Kitabı oku: «Von Morgarten bis Marignano», sayfa 3
Der Kampf um das staufische Erbe
Ob die Habsburger je konkret vogteiliche Rechte über Schwyz und Unterwalden ausgeübt haben, bleibt fraglich, die Indizien sind schwach. Sie haben wahrscheinlich versucht, während der Wirren um das staufische Erbe ihre Ansprüche durchzusetzen. Rudolf III. hielt sich im Mai 1242 bei Kaiser Friedrich in Capua in Süditalien auf. Er scheint sich vorübergehend wieder mit dem Kaiser versöhnt zu haben, wandte sich aber spätestens nach der Absetzung Friedrichs durch den Papst 1245 wieder der gegnerischen Seite zu. Ein päpstliches Dokument von Ende August 1247 weist darauf hin, dass die Leute von Schwyz und Sarnen nach wie vor dem Staufer treu und von Rudolf III. von Habsburg-Laufenburg abgefallen seien. Die Geschichtsschreibung hat daraus einen Aufstand der Schwyzer und Obwaldner gegen den Habsburg-Laufenburger gemacht. Als Beweis der Vogteiherrschaft der Habsburger über Schwyz wird gern eine Urkunde von Juni 1217 herangezogen. Gemäss diesem Dokument schlichtete Graf Rudolf II. von Habsburg, genannt der Alte, als «von rechter erbeschaft rechter voget und schirmer der vorgenanden luten von Swiz» einen Konflikt zwischen dem Kloster Einsiedeln und den Landleuten von Schwyz im Rahmen des immer wieder aufflammenden Marchenstreits. Die Urkunde ist nur als deutsche Übersetzung in einer Handschrift des 14. Jahrhunderts überliefert und wird heute als Fälschung gewertet.15 Zusammengefasst: Die später immer wieder reklamierten und hochstilisierten Rechte der Habsburger in der Innerschweiz aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts entpuppen sich bei näherem Hinsehen als nebulös, kaum greifbar und können höchstens als Ansprüche benannt werden. Ähnlich nebulös wie der Übergang von ehemals kyburgischem Besitz in der Innerschweiz an die Habsburger im Jahr 1273. Darauf wird im nächsten Abschnitt zurückzukommen sein.
In den Wirren der 1240er-Jahre bis zum Tod von Kaiser Friedrich II. 1250 und der anschliessend definitiven Wende gegen die Staufer blieb auch das Mittelland nicht von Konflikten verschont. Die Stadt Bern, seit 1218 Reichsstadt, blieb staufertreu. Sie vertrat mehr und mehr Interessen über das eigene Stadtgebiet hinaus, hatte zum Beispiel 1224 von König Heinrich (VII.) den Schutz des Klosters Interlaken übertragen erhalten, der Anfang einer bernischen Interessenpolitik im Oberland. 1243 erneuerte Bern ein offenbar älteres Bündnis mit dem seit 1218 kyburgischen Freiburg, das zur antistaufischen Koalition zählte. Die beiden Städte wollten damit Konflikten vorbeugen. Neben Bern waren auch die anderen Reichsstädte Zürich und Konstanz staufertreu und beteiligten sich zum Beispiel 1247/48 an der Belagerung des päpstlich orientierten Luzern. Bern soll dabei an der Spitze der «Eidgenossen im Burgund» vor Luzern erschienen sein.16
Für Luzern bedeutete die erfolglose Belagerung durch die staufertreuen Städte das Ende einer konfliktreichen Zeit. Ab 1252 söhnten sich die allermeisten Gegenparteien aus, auch die verfeindeten Habsburger Familienteile. Die Stadt Luzern, hervorgegangen aus der Propstei St. Leodegar des Klosters Murbach im Elsass, scheint um 1250 bereits eine respektable Grösse erreicht zu haben und wird seit dem Beginn des 13. Jahrhunderts vom wachsenden Verkehr über den Gotthard profitiert haben. Stadtherren waren nominell die Habsburger, Vögte des elsässischen Klosters. Eine Aussöhnung fand auch in der Stadt selbst statt, in der offenbar päpstliche und kaiserlich gesinnte Bevölkerungsteile gegeneinander gestanden hatten. Der Papst hatte 1247 im selben Dokument, in dem er den Leuten von Schwyz und von Sarnen den Kirchenbann angedroht hatte, dasselbe auch Luzern in Aussicht gestellt, falls sie sich dem Staufer zuwenden würden. 1252 beeidete die Luzerner Bürgerschaft den sogenannten geschworenen Brief, einen Stadtfrieden, der ähnlich tönt wie der Bundesbrief von 1291 zwischen Uri, Schwyz und Unterwalden. Die Luzerner sollten untereinander Frieden halten und sich auch nicht in Fehden ausserhalb der Stadt, insbesondere um den See und unter den «Waldleuten», den «Intramontanes», einmischen.17
Rudolf von Habsburg im Vormarsch
Das Abflauen der Konflikte um das Staufererbe nach 1252 war aber nicht das Ende einer gewalttätigen Zeit. Die Jahre bis zur Wahl von Rudolf IV. von Habsburg zum König des Heiligen Römischen Reichs 1273 werden gemeinhin als Interregnum bezeichnet, als Zeit zwischen der Königsherrschaft oder als königslose Zeit. Dies stimmt der Form nach nicht. 1245, nach der päpstlichen Absetzung von Kaiser Friedrich, wählten seine Gegner mit Heinrich Raspe einen Gegenkönig, nach dessen Tod mit Wilhelm von Holland erneut einen Kontrahenten, gesetzt gegen Friedrichs Sohn Konrad IV. Wilhelm von Holland war wenig präsent im Reich, und seine beiden 1257 gleichzeitig gewählten Nachfolger, Richard von Cornwall, der Bruder des englischen Königs, und Alfons von Kastilien, glänzten vollends durch Abwesenheit. Die königslose Zeit war in diesem Sinn eine Zeit mit Königen in Abwesenheit.
Die grossen und kleinen Fürsten nutzten diese Situation zum Ausbau ihrer Machtbasis. Wenn der Frieden nicht durch den König und seine Gefolgsleute garantiert werden konnte, mussten die lokalen Machthaber selbst dafür sorgen. Der erfolgreichste dieser Fürsten in den Reichslandschaften Schwaben und Burgund war Rudolf IV. von Habsburg. Er erwies sich in den Jahren nach dem Ende der Stauferwirren als oft geschickter, mal gewalttätiger, dann wieder ausgleichender Politiker. Innert 20 Jahren schwang er sich zum dominierenden Machthaber zwischen Strassburg, Freiburg im Uechtland, Luzern und Konstanz auf. In den 1250er-Jahren erweiterte er seine Machtbasis primär im Elsass und auf dem Schwarzwald. Er heiratete 1254 mit Gertrud von Hohenberg eine schwäbische Adlige, die ihm Besitz beidseits des Rheins im Breisgau und im Elsass in die Ehe brachte. Gleichzeitig schaltete er Kontrahenten wie die Herren von Tiefenstein im Schwarzwald mit Gewalt aus. Die Gründung der Stadt Waldshut und die Vogtei über das Kloster St. Blasien sicherten seine neue Machtstellung ab, die er sich offenbar beidseits des Ober- und Hochrheins aufbauen wollte. Mit der Stadt Basel lag er in Fehde.
Habsburgische Aktivitäten in der Innerschweiz sind in den 1250er- und 1260er-Jahren wenige überliefert. Es scheint sogar eher so, dass die Laufenburger Linie Ansprüche und Güter liquidierte, zum Beispiel in Sarnen, Alpnach und Kägiswil 1257 jeweils an ihre Dienstleute vor Ort.18 So wird auch ein schwerer Konflikt zwischen dem Kloster Murbach und seinem Luzerner Vogt Arnold von Rotenburg im März desselben Jahres vor einem durch den Papst delegierten Richter ohne Zutun der landgräflichen Gewalt, das heisst der Habsburger, entschieden. Bezeugt wird der Entscheid vom regionalen Adel und von Stadtbürgern.19
In die Schweizer Geschichte eingegangen und unterschiedlich interpretiert worden ist ein Auftritt Rudolfs von Habsburg 1257/58 in Uri. Im Dezember 1257 schlichtete er in Altdorf eine Fehde zwischen den Familien Izeling und Gruoba.20 Er trat als Landgraf im Elsass zusammen mit den Landleuten von Uri als Schiedsrichter auf. Im Mai des folgenden Jahres vollstreckte er die Güterliquidation der Izeling, nachdem diese die Fehde nicht beendet hatten. Der Auftritt Rudolfs in Uri wurde verschiedentlich damit in Zusammenhang gebracht, dass die Habsburger in Uri, wie auch in Schwyz und Unterwalden, weiterhin vogteiliche Rechte ausgeübt hätten. Im Wortlaut der Urkunden ist davon aber nichts zu finden. Der Habsburger scheint als neutraler Vermittler vor Ort gewesen zu sein, der im Konfliktfall auch mächtig genug war, die Vollstreckung des Urteils durchsetzen zu können. Es war in diesen Jahren schlicht kein König und auch kein Reichsvogt als Stellvertreter in der Nähe, der Recht hätte durchsetzen können. Der Friede musste mit den Kräften vor Ort gesichert werden.
Der schlichtende Rudolf befand sich kurze Zeit später wieder im Vorwärtsgang. Einerseits im Elsass, wo er in den Jahren nach 1260 seine Stellung zusammen mit der Bürgerschaft von Strassburg gegen den dortigen Bischof festigte. In dieser Fehde stand ihm sein Vetter Gottfried von Habsburg-Laufenburg zur Seite, der seine Aktivitäten mehr und mehr an den Hochrhein verlegte und in der Innerschweiz kaum mehr Präsenz zeigte. Rudolf nahm gleichzeitig Einfluss auf Hartmann V. von Kyburg, den er gegenüber dessen Onkel Hartmann IV. in Schutz nahm. Der ältere Hartmann war der Bruder der Mutter Rudolfs, Heilwig von Kyburg. Er war in kinderloser Ehe mit Margarete von Savoyen verheiratet, der Schwester von Peter II. von Savoyen, der mit den englischen Königen verschwägert war und rund um den Genfersee energisch eine neue Machtbasis aufbaute. Der 1257 gewählte König Richard von Cornwall war sein Neffe, und über ihn erlangte er verschiedene Reichslehen im Aareraum. Der Savoyer wurde so zum schärfsten Konkurrenten der Kyburger und der Habsburger.
Hartmann IV. starb 1264 als letzter männlicher Kyburger, ein Jahr zuvor war bereits sein Neffe verstorben. Dieser hinterliess neben seiner Witwe Elisabeth von Chalon eine Erbtochter, Anna von Kyburg. Zusammen mit dem verwandten Hugo von Werdenberg und seinem Vetter Gottfried konnte Rudolf die Vormundschaft der Erbtochter übernehmen. Der Habsburger wie der Savoyer konnten Ansprüche an das Kyburger Erbe stellen. Rudolf von Habsburg war schneller, nutzte die Abwesenheit Peters von Savoyen, der in Flandern engagiert war, und riss das Kyburger Erbe an sich. Peter von Savoyen versuchte nach seiner Rückkehr an den Genfersee seine Ansprüche im Aareraum mit militärischen Mitteln zurückzuholen, scheiterte aber. Die beiden Kontrahenten einigten sich im Herbst 1267. Die Witwe Margarete von Savoyen wurde abgefunden, kehrte an den Genfersee zurück und verstarb 1273. Fünf Jahre zuvor war bereits ihr Bruder Peter verstorben. Rudolf von Habsburg schwang sich damit zum unbestrittenen Machthaber zwischen Freiburg im Uechtland und Konstanz auf.21
Seinen Anspruch auf das Kyburger Erbe versicherte er in den folgenden Jahren mit dynastischen Mitteln. Nach dem Ableben der Margarete von Savoyen und nachdem Anna von Kyburg volljährig geworden war, verheiratete er diese im Frühjahr 1273 mit seinem Vetter Eberhard von Habsburg-Laufenburg. Gleichzeitig kompensierte er wohl kyburgische und laufenburgische Schulden mit der Übernahme des kyburgischen Besitzes im Aargau und Zürichgau. Dazu gehörten auch – pauschal genannt – Güter und Leute in Schwyz, Stans und den Waldstätten. Diese Urkunde geistert seither als Phantom durch die Schweizer Geschichtsforschung. Sie ist verbürgt über das Archivverzeichnis der Burg in Baden und ist wahrscheinlich im Mai 1415 nach der Eroberung des Steins von Baden und der Plünderung des habsburgischen Archivs durch die Eidgenossen vernichtet worden. Diese Überschreibung ist eines der ungelösten Rätsel der Frühgeschichte der Eidgenossenschaft, weil der genaue Beschrieb der darin verzeichneten Güter und Rechte nicht mehr vorhanden ist.22
Es gibt einige wenige Indizien, die diesen Vorgang verdeutlichen. 1278 verschreibt König Rudolf Johanna von England, der Verlobten seines Sohnes Hartmann, nebst Gütern im Aargau den 1273 verzeichneten Besitz für den Fall einer Heirat. Es war gängige Praxis, eine potenzielle Mitgift auf umstrittenen Ansprüchen zu versichern. Die Verbindung kam aber nicht zustande, weil Hartmann 1281 verstarb.23 Ein auf das Jahr 1281 datierter habsburgischer Pfandrodel wirft weiteres Licht auf die Verschreibung von 1273. Am Schluss des Rodels sind Einkünfte notiert, die dem Grafen Eberhard von Habsburg-Laufenburg, Ehemann der Anna von Kyburg, verpfändet gewesen sein sollen. Es waren dies Einkünfte wahrscheinlich aus Nidwalden (Thomas von Röschenried), von freien Leuten in Schwyz, aus dem Haslital, von den Höfen Froburg und Kyburg (im Land Schwyz gelegen), von Arth, Sempach, Willisau und dem Amt Lenzburg, zusammengezählt 270 Mark Silber. Was war verpfändet, Rechte aufgrund einer Reichsvogtei (Hasli, Schwyz), aufgrund landgräflicher Rechte (Nidwalden, Lenzburg) oder aufgrund von grundherrlichem Besitz (Höfe Froburg, Kyburg und Arth)? Es ist nicht zu unterscheiden und auch nicht zu entscheiden.24 Waren das mehr als Ansprüche? Konnte der Laufenburger diese Einkünfte überhaupt eintreiben? Das Haslital verbündete sich zum Schutz seiner Rechte im Juni 1275 mit der Stadt Bern.25 Vielleicht suchten die Talleute die Unterstützung von Bern gegen die Ansprecher der an den Laufenburger verpfändeten Rechte.
Was klar ist: Wenn inskünftig von habsburgischen Rechten in der Innerschweiz die Rede war, waren es nicht mehr laufenburgische Ansprüche, sondern solche der älteren Linie von Rudolf von Habsburg.
Der neue König ist einer von hier
Bleibt die Überschreibung der kyburgisch-laufenburgischen Rechte im Aargau und in der Innerschweiz nebulös, ist es die Wahl Rudolfs von Habsburg zum König im Herbst desselben Jahres weniger. Rudolf lag im Sommer 1273 erneut in Fehde mit der Bischofsstadt Basel, die er wohl als das natürliche Zentrum seines Herrschaftsbereichs angesehen hätte. Während dieser Belagerung erhielt er die Nachricht von seiner Wahl zum König des Heiligen Römischen Reichs. Richard von Cornwall war verstorben und die Reichsfürsten und der Papst akzeptierten den Gegenkönig Alfons von Kastilien nicht. Nach über 20 Jahren kürten sie quasi wieder einen aus den eigenen Reihen zum König. Zwar kein Reichsfürst mit einem Herzogtum im Rücken, aber einen mächtigen Potentaten aus dem Südwesten, einem der Kernländer des Reichs. Rudolf von Habsburg wird ein Kompromisskandidat gewesen sein. Einer, der selbst nicht zu mächtig war, dem aber die Wiederherstellung der Reichsidee und des Reichsfriedens zugetraut wurde. Er erwies sich denn auch als tatkräftiges und fähiges Reichsoberhaupt, das die Reichsfürsten rasch für sich einnehmen oder falls nötig in die Schranken weisen konnte. Er schaffte es innert weniger Jahre, durch eine aktive Heiratspolitik seine Nachkommen in den wichtigen Reichsfürstenfamilien zu positionieren und seine schärfsten Konkurrenten im Reich zu neutralisieren. Primär war dies der böhmische König Ottokar, der während des Interregnums die östlichen Herzogtümer Österreich, Steiermark und Kärnten aus dem babenbergischen Erbe okkupiert hatte. Rudolf zog die Herzogtümer zuhanden des Reichs ein und musste sie in einem Krieg gegen Ottokar erstreiten, was ihm 1278 gelang. Ganz im Sinn seiner Vorgänger und Nachfolger verband er Reichsmit familiärer Hausmachtpolitik, und er schaffte es, 1282 die Zustimmung der Reichsfürsten zur Verleihung der Herzogtümer Österreich und Steiermark an seine Söhne Albrecht und Rudolf zu erwirken. Das Herzogtum Kärnten ging an seine wichtigen Supporter gegen den böhmischen König, die Grafen von Görz-Tirol, und kam schliesslich 1335 an Österreich zurück. Damit hatten die Habsburger im Osten eine zu ihrem Stammbesitz am Ober- und Hochrhein ungleich grössere Machtbasis gewonnen.26
Was für eine Auswirkung hatte die Wahl Rudolfs zum König im Raum der späteren Eidgenossenschaft? Man könnte sagen, mit Rudolf war einer der ihren zum König gewählt worden. Ein Wechsel auf dem Königsthron war für die unmittelbar dem Reich verpflichtete Gefolgschaft Anlass, sich die Reichslehen oder die Reichsfreiheit bestätigen zu lassen. Nachgewiesen ist dies zum Beispiel für Abtei und Stadt Zürich am 2. November 1273 in Köln, am 8. Januar 1274 für Ammann und Gemeinde von Uri in Colmar, am 15. Januar dann für die Stadt Bern in Basel, am 25. Januar für das Kloster Engelberg und am 26. Januar für das Kloster Einsiedeln, beide Male in Zürich ausgestellt. Am 9. Januar stellte Rudolf in Colmar auch ein Privileg für die Stadt Luzern aus, allerdings nicht als Reichsoberhaupt, sondern als Stadtherr.27 Der neu gewählte König unternahm also nach seiner Krönung in Aachen Ende Oktober seine erste Reise dem Rhein entlang in sein Herkunftsgebiet.
In den ersten zwei Regierungsjahren war der neue König zwischen Bodensee und Genfersee präsent, verhandelte 1275 in Lausanne mit dem Papst über eine Kaiserkrönung, die aber nicht zustande kam. In den folgenden Jahren verlagerten sich seine Aktivitäten in den Osten. Die Auseinandersetzung mit dem böhmischen König und die Gewinnung der österreichischen Herzogtümer standen im Vordergrund. Erst ab 1281 und nach der Konsolidierung der habsburgischen Herrschaft durch seinen Sohn Albrecht in Österreich verlagerte Rudolf von Habsburg seine Aktivitäten wieder in den Westen.
Mit seiner zweiten Heirat mit Elisabeth von Burgund 1284, der Schwester des burgundischen Herzogs Robert, richtete Rudolf sein Augenmerk auf den burgundischen Raum, de jure Teil des Heiligen Römischen Reichs. Für seine Aktivitäten benötigte er Geld. Die geplante Erhebung einer Reichssteuer rief vehementen Widerstand vor allem bei den Reichsstädten hervor, führte zum Beispiel in Hagenau und Colmar im Elsass zu offenem Aufruhr. Aber auch Bern verweigerte sich der Steuer, suchte den Schutz der Grafen von Savoyen und verbündete sich in einer burgundischen Koalition gegen den König. Der König rückte gegen Bern vor, eine überraschende Einnahme der Stadt scheiterte aber. Sein gleichnamiger Sohn schloss die Stadt ein und besiegte im Frühling 1289 ein aus der Stadt ausfallendes Kontingent an der Schosshalde. Bern unterwarf sich dem König, konnte aber seinen Reichsstatus behalten und wurde nicht in den habsburgischen Machtbereich integriert. Der König nahm im Mai desselben Jahres in Baden die Huldigung des Berner Schultheissen Ulrich von Bubenberg entgegen. Anschliessend brach er erneut zu einem Kriegszug gegen Burgund auf. Gemäss der chronikalischen Überlieferung war in seinem Gefolge auch ein grösseres Kontingent aus Schwyz dabei, das vor Besançon mit einem nächtlichen Überfall eine Entscheidung gegen die Koalition des Pfalzgrafen von Burgund erzwang. Wie 1240 vor Faenza waren die Schwyzer als Söldner im Königsdienst engagiert.28
Als ihr Anführer wäre wohl am ehesten Ludwig von Homberg in Frage gekommen, der Ehemann der Elisabeth von Rapperswil und damit Haupt des Rapperswiler Erbes. Allerdings war Ludwig von Homberg im Frühling des Jahres beim Gefecht an der Schosshalde in Bern umgekommen. Das Rapperswiler Erbe, nun wieder verwaist, wird für die nächsten drei Jahrzehnte von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung der Waldstätte sein. König Rudolf wird das erkannt haben, hatte er doch schon nach dem Tod des Rudolf von Rapperswil 1283 die Reichsvogtei Urseren zu seinen Handen genommen. Die Nachricht von einem in Urseren abgeschlossenen Bündnis zwischen Oberwalliser Potentaten und dem Kloster Disentis im August 1288 deutet darauf hin, dass auch in der Talschaft Urseren unterschiedliche Interessen gegeneinander standen.29 Eine Steuer in Urseren ist noch im Habsburger Urbar zu Beginn des 14. Jahrhunderts erwähnt, allerdings mit dem Hinweis, die Einkünfte aus Bussen seien so gering, dass sie jeweils dem Ammann vor Ort überlassen werden könnten.30
Zu Beginn des Jahres 1291 reiste der über 70-jährige König von seinem letzten grossen Hoftag in Erfurt zurück in den Aargau und erreichte im Februar Baden. Am 19. Februar bestätigte er in der Bäderstadt den Leuten aus Schwyz, dass sie als Leute freien Standes keine unfreien Richter zu akzeptieren hätten. Dieses Richterprivileg ergänzt wahrscheinlich ein älteres Dokument, das 1282 oder kurz davor in der königlichen Kanzlei Erwähnung fand. Darin hatte Rudolf den Schwyzern zugestanden, dass sie nicht vor auswärtige Gerichte geladen und nur vor ihm, seinen Söhnen oder dem gewählten Richter des Tales belangt werden könnten.31 Ob der König dies im Sinn einer Reichsvogtei oder im Sinne eines landgräflichen Gerichts verstanden hat, wissen wir nicht. Rudolf setzte Reichsvögte ein, die auch als Landvögte über seine Hausmacht eingesetzt waren. Ob diese Vögte aufgrund königlicher oder gräflicher Kompetenzen handelten, ist häufig nicht zu unterscheiden.
Mitte Juli 1291 starb der 73-jährige König in Speyer. Er wurde in der Gruft der salischen Könige beigesetzt. Sein Grab wurde mit einer Platte geschlossen, auf der er sich als alter König, vielleicht sogar lebensecht, hatte porträtieren lassen. Drei Monate zuvor hatte er noch zusammen mit seinem Sohn Albrecht der überschuldeten elsässischen Abtei Murbach für 2000 Mark Silber deren Besitzungen südlich des Rheins abgekauft, das heisst auch die Stadt Luzern mit den Höfen im Aargau und in Unterwalden.
Richterprivileg für Schwyz, Kauf von Murbach-Luzern, kaum identifizierbarer habsburgischer Besitz in Schwyz und Unterwalden sowie das unklare Erbe von Rapperswil: das sind die Ingredienzen, die nach dem Tod Rudolfs von Habsburg für die Entwicklung des Raums rund um den Vierwaldstättersee und am Gotthard entscheidend sein sollten.
Vil krieg in landen. Hertzog Albrecht von Österrich krieget wider sin eigne bluotzfründ und wider andre herren. Zürich und die gräfin von Raperswil verbundend sich zesamen druy jar lang. Die von Bern namend den grafen von Safoi zum Schirmherren bis ein künig erwelt wurd.
Nach künig Rudolfs tod ward ein ufruerisch wunderbar wesen in disen obern landen, dann sin sun hertzog Albrecht von Osterrich was ze kriegen gericht, hat vil herren und stett geistlich und weltlich bi sines vatters seligen des künigs ziten beleidiget. Das tett er aber, wie liecht er ein ansprach fand, im was nieman ze lieb, er verschonet siner eignen blutzfründen nit. […] Es hat ouch gemelter hertzog Albrecht vor vil jaren sin vatter den künig seligen wider die von Zürich ze ungnaden bewegt, die doch etwa des künigs liebste fründ gewesen und einandern beider sits vil diensten getan, das was alles vergessen, dann der hertzog was denen von Zürich gramm und hette si ouch gern under das joch gebracht. […] Es verbündend sich ouch die von Zürich und die gräfin Elsbeth von Raperswil, wilund graf Ludwigs seligen von Homberg verlassne witfrow, uff mitwuch vor Bartholomei dis 1291. jars, drüy jar lang zesamen einandern ze helffen und ze raten mit irn vestinen stetten landen und lüten, lib und guot ze retten. Dise gräfin hat ein sun bi graf Ludwig irm gemachel seligen, graf Wernher genant. Sie ist die letst person des stammens der grafen von Raperschwil gewesen, hat sich harnach wider verhijratet mit dem obgemelten jungen graf Rudolffen von Habspurg, herren zu Louffenberg […]. (Aegidius Tschudi, Chronicon Helveticum, nach Stettler 3, 1980, 110–112)