibrator binnen Minuten zum Höhepunkt treiben kann, wenn ich es darauf anlege. Ich betätige den Schalter und bin erleichtert, als mir sein sanftes Surren einen ausreichend hohen Ladestand signalisiert.
Ein melodisches Pingen aus der Küche erinnert mich an mein Abendmahl und ich lege den Freudenspender auf das Nachtkästchen, damit ich ihn danach rasch zur Hand habe. Ohne meinen Kitzler zu berühren, hat Ben gesagt. Nein, Liebesknospe war der Ausdruck, den er gewählt hat, ein Begriff, den man heutzutage nur noch selten hört. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, wie er das anstellen will, aber es geht um einen Haufen Geld, also sollte ich vielleicht einmal versuchen, wie mein Körper darauf reagiert.
Was sonst kann Ben mit mir anstellen? Meine Wäscheklammern kommen zwar nicht an die kühle Edelstahlästhetik seiner Werkzeuge heran, könnten mir aber dennoch einen ersten Eindruck vermitteln, worauf ich mich einlasse. Schon beim Gedanken daran, sie an meinen empfindlichsten Stellen zu erproben, durchläuft mich ein Schauer, dessen Ursache ich nicht nachvollziehen kann. Ich bin doch nicht pervers, oder?
Ans Essen ist jetzt sowieso nicht mehr zu denken, also hole ich ein halbes Dutzend der blauen und gelben Klammern aus dem Bad und lasse mich aufs Bett fallen. Ich fahre mit meinen Fingern die Beine entlang, erinnere mich gerade noch, das magische Dreieck zu meiden, zu dem es mich zieht und streichle sanft über meinen Bauch. Dass schimmernde Gewebe des Negligees verstärkt die Empfindung und meine Brustwarzen richten sich auf, noch ehe meine liebkosenden Hände sie erreichen.
Ein Flehen tritt in Kuyns Augen, ein Ausdruck eines Verlangens, das alle Grenzen durchbricht. Die unausgesprochene Bitte sie zu verschonen steht im Widerspruch mit der Lust, sich Bens kundiger Führung hinzugeben, zu leiden, bis sie in den Wellen ihrer Leidenschaft vergeht. Ihr Blick folgt der gespreizten Klammer, die sich ihrer Brust nähert, während starke Finger ihre Warzen kneten und drehen, bis sie sich in unnachgiebiger Härte seinem sich steigernden Druck widersetzen. Der Stahl, der sich an ihre Knospe legt, ist glatt und kühl und schmeichelt ihrer erhitzten Haut. Eine männliche Hand hängt ein Metallgewicht an die Öse der Klammer, hält es für einen kurzen Moment, ehe sie es ruckartig fallen lässt.
Kuyns Bild zerspringt. Ich bäume mich auf und starre auf die blitzblaue Klammer, die durch den glatten schwarzen Stoff hindurch an meiner linken Brustwarze sitzt. Ich unterdrücke den Impuls sie sofort wieder abzunehmen und veratme den Schmerz, während ich den Blick nicht von der Klammer lassen kann, deren Vibration doch nur ein Echo auf das Zittern meines Leibes ist, und er vergeht, bis nur ein forderndes Pochen bleibt, dessen erregender Wiederhall mich zutiefst irritiert. Die harten Konturen des Plastiks bilden einen Kontrapunkt zur sanften Wölbung meines Busens und die gequetschte Warze kann ich unter dem dünnen Gewebe mehr erahnen als sehen, während ich sie umso deutlicher spüre.
Endlich habe ich mich soweit beruhigt, dass ich für den nächsten Schritt bereit bin. Ich greife nach einer weiteren Klammer, entscheide mich wieder für eine Blaue, und schiebe das Nachthemd nach oben und zur Seite, bis meine rechte Brust entblößt ist. Sie ist mehr als bereit, reckt ihre Spitze mutig empor, als könne sie es kaum noch erwarten. Ich fasse unter die Brust, schiebe sie nach oben und zur Mitte, presse, bis mir der Druck ein leises Stöhnen entlockt und im selben Moment lasse ich die Klammer zuschnappen. „Auh! Aah! Fuck.“
Auf der nackten Haut ist der Druck intensiver, während der schmeichelnde Widerhall des Gewebes fehlt. Obwohl es diesmal wirklich wehtut, fühle ich mich so geil wie seit Jahren nicht. Noch ehe der Schmerz abklingt, presse ich die Hand zwischen die geöffneten Beine und mein Leib stößt mir ohne mein Zutun entgegen. Das solltest du nicht tun, warnt mich mein Gewissen. Immerhin will ich doch wissen, wie es mir ergeht, wenn ich meinen Kitzler ausspare. Es ist mir scheißegal, was ich wollte, schießt es mir durch den Kopf. Ich will kommen, und das jetzt. Der Druck meiner zuckenden Hand verstärkt sich und die Wellen der Erregung durchfluten mich von den Haarwurzeln bis in die Zehenspitzen. Noch liegt die Schwelle des Entzückens vor mir, doch in diesem Moment sehe ich die Frau vor mir:
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