Kitabı oku: «Seewölfe Paket 8», sayfa 3

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Drake aber wußte, daß er in eine böse Falle gelaufen war, die ihnen allen zum Verhängnis werden konnte, falls die Dons hier auftauchten, denn diesen fetten englischen Brokken ließen sie sich ganz sicher nicht entgehen, so hilflos wie er war.

Er konnte diesen Killigrew nicht mehr sehen, bei seinen Worten wurde ihm speiübel, und er würde diese Niederlage auch nie verkraften, das wußte er, nie in seinem Leben.

„Sie übernehmen vorläufig das Kommando an Deck, Fenner“, sagte er müde, und über seinen grauen Augen schien ein trüber Schleier zu liegen. „Wir warten ab. Gefechtsbereitschaft bleibt bestehen. Ich glaube, der heutige Tag war etwas anstrengend für uns.“

„Ja, das glaube ich auch, Sir. Aye, aye, Sir, ich lasse Sie wecken, falls etwas Unvorhergesehenes eintritt.“

„Ich habe nicht gesagt, daß ich mich schlafen lege, Mister Fenner“, erwiderte Drake hochmütig. „Ich kann nur den Anblick dieses Schiffes nicht mehr ertragen, ohne krank zu werden.“

„Ich verstehe, Sir.“

Drake ließ die Schultern hängen, als er ging.

„Sie verstehen gar nichts“, murmelte er. „Sie können es auch gar nicht verstehen, es ist reichlich kompliziert.“

Fenner sah ihm nach, als er ging. Ein gebrochener Mann, mit dem er plötzlich Mitleid empfand. Drake schien nicht mehr derselbe zu sein, nicht mehr der harte unbeugsame Admiral.

Genau genommen, dachte Fenner, sah er aus wie ein müder alter Mann, der die Lust am Leben verloren hat.

Und das alles hatte der schwarzhaarige Kerl mit ein paar Worten bewirkt?

Fenner sah zu der Galeone des Seewolfs hinüber. Ihn fror plötzlich, einfach so, aus keinem besonderen Anlaß. Vielleicht waren es die Augen dieses Höllenhundes, die so kalt wie Polareis schimmern konnten.

Drake war noch keine Viertelstunde fort, als er wieder an Deck erschien. Er sah etwas frischer aus und seine Schultern hatten sich wieder gestrafft, aber er vermied es, zu der Galeone des Seewolfs hinüberzublikken.

„Ich war vorhin wohl etwas durcheinander, Mister Fenner“, sagte er kühl. „Natürlich warten wir nicht ab, sondern beginnen unverzüglich mit der Arbeit. Ich möchte nicht auf diesen Killigrew zurückgreifen müssen, es wäre zu beschämend. Wir versuchen selbst, uns herunterzuziehen. Lassen Sie Anker ausbringen, der Profos und der Bootsmann verstehen ihr Handwerk. Treiben Sie die Leute ordentlich an, lassen Sie eine Extraration Rum an die Mannschaften ausgeben. Natürlich sollen Sie das nicht selbst tun, Mister Fenner, geben Sie den Befehl weiter, tut mir leid, wenn ich mich immer an Sie wende, aber Sie verstehen mich schon.“

„Aye, Sir, ich werde alles veranlassen.“

Nachdem die Ration Rum ausgegeben worden war, begann auf der „Elizabeth Bonaventura“ eine äußerst schweißtreibende Arbeit.

Da wurden Boote zu Wasser gelassen, da wurde gebrüllt, geschrien und geflucht, und über allem stand später der Mond und blickte seelenruhig und milde herunter.

4.

Bei Beginn der Nacht gab, es keine fauleren Burschen als die Seewölfe auf der „Isabella“.

Sie hockten ausnahmslos an Deck und sahen gespannt und belustigt auf das Treiben gegenüber.

Einige hingen faul und träge wie große Spinnen in den Webleinen der Wanten, andere hockten mit herabbaumelnden Beinen auf dem Handlauf des Schanzkleides, und ein großer Teil saß auf der Kuhlgräting und verfolgte interessiert, wie die aufgescheuchten Seesoldaten und Mannschaften wohl ihr Schiff vom Dreck ziehen wollten.

Daß ihr Tun von kräftigen und ironischen Kommentaren gewürzt wurde, verstand sich von selbst.

Carberry lehnte däumchendrehend am Schanzkleid und grinste, als die Kerle den schweren Anker ausbrachten und sich verzweifelt abmühten, ihn ins Boot zu hieven.

„Ha, ihr triefäugigen Kanalratten!“ schrie Ed. „Ihr müßt das Boot austrimmen. Ihr stellt euch an wie Nachttopfsegler!“

„Halt dein Maul, du Narbengesicht!“ schrie einer der Seesoldaten sauer zurück. „Ihr hockt da wie faule Hunde!“

„Klar, wir sind ja auch nicht so bescheuert und segeln auf Sandbänken spazieren.“ Carberry hob dozierend den Zeigefinger hoch. „Merke, du Kakerlake“, sagte er, „wer kein Wasser unter dem Kiel hat, sollte nicht zur See fahren, du lausiger Sandrutscher!“

„He, ihr Schlickrutscher!“ rief Smoky und schwenkte eine halbvolle Weinflasche. „Stellt euch doch mit hundert Mann auf die Sandbank und hebt den Kasten vorn hoch, dann gehts besser!“

Unter dem anfeuernden Gebrüll der Seewölfe wurden die Männer von Drake wütend und sauer und schrien lautstark zurück.

Matt Davies hob seine Hakenprothese, die im Mondlich blitzte.

„Hier, ihr müden Säcke, damit ziehe ich euer Schiffchen ganz allein vom Dreck!“

Auch der herkulische Gambianeger Batuti ließ sein fürchterliches Englisch vom Stapel und grinste.

„Sitzen wie faules Krokodil auf Sandbank, und wenn kommen Dons, werden euch Feuer machen unter Achtersteven, bis Hosen qualmen.“

Er zuckte zurück, als zwei kleine Gestalten wie die Teufel an ihm vorbeirasten, eine dritte verfolgend, die mit einem Affenzahn übers Deck fegte, mit einem wilden Satz in die Wanten sprang und blitzschnell aufenterte.

Hasard und Philip, die Zwillingssöhne des Seewolfs, hatten den Schimpansen Arwenack aus der Kammer gelassen und scheuchten ihn jetzt über Deck, sein Gekecker nachahmend.

Mit einem Satz wollten sie in die Wanten. Arwenack nach, der sich bis in den Topp verzogen hatte.

Old O’Flynn kriegte einen der wilden Rangen gerade noch am Genick zu fassen und hielt ihn fest. Wie angenagelt blieb auch der andere, Philip, stehen und blickte den alten O’Flynn treuherzig an.

„Wollt ihr Rotznasen wohl den Affen in Ruhe lassen!“ schrie er. „Das geht ja hier zu wie in einem Tollhaus. Verschwindet in eure Kojen, ihr Lümmel!“

„Nix verstehen“, sagte Hasard prompt, und auch der andere Lümmel grinste den Alten an und sagte: „Auch nix verstehen, Sir!“

„Ihr Wasserflöhe, ihr lausigen, ihr versteht ganz gut. Holzbein, du verstehen?“ fragte er Hasard.

Der Junge, seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten, und der clevere der beiden, nickte ernsthaft.

„Holzbein“, wiederholte er. „Da, Feuer an Schiff!“

Der Alte fiel auf den lausigen Trick herein und drehte sich um. Er sah zwar kein Feuer, aber er wußte, daß ihn die beiden Burschen wieder einmal kräftig geleimt hatten, denn als er herumfuhr, waren die Kerlchen längst verschwunden und jagten wieder wie junge Hunde über Deck. Und von der Back tönte im Duett aus kreischenden Kehlen der Ruf: „O’Flynn, Holzbein, du verstehen?“

„Ich werde euch das Holzbein noch überziehen“, versprach der Alte grimmig und handelte sich dabei einen strafenden Blick seines Sohnes Dan ein, dessen Rückgrat früher oftmals Bekanntschaft mit dem Holzbein geschlossen hatte.

Als es Hasard zu viel wurde, pfiff er einmal durch die Finger. Die beiden standen wie aus dem Boden gewachsen vor ihm und bauten sich rechts und links vor ihm auf.

Hasard strich ihnen über die schwarzen Haare und beugte sich ein wenig hinunter.

„Genug jetzt, Hasard und Philip“, sagte er, preßte die Hände zusammen und legte sie unter den schiefgehaltenen Kopf.

„Jetzt geht es in die Kojen, ihr Banausen. Schlafen, verstanden?“

„Aye, aye, Sir“, ertönte es im Chor, und beide grinsten wie auf ein geheimes Kommando.

„Dann ab mit euch!“

Wenn Hasard etwas sagte oder durch Zeichen andeutete, wie eben das Schlafen, begriffen die beiden sofort. Sie wurden brav wie die Lämmer und marschierten ab.

Der Seewolf sah ihnen nach und lächelte, wie sie einträchtig nebeneinander gingen, die kleinen Entermesser stolz im Leinengürtel tragend, die sie Ferris Tucker in einer schwachen Stunde abgeluchst hatten. Dabei hatten sie mit ihm gefeilscht – in der ausgekochten Manier altorientalischer Bazar-Händler, bis Tucker endlich nachgegeben hatte.

Die beiden waren sehr selbständig, clever und mit allen Wassern gewaschen, obwohl sie erst sieben Jahre alt waren. Aber die Selbständigkeit hatten sie bei der Gauklertruppe gelernt und bei jenen Leuten, die mit ihnen durch den ganzen Orient gezogen waren.

Auf der Sandbank ging das Gebrüll weiter. Fluchende und schwitzende Männer brachten einen weiteren Anker aus, um sich mit deren Hilfe von der Sandbank zu ziehen. Mancher Tropfen Schweiß wurde dabei vergossen, und zwischen den Leuten bewegte sich brüllend und fluchend der Profos der „Elizabeth Bonaventura“, ein grobschlächtiger Kerl, bärbeißig und voller Grimm, der die Leute fast pausenlos anbrüllte und auch mit der Faust nach ihnen schlug.

„Der kann es bald noch besser als du, Ed“, sagte Smoky grinsend.

Carberry warf dem Decksältesten einen finsteren Blick zu.

„Das bezweifle ich“, sagte er, „oder soll ich es dir erst beweisen?“

„Ich glaube es dir auch so“, versicherte Smoky hastig.

Brighton legte dem Profos einen Arm auf die Schulter.

„Wenn man ins gesetzte Alter kommt, wird man ruhiger“, sagte er grinsend. „Oder könnt ihr euch über Ed beschweren? Er ist wirklich etwas ruhiger geworden, weil er eine gut eingespielte Mannschaft hat und keine Hitzköpfe.“

„Was – gesetztes Alter?“ rief Carberry. „Das könnt ihr zum alten O’Flynn oder zu Will Thorne sagen, ihr lausigen Affenärsche, aber nicht zu mir! Ich bin noch lange nicht im gesetzten Alter, auch wenn ich mir in aller Ruhe ansehe, wie diese Schlickrutscher sich abmühen, ihren Kahn wieder flottzukriegen.“

Daraufhin wandten sich die Blicke der anderen wieder Drake und seiner Mannschaft zu, die sich immer noch erfolglos abmühten, das große Schiff von der Sandbank zu ziehen.

„Wetten, daß sie es nicht schaffen?“ fragte Gary Andrews. „Die murksen morgen noch daran herum.“

„Das schaffen sie auch nicht“, versicherte der Rudergänger Pete Ballie, der die „Isabella“ so haarscharf und exakt an den Sandbänken vorbeigesteuert hatte. „Die sind viel zu hart aufgebrummt, und wenn sie nicht leichtern, bleiben sie hocken.“

Ferris Tucker, der rothaarige Schiffszimmermann, lehnte sich an die Nagelbank des Großmastes zurück.

„Das gibt einen Mordspaß, wenn sie die schweren Kanonen aus dem Batteriedeck hieven“, sagte er. „Drake wird einen Tobsuchtsanfall kriegen.

Später wird er auf die Idee verfallen und doch noch Hasards Hilfe annehmen.“

„Das glaubst du doch selbt nicht“, sagte Tuckers Freund Carberry und tippte sich mit dem Finger an die Stirn. „Der stolze Drake krepiert lieber auf der Stelle, als daß er das Angebot annimmt.“

„Da kommt Hasard“, sagte der Kutscher, „hören wir doch mal seine Meinung über Drake.“

Der Seewolf erschien in der Kuhl und blickte auf das Gewimmel. Unzählige Leute schufteten im Schein blakender Schiffslaternen. Es war ein riesiges Gewimmel, auf den ersten Blick ein scheinbares Durcheinander, und es sah so aus, als wüßte niemand, was er eigentlich tat.

Der Seewolf hatte die Worte gehört und schüttelte den Kopf.

„Nein, Drake wird uns nicht bitten“, sagte er, „oder ich müßte mich schon sehr täuschen. Sein Stolz als Admiral läßt das nicht zu, er ist bokkig und dickköpfig, nachtragend wie ein Elefant, und er beißt sich eher die Zunge ab, als mich um Hilfe zu bitten. Wir haben Zeit, warten wir es ab, ob sie es schaffen. Aber so, wie es den Anschein hat, sieht es nicht danach aus.“

„Weil der Kahn zu schwerfällig ist“, sagte Tucker nickend.

Er sah, wie sich einer der Seesoldaten über das Dollbord des Bootes lehnte und sich erbrach. Mit beiden Händen hielt er sich den Bauch.

„He!“ rief Ferris. „Kotzen könnt ihr auch an Land, deshalb braucht ihr nicht zur See fahren.“

Die Bemühungen gingen pausenlos weiter. Drake hatte jetzt achtern zwei Anker ausbringen lassen, mit deren Hilfe er sich achteraus von der tückischen Sandbank zu ziehen gedachte. Rudelweise stemmten sich die Männer in die Winschen, bis die Trossen steif waren und zu singen begannen.

Doch das Flaggschiff rührte sich nicht.

Sie sahen, wie Drake vom Achterkastell aus mit den Händen mal hierhin mal dorthin zeigte und Befehle schrie.

Er ließ noch mehr Männer an den Winschen arbeiten, bis sie sich gegenseitig auf die Füße traten.

Länger als drei Stunden kämpften sie verbissen darum, das schwere Schiff zu bewegen. Vergeblich, es rührte sich keine Handbreite von der Stelle.

Eine Pause wurde eingelegt. Die erschöpften Männer ruhten sich aus, saßen ausgelaugt an Deck herum und tranken heiße Brühe.

Danach ging es weiter. Drake ließ leichtern, und einen Teil der schweren Geschütze nach achtern bringen, bis sich der Bug ein kleines Stück höher aus dem Wasser hob.

Auch das nutzte nichts, alle Mühe war vergebens. Die Galeone des Admirals hatte, sich zu tief in den Sand gesetzt.

Gegen Mitternacht sah der Admiral ein, daß er es allein nicht schaffte.

Er ließ den Stabschef und Kapitän Thomas Fenner zu sich in die Kapitänskammer bitten und starrte verbissen auf den mit Karten übersäten schweren Tisch.

Fenner sah, was den Admiral bedrückte, der nicht so recht mit der Sprache herausrückte. Sollte er seine Ansicht etwas geändert haben? dachte Fenner. Das war kaum vorstellbar, dazu war Drake viel zu starrköpfig und eigensinnig.

„Ich sagte vorhin, es wäre beschämend, diesen Killigrew um Hilfe zu bitten, Mister Fenner, Sie erinnern sich?“

„Ja, Sir.“

„Nun“, Drake seufzte tief. „Ich sehe ein, daß es nicht anders geht. Wir hatten nicht den geringsten Erfolg aufzuweisen, obwohl die Leute Schwerstarbeit geleistet haben. Schließlich geht es nicht um unser persönliches Wohl, es geht um England. Ich bin mir über meine Lage durchaus im klaren und muß meine Beschämung in diesen speziellen Fall zurückstellen. Es geht leider nicht anders, wir werden Killigrews Hilfe anfordern müssen, wohl oder übel.“

Thomas Fenner schluckte trocken. Also hat der Alte doch seine Meinung geändert, dachte er. Das mußte ihm wie ein glühendes Messer ins Herz gehen, wenn er den Seewolf um Hilfe bat. Es würde ihn erniedrigen, demütigen, aber ihm blieb tatsächlich kein anderer Weg.

Fenner sah das ein, insgeheim war er auch bereit, diesen demütigen Weg zu gehen, und er würde diesem Killigrew schon einbleuen, was er zu tun hatte.

„Darf ich das so auffassen, Sir, daß ich …“

Drake nickte und breitete die Hände auf dem Tisch aus. Dann stieß er sich leicht ab und erhob sich ruckhaft.

„Ich wüßte keinen geeigneteren Mann als Sie“, sagte er. „Lassen Sie sich hinüberpullen und erinnern Sie Killigrew an das Hilfsangebot. Ich weiß, wie Sie sich jetzt fühlen, Mister Fenner, aber ich denke, Sie verstehen mich.“

„Aye, aye, Sir“, sagte Fenner heiser und erhob sich ebenfalls. „Verlassen Sie sich auf mich, ich werde mit diesem Killigrew schon fertig.“

„Seien Sie vorsichtig“, warnte Drake mit erhobenem Finger. „Killigrew ist nicht irgendwer, der ist aus einem besonderen Holz geschnitzt. Sie haben einen scharfzüngigen ausgekochten Fuchs vor sich, Mister Fenner, dem es an jeglichem Respekt mangelt. Dieser Mann ist ein Freibeuter, er hat es gewagt, sogar Ihrer Majestät, der Königin, die kalte Schulter zu zeigen und zu trotzen. Es dauert sehr lange, bis man sein Vertrauen gewinnt. Er traut nur seinen eigenen Kerlen und sonst niemandem“, setzte Drake bitter hinzu.

„Ich traue mir zu, diesen Burschen in seine Schranken zu verweisen, Sir. Er wird wissen, wie weit er zu gehen hat. Wir sind schließlich auch nicht irgendwer.“

„Ich habe Sie gewarnt“, sagte Drake nur, als die beiden Männer an Deck gingen und Fenner das kleine Boot bestieg.

5.

Die Nacht war immer noch mondhell. Einige der Seewölfe, denen es zu langweilig geworden war, hatten ihre Kojen aufgesucht.

Drakes Schiff war hell erleuchtet. Es lag da wie ein zum Sprung hingeducktes Tier. Es mußte meilenweit zu sehen sein.

Der Seewolf, der das Manöver der Soldaten und Seeleute immer noch beobachtete, straffte sich und zeigte auf das kleine Boot, das von zwei Männern gepullt wurde, während ein dritter wie eine Statue regungslos auf der achteren Ducht saß und seine Blicke unverwandt auf die „Isabella“ richtete.

Das Boot lief direkt auf die Galeone zu.

„Sieht aus, als kriegten wir Besuch“, sagte Hasard zu seinen Männern, die sich jetzt zum größten Teil in der Kuhl aufhielten.

Carberry musterte den Mann, der so reglos dasaß und zu Stein erstarrt schien.

„Wenn das nicht einer von Drakes Häuptlingen ist, fresse ich den Besan mitsamt der Lateinertakelung“, sagte er laut.

„Ruhe!“ rief Hasard. „Natürlich will der Mann zu uns, ich bitte mir daher aus, daß nicht gelacht wird.“

„Weshalb nicht?“ fragte Luke Morgan. „Wir haben doch genügend Grund zum Lachen, Sir!“

Hasard warf ihm einen kühlen Blick zu.

„Ich wiederhole mich nicht gern, Luke. Wir haben Drake und seine Leute genügend gedemütigt, und das bis zu dem Punkt, der einen Mann verbittert. Ich sage also noch einmal: Kein Gelächter, was immer der Mann auch will. Ich werde schon mit ihm fertig.“

„Aye, aye, Sir.“ Morgan schluckte und senkte den Kopf. Abwartend sah er dem Boot entgegen, das jetzt dicht vor der Bordwand der „Isabella“ im Wasser trieb.

Hasard hatte die Jakobsleiter bereits außenbords ausbringen lassen und stand ruhig und gelassen in der Kuhl.

„Ich bitte, an Bord kommen zu dürfen, Mister Killigrew“, sagte der Mann, der jetzt aufrecht stand und den Seewolf aus kühlen Augen einer blitzschnellen Musterung unterzog.

„Mein Name ist Thomas Fenner, Kapitän, Sir!“ setzte er schnell hinzu, als von seiten des Seewolfs keine Reaktion erfolgte.

Hasard lud ihn mit einer Handbewegung ein und nickte.

„Bitte, Mister Fenner“, sagte er.

Während Fenner aufenterte, blieben die beiden Männer im Boot sitzen und taten so, als interessiere sie die „Isabella“ nicht im geringsten. Sie nahmen keine Notiz von ihr, aber den Seewölfen entging nicht das heimliche Lauern in ihren Augen, die begehrlichen Blicke, die sie auf den ranken Dreimaster warfen, und wie sie ihn immer wieder unauffällig musterten.

Fenner schob sich an einer schweigenden Mauer Seewölfe vorbei. Er sah in harte kühle Gesichter, erblickte riesige hünenhafte Gestalten und schluckte unmerklich, als er den Profos sah, der die Arme über der Brust verschränkt hatte und ihn spöttisch musterte. Dabei vergaß Fenner durchaus nicht die erbärmliche Rolle, die sie soeben noch gespielt hatten, und er ahnte auch, was diese harten Kerle über ihn und ganz besonders den Admiral dachten.

Denen stand ein lausiges, unsichtbares Grinsen in den harten Gesichtern, auch wenn sie bemüht waren, dieses Grinsen nicht unverhüllt zu zeigen.

„Darf ich Sie in meine Kammer bitten?“ fragte Hasard.

Thomas Fenner, der die Scharte gar zu gern wieder auswetzen wollte, verneinte hochmütig.

„Nicht nötig, Killigrew“, sagte er herablassen. „Wir haben nicht sehr viel miteinander zu besprechen.“

Hasards Blick wurde eisig, das winzige Lächeln aus seinen Mundwinkeln verschwand.

„Bewahren wir doch die Höflichkeitsformen“, sagte er kalt. „Ich werde versuchen, sie auch zu wahren, Kapitän Fenner.“

Fenner lief rot an, murmelte etwas und ärgerte sich über diesen einen Satz des Seewolfs bereits halbtot. Der Kerl ließ aber auch nichts aus, dachte er, der nahm jede Gelegenheit wahr, um ihn auch weiterhin kühl und distanziert zu demoralisieren.

„Admiral Drake ist nach reiflicher Überlegung zu der Überzeugung gelangt, daß er Ihre Hilfe annimmt, Kapitän Killigrew. Natürlich haben wir darüber diskutiert …“

„Natürlich“, sagte Hasard ausdruckslos, und diese Wiederholung seines Wortes begann Fenner schon wieder aufzuregen.

„Wie gesagt“, brummte er und räusperte sich wiederholt, „der Admiral ist also bereit. Er wird Sie dann empfangen und Ihnen seine Befehle unterbreiten.“

„Wie nett von ihm, wirklich sehr großzügig“, erwiderte Hasard trokken.

Er sah Fenner in direkt verletzender Weise an, bis der wieder knallrot anlief und sich ärgerte.

Fenner wartete irritiert auf weitere Antwort, doch die Gesichter, die ihn anstarrten, wirkten wie nackter Hohn. Er war sicher, daß die Kerle heimlich über ihn lachten, und niemand dachte daran, ihm zu antworten.

Wieder schluckte er und sah den Seewolf an. Dann wanderte sein Blick zu dem Profos weiter, der sehr langsam seine mächtige Pranke hob und sich mit ausgestreckten Zeigefinger andächtig an der Schläfe zu kratzen begann. Ebenso langsam nahm er die Riesenpranke wieder herunter, trat ans Schanzkleid und spie in einem langen Strahl über Bord.

Im ersten Impuls hätte Fenner vor Wut am liebsten laut aufgeschrien und gebrüllt, denn er ahnte nur allzu gut, was diese Geste bedeutete.

„Ich warne Sie“, klangen ihm immer noch Drakes Worte im Ohr, aber er hatte sie auf die leichte Schulter genommen, und jetzt befand er sich in einer recht peinlichen Situation.

„Also, ich warte“, sagte Fenner hochnäsig.

„Auf was bitte, warten Sie, Kapitän Fenner?“ fragte Hasard ironisch.

„Auf Ihre Antwort, Mann!“ schrie Fenner, dem jetzt die Pferde durchgingen wegen dieser Unverschämtheit. „Sie werden sich dem Admiral gefälligst unterordnen, nach allem was Sie angestellt haben. Das ist ein Befehl, Mister Killigrew. Sie haben keinen Hampelmann vor sich!“

Hasard tat so, als müsse er das erst noch feststellen, dann zuckte er gelassen mit den Schultern.

„Natürlich will ich kein abwertendes Urteil fällen“, sagte er, „das mit dem Hampelmann haben Sie gesagt. Aber ich muß Sie in aller Form ersuchen, Mister Fenner, hier auf meinem Schiff nicht herumzubrüllen. Und noch etwas, Mister Fenner“, sagte er fast freundlich, und jetzt erschien auch wieder ein feines Lächeln in seinem harten Gesicht, „ich denke nicht im Traum daran, mich dem Admiral unterzuordnen. Wir sind freie Männer und nicht an die Admiralität gebunden, und wir bleiben freie Männer, solange wir leben. Wenn Sie das gütigst zur Kenntnis genommen haben, dann besteigen Sie Ihr Boot und richten Sie Sir Francis Drake meinen verbindlichsten Gruß aus. Er hat mein Hilfsangebot abgelehnt, brüllend und laut, und wenn mich mein Gedächtnis nicht im Stich läßt, drohten Sie uns sogar noch mit einer Breitseite. Sie werden verstehen, daß ich das nicht teilnahmslos hinnehmen kann. Im übrigen ist der ehrenwerte Admiral an seiner Misere selbst schuld. Er ist nun einmal beutegierig und lief blindlings hinter uns her. Das wertet fast seine seemännischen Qualitäten etwas ab. Und dann will er mir auch noch auf der Nase herumtanzen und mich kommandieren? Zum Teufel, Mister Fenner!“

„Was? Sie wagen es“, schrie Fenner mit hochrotem Schädel, „die seemännischen Qualitäten eines Sir Francis Drake anzuzweifeln? Sie sind wohl nicht bei Trost, Killigrew! Es gibt keinen besseren Mann als Drake.“

„Dann seien Sie froh, daß Sie ihn haben. Im Entern von Sandbänken hat er jedenfalls erstklassige Qualitäten.“

„Auf was bilden Sie sich etwas ein?“ schrie Fenner, der mitunter einfach keine Erwiderung auf des Seewolfs Worte fand.

„Auf meine Freiheit, Fenner! Sonst auf nichts. Stolpern Sie nicht, wenn Sie von Bord gehen, vergessen Sie nicht, den Admiral zu grüßen und richten Sie ihm aus, er möge sich gefälligst persönlich an Bord meines Schiffes bemühen, wenn er etwas will. Ihre Bekanntschaft war mir eine Ehre, Sir!“

Fenner war sprachlos. Er sah sich fassungslos nach allen Seiten um und glaubte noch immer, sich verhört zu haben.

Aber die Augen, die zurückblickten, gaben ihm überdeutlich zu verstehen, was die Männer von seinem Kommandoton hielten.

Nichts, dachte er erschauernd, sie hielten überhaupt nichts von ihm, und dieser schwarzhaarige Bastard dachte nicht im Traum daran, einem Befehl Drakes zu gehorchen. Der zeigte nicht nur die Zähne, dieser Kerl, der zeigte ein Prachtgebiß wie ein reißender Wolf, ein Seewolf.

„Sie verlangen, daß der Admiral sich selbst herbemüht? Sie müssen größenwahnsinnig sein, Sie – Sie … Darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.“

„Dann ruhen Sie sich meinetwegen bis in alle Ewigkeit auf der Sandbank aus“, erwiderte Hasard trokken. „Sie selbst schaffen es ja doch nicht, die Galeone auch nur eine Handbreite aus dem Dreck zu ziehen.“

„Sie werden noch von uns hören!“ schrie Fenner. „Sie werden jedes Ihrer Worte noch bereuen, das verspreche ich Ihnen! Vielleicht hängen Sie eines Tages noch an der Großrah eines Mastes und genießen einen weiten Ausblick!“

„Der wird dann sicher auf Ihrer gestrandeten Galeone wohlwollend ruhen, Fenner. Fallen Sie nicht von der Jakobsleiter, manche Stürze können sehr unangenehm sein!“

Damit war Fenner verabschiedet.

Er warf einen letzten fassungslosen Blick auf den Seewolf, schüttelte dann den puterroten Kopf, schnaufte erregt und stieg über das Schanzkleid, düstere Prophezeiungen vor sich hinmurmelnd.

Noch während er ins Boot stieg, packte ihn eine unbeschreibliche Wut, und bevor er hineinsprang, hämmerte er mit beiden Fäusten voller Zorn und hilfloser Enttäuschung wie ein Wilder an die Bordwand.

„Bestes Holz, Sir“, versicherte Ferris Tucker freundlich, der ihm ausdruckslos nachblickte. „Da geht so schnell nichts kaputt. Es bleiben nicht mal Kratzer, selbst wenn man zufällig mal irgendwo aufläuft.“

Fenner wartete nicht mehr länger, er wandte den Seewölfen den Rükken zu und schrie die beiden Männer an, endlich loszupullen.

„Ich wette, er heult jetzt“, sagte Matt Davies. „Deshalb dreht er sich auch nicht mehr um. Wie weh muß ihm ums Herze sein!“

Ein paar Seewölfe prusteten los, bis Carberry ihnen sein grimmiges Gesicht zuwandte.

„Wenn ich jemanden lachen höre“, sagte er im Plauderton und ohne jeden Ausdruck, „dann jage ich ihn solange in die Wanten; bis er mit einem ellenlangen grauen Bart zurückkehrt. Habt ihr das kapiert, ihr Hafenratten, ihr verwanzten, was, wie?“

Sie lachten auch nicht mehr, sie warfen ihrem Kapitän nur einen bewundernden Blick zu, denn der hatte Fenner und Drake mit ein paar Worten so tief gekränkt, wie es noch niemand getan hatte.

Fenner schien tatsächlich zu heulen.

Fenners Rückkehr ließ den erwartungsvollen Francis Drake fast in die Knie gehen und setzte allem die Krone auf.

Mit vor Zorn versagender und immer wieder überkippender Stimme erstattete er dem Admiral Bericht.

Er wagte kaum, dem Admiral dabei in die Augen zu blicken.

Der erwartete und befürchtete Tobsuchtsanfall folgte auch sofort danach.

Drake hörte erst schweigend zu, dann verfärbte er sich, und Fenner sah, wie seine Hände zu zittern begannen. Diese Reaktion setzte sich fort, bis Drakes Schultern vor Wut bebten, sein Kopf knallrot anschwoll und er sich ruckartig umdrehte, weil auch er glaubte, sich verhört zu haben.

Was Fenner dann zu hören kriegte, übertraf alle seine befürchteten Erwartungen. Er hatte Drake jetzt schon ein paarmal tobend und brüllend erlebt, aber diesmal erinnerte es Thomas Fenner an eine Nierenkolik, bei der der bedauernswerte Patient sich die Lunge aus dem Hals schrie.

Dabei sparte der sonst so zurückhaltende und immer auf Würde bedachte Admiral auch nicht mit Kraftausdrücken. Im Gegenteil: Er wandte sie lautstark an und tobte sich aus, bis ihm vor Erregung die Stimme versagte.

Er würdigte Fenner keines Blickes mehr, drehte sich auf dem Absatz um und verschwand unter Deck in der achteren Kammer.

Er ließ sich auch vorerst nicht mehr blicken. Kapitän Thomas Fenner blieb hilflos und verwirrt auf dem Achterdeck zurück und dachte über die Ungerechtigkeit der Welt nach.

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