Kitabı oku: «Seewölfe Paket 14», sayfa 15

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Doch die Ziege schien ihren neuen Herrn schon ins Herz geschlossen zu haben. Jedenfalls trottete sie gemächlich hinter dem davonstürmenden Gary Andrews her.

Die Lage auf dem kleinen Platz, der von kastenförmigen Lehmbauten umgeben war, hatte sich inzwischen gefährlich zugespitzt. Der Seewolf und seine Männer hatten längst begriffen, daß das ganze Theater, das der zerlumpte Bettler aufgeführt hatte, nur ein Ablenkungsmanöver gewesen war. Indem der Kerl die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, waren seine Kumpane, die wohl bei den „Giaurs“ fette Beute rochen, bis auf wenige Yards herangeschlichen.

„Schnell an die Waffen!“ sagte der Seewolf mit ruhiger Stimme. „Bildet einen Kreis, damit ihr den Kerlen nicht den Rücken zuwendet. Philip und Hasard – her zu mir!“

Sekunden später hielt Philip Hasard Killigrew seinen Degen in der Faust. Während auch die anderen Männer blitzschnell zu ihren Degen und Entermessern griffen, drückten Hasard und Ben Brighton den unbewaffneten Zwillingen ihre Pistolen in die Hand.

„Wenn einer mit dem Messer auf euch losgeht, dann feuert!“ befahl der Seewolf. „Im übrigen bleibt ihr in meiner Nähe!“

„Aye, aye, Sir“, sagten die beiden „Rübenschweinchen“ wie aus einem Munde.

Die finster blickenden, zerlumpten Gestalten, die wohl zu jener Art von Bettlern gehörten, die sich mit Gewalt nahmen, was sie haben wollten, rückten langsam näher. Deutlich waren die lauernden Blicke in ihren dunklen, meist kohlschwarzen Augen zu erkennen. Ihre gefährlichen Krummdolche waren auf die vier Männer und die beiden Jungen gerichtet.

Hasard hatte die Kerle inzwischen gezählt. Es waren elf Männer, die jetzt versuchten, den Kreis, den sie um ihre Opfer gebildet hatten, enger zu ziehen.

„Laßt sie nur heran“, sagte Al Conroy, der einen Degen in der Hand hielt. „Wir werden diese Buschgespenster mal lustig im Kreise hüpfen lassen, so wie damals in der Türkei die Derwische des geiernasigen Ibrahim Salih.“

„Vergiß nicht, daß sie in der Überzahl sind, Al“, sagte Hasard. „Außerdem haben die Burschen nicht nur Krummdolche, sondern sie verstehen gewiß auch, damit umzugehen. Trotzdem werden wir ihnen natürlich die Zähne zeigen, und zwar ganz gewaltig!“

Der verluderte Kerl, der den Seewolf angebettelt hatte, ließ plötzlich einen unterdrückten Ruf hören, der wie ein Kommando klang. Tatsächlich setzten sich die Burschen blitzschnell in Bewegung.

Doch kaum hatten sie in ihrem Angriff den ersten Schritt hinter sich gebracht, da veranlaßte sie ein schauriges Gebrüll, das hinter ihnen ertönte, ihre Schritte zu stoppen. Irritiert blickten sie sich um und begannen mit einem wütenden Geschrei, als sie die vier heranstürmenden Männer sahen.

Der Seewolf, Big Old Shane, Ben Brighton und Al Conroy nutzten den Überraschungsmoment, denn sie hatten augenblicklich begriffen, was der alte Kampfruf derer von der Feste Arwenack zu bedeuten hatte. Reaktionsschnell sprangen sie mitten unter die zerlumpten Angreifer, die sich plötzlich zwei Fronten gegenübersahen.

Innerhalb von wenigen Augenblikken war ein erbitterter Kampf im Gange.

Waffen klirrten mit häßlichem Geräusch gegeneinander, Körper flogen durch die Luft, und wütende Flüche waren in arabisch als auch englisch zu hören. Mitunter wurden sie von einem lauten Schmerzensschrei abgelöst.

Der Seewolf hatte gerade dem Anführer der Bande den Krummdolch aus der Hand geschlagen, und da es seinen Prinzipien widersprach, mit der Waffe auf einen Unbewaffneten loszugehen, ließ er den Degen blitzschnell im Gürtel verschwinden. Von jetzt an sprachen die Fäuste, und der verluderte Kerl mußte rasch erfahren, daß dieser große, blauäugige Giaur die Sprache „mit Händen und Füßen“ perfekt beherrschte.

Auch Batuti hatte alle Hände voll zu tun. Gerade hatte er einen der Burschen wie eine Stoffpuppe hochgewuchtet, und schon krachte der Straßenräuber wie ein Geschoß gegen seine eigenen Komplicen. Zwei davon gingen schreiend mit ihm zu Boden.

Während sich der schwarze Herkules dem nächsten Burschen zuwandte, verpaßte der untersetzte Ben Brighton einem der Kerle mit fast souveräner Ruhe einen Tritt in den Hintern, daß er kopfüber durch die Tür eines Teppichladens flog, die ungefähr acht Yards entfernt war.

Auch die übrigen Arwenacks waren voll beschäftigt. Kaum jemand hielt noch eine Waffe in der Hand. Auch die Angreifer hatten längst auf ihre blitzenden Krummdolche verzichten müssen. Die meisten der reichverzierten Mordwerkzeuge waren irgendwo im Dreck gelandet.

Einer der Kerle rechnete sich wohl bei den beiden Jungen größere Chancen aus, nachdem Al Conroy den staubigen Platz mit ihm aufgewischt hatte. Noch auf dem Bauch liegend war es ihm gelungen, einen der Dolche an sich zu reißen, die ihren Besitzern auf eine recht schmerzliche Weise abhanden geraten waren. Damit stürzte er auf Philip und Hasard junior zu. Doch er mußte rasch zur Kenntnis nehmen, daß er sich in den beiden Bengels gründlich getäuscht hatte.

Hasard junior ließ ihn bis auf drei Yards heran, dann feuerte er seine Pistole ab. Es gab einen fürchterlichen Knall, und die Kugel fuhr haarscharf vor dem angreifenden „Bettelräuber“ in den lehmigen Boden.

Noch während der Dreck aufspritzte, stieß der Kerl einen Schrekkensschrei aus und hüpfte wie von einer Tarantel gestochen in die Höhe. Offenbar hatte er befürchtet, eine Kugel in die Füße zu kriegen.

Da im selben Augenblick Big Old Shane, ein Mann wie ein Kleiderschrank, hinter ihn getreten war, blieb der Kerl gleich oben. Die Erde berührte er erst ein wenig später wieder, als er mit dem Gesicht voran in einem riesigen Fladen Kamelmist landete.

Weit mehr als die Hälfte der Räuber krümmte sich bereits am Boden. Diejenigen, die noch auf den Füßen waren, zogen es plötzlich vor, irgendwo in einer finsteren Gasse unterzutauchen, denn diese Giaurs schienen doch tatsächlich vom Scheitan besessen zu sein. Was unter ihre Fäuste geriet, wurde zu Kleinholz verarbeitet.

Der Kerl, den Ben Brightons Fußtritt in den Laden eines Teppichhändlers befördert hatte, schoß gerade wieder laut schreiend und fluchend heraus. Die Ursache für sein Gezeter war ein großer, beleibter Mann, der eine teure Djelaba und einen kunstvoll gearbeiteten Burnus trug. In der rechten Hand schwang er einen Knüppel, den er eifrig auf dem Rücken des Straßenräubers tanzen ließ.

Es dauerte nur noch Augenblicke, und der Platz war geräumt – bis auf zwei verluderte Gestalten, die noch im Reich der Träume weilten.

„Möge Allah ihnen einen gesunden Schlaf schenken“, sagte Bob Grey und rieb sich die Knöchel. Eins seiner braunen Augen begann langsam, aber unaufhaltsam, zuzuwachsen.

Gary Andrews schaute sich verstohlen um und registrierte, wie einer der fliehenden Kerle, wohl aus dem inneren Zwang heraus, sich irgendeine Beute unter den Nagel reißen zu müssen, seine Ziege, die noch ungefähr vierzig Yards entfernt war, an dem dünnen Seil packte und entführte.

Da kniff der hagere Fockmastgast beide Auge zu und schickte ein kurzes, aber inbrünstiges Dankgebet zum Himmel.

Wenige Augenblicke später sah sich Dan O’Flynn suchend um.

„Die Ziege!“ rief er. „Wo ist die Ziege?“

„Was für eine Ziege?“ fragte Gary Andrews mit scheinheiligem Gesicht.

„Idiot! Deine Ziege natürlich!“

„Ja“, Gary Andrews zuckte bedauernd mit den Schultern, „das weiß der Himmel, wo sie abgeblieben ist. Wahrscheinlich ist ihr der Lärm hier auf die Nerven gegangen, und da hat sie sich ein ruhigeres Plätzchen gesucht. Jedenfalls ist sie weg. Oder kannst du sie irgendwo sehen?“

Dan O’Flynn schüttelte den Kopf. „Sie scheint tatsächlich abgehauen zu sein. Schade, da wird’s wohl nichts aus unserer Gauklertruppe.“

„Sehr schade!“ sagte Gary Andrews hinterhältig und fühlte sich von einer tonnenschweren Last befreit.

2.

Der große, beleibte Teppichhändler, der den zerlumpten Räuber aus seinem Laden getrieben hatte, verbeugte sich höflich vor den Seewölfen. Dabei sprach er mit seiner tiefen Stimme einige lange Sätze.

„Was sagt er?“ fragte Hasard seine beiden Sprößlinge.

Philip junior erwiderte: „Er heißt Ismail und bringt seine Freude darüber zum Ausdruck, daß Allah uns im Kampf gegen das Räubergesindel geholfen habe und außerdem …“ Er stockte.

„Und außerdem?“ fragte der Seewolf.

„Ja, und außerdem wünscht er uns allen den Segen Allahs, fleißige und gesunde Frauen und eine Menge hübscher Kinder.“

Die Seewölfe konnten ein lautes Gelächter nur mühsam unterdrükken, aber über ihre Gesichter zog sich ein breites Grinsen.

Der Händler, dessen braunes Gesicht ein dünner, schwarzer Oberlippenbart zierte, wertete dies wohl als günstiges Vorzeichen und versäumte nicht, sofort mit vielen Worten und Gesten auf seine kostbaren Teppiche hinzuweisen. Nachdem er kurz in die Hände geklatscht hatte, erschienen, wie aus dem Erdboden gezaubert, zwei kleine Jungen und begannen damit, Teppiche und Brükken vor den Seewölfen auszurollen.

Philip Hasard Killigrew schüttelte jedoch bedauernd den Kopf.

„Deine Teppiche sind sehr schön“, ließ er dem Händler Ismail dann dolmetschen, „ja, sie sind die schönsten, die ich je gesehen habe. Aber leider kann ich keine gebrauchen. Meine Männer und ich haben unser Schiff verloren und möchten zurück nach England. Schade, daß du keine Schiffe zu verkaufen hast, denn dann könnten wir gleich miteinander ins Geschäft kommen.“

Der Teppichhändler wurde hellhörig.

„Du möchtest ein Schiff kaufen?“ fragte er.

Der Seewolf nickte. „Wenn es sein muß, auch zwei.“

Wieder klatschte der beleibte Ismail in seine fleischigen Hände. Die Teppiche wurden in Windeseile zusammengerollt, und die beiden braunhäutigen Jungen verschwanden so rasch, wie sie erschienen waren.

„Ich habe ein Schiff zu verkaufen“, fuhr der Händler eifrig fort, „eine wunderschöne Feluke, sie liegt drüben an der Pier.“

„Eine Feluke?“ fragte Hasard verwundert. Er hatte alles erwartet, nur nicht, daß ihm ein Teppichhändler einen Segler anbieten würde.

Ismails Augen funkelten vor Geschäftseifer. Er nickte eifrig.

„Es ist ein Prachtschiff“, fuhr er fort, „aber ich brauche es nicht mehr. Früher habe ich an der gesamten Küste entlang Handel mit Waren aller Art getrieben, jetzt aber beschränke ich mich auf das Teppichgeschäft hier in der Stadt.“

„Allah möge deine Bescheidenheit segnen“, sagte der Seewolf. „Dürfen wir uns die Feluke einmal ansehen?“

„Aber natürlich, Herr. Du wirst begeistert sein“, schwärmte Ismail. Doch dann warf er einen skeptischen Blick auf den Rest der Seewölfe, der gerade von seinem Stadtbummel zurückkehrte und sich zu ihnen gesellte. Für einen Augenblick zeigte er ein Gesicht, als drohe ihm ein gutes Geschäft durch die Lappen zu gehen. Dann sagte er: „Ich fürchte nur, Herr, daß meine Feluke, die ein gutes und schnelles Schiff ist, etwas klein sein wird für so viele Männer …“

„Vielleicht finden wir noch ein zweites Schiff“, erklärte Hasard. „Wir werden uns deine Feluke auf jeden Fall einmal ansehen.“

Das Gesicht des Händlers strahlte wieder Zufriedenheit aus. Nachdem er den beiden Jungen, die im Laden verschwunden waren, die Verantwortung für sein Geschäft übertragen hatte, führte er die Seewölfe zu den Piers hinüber. Dabei ließ er keine Gelegenheit aus, seine Feluke anzupreisen. Doch die Seewölfe wollten sich lieber selbst ein Urteil bilden.

Sie waren angenehm überrascht, der Segler war tatsächlich in einem ausgezeichneten Zustand. Das zweimastige Gefährt war mit neuen Lateinersegeln ausgestattet, hatte einen teilweise eingedeckten Rumpf, einen geraden Vorsteven und ein Spiegelheck. Die Länge betrug etwa sechzehn Yards, die Breite schätzte der Seewolf auf ungefähr fünf Yards. Die Feluke schien gerade erst überholt worden zu sein. Zumindest einer Gruppe seiner Besatzung würde sie genügend Raum bieten.

Im Handumdrehen war unter den Seewölfen eine rege Debatte über die Feluke im Gange. Alle waren damit einverstanden, daß der Segler gekauft wurde.

„Im Moment bestehen wir noch aus zwei Gruppen“, betonte Hasard. „Vielleicht gelingt es uns, einen weiteren Segler aufzutreiben. Wir werden uns auf jeden Fall darum bemühen. Damit jedoch keine Gruppe benachteiligt wird, schlage ich vor, daß wir losen, welche Gruppe die Feluke übernehmen wird. Vorausgesetzt, wir einigen uns mit Ismail über die Preisvorstellungen.“

Die Crew der ehemaligen „Isabella VIII.“ fand den Vorschlag gut, und sofort begann Philip Hasard Killigrew mit Unterstützung der Zwillinge mit dem Händler Ismail zu feilschen.

Und das dauerte.

Während den Seewölfen längst der Schweiß auf den Stirnen glänzte, schien das Tauziehen um den Preis der Feluke Ismail größtes Vergnügen zu bereiten. Er beherrschte das dazugehörige Mienenspiel perfekt. Einmal schien er beleidigt zu sein, ein andermal sah er durch das Angebot des Seewolfs die Ernährung seiner Frauen und Kinder ernsthaft gefährdet, und schließlich meinte er, überlegen zu müssen, ob er den „besten Segler Ägyptens“ nicht doch behalten wolle.

Aber auch Hasard und Old O’Flinn verstanden etwas vom Feilschen, und die beiden „Rübenschweinchen“, Philip junior und Hasard junior, hatten bereits hochrote Gesichter. Schließlich war das Dolmetschen keine leichte Aufgabe. Die arabische Sprache bereitete ihnen wesentlich mehr Schwierigkeiten als die türkische.

Doch schließlich und endlich einigte man sich und Hasard zählte dem Teppichhändler die vereinbarte Anzahl Perlen auf die Hand.

Ismail strahlte und rief mit jeder Perle den Segen Allahs auf die „Giaurs“ herab, die gar nicht kleinlich gewesen waren und ihm einen mehr als anständigen Preis zahlten.

„Bei allen Wassermännern“, knurrte Old Donegal Daniel O’Flynn und stampfte mit seinem Holzbein auf den Lehmboden des Hafengeländes. „Dieses Gefeilsche war ja schlimmer als ein Seegefecht. Unser Techtelmechtel mit dem ganzen Gesocks von Nilpiraten und Grabräubern war dagegen ein Kinderspiel.“

Hasard lächelte. „Die Feluke gehört nun uns. Am besten, wir werfen gleich das Los, damit wir alle wissen, wie wir dran sind.“

Bereits nach wenigen Sekunden hatte das in die Luft geworfene Geldstück entschieden.

Die Feluke war der Gruppe Hasards zugefallen. Dazu zählten außer den Zwillingen und dem Schimpansen Arwenack Dan O’Flynn, Big Old Shane, Gary Andrews, Batuti und Matt Davies.

Auf den Gesichtern der Gruppe Ben Brightons spiegelte sich für einen Moment leichte Enttäuschung, doch diese Anwandlung war schnell vorüber, schließlich hatte man diese gerechte Verfahrensweise vorher einstimmig beschlossen.

Aber auch für die Gruppe Ben Brightons erschien bereits ein Lichtblick am Horizont.

Ismail, der Teppichhändler, hatte seine Perlen an einem sicheren Platz innerhalb seiner Djelaba verschwinden lassen und grinste über das ganze Gesicht.

„Vielleicht kann ich dir und deinen Männern zu einem weiteren Segler verhelfen, Herr“, sagte er mit einer leichten Verbeugung zu Hasard.

„Hast du etwa noch eine Feluke zu verkaufen?“ fragte der Seewolf erstaunt.

„Leider nein“, erwiderte Ismail. „So reich bin ich nicht, sondern übe mich in Bescheidenheit. Aber ich kenne einen Mann. Er heißt Abdul und wohnt nicht weit von hier. Er ist alt, und wer weiß, vielleicht wird ihn Allah schon bald ins Paradies eingehen lassen. Mit seiner Sambuke, die ebenfalls ein sehr schönes und gutes Schiff ist, kann er nichts mehr anfangen. Vielleicht ist er bereit, sie zu verkaufen.“

„Das ist eine gute Nachricht, Ismail“, sagte Hasard. „Warum hast du sie uns bis jetzt verschwiegen? Schließlich könnte eine Sambuke, die in gutem Zustand ist, unser Problem lösen.“

„Ach, Herr“, der Teppichhändler lächelte, „man soll immer eins nach dem anderen tun, auch was die Abwicklung von Geschäften betrifft. Kommt mit mir, ich bringe euch zu Abdul. Es wird mir ein Vergnügen sein, wenn ich euch und auch ihm einen Gefallen erweisen kann.“

„Möge es dir Allah mit zahlreichen fleißigen Frauen und mit noch mehr lebhaften Kinderchen lohnen“, warf Big Old Shane mit einem süffisanten Grinsen ein.

Old O’Flynn jedoch stöhnte. „Jetzt geht dieses verdammte Gefeilsche bestimmt wieder von vorn los. O Himmel, womit habe ich das nur auf meine alten Tage verdient?“

Geduldig folgte die Schar der Seewölfe dem Händler Ismail zu dem kleinen, weißgetünchten Lehmhaus Abduls. Und die Sache wickelte sich schneller ab, als sie gedacht hatten.

Abdul, ein alter Mann mit gebeugtem Rücken und grauem Bart, war froh darüber, seine Sambuke, mit der er früher als Händler die Küstengebiete befahren hatte, verkaufen zu können.

Wenig später wurde der Segler, der unweit der bereits erworbenen Feluke vertäut war, gründlich in Augenschein genommen.

Es handelte sich um eine Zweimast-Sambuke, die sich ebenfalls in gutem Zustand befand. Der achtere Mast war etwas kleiner und führte auch ein entsprechend kleineres Segel. Beide Masten waren Pfahlmasten mit langen Gaffelruten, die mit Lateinersegeln gefahren wurden.

Jetzt, im abgetakelten Zustand, ruhten die weggefierten Rahruten auf zwei holzbockähnlichen Gestellen, die man mittschiffs und dahinter über die ganze Rumpfbreite angebracht hatte.

Die Bugpartie der Sambuke war ausgesprochen schlank und hatte einen spitz hochgezogenen Steven. Der Rumpf verbreiterte sich nach achtern, und das Achterdeck lag etwas höher als das Vorschiff. Es war ausgeschottet und bot gute Unterschlupfmöglichkeiten. Das Vorschiff hingegen war offen.

Alles in allem war die Zweimast-Sambuke ein schneller und leicht zu handhabender Segler. Ben Brighton und die Männer, die zu seiner Gruppe gehörten, waren hochzufrieden damit. Und auch der Seewolf war froh darüber, daß sich ihre Probleme so reibungslos zu lösen schienen.

Natürlich ging es auch in diesem Fall nicht ohne das obligatorische Feilschen ab, aber die Männer überstanden auch dieses zähe Ringen mit einer Unmenge von süßem Pfefferminztee, den sie, nachdem sie sich zum Kauf der Sambuke entschlossen hatten, im Hof von Abduls Haus einnehmen mußten.

Die Seewölfe erwiesen sich auch bei Abdul nicht als kleinlich, und der Alte war selig über den guten Preis, den er erhielt.

Aber auch Ismail, der große, beleibte Teppichhändler, rieb sich erfreut die Hände. Hasard war im stillen davon überzeugt, daß er von Abdul eine Provision für die Vermittlung des guten Geschäfts kassieren würde. Doch darüber brauchte er sich nicht den Kopf zu zerbrechen, denn die beiden Ägypter würden bestimmt erst darüber zu feilschen beginnen, wenn die Seewölfe das Feld geräumt hätten.

Den Rest des Tages verbrachten die beiden Gruppen damit, ihre Segler für die Abreise zu rüsten. Da gab es noch eine ganze Menge zu tun. Ihre gesamten Habseligkeiten mußten an Bord der Feluke und der Sambuke geschafft werden, darunter ihre Waffen, Werkzeuge, ein paar Flaschenbomben, die sie aus der „Isabella“ gerettet hatten, sowie Segeltuch, Leinen und Trossen. Ben Brighton vergaß auch nicht, den Stockanker des von seiner Gruppe benutzten Beibootes mitzunehmen.

Außerdem galt es, Trinkwasser und Proviant zu beschaffen, womit am Nachmittag noch so manches Feilschen in den Basaren und auf den Marktplätzen von Alexandria verbunden war.

Hasard war es sogar noch gelungen, ein kleines Faß Rotwein aufzutreiben.. Mit ihm sollte am Abend, wenn die Arbeit getan war, Abschied gefeiert werden – ein Abschied, der von dem Entschluß und der Hoffnung geprägt war, in der Heimat wieder zusammenzutreffen, gleich, was unterwegs auch passieren würde.

Und England lag noch in weiter Ferne, darüber war sich der Rest der ehemaligen „Isabella“-Crew im klaren.

3.

Am nächsten Morgen waren die Seewölfe früh auf den Beinen. Obwohl mancher, dank des ägyptischen Rotweins, noch einen ziemlichen Brummschädel hatte, gab es doch alle Hände voll zu tun. Eine frische Brise hatte das Tuch der beiden Segler gefüllt und schob sie durch den Hafen von Alexandria – hinaus auf die weite Fläche des Mittelmeeres.

Die Feluke, unter dem Kommando des Seewolfs, lag ungefähr eine halbe Kabellänge in Führung, doch die wendige Sambuke, für die Ben Brighton die Befehlsgewalt übernommen hatte, holte rasch auf.

Der neue Tag kroch langsam über die Kimm, und seine ersten hellen Schatten tauchten die Wasserfläche in ein trübes Grau. Doch das würde sich rasch ändern, wenn erst der Glutball der Sonne aus seiner Versenkung auftauchte.

Schon bald begannen sich die Wege der beiden Segler, wie vorher vereinbart, zu trennen. Ein letztes Mal dröhnten laute „Arwenack“-Rufe durch den beginnenden Morgen, begleitet von einem etwas wehmütigen Winken.

Während die Feluke, die der Seewolf dem Händler Ismail abgekauft hatte, auf die See hinaussegelte, wählte der ruhige und bedächtige Ben Brighton aus Sicherheitsgründen einen Kurs, der an der Küste entlangführte. Er war nun mal ein vorsichtiger Mensch, das entsprach ganz seiner Wesensart.

Noch einmal hob der untersetzte, breitschultrige Mann, der auf der Steuerbordseite an der Holzreling stand, die Hände und winkte zu der Feluke hinüber. Dann wandte er sich der kleinen Besatzung der Sambuke zu.

Sie bestand aus Pete Ballie, Al Conroy, Smoky, Sam Roskill, Bob Grey, Will Thorne und Old O’Flynn.

Sie alle waren gestandene Seeleute, und Ben Brighton konnte sich absolut darauf verlassen, daß auch an Bord der Sambuke jeder von ihnen seinen Platz ausfüllen würde. Die gemeinsamen Jahre auf See, das Abwettern von unzähligen Stürmen und Gefahren, hatten sie, trotz persönlicher Eigenheiten und „Mucken“, zu einer erstklassigen Crew geformt.

Auch Old Donegal Daniel O’Flynn, der rauhbeinige Alte mit dem Holzbein, hatte der Feluke lange nachgesehen. Nun aber stieß er sein Holzbein auf die Planken und wandte sich um. Auf seinem verwitterten Gesicht, das aus Granit und Eisen gemeißelt zu sein schien, lag ein undefinierbarer Ausdruck.

„Wir alle werden es schaffen“, sagte er zuversichtlich. „Die beiden Schiffchen sind ganz in Ordnung. Und wenn wir uns in der ‚Bloody Mary‘ des dicken Plymson wiedertreffen, dann wird auf die Pauke gehauen!“

Der Alte, zu dessen Gewohnheiten es gehörte, seine oft recht düsteren Ahnungen kundzutun, schien heute recht zuversichtlich zu sein. Irgendwie tat ihnen das allen gut, denn im Moment fühlten sie sich noch immer wie ein Baum, den man zur Hälfte abgesägt hat.

Auch Ben Brighton war bestrebt, seine Männer auf andere Gedanken zu bringen. Während von der Feluke Hasards, die jetzt Nordwestkurs segelte, nur noch schwache Umrisse zu erkennen waren, warf er einen prüfenden Blick zum östlichen Horizont.

„Bald wird uns die Sonne mächtig einheizen“, sagte er. „Das erinnert mich daran, daß mir schon lange der Magen knurrt. Wenn niemand was dagegen hat, sollten wir uns ernsthaft um ein kräftiges Frühstück kümmern.“

„Das nenne ich vernünftig“, erklärte der alte O’Flynn. „Ordentliche Mahlzeiten gehören zur täglichen Arbeit eines christlichen Seemannes. Ha, wenn ich daran denke, wie wir uns auf der guten alten ‚Empreß of Sea‘ manchmal den Bauch vollgeschlagen haben, da …“

Ben Brighton unterbrach ihn lächelnd. „Nur wäre da noch eine wichtige Frage zu klären, bevor wir unsere Mucks und Teller füllen.“

„Eine wichtige Frage?“ Old O’Flynn blickte ihn erstaunt an. „Seit wann gibt es vor dem Essen Fragen abzuklären, he? Mit Magenknurren klärt sich nichts, sage ich dir, überhaupt nichts!“

„Auch wenn du noch so verfressen tust, Donegal“, fuhr Ben Brighton fort, „werden wir wohl nicht an dieser Frage vorbeikommen. Wie euch sicher schon aufgefallen ist, befindet sich der Kutscher, unser Koch und Feldscher, an Bord der „Mercure“. Und wenn wir warten wollen, bis in unserer winzigen Kombüse etwas von selber bruzzelt, dann knurrt uns der Magen noch am Jüngsten Tag. Mit anderen Worten: Wer von euch ist bereit, uns mit seinen Kochkünsten zu verwöhnen?“

Zunächst sahen sich die Männer reihum verblüfft an, und auch dem alten O’Flynn waren die weiteren Worte im Hals steckengeblieben. Ja, daran hatte eigentlich noch keiner gedacht. An Bord der „Isabella“ war alles wie von selber gelaufen. Auch während der Zeit, in der sie sich mit den Beibooten bis Alexandria durchgeschlagen hatten, war es für den Kutscher selbstverständlich gewesen, sich um das leibliche Wohl der Crew zu kümmern. Aber jetzt waren sie nur noch ein kleines Häufchen, und irgendeinen von ihnen würde zwangsläufig das Los treffen und zum Kombüsendienst verdonnern. Daran führte kein Weg vorbei, wenn sie nicht von früh bis spät auf altem, vergammelten Brot herumkauen wollten.

Doch das Problem löste sich rasch. Noch bevor eine große Debatte darüber beginnen konnte, meldete sich Will Thorne, der grauhaarige Segelmacher, zu Wort.

„Ich übernehme das schon“, sagte er. „Am Tuch gibt’s hier vorerst sowieso nicht viel zu tun, und außerdem habe ich es früher schon einmal mit meinen Kochkünsten versucht.“

„Hä?“ fragte der alte O’Flynn entgeistert. Sein verwittertes Gesicht legte sich in tausend skeptische Falten. „Ausgerechnet du willst dich erdreisten, uns mit deinem Schlangenfraß zu vergiften? Du bist wohl scharf darauf, uns hinterher in Segeltuch einzunähen und über die Rutsche gehen zu lassen, wie?“

Will Thorne, ein ruhiger, besonnener Mann, lächelte nur.

„Mir geht es doch nicht wie dir, Donegal“, sagte er. „Du würdest dich beim Kochen doch aus Versehen glatt selber in die Pfanne hauen.“

„Das hör sich doch einer an!“ nörgelte Old O’Flynn. „Als wenn ich noch nie was Brauchbares aus den Töpfen gezaubert hätte. Wenn ich zurückdenke, an die stolze „Empreß …“

Wieder wurde der streitbare Alte von Ben Brighton unterbrochen. Mit einem leicht tadelnden Blick sagte er: „Wir sollten jetzt nicht zurückdenken, Donegal, sondern uns lieber mit unserer unmittelbaren Zukunft beschäftigen, sonst wird es niemals etwas mit einem ordentlichen Frühstück. Ich finde es großartig, daß sich Will freiwillig gemeldet hat, und ich bin überzeugt, daß er auch vom Töpfeschwenken was versteht.“

„Eben“, sagte Will Thorne zufrieden, „und wenn es Donegal nicht schmeckt, kann er mein echt englisches Frühstück ja außenbords kippen.“

„Da wird er sich hüten“, meinte Al Conroy, der stämmige, schwarzhaarige Waffen- und Stückmeister, „sonst würden sich ja wohl noch die Wassermänner und Meerjungfrauen den Magen dran verderben.“

Damit war das Thema zunächst erledigt, und Will Thorne begann gleich darauf in der kleinen Kombüse zu hantieren.

Die Sonne war inzwischen wie ein feuerroter Ball hinter der Kimm erschienen und warf einen rötlichen Schimmer auf die Wasserfläche. Die Sambuke gelangte gut voran, sie segelte mit Backstagsbrise auf westlichem Kurs. Anfänglich war sie in Küstennähe noch einigen Einmastseglern und zahlreichen Fischerbooten begegnet, die ebenfalls schon bei Tagesanbruch ausgelaufen waren, doch jetzt schien es, als sei sie das einzige Schiff vor der nordafrikanischen Küste.

Pete Ballie, der stämmige Bursche mit Fäusten so groß wie Ankerklüsen, stand an der langen Ruderpinne und hatte seinen Spaß daran, daß die Sambuke bei ihrem geringen Tiefgang so gute Fahrt lief. Pete Ballie war schon bei Francis Drake als Rudergänger gefahren, und er hatte es auch auf der verlorenen „Isabella VIII.“ meisterhaft verstanden, das von Ferris Tucker, dem Schiffszimmermann, konstruierte Ruder zu handhaben. Die Arbeit an der Ruderpinne der Sambuke betrachtete er als eine Art Kinderspiel.

Auch die übrigen Männer hatten sich ihrer Arbeit zugewandt: Smoky, ein Rauhbein, das früher als Decksältester unter Francis Drake gefahren war, Sam Roskill, ein schlanker, dunkelhaariger Draufgängertyp und ehemaliger Karibik-Pirat, Bob Grey, der als hervorragender Messerwerfer galt, Al Conroy und der alte O’Flynn, unter dessen rauher Schale sich ein weicher Kern verbarg.

Will Thorne hatte es in einer erstaunlich kurzen Zeit geschafft, eine schmackhafte Morgenmahlzeit aus seinen Pfannen und Töpfen zu zaubern. Die Männer waren überrascht, und selbst Old O’Flynn griff ordentlich zu, allerdings, ohne ein einziges Wort von sich zu geben.

„Na, wirkt es schon, Donegal?“ fragte Will Thorne.

„Hä? Was soll wirken?“

„Nun, eigentlich müßtest du bereits ein mächtiges Bauchgrimmen haben, denn damit fängt es doch meistens an. Ich hab extra für dich eine doppelte Brise Gift untergerührt und kann es kaum noch erwarten, dich in mein bestes Stück Segeltuch einzunähen, wenn es endlich soweit ist.“

„Ha, du Stint, da kannst du lange warten“, knurrte der Alte kauend. „Näh dir aus dem Tuch lieber ein Segel für deinen Nachttopf und hör auf, christliche Seeleute zu verulken. Schlimm genug, wenn ich mich mit diesem Fraß hier am Leben erhalten muß!“ Gleich darauf holte er sich einen kräftigen Nachschlag. Das Grinsen der übrigen Besatzungsmitglieder übersah er geflissentlich.

„Ja, ja“, fuhr er schließlich fort, indem er sich mit der Hand zufrieden über den Bauch strich, „so ein niedliches Wickelkindchen müßte man sein. Vielleicht hätte sich dann auch eine hübsche Pharaonentochter gefunden, die einen, wie damals Moses, in ein Schilfkörbchen gepackt und nach Hause verfrachtet hätte. In einem Schilfkörbchen wäre es bestimmt gemütlicher als auf diesem lausigen Seelenverkäufer hier.“

„Du scheinst dich aber, satt wie du bist, recht wohl zu fühlen, Donegal“ meinte Ben Brighton, „auch wenn wir dir kein weiches Schilfkörbchen als Koje zur Verfügung stellen können.“

Auch Smoky konnte sich einen Kommentar nicht verkneifen.

„Eben“, sagte er, „wenn unsere Sambuke ein lausiger Seelenverkäufer ist, dann hättest du besser damals auf der Arche des Noah anheuern sollen. Da durften nämlich, wie der Kutscher einmal erzählt hat, von jeder Tierart ein männliches und ein weibliches Vieh an Bord gehen. Wenn du dich da unter die Kamele oder Wassermänner gemischt hättest, wär es vielleicht gar nicht aufgefallen.“

„Hör auf, das Schicksal herauszufordern“, tadelte der Alte. „Mit der Sintflut ist nicht zu spaßen, so was würde uns mit dieser Nußschale hier gerade noch fehlen. Da könnten wir alle lenzen, bis uns die Zungen aus dem Halse heraushängen würden. Damals hat es, wie es in der Bibel steht, vierzig Tage und vierzig Nächte strömend geregnet, bis die ganze Erde überschwemmt war.“

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