Kitabı oku: «Seewölfe Paket 11», sayfa 3

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3.

Die Eingeborenen hatten sich schlicht und einfach geweigert, den Fremden, die sich so arrogant benahmen, Hütten zu bauen. Auch die gebackenen Schweine brachten sie nicht.

„Wir wollen diese Leute nicht“, sagte der Balian. „Sie sind schlecht und böse, und sie bringen Unheil. Wir lassen uns nicht von ihnen unterdrücken. Die Insel gehört uns, hier lebten schon unsere Urväter.“

Das Wort des Balian galt, und alle stimmten zu.

An diesem Tag geschah auch nichts. Keiner der Fremden kümmerte sich um sie, niemand belästigte sie. Die Fremden waren damit beschäftigt, Fässer im nahen Palmenwald zu verstauen. Sie brachten das Boot noch höher aufs Land und schichteten die Wrackteile zu großen Haufen dicht am Strand auf. Vermutlich wollten sie das kostbare Holz einfach verbrennen.

Aber noch war es naß und würde nicht brennen. Holz stand auf der Insel hoch im Kurs und wurde teuer gehandelt, und so überlegte der Balian, ob er nicht doch einen Kompromiß mit den Fremden schließen sollte.

Dann konnten sie auch den toten Priester Atun feierlich verbrennen, der noch zur Verwesung auf dem Friedhof lag.

Nach reiflicher Überlegung ließ er es dann doch bleiben. Mit den fremden Kerlen war nicht zu reden, die würden sich auf keinen Tausch oder Handel einlassen. Sie würden nur fordern, und er wollte sich nicht der Lächerlichkeit preisgeben.

Der Balian und der Brahmane zögerten immer noch, das Kecakfest hinauszuschieben, sie wollten die Götter nicht noch mehr erzürnen.

Aber unter diesen Umständen würde das Fest mit Sicherheit nicht reibungslos ablaufen, die Fremden würden es stören, und damit war es entweiht.

Nein, sie wollten noch ein paar Tage warten, bis dahin gaben die Götter ihnen vielleicht einen Wink, oder es trat eine andere Änderung ein, und das Problem löste sich von selbst.

Am anderen Morgen, es war eine Stunde nach Sonnenaufgang, erschien der Mann von den Inseln, wie sie den Fremden nannten, der so ähnlich aussah wie die Eingeborenen.

In seiner Begleitung war ein anderer Mann mit langen Haaren im Gesicht und verschlagen blickenden Augen. Alle beide trugen lange Rohre über der Schulter. Der Mann mit den Gesichtshaaren hatte in seiner Faust ein ähnliches Instrument, nur kleiner.

Auf der Lichtung zwischen den Hütten war eine lange Tafel aufgebaut – wie immer am frühen Morgen. Etwa zwanzig Eingeborene saßen auf Matten um die niedrige Tafel herum und schwatzten. Es gab gebackenen Maniok, Melonen, Kokosnüsse und Marau.

Als die beiden Fremden erschienen, verstummten schlagartig die Gespräche.

Der Balian erhob sich und stellte sich vor die Tafel. Er ahnte, daß es jetzt Ärger gab, aber der ließ sich nicht vermeiden.

„Ist unsere Hütte immer noch nicht fertig?“ fragte der Mann sanft.

„Nein“, erwiderte der Medizinmann fest. „Sie ist nicht fertig, und sie wird auch nicht fertig werden. Die Leute sind nicht bereit, eine Hütte zu bauen, wenn sie dazu gezwungen werden.“

Der Fremde lachte abfällig. Er wandte sich zu dem anderen und sagte etwas in der fremden Sprache. Als er geendet hatte, verfinsterte sich das Gesicht des Bärtigen noch mehr, seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen.

„Soso“, sagte der Mann hämisch. „Und mit den gebackenen Schweinen verhält es sich ebenso, wie?“

„Ihr findet auf der Insel genügend Nahrung, auch wilde Schweine“, sagte der Balian fest. „Ihr seid Strandräuber oder Piraten wie jene, die mit ihren Prahos die Inseln ansegeln, die Leute morden und alles plündern.“

„Klar, wir sind Piraten, und wir haben Pech gehabt. Ihr wünscht also, daß wir uns auf einen unbewohnten Teil der Insel zurückziehen. Euch paßt unsere Gesellschaft nicht!“

„Wir wollen keinen Ärger, Mann der Inseln. Wir wollen friedlich so weiterleben wie bisher.“

Die Stimme des Balian zitterte leicht, aber er blieb fest und gab nicht nach.

„Wir haben immer ein ruhiges Leben geführt, und so soll es auch künftig bleiben. Ihr aber bringt Unfrieden und unterdrückt unsere Leute. Geht in Frieden, die Insel bietet Platz für alle. Wir möchten in Ruhe das Fest der Dämonen feiern.“

„Pah, eure Dämonen können mich mal!“

Der Mann drehte sich um und übersetzte in die Sprache des anderen. Der sagte wütend ein paar schnelle Worte, nahm das lange Rohr von der Schulter und überprüfte es.

„Es bleibt also bei deinem Entschluß, Medizinmann?“

„Ja, es bleibt dabei. Es sei denn, ihr benehmt euch friedlich und wendet keine Gewalt an. Auch keine Drohungen“, setzte der Balian noch hinzu.

Wieder lachte der Kerl laut und abfällig, und seine Stimme triefte vor Hohn.

„Nur ein dummer Vogel beschmutzt sein Nest. Ihr wollt es also nicht anders. In Ordnung!“

Seine Faust schoß vor und traf den Balian, der zurücktaumelte und der Länge nach über die Tafel kippte.

Mit einem Schrei des Entsetzens sprangen die anderen von ihren Matten auf. Zwei junge Männer griffen nach ihrem Kris und wollten sich auf den indonesischen Piraten stürzen.

Da packte der Bärtige das lange Rohr, drehte es herum und richtete es auf einen der jungen Krieger.

Ein unwahrscheinlich lauter Knall ertönte. Aus dem Rohr leckte eine rote Feuerzunge, ihr folgte eine dunkle Rauchwolke, die den Bärtigen einhüllte.

Auf Bali hatte man schon einmal rollenden Donner gehört, der von Schiffen herrührte, die sich gegenseitig versenkten, aber aus der unmittelbaren Nähe hatte man diese Donnerrohre noch nie erlebt.

So war alles vor Entsetzen wie gelähmt, und niemand begriff so richtig, warum sich der junge Mann plötzlich an die Brust griff, einen lauten Schrei ausstieß und zu Boden sank. Noch während er fiel, färbte sich seine Brust rot. Dann rührte er sich nicht mehr.

Keiner begriff das so richtig, und die Angst vor den Fremden begann ins Unermeßliche zu wachsen.

Der Bärtige drehte das feuerspukkende Rohr jetzt um und schlug es dem anderen Insulaner an den Schädel, noch bevor der reagieren konnte.

Dann kippten sie die Tafel um, traten in die Früchte, warfen mit den Kokosnüssen und verwüsteten innerhalb kurzer Zeit die ganze Lichtung.

Die Insulaner flüchteten, als noch mehr der Fremden erschienen.

Acht oder neun Leute waren es. Einer trug eine Fackel und warf sie in die nächste Hütte, die sofort in Flammen aufging.

Zwei andere verprügelten erbarmungslos den Balian, der die höchste Achtung und das größte Ansehen genoß. Sie schlugen ihn so lange, bis er auf dem Boden zwischen den Früchten lag und sich nicht mehr bewegte.

Dann war der Brahmane an der Reihe. Schließlich schnappten sie sich zwei kreischende junge Mädchen und schleppten sie unter lautem Gegröle und Geschrei fort.

Was an Früchten noch nicht zermatscht und zertreten war, nahmen sie ebenfalls mit. Dann setzten sie noch eine weitere Hütte in Brand und zogen brüllend zum Wassertempel hinunter.

Dort drangen sie ein und begannen ihn zu verwüsten.

Sie benahmen sich schlimmer als Barbaren, schlugen alles kurz und klein und jagten die Eingeborenen, die sich angstvoll verbargen oder in den nahen Tempelwald flüchteten.

Das Unheil braute sich immer mehr zusammen, ein schwarzer Tag begann für Bali, seit die fremden Teufel hier gelandet waren.

Erst als die Horde weiter im heiligen Wassertempel wütete, wagten sich die ersten wieder aus ihren Verstecken hervor.

Sie kümmerten sich um den Balian und den Brahmanen, die beide schwer verletzt waren, und sie löschten auch ihre immer noch qualmenden Hütten, obwohl es da nichts mehr zu retten gab, denn sie waren fast bis auf den Grund niedergebrannt.

Zwei der jungen Männer waren tot, von den Donnerrohren getötet, die so unheimlich anmuteten.

Die Toten wurden weggeschafft, der Medizinmann und der Brahmane wurden behandelt, und man bemühte sich, sie wieder ins Leben zurückzurufen. Ihre Körper waren mit Beulen, Blutergüssen und vielen Wunden übersät, und sie waren noch nicht bei Bewußtsein.

Zwei junge Mädchen, Legong-Tänzerinnen, befanden sich in den Händen der üblen Kerle.

Wäre es nicht doch besser gewesen, den Fremden das zu geben, was sie verlangt hatten?

So mancher fragte sich das, aber jeder liebte auch seine Freiheit, und die war ihm ein Opfer wert.

4.

Auf der „Isabella“ drehte sich immer noch alles um den brütenden Aracanga-Papagei. Er blieb Gesprächsthema eins, und daran erhitzten sich die Gemüter.

Carberry selbst mußte sich von Smoky sagen lassen, daß er wie eine liebevoll besorgte Mutter über Deck schleiche und direkt rührend wirke.

Aber dem Profos war selbst diese Motzerei gleichgültig, und so maß er den Decksältesten nur mit einem schiefen verächtlichen Blick, bis Smoky rote Ohren kriegte und davonschlich.

Am späten Nachmittag stürmten die Zwillinge zu Carberry, der sich gerade auf dem Quarterdeck aufhielt. Beide waren aufgeregt.

„Ist etwas mit dem Vogel passiert?“ fragte Ed besorgt.

„Ja, Mister Carberry, Sir John hat noch ein Ei gelegt“, berichtete Philip aufgeregt.

„Teufel auch! Das muß ich mir ansehen“, sagte Ed und begab sich mit langen Schritten zum Vordeck.

Dort hockte er sich wieder auf die Planken, schob sein narbiges Gesicht durch die Käfigtür und bestaunte das vierte Ei, das der Papagei gelegt hatte. Allerdings erschien es ihm ein wenig kleiner als die anderen.

„Merkwürdig“, sagte er zu den beiden Jungen, „ich dachte immer, die Eier haben alle die gleiche Größe.“

„Vielleicht wird das nur ein kleinerer Papagei“, sagte Hasard junior.

„Ja, das kann sein. Aber warum hockt das Biest denn nicht ständig auf den Eiern?“

„Vielleicht legt er noch mehr und fängt erst danach richtig mit dem Brüten an, Mister Carberry.“

Der Profos nickte und kroch noch einmal hinein. Ja, das eine Ei war etwas kleiner, aber es wollte nicht in seinen Schädel, daß es deshalb ein kleinerer Vogel werden sollte.

Hinter ihm standen die Zwillinge mit todernsten Gesichtern. Sie sahen sich an, zuckten aber mit keiner Miene, als der Profos wieder zum Vorschein kam.

Sir John hockte in dem Käfig, vollgefressen und satt, und warf seinem Gelege nur einen müden, uninteressierten Blick zu, und als Ed aufstand, hörte er klar und deutlich: „Affenarsch!“

„Brüte du nur deine Eier aus“, sagte er grollend, „sonst ziehe ich dir jede Feder einzeln von deinem Affenarsch!“

Es war schon ein seltsames Ding mit dem Papagei, fand er. Und an Bord geschahen noch mehr so seltsame Dinge, aber weil sie so unerheblich waren, ging ihnen auch niemand auf den Grund.

Der Schiffszimmermann vermißte seine Feile, dann wieder den Schmirgelsand, und später war alles wieder am Platz.

Dem Kutscher fehlten große Brokken Kandiszucker, und er hatte die Zwillinge im Verdacht, den Kandis aus dem großen Sack geklaut zu haben. Aber er schwieg, weil das einfache Lausbübereien waren, die nicht ausarteten.

Gegen Abend brüllte die Stimme des Ausgucks über Deck.

„Masten an der Kimm! Genau voraus!“

Damit war Sir John für eine Weile vergessen, und die Blicke wandten sich den gesichteten Masten an der Kimm zu.

Die Dämmerung legte ihre ersten zarten Schleier über das Meer. Die Masten blieben wie festgeleimt am Horizont und rückten auch nicht näher.

Aber es stand fest, daß das andere Schiff haargenau auf dem gleichen Kurs segelte wie die „Isabella“.

Als nachts heller Mondschein das Meer glänzen ließ, konnte der Seewolf das andere Schiff bereits im Spektiv erkennen. Die „Isabella“ holte langsam auf, aber der Fremde unternahm keine Anstalten, auszuweichen oder zu flüchten. Dabei stand es außer Frage, daß er den schlanken Rahsegler längst ebenfalls gesehen hatte.

„Könnte eine spanische Galeone sein“, sagte Ben Brighton, der ebenfalls lange durch das Spektiv blickte.

„Das vermute ich auch“, sagte Hasard.

„Wie verhalten wir uns, wenn wir aufgesegelt sind?“ wollte Hasards Stellvertreter und Bootsmann wissen.

„Wie es die Situation erfordert. Falls er keine feindlichen Absichten hegt, lassen wir ihn ziehen.“

Die fremde Galeone segelte ebenfalls sehr schnell, doch der „Isabella“ mit ihren überlangen Masten, an denen jeder Fetzen Tuch hing und die unter vollem Preß segelte, war sie unterlegen.

„Und wenn er Gold oder Silber im Bauch hat?“ fragte Ben. „Oder hast du deinen Kaperbrief vergessen, Sir?“

„Ganz bestimmt nicht. Aber woher soll er es haben? Von dem armseligen Kontinent? Die Galeone scheint auch nicht tief im Wasser zu liegen, also hat sie auch nicht viel geladen. Außerdem müssen wir ja nicht jeden Spanier ausmisten. Der vor uns ist vermutlich ein friedlicher Handelsfahrer, aber das werden wir früher oder später ja sehen.“

Unbeirrbar behielt der Fremde seinen Kurs bei. Am Morgen, als sich blutrote Sonnenstrahlen über das Wasser ergossen, begann sich der Wind langsam zu legen. Er blies zwar noch immer aus Ost, aber seine Kraft ließ spürbar nach, und das übertrug sich auch auf das Meer.

Die Dünung wurde schwächer, es gab keine langgezogenen Wellentäler mehr, und die Fahrt der Galeone ging zurück.

Das gleiche galt für den Fremden, auch er wurde merklich langsamer. Die Entfernung bis zu ihm betrug höchstens noch drei Meilen.

Hasard hatte für die „Isabella“ Gefechtsbereitschaft angeordnet, denn eine Begegnung auf See zwischen zwei fremden Schiffen verlief nicht immer unbedingt harmonisch, und so wollte er allen Eventualitäten rechtzeitig vorbeugen.

Al Conroy ließ die Culverinen und Drehbassen überprüfen. Die Stückpforten wurden noch nicht hochgezogen.

Der alte O’Flynn sah den Stückmeister unbehaglich an, zog das Genick ein und kratzte sich.

„Fehlt dir was, Donegal?“ fragte Al. „Du ziehst ein Gesicht, als ob es gleich hageln würde.“

„Mir ist auch so unbehaglich“, sagte der Alte.

„Doch nicht etwa wegen der Galeone? Ich glaube nicht, daß sie was von uns wollen.“

„Deswegen ist es nicht. Verdammt, ich weiß auch nicht, wie ich das ausdrükken soll. Mir ist eben verdammt mulmig.“

Al Conroy sah dem Mann mit dem Holzbein sinnend nach. Meistens war an O’Flynns „mulmigen Gefühlen“ etwas dran, hin und wieder hatte es sich jedoch als harmlos erwiesen. Conroy wußte nicht, was den Alten diesmal bewegte, wenn es nicht die fremde Galeone war.

Smoky, der mit einem Bündel Lunten in der Hand zur Kuhl ging, blieb ebenfalls bei Al Conroy stehen.

„Wie lange, glaubst du, brauchen wir noch, um mit ihm auf gleicher Höhe zu sein?“ fragte er.

„In etwa vier Stunden, denke ich, sind wir aufgesegelt, so daß wir auf Parallelkurs liegen.“

Smoky wollte wetten und behauptete, es würde mindestens noch fünf Stunden dauern, aber keiner von beiden hatte recht, denn sie sollten der fremden Galeone nie aufsegeln und würden sie auch niemals erreichen, denn etwas später geschah etwas, was die Seewölfe noch nie erlebt hatten.

Hasard entdeckte es vom Achterdeck zur selben Zeit wie der Ausguck Stenmark im Großmars der „Isabella“.

Weit vor der anderen Galeone bildete sich aus dem Nichts ganz dicht über dem Wasser ein zartgrauer Nebel. Er sah aus wie der Flaschengeist aus einem orientalischen Märchen, wie die Zwillinge treffend bemerkten. An der Stelle brodelte auch leicht das Meer, und eine große schillernde Blase wölbte sich nach oben.

Dann verschwand sie wieder unter dichtem Rauch oder Nebel, der nun, einer Säule gleich, zum Himmel strebte.

„Eine Wasserhose!“ rief der Moses Bill.

„Quatsch“, sagte Carberry. „Das ist keine Wasserhose. Eine Trombe sieht ganz anders aus, das haben wir schon beobachtet.“

„Was ist es denn, Profos?“

Carberry hob ratlos die Schultern.

„Keine Ahnung“, sagte er ehrlich.

Der einzige, der es wieder mal wußte, war O’Flynn.

„Da taucht ein Riesenkrake aus dem Meer auf“, behauptete er steif und fest. „Und der ist so groß, daß er die andere Galeone schlagartig in die Tiefe zieht.“

Selbst der Seewolf konnte sich das Naturschauspiel nicht erklären. Aber seine Vermutung stimmte fast, wie sich später herausstellte.

„Das sieht nach einem Seebeben aus“, sagte er ruhig. „Es ist möglich, daß dem Beben eine riesige Flutwelle folgen wird.“

„Der Don segelt genau darauf zu, er hat es noch gar nicht bemerkt“, sagte Ben.

Die Nebelbank an jener Stelle wurde dichter und kompakter. Jetzt sah es nach einem riesigen qualmenden Feuer aus, gleich darauf stieg eine dunkle Rauchwolke in den Himmel.

„Wir müssen den Don warnen“, sagte Hasard. „Der segelt blindlings in sein Verderben. Was sind denn das für Schlafmützen an Bord?“

Unbekümmert segelte die Galeone auch weiterhin darauf zu.

„Die beiden vorderen Drehbassen klar zum Feuern, Al!“ rief Hasard. „Jagt dem Don eine Ladung nach, den Knall wird er ganz sicher hören. Profos! Die anderen Männer an die Brassen, auf Stationen. Sobald wir gefeuert haben, drehen wir ab auf Westkurs. Wir müssen jedes bißchen Wind ausnutzen.“

„Aye, aye, Sir!“ rief Ed.

„Feuer frei, Al!“ schrie Hasard.

Gary Andrews und Al Conroy bedienten die vorderen Drehbassen. Smoky reichte ihnen die Lunten, die auf das Zündloch gedrückt wurden.

Funken fraßen sich schnell und gierig durch das Zündkraut, gleich darauf wummerten die beiden schwenkbaren Geschütze los.

Lautes Getöse herrschte auf dem Vordeck, eine dunkle Qualmwand zog über Backbord ab.

Auf der voraussegelnden Galeone ging zu Hasards Verblüffung gleich darauf die spanische Flagge hoch.

„Ja, ist der Kerl denn wahnsinnig!“ schrie Ed. „Wir wollen ihn doch nur warnen. Segelt dieses Rübenschwein doch ganz belemmert weiter, was, wie!“

Aus dem Meer waren vor irgendwoher bedrohliches Zischen und Brodeln zu vernehmen. Vermutlich kam es aus der jetzt immer schärzer werdenden Nebelbank. Dort liefen große Wellen kreisförmig nach allen Seiten. Es sah so aus, als seien riesige Felsen ins Wasser geschleudert worden.

„Brassen“, ertönte Carberrys mächtige Stimme. „Rum mit den Zahnstochern, ihr eingelegten Seewanzen! Batuti, du sollst nicht den Mast aus dem Kielschwein rupfen, sonst …“

„Ha, Batuti haben schwarzes Affenarsch und nix kariertes“, sagte der Gambianeger vom Stamme der Mandingo lachend.

Die Rahen wurden vierkant gebraßt, so daß sie nun in Querrichtung standen. Gleichzeitig drehte die „Isabella“ hart nach Backbord ab, bis Westkurs anlag.

Jetzt lief sie platt vor dem Wind und unter vollem Preß davon. Aber der Wind blies nur noch ganz schwach.

Hasard blickte zu dem Spanier, der immer noch stolz Flagge zeigte und unbeirrbar seinen Kurs weitersegelte.

Auf der „Isabella“ ließ Ben Brighton mit roten Tüchern winken, um die Dons doch noch zu bekehren. Doch sie blieben stur und ignorierten die deutlichen Vorboten des Grauens, die da aus dem Meer krochen.

Der schwarze Nebel legte sich platt über das Wasser, eine unansehnliche Rauchfahne, die der leichte Wind vor sich hertrieb.

Dann geschah es übergangslos und mit grenzenloser Heftigkeit:

Eine pechschwarze Eruption stieg aus dem Meer. Urweltliche Gewalten brüllten und fauchten los, als hätten sich die Schlünde der Hölle schlagartig geöffnet.

Brausen und Grollen lagen in der Luft, Zischen und Brodeln übertönten es, gleich darauf erfolgten zwei knallende harte Schläge.

Eine schwarze Säule nach der anderen stieg an jener Stelle aus dem Wasser. Begleitet wurden sie von brodelndem, zähem Rauch und teuflischen Geräuschen.

Immer neue Säulen stiegen aus dem Wasser und wurden mit gewaltiger Kraft nach oben geschleudert. Schlamm, Dreck und Wasser erhoben sich, und die Kette der unheimlichen Säulen und Rauchwolken pflanzte sich rasend schnell fort, als würden Tausende Zentner Schießpulver explodieren. Die Säulen wurden immer höher, hundert, zweihundert, schließlich dreihundert Yards stiegen sie hoch und fielen auf ihrem Gipfelpunkt infernalisch donnernd in sich zusammen. Sie hatten das Wasser noch nicht ganz erreicht, als schon wieder neue folgten und die tobenden Wassermassen wieder noch oben jagten.

Erst jetzt änderte der Don den Kurs, jetzt, als die brüllenden und schnell aus dem Meer steigenden Eruptionen direkt auf das Schiff zuliefen. Gleich darauf war die Galeone in dichte Rauchschwaden gehüllt. Dicht vor ihr stieg es brüllend, einem Höllenreigen gleich, kaskadenartig aus dem Meer.

Danach folgten unterseeisches Grummeln, Rollen und Stampfen. Obwohl die „Isabella“ schon eine ganz beachtliche Strecke davon entfernt war, erzitterte sie plötzlich in allen Verbänden und begann wild zu schlingern.

„Deshalb war mir so mulmig“, stammelte Old O’Flynn. „Ich wußte doch, daß etwas bevorstand. Himmel, hoffentlich wird der Don noch verschont und wir ebenfalls.“

Vergessen war der brütende Aracanga, denn jetzt ging es ums nackte Überleben.

Hier, ganz in ihrer Nähe, wurde eine Insel geboren, und sie waren Zeugen bei diesem grandiosen und gefährlichen Naturschauspiel.

Das, was sich mit Fauchen und Donnern angekündigt hatte, wurde jetzt gleich darauf zu einem Höllenspektakel. Das Meer brüllte an jener Stelle wild auf, schäumte hoch, warf gigantische Blasen und brodelte. Unaufhörlich stieg heißer Dampf nach oben, eine Eruption folgte der anderen, das Brüllen wurde immer lauter.

Carberry lehnte mit bleichem Gesicht am Schanzkleid. Auch in den Gesichtern der anderen stand blankes Entsetzen, denn jeder ahnte, daß es gleich ein Höllentänzchen geben würde, wie der Profos sagte.

Vermutlich würde ein starkes Seebeben mit haushohen Wogen folgen.

Dann kehrten ihre Blicke wieder zu der spanischen Galeone zurück.

Niemand konnte ihr helfen, menschliche Hilfe war in diesem Fall unmöglich, denn kein Mensch war in der Lage, sich den Naturgewalten zu widersetzen.

In dichte Rauchwolken gehüllt, trieb sie dahin. Von der „Isabella“ aus wirkte der Don, als sei er in ein schweres Seegefecht geraten und stünde jetzt in Flammen, über die sich schwarzer Rauch gebreitet hatte.

Gewaltige Eruptionen hoben das Schiff wie einen Spielball in die Höhe und ließen es wild tanzen. Einmal krängte es hart nach Steuerbord, dann richtete es sich schwerfällig wieder auf und hob plötzlich den Bug steil in die Höhe.

„Das schafft er nicht mehr“, sagte Ferris Tucker, der jetzt ebenfalls auf der Kuhl stand. „Diesem schlafmützigen Kapitän gehört eine Tracht Prügel, daß er die Zeichen nicht erkannt hat.“

„Vielleicht hielt er es anfangs für Nebel, oder er lag in seiner Koje, als es losging“, meinte Blacky.

Die Eruptionen näherten sich rasend schnell dem Schiff, während die „Isabella“ immer weiter ablief. Schon jetzt konnte man sich an den Fingern einer Hand abzählen, wann eine der gewaltigen Säulen das Schiff erreichen würde.

Wie Ferris Tuckers Höllenflaschen, die unter Wasser krepierten, sah es aus. Nur war alles riesenhaft groß und gewaltig, entfesselten Kräften gleich, die niemand mehr aufzuhalten vermochte.

Sie alle wünschten dem Don, daß er noch einmal davonkam, aber die Aussichten wurden immer geringer, und das hatten sie auf der Galeone längst mit Entsetzen registriert.

Ein gewaltiger Knall ließ die Seewölfe zusammenzucken. Tausend Arme, in Rauch und Feuer gehüllt, griffen aus dem Meer, jagten wie gigantische Fackeln über das Wasser und brachten Schwefel und starken dichten Qualm an die Oberfläche.

Das Blubbern der Riesenblasen war meilenweit zu hören, auch das Brodeln, Fauchen und Zischen.

Die Eruptionen rückten näher und liefen dem Spanier nach, der sein einziges Heil in einem erneuten Kurswechsel sah. Aber auch das vermochte ihn nicht mehr zu retten, es zögerte seine Vernichtung nur um ein paar Minuten hinaus.

„O Gott!“ stöhnte Big Old Shane. „Da hilft nichts mehr. Gott sei ihren armen Seelen gnädig.“

Gequält schloß der graubärtige Schmied von Arwenack Castle die Augen, um das Drama nicht mit ansehen zu müssen, wie eine Handvoll Spanier sich abmühte, den tobenden Elementen zu entrinnen.

Hasard ordnete mit zusammengebissenen Zähnen einen neuen Kurswechsel an, denn er hatte beobachtet, daß sich die Eruptionen fast gradlinig über die See fortpflanzten und sie früher oder später noch einmal in die Ausläufer geraten würden, wenn nicht noch ein Wunder geschah.

Die „Isabella“ ging in den Wind und luvte an. Die Seewölfe hingen an den Brassen und holten die Rahen herum. Es geschah lautlos, ohne daß der Profos fluchte. Jeder gab sein Bestes, denn davon hing das Leben jedes einzelnen ab.

Unwahrscheinlich schnell waren die Handgriffe ausgeführt, und nun segelte die „Isabella“ auf Gegenkurs nach Süden.

Damit wurde auch das Ende der spanischen Galeone eingeleitet, von der niemand den Namen oder den Heimathafen wußte.

Als die Seewölfe sich noch darüber wunderten, daß in ihrer unmittelbaren Nähe das Meer immer noch relativ ruhig blieb, stieg ein paar Meilen weiter der Schmiedehammer des Teufels aus dem Meer.

Er schlug in der Form einer ohrenbetäubenden Eruption erbarmungslos und unbarmherzig zu.

Die Galeone schwebte plötzlich in der Luft, spielerisch emporgetragen von den ausgeschleuderten Massen von Magma, Dreck, Schlamm und Wasser.

Fast gleichmäßig wurde sie angehoben, dann sahen die Seewölfe etwas, das ihnen die Haare zu Berge stehen ließ.

Gewaltige Urkräfte wirbelten das schwere Schiff noch höher hinauf. Eine neu aufsteigende Gas- und Wassersäule donnerte mit ungeheurer Wucht von unten gegen den Kiel der Galeone. Sekundenlang war klar und deutlich die gewaltige Masse an Bewuchs – Tang und Muscheln – an dem Schiff zu sehen. Dann drehte es sich in der Luft um und fiel aus einer Höhe von fast dreißig Yards schwerfällig aufs Wasser zurück.

Noch in der Luft flog alles von Bord, was nicht festgezurrt war.

Ein Mast machte sich selbständig und wirbelte davon, Segelfetzen mit sich reißend.

Der Anblick ging den Seewölfen durch Mark und Bein.